Zusammenfassung des Urteils STBER.2020.97: Verwaltungsgericht
Das Obergericht hat in einem Strafverfahren über den Fall einer Vergewaltigung entschieden. Die Staatsanwaltschaft war die Berufungsklägerin, während A.___ der Beschuldigte und Berufungskläger war. Es gab eine Vielzahl von Beteiligten, darunter Anwälte, Zeugen, Medienvertreter und Familienmitglieder. Die Verhandlung fand vor dem Obergericht statt, wo verschiedene Verfahrensschritte wie Zeugenbefragungen, Beweisaufnahmen und Parteivorträge durchgeführt wurden. Es gab Diskussionen über die Verwertbarkeit von Beweisen und die Anträge der Parteien. Am Ende wurde das Urteil verkündet, in dem A.___ schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Die Gerichtskosten wurden ihm auferlegt, und es wurden Entscheidungen zu Entschädigungen und weiteren Verfügungen getroffen. Das Urteil wurde am 14. November 2022 mündlich eröffnet.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2020.97 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 07.11.2022 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | ätte; Privatklägerin; Beschuldigte; Richt; Beschuldigten; Recht; Gericht; Urteil; Familie; Mutter; Opfer; Aussage; Druck; Beweis; Gewalt; Schwieger; Gericht; Angst; Bundesgericht; Berufung; Ehemann; Verfahren |
Rechtsnorm: | Art. 10 StPO ;Art. 107 StPO ;Art. 117 StPO ;Art. 128 StPO ;Art. 152 StPO ;Art. 181a StGB ;Art. 189 StGB ;Art. 190 StGB ;Art. 22 StGB ;Art. 255 StPO ;Art. 256 StPO ;Art. 257 StPO ;Art. 259 StPO ;Art. 28 ZGB ;Art. 32 BV ;Art. 335 StPO ;Art. 343 StPO ;Art. 398 StPO ;Art. 409 StPO ;Art. 416 StPO ;Art. 427 StPO ;Art. 429 StPO ;Art. 431 StPO ;Art. 432 StPO ;Art. 49 OR ;Art. 6 EMRK ;Art. 6 StPO ;Art. 69 StPO ;Art. 70 StPO ;Art. 9 BV ; |
Referenz BGE: | 124 IV 154; 126 IV 124; 128 I 81; 128 IV 106; 128 IV 97; 129 I 49; 131 IV 107; 131 IV 167; 132 IV 49; 136 I 229; 137 II 266; 137 IV 167; 138 V 125; 141 IV 369; 143 IV 408; 87 IV 66; |
Kommentar: | Hans, , 1900 |
Geschäftsnummer: | STBER.2020.97 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 07.11.2022 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2023.1 |
Titel: | Vergewaltigung etc. |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 7. November 2022 Es wirken mit: Präsident von Felten Oberrichterin Weber-Probst Gerichtsschreiberin Schenker In Sachen Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, Berufungsklägerin
A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Sascha Schürch Beschuldigter und Berufungskläger
betreffend Vergewaltigung etc. Es erscheinen am 31. August 2022 zur Verhandlung vor Obergericht: 1. Staatsanwältin B.___, für die Staatsanwaltschaft als Berufungsklägerin; 2. Rechtspraktikant der Staatsanwaltschaft; 3. A.___, Beschuldigter und Berufungskläger; 4. Rechtsanwalt Sascha Schürch, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten A.___; 5. Rechtspraktikantin von Rechtsanwalt Sascha Schürch; 6. C.___ Privatklägerin, Auskunftsperson, in separatem Raum; 7. Rechtsanwalt Donato Del Duca, unentgeltlicher Rechtsbeistand der Privatklägerin und Auskunftsperson C.___; 8. Dolmetscherin; 9. Medienvertreterin der Solothurner Zeitung; 10. Drei Zuhörer auf der Tribüne (Mutter, Schwester und Cousin des Beschuldigten).
Die Verhandlung beginnt um 08:30 Uhr.
Der Vorsitzende eröffnet die Verhandlung, stellt die Anwesenheiten fest und gibt die Besetzung des Berufungsgerichts bekannt.
Die Dolmetscherin wird auf ihre Rechte und Pflichten hingewiesen. Von den Parteien werden keine Einwände gegen die Dolmetscherin vorgebracht.
In der Folge weist der Vorsitzende auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Bucheggberg-Wasseramt vom 12. November 2020 hin und fasst dieses zusammen. Insbesondere benennt er die vom Berufungskläger und der Berufungsklägerin angefochtenen und die in Rechtskraft erwachsenen Urteilspunkte. Es wird festgestellt, dass die Privatklägerin gegen das Urteil kein Rechtsmittel ergriffen hat. Schliesslich werden die Parteien darauf hingewiesen, dass das Berufungsgericht im Falle der Verurteilung des Beschuldigten zu einer Freiheitsstrafe von Amtes wegen auch die Anordnung von Sicherheitshaft prüfen wird.
Der Vorsitzende skizziert den vorgesehenen weiteren Verfahrensablauf wie folgt: 1. Vorfragen, Vorbemerkungen und Anträge des Gerichts / der Parteien; 2. Befragung der Zeugin K.___; 3. Befragung des Zeugen D.___; 4. Befragung des Zeugen E.___; 5. Befragung der Zeugin F.___; 6. Befragung der Privatklägerin C.___ (Der Beschuldigte kann der Befragung mit seinem Anwalt in einem Nebenraum folgen); 7. Befragung des Beschuldigten; 8. Weitere Beweisanträge und Abschluss des Beweisverfahrens; 9. Parteivorträge sowie Replik / Duplik; 10. Letztes Wort des Beschuldigten; 11. Geheime Urteilsberatung; 12. Mündliche Urteilseröffnung. Den Anwesenden wird mitgeteilt, dass sich Rechtsanwalt Del Duca für die Zeugenbefragungen in den Nebenraum zur Privatklägerin begeben wird, wobei er sich für allfällige Ergänzungsfragen akustisch zuschalten kann. Der Befragung der Privatklägerin kann der Beschuldigte in einem Nebenraum folgen, wobei Rechtsanwalt Schürch freigestellt wird, ob er der Befragung im Saal bei seinem Klienten im Nebenraum beiwohnen will. Nach der Befragung der Privatklägerin wird diese entlassen und von der weiteren Teilnahme an der Verhandlung freigestellt. Die Parteivertreter erheben keine Einwände gegen dieses Vorgehen.
Die Parteivertreter werden ersucht, ihre Kostennoten den jeweiligen Gegenparteien zur Einsicht vorzulegen. Rechtsanwalt Del Duca teilt mit, über keine ausgedruckte Kopie zu verfügen, die Kostennote sei den weiteren Parteien jedoch vorgängig per Mail zugestellt worden. Die Parteivertreter erheben diesbezüglich keine Einwände.
Vorfragen, Vorbemerkungen und Anträge des Gerichts / der Parteien
Vorfragen und Vorbemerkungen des Gerichts:
Wie mit Verfügung vom 29. August 2022 in Aussicht gestellt, wird im Rahmen der Vorfragen über die Anträge von Rechtsanwalt Del Duca vom 23. August 2022 auf partiellen Ausschluss der Öffentlichkeit und auf Vermeidung der Konfrontation der Privatklägerin mit dem Beschuldigten zu befinden sein. Die entsprechenden Standpunkte haben die jeweiligen Parteivertreter bereits schriftlich dargelegt. Die Parteivertreter verzichten darauf, sich noch einmal dazu zu äussern.
Ansonsten hat das Gericht keine weiteren Vorfragen Vorbemerkungen.
Vorfragen, Vorbemerkungen und Anträge der Parteien:
Die Parteien haben keine (weiteren) Vorfragen, Vorbemerkungen Anträge. * Unterbruch der Verhandlung zur Beratung der Anträge: 08:46 Uhr – 08:55 Uhr * Der Vorsitzende gibt folgende Beschlüsse des Obergerichts bekannt: 1. Der Antrag von Rechtsanwalt Del Duca vom 23. August 2022 auf partiellen Ausschluss der Öffentlichkeit wird teilweise gutgeheissen. 2. Die Öffentlichkeit – mit Ausnahme der anwesenden Medienberichterstatterin – wird für die Dauer der Befragung der Privatklägerin von der Verhandlung ausgeschlossen. 3. Der Antrag von Rechtsanwalt Del Duca vom 23. August 2022 auf Vermeidung einer Begegnung zwischen der Privatklägerin und dem Beschuldigten (und seiner Familie) wird gutgeheissen. 4. Der Beschuldigte und sein amtlicher Verteidiger, Rechtsanwalt Sascha Schürch, können die Befragung der Privatklägerin aus einem Nebenzimmer per Videoübertragung verfolgen. 5. Der anwesenden Medienberichterstatterin wird in Anwendung von Art. 70 Abs. 3 StPO die Auflage erteilt, in ihrer Berichterstattung Angaben zu unterlassen, welche Rückschlüsse auf die Identität des Opfers (Name, exaktes Alter, Wohnort) zulassen.
Begründung zu Ziffer 1 und 2: Die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte sind mit Ausnahme der Beratung öffentlich (Art. 69 Abs. 1 StPO). Das Gericht kann die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen ganz teilweise ausschliessen, wenn die öffentliche Sicherheit Ordnung schutzwürdige Interessen einer beteiligten Person, insbesondere des Opfers, dies erfordern (Art. 70 Abs. 1 StPO, s. auch Art. 117 Abs. 1 StPO). Bei der Prüfung der jeweiligen Möglichkeiten ist stets der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten: Publikumsöffentlichkeit ist die verfassungsrechtliche Regel, der Öffentlichkeitsausschluss die legitimationsbedürftige Ausnahme. Falls mit dem Öffentlichkeitsprinzip kollidierende Gründe vorliegen, sollte im Verfahren immer vorerst geprüft werden, ob ein teilweiser Öffentlichkeitsausschluss allfällig tangierte Rechtsgüter hinreichend schützt (Urs Saxer / Simon Thurnheer, Basler Kommentar Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung, BSK StPO, 2. Auflage 2014, Art. 70 N 2 m.w.Verw.).
Das Gericht ist vorliegend der Auffassung, dass der Anspruch der Privatklägerin, nicht in der Öffentlichkeit aussagen und über ihre Intimsphäre berichten zu müssen, mit Blick auf die vorstehend genannten Bestimmungen der StPO durchaus legitimiert ist. Ein über die Einvernahme der Privatklägerin hinausgehender Ausschluss der Öffentlichkeit für die gesamte Verhandlung erscheint demgegenüber nicht angezeigt. Selbst bei einem allfälligen Ausschluss der Öffentlichkeit für die Dauer der gesamten Verhandlung ist auf die mündliche Urteilseröffnung zu verweisen, bei welcher ein Ausschluss der Öffentlichkeit grundsätzlich nur unter ausgesprochen engen Voraussetzungen möglich ist. Diese sind vorliegend klarerweise nicht gegeben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt werden Tatsachen bekannt, welche die Intimsphäre der Privatklägerin betreffen. Die Öffentlichkeit ist damit im Sinne des vorstehend genannten Verhältnismässigkeitsgrundsatzes nicht vollumfänglich, sondern lediglich teilweise von der Verhandlung auszuschliessen. Für den vorliegenden Fall betrifft dies die drei Zuhörer auf der Tribüne (Mutter, Schwester und Cousin des Beschuldigten). Diese sind für die Dauer der Befragung der Privatklägerin aus dem Saal zu bitten. Im Saal verbleiben darf – unter Vorbehalt von Ziffer 5 des Beschlusses – die anwesende Medienberichterstatterin.
Begründung zu Ziffer 3 und 4: Die Strafbehörden wahren die Persönlichkeitsrechte des Opfers auf allen Stufen des Verfahrens (Art. 152 Abs. 1 StPO). Die Strafbehörden vermeiden eine Begegnung des Opfers mit der beschuldigten Person, wenn das Opfer dies verlangt. Sie tragen in diesem Fall dem Anspruch der beschuldigten Person auf rechtliches Gehör auf andere Weise Rechnung (Art. 152 Abs. 3 Sätze 1 und 2 StPO). Insbesondere können sie das Opfer in Anwendung von Schutzmassnahmen nach Art. 149 Abs. 2 lit. b StPO (Einvernahme unter Ausschluss der Parteien der Öffentlichkeit) einvernehmen (Art. 152 Abs. 3 Satz 3 StPO).
Vorliegend hat das Opfer bzw. dessen Rechtsvertreter mit Schreiben vom 23. August 2022 ausdrücklich um Vermeidung einer Konfrontation mit dem Beschuldigten ersucht. Diesem Ersuchen ist stattzugeben. Um den Anspruch des Beschuldigten auf Wahrung des rechtlichen Gehörs zu wahren, wird ihm ermöglicht, der Befragung der Privatklägerin in einem Nebenraum, in welchen die Befragung virtuell übertragen wird, beizuwohnen. Bei Bedarf ist ihm unbenommen, Ergänzungsfragen zu stellen.
Begründung zu Ziffer 5: Das Gericht kann Gerichtsberichterstatterinnen und Gerichtsberichterstattern und weiteren Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, unter bestimmten Auflagen den Zutritt zu Verhandlungen gestatten, die nach Absatz 1 nicht öffentlich sind (Art. 70 Abs. 3 StGB).
Vorliegend ist eine Vertreterin der Solothurner Zeitung anwesend. Diese wird nicht von der Verhandlung ausgeschlossen, aber ihr wird zum Schutz des Opfers die Auflage erteilt, in ihrer Berichterstattung keine Details zu erwähnen, welche Rückschlüsse auf die Person des Opfers zulassen (Name, exaktes Alter, Wohnort). * Beweisabnahme
Die Zeugin K.___, Tante des Beschuldigten, wird zur Sache befragt. Die Einvernahme, dauernd von 09:00 Uhr bis 09:28 Uhr, wird mit technischen Hilfsmitteln aufgezeichnet (Tonträger sowie separates Einvernahmeprotokoll in den Akten).
Anschliessend wird der Zeuge D.___, Onkel des Beschuldigten, zur Sache befragt. Auch diese Einvernahme, dauernd von 09:30 Uhr bis 09:45 Uhr, wird mit technischen Hilfsmitteln aufgezeichnet (Tonträger sowie separates Einvernahmeprotokoll in den Akten).
Schliesslich wird der Zeuge E.___, Vater des Beschuldigten, zur Sache befragt. Die Einvernahme, dauernd von 09:47 Uhr bis 10:12 Uhr, wird mit technischen Hilfsmitteln aufgezeichnet (Tonträger sowie separates Einvernahmeprotokoll in den Akten).
Die auf 09:15 Uhr vorgeladene Zeugin F.___ konnte infolge ihres Nichterscheinens nicht befragt werden.
Nach Verbringen des Beschuldigten in einen Nebenraum wird die Privatklägerin C.___ in den Saal gebeten und als Auskunftsperson zur Sache befragt. Die Einvernahme, dauernd von 10:23 Uhr bis 11:18 Uhr, wird mit technischen Hilfsmitteln aufgezeichnet (Tonträger sowie separates Einvernahmeprotokoll in den Akten). Im Anschluss daran wird die Privatklägerin vom Vorsitzenden von der Teilnahme für den Rest der Verhandlung dispensiert und von der Gerichtsschreiberin aus dem Gerichtsgebäude begleitet. * Pause: 11:18 Uhr – 11:22 Uhr *
Der Vorsitzende hält fest, dass die auf 09:15 Uhr vorgeladene Zeugin F.___ nicht erschienen ist. Er gibt den Parteien die Möglichkeit zur Stellungnahme.
Staatsanwältin B.___: Die Einvernahme von F.___ aus dem Vorverfahren ist auch verwertbar, wenn sie heute nicht anwesend ist. Man hat versucht, sie vorzuladen, aber nicht gefunden. Es gibt eine klare Rechtsprechung, unter welchen Voraussetzungen man die Angaben dann trotzdem verwerten kann. Diese sind vorliegend gegeben. In erster Linie sind die Angaben von Frau F.___ nicht ein wesentliches Beweismittel, auch wenn sie klarerweise als gut zu qualifizieren sind. Die Zeugin wurde ein erstes Mal vor Obergericht beantragt. Der Beschuldigte hat sich im Vorverfahren und vor erster Instanz klar für die Verteidigungsstrategie entschieden, die Zeugin nicht noch einmal zu befragen. Damit liegt ein Verzicht vor (Urteil des Bundesgerichts 6B_839/2013). Vor Obergericht wurde sie einzig noch beantragt, weil das erstinstanzliche Verfahren anders ausging als angenommen. Der Fall kann heute beurteilt werden, auch ohne dass Frau F.___ erneut befragt wird.
Rechtsanwalt Del Duca: Ich schliesse mich den Ausführungen der Staatsanwaltschaft an. Ich hatte schon im Vorfeld ein ungutes Gefühl, was sie anbelangt. Im Februar diesen Jahres hatte ich das letzte Mal Kontakt mit ihr. Heute habe ich ihr eine Nachricht geschickt. Sie hat sie gelesen, hat aber nicht geantwortet. Es stellt sich die Frage, weshalb nicht. Selbst wenn sie heute befragt werden würde, würde sie – wenn überhaupt noch – wohl nichts Anderes aussagen als damals. Sie sagte damals klar und deutlich, sie sei nicht unmittelbar dabei gewesen, sondern dass sie nur schildern könne, was sie von der Privatklägerin gehört habe. Die Aussagen sind klar verwertbar.
Rechtsanwalt Schürch: Den Meinungen meiner beiden Vorredner kann ich mich nicht anschliessen, insbesondere was die Verwertbarkeit der Angaben von Frau F.___ angeht. Jedoch stellt sich vorliegend die Frage, ob am gestellten Antrag auf Befragung der Zeugin F.___ festgehalten werden soll. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass die Verteidigung ausdrücklich nicht an der Befragung von Frau F.___ festhält. Für den Beschuldigten ist es wichtiger, dass man den Prozess heute weitermachen kann, so dass es morgen endlich zu einem Urteil kommen kann.
Das Gericht wird die Frage beraten; die Verhandlung wird unterbrochen. Die Dolmetscherin wird entlassen. * Unterbruch der Verhandlung: 11:26 Uhr – 11:45 Uhr * Das Gericht gibt folgenden Beschluss bekannt:
Das Gericht verzichtet im Einvernehmen mit den Parteien auf eine polizeiliche Vorführung von F.___. * Es folgt die Einvernahme des Beschuldigten A.___. Dieser wird auf sein Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen sowie die Aussagen und die Mitwirkung verweigern zu dürfen, hingewiesen. Die Einvernahme, dauernd von 11:49 Uhr – 12:02 Uhr, wird mit technischen Hilfsmitteln aufgezeichnet (Tonträger sowie separates Einvernahmeprotokoll in den Akten). Im Rahmen der Rechtsbelehrung teilt der Beschuldigte mit, keine Angaben zur Sache machen zu wollen, sondern nur zu seiner Person. Zur Sache wolle er einzig ein Statement abgeben.
Beweisanträge
Es werden keine Beweisanträge gestellt.
Entsprechend schliesst der Vorsitzende um 12:03 Uhr das Beweisverfahren. * Unterbruch der Verhandlung 12:03 – 13:30 Uhr (Mittagspause).
Parteivorträge
Staatsanwältin B.___ stellt namens der Staatsanwaltschaft die folgenden Anträge:
1. A.___ sei schuldig zu sprechen wegen mehrfacher Vergewaltigung und mehrfacher versuchter sexueller Nötigung. 2. A.___ sei zu verurteilen zu einer Freiheitsstrafe von 77 Monaten. 3. A.___ sei für 10 Jahre des Landes zu verweisen. 4. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigung von A.___ für das Berufungsverfahren sei gerichtlich festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn). Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 5. Die Kosten des Berufungsverfahrens seien A.___ aufzuerlegen. Für den Parteivortrag (13:30 Uhr – 14:08 Uhr) wird auf die durch die Gerichtsschreiberin erstellten Plädoyernotizen sowie die Tonbandaufnahme verwiesen. * Rechtsanwalt Donato Del Duca stellt namens und im Auftrag der Privatklägerin C.___ die folgenden Anträge: 1. Es sei das erstinstanzliche Urteil des Richteramtes Bucheggberg-Wasseramt vom 12. November 2020 zu bestätigen. 2. Es seien die Anwaltskosten der Privatklägerin infolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege aus der Staatskasse auszurichten. 3. Unter ausgangsgemässer Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beschuldigten.
Für den Parteivortrag (14:09 Uhr – 14:15 Uhr) wird auf die abgegebenen Plädoyernotizen verwiesen. * Rechtsanwalt Sascha Schürch stellt namens und im Auftrag des Beschuldigten die folgenden Anträge:
I. Das Urteil des Richteramts Bucheggberg-Wasseramt vom 12. November 2020 sei aufzuheben und die Sache sei zur neuen Beurteilung an die erste Instanz zurückzuweisen. Eventualiter sei Herr A.___ vgt. freizusprechen von den Anschuldigungen der mehrfachen Vergewaltigung und mehrfachen sexuellen Nötigung, angeblich begangen in der Zeit vom 5. Dezember 2016 bis 20. Januar 2017 sowie vom 6. Februar 2017 bis 17. März 2017 in [Wohnort] zum Nachteil von C.___ unter Auferlegung der erst- sowie oberinstanzlichen Verfahrenskosten an den Kanton Solothurn sowie unter Ausrichtung einer Entschädigung für die Verteidigungskosten gemäss eingereichter Kostennote. II. Die Zivilklage von Frau C.___ sei abzuweisen. III. Im Weiteren sei zu verfügen: 1. Das erstellte DNA-Profil sowie die erhobenen biometrischen Daten seien zu löschen. 2. Das Honorar des amtlichen Verteidigers sei gemäss eingereichter Kostennote festzusetzen. 3. Die erforderlichen weiteren Verfügungen seien von Amtes wegen zu treffen. Für den Parteivortrag (14:15 Uhr – 15:12 Uhr) wird auf die von der Gerichtsschreiberin erstellten Plädoyernotizen sowie die Tonbandaufnahme verwiesen. Es folgt die Replik der Staatsanwaltschaft (s. separate Aktennotiz, 15:13 Uhr – 15:18 Uhr). Die Privatklägerin verzichtet auf eine Replik; die Verteidigung auf eine Duplik. * Letztes Wort des Beschuldigten Der Beschuldigte A.___ macht von seinem Recht auf das letzte Wort Gebrauch und führt zusammengefasst aus: «Ich möchte noch einmal ganz deutlich betonen, ich habe nie etwas gegen ihren Willen gemacht, sie nie unter Druck gesetzt. Ich bin ganz klar unschuldig. Was passiert ist, ist wegen ihrer Mutter. Und wenn das für sie so schlimm gewesen wäre, weshalb hat sie dann monatelang gewartet? Ich meine, wenn man eine Frau unter Druck setzt und es für sie so schlimm ist, weshalb wartet sie solange, jemanden zu fragen? Sie reagiert einfach nicht und wartet Monate, das kann ich nicht nachvollziehen.» Damit endet der öffentliche Teil der Hauptverhandlung um 15:20 Uhr und das Gericht zieht sich zur geheimen Urteilsberatung zurück. * Am 1. September 2022 wurde den Parteien mündlich resp. mit Verfügung vom 23. September 2022 schriftlich mitgeteilt, dass die mündliche Urteilseröffnung neu am Montag, 14. November 2022, 16:00 Uhr, stattfinden werde. * Es erscheinen zur mündlichen Urteilseröffnung am 14. November 2022, 16:00 Uhr:
1. Staatsanwältin B.___, für die Staatsanwaltschaft als Berufungsklägerin; 2. A.___, Beschuldigter und Berufungskläger; 3. Rechtspraktikantin bei und Substitutin von Rechtsanwalt Sascha Schürch, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten A.___; 4. Rechtsanwalt Donato Del Duca, unentgeltlicher Rechtsbeistand der Privatklägerin und Auskunftsperson C.___; 5. Dolmetscherin; 6. Medienvertreterin der Solothurner Zeitung; 7. Zuhörer auf der Tribüne (Vater des Beschuldigten).
Der Vorsitzende stellt die Anwesenheiten fest und weist darauf hin, dass das Urteil des Berufungsgerichts im Rahmen der mündlichen Eröffnung nur summarisch begründet wird. Massgeblich ist die schriftliche Begründung des Urteils, welche den Parteien später eröffnet wird und ab deren Zustellung auch die Rechtsmittelfrist zu laufen beginnt.
Anschliessend verliest der Vorsitzende den Urteilsspruch. Er begründet das Urteil kurz in den wesentlichen Punkten.
Um 16:40 Uhr erklärt der Vorsitzende die mündliche Urteilseröffnung für geschlossen.
Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung:
I. Prozessgeschichte
1. Am 12. April 2017 erstattete C.___ (nachfolgend Privatklägerin) Strafanzeige gegen ihren damaligen Ehemann A.___ (nachfolgend Beschuldigter; AS 015).
2. Am 19. April 2017 eröffnete die Staatsanwaltschaft (Berufungsklägerin) ein Verfahren gegen den Beschuldigten wegen mehrfacher Vergewaltigung (Art. 190 des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 [StGB, SR 311.0]; AS 123). Die Strafanzeige der Polizei Kanton Solothurn datiert vom 3. Oktober 2017 (AS 006 ff.).
3. Mit Anklageschrift vom 19. September 2018 erhob die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht von Bucheggberg-Wasseramt Anklage gegen den Beschuldigten wegen mehrfacher Vergewaltigung und mehrfacher versuchter sexueller Nötigung (AS 001 ff.).
4. Am 22. Januar 2019 lud der Amtsgerichtspräsident von Bucheggberg-Wasseramt die Parteien sowie zwei Zeugen zur Hauptverhandlung auf den 25. April 2019 vor (AS 184 ff.).
5. Am 25. Februar 2019 beantragte der Beschuldigte die Befragung von vier weiteren Zeugen sowie die Anordnung eines aussagepsychologischen Gutachtens über die Privatklägerin (AS 193 ff.).
6. Am 27. März 2019 bewilligte der Amtsgerichtspräsident von Bucheggberg-Wasseramt das beantragte aussagepsychologische Gutachten und setzte die Hauptverhandlung vom 25. April 2019 ab (AS 198 ff.).
7. Am 20. Mai 2019 gab der Amtsgerichtspräsident von Bucheggberg-Wasseramt das Gutachten bei Frau Prof. Dr. G.___ in Auftrag (AS 214 ff.).
8. Am 6. Januar 2020 wurde das Gutachten dem Gericht eingereicht (AS 225 ff.).
9. Am 24. April 2020 teilte der Beschuldigte mit, auf die Vorladung von Zeugen werde verzichtet. Er reichte stattdessen schriftliche Bestätigungen von fünf «Zeugen» ein (AS 411 ff.).
10. Am 15. Juni 2020 lud der Amtsgerichtspräsident von Bucheggberg-Wasseramt den Beschuldigten, die amtliche Verteidigerin, den Staatsanwalt sowie den Vertreter der Privatklägerin zur neuen Verhandlung auf den 22. Oktober 2020 vor (AS 420 f.).
11. Am 12. November 2020 erliess das Amtsgericht von Bucheggberg-Wasseramt nachfolgendes Urteil (AS 500 ff.):
1. A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht: a) mehrfache Vergewaltigung zum Nachteil von C.___, begangen in der Zeit von 6. Dezember 2016 bis 20. Januar 2017 und ca. 6. Februar 2017 bis 17. März 2017. b) mehrfache versuchte sexuelle Nötigung zum Nachteil von C.___, begangen in der Zeit von ca. 6. Februar 2017 bis 17. März 2017. 2. A.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 28 Monaten verurteilt, unter Gewährung des bedingten Vollzugs für eine Teilstrafe von 21 Monaten bei einer Probezeit von 2 Jahren, womit eine Teilstrafe von 7 Monaten zu vollziehen ist. 3. Eine Landesverweisung gegenüber A.___ wird nicht angeordnet. 4. A.___ hat der Privatklägerin C.___ eine Genugtuung von CHF 8'000.00 zzgl. 5 % Zins seit 17. März 2017 zu bezahlen. 5. Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes von C.___, Rechtsanwalt Donato Del Duca, wird auf CHF 13'265.15 (21.96 und 40.75 Stunden zu CHF 180.00 pro Stunde, inkl. Auslagen von CHF 346.30 und CHF 678.50 sowie MWST zu 8 % von CHF 343.30 und zu 7.7 % von CHF 617.05) festgesetzt und ist zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse von A.___ vom Staat zu zahlen (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn). Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des unentgeltlichen Rechtsbeistandes von CHF 4'729.05 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 250.00 pro Stunde, inkl. MWST zu 8 % von CHF 466.05 und zu 7.7 % von CHF 836.70), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 6. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigerin von A.___, Rechtsanwältin Stephanie Selig, wird auf CHF 11'424.80 (6.76 und 42.76 Stunden zu CHF 180.00 pro Stunde und 13 Stunden zu CHF 90.00 pro Stunde, inkl. Auslagen von CHF 521.00 sowie MWST zu 8 % von CHF 97.35 und zu 7.7 % von CHF 722.85) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen. Nach Abzug der bereits geleisteten Akontozahlung von CHF 4'750.00 verbleibt eine Restanz von CHF 6'674.80 (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn). Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben. 7. Die Kosten des Verfahrens, mit einer Urteilsgebühr von CHF 9'600.00, total CHF 32'750.00, hat A.___ zu bezahlen.
12. Gegen dieses Urteil meldeten die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft jeweils am 23. November 2020 die Berufung an (AS 495 und AS 498).
13. Am 8. Dezember 2020 erklärte die Staatsanwaltschaft die Berufung bezogen auf die Strafzumessung und das Absehen von der Landesverweisung. Beantragt wird eine höhere Freiheitsstrafe und eine Landesverweisung für 15 Jahre (OGer 003).
14. Am 14. Dezember 2020 beantragte der Beschuldigte den Wechsel der amtlichen Verteidigung (OGer 005).
15. Am 18. Dezember 2020 erklärte Rechtsanwältin Stephanie Selig für den Beschuldigten die Berufung bezogen auf den Schuldspruch, das Strafmass, die der Privatklägerin zugesprochene Genugtuung sowie die Kosten, inkl. Rückforderung der Honorare der amtlichen Verteidigerin und des Vertreters des Privatklägers. Es wird ein vollumfänglicher Freispruch, die Aufhebung der Freiheitsstrafe, die Abweisung der Genugtuungsforderung der Privatklägerin und die Kostenauferlegung auf den Staat sowie folglich der Verzicht auf die Rückforderungen beantragt (OGer 010 ff.). 16. Am 22. Dezember 2020 bewilligte der Präsident des Berufungsgerichts das Gesuch des Beschuldigten betr. Wechsel der amtlichen Verteidigung und setzte Rechtsanwalt Sascha Schürch als neuen amtlichen Verteidiger ein (OGer 013 f.).
17. Mit Eingabe vom 14. Januar 2021 verzichtete die Privatklägerin auf die Erhebung einer Anschlussberufung (OGer 025). 18. Am 22. Januar 2021 stellte Rechtsanwalt Sascha Schürch folgende präzisierte Anträge: Das Urteil der Vorinstanz sei aufzuheben (Kassation) und an die erste Instanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen, eventualiter sei der Beschuldigte vollumfänglich freizusprechen sowie die Zivilforderung der Privatklägerin abzuweisen, dies unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Gleichzeitig beantragte Rechtsanwalt Sascha Schürch die Vorladung und Befragung der Privatklägerin sowie die Vorladung und Befragung von vier Zeugen (OGer 029 ff.).
19. Am 23. Februar 2022 lud der Instruktionsrichter die Parteien und vier Zeugen zur Berufungsverhandlung auf den 31. August 2022 vor (OGer 035 ff). 20. Am 25. Februar 2022 kam die Vorladung der Zeugin F.___ an das Obergericht zurück mit dem Vermerk «Empfänger konnte unter angegebener Adresse nicht ermittelt werden.» (OGer 057). Nachdem am 2. März 2022 die Verteidigung der Privatklägerin dem Obergericht die neue Adresse der Zeugin mitgeteilt hatte, wurde diese mit Verfügung vom 7. März 2022 erneut vorgeladen (OGer 066 ff.). Da auch diese Vorladung wieder retourniert wurde, erging am 17. März 2022 ein Rechtshilfeersuchen an die Generalstaatsanwaltschaft Bern (OGer 071 ff.). Die für die Zustellung beauftragte Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland teilte am 14. April 2022 mit, die persönliche Zustellung sei misslungen; die Vorladung sei am 5. April 2022 in den Briefkasten geworfen worden (OGer 076). 21. Mit Eingabe vom 23. August 2022 stellte Rechtsanwalt Del Duca den Antrag, es sei die Publikumsöffentlichkeit von der Hauptverhandlung auszuschliessen. Den akkreditierten Gerichtsberichterstattern sei die Auflage zu erteilen, in ihrer Berichterstattung zum Prozess sämtliche Hinweise, die eine Identifizierung der Privatklägerin ermöglichen würden, zu unterlassen. Weiter sei anlässlich der Hauptverhandlung zu verhindern, dass die Privatklägerin auf den Beschuldigten treffe. Die Privatklägerin sei in einem separaten Raum zu befragen es sei sicherzustellen, dass sich der Beschuldigte bei der Befragung nicht im selben Raum wie die Privatklägerin aufhalte (OGer 097 f.). Mit Verfügung vom 29. August 2022 wurde den Parteien in Aussicht gestellt, dass über die Anträge vor Beginn der Verhandlung vom 31. August 2022 entschieden werde (OGer 103).
II. Rückweisungsantrag
1. Der Beschuldigte lässt durch seinen Verteidiger beantragen, infolge wesentlicher Verfahrensmängel sei die Sache zur neuen Durchführung der erstinstanzlichen Hauptverhandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im Rahmen der mündlichen Begründung anlässlich der zweitinstanzlichen Hauptverhandlung bringt der Verteidiger vor, gestützt auf Art. 29 und Art. 32 BV, Art. 6 EMRK sowie Art. 128 ff. StPO habe ein Beschuldigter im Strafverfahren Anspruch auf eine wirksame Verteidigung, wobei diese die Interessen eines Beschuldigten in ausreichender und wirksamer Art und Weise wahrnehmen und die Notwendigkeit von prozessualen Massnahmen im Interesse des Beschuldigten sachgerecht und kritisch abwägen müsse. Dies sei vorliegend nicht geschehen. So wäre mit Blick auf das Glaubhaftigkeitsgutachten von Prof. Dr. G.___ zwingend angezeigt gewesen, dass das erstinstanzliche Gericht die Zeugin F.___ persönlich zur Sache angehört hätte. Dies sei von der damaligen Verteidigung jedoch nicht beantragt worden. Hinzu trete, dass die bisherige Verteidigerin entgegen ihrer Pflicht nicht reagiert habe, als das Gericht bekannt gegeben habe, auf die gerichtliche Befragung von Zeugen und der Privatklägerin zu verzichten. Sie habe dabei nicht nur den Verzicht zur Kenntnis genommen, sondern – darüber hinausgehend – sogar noch mit schriftlicher Eingabe bestätigt, derselben Meinung wie das Gericht zu sein. Damit sei ohne ersichtlichen Grund auf eines der wesentlichsten Verfahrensrechte – das Konfrontationsrecht – verzichtet worden. Der Beschuldigte sei deshalb im vorinstanzlichen Verfahren nicht rechtsgenüglich verteidigt gewesen – was schon alleine für sich ein Grund sei, das angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Versäumnisse der vorherigen Verteidigung hätten weiter dazu geführt, dass die Vorinstanz mehrere essentielle Beweise nicht abgenommen und damit den Sachverhalt nicht abschliessend geklärt habe. Der Beschuldigte sei entgegen Art. 343 Abs. 1 StPO zur Person, nicht aber zur Sache und den Ergebnissen des Verfahrens sowie der Anklage befragt worden. Weiter habe das Gericht nach Vorliegen des aussagepsychologischen Gutachtens darauf verzichtet, die ursprünglich selbst eingeplanten und teils von der Verteidigung beantragten Zeugen einzuvernehmen, womit entgegen Art. 343 Abs. 2 StPO neue, entscheidwesentliche Beweise nicht abgenommen worden seien. Dabei sei insbesondere auf die erneute Erhebung der Angaben der Zeugin F.___ verzichtet worden. Dies, obwohl deren Angaben im Vorverfahren nicht ordnungsgemäss erhoben worden seien. Die Einvernahme der Polizei habe im Mai 2017 und damit in einem Zeitpunkt, in welchem der Beschuldigte vom hängigen Strafverfahren noch nichts gewusst habe, stattgefunden. Entsprechend hätten weder er noch seine damalige Verteidigung an der damaligen Einvernahme teilnehmen und Ergänzungsfragen stellen können. Da die Zeugin auch im erstinstanzlichen Verfahren nicht befragt worden sei, sei der Konfrontationsanspruch des Beschuldigten nicht gewahrt worden. Schliesslich habe die Vorinstanz auf die Einvernahme der Privatklägerin verzichtet und damit das eingeschränkte Unmittelbarkeitsprinzip verletzt. Die Privatklägerin sei nämlich weder vom Gericht noch von der Staatsanwaltschaft je einmal persönlich befragt worden. Im Vorverfahren hätten der Beschuldigte und seine Verteidigung nur ein einziges Mal die Gelegenheit gehabt, der Privatklägerin direkt Fragen zu stellen; und das ohne vorher über vollständige Aktenkenntnis verfügt zu haben.
Aufgrund der Versäumnisse seiner vorherigen Verteidigerin und auch der Vorinstanz habe der Beschuldigte somit faktisch eine Instanz mit voller Kognition verloren. Eine Heilung aller Verfahrensmängel komme aus Sicht der Verteidigung nicht infrage. Das angefochtene Urteil sei dementsprechend antragsgemäss aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
2. Die Staatsanwaltschaft repliziert, dass ein Antrag auf Rückweisung an die erste Instanz vorfrageweise zu stellen gewesen wäre, nicht erst im Rahmen des Parteivortrages, womit der Antrag verspätet eingereicht worden sei. So anders sei er aber auch unbegründet. Im Entscheid 6B_647/2021 vom 26. Juli 2021 habe das Bundesgericht Ausführungen gemacht, was unter einer Pflichtverletzung der Verteidigung zu verstehen sei. Festgehalten habe es, dass insbesondere bei der Wahl der ersten Verteidigungsstrategie erheblicher Ermessensspielraum bestehe. Schwere Pflichtverletzungen seien nicht vertretbar, sofern sie den Beschuldigten in seinen Verteidigungsrechten substantiell einschränken würden. Das sei bspw. anzunehmen bei Frist- und Terminversäumnissen, beim Fehlen an Einvernahmen etc. Vorliegend habe die ehemalige Verteidigerin ein Glaubhaftigkeitsgutachten beantragt, welches nicht so herausgekommen sei, wie man erwartet habe. Dies falle ganz klar nicht unter eine schwere Pflichtverletzung. Auch hinsichtlich der nicht beantragten Zeugen der nicht befragten Privatklägerin sei keine Pflichtverletzung auszumachen. Ob ein Zeuge beantragt werde nicht, liege im Ermessen der Verteidigung. Einen Zeugen, von dem man befürchte, dass er den Beschuldigten allenfalls auch belasten könnte, beantrage man nicht. Von der Privatklägerin liege ein Video in den Akten – wobei dies gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung (Urteil 6B_1005/2020 vom 22.12020) als Möglichkeit der Wahrnehmung genüge – sowie eine gutachterliche Einschätzung. Ein Verzicht auf erneute Einvernahme unter fehlender Opposition der Parteien sei damit nicht zu beanstanden. Selbst wenn theoretisch eine Pflichtverletzung der Verteidigung ausgemacht werden könnte, bliebe zu berücksichtigen, dass gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung den Behörden nicht die Verantwortung für jedes Versäumnis der Verteidigung auferlegt werden könne. Abschliessend sei festzustellen, dass das Gericht seine Fürsorgepflicht nicht verletze, wenn es darauf verzichte, seine Fragen zu stellen, wenn ein Beschuldigter unmissverständlich zu verstehen gebe, gar keine Fragen beantworten zu wollen.
2. Die Berufung nach Art. 398 ff. StPO ist grundsätzlich ein reformatorisches Rechtsmittel (BBl 2006 1318). Nach Art. 409 Abs. 1 StPO hebt das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils an das erstinstanzliche Gericht zurück, wenn das erstinstanzliche Verfahren Mängel aufweist, die im Berufungsverfahren nicht geheilt werden können. Das Berufungsgericht bestimmt, welche Verfahrenshandlungen zu wiederholen nachzuholen sind (Abs. 2). Das Bundesgericht hält hierzu im Urteil 6B_1010/2021 vom 10. Januar 2022 Folgendes fest: «Die kassatorische Erledigung durch Rückweisung ist aufgrund des reformatorischen Charakters des Berufungsverfahrens die Ausnahme und kommt nur bei derart schwerwiegenden, nicht heilbaren Mängeln des erstinstanzlichen Verfahrens in Betracht, in denen die Rückweisung zur Wahrung der Parteirechte, in erster Linie zur Vermeidung eines Instanzenverlusts, unumgänglich ist (BGE 143 IV 408 E. 6.1 mit Hinweis auf die Urteile 6B_1302/2015 vom 28.12.2016 E. 4.2.1; 6B_843/2016 vom 10.08.2016 E. 3.1; 6B_794/2014 vom 09.02.2015 E. 8.2; 6B_528/2012 vom 28.02.2013, E. 3.1.1; 6B_362/2012 vom 29.10.2012 E. 8.4.2; wiederum je mit Hinweisen). Dies ist etwa der Fall bei der Verweigerung von Teilnahmerechten nicht gehöriger Verteidigung (Urteil 6B_512/2012 vom 30.04.2013 E. 1.3.3), bei nicht richtiger Besetzung des Gerichts (Urteile 6B_596/2012 und 6B_682/2012 vom 25.04.2013 je E. 1.3) bei unvollständiger Behandlung sämtlicher Anklage- Zivilpunkte (BGE 143 IV 408 E. 6.1; Botschaft vom 21.12.2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 Ziff. 2.9.3.3. S. 1318; vgl. auch Moreillon/Parein-Reymon, CCP, Code de procédure pénale, 2. Aufl. 2016, N 2 zu Art. 409 StPO; Eugster, in: Basler Kommentar Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N 1 zu Art. 409; Schmid/Jositsch, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2017 [im Folgenden: Handbuch], N. 1576 f.; Schmid/Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018 [im Folgenden: Praxiskommentar], N 2 zu Art. 409 StPO; Kistler Vianin, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2019, N. 4 ff. zu Art. 409 StPO).»
3. Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet die Strafbehörden, den Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln (Gebot der materiellen Wahrheit). Dabei sind die belastenden und entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu untersuchen (vgl. Art. 6 StPO; Riedo/Fiolka, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N 2 zu Art. 6 StPO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 107 StPO) räumt dem Betroffenen das Recht ein, erhebliche Beweise beizubringen, mit solchen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken. Dem Mitwirkungsrecht entspricht die Pflicht der Behörden, die Argumente und Verfahrensanträge der Parteien entgegenzunehmen und zu prüfen, sowie die ihr rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweismittel abzunehmen (BGE 138 V 125 E. 2.1 S. 127; BGE 137 II 266 E. 3.2 S. 270; je mit Hinweisen). Untersuchungsgrundsatz und rechtliches Gehör verpflichten das Gericht nicht, von Amtes wegen auf Antrag hin Beweiserhebungen vorzunehmen, wenn es in willkürfreier Würdigung der bereits abgenommenen Beweise zur Überzeugung gelangt, der rechtlich erhebliche Sachverhalt sei genügend abgeklärt, und es überdies in willkürfreier antizipierter Würdigung der zusätzlich beantragten Beweise annehmen kann, seine Überzeugung werde auch durch diese nicht mehr geändert (Art. 139 Abs. 2 StPO; vgl. BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236 f.; BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148; je mit Hinweisen).
4.1. Vorliegend gelingt es dem Beschuldigten nicht, der früheren Verteidigung ein offensichtliches Fehlverhalten anzulasten, welches die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils rechtfertigen würde. Bringt der Beschuldigte vor, die bisherige Verteidigerin habe bei Vorbereitung der erstinstanzlichen Verhandlung nach zu Unrecht beantragtem Gutachten des Weiteren versäumt, die Befragung der Zeugin F.___ sowie der weiteren zur Diskussion stehenden Zeugen zu beantragen, so verkennt er das bundesgerichtlich mehrfach bestätigte erhebliche Ermessen bei Festlegung der Verteidigungsstrategie. Ob und wenn ja in welchem Umfang die Erstellung eines Gutachtens die Befragung von Zeugen (und weiterer Personen) beantragt wird, ist vom jeweiligen Verteidiger im Einklang mit seinem Klienten festzulegen. Vorliegend handelte es sich denn auch nicht um eine Verteidigungsstrategie, welche offensichtlich nicht zum gewünschten Ergebnis führen konnte und damit den Interessen des Beschuldigten klarerweise zuwiderlief. Dass der Beschuldigte im damaligen Zeitpunkt mit den Anträgen seiner Verteidigung nicht einverstanden gewesen wäre, wird vorliegend nicht geltend gemacht und ist auch aus den Akten nicht ersichtlich. Hinzu tritt, dass – soviel sei an dieser Stelle bereits vorweg genommen – auf die Angaben der befragten Zeugen in casu ohnehin nicht in entscheidwesentlicher Art und Weise abzustellen sein wird. So ist bspw. hinsichtlich F.___ festzustellen, dass der Verteidiger anlässlich der Berufungsverhandlung entgegen seiner eigenen Argumentation bekanntgab, auf die Befragung derselben verzichten zu wollen. Insgesamt ist der bisherigen Verteidigung ihr Verhalten demnach in keiner Art und Weise anzulasten. Von einer Pflichtverletzung – gar einer schweren Pflichtverletzung, wie sie die Verteidigung geltend machen will – ist nicht auszugehen. Nicht ersichtlich ist nota bene, inwiefern ein allfälliges Konfrontationsrecht des Beschuldigten nicht gewahrt worden sein sollte, sagten doch die betroffenen Zeugen (mit Ausnahme von F.___) allesamt zu Gunsten des Beschuldigten aus.
4.2. Dieselben Ausführungen gelten sinngemäss auch für die Befragung der Privatklägerin. Die Privatklägerin wurde mehrfach polizeilich zur Sache befragt. Am 13. September 2017 fand eine Videoeinvernahme der Privatklägerin statt. Für die Würdigung der Aussagen der Privatklägerin steht das Gutachten von Prof. Dr. G.___ vom 20. Mai 2019 zur Verfügung. Sowohl die bisherige Verteidigerin als auch das Gericht konnten demnach in guten Treuen auf die (nochmalige) persönliche Befragung der Privatklägerin verzichten. Dass die Videoaufnahmen im Zeitpunkt der Verhandlung bereits drei Jahre zurücklagen, vermag daran nichts zu ändern. Im Gegenteil ist sogar festzuhalten, dass die damaligen Aufnahmen infolge geringeren Zeitablaufs seit der Tat wohl sogar noch authentischer gewesen sind, als es die persönliche Befragung gewesen wäre. Auch hier ist demnach keine schwere Pflichtverletzung der amtlichen Verteidigerin auszumachen, durch welche der Beschuldigte in seinen Verteidigungsrechten substantiell eingeschränkt gewesen wäre. Eine Rückweisung an die Vorinstanz ist demnach auch vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt.
4.3. Ebenso wenig ersichtlich ist eine Verletzung der ihr obliegenden Sorgfaltspflichten durch die Vorinstanz. Eines der grundlegendsten Rechte eines Beschuldigten besteht darin, jegliche Mitwirkung im Strafverfahren verweigern zu dürfen. Bringt ein Beschuldigter vor, keine Angaben zur Sache, zu den Ergebnissen des Verfahrens sowie der Anklage machen zu wollen, ist dies sein gutes Recht und durch die Verfahrensleitung zu respektieren. Dass daraus der Anspruch fliessen sollte, die Fragen des Gerichts dennoch in vollem Umfang gestellt zu bekommen, ist im Gesetz nicht vorgesehen und grundsätzlich auch dem Verfahren nicht dienlich. Die entsprechende Rüge der Verteidigung geht demnach fehl. Ebenso wenig ist das Gericht gehalten, jegliche in Frage kommenden Beweismittel zu erheben. Dass die Vorinstanz mit Blick auf die in den Akten liegenden Beweismittel wie die bereits durchgeführten Einvernahmen und insbesondere das Gutachten von Prof. Dr. G.___ vom 20. Mai 2019 auf die Befragung der Zeugen sowie auf die persönliche Befragung der Privatklägerin verzichtet hat, ist demnach nicht zu beanstanden. Eine Verletzung in der Verfahrensführung ist nicht erkennbar. Selbst wenn entgegen diesen Ausführungen von einer Verletzung auszugehen wäre, ist festzustellen, dass mit Blick auf die gesetzlichen Bestimmungen und die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichts die über volle Kognition verfügende Berufungsinstanz im Berufungsverfahren von Amtes wegen über die Erforderlichkeit der Abnahme von zusätzlichen Beweisen zu entscheiden hat. Vorliegend sind mit der Befragung der (erneut) beantragten Zeugen und der Privatklägerin für das Berufungsverfahren nur punktuelle Beweisergänzungen angestanden, welche das Beweisergebnis nicht entscheidwesentlich zu beeinflussen vermochten. Von einem unzulässigen Instanzenverlust ist nicht auszugehen (s. diesbezüglich die Urteile des Bundesgerichts 6B_1084/2019 vom 09.09.2020 E. 2.4.2, 6B_1075/2019 vom 02.07.2020 E. 4, 6B_1014/2019 vom 22.06.2020 E. 2.4 auch BGE 143 IV 408 E. 6.3.2 m.w.Verw., wobei Letzterer einen allfälligen Instanzenverlust sogar dann hinzunehmen gedenkt, wenn infolge Änderung des Urteils durch die obere Instanz [Verurteilung statt Freispruch] eine Kontrollinstanz verloren geht).
4.4. Nach dem Gesagten ist festzuhalten, dass es an einem wesentlichen, nicht heilbaren Mangel i.S.v. Art. 409 Abs. 1 StPO fehlt. Der Verfahrensantrag des Beschuldigten, wonach die Sache zur neuen Durchführung der erstinstanzlichen Hauptverhandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen ist, ist abzuweisen.
III. Prozessgegenstand des Berufungsverfahrens und zu beurteilender Vorhalt
Das erstinstanzliche Urteil ist grundsätzlich vollumfänglich angefochten. In Rechtskraft erwachsen sind lediglich die Höhe der Entschädigungen der damaligen amtlichen Verteidigerin und des unentgeltlichen Rechtsbeistandes der Privatklägerin.
Der zu beurteilende Vorhalt lautet gemäss Anklageschrift vom 19. September 2018 wie folgt:
mehrfache Vergewaltigung, Art. 190 Abs. 1 StGB und mehrfache versuchte sexuelle Nötigung, Art. 189 Abs. 1 i. V. m. Art. 22 StGB begangen ab dem 5. Dezember 2016 bis ca. 17. März 2017 (mit einer Pause vom 21. Januar bis ca. 5. Februar 2017), in [Wohnort], im ehelichen Schlafzimmer, zum Nachteil von C.___. Der Beschuldigte drohte seiner Ehefrau wiederholt an, ihrer Familie und ihrem Verwandten- und Bekanntenkreis zu erzählen, dass sie bei der Heirat keine Jungfrau mehr gewesen sei, sie wieder zu ihrer Mutter zurückzuschicken. Damit setzte er sie unter grossen psychischen Druck, um gegen den ihm bekannten Willen seiner Ehefrau insgesamt ca. 25 bis 30 Mal den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss ausserhalb der Scheide (kurze Zeit nach der Hochzeit benutzte er noch Präservative) mit ihr zu erzwingen. Er wendete auch Gewalt an, um zum Geschlechtsverkehr zu gelangen, und versuchte nach ca. dem 5. Februar 2017 zudem 3 bis 4 Mal Analverkehr mit ihr, indem er sie meistens an ihren Haaren packte, ihr den Pyjama auszog, sie auf den Rücken und das Gesäss schlug, ihr Ohrfeigen gab und sie in die Ohren, Schulter und Brustwarzen biss. Dies alles machte er im Bewusstsein, dass seine Frau sich aus Scham wegen der anderen in der Wohnung befindlichen Familienangehörigen des Beschuldigten nicht zur Wehr setzen würde. Stattdessen biss schrie sie während den unerwünschten sexuellen Handlungen in ein Kissen, so dass sie niemand hören konnte.
IV. Allgemeine rechtliche Erwägungen zu den Tatbeständen der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung
1. Eine Vergewaltigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB begeht, wer eine Person weiblichen Geschlechts zur Duldung des Beischlafs nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt zum Widerstand unfähig macht. Die Strafe ist Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren.
Wer eine Person zur Duldung einer beischlafsähnlichen einer anderen sexuellen Handlung nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen Druck setzt zum Widerstand unfähig macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren Geldstrafe bestraft (Sexuelle Nötigung, Art. 189 Abs. 1 StGB).
Damit ist auch schon gesagt, dass die Vornahme einer sexuellen Handlung gegen den Willen der geschädigten Person, ohne dass besondere Voraussetzungen erfüllt wären, als solche «de lege lata» nicht strafbar ist. Dieser Gesetzeslücke will der Gesetzgeber mit der Schaffung eines neuen Straftatbestandes des «Sexuellen Übergriffs» schliessen. Diese Novelle befindet sich momentan in der parlamentarischen Beratung.
2. Die in Art. 190 StGB genannten Nötigungsmittel stimmen mit den in Art. 189 StGB erwähnten überein. Die beiden Bestimmungen unterscheiden sich denn auch nicht in der Art Intensität der angewendeten Nötigungsmittel, sondern in der Art und Natur der sexuellen Handlungen. Wird der Tatbestand der Vergewaltigung lediglich bei der Vornahme von Beischlaf erfüllt, reicht bei der sexuellen Nötigung irgendeine sexuelle Handlung.
Art. 189 und 190 StGB bezwecken den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung. Das Individuum soll sich im Bereich des Geschlechtslebens unabhängig von äusseren Zwängen Abhängigkeiten frei entfalten und entschliessen können. So setzen die sexuellen Nötigungstatbestände übereinstimmend voraus, dass der Täter durch eine Nötigungshandlung das Opfer dazu bringt, eine sexuelle Handlung zu erdulden vorzunehmen. Die Tatbestände erfassen alle erheblichen Nötigungsmittel, auch solche ohne unmittelbaren Bezug zu physischer Gewalt. Es soll ebenfalls das Opfer geschützt werden, das in eine ausweglose Situation gerät, in der es ihm nicht zuzumuten ist, sich dem Vorhaben des Täters zu widersetzen, auch wenn dieser keine Gewalt anwendet. Dementsprechend umschreibt das Gesetz die Nötigungsmittel nicht abschliessend. Es erwähnt namentlich die Ausübung von Gewalt und von psychischem Druck sowie das Bedrohen und das Herbeiführen der Widerstandsunfähigkeit, wobei der zuletzt genannten Variante kaum eigenständige Bedeutung zukommt (BGE 131 IV 167 E. 3).
In Bezug auf die Intensität des Nötigungsmittels ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ein relativer Massstab anzulegen. Es sind somit für die Beurteilung des Nötigungsmittels auch Opfergesichtspunkte mit zu berücksichtigen. Es hiesse solchen Menschen einen geringeren strafrechtlichen Schutz zuzugestehen, würde ihrer besonderen Verletzlichkeit, die der Täter gerade in seinen Tatplan einbezieht, nicht Rechnung getragen. Es bedarf indessen auch hier einer erheblichen Einwirkung auf die Freiheit der sexuellen Selbstbestimmung (BGE 131 IV 107 E. 2.4 sowie Urteil des Bundesgerichts 6P.83/2006 vom 29.06.2006 E. 5.2). An die Intensität der Nötigung müssen gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung bei den im Wesentlichen auf Erwachsene ausgerichteten sexuellen Nötigungstatbeständen geringere Anforderungen gestellt werden, wenn Kinder Opfer eines sexuellen Übergriffs werden (BGE 126 IV 124).
Der Tatbestand der sexuellen Nötigung setzt Vorsatz voraus, wobei eventualvorsätzliches Handeln genügt. Der Täter muss wissen zumindest in Kauf nehmen, dass das Opfer mit den sexuellen Handlungen nicht einverstanden ist. Letzteres ist beispielsweise der Fall, wenn der Täter an der Ernsthaftigkeit des Widerstandes zweifelt, aber dessen Überwindung in Kauf nimmt (vgl. BGE 87 IV 66 E. 3 S. 71).
3. Zur Frage der Gewalteinwirkung und der Widersetzlichkeit des Opfers lässt sich der bundesgerichtlichen Rechtsprechung folgendes entnehmen (vgl. Philipp Maier in: Marcel Alexander Niggli/Hans Wiprächtiger [Hrsg.] Basler Kommentar Strafrecht II, 4. Auflage, Basel 2019, nachfolgend zit. «BSK StGB II», Art. 189 StGB N 22a ff.):
«Gewalt ist als Akt der physischen Aggression zu verstehen. Die Einwirkung auf das Opfer muss erheblich sein. Dabei muss der Täter ein grösseres Mass an körperlicher Kraft einsetzen, als zur Vornahme der sexuellen Handlung nötig wäre. Es braucht aber keine rohe Gewalt Brutalität. Bereits das Festhalten Einsetzen von Körpergewicht kann genügen, das Opfer muss sich auch nicht auf einen Kampf einlassen Verletzungen in Kauf nehmen (Urteil des Bundesgerichts 6B_993/2013 vom 17.07.2014 E. 3.3 f., Urteil des Bundesgerichts 6B_95/2015 vom 25.01.2016 E. 5.1). Es genügt, wenn der Täter seine überlegene Kraft einsetzt, indem er das Opfer festhält sich mit seinem Gewicht auf das Opfer legt. Setzt der Täter ein Überraschungsmoment ein und ist er dem Opfer physisch überlegen, muss er auch nicht besonders viel Kraft aufwenden (Urteil des Bundesgerichts 6B_587/2017 vom 16.10.2017 E. 4.4, Urteil des Bundesgerichts 6B_628/2017 vom 26.01.2018 E. 1.4).»
Bei der Beurteilung des Ausmasses an Gewaltanwendung sind, wie bereits erwähnt, auch Opfergesichtspunkte mit zu berücksichtigen (Urteil des Bundesgerichts 6B_619/2011 vom 01.11.2011, Urteil des Bundesgerichts 6B_267/2007 vom 03.12.2007 und Urteil des Bundesgerichts 6S_170/2006 vom 29.06.2006). Die Rechtsprechung lässt jedoch eine geringfügige Kraftanstrengung dann nicht genügen, wenn dem Opfer nach Lage der Dinge Widerstand möglich und zumutbar ist (BGE 122 IV 97).
Die von der Rechtsprechung geforderte Widersetzlichkeit des Opfers ist nichts anderes als eine tatkräftige und manifestierte Willensbezeugung, mit welcher dem Täter unmissverständlich klar gemacht wird, die sexuelle Handlung nicht zu wollen, wobei der entgegengesetzte Wille durch das Opfer unzweideutig manifestiert werden muss (Urteil des Bundesgerichts 6B_385/2012 vom 21.12.2012, Urteil des Bundesgerichts 6B_304/2012 vom 8.11.2012, Urteil des Bundesgerichts 6B_993/2013 vom 17.4.2014 E 3.3 f., Urteil des Bundesgerichts 6B_95/2015 vom 25.1.2006 E. 5.1 und Urteil des Bundesgerichts 6B_587/2017 vom 16.10.2017 E. 4.4). Dem Täter muss im Moment des Gewalt-Ausübens bewusst sein, dass sein gewaltsames Handeln dem Brechen des Widerstandes des Opfers dient (Philipp Maier in: BSK StGB II, Art. 189 StGB N 22).
Dass bei der geforderten Gewaltanwendung je nach Situation keine grosse Kraftanstrengung gefordert wird, zeigt das Urteil des Bundesgerichts 6B_145/2019 vom 28. August 2018: Das weibliche Opfer habe dem Täter klar gesagt, dass es keinen Sex mit ihm haben wollte. Er habe sie dennoch überall angefasst, weil er Sex gewollt habe. Sie habe sich verbal gewehrt und dadurch, dass sie versucht habe, mit ihren Händen seine Hände wegzumachen. Schlussendlich hätten sie Sex gehabt, weil er seine Finger nicht weggenommen habe und sie nicht gelassen habe. Sie habe dem Täter auch mit den Händen klarzumachen versucht, dass sie keinen Sex haben wolle. Es sei dennoch dazu gekommen, weil dieser physisch insistiert habe. Er sei mit den Händen überall auf den Beinen gewesen. Sie habe keine Chance gehabt wegzukommen. Das Bundesgericht hält fest, der Täter habe das Opfer trotz dessen körperlichen Gegenwehr (Hände wegmachen) angefasst und mit körperlicher Kraft physisch derart insistiert, dass es dem Opfer nicht gelungen sei, von ihm wegzukommen. Dies sei nach der Rechtsprechung als Gewaltanwendung zu qualifizieren.
4. Inhalt und Tragweite des Begriffs des Unter-psychischen Druck-Setzens sind namentlich in der Praxis umstritten (Philipp Maier in: BSK StGB II, Art. 189 StGB N 28). Die Tatbestandsvariante des «Unter-psychischen-Druck-Setzens» stellt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung klar, dass sich die Ausweglosigkeit der Situation für das Opfer auch ergeben kann, ohne dass der Täter eigentliche Gewalt anwendet. Es kann genügen, dass dem Opfer eine Widersetzung unter solchen Umständen aus anderen Gründen nicht zuzumuten ist. Damit wird deutlich, dass eine Situation für das Opfer bereits aufgrund der sozialen und körperlichen Dominanz des Täters aussichtslos sein kann. Diese Dominanz muss nicht notwendigerweise mit der Furcht des Opfers vor körperlicher Gewalt verknüpft sein. Der psychische Druck, welchen der Täter durch die Schaffung einer Zwangslage erzeugen muss, hat indes von besonderer Intensität zu sein. Zwar wird nicht verlangt, dass er zur Widerstandsunfähigkeit des Opfers führt. Die Einwirkung auf dasselbe muss aber immerhin erheblich sein und eine der Gewaltanwendung Bedrohung vergleichbare Intensität erreichen (Urteil des Bundesgerichts 6B_145/2019 vom 28.8.2018 E. 3.2.4). Für eine tatbestandsmässige Nötigung kann gegebenenfalls schon genügen, wenn der Täter das Opfer beispielsweise psychisch und physisch so erschöpft hat, dass es sich dem ungewollten Sexualkontakt nicht mehr widersetzt (vgl. BGE 128 IV 106 E. 3a/bb; BGE 122 IV 97 E. 2 mit Hinweisen; BGE 124 IV 154; BGE 126 IV 124 E. 3b mit Hinweisen). Ob die tatsächlichen Verhältnisse die Anforderungen eines Nötigungsmittels erfüllen, ist aufgrund einer individualisierenden Betrachtung der relevanten konkreten Umstände zu prüfen. Es ist mithin eine «individualisierende Beurteilung notwendig, die sich auf hinreichend typisierbare Merkmale stützen muss. Das Ausmass der Beeinflussung, das für den psychischen Druck massgeblich ist, bleibt aber letztlich unbestimmbar» (BGE 128 IV 97 E. 2b/aa und 106 E. 3a/bb).
Bei allen Nötigungsmitteln ist eine erhebliche Einwirkung auf die Freiheit der sexuellen Selbstbestimmung erforderlich. Dabei ist aber der Lage des Opfers besondere Rechnung zu tragen. Damit wird berücksichtigt, dass eine sexuelle Nötigung umso wirksamer ist, je empfindlicher, wehr- und hilfloser insbesondere abhängige, verletzliche traumatisierte Opfer einem solchen Angriff ausgesetzt sind (BGE 131 IV 107 E. 2.4; vgl. auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur erforderlichen Intensität der Gewaltanwendung bei kindlichen sonst wie geschwächten Opfern, so etwa Urteil des Bundesgerichts 6B_267/2007 vom 03.12.2007 E. 6.3 und 6.4 mit Hinweisen). Diese vor dem Hintergrund des sexuellen Kindsmissbrauchs entwickelte Rechtsprechung gilt grundsätzlich auch für erwachsene Opfer, doch ist hierbei zu berücksichtigen, dass Erwachsenen mit entsprechenden individuellen Fähigkeiten in der Regel eine stärkere Gegenwehr zuzumuten ist als Kindern. Bei Erwachsenen komme ein psychischer Druck nur bei ungewöhnlich grosser kognitiver Unterlegenheit emotionaler sowie sozialer Abhängigkeit in Frage (BGE 131 IV 167 E. 3.1; BGE 128 IV 97 E. 2b/aa, 106 E. 3a/bb). Das Bundesgericht führte in BGE 126 IV 124 zum Tatbestandselement des «Unter-psychischen-Druck-setzens» aus, dass sich die tatbestandsmässige Ausweglosigkeit der Situation auch ergeben könne, ohne dass der Täter eigentliche Gewalt anwende, dem Opfer aber auch unter diesen Umständen eine Widersetzung nicht zumutbar sei. Auch eine kognitive emotionale wie soziale Abhängigkeit könne einen ausserordentlichen psychischen Druck erzeugen. Eine fortlaufende Drangsalierung und ein anhaltender Psychoterror in einer ehelichen Beziehung könnten dabei als Nötigungsmittel in Betracht kommen. Vom Opfer werde nicht ein «Widerstand» erwartet, der über eine mögliche und zumutbare Abwehr hinausgehen würde. Erforderlich sei eine ausweglose Situation, so dass dem Opfer eine Widersetzung nicht zumutbar sei.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung (s. bspw. BGE 124 IV 154 und BGE 128 IV 97) kann der Täter das Opfer demnach auch ohne Gewalt so unter psychischen Druck setzen, dass dessen Lage aussichtslos erscheint und ein weiterer Widerstand nicht zuzumuten ist. Insgesamt muss die Einflussnahme aber so intensiv sein, dass sie als «strukturelle Gewalt» erscheint. BGE 128 IV 106 präzisiert dabei beispielhaft, dass eine Situation für das Opfer bereits aufgrund der sozialen und körperlichen Dominanz des Täters aussichtslos erscheinen kann. Die Dominanz muss nicht notwendigerweise mit der Furcht des Opfers vor körperlicher Gewalt verknüpft sein; vielmehr kann schon genügen, dass das Opfer Angst vor der Unnachgiebigkeit Strenge des Täters hat, den Verlust seiner Zuneigung derjenigen anderer Bezugspersonen fürchtet, unter dem Eindruck eines Schweigegebots in einen lähmenden Gewissenskonflikt gerät wenn der Täter das Opfer psychisch und physisch so erschöpft, dass es sich dem ungewollten Sexualakt nicht mehr widersetzt (BGE 131 IV 107 E. 2.4, BGE 131 IV 167 E. 2 und E. 3 sowie Urteile des Bundesgerichts 6B.983/2008, 6B.278/2011 und 6B.1408/2016 E. 1.5.1). In BGE 131 IV 107 anerkennt das Bundesgericht die Instrumentalisierung sozialer Verhältnisse durch den Täter insofern, als dass dieser die strukturellen Verhältnisse denn auch tatsächlich als Druckmittel einsetzt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Täter – ohne physische Gewalt anzuwenden zu drohen – in seiner Funktion als Erzieher mit den ihm zur Verfügung stehenden Erziehungsmitteln und Machtbefugnissen das Opfer in die Enge treibt, so dass es kapitulieren muss. Das Opfer hat Angst vor der Unnachgiebigkeit Strenge des Erziehers fürchtet um den Verlust seiner Zuneigung, es sieht sich ohne dessen Hilfe für verloren fürchtet sich vor den Konsequenzen einer Verweigerung ist physisch und psychisch so erschöpft, dass es sich nicht widersetzen kann (vgl. BGE 128 IV 106 E. 3a/bb sowie Jörg Rehberg / Niklaus Schmid/Andreas Donatsch, Strafrecht III, 8. Aufl., Zürich 2003, S. 423 f.). Hier wird das Erziehungsverhältnis als Mittel zum Zwecke der Erzwingung sexuellen Verhaltens gebraucht. Es wird daher nicht aus dem Bestand eines soziologischen Sachverhalts der strukturellen Gewalt auf die tatbestandserfüllende psychische Nötigung geschlossen bzw. diese in der blossen Ausnützung dieses Sachverhalts erblickt. Vielmehr müssen die mittels instrumentalisierter struktureller Gewalt geschaffenen tatsächlichen Verhältnisse die tatbeständlichen Anforderungen eines Nötigungsmittels erfüllen. Ob dies zutrifft, lässt sich – wie erwähnt – nur aufgrund der konkreten Umstände entscheiden (BGE 124 IV 154 E. 3b S. 160; BGE 128 IV 97 E. 2b/aa S. 99, BGE 128 IV 106 E. 3a/bb).
Dabei kann auch eine Vielzahl für sich allein genommen erträglicher Handlungen durch Wiederholung untragbar werden, z.B. tagelanges Schweigen, das gezielte Zerstören von Gegenständen mit Affektionswert das provokative Sichbetrinken (BGE 126 IV 124, s. zum Ganzen Stefan Trechsel/Carlo Bertossa, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 4. Aufl. 2021, Art. 189 N 6 m.w.Verw.). Allerdings kann von einem nötigenden Verhalten des Täters nur dann gesprochen werden, wenn die Zwangswirkung auf das Opfer nicht bereits vorbestehend ist. Kein nötigendes Verhalten ist gegeben, wenn der Täter ausschliesslich nicht-tatsituativen Zwang einsetzt, beispielsweise indem er ausschliesslich eine Abhängigkeit (Vater-Kind-Verhältnis) eine Notlage (z.B. die Situation eines obdachlosen verletzten Opfers in einer kalten Winternacht in einer einsamen Gegend) ausnützt (Philipp Maier in: BSK StGB II, Art. 189 StGB N 9 f. und 43 unter Hinweis auf BGE 132 IV 49). Der Begriff der Instrumentalisierung struktureller Gewalt darf somit nicht als Ausnützung vorbestehender gesellschaftlicher privater Machtverhältnisse missverstanden werden. Die blosse Ausnützung ist keine Nötigung, und eine tatsächlich bestehende strukturelle Gewalt ist als solche noch keine zurechenbare Nötigungshandlung. Es muss für die Erfüllung des Tatbestands durch den Täter eine "tatsituative Zwangssituation" (Maier, a.a.O., Art. 189 StGB N. 9) nachgewiesen sein. Das bedeutet nicht, dass der Täter diese jedes Mal wieder auf die gleiche Weise neu entstehen lassen muss. Es genügt, wenn das Opfer zunächst in dem ihm möglichen Rahmen Widerstand leistet und der Täter in der Folge den Zwang aktualisiert, so dass jede weitere sexuelle Ausbeutung nur aufgrund der strukturellen und aktualisierten Gewalterfahrung erfolgt (vgl. Wiprächtiger, Aktuelle Praxis des Bundesgerichts zum Sexualstrafrecht, ZStrR 117/1999 S. 137 f.; Maier, a.a.O., Art. 189 StGB N. 22).
Das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung zu diesen Varianten anhand von zwei Fallgruppen entwickelt:
- Einerseits sind das junge Kinder, die von ihnen nahestehenden Personen wie dem Vater dem Stiefvater sexuell missbraucht werden: Sie sind dem Täter kognitiv und körperlich deutlich unterlegen und von ihm emotional und sozial abhängig. Deshalb stehen sie unter grossem Druck, sich gegen solche sexuellen Handlungen nicht zu wehren (strukturelle Gewalt).
- Andererseits sind es Frauen, die einer langandauernden Gewalt und Unterdrückung durch ihre Ehemänner ausgesetzt sind, meistens sind sie Ausländerinnen und sozial isoliert.
Als konkrete Beispiele aus der bundesgerichtlichen Praxis können folgende Entscheide herangezogen werden:
- Urteil des Bundesgerichts 6P.46/2000 vom 10. April 2001: In einem mehrstündigen Streit musste das Opfer diverse Gewalttätigkeiten über sich ergehen lassen. Wegen des Verhaltens des Beschwerdeführers fürchtete das Opfer während der Auseinandersetzung um sein Leben. Der Beschwerdeführer hat das Opfer, welches bereits im Bett war, herausgezerrt, es als Hure tituliert, an den Haaren gerissen, an die Wand gedrückt, ins Gesicht geschlagen und Ähnliches mehr. Als es sich nach sieben Stunden weinend ins Bett legte und den Geschlechtsverkehr ablehnte, riss er ihm die Gerätehose samt der Unterhose vom Leib, schob das T-Shirt nach oben und drang in das Opfer ein, wobei er sich «wie ein Tier verhalten hat». Dabei sagte er, er hole sich jetzt, was ihm zustehe. «Entscheidend ist indessen, dass die damalige Freundin des Beschwerdeführers – womit entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers auch eine emotionale Abhängigkeit gegeben war – psychisch unter Druck und damit nicht mehr in der Lage war, in der ihr ausweglos erscheinenden Situation Gegenwehr zu leisten. Zusammen mit der auch im letzten Moment noch angewendeten Gewalt sind die Voraussetzungen für eine Annahme der Nötigung im Sinne von Art. 190 Abs. 1 StGB erfüllt.»
- BGE 128 IV 97 (20. März 2002): Es ging um einen Sportlehrer, der für verschiedene Mädchen eine Vaterrolle einnahm, indem er durch Zuneigung und sportliche bzw. erzieherische Disziplin gezielt ihr Vertrauen gewann und eine emotionale und soziale Abhängigkeit schuf, die es ihm ermöglichte, sie ohne Gewalt Drohung zu missbrauchen. Er nutzte seine generelle Überlegenheit als Erwachsener, seine vaterähnliche Stellung und Autorität sowie die freundschaftlichen Gefühle und Zuneigungen der Mädchen aus. Die Opfer hätten den Täter geradezu vergöttert, seine Autorität vorbehaltlos anerkannt und bei ihm Anerkennung, Liebe und Schutz gesucht. Damit seien sie in eine ausweglose Situation geraten.
- Urteil des Bundesgerichts 6B_298/2008 vom 1. Juli 2008, E. 6: «Als eigentliche Ausübung bzw. Anwendung psychischen Drucks, der darauf gerichtet war, den Widerstand der Geschädigten zu brechen, erscheint hier, dass der Beschwerdeführer, nachdem er die Geschädigte überraschend an sich gezogen und am Körper zu streicheln begonnen hatte, sich über die wiederholte und klare verbale sowie körperliche Kundgabe ihrer Ablehnung hinwegsetzte und mit gleichsam gesteigertem, situativ eingesetztem Druck sein Tun systematisch fortsetzte, so dass die Geschädigte damit rechnen musste, er würde sein Ansinnen ungeachtet ihres Widerwillens in jedem Fall umsetzen.» (…) «Dass der Beschwerdeführer vorliegend dabei nur verhältnismässig wenig Druck aufwenden musste, ist unerheblich, weil die durch ihn geschaffene Zwangslage jedenfalls ausreichte, um den Willen der physisch und psychisch geschwächten Geschädigten zu brechen.»
- Urteil des Bundesgerichts 6B_278/2011 vom 16. Juni 2011: Die Ehefrau eröffnete dem Ehemann ihre Trennungsabsicht, was zu einem heftigen Streit führte. Als die Ehefrau die Polizei benachrichtigen wollte, ging die Ehefrau in der Küche im Gerangel zu Boden und der Ehemann drückte ihr die Hand auf den Mund. Als sie zu hyperventilieren begann, liess er los. Angesichts ihres offensichtlichen Schwächezustands trug er sie in der Folge in das Schlafzimmer, damit sie sich ausruhen könne. Im Schlafzimmer legte er sie auf das Bett und begann, ihr den Hausdress/Pyjama auszuziehen. Die Ehefrau bat ihn, sie gehen zu lassen. Der Ehemann wurde erneut zunehmend aggressiv und äusserte, er habe «es» jetzt ein letztes Mal «zguet» und sie solle nicht «so» tun. Auf sein starkes Drängen hin, in dessen Rahmen er von ihr mehrfach abverlangte, endlich «ja» zu sagen, verzichtete sie angesichts seines aggressiven Verhaltens unter dem Eindruck der Grenzüberschreitungen in der Küche aus Angst vor einer erneuten Eskalation auf Widerstand und sagte «de mach haut», worauf es zum ungeschützten Geschlechtsverkehr kam, obwohl die Ehefrau den Beschwerdeführer gebeten hatte, wenigstens so «eins» (ein Kondom) zu benützen. Ausgangspunkt der Beurteilung bildete der psychisch und physisch stark reduzierte Zustand, in dem sich die Ehefrau befand und den der Beschwerdeführer kannte. Der Schwächezustand der Ehefrau wurde durch die Vorkommnisse in der Küche ausgelöst, anlässlich derer der Beschwerdeführer auf diese einwirkte, indem er ihr Telefon und Natel wegnahm, damit sie die Polizei nicht benachrichtigen konnte, das Fenster zuschlug, als sie (um Hilfe) rufen wollte, sie nicht mehr aufstehen liess, als sie im Gerangel zu Boden ging, und ihr die Hand auf den Mund legte, um sie am Schreien zu hindern. Dieses Geschehen, welches zu einer Panikattacke der Ehefrau mit Hyperventilieren führte, schränkte ihre Wehrhaftigkeit ganz massgeblich ein. Die Würdigung der Ausübung psychischen Drucks durch den Beschwerdeführer und des der Geschädigten zumutbaren Widerstands hatte vor diesem Hintergrund zu erfolgen, zumal es in zeitlicher Hinsicht zu keiner Zäsur zwischen dem Geschehen in der Küche und demjenigen im Schlafzimmer kam. Als eigentliche Ausübung psychischen Drucks, der darauf gerichtet war, den Widerstand der Ehefrau zu brechen, erschien hier, dass der Beschwerdeführer seiner Ehefrau, nachdem er sie ausgezogen und sich über ihre Bitte hinweggesetzt hatte, sie gehen zu lassen, eröffnete, es ein letztes Mal «zu gut» zu haben, sie aggressiv aufforderte, nicht «so» zu tun und ihm die «verdammte Chance» auf das von ihm gewünschte dritte Kind zu geben, und er nicht von ihr abliess, als sie nicht reagierte, sondern ihr mit gesteigertem, situativ eingesetztem Druck eine verbale «Zustimmung», sie solle endlich «ja» sagen, abverlangte. Die Ehefrau musste damit rechnen, dass er sein Ansinnen in jedem Fall durchsetzen werde, zumal er ihr bereits in der Küche unter Zuhilfenahme seiner körperlichen Überlegenheit seinen Willen aufgedrängt und ihre Versuche, um Hilfe zu rufen, gewaltsam verhindert hatte. Sie gab ihren passiven Widerstand deshalb aus Angst vor einer erneuten Eskalation der Situation auf und fügte sich in das Unvermeidliche («de mach haut»), worauf sie den an ihr vollzogenen Beischlaf regungslos über sich ergehen liess. Aufgrund ihrer massgeblich beeinträchtigten Wehrfähigkeit infolge der starken psychischen und physischen Belastung sah sie sich weder zu einem verbalen noch tätlichen Widerstand in der Lage und es war ihr ein solcher auch nicht zuzumuten. Insgesamt befand sich die Ehefrau in einer ausweglosen Situation, aus der sie kein Entkommen sah. Hatte sie aber aus Angst vor einer erneuten Eskalation unter dem Eindruck der Grenzüberschreitungen in der Küche kapituliert, kann ihr nicht vorgeworfen werden, sie hätte das Schlafzimmer verlassen sich wehren müssen. Diese Auffassung würde verkennen, dass eine Gegenwehr nicht mehr zumutbar sein kann, wenn das Opfer wie hier mit Angriffen auf die eigene Person rechnet bzw. rechnen muss. Dass der Beschwerdeführer vorliegend nur verhältnismässig wenig Druck aufwenden musste, war unerheblich, weil die durch ihn geschaffene Zwangslage jedenfalls ausreichte, um den Willen der physisch und psychisch geschwächten Ehefrau zu brechen.
- Urteil des Bundesgerichts 6B_385/2012 vom 21. Dezember 2012, E. 3.4: I.c. betreffend ein Verhältnis zwischen Lehrmeister und Lehrtochter: «Insbesondere hatte er die Geschädigte «am rechten Nerv getroffen», wie ihre Mutter aussagte, als er ihr erklärte, er werde dafür sorgen, dass die kleine Schwester wieder zurück ins Heim müsse. Zu ihr hatte die Geschädigte eine sehr enge Bindung und war für sie fast wie eine Mutter. Um ihr eine Heimplatzierung zu ersparen, gab sie dem Druck nach, zumal dieser Druck auch auf die Familienangehörigen übergegangen war, welche angesichts des wütenden Beschwerdeführers annahmen, die Geschädigte habe sich wieder falsch benommen (Urteil S. 6 f.). Nach dem strafgerichtlichen Urteil (S. 25 f.) baute der Beschwerdeführer eine physische Drucksituation auf, die so immens war, dass der ursprüngliche Widerstand der Geschädigten gebrochen wurde. Dies wurde dadurch begünstigt, dass sie seitens der Familie keinerlei Unterstützung und Hilfeleistung erwarten konnte. Die Mutter hatte den Kontakt abgebrochen, und der Vater hatte jeglichen Kontakt abgelehnt. Sie wurde mit Ausgrenzung und Schikanierung bestraft, wenn sie den Wünschen des Beschwerdeführers nicht entsprach. Ihr damaliges Zuhause (…), ihre Berufsausbildung und damit ihre Zukunft hingen vom Beschwerdeführer ab. Er setzte diese soziale Abhängigkeit als Druckmittel ein. In der Anfangsphase hatte die Geschädigte das Schutzalter kaum überschritten. Das Strafgericht weist in seinem Urteil (…) zutreffend auf die Rechtsprechung hin, wonach solches Drangsalieren geeignet ist, einen jungen, unsicheren Menschen, der kein soziales Auffangnetz hat, zu zermürben und damit unerträglichem Druck auszusetzen. Ihr Nachgeben erscheint unter diesen Umständen verständlich (BGE 126 IV 124 E. 3b und c).»
- Urteil des Bundesgerichts 6B_834/2013 vom 14. Juli 2014: Ein 15 ½ jähriges, erheblich alkoholisiertes Mädchen, welches nachts in einem Park von fünf jungen Männern umgeben ist und nach einer Aufforderung zum Oralverkehr sagt «tue nit» sowie einen der anwesenden Jugendlichen namentlich anspricht und um Hilfe bittet, macht genügend deutlich, dass es den sexuellen Verkehr nicht will. Wer unter diesen Umständen das Mädchen weiterhin zum Oralverkehr auffordert und diesen schliesslich vollzieht, nimmt zumindest in Kauf, sich über den entgegenstehenden Willen des Mädchens hinwegzusetzen. Der Beschuldigte hat den Kopf des Mädchens derart zu seinem Penis hinuntergedrückt, dass er mit dem Penis in ihren Mund eindringen konnte. Damit war gleichzeitig auch klar, dass der Beschuldigte Widerstand überwinden musste und eine bestehende Zwangssituation nicht bloss ausgenützt hat.
- Urteil des Bundesgerichts 6B_883/2014 vom 23. Juni 2015: Psychischer Druck wurde bejaht bei einer Ehefrau, deren Leben von Einschüchterungen, Gewalterfahrungen, sozialer Isolation und andauernder Kontrolle durch den Ehemann geprägt gewesen war. Dessen niederschwellige Gewalt hat zu einer Ausweglosigkeit der Situation für die Ehefrau geführt, so dass sie sich gegen seine sexuellen Avancen nicht (mehr) zur Wehr gesetzt, sondern aus Angst jeweils nachgegeben hat. Dies ist nachvollziehbar, da sie dem Ehemann regelrecht ausgeliefert war: In einem fremden Land ohne Kenntnisse der Landessprache habe sie keine Möglichkeit gehabt, sich ausserhalb der Familie Hilfe zu holen. Der Ehemann hatte sie, meistens infolge seines Alkoholkonsum, fortwährend drangsaliert und nicht nachgegeben. Die Ehefrau liess immer wieder erkennen, dass sie die sexuellen Handlungen nicht wollte, sie hat sich verbal gewehrt und den Ehemann weggeschupst, worauf ihr dieser drohte, sie drangsalierte und teilweise auch schlug. Zwar wandte er bei den sexuellen Handlungen keine körperliche Gewalt an, die von ihm aufgebaute Drohkulisse war aber geeignet, den Widerstand seiner Ehefrau zu brechen. Erwägung 3.4: «Dieses Verhalten des Beschwerdeführers, seine Drohung, er schicke seine Ehefrau zurück in den Kosovo und bleibe mit der Tochter in der Schweiz (…), die finanzielle Abhängigkeit der Ehefrau und deren soziale Isolation erzeugten bei ihr einen psychischen Druck, der geeignet war, ihren Widerstandswillen dauerhaft zu brechen. Unter diesen Umständen war es ihr nicht mehr zuzumuten, sich den sexuellen Übergriffen zu widersetzen, musste sie doch andernfalls damit rechnen, geschlagen zu werden (vgl. BGE 137 IV 167 E. 3.1 S. 171 in fine).»
- Urteil des Bundesgerichts 6B_302/2017 vom 25. Oktober 2017: Ein Mann, der seine Freundin während Monaten mit Ohrfeigen, Schlägen und Würgen zum Geschlechtsverkehr gezwungen hat, kann sich nicht darauf berufen, das Opfer habe seinen Widerstand bei späteren Vorfällen nicht klar geäussert. In Erwägung 1.2.2 betreffend die Ausführungen der Vorinstanz: «Der Beschwerdeführer habe in mehreren Fällen entweder aufgrund konkreter Äusserungen der Beschwerdegegnerin 2 der Begleitumstände (z.B. Weinen, Probleme beim Eindringen wegen nicht feuchter Scheide auch bei den von ihm vorher geäusserten Drohungen) realisiert, dass die Beschwerdegegnerin 2 mit den sexuellen Handlungen nicht einverstanden gewesen sei. Der Tatbestand der Vergewaltigung sei daher mehrfach erfüllt.» bzw. Erwägung 1.2.3 betreffend die Schlussfolgerung daraus: «Zudem ist es keinesfalls willkürlich, wenn die Vorinstanz davon ausgeht, der Beschwerdeführer habe aufgrund der genannten Umstände realisiert, dass die Beschwerdegegnerin 2 mit den sexuellen Handlungen nicht einverstanden gewesen sei. Dass das Verhalten der Beschwerdegegnerin 2 ambivalent war und sie sowohl von einvernehmlichem als auch von erzwungenem Geschlechtsverkehr berichtet, ist bei Fällen häuslicher Gewalt nicht unüblich. So sind die Handlungen der Opfer häuslicher Gewalt für Aussenstehende häufig nicht nachvollziehbar. Dies ändert jedoch nichts daran, dass für den Beschwerdeführer aufgrund der konkreten Umstände jeweils ohne weiteres erkennbar war, ob die Beschwerdegegnerin 2 mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden war nicht.» In Erwägung 1.2.4 wird schliesslich noch ein Verweis auf die streng religiöse Erziehung des Opfers angebracht.
- Urteil des Bundesgerichts 6B_149/2017 vom 16. Februar 2018: Von einer Ehefrau, welche aus einem anderen Kulturkreis stammt und zusammen mit ihren Kindern in einem Klima von Gewalt, Einschüchterung und Angst gefangen ist, über keine materiellen Ressourcen verfügt und wirtschaftlich von ihrem Ehemann vollkommen abhängig ist, ihre eigene Lage angesichts der sozialen und körperlichen Dominanz des Ehemannes als aussichtslos einstuft, darf kein nennenswerter Widerstand gegen die ungewollten Sexualkontakte erwartet werden. Erwägung 4.2.5: ««E. sei einer psychophysischen Dauerbelastung ausgesetzt gewesen. Aus den Befragungen der Kinder und den Aussagen von E. ergebe sich deutlich, dass sie und die Kinder in einem von Gewalt, Einschüchterung und Angst dominierten Klima gefangen gewesen seien. Zudem hätten sich E. zu ihrer Ehe kaum Alternativen geboten. Sie habe ja nicht einmal über ein eigenes Bankkonto verfügt und sei in jeder Hinsicht vom Beschwerdeführer abhängig gewesen. Aufgrund ihres jahreslangen Martyriums und ihres kulturellen Hintergrunds habe sie zudem gewusst, dass ihre Lage angesichts der sozialen und körperlichen Dominanz des Beschwerdeführers aussichtslos gewesen sei. Es sei verständlich und nachvollziehbar, dass sich E. aufgrund des gewaltgeprägten Klimas gefügt habe. (…)» bzw. diesbezüglich die Schlussfolgerung in E. 5.2 und E. 5.3: «Die Beweiswürdigung der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden.» (…) «Indem die Vorinstanz den Beschwerdeführer der mehrfachen Vergewaltigung schuldig spricht, verletzt sie kein Bundesrecht.»
- Urteil des Bundesgerichts 6B_643/2021 vom 21. September 2021, E. 3.3.4: «Die Tatbestandsvariante des Unter-Druck-Setzens stellt klar, dass sich die Ausweglosigkeit der Situation auch ergeben kann, ohne dass der Täter eigentliche Gewalt anwendet. Es kann vielmehr genügen, dass dem Opfer eine Widersetzung unter den gegebenen Umständen aus anderen Gründen nicht zuzumuten ist. Durch Art. 189 f. StGB geschützt werden soll auch das Opfer, das wegen Überraschung, Erschrecken, Verblüffung aufgrund einer ausweglosen Lage keinen Widerstand leistet. Eine Situation kann für das Opfer bereits aufgrund der sozialen körperlichen Dominanz des Täters aussichtslos im Sinne der genannten Tatbestände sein. Diese Dominanz muss nicht notwendigerweise mit der Furcht des Opfers vor körperlicher Gewalt verknüpft sein (BGE 128 IV 106 E. 3a/ bb; Urteil des Bundesgerichts 6B_1444/2020 vom 10.03.2021 E. 2.3.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_479/2020 vom 19.01.2021 E. 4.3.4). Der psychische Druck, welchen der Täter durch die Schaffung einer Zwangslage erzeugen muss, hat indes von besonderer Intensität zu sein. Zwar wird nicht verlangt, dass er zur Widerstandsunfähigkeit des Opfers führt. Die Einwirkung auf dasselbe muss aber immerhin erheblich sein und eine der Gewaltanwendung Bedrohung vergleichbare Intensität erreichen. Dies ist der Fall, wenn vom Opfer unter den gegebenen Umständen und in Anbetracht seiner persönlichen Verhältnisse verständlicherweise kein Widerstand erwartet werden kann bzw. ihm ein solcher nicht zuzumuten ist, der Täter mithin gegen den Willen des Opfers an sein Ziel gelangt, ohne dafür Gewalt Drohungen anwenden zu müssen (BGE 131 IV 167 E. 3.1 mit Hinweisen). Die Auslegung der Art. 189 f. StGB hat sich insoweit insbesondere an der Frage der zumutbaren Selbstschutzmöglichkeiten des Opfers zu orientieren (BGE 128 IV 106 E. 3b mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 6B_1444/2020 vom 10.03.2021 E. 2.3.2; Urteil des Bundesgerichts 6B_479/2020 vom 19.01.2021 E. 4.3.4).
V. Beweiswürdigung und rechtserheblicher Sachverhalt
1. Aussagen der Verfahrensbeteiligten und Zeugen
1.1. Die Privatklägerin
Die Privatklägerin wurde zwei Mal durch die Polizei und zwei weitere Male anlässlich der Glaubhaftigkeitsbegutachtung durch Frau Prof. Dr. G.___ befragt.
Anlässlich der ersten polizeilichen Befragung vom 12. April 2017 machte die Privatklägerin zum Sachverhalt folgende Aussagen (AS 018 ff.):
In der Hochzeitsnacht vom 3. Dezember 2016 hätten sie versucht, die Ehe zu vollziehen. Sie habe zuvor schon gesagt, dass sie noch nicht so weit sei, sie habe Angst gehabt und es nicht gewollt. Er habe darauf entgegnet: «Was heisst, du bist noch nicht parat?! Du hast doch gewusst, was jetzt kommt!». Es habe in dieser Nacht nicht geklappt. Am nächsten Morgen habe die Schwiegermutter auf einen Beweis gewartet, dass sie noch Jungfrau gewesen sei, und sie (die Privatklägerin) habe sich ganz ganz fest geschämt zu sagen, dass sie es nicht geschafft hätten. Auch in der zweiten Nacht habe es nicht geklappt, weil sie immer noch Angst gehabt habe. Der Beschuldigte habe sie dann gefragt, weshalb sie Angst habe, ob sie nicht mehr Jungfrau sei. Wieder sei die Schwiegermutter gekommen und habe nach dem Beweis gefragt. Als sie (die Privatklägerin) ihr gesagt habe, dass sie es nicht hätten schaffen können, habe sie (die Schwiegermutter) gesagt, ob sie dies nur so sage, weil sie nicht mehr Jungfrau sei. Vor der dritten Nacht habe sie alle rumschreien hören. Sie habe gehört, dass sie den Beschuldigten beschimpft hätten. Sie habe angenommen, dass sie dessen Männlichkeit bezweifelt hätten. Er sei dann schon sehr genervt gewesen, als er ins Zimmer gekommen sei. Er habe gesagt, dass das Ganze diese Nacht durchgehen müsse und dass sie sich ausziehen solle. Er habe sich dann auch ausgezogen. Sie habe so wahnsinnige Angst gehabt, da sie früher noch nie eine Beziehung gehabt habe. Sie hätten es dann gemacht und es sei durch gewesen. Sie habe gewusst, dass ihre Schwiegermutter auf den Beweis (ihrer Jungfräulichkeit) gewartet habe. Ihre Angst sei dann etwas weggegangen, als sie den Beweis habe erbringen können in der dritten Nacht. Aber danach habe sie nicht mehr rausgehen dürfen, da sie eine neue, frische Braut gewesen sei. Sie hätten sie gezwungen, Kleider anzuziehen, welche ihr nicht gefallen hätten, weil sie zu ihrem Ehemann habe passen sollen. Sie habe putzen und aufräumen müssen, und wenn ihr etwas heruntergefallen sei, seien sie wütend geworden. Ihr Ehemann habe gewollt, dass sie ein Kopftuch trage, sie aber habe sich nicht bedecken wollen. Aus diesem Grund habe er ihr mehrmals einen Schups, einen leichten Stoss gegen den Kopf gegeben. Dies seien die Sachen gewesen, die in der Wohnung passiert seien. Im Schlafzimmer seien auch noch zahlreiche Sachen geschehen. Ihr Mann habe in der Folge jeden zweiten Tag, im Minimum einmal pro Woche Sex haben wollen. Sie habe es nicht gewollt. Wenn sie ihm gesagt habe, dass sie das nicht möchte, habe er gesagt: «Du bist meine Ehefrau, das ist deine Pflicht! Weisst du das nicht ?!» Auch während ihrer Periode, sie habe starke Schmerzen gehabt, das sei ihm egal gewesen, er habe sie dann an den Haaren gepackt. Er habe den Geschlechtsverkehr dann trotzdem vollzogen. Er habe oft gesagt, wenn eine Frau ihren Pflichten nicht nachkommen würde, dann sei es gerecht, diese Frau zu schlagen sich scheiden zu lassen. Es habe dann noch ein paar Mal gegeben, bei welchen sie den Geschlechtsverkehr nicht habe haben wollen. Dann habe er sie bedroht und gesagt: «Wenn du mir nicht gibst, was ich will, dann sage ich deinen Eltern, dass du nicht Jungfrau gewesen bist!» Das wäre das Schlimmste für sie gewesen. Das sei seine liebste Art gewesen, sie zu bedrohen, weil er gewusst habe, was eine solche Aussage in ihrem Dorf bewirken würde. Ihre Familie hätte darunter gelitten. Nachher, an einem anderen Abend, sei er gekommen und habe das Zimmer verschlossen. Sie habe gewusst, sobald er den Schlüssel drehe, wolle er mit ihr schlafen. Sie sei so erschöpft gewesen vom Wohnung putzen. Sie habe sich schlafend gestellt. Er habe sich neben sie hingelegt, sie habe es gehasst, er habe so laut in ihr Ohr geatmet. Dann habe er sie in ihr Ohr gebissen, um zu schauen, ob sie schlafe. Sie habe zu ihm gesagt, dass sie müde sei und die Wohnung geputzt habe. Er habe daraufhin nur gesagt, dass sie mit ihm schlafen müsse als Ehefrau. Wenn sie nicht mitgemacht habe, sei er wütend geworden und habe sie dann immer gebissen. Am nächsten Morgen habe ihr alles weh getan, überall wo er sie gebissen habe. An dem Tag, an dem sie entschieden hätten, sie zurück zu schicken, habe ihr (Schwieger)Vater zu ihr gesagt, sie passe nicht zu dieser Familie, sie sei respektlos und faul. An diesem Tag habe ihre Schwiegermutter alle ihre Sachen in einen Koffer gepackt. Sie habe sich zu ihren Füssen gelegt und sie wirklich gebeten, bei dieser Familie bleiben zu dürfen. Sie (die Privatklägerin) habe die Sachen wieder ausgepackt und darum gebeten, dass sie bleiben dürfe. Sie (die Schwiegermutter) habe alles wieder eingepackt. Ihr (der Privatklägerin) sei bewusst gewesen, was auf sie zukommen würde, wenn sie wieder nach Hause gehen würde. Sie habe nicht in den Flieger gehen wollen. Sie hätten sie gezwungen und sie in den Flieger gesetzt. Sie habe gelernt, dass man diese Familie, in welche man sich einheiratet mit dem Hochzeitskleid, erst mit dem Leichentuch wieder verlassen wird. Ihre Mutter habe sie dann unter Verweis darauf, dass sie erst zwei Monate verheiratet sei, wieder zurückgeschickt. Sie habe ihr gesagt, dass sie zurück zu dieser Familie gehen solle, dies sei nun ihre Familie. Wenn sie geblieben wäre, hätten ihre (Stief)Onkel sie jeden Tag zusammengeschlagen und sie beschuldigt, dass die Familie sie nur zurückgeschickt habe, weil sie nicht fähig gewesen sei. Als sie zurück in die Schweiz gekommen sei, sei sie eine Woche beim Cousin ihres Ehemannes gewesen. Nach einer Woche sei aber schon die Mutter dieses Cousins gekommen, die Tante ihres Ehemannes, und habe sie zurück zu ihrem Ehemann gebracht. Sie habe sich überlegt, zur Polizei zu gehen, es dann aber sein lassen, weil sie niemanden im Umfeld gekannt habe, niemand der ihr hätte helfen können, in der Umgebung habe sie sich nicht ausgekannt. Als sie zurückgekommen sei, habe ihr Schwiegervater nur zu ihr gesagt «Nicht einmal deine Mutter wollte dich für einen einzigen Tag bei sich haben.»
Nach ihrer Rückkehr aus der Türkei habe man eine ganze Woche nicht mit ihr gesprochen und sie hätten ihr auch nicht in die Augen geschaut. Sie habe realisiert, dass sie nirgendwo mehr habe hingehen können. Es sei dann auch im Schlafzimmer immer schlimmer geworden. Sie habe noch mehr Angst gehabt. Er sei noch härter zu ihr gewesen. Er sei sich bewusst gewesen, dass sie nicht mehr zurück könne und habe sie daher noch mehr bedroht. Er habe gesagt: «Wüsstest Du überhaupt noch, wohin du gehen würdest?».
Auf entsprechende Nachfragen gibt die Privatklägerin an, sie sei ihrem Ehemann versprochen gewesen. Die Familie ihres Ehemannes sei zu ihnen gekommen und habe um ihre Hand angehalten. Ihre Familie habe zugestimmt und so sei sie vergeben worden. Sie sei somit seine Frau gewesen und habe «unter ihre Ehre» gehört. Sie habe überhaupt nicht heiraten wollen, sie habe ihn überhaupt nicht gewollt. Sie habe dies machen müssen, weil sie schon versprochen worden war. Nachdem die Hochzeit vorbei gewesen sei und sie wieder alle in die Wohnung zurückgekommen seien, hätten sie in der Hochzeitsnacht versucht, es zu vollziehen, also versucht, zusammen zu kommen, also Sex zu haben. Sie habe ja zuvor gewusst, dass man es vollziehen müsse. Sie habe Angst gehabt und es ihm zuvor auch gesagt. Sie seien ins Zimmer. Er habe ihr das Hochzeitskleid ausgezogen, sie auf das Bett gelegt und habe sich auf sie gelegt. Es sei total ungewohnt für sie gewesen, ein fremder Mensch, fremde Haut sei auf ihr gelegen. Sie habe ihm nochmals gesagt, dass sie das nicht möchte und Angst habe. Er habe entgegnet: «Hast du das nicht gewusst, dass dies dazu gehört, wenn man heiratet?!» Er habe versucht, sie zu küssen. Sie habe zuvor noch nie geküsst, sie habe nicht gewusst, wie das gehe. Er habe zu ihr gesagt, dass sie ihn anfassen soll. Sie sei total erschrocken, sie habe ihn doch noch nie angefasst gehabt. Er habe zu ihr gesagt, dass sie die männlichen Organe anfassen soll. Daher sei sie erschrocken. Er habe sich dann umgedreht und sei eingeschlafen. (Was sie habe anfassen müssen?) Den Penis. Als er auf ihr gelegen sei, habe er hastig und laut geatmet. Er habe eigentlich nur gesagt, sie solle ihn anfassen. Dieser Aufforderung sei sie nachgekommen. Es sei so komisch gewesen, dass sie ihre Hände gleich wieder zurückgezogen habe. Es sei so hart gewesen, und dieses hätte in sie rein sollen. Sie habe ihm dann gesagt, dass sie Angst habe. Er sei so müde gewesen, dass er gleich eingeschlafen sei. (Auf Vorhalt:) Er sei in der Hochzeitsnacht nicht in sie eingedrungen.
(Auf Frage, was der Beweis für die Jungfräulichkeit gewesen sei, auf den die Schwiegermutter gewartet habe:) Blut. Daher sei sie nach der Hochzeitsnacht zu ihr gegangen, um ihr zu sagen, dass sie es nicht geschafft hätten. (Wie es dann dazu gekommen sei, dass sie den Beweis für ihre Jungfräulichkeit hätten erbringen können?) Das sei am dritten Tag gewesen. Sie hätten es auch in der zweiten Nacht versucht. Sie habe eingewilligt, weil er sie gefragt habe, ob sie Angst habe, weil sie nicht mehr Jungfrau sei. Sie habe eingewilligt, um ihm zu beweisen, dass sie noch Jungfrau sei. Sie hätten es auch mit Öl versucht, aber die Gebärmutter sei so eng gewesen, dass es nicht geklappt habe. Sie habe es eigentlich gar nicht gewollt, aber sie sei ja seine Ehefrau und habe es machen müssen. Das habe sie so gelernt. In der Hochzeitsnacht müsse man beweisen, dass man noch Jungfrau sei, dass man Chancen auf die Ehe habe. (Wie genau sie dem Beschuldigten gezeigt habe, dass sie es nicht wolle?) Sie habe ihm wörtlich gesagt, dass sie Angst habe. Die erste Nacht hätten sie sagen müssen, dass es nicht geklappt habe, die zweite Nacht habe er ihr nicht zugetraut, dass sie noch Jungfrau sei, und in der dritten Nacht sei er so wütend gewesen, weil sie seine Männlichkeit bezweifelt hätten. (Ob sie sich körperlich habe wehren können?) Zuerst habe sie es nur verbal gesagt. In der zweiten Nacht habe sie es mit sich machen lassen. In der dritten Nacht sei er so wütend gewesen, dass sie keine Wahl gehabt habe. Der Gebärmutterhals sei so eng gewesen, dass er nicht rein gekommen sei. Dann habe er es mit den Fingern versucht und später hätten sie auch Öl genommen, dann habe es geklappt. Später habe sie sich dann oft körperlich gewehrt. (Was sie damit meine, später habe es dann geklappt?) Sie hätten Geschlechtsverkehr gehabt, Sex, und sie habe ihre Jungfräulichkeit beweisen können. Die Schwiegermutter habe vor der Türe gewartet. Sie hätten ihr dann das Hochzeitsnacht-Tuch mit dem Blut gezeigt.
Sie sei dann zwei Monate dort gewesen. In dieser Zeit hätten sie jeden zweiten Tag einmal pro Woche Sex gehabt, ausser an den Freitagen. Insgesamt schätze sie, dass sie 15, sicher 20 Mal Sex gehabt hätten. (Wie sie sich denn später gewehrt habe?) Sie habe immer genau gewusst, wenn er die Türe beim Zimmer abgeschlossen habe, dass er Geschlechtsverkehr habe haben wollen. Er sei ins Zimmer gekommen und habe ganz laut an ihrem Ohr geatmet. Sie habe dann so getan, als würde sie schlafen. Er habe sie am ganzen Körper angefasst. Er habe wohl bemerkt, dass sie nicht schlafe. Er habe sie ins Ohr gebissen. Sie habe ihm gesagt, dass sie den ganzen Tag geputzt habe und heute nicht möchte. Dann sei er wütend geworden und habe gesagt, sie sei seine Ehefrau und verpflichtet, dies zu machen. Es sei so eine Distanz gewesen zwischen ihnen. Er habe sie dann bspw. an den Haaren gepackt und sie zu ihm umgedreht. Dann sei er auf sie gelegen und habe versucht, sie zu küssen. Er habe aber mehr gebissen als geküsst. Als er sie an den Haaren gepackt habe, habe er ihr das Pyjama ausgezogen. Es habe sich immer etwa gleich abgespielt. Es habe nur etwa zwei Mal gegeben, dass sie den Geschlechtsverkehr auch gewollt habe. (Was danach geschehen sei, nachdem er sie an den Haaren gezogen und sie ausgezogen habe?) Er habe sie am ganzen Körper angefasst. Dann habe er auf eine ganz starke, aggressive Art an beiden Brustwarzen gesaugt. Später habe er ihr auch das Unterteil, also die Hose ausgezogen. Dann seien sie zusammengekommen, hätten also Sex gehabt. In dieser Zeit, als er es gemacht habe, habe er mit ihrer Brust gespielt, daran genuggelt und gesaugt. Das habe so extrem weh gemacht, aber sie habe sich nicht wehren können, weil so viele Leute in der Wohnung gewesen seien. Er habe es dann immer wie fester gemacht. Sie habe nicht gewusst, ob er dies absichtlich gemacht habe, um ihr noch mehr Schmerzen zu machen. An diesem Abend habe er sie auf den Rücken gedreht. Er habe sie sanft geküsst und dann habe er wieder gebissen. In dieser Phase habe er mit ihrer Po-Backe gespielt und seine Nägel da rein gesteckt. Also er habe seine Nägel in die Po-Backe und ihre Oberschenkel gepresst. Während dieser Zeit habe er Sex mit ihr gehabt. Er sei in sie rein gekommen und habe versucht, möglichst schnell zu machen. Sie sei auf dem Rücken gelegen. Sie sei gebückt gewesen zuerst und habe ihren Hintern gehoben. Sein Penis sei in ihre Gebärmutter reingekommen. Weil sie so Schmerzen gehabt habe, habe sie versucht, den Penis weg zu drücken, er habe dies aber mit seiner Hand unterstützt. Er habe sie mit den Händen festgehalten. Mit einer Hand habe er sie an sich gepresst und mit der anderen Hand habe er seine Nägel in ihren Po und Oberschenkel gedrückt. (Wann dies geschehen sei?) An das Datum könne sie sich nicht erinnern. Es sei gewesen, bevor sie sie in die Türkei geschickt hätten. Als sie wieder zurück in die Schweiz gekommen sei, habe er ein paar Mal versucht, von hinten mit ihr Geschlechtsverkehr zu haben. Also er habe in ihren Po eindringen wollen. Das habe sie aber auf keinen Fall zugelassen. Dann habe sie eine Ohrfeige erhalten. Sie sei auf dem Bauch gelegen und habe sich wehren wollen. Sie habe wegrutschen wollen. Er habe sie an den Haaren gepackt und sie zu sich gezogen. Weil sie sich immer noch gewehrt habe, also habe wegrutschen wollen, habe er sie gegen den Rücken geschlagen. Dies sei so drei bis vier Mal geschehen. Sie habe es ihm nicht erlaubt. (Wie die sexuellen Akte aufgehört hätten?) Er habe immer so lange gemacht, bis er müde gewesen und eingeschlafen sei. Bei ihr sei es so gewesen, immer wenn er das erste Mal eingedrungen sei, sei sie so trocken gewesen. Es habe ihr extreme Schmerzen gemacht. Sie habe so starke Schmerzen gehabt, dass sie nicht habe schlafen können. Sie habe sich wieder angezogen und geweint. (Wie sich die Schmerzen angefühlt hätten?) Starke Rückenschmerzen und am Bauch habe es auch weh gemacht. Sie habe dann am nächsten Morgen noch das Gefühl gehabt, als habe sie etwas in sich. (Ob der Beschuldigte beim Sex irgendwelche Gegenstände verwendet habe?) Nein, er habe sie geschlagen und seine Nägel in sie gepresst.
(Wie es zu den zwei Malen gekommen sei, als sie den Geschlechtsverkehr auch gewollt habe?) Sie könne sich nicht mehr an das Datum erinnern. Er sei vom Geschäftsessen zurückgekommen. Er sei gepflegt gewesen und habe nach Parfum gerochen. Dann hätten sie Geschlechtsverkehr gehabt. Das sei das erste Mal gewesen. Beim zweiten Mal sei ihre Periode fertig gewesen und sie habe sich wieder sauber gefühlt. Sie habe sich gut gefühlt. (Was sie da gefühlt habe für ihren Ehemann?) Sie wisse nicht, ob es Liebe gewesen sei, vielleicht etwas Anderes. Es sei nicht ein Gefühl ihm gegenüber gewesen. Sie habe einfach Sex machen wollen. Sie sei erregt gewesen und habe gemerkt, dass es dann einfacher gehe. Vorher, als er sie immer wieder gezwungen habe, sei sie immer trocken gewesen. Bei diesen zwei Malen, als sie ihn auch etwas geküsst habe, habe sie gespürt, dass es bei der Gebärmutter feucht werde. Dann sei es besser rein und raus gegangen. Das seien die einzigen zwei Mal gewesen, wo sie sich gut gefühlt habe. Nur diese beiden Male habe sie von sich aus gewollt. Sonst habe sie wohl übel hinhalten müssen. Er habe sie immer wieder daran erinnert, dass sie seine Frau sei und es machen müsse. (Ob der Beschuldigte erregt gewesen sei?) Sie wisse es nicht, aber er habe es immer versucht zu machen. Sein Penis sei immer hart gewesen. (Wie lange jeweils der Geschlechtsverkehr gedauert habe?) Für sie sei es immer unendlich lange gewesen. Vielleicht 1.5 Stunden. (Ob der Beschuldigte beim Sex auch Flüssigkeit verloren habe?) Ja, er habe das immer auf sie geleert. Das sei immer dann gewesen, als er es von hinten habe machen wollen. Dann habe er sie umgedreht und habe es von vorne gemacht, dann habe er die Flüssigkeit auf ihren Bauch gespritzt. Kurz nach der Hochzeit habe der Beschuldigte noch Präservative benutzt. Später habe er die Flüssigkeit auf sie geleert, nachdem er seinen Penis aus ihr gezogen habe.
(Auf die Frage, ob sie das Gefühl habe, von ihrem Ehemann abhängig gewesen zu sein:) Ja, auf jeden Fall. Zum Beispiel habe sie nie selber Geld gehabt. Ihr Ehemann habe immer gesagt, wenn sie ihn nach Geld gefragt habe, dass sie keines brauche, weil seine Mutter alles kaufen würde.
(Auf Aufforderung nochmals zu schildern, wie der Beschuldigte ihr gegenüber tätlich geworden sei:) Zuerst habe er sie in die Ohren gebissen, an den Haaren habe er sie auch immer gerissen, sie mit den Nägeln in die Oberschenkel und Po-Backen geklemmt, sie auf den Rücken geschlagen, in die Brustwarzen gebissen, Ohrfeigen gegeben. Bei jedem Geschlechtsverkehr habe er sie in die Ohren gebissen, er habe sie auch fast immer an den Haaren gezogen. Es sei selten gewesen, dass er sie nicht an den Haaren gezogen habe. Fünf bis sechs Mal habe er sie während des Geschlechtsverkehrs gebissen. (In welchem Zeitraum sich diese Tätlichkeiten abgespielt hätten?) Gerade nach der Hochzeit habe er sie gezwungen, aber nicht geschlagen. Etwa einen Monat danach habe er sie dann auch geschlagen. Dies weil seine Familie sie als respektlos angeschaut habe. Das habe er dann an ihr ausgelassen. Als sie aus der Türkei zurückgekommen sei, habe er dann auch Geschlechtsverkehr in ihren Po gewollt. Wenn sie Geschlechtsverkehr gehabt hätten, habe sie immer ein Kissen genommen und dann dort reingebissen geschrien, so dass sie niemand habe hören können. (Ob sie verletzt worden sei?) Einmal habe er sie so fest am linken Arm gehalten, dass sie den Handabdruck habe sehen können, es sei blau geworden. Fast jedes Mal, wenn er sie in die Schulter gebissen habe, sei die Stelle blau geworden. Auch ihre Brustwarze sei teilweise blau geworden und habe geblutet.
(Ob der Beschuldigte Drohungen ausgestossen habe?) Ja, die erste Drohung sei gewesen «Wenn du nicht mit mir schläfst, sage ich deiner Familie, dass du nicht Jungfrau warst!» Die zweite sei gewesen «Soll ich dich wieder zu deiner Mutter schicken?!» Er habe auch immer wieder gesagt, sie sei seine Ehefrau und deshalb gezwungen, das zu machen. Das habe ihr dann immer wieder eine solche Angst gemacht. Sie habe genau gewusst, dass er diese Drohung wahrmachen werde und es ihrer Mutter sagen würde und was dies für Folgen für sie und die Familie in ihrem Dorf gehabt hätte. Diese Drohung habe er immer dann ausgesprochen, wenn sie keinen Geschlechtsverkehr habe haben wollen. Sie habe diese Drohung ernst genommen. Es habe ihr Angst gemacht. (Ob sie denke, dass er dies umsetzen würde?) Ja. Sie sei ja dann auch in die Türkei zurückgeschickt worden, ohne dass sie das gewollt habe. Sie habe nichts gegen die Drohungen unternehmen können. Sie habe machen müssen, was er gesagt habe. Als sie von der Türkei zurückgekommen sei, sei es noch schlimmer geworden. Dies, weil sie gewusst hätten, dass sie nirgends mehr habe hingehen können.
(Ob es Personen gegeben habe, welche die vorgefallenen Sachverhalte hätten beobachten können:) Es habe es weder jemand gesehen noch habe sie es jemandem erzählen können. Auch wenn sie es versucht habe zu erklären, hätten sie gesagt, es sei ihr Ehemann, das gehöre dazu. (Auf Frage nach ihrem Mobiltelefon:) Sie habe ein Mobiltelefon gehabt. Ihr Ehemann sei wütend auf sie gewesen, wenn sie vor ihrem Schwiegervater darauf geschaut habe. Als sie aus der Türkei zurückgekommen sei, hätten sie ihr alle Kontakte gelöscht.
(In welchem Zeitraum die sexuellen Vorfälle, die Tätlichkeiten und Drohungen geschehen seien?) Im Dezember 2016 hätten sie geheiratet. Den letzten ungewollten Geschlechtsverkehr habe sie glaublich Mitte/Ende März 2017 gehabt.
Sie wisse nicht, wo sie sonst hingehen könnte. Hier gebe es die wenigsten Leute, die sie unterstützen könnten. Wenn sie wieder zurück in die Türkei gehen müsste, könnte sie nicht mehr zu ihrer Familie. Schon das Wort «geschieden» sei schlimm für sie. Sie müsste sich wieder mit einem Mann verheiraten, welcher vielleicht schon älter sei und Kinder habe, welche älter seien als sie selbst. Sie könne sich richtig vorstellen, wie sie sie anschauen würden in ihrem Dorf. Dort würden sie sie schlagen.
Anlässlich der zweiten polizeilichen Einvernahme am 13. September 2017 machte die Privatklägerin nebst ihrer detaillierten Schilderung der Verlobung und der Hochzeit zum Sachverhalt im Wesentlichen folgende Aussagen (AS 035 ff.):
Am 3. Dezember 2014 sei Hochzeit gefeiert worden. Dann sei der Beschuldigte rechtlich ihr Ehemann gewesen, und sie habe nichts mehr zu sagen gehabt. In der Nacht hätte die Ehe vollzogen werden müssen. Der Beschuldigte habe mit ihr den Beischlaf machen wollen. Sie habe das aber nicht gewollt, weil sie ihn ja gar nicht gekannt habe. Sie habe ihm gesagt, dass ihr die Situation Angst mache und sie noch nicht so weit sei. Er habe ihr entgegnet, ob sie denn nicht gewusst habe, dass am ersten Abend so etwas passiere. Sie hätten es dann probiert in dieser Nacht. Sie hätten es aber nicht geschafft. Die Schwiegermutter habe einen Beweis ihrer Jungfräulichkeit gewollt. Dann sei die zweite Nacht gekommen. Sie habe wiederum gesagt, sie sei noch nicht so weit. Es sei alles so frisch gewesen. Schon nach einer Woche hätten sie Hochzeit gefeiert, und sie habe gar niemanden gekannt. Sie hätten ihr dann gesagt, wovor sie Angst habe, vor dem Sex dass rauskomme, dass sie nicht mehr Jungfrau sei. In der zweiten Nacht hätten sie es auch nicht machen können. Das habe sie extrem gestresst, weil sie gewusst habe, dass sie der Schwiegermutter antworten müsse. Als diese sie gefragt habe, weshalb sie es nicht hätten tun können, habe sie gesagt, sie habe Angst. Die Schwiegermutter habe gefragt, wovor sie Angst habe, es sei etwas, das sie alle machen müssten, das sei eine Stunde, dann sei es vorbei. In der dritten Nacht hätten sie dann den Beschuldigten wegen seiner Männlichkeit beleidigt. Er sei dann ziemlich wütend geworden und habe gesagt, es müsse heute durchgezogen werden. Sie habe Angst gehabt, weil sie behauptet hätten, dass sie nicht mehr Jungfrau sein könnte. In dieser Nacht habe es dann geklappt. Während sie es gemacht hätten, habe die Schwiegermutter vor der Türe gewartet, damit sie ihr das Tuch mit dem Blut drauf als Beweisstück bringen könne. Es sei dann Erleichterung eingekehrt. Sie sei auch erleichtert gewesen. Alle seien unter Druck gewesen. Auch seine Tante habe immer wieder angerufen und gefragt, ob es geklappt habe.
Ihr Mann sei am nächsten Morgen arbeiten gegangen. Alle würden ja immer arbeiten gehen, sie sei alleine mit der Schwiegermutter zu Hause gewesen. Sie habe geschaut, dass sie immer vor ihr wach sei, und alle Hausarbeit gemacht habe. Sie sei aber vor den Augen ihrer Schwiegermutter nichts wert gewesen. Sie habe immer gesagt «du nützt einen Scheissdreck, dich kann man für nichts brauchen, wie haben sie dich auch erzogen». Es sei so ein starker Druck auf sie ausgeübt worden. Weil sie eine neue Braut gewesen sei, habe sie die Wohnung nicht verlassen dürfen. Sie hätten über sie bestimmt, was die Kleider anbelangt. Sie hätten nicht gefragt, sondern einfach gekauft. Ihr Mann habe ihr gesagt, sie müsse ein Kopftuch anziehen, wenn sie rausgingen. Als sie das einmal nicht akzeptiert habe, habe sie einen Schubs auf den Kopf bekommen. Wenn sie etwas nicht akzeptiert habe, seien sie der Meinung gewesen, dass sie unanständig sei, und ihnen gegenüber nicht genug Respekt zeige.
Im Schlafzimmer habe ihr Mann immer gesagt «warum willst du das nicht machen, wir müssen das durchziehen». Der Beschuldigte habe immer, wenn er mit ihr habe schlafen wollen und sie nicht gewollt habe, gesagt, sie sei seine Ehefrau, sie müsse das machen. Sie sei gezwungen gewesen, immer, nicht gewollt mit ihm zusammen zu sein. Daraufhin hätten sie ihr gesagt, dass sie sie nicht wollten. Sie hätten sie beschuldigt, sie sei respektlos und passe nicht zur Familie. Sie hätten ihre Koffer gepackt und die Schwiegermutter habe ihr allen Goldschmuck abgenommen. Sie hätten sie an den Flughafen gebracht und sie in ein Flugzeug gesetzt. Sie habe das nicht gewollt. Sie hätten sie geschickt, und sie sei gegangen.
Ihre Mutter habe einen Schock bekommen. Ihre Aussagen seien gewesen «was suchst Du da, warum bist du gekommen.» Ohne, dass sie ihr erlaubt hätte, in die Wohnung zu gehen, habe sie ihr gesagt, sie solle zurück, sie wisse, wo sie hingehöre. Sie habe am Flughafen übernachten müssen, bevor sie habe zurückfliegen können. Sie habe nicht gewusst, wo sie hätte hingehen sollen. Sie sei zum Cousin des Beschuldigten gegangen, wo sie eine Woche habe bleiben können. Dann sei die Tante des Beschuldigten gekommen und habe sie zurück zu ihrem Mann gebracht. Sie habe nicht gewollt, aber sie habe nicht gewusst, wo sie sonst hätte hingehen sollen. Eine ganze Woche habe niemand mehr mit ihr gesprochen, sie hätten ihr nicht ins Gesicht geschaut. Eine Woche später habe ihr Schwiegervater ihr guten Morgen gesagt, und man könne kaum glauben, wie sie sich gefreut habe. Sie hätten ihr dann aber gesagt, man habe sie zurückgeschickt, und nicht einmal ihre Familie habe sie akzeptieren wollen.
Von diesem Moment an hätten sie noch viel mehr Druck gemacht, weil sie gewusst hätten, dass niemand sie wollte. Dann habe der Beschuldigte noch viel mehr Sex mit ihr machen wollen. Er habe genau gewusst, dass sie mitmachen müsse, da sie nirgendwo hin könne. Er habe ihr dann oft damit gedroht, wenn sie nicht mitmache, würden sie sie zurück zu ihrer Familie senden. Oder er erzähle herum, dass sie nicht mehr Jungfrau gewesen sei. Sie habe mitmachen müssen, alles über sich ergehen lassen müssen.
Als ihre Schwiegermutter bemerkt habe, dass sie die Pille nehme, sei es zum Streit gekommen. Sie hätten ihr wieder ihre Taschen gegeben und ihre Mutter angerufen, da sie sie hätten zurückschicken wollen. Dann hätten sie gesagt, sie wollten sie nicht mehr, und hätten sie zurückgeschickt. In der Zeit habe ihr Onkel mütterlicherseits eine Kollegin benachrichtigt, die ihr geholfen habe. Diese Freundin sei die einzige gewesen, die ihr beigestanden sei. Eine Woche sei sie bei ihr geblieben, dann hätten sie sie ins Frauenhaus gebracht. Dort habe sie versucht, sich das Leben zu nehmen.
In der Hochzeitsnacht habe sie ihm gesagt, dass sie noch nicht so weit sei und Angst habe. Er habe ihr das Hochzeitskleid ausgezogen. Dann habe er ihr gesagt, dass er mit ihr zusammen sein solle. Sie habe Angst habe, habe sich zurückgezogen. Dann habe er sie aufs Bett gelegt und habe versucht, sie zu küssen. Sie habe immer noch nicht gewollt. Darauf habe er gesagt, sie habe doch gewusst, dass das in der Hochzeitsnacht passiere. In der zweiten Nacht habe er versucht, mit seinen Händen ihr Jungfernhäutchen kaputt zu machen. Er habe es mit Öl probiert. Es habe ihr so weh gemacht, sie habe seine Hand weggenommen. Wenn sie gesagt habe, dass sie Angst habe, sei sie immer gefragt worden, vor was sie Angst habe. In der dritten Nacht hätten sie ja dann den Beweis erbringen müssen, dass sie es durchgezogen hätten. An den anderen Tagen zum Beispiel, auch wenn sie gesagt habe, sie möchte den Beischlaf nicht durchführen, habe er sie gepackt, sie zu sich gezogen, an ihrem Ohr ganz laut geatmet, sie überall am Körper angefasst. Manchmal habe er sie auch an ihren Haaren zu sich gezogen und es dann mit Gewalt durchgeführt. Das habe ihn am meisten wütend gemacht, dass sie nicht gewollt habe und ihm das gesagt habe, dann habe er sie an sich gezogen. Er habe auch gebissen, an ihrem Hals genuggelt und sie dann gebissen. Wenn sie ihre Periode habe, habe sie starke Bauchschmerzen. Sie habe dann gesagt, sie wolle nicht, sie habe ihre Tage. Darauf sei er wütend geworden und habe ihr gesagt, was denn schon passieren solle. Da habe er ihr auch zwei auf ihre Gesässbacken gegeben. Das habe ihr manchmal so weh getan, dass sie am nächsten Morgen Bauchweh gehabt habe, Rückenweh. Sie habe regelrecht gespürt, wie ihre Gebärmutter weh getan habe. Als sie von der Türkei zurückgekehrt sei, habe er ihr noch mehr weh tun wollen. Er habe dann versucht, von hinten in sie einzudringen. Das habe sie auf keinen Fall akzeptiert. An diesem Tag zum Beispiel habe er sie an den Haaren gepackt und sie zu sich gezogen. Sie habe ihn weggestossen und gesagt, dass sie das auf keinen Fall möchte. Darauf sei er so wütend geworden und sei so fixiert gewesen, dass er sie noch viel mehr gebissen habe. Zu der Zeit habe er so stark an ihrer Brust gesaugt, dass es so kleine rote Pünktchen gegeben habe. Das habe er sicher zwei bis drei Mal gewollt und dann sei er ganz fest wütend geworden, wenn sie nicht habe mitmachen wollen. (Was er gewollt habe?) Von hinten Gemeinsamkeit, Beischlaf von hinten. Er habe sie gekehrt, hochgehoben, und er habe von hinten mit dem Penis in sie eindringen wollen. Sie habe sowieso keinen Sex mit ihm machen wollen, und er habe von hinten kommen wollen. Und als sie versucht habe, ihn zu stossen, habe er sie an den Haaren gepackt und zu sich gezogen. In der Phase habe er sie auch immer wieder auf das Gesäss geschlagen. Er sei darauf bedacht gewesen, dass man es nicht gehört habe, aber es sei trotzdem so stark gewesen, dass es ihr weh getan habe.
Sie sei am 25. November 2016 in die Schweiz gekommen. Sie habe vorher nichts über die Schweiz gewusst, sie habe nur gewusst, dass sie (wohl die Familie des Beschuldigten) da lebten. Sie sei in die Schweiz gekommen, weil ihr Mann hier lebe. Sie hätten sie hierher gebracht. Ohne ihren Mann wäre sie doch sonst nie ins Ausland. Sie habe sich nie überlegt, die Türkei zu verlassen. Sie sei nur hier, weil ihr Mann hier sei; die Ehefrau gehöre zum Ehemann.
(Ob sie die Situation in der Hochzeitsnacht nochmal so detailliert wie möglich schildern könne?) Er habe ihr Hochzeitskleid ausziehen wollen. Dann habe er sie langsam ins Bett getan. Er sei auf sie geklettert und habe gesagt, er wolle sie küssen. Sie habe nicht mal gewusst, wie man küsst, auch da sei sie zurückgezuckt, und habe gesagt, sie wolle es nicht. Er habe trotzdem versucht, sie zu küssen. Sie habe ihm gesagt, dass sie Angst habe, dass sie das auch nicht wolle. Er habe dann ihre Hand genommen und gewollt, dass sie seinen Penis anfasse. Nachdem sie seinen Penis gespürt habe, sei sie erst recht erschrocken, dann habe sie ihre Hand zurückgezogen. Darauf habe er sich schlafen gelegt. (Ob es zu einem versuchten Eindringen des Penis gekommen sei?) Nein. Er habe gewollt. Sie habe zuerst gesagt, dass sie Angst habe. Dann habe er gewollt, dass sie seinen Penis anfasse und dann sei sie ja eben erschrocken. Es sei somit nicht zum Eindringen gekommen. Aber am zweiten Tag habe er es versucht.
Am zweiten Tag sei er sowieso ein bisschen wütend gewesen, weil es nicht geklappt habe. Dann habe er sie gefragt, ob sie Angst habe, dass sie ihre Jungfräulichkeit nicht unter Beweis stellen könne. Es habe ihr Angst gemacht, dass er ihre Jungfräulichkeit bezweifelt habe. Er habe sie dann zuerst mit seiner Hand berührt. Dann habe er Öl genommen. Sie habe sich ausgezogen, er habe versucht in sie einzudringen, es aber nicht geschafft. Dann habe er versucht, sie mit seinen Händen zu entjungfern. Er habe versucht, in sie einzudringen, aber es sei nicht gerissen, er habe nicht rein gekonnt. (Wie er versucht habe, sie mit seinen Händen zu entjungfern?) Er habe versucht, mit seinen Händen reinzugehen. Als er mit seinem Finger in ihr gewesen sei, habe sie so Angst gehabt, dass sie eine Infektion bekommen könne. Er habe versucht, weiter reinzugehen, sie habe ihn dann zurückgezogen. (Ob er auch versucht habe, mit dem Penis einzudringen?) Ja. Das sei auch nicht gegangen. Wie er darauf reagiert habe, dass es nicht gegangen sei? Er habe nichts gesagt. Sie habe sich gezwungenermassen öffnen müssen. Er habe es verreissen wollen und sie habe auch gewollt, dass es zerreisst. (Was sie mit gezwungenermassen meine?) Sie habe doch Angst gehabt, da sie ihre Jungfräulichkeit angezweifelt hätten. Sie habe aus der Situation raus gewollt. Sie habe gewollt, dass sie ihr glauben, dass sie noch Jungfrau sei. (Wer das angezweifelt habe?) Ihr Mann und auch ihre Schwiegermutter. Das sei für diese wichtig gewesen. Aber auch für sie, die Privatklägerin, sei das wichtig gewesen. Das Problem sei gewesen, dass sie noch nicht soweit gewesen sei, sie habe Angst gehabt, sie habe sie nicht gekannt. (Ob der Beschuldigte in dem Moment körperliche Gewalt angewendet habe? Die Privatklägerin fragt zurück, ob die Befragende schlagen meine.) Nein. Er habe sie nicht geschlagen. (Ob er sie bedroht habe in dem Moment?) Nein. Er habe nur ihre Jungfräulichkeit angezweifelt. Das sei für sie aber schwerwiegender, als wenn er sie bedroht hätte.
Am dritten Tag sei er ja ganz fest wütend gewesen. Das erste, was er ihr gesagt habe: «Heute wird die ganze Sache erledigt. Zieh Dich aus!». Sie habe ihm dann nichts erwidern können, weil sie ja vorgängig gehört habe, wie seine Eltern seine Männlichkeit angezweifelt hätten. Da sei er eben gekommen und habe einzig und alleine das versucht zu machen. Dann habe er es auch geschafft. Dann habe er sich angezogen, und sei raus. Sie habe gewusst, dass ihre Schwiegermutter draussen warte und sie habe auch gewusst, dass sie das raus zeigen müsse. Sie habe sich angezogen, und habe das Stück Stoff genommen, und habe es ihr gezeigt. (Ob sie mit diesem Geschlechtsverkehr einverstanden gewesen sei?) Am dritten Tag, ja. Sie habe ja keinerlei Recht gehabt, etwas zu sagen. Es sei ja der dritte Tag gewesen und sie seien nicht in der Lage gewesen, ihnen den Stoff zu geben. Sie habe diesen Stoff immer aufs Bett gelegt, bis es geklappt habe.
(Wie oft es dann in der Folge zu sexuellem Kontakt gekommen sei?) 15 Mal. Eine genaue Zahl könne sie aber nicht nennen. Aber sie hätten es sicher 15 bis 20 Mal gemacht. (In welcher Zeitspanne dies gewesen sei?) Bevor sie sie in die Türkei geschickt hätten, sei sie ja zwei Monate da gewesen. (Ob sie jeweils mit diesen sexuellen Kontakten einverstanden gewesen sei?) Nein, weil er sie meistens bedroht habe. Sie habe gemusst. (Warum sie nicht einverstanden gewesen sei?) Das habe ihr überhaupt nichts gesagt. Sie habe diese Person nicht gewollt. Es sei mit ihm das erste Mal gewesen. Es sei etwas, das sie bis dahin nie erlebt habe, alleine nur die Vorstellung, dass man ihn in sich spüre. Das sei sowieso nichts Schönes. (Ob sie gezeigt habe, dass sie nicht einverstanden gewesen sei?) Selbstverständlich habe sie ihm das gezeigt. Genau das habe ihn ja manchmal wütend gemacht. (Wie sie es gezeigt habe?) Er sei ins Zimmer gekommen. Sie habe genau gewusst, wenn er hinter sich die Türe schliesse, dass er mit ihr schlafen wolle. Sie habe dann versucht, dergleichen zu tun, als würde sie schlafen und ihn nicht bemerken. Aber er habe schon gemerkt, dass sie nicht geschlafen habe. Das habe ihn wütend gemacht. (Ob sie es noch auf andere Art und Weise gezeigt habe?) Sie habe ihn meistens gestossen. Einmal habe sie ihn sogar auf der Brust mit einem Nagel verletzt. Vor allem da, als er von hinten habe eindringen wollen, das habe sie auf keinen Fall gewollt, da habe sie ihn dann auch gestossen. (Wie genau sie ihn gestossen habe?) Er habe sie dann so hochgehoben, mit einer Hand habe er sie festgehalten, mit der anderen Hand habe er versucht, sie zu drehen, und dann habe sie ihn weggestossen, und genau dann habe sie ihn mit dem Nagel gekratzt. (Wie er auf das Wegstossen reagiert habe?) Er habe sie dann einfach gekehrt und dann hätten sie normal Sex gehabt. Eigentlich sei ihr bewusst gewesen, dass sie ihren Pflichten als Ehefrau nachkommen müsse. Aber sie habe es nicht gekonnt. (Ob sie ihm auch mal verbal gesagt habe, dass sie es nicht wolle?) Sie habe ihm das mehrmals gesagt, dass sie Angst habe und dass sie es nicht wolle. Sie habe immer wieder irgendwelche Ausflüchte gesucht, habe Gründe angegeben, aber er habe gewusst, dass sie Ausflüchte suche. Und dann habe er sie bedroht. (Wie er sie bedroht habe?) Dass er behaupten würde, dass sie nie Jungfrau gewesen sei. Dass er dies herumerzählen würde. Oder er habe gesagt, sie sei seine Ehefrau, es sei ihre Pflicht, sie müsse das machen. Oder er habe gesagt, er würde sie zurück zu ihrer Familie schicken. (Was diese Aussagen bei ihr ausgelöst hätten?) Dann habe sie erst recht Angst bekommen und der Wunsch, mit ihm zusammen zu sein, sei dann gar nicht mehr da gewesen. Sie habe sich dann so verkrampft und verspannt, dass es ihr erst recht weh getan habe. Etwas vom Wichtigsten sei, dass wenn man Braut sei, man beweisen könne, dass man noch Jungfrau sei. (Woran der Beschuldigte gemerkt habe, dass sie nicht einverstanden gewesen sei mit dem sexuellen Kontakt?) Sie habe zum Beispiel immer auf dem Bauch gelegen, sie habe sich abgewendet, habe gesagt, sie habe Kopfweh. Das Wichtigste sei: Sie habe immer ein Pyjama angehabt. Sie wisse nicht, ob ihn das erst recht wütend gemacht habe, dass sie nicht gewollt habe. (Wie der Beschuldigte auf ihr Verhalten reagiert habe?) Er sei dann erst recht wütend geworden, sei ganz nah an ihr Ohr gekommen, habe laut und komisch geschnauft. Wenn sie nicht reagiert habe, habe er sie überall angefasst, sei mit seinen Händen an ihr gewesen. Wenn sie nicht reagiert habe, habe er sie gebissen. Und dann habe er sie auch gepackt, an ihren Beinen und sie zu sich gezogen. Er habe eigentlich erwartet, dass sie die gewünschte Reaktion zeige, aber sie habe es nicht gekonnt. Wenn sie seinen Atem an ihrem Ohr gespürt habe, habe sie sich so verspannt, dass ihr Herz ganz stark zu schlagen angefangen habe.
(Ob es auch zu sexuellem Kontakt mit ihrem Einverständnis gekommen sei?) Das sei passiert. Sie glaube zwei bis drei Mal habe sie das auch gewollt. (Wie es dazu gekommen sei?) Das sei so gewesen, das sei der erste Tag nach ihrer Periode gewesen. Sie habe dann ja auch Medikamente genommen, sie wisse nicht, ob das eine Nebenwirkung von ihrem Medikament gewesen sei, sie sei auf jeden Fall sehr entspannt gewesen. Sie habe ihn aber trotzdem nicht küssen wollen. Sie hätten nur Sex gemacht. (Auf Frage:) Er habe nur einmal zweimal Präservative gebraucht, sonst habe er sich auf ihr drauf entleert. Nach ihrer Rückkehr aus der Türkei sei sie noch zwei Monate beim Beschuldigten gewesen. Also zwei Monate vor ihrer Rückkehr in die Türkei und zwei Monate danach. (Wie oft es nach ihrer Rückkehr aus der Türkei zu sexuellen Kontakten gekommen sei?) Danach sei er noch viel härter zu ihr gewesen. Sie denke, dass es nochmal zehn Mal gewesen seien. 10 bis 15 Mal. Nein, zehn Mal. Als sie zurückgekommen sei, sei sie zuerst eine Woche bei seinem Cousin gewesen. Anschliessend hätten sie sie ja eine Woche keines Blickes gewürdigt. (Ob sie die sexuellen Kontakte nach ihrer Rückkehr aus der Türkei beschreiben könne?) Nachdem sie zurückgekommen sei, sei er noch viel härter zu ihr gewesen. Wenn sie zum Beispiel im Bett gelegen sei, habe er sie überall angefasst. Er habe sie am Gesäss gekratzt, mit ihrem Gesäss gespielt. Normalerweise, wenn er ins Zimmer gekommen sei, habe er sie sofort umgedreht und zu sich gezogen. Sie habe ja nicht reagieren können, weil sie nicht gewusst habe, wohin sie hätte gehen sollen.
Sie sei in die Türkei zurück, weil sie sie ja geschickt hätten. Sie hätten gesagt, dass sie sie nicht wollten, und dass sie nicht in ihre Familie passe. Sie habe ja nicht mit ihm schlafen wollen, und sie habe keine sexuellen Handlungen mit ihm machen wollen, und das sei das gewesen, was ihn am meisten wütend gemacht habe. Das Ticket hätten sie gekauft, und zum Flughafen hätten auch sie sie gebracht. Vom Geld, welches sie an der Hochzeit erhalten habe, habe sie sowieso nichts gesehen; das Gold, welches sie erhalten habe, hätten sie ihr wieder weggenommen. Alleine habe sie die Wohnung nicht verlassen dürfen, nur ein bis zweimal mit der Schwiegermutter zusammen. Alleine sei nicht möglich gewesen.
(Wie es dazu gekommen sei, dass sie nach ihrer Rückkehr aus der Türkei wieder zum Beschuldigten gegangen sei, wenn sie doch damit habe rechnen müssen, dass es zu weiteren sexuellen Kontakten käme?) Sie habe nicht gewusst, wo sie hätte hingehen sollen. Sie sei wieder zum Beschuldigten, im Bewusstsein, was sie alles erwarte. Wo hätte sie denn auch hingehen sollen. In die Türkei zurück könne sie nicht, dort habe sie keinen Platz. Und wenn doch, dann würden sie sie sofort wieder mit einem anderen verheiraten. Sie sei Kurdin. Wenn eine Kurdin geschieden sei, nenne man sie «Schaydü». Das heisse «verbrannte» «gebrandmarkte» Frau. Dass man ihr in ihrem Alter so etwas sagen könnte, das tue ihr wahnsinnig weh.
Als sie in die Schweiz gekommen sei, habe sie gar nichts gehabt. Sie habe erst später erfahren, dass sie nicht einmal krankenkassenversichert gewesen sei.
(Wenn sie in der dritten Nacht frei hätte entscheiden können, ob sie Geschlechtsverkehr haben wolle, wie sie sich entschieden hätte?) Sie hätte ganz sicher keinen Beischlaf wollen. Sie habe sowieso die ganze Heirat nicht gewollt. (Was es für sie bedeutet hätte, wenn sie den Beweis der Jungfräulichkeit nicht hätte erbringen können?) Das sei nicht einmal etwas, an das sie denken möchte. Das hätte nicht sein dürfen, das könne nicht sein. Jungfrau zu sein, sei für sie ebenso wichtig wie für alle anderen auch. Was es für Konsequenzen gehabt hätte, wenn das Tuch weiss geblieben wäre?) Dann hätte sie sich umgebracht. Nein, um Gottes willen, so etwas dürfe nicht sein. (Ob jemand Druck auf sie ausgeübt habe, dass sie den Beschuldigten heirate?) Ihre Mutter. Die ganze Familie habe Druck auf sie ausgeübt, inklusive ihre Grossmutter. Es sei nicht wichtig gewesen, was sie denke sage. Sie hätten gesagt: «Wir haben schon ja gesagt, es ist erledigt». Sie müsse von nun an schauen, dass die Ehe funktioniere, aber wie dies funktionieren soll, hätten sie ihr nicht gesagt. Es sei bei ihnen so, wenn man versprochen sei und eine Verlobung hinter sich habe, dann müsse man es durchziehen. Wenn man das für nichtig erkläre, dann sei man nachher in aller Munde. (Weshalb sie bei ihrer Rückreise in die Türkei nach nur einem Tag wieder zurückgeflogen sei?) Ihre Mutter habe sie ja nicht einmal in die Wohnung gelassen. Sie habe gesagt: «Geh zu Deinem Ehemann und rette Deine Ehe». Nach dem Rückflug in die Schweiz habe sie eine Woche beim Cousin des Beschuldigten gewohnt. Dieser habe mit ihr zur Polizei gehen wollen, damit sie eine Anzeige mache. Damals habe sie aber den Mut noch nicht gehabt. (Wer anschliessend entschieden habe, dass sie wieder zum Beschuldigten gehe?) Ihre Mutter. Sie habe gesagt: «Gehe sofort zurück, bevor Dich da jemand sieht». Alles passiere so, wie sie wollten, ihre Mutter und seine Familie. (Wieso sie nicht früher zur Polizei gegangen sei?) Ihr habe der Mut gefehlt.
Anlässlich der Exploration durch Frau Prof. Dr. G.___ machte die Privatklägerin im Rahmen des ersten Explorationsgesprächs zum Sachverhalt folgende Aussagen (AS 323 ff.):
Sie habe schon, als sie den Beschuldigten das erste Mal gesehen habe, gewusst, dass sie nicht heiraten wolle. Das erste Mal, als er sie beim Machen der Verlobungsfotos berührt habe, habe sie gemerkt, dass sie überhaupt nicht gewollt habe, sie habe sich so richtig zurückgezogen. Sie habe nicht gewollt, dass er sie berühre, sie habe ihn nicht heiraten wollen. Sie habe sich selbst gehasst. Sie habe oft und sehr viel geweint, aber es habe geheissen «Du bist jetzt verlobt, das ist jetzt eine feste Sache, es gibt nichts anderes, du wirst ihn jetzt heiraten müssen.» Nach ca. zwei Monaten seien sie dann gekommen, und die Trauung habe stattgefunden. Von da an habe sie ihm gehört.
Als sie in die Schweiz gekommen sei und man sich am Flughafen getroffen habe, habe sie überhaupt nichts gefühlt. Es sei ein komplett fremder Mann gewesen, eine fremde Familie. Es sei nicht gewesen, als habe man ihr irgendwie Zeit gelassen, dass sie sich daran hätte gewöhnen können, die Personen einzeln kennenzulernen. Sie sei einfach geholt und in die Familie integriert worden, fertig. Die Geschwister ihres Ehemannes hätten sie nie akzeptiert. Wenn sie zu Hause gewesen seien, seien sie einfach in ihre Zimmer verschwunden und hätten gar nichts mit ihr unternommen; sie hätten sie nicht unterstützt, dass sie sich hätte integrieren können. Sie sei in dieser fremden Wohnung gewesen und habe sich sehr einsam gefühlt. Sie habe nicht gewusst, wie sie sich benehmen müsse, weil sie sie nicht gekannt habe. Sie habe nicht gewusst, was sie hätte machen müssen.
Vor der Hochzeit habe es einen Henna-Abend gegeben. Da seien nur Bekannte von ihnen gewesen, sie habe niemanden gekannt, sie sei ganz alleine gewesen. Sie sei demoralisiert und traurig gewesen, weil sie ganz alleine gewesen sei. Weil es auch den Teilnehmern aufgefallen sei, hätten ihre Verwandten reklamiert und ihr gesagt, sie habe ihre Ehre in den Dreck gezogen. Sie habe sich gewünscht, dass es grösser gewesen wäre. Aber auch nur wenn es nur in einem kleinen Raum sei, wenn nur eine Person dagewesen wäre, die sie gekannt und gemocht hätte, wäre es anders gewesen.
In der Hochzeitsnacht habe der Beschuldigte dann versucht, ihr das Hochzeitskleid auszuziehen. Sie habe sich geschämt und habe Angst gehabt. Er habe versucht, ihr zu zeigen, dass sie jetzt zusammen etwas machen müssten. (Wie er das habe zeigen wollen?) Sie wisse es ja, dass sie in der ersten Nacht gemeinsam sein müssen. Aber sie habe Angst gehabt, sich auch geschämt. Er sei dann zu ihr herangetreten und habe dann ihr Hochzeitskleid ausziehen wollen. Dann habe sie gesagt, sie schäme sich und habe Angst, und er habe gesagt: «Hast du denn nicht gewusst, dass wir in der ersten Nacht das durchziehen müssen?». Also sie habe es ja schon gewusst, dass sie das durchziehen müssten in der ersten Hochzeitsnacht. Und nachdem er das gesagt habe, habe sie dann nichts mehr dergleichen getan. Sie habe es ja gewusst, dass sie es durchziehen müssen, aber sie hätte sehr gerne erwartet, dass er ein bisschen rücksichtsvoller gewesen wäre, und sie hätten das ja nicht unbedingt in der ersten Nacht machen müssen. Dann habe er sie hingelegt, weil er es habe machen wollen. Nachdem er sie hingelegt habe … sie schäme sich so, auch wenn so viel Zeit vorbei sei, sie könne es fast nicht sagen. Nachdem er sie hingelegt habe, habe er versucht, sie zu küssen. Sie habe vorher noch nie geküsst und das sei ihr wie etwas ganz Schlechtes vorgekommen. Dann habe er ihre Hand zu seinem Ding geführt. Als er ihr das Hochzeitskleid ausgezogen habe, habe sie versucht, es zu halten, weil sie sich geschämt habe. Er habe sie dann aufs Bett gelegt. Da sei ja alles schon bereit gewesen, inklusive das Tuch auf dem Bett. Dieses habe sie selbst auf das Bett gelegt. Er habe sie hingelegt. Dann habe er versucht, sie zu küssen. Sie habe sich ein wenig zurückgezogen. Dann habe er versucht weiterzumachen. Sie habe es nicht geschafft, sie habe ihn nicht küssen können. Dann hätten sie versucht, zusammenzukommen. Er habe ihre Hand ganz langsam zu seinem Ding herangezogen. Er sei auch nackt gewesen. Nachdem er sie ausgezogen habe, habe er sie aufs Bett gelegt und seine Hosen habe er dann im Bett ausgezogen. Aber Unterhosen habe er noch an gehabt. Dann habe er eben ihre Hand zu seinem Ding herangezogen, und sie aufgefordert, dass sie es berühre. Sie habe dann ihre Hand zurückgezogen und habe ihn auch ein wenig zurückgestossen. Sie habe ihm irgendwie zeigen wollen, dass sie es nicht wolle. Er habe daraufhin nichts gesagt, weil sie ja schon sehr müde gewesen sei. Er sei auch sehr müde gewesen. Sie seien beide sehr müde gewesen. Und dann hätten sie sich eben schlafen gelegt.
Am zweiten Abend habe dies dann wie eine Last auf beiden gelastet, dass sie das Tuch noch nicht hätten zeigen können. Sie hätten sich dann beide hingelegt und er habe sich ihr wieder angenähert. Dann habe er gesagt: «Woher hast du eigentlich Angst? Hast du Angst, mit mir Sex zu machen, hast du Angst, dass du deine Jungfräulichkeit nicht unter Beweis stellen kannst?». Diese Frage sei gerechtfertigt gewesen, weil sie zwei Jahre ausserhalb des Dorfes gelebt habe. Es sei klar, dass er auf die Idee komme. Das sei auch etwas, was sie beängstigt habe, dass sie es nicht unter Beweis stellen könne. Sie sei dann aufgeregt geworden, weil sie es ja habe beweisen wollen, dass es nicht so sei. Nachher habe er sie wieder ausgezogen. Dann habe er sich selbst auch ausgezogen. Und dann hätten sie es wieder probiert. Er habe ein bisschen Öl in die Hand genommen und ein wenig davon an ihr weibliches Organ gestrichen. Dann sei er auf sie rauf. Er habe versucht, in sie einzudringen, aber es habe nicht geklappt und es habe ihr wehgetan. Er sei ja auch so aufgeregt gewesen, und er habe unbedingt eindringen wollen, dass ein bisschen Blut komme, damit sie es beweisen könnten. Er habe das aber nicht geschafft, weil sie sich zurückgezogen habe, sie habe ihn weggestossen.
Es sei ein wenig eine komische Situation gewesen. Die Vorstellung sei schon ein bisschen komisch. Weil ein Organ von ihm hätte jetzt in sie reingehen sollen und sie hätte es sich gewünscht, dass das ein bisschen langsamer vorangeschritten wäre und sie sich hätte langsam daran gewöhnen können. Dann habe er es nicht machen können, weil sie sich zurückgezogen habe, ihn teilweise auch weggestossen habe. Dann habe er sich von ihr weggezogen, weil sein Organ sich wieder verkleinert habe. Zuerst habe er versucht, ihre Vagina mit der Hand irgendwie zu öffnen. Er sei mit den Fingern eingedrungen. Die Nägel hätten ihr weh getan. Sie habe auch Angst vor einer Infektion gehabt. Nachdem er seinen Finger rausgezogen habe, habe er versucht, mit seinem Organ einzudringen. Er habe es aber nicht geschafft, es sei nicht gegangen. Nachdem er gemerkt habe, dass es nicht klappe, sei sein Organ weich geworden. Dann habe er schliesslich aufgegeben. Sie habe gesagt: «Bitte mach es nicht, mach es bitte ganz langsam, ich habe Angst. Steck nicht Deinen Finger rein, ich habe Angst, dass es eine Infektion gibt». Auf seine Frage, ob sie Angst davor habe, nicht beweisen zu können, dass sie noch Jungfrau habe, habe sie ihm geantwortet «Wie kommst du darauf? Ganz sicher nicht.» Aber schon nur wenn er so etwas einmal aussagen würde, sei die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihm dann glauben würden sehr gross, weil sie ja zwei Jahre ausserhalb des Dorfes gelebt habe. Es sei ihr bewusst gewesen, dass sie das machen müssen. Sie sei bereit dafür gewesen. Sie hätten es ja irgendwie unter Beweis stellen müssen. Sie habe sich unter ihn hingelegt, aber sie habe ihn nicht in sich rein lassen können, es habe einfach weh getan. Sie habe es ihm erlaubt zu machen. Er habe ja auch seinen Finger reingesteckt. Er habe ja, nachdem er seine Finger rausgezogen gehabt habe, mit seinem Organ versucht, einzudringen. Er sei auf ihr gelegen, ein Bein sei auf der einen Seite und das andere Bein auf der anderen Seite gewesen. Und dann habe er versucht einzudringen. Sie habe dann beidhändig seinen Bauch dagegen gestossen, habe sich dann irgendwie zurückgezogen und ihn versucht wegzustossen. Weil es sie geschmerzt habe. (Wie er darauf reagiert habe?) Er sei darauf fixiert gewesen, es zu beweisen. Je mehr sie gestossen habe, umso mehr habe er versucht einzudringen. (Ob sie während dem Gegendrücken etwas gesagt habe?) Sie habe gesagt, «langsam, langsam, es tut weh». Er habe darauf nichts entgegnet, nur versucht, noch weiter einzudringen.
Am dritten Abend sei sie immer noch angespannt gewesen, weil das Tuch immer noch auf dem Bett gelegen habe. Sie habe gehört, wie die Schwiegermutter den Beschuldigten gefragt habe, ob er Angst habe, dass er selbst nicht Manns genug sein könnte. Darauf sei er wütend und aggressiv reingekommen. Sie habe ihn gefragt, ob etwas passiert sei. Er habe gesagt: «komm, heute muss es durch, heute muss es gemacht werden». Er sei wütend gewesen, weil er sich auch von der Mutter erniedrigt gefühlt habe. Da habe sie sich selbst auszuziehen begonnen. Er habe sich auch ausgezogen. Dann seien sie unter die Decke. Sie hätten wieder das Öl genommen, obwohl sie Angst vor diesem Öl gehabt habe. Er habe zuerst seine Hände damit bestrichen und dann ihr Unterteil. Dann habe er sein Glied hin und her gerieben, versucht, es hart zu machen. Sie habe dann gesehen, dass es hart geworden sei. Darauf sei er auf sie gestiegen und habe versucht, sie zu küssen. Es sei nicht unbedingt ein gewolltes Küssen gewesen. Nur damit das erledigt werden konnte. Er habe versucht langsam, langsam einzudringen und sie habe versucht, ihn ein bisschen zurückzustossen. Mit Hilfe des Öls habe er dann eindringen können. Viel Blut sei aber nicht gekommen. Nachdem er das gemacht habe, habe er viel einfacher rein- und rausgehen können. Dann habe er es rausgezogen. Dann sei sein Ding gekommen, sie wisse nicht, wie man dieser Flüssigkeit sage. Das sei gekommen. Er habe es rausgezogen und mit einer Serviette gereinigt. Sie habe dann das Tuch der Schwiegermutter gegeben. Diese habe darauf gesagt: «Gott sei Dank habt Ihr es endlich geschafft!». Sie sei dann wieder rein ins Schlafzimmer und habe sich hingelegt. Sie habe auch ein wenig geweint, weil es doch auch weh getan habe. (Ob sie den Versuch, ihn wegzudrücken noch genauer beschreiben könne?) Sie habe ihn einfach langsamer machen wollen, indem sie ihn an seinen seitlichen Knochen gehalten habe. (Ob sie dazu was gesagt habe?) Nein, er habe es ja machen müssen.
(Wann das letzte Mal etwas vorgefallen sei, welches im Strafverfahren eine Rolle spiele?) Das könne einen Monat, zwei Monate danach gewesen sein. Aber er habe immer wieder versucht, mit ihr Sex zu machen. Nachdem sie aus der Türkei zurückgekommen sei, habe er sie noch viel schlimmer gebraucht, drangenommen. Es sei meistens so gewesen, dass wenn er von der Arbeit nach Hause gekommen sei, habe die Schwiegermutter dauernd reklamiert. Sie sei unzufrieden mit ihr gewesen, sie habe ihm das immer gesagt, sie tauge nichts, sie könne nichts. Und wenn er nachher ins Schlafzimmer gekommen sei, sei er schon wütend gewesen. Wenn er reingekommen und die Türe geschlossen habe, habe sie gewusst, es sei wieder etwas passiert. «Er wird mir weh tun.» Sie habe jeweils im Bett gelegen, sich abgedreht und getan, als würde sie schlafen. Dann sei er zum Beispiel gekommen und habe an ihrem Ohr ganz heftig und hastig geatmet. Dann sei er ganz langsam hin und habe angefangen, ihr Ohr zu beissen. Mit einer Hand sei er dann auf ihrem Körper hin und her und habe versucht, sie langsam auszuziehen. Eines Tages habe sie seine Hand gehalten, aufgehalten. Sie habe ihm dann gesagt, sie wolle heute nicht, sie sei zu müde. «Einverstanden, er geht arbeiten». Er sei ja schon wütend reingekommen, und als sie ihm das gesagt habe, sei er noch wütender geworden und habe gesagt: «Du bist verpflichtet, das mit mir zu machen. Du bist schliesslich meine Ehefrau und ich bin dein Ehemann». Wenn sie dann das gehört habe, habe sie nichts mehr machen können, denn er habe ja recht. Er sei ihr Ehemann und sie seine Ehefrau. Er habe das Recht dazu. Und doch habe es sie beschäftigt und sie habe es nicht gewollt. Weil seine Mutter nicht zufrieden mit ihr gewesen sei, habe sie bei ihm reklamiert. Daraufhin sei er wütend geworden, sei reingekommen und habe mit ihr Sex gewollt, ihr Schmerzen zubereitet. (Wie er ihr Schmerzen zugefügt habe?) Also wie gesagt, er habe dann ganz hastig geatmet an ihrem Ohr, und habe mit seiner anderen Hand an ihrem Körper herumge… Er habe sie überall berührt. Sie wisse nicht, ob er sie dabei habe massieren wollen, was er vorgehabt habe. Sie habe seine Hand dann weggestossen und habe dann ihr Gesäss ein bisschen zurückgezogen. Er habe dann mit einem Bein ihr Gesäss, also ihr Unterteil fixiert, und mit der anderen Hand habe er dann ihre Brüste massiert. Er habe dann auch ziemlich fest gedrückt, das habe ihr weh getan. Und nachher langsam, langsam habe er sie dann gesaugt und sei dann bis zum Hals rauf gekommen. Er habe nicht auf eine normale Art und Weise an ihr gesaugt. Er habe ganz stark … er habe ihr weh getan. (Wo er gesaugt habe?) An ihrer Brust. Also er habe ihr Unterteil mit einem Bein fixiert, mit der anderen Hand habe er ihre Brust massiert, also gedrückt und dann habe er an ihrer Brust gesaugt. Danach habe er sie ausgezogen. Dann habe er sie zu sich ran gezogen. Ihr Gesäss sei sowieso unterhalb von seinem Bein gewesen und dann habe er sie einfach so gedreht und zu sich gezogen. Dann sei er auf sie geklettert. Mit der einen Hand sei er auf ihrer Brust gewesen und mit der anderen Hand habe er massiert. Er habe sie in der Zwischenzeit ja ausgezogen gehabt, und dann habe er ihren Hintern berührt. Er sei dann eingedrungen, auf eine ganz … mit einer Wucht sei er in sie eingedrungen. Und da habe sie erst recht gemerkt, dass er ganz wütend sei. Sie wisse nicht, weshalb das bei ihr so sei. Sie sei immer sehr trocken. Und sobald er in ihr drin sei, tue das ihr weh. In der Phase, in der er es ausführe, berühre er immer dauernd ihre Brüste. Wenn es fertig sei, gebe er ihr einen Klapps auf den Hintern.
(Sie habe jetzt immer gesagt, das klinge so, als wäre das mehrmals so gewesen:) Nicht immer, sehr oft, sehr viel meistens. Eines Tages habe sie ihre Periode gehabt. Dann sei er gekommen. Sie gehe meistens vor ihm ins Zimmer, lege sich hin und tue so, als würde sie schlafen. Eines Tages sei er ins Zimmer gekommen, habe wieder sehr hastig an ihrem Ohr geatmet. Er habe an ihrem Ohr gesaugt und gebissen. Sie habe es ihm dann nachher kenntlich gezeigt und habe gesagt: «Also ich bin wach, aber ich habe meine Tage, wir können keinen Sex haben». Darauf sei er mit der Hand durch ihre Haare und habe sie dann so zu sich gezogen. Und mit der anderen Hand habe er ihr Hinterteil gedrückt. Sie habe ihm gesagt, dass sie ihre Tage habe, dass sie Rückenschmerzen und Bauchschmerzen habe. Er habe sie dann ein wenig vom Hinterteil aufgehoben. Seine Hand sei in ihren Haaren gewesen und er habe sie dann umgekehrt, also auf den Bauch. Er habe ihren Hintern ein bisschen nach oben gehoben. Er habe dann nachher, weil der Weg sei ja gesperrt gewesen, weil sie ja ihre Tage gehabt habe. Er habe dann sein Organ einfach hin und her gerieben. Einmal sei er dann trotzdem eingedrungen. Und das sei etwas Ekelhaftes, weil sie habe ihre Tage und er dringe noch rein, und dann habe sie ihn so weggestossen. Da wo sie ihn weggestossen habe, habe er ihr dann eins drauf geschlagen. Sie wisse nicht, ob er das bewusst gemacht habe aus Reflex. (Wie sie ihn weggestossen habe und wie das genau mit dem Schlagen gewesen sei?) Er habe ihren Hintern hochgehoben, sie sei auf allen vieren gewesen. Er sei dann in sie eingedrungen und sie habe sich zurückgezogen. Aber er habe trotzdem ihr Gesäss beidhändig angezogen, also festgehalten. Weil er habe ja gewusst, wenn sie es nicht gewollt habe, habe sie sich zurückgezogen. Um dem entgegenzukommen, habe er sie festgehalten. Wo er in sie eingedrungen sei, sei sie dann so seitlich wie weggerollt. Daraufhin habe er ihr einen Schlag in den Rücken gegeben. (Was für einen Schlag, was er gemacht habe?) Sie seien beide nackt gewesen und er sei in sie eingedrungen, er sei ganz hastig drinnen gewesen. In diesem Moment habe sie sich zurückgezogen, abgedreht, leicht weggerollt. Darauf habe er ihr zwischen Gesäss und Hintern eins draufgeschlagen, ein bisschen oberhalb des Gesässes in der Lendengegend. Einfach so wie es ihm hingekommen sei. Mit der anderen Hand habe er ja ihr Gesäss festgehalten. Er habe sie ja festgehalten und wo sie sich abgerollt habe, habe er mit der anderen Hand einfach da draufgeschlagen, wo es hingekommen sei. Er habe sie dann gefragt, was los sei. Sie habe ihm gesagt: «Ja ich habe dir doch gesagt, dass ich meine Tage habe, dass ich krank bin. Und akzeptiert, du reibst dich an mir, in Ordnung. Aber nicht, wenn du dann in mich reingehst, dann habe ich am nächsten Morgen starke Schmerzen». Nachher sei er wütend gewesen und habe sich abgedreht, wie jedes Mal nach dem Sex und sei eingeschlafen. Sie habe dann einfach wieder geweint und sei traurig gewesen. Am nächsten Morgen habe sie dann das Gefühl gehabt, als hätte sie irgendetwas in sich drin.
(Ob sie sich noch an weitere Male erinnern könne?) Er habe gewusst, dass sie noch nicht geschlafen habe. Er sei gekommen, habe gesagt, es sei sehr heiss, und habe sich ausgezogen. Er habe sich dann ihr angenähert, habe dann zwischen ihrem Leibchen seine Hand reingestossen. Sie habe nichts dergleichen gemacht, weil sie gewusst habe, dass er wieder Sex wolle. Dann sei er mit der Hand an ihrer Brust gewesen. Sonst habe er nichts massiert, aber diesmal habe er richtig fest gedrückt. Mit der anderen Hand habe er dann ihr Gesäss … er habe mit seinen Nägeln sich fast eingekrallt in ihr Gesäss. Sie habe ihm gesagt: «Ein bisschen sachte, du tust mir weh, deine Nägel stechen». Er habe dann ganz hastig ihr Pyjamaunterteil ausgezogen. Er sei dann mit seiner Hand zu ihr nach unten gefahren. Das habe er vorher noch nie gemacht, er habe sie dort noch nie massiert gehabt. Sie habe dann ihre Beine ganz fest zusammengepresst, damit er nicht mit der Hand dorthin gelangen konnte. Er habe dann mit der Hand dort ein wenig massiert, und dann sei er mit einem Finger reingegangen. Sie habe sich wieder zurückgezogen und habe seine Hand versucht rauszuziehen. Mit der anderen Hand habe er ihre Haare gezogen. Er habe sie dann zu sich gezogen und zu sich gedreht. Und dann habe er angefangen, ihren Körper zu küssen. Sie wisse es jetzt nicht, ob er sie geküsst an ihr gesaugt habe. Aber am nächsten Morgen habe sie so ganz komische Farben, so wie rötliche Punkte gehabt. Am Hals, an der Brustwarze und um die Brust herum. Überall dort, wo er gesaugt habe. Er habe sie zu sich gezogen, habe an ihr überall angefangen zu saugen und ihren Hintern geschlagen. Wenn sie ihn dann gefragt habe «weshalb schlägst du mich» habe er zur Antwort gesagt: «Wenn ich den Ton höre, gefällt es mir». Sie sei auf dem Rücken gelegen. Dann habe er wieder ihr Gesäss ein bisschen aufgehoben und sei dann mit seinem Organ in sie rein. Er habe das mit einer sehr … mit einer Wucht gemacht, und es seien sehr schnelle Bewegungen gewesen und es habe sehr lange gedauert. Und da habe er ja ihren Pyjama nicht ganz ausgezogen. Er habe es nur ein wenig nach unten gezogen. Da sei sogar ihr Pyjama gerissen. Sie habe ja gewusst … sie habe ja eigentlich ihre Beine öffnen wollen, weil sie ja so trocken gewesen sei, habe es ihr noch viel mehr geschmerzt. Die ganze Zeitdauer, in der er auf ihr gewesen sei, habe er auch dauernd ihre Brüste gesaugt. Sie habe sich nicht getraut, irgendwas zu sagen, weil er habe das immer mit sehr, sehr schnellen Bewegungen gemacht. Sie habe keine Ahnung, weshalb er das so gemacht habe, ob das nur bei ihr so sei. Aber sie habe dann immer so Bauchschmerzen gehabt. Wenn sie sich dann … dann ziehe sie ihren Hintern so ein bisschen zurück, nach unten. (Und was mache er wieder?) Er nehme ihren Hintern und hebe es wieder zu ihr hoch. Und wenn er dann fertig damit gewesen sei, habe er sich umgekehrt und habe dann geschlafen. Sie habe auch die Situation sehr eklig gefunden, wenn er auf ihr gekommen sei, ob es auf ihre Brust auf ihr Gesi … er sei auch schon auf ihr Gesicht gekommen seine Flüssigkeit, und das habe sie eklig gefunden. Im Bett, alles zusammen sei dann einfach schmutzig.
(Ob sie sich noch an Gewalt erinnern könne, körperliche Gewalt?) Sie könne sich erinnern. Wo er sie an ihren Haaren gerissen habe. Und wie er immer auf ihren Popo geschlagen habe. Das habe ihr wehgetan. Und wenn sie ihn danach gefragt habe, weshalb er das mache, habe er zur Antwort gesagt, dass es ihm gefalle. Also es habe Phasen gegeben, dass wenn er sie z.B. ganz fest gehalten und zu sich gezogen habe, dass sie seine Fingerabdrücke an den Oberarmen habe sehen können, auch auf ihrem Hintern. (In welcher Farbe?) Es sei so, ihr Hintern, wenn er drauf geschlagen habe … sie wisse nicht, ob das jetzt vom Schlag komme. Es sei rot geworden, aufgeschwollen. Und dann sei es wieder vorbeigegangen. Also es sei keine Farbe geblieben, die man nachher gesehen habe. Aber man habe es ertasten können. Aber am Arm sei es blau geworden. An ihren Beinen habe er auch schon massiert, und da habe er dann so fest gedrückt, dass es blau wurde, dass sie seine Fingerabdrücke auf ihrem…
Als sie von der Türkei zurückgekommen sei. Alle seien wütend gewesen. Der Beschuldigte auch. Also an einem Abend, von sich aus habe er auf einmal so ganz andere Verlangen gehabt. Er habe von hinten rein gewollt bei ihr. Noch bevor sie es hätten von vorne machen können, habe er schon von hinten in sie rein gewollt. Er habe sie wieder zu sich gezogen. Dann habe er sie wieder umgekehrt, und ohne dass er was gesagt habe, habe sie gemerkt, dass er von hinten reinkommen wollte. Er habe dann mit seiner Hand ihren Po berührt. Sie habe sich nicht getraut, irgendwas zu sagen dagegen zu unternehmen. Weil nach dem ganzen Vorfall habe sie ja gewusst, er sei ja ihr Ehemann, und sie müsse das machen was er will. Sie habe zuerst angenommen, er möchte ganz normalen Sex mit ihr machen. Aber er habe sie gekehrt und habe sich ausgezogen. Er sei auf sie. Sie habe versucht, zu verstehen, was jetzt so passiere. Sie sei ja auf dem Bauch gelegen, er habe mit seinen Händen auf sie gedrückt. Mit einer Hand habe er sie auf das Bett gedrückt und mit der anderen Hand habe er sein Organ gerieben, bis es hart geworden sei. Er habe dann versucht, von hinten reinzukommen. Und da habe sie dann gemerkt, dass er sie von hinten nehmen wolle. Sehr selten, manchmal sei er dann in dieser Gegend, habe er sich dann gerieben, bis er gekommen sei. Und dann habe sie aber gemerkt, dass er diesmal nicht so wolle, sondern dass er eindringen möchte. Sie habe sich dann sofort versucht aufzurichten, wirklich aufzustehen. Und dabei sei er dann so seitlich fast zu Boden gefallen und dabei habe er sich dann an ihren Haaren festgehalten. Sie habe dann versucht, mit ihm zu sprechen. Sie habe ihm gesagt «Hey einerseits ist es eine Sünde von hinten. Abgesehen davon, ich habe mich immer noch nicht von vorne daran gewöhnt. Und hinten ist es noch ein kleineres Loch als vorne. Wie willst Du das machen?» Und er habe dann daraufhin gesagt, «ja wir wollen es einfach mal probieren, mal schauen ob es klappt nicht». Sie habe ihm dann gesagt, dass sie es nicht wolle, dass sie es auf keinen Fall möchte. Dann habe sie sich auf den Rücken gelegt und sie habe gewollt, dass er es von vorne mache und nicht von hinten, wenn schon. Zuerst habe er versucht, Sex zu machen. Auf eine ganz wütende Art. Und mit der anderen Hand habe er sie dann zu sich gezogen und sie aufgehoben. Also er habe sie dann so gezogen, dass sie auf einmal oben gewesen sei. Und dann habe er wieder ihre Brust genommen und habe mit dem Saugen angefangen. Und er habe dann mit den Händen, als würde er in ihrem Po etwas suchen, habe das Gesäss immer wieder so seitlich ausgezogen. Sie wisse es nicht, er habe versucht es vielleicht ihr irgendwie schmackhaft zu machen, dass er das möchte. Wenn sie auf ihm gewesen sei, dann seien ja ihre Brüste nach unten gehangen. Und dann sei er immer von der einen Brust zur anderen. Er habe einmal da gesaugt und dann wieder auf der anderen Seite. Als er gemerkt habe, dass er fertig sei, habe er sie dann so von sich weggestossen, damit sie habe rausgehen können, also von ihm. Und dann habe er das Präservativ ausgezogen.
Manchmal habe er es mit Präservativ gemacht. (Und die anderen Male?) Das sei etwas was sie gehasst habe. Wenn seine Flüssigkeit auf ihr gewesen sei. Und wenn es dann irgendwie auf dem Gesicht gewesen sei, dann habe alles geklebt. Sie habe das nicht gerne gehabt. (Ob sie ihm das gesagt habe?) Nein. (Ob er das mit dem Analverkehr noch mal probiert habe?) Ja. Wenn sie es nicht habe akzeptieren wollen, habe er sie bedroht. (Wie das gegangen sei?) Er habe dann gesagt, wenn das weiterhin so gehe, und sie nicht mache was er möchte, und sie hier weiterhin Probleme hätten, dann würde er ihrer Familie sagen, dass sie nie Jungfrau gewesen sei und sie sie deshalb zurückgeschickt hätten. Das sei etwas gewesen, das sie wirklich sehr beunruhigt habe. So etwas, wenn die anderen das glauben würden, dann wäre es besser, wenn sie sterben würde. (Ob die Bedrohung genützt habe?) Meistens habe es genützt. Wenn er vorher so etwas gesagt habe, habe sie es nicht unbedingt geglaubt. Aber nachdem sie sie in die Türkei zurückgeschickt hätten und sie wieder zurückgekommen sei, habe sei seine Bedrohungen ernstgenommen, weil sie dann gesagt habe: «Aha, sie sind doch in der Lage, etwas zu machen.» (In welchen Fällen denn die Drohung nichts genützt habe?) Zum Beispiel, wenn er von der Arbeit nach Hause gekommen sei, dann habe er z.B. gesagt: «Ich möchte Sex. Weil ohne Sex kann ich nicht einschlafen». Und wenn sie dann keine Lust gehabt habe, dann habe er gesagt: «Ja, dann schicken wir Dich zurück in die Türkei und sagen du warst nicht Jungfrau.» Und da sie ja dann gewusst habe, dass sie das auch machen können, in der Lage seien, habe sie dann akzeptiert. Also wenn er das gesagt habe, dann sei sein Wunsch einfach nur Sex gewesen und er habe einfach nur Sex gemacht, das sei alles gewesen. (In welchen Fällen sie denn den Drohungen nicht nachgegeben habe?) Dann wenn er von hinten habe reingehen wollen. Das habe sie nicht akzeptiert, das sei zwei, drei Mal der Fall gewesen, er habe dann gesagt er möchte es probieren, er möchte schauen wie es sei. Und dann sei es ihr egal gewesen, wie er sie bedroht habe, das habe sie auf keinen Fall akzeptieren wollen. Einmal habe es ihr so weh getan. Da habe sie ihren Kopf in das Kissen gedrückt, damit sie nicht schreie und die anderen es hören könnten. (Was er dann da gemacht habe, wenn es weh getan habe?) Das sei nur einmal gewesen, wo er während des Sex sie mit einer Hand wieder hochgehoben habe. Und da sei er ganz fest in seinem Ding gewesen und habe Sex gemacht. In diesem Moment habe sie dann so einen Krampf bekommen, weil ihr Gesäss immer oben gewesen sei. Sie habe so starke Schmerzen gehabt und damit sie nicht laut geschrien habe, habe sie das Kissen genommen und selbst auf ihr Gesicht gedrückt.
Sie hatten sie mit der Zeit soweit, dass sie selbst… sie hätten sie langsam, langsam auch selbst glauben lassen, dass sie nichts tauge, dass ihre Familie nicht zufrieden sei, niemand zufrieden mit ihr sei. Alles was sie mache sei nicht richtig. Sie hätten ihre Mutter angerufen und ihr gesagt, sie würden sie zurückschicken. Ihre Mutter wolle sie aber nicht zurück. Sollte sie zurückgehen, würde ihr Leben noch viel schlimmer.
(Ob es mal vorgekommen sei, dass sie nichts dagegen gehabt habe, Sex mit dem Beschuldigten zu haben?) Eins, zwei Mal, da habe sie es gewünscht. (Was denn da anders gewesen sei?) Sie habe einfach gedacht, wie der Unterschied sei, wenn sie es selber möchte. An den normalen Tagen, wenn sie sich verklemmt habe, also wenn sie sich angespannt habe, dann sei sie unten ganz trocken gewesen. Und ein, zwei Mal, an denen sie auch habe wollen, sei das «Rein und Raus» nicht so schwierig gewesen. Sie sei da nicht so trocken gewesen. Das sei dann gewesen, als ihre Tage vorbei gewesen seien, das sei am nächsten Tag gewesen. Aus irgendeinem Grund habe sie mit ihm zusammen sein wollen, aber er sei sowieso allzeit bereit dafür. Also sie sei dann nicht hin zu ihm und habe gesagt, sie habe Lust auf Sex. Sondern er sei sowieso gekommen, und sie habe dann einfach erwidert.
(Woran der Beschuldigte hätte merken können, dass sie keinen Sex wolle?) Sie habe meistens ganz dicke Kleidung angezogen und habe sich schlafend gestellt. Sie sei sowieso eine, die meistens friere. Sie habe ihm ihren Rücken zugedreht und habe dicke Kleidung angehabt. (Ob es sonst noch was gebe, woran er es hätte merken können?) Zum Beispiel habe er es während des Verkehrs gemerkt, dass sie es nicht wollte. Da hätte er es sich ja merken können für das nächste Mal vielleicht, dass es mal von ihr aus käme. Aber nein, es sei ihm egal gewesen, er habe weitergemacht. (Wie er es denn während des Geschlechtsverkehrs gemerkt habe?) Zum Beispiel, wenn sie ihn weggestossen habe während des Sex. Er merke doch, dass sie nicht wolle. Sie wisse nicht, wie sie sonst hätte zeigen können, dass sie es nicht wolle.
Anlässlich der Exploration durch Frau Prof. Dr. G.___ machte die Privatklägerin im Rahmen des zweiten Explorationsgesprächs zum Sachverhalt folgende Aussagen (AS 369 ff.):
Sie habe Frau H.___ vom Frauenhaus erzählt, was sie erlebt habe. Auch sei sie mit Frau H.___ zur Polizei gegangen. Dort hätten sie einfach auch gesagt, dass ihr Mann mit ihr Sex haben wolle und mache, ohne dass sie es wolle. Sie habe keinen Sex mit ihm gewollt. Er habe Sex mit ihr gewollt, und habe sie auch geschlagen. Es habe schon Tage gegeben, an denen er keinen Sex gewollt habe und sofort eingeschlafen sei. Die meiste Zeit aber, auch wenn sie nicht gewollt habe, habe er darauf gedrängt. Und es habe ihn einfach wütend gemacht, weil sie es nicht habe haben wollen, und er den Wunsch gehabt habe. Aber weil sie es nicht habe haben wollen, sei er dann wütend und aggressiv geworden.
Frau H.___ habe sie das erste Mal detailliert erzählt. F.___ habe sie gesagt «Er macht mit mir Sex auf eine Art und Weise, die ich nicht möchte.» (Auf Frage, wie ihr Mann habe merken können, dass sie keinen Sex habe haben wollen:) Sie habe meist ganz dicke Kleidung angezogen und habe sich schlafend gestellt. Zum Beispiel habe er aber auch während des Verkehrs merken können, dass sie nicht gewollt habe. Aber es sei ihm egal gewesen; er habe weitergemacht. Zum Beispiel, wenn sie Sex gehabt hätten, und er dabei gewesen sei, und sie habe das nicht gewollt, dann habe sie ihn weggestossen und gewollt, dass er raus gehe. Und ein Mensch merke doch, dass sie das nicht wolle.
Schliesslich wurde die Privatklägerin am 31. August 2022 vor Obergericht zur Sache befragt. Dabei gab sie an, immer die Wahrheit gesagt zu haben und auch jetzt die Wahrheit zu sagen. Nachfolgend führt sie aus:
Eigentlich sei es ihr besser gegangen, aber nach dem, was ihr ehemaliger Schwiegervater gemacht habe, habe sie sich nicht mehr gut gefühlt. Er habe einen Termin mit ihrem jetzigen Schwiegervater vereinbart. Sie seien irgendwo zusammengesessen und hätten sich unterhalten. Er habe von ihrem jetzigen Schwiegervater verlangt, dass sie ihre Aussage zurückziehe, denn ansonsten müsse sein Sohn ins Gefängnis. Er habe verlangt, dass sie beim Gericht nicht aussage. Falls seinem Sohn etwas passiere, könne er nicht garantieren, dass seinem Enkel nichts zustosse. Ihr Schwiegervater habe auch noch eine Person mit dem Namen I.___ angerufen, dies sei der Metzger dort wo sie wohnten. Auch von ihm hätten sie verlangt, dass er mit ihr spreche und sie ihre Aussagen zurückziehe. Wegen der Ereignisse mit dem Beschuldigten sei sie nie in einer Therapie gewesen. Am Anfang habe sie es versucht und sei zu einer Psychologin gegangen. Diese habe aber ein Kopftuch getragen, und sie habe sich deshalb ihr gegenüber nicht ganz öffnen können. Danach habe sie mit der Arbeit begonnen, und mit der Arbeit habe sie gleichzeitig keine Zeit gefunden. Den Beschuldigten habe sie in der Türkei kennengelernt, sie habe gerade die Schule abgeschlossen gehabt. Sie habe gehört, dass man sie anfragen komme, und dann hätten sich seine Familie und ihre Familie kennengelernt. Als diese sich untereinander geeinigt hätten, habe sie ihren früheren Ehemann kennenlernen müssen. (Auf Frage, ob sie nicht einverstanden gewesen sei mit der Ehe?) Sie habe nicht gewollt. Sie habe in keinster Weise diese Heirat gewollt. Aber wenn sich die Familien einigten, könne man nichts machen. (Auf die Frage nach dem ersten Mal Geschlechtsverkehr:) Nach der Heirat hätten sie es ein zwei Tage lang versucht, aber am dritten Tag hätten sie Geschlechtsverkehr gehabt. (Auf Frage, ob sie einverstanden gewesen sei am dritten Tag:) Sie habe sich dazu gezwungen gefühlt, vor allem seine Familie habe Druck auf sie ausgeübt. Sie hätten einen Beweis für ihre Jungfräulichkeit haben wollen. (Ob sie ihrem damaligen Mann gesagt habe, dass sie eigentlich lieber keinen Geschlechtsverkehr habe haben wollen:) Am ersten Tag habe sie gesagt, dass sie Angst habe. Er habe aber gesagt: «Du hast gewusst, was Dich erwartet.». Sie hätten es versucht, aber es nicht gekonnt. Am zweiten Tag sei es auch nicht gegangen. Aber da seien alle auf sie losgekommen. Sie hätten sie verdächtigt, dass sie nicht Jungfrau sei. Das sei aber auch für sie wichtig gewesen. Sie habe sich beweisen müssen, deswegen hätten sie es am dritten Tag getan. (Auf Frage, ob sie am dritten Tag ihrem Mann nicht gesagt habe, dass sie das nicht wolle:) Sie habe nicht gekonnt. (Auf Frage nach dem Grund:) Sie habe schon zeigen können, dass sie das nicht wollte, aber sie habe es nicht aussprechen können. (Auf Frage, ob das mit dem weissen Tuch auch von ihrem Mann verlangt worden sei:) Es sei Druck von ihrem Mann und auch von seiner Familie gewesen. Und ihre Tradition. Da sei ja das sowieso auch vorhanden gewesen. Sie habe sich beweisen müssen. (Auf Frage nach der dritten Nacht:) Am dritten Tag, als es geschehen sei, habe sie auch gehört, dass man Druck auf ihn ausgeübt habe, sie habe Stimmen gehört. Und sie habe gesehen, als er ins Zimmer gekommen sei, dass er wütend gewesen sei. Er habe die Türe abgeschlossen. Er habe nur gesagt «das müssen wir heute tun», und dann hätten sie es getan. Nachdem sie es gemacht hätten – ihre Schwiegermutter habe sowieso draussen gewartet – habe man dieser das Tuch zeigen müssen. (Auf Frage, wie häufig es in der Folge zu weiterem Geschlechtsverkehr gekommen sei:) Das sei sehr häufig vorgekommen. Wenn sie nicht habe haben wollen, sei er noch wütender geworden. Sie habe sich dazu verpflichtet gefühlt, das zu tun, weil sie seine Frau gewesen sei, und er habe sie das auch immer wieder so fühlen lassen. (Auf Frage, was «häufig» bedeute:) Ganz genau erinnere sie sich nicht mehr, aber sie hätten es alle zwei Tage gemacht. Manchmal auch einmal in der Woche. (Auf Frage, ob sie nach der dritten Nacht noch ein weiteres konkretes Mal beschreiben könne:) Sie wisse nicht mehr genau, wann genau das passiert sei, aber sie könne sich an Dinge erinnern. Sie erinnere sich, dass er sowieso immer die Türe abgeschlossen habe, sobald er ins Zimmer gekommen sei. Sie habe immer so getan, als ob sie schlafen würde. Er sei dann immer zu ihr gekommen. Er habe vermutlich gemerkt, dass sie nicht geschlafen habe. Er habe sich dann immer langsam an sie angenähert. Er habe so Geräusche bei ihrem Ohr gemacht. Er habe so schnell ein- und ausgeatmet. Dann habe er sich langsam ihr angenähert, und manchmal habe er sie mit seinen Nägeln – sie glaube, er habe sie gezwickt so. Er habe sie zu sich gezogen. Da habe sie gewusst, an diesem Tag möchte er mit ihr Sex machen. Sie habe sich überhaupt nicht auf keine Weise ihm irgendwie genähert, aber er habe sie immer zu sich gezogen. Manchmal habe er sie auch an den Haaren gepackt und zu sich gezogen. (Auf Frage, weshalb es auch in jenen Malen, in denen sie nicht einverstanden gewesen sei, zum Geschlechtsverkehr gekommen sei:) Er habe sie immer wieder daran erinnert. Er habe ihr auch gedroht, dass er ihrer Familie sagen würde, dass sie keine Jungfrau mehr gewesen sei. Und einmal hätten sie sie sowieso auch zurückgeschickt. Sie hätten sie dorthin geschickt und die dort hätten sie wieder hierher zurückgeschickt. Sie habe ihr eigenes Leben nicht leben können. Und weil sie es gewusst habe, habe sie mit ihm zusammen sein müssen. Und weil er das gewusst habe, habe er immer Druck auf sie ausgeübt. (Auf Frage, dass die Drohung, er werde allen erzählen, nach der dritten Nacht theoretisch kein Thema mehr gewesen sei:) Aber es habe ja niemand gewusst. Wenn sie mit einer solchen Aussage gekommen wären, wer hätte es gewusst, dass es nicht so gewesen sei. Sie habe Angst gehabt, dass es dort, wo sie herkomme, behauptet werde. (Auf Frage, was das bedeutet hätte:) Das wäre sehr schlimm für ihre Familie und sie gewesen. Sie hätten übel über sie gesprochen. Sie hätten gedacht, sie sei früher mit jemand anderem zusammen gewesen. Und das wäre ein grosser Vorfall in diesem Dorf gewesen. Sie hätte genauso gedacht, wenn sie das über jemand Anderen gehört hätte. Als sie den Beschuldigten geheiratet habe, habe sie eigentlich nichts über Sex gewusst. (Auf Frage, ob sie aufgeklärt worden sei:) Sie wisse es ehrlich gesagt nicht mehr. Ihnen werde nur gelehrt, dass er ihr Mann sei, und er machen dürfe, was er wolle. Und sie müsse ihm gehorchen. (Auf Frage, ob er jemals physische Gewalt angewendet habe, um den Geschlechtsverkehr zu vollziehen:) Ja, daran könne sie sich erinnern, dass er das gemacht habe. (Auf Frage nach einem Beispiel:) Einmal habe er ihr sehr weh getan, sie könne sich erinnern, dass sie sich mit einem Kissen habe beruhigen wollen. An diesem Tag habe er die Türe abgeschlossen, als er zu ihr gekommen sei. Sie glaube, das sei gewesen, nachdem er sie in die Türkei zurückgeschickt habe. Damals, nach diesem Vorfall, sei er noch aggressiver gewesen. Und dann könne sie sich erinnern, wie er sie zu sich gezogen habe. Sie habe versucht, ihn wegzustossen. Sie könne sich erinnern, dass er ihr auf den Rücken geschlagen habe. Und dann habe er sie an den Haaren gepackt und sie zu sich gezogen. Und dann habe er sie unter sich genommen und gemacht, was er gewollt habe. (Auf Frage, welche Drohungen sonst noch ausgesprochen worden seien:) Er habe gesagt, er schicke sie zu ihrer Familie zurück. Das sei für sie eine Drohung gewesen, wenn als sie dorthin geschickt worden sei, sei sie hierhin zurückgeschickt worden. Das sei für sie eine richtige Drohung gewesen. (Auf Frage, ob das am dritten Tag gewesen sei:) Nein, er habe ihr so gedroht, nachdem sei von der Türkei hierher gekommen sei. (Auf Frage, ob es die Verpflichtung gewesen sei, weswegen sie sich dem Sex letztendlich gefügt habe ob es die Gewaltanwendungen Drohungen gewesen seien:) Eigentlich sei beides der Fall gewesen. Aber nach einer Weile habe sie das nicht getan, weil ihr das beigebracht worden sei, sondern weil so Druck ausgeübt worden sei. Das sei dann ausschlaggebend gewesen. (Auf Frage, ob sie sich je physisch gewehrt habe:) Das habe sie viele Male gemacht. Wenn sie nicht gewollt habe, habe sie das gemacht. Und einmal, als sie ihn zurückgestossen habe, sei ihr Nagel in sein Gewebe eingedrungen. (Auf Frage nach weiteren Beispielen, wie sie sich gewehrt habe:) Als sie aus der Türkei zurückgekommen sei, habe er es von hinten versuchen wollen. Aber sie habe das überhaupt nicht erlaubt. Als er sie zu sich gezogen habe, habe sie sich weggezogen. (Auf Frage, weshalb beim «normalen» Geschlechtsverkehr die Gegenwehr erfolglos geblieben sei:) Sie wisse es nicht, sie habe es nicht gekonnt. Er sei für sie sehr seltsam gewesen, als er sie von hinten habe nehmen wollen. Wenn er sie von hinten habe nehmen wollen, dann habe er ihren Popo hochheben müssen, da habe sie sich zurückziehen und sich drehen können. Wenn er sie normal von vorne habe nehmen wollen, da sei er auf ihr gelegen, und sie habe sich gar nicht wehren können. (Auf Frage, inwiefern von ihren Schwiegereltern und ihrer Mutter Druck ausgeübt worden sei, dass sie als Ehefrau ihrem Ehemann zu Willen stehen müsse, auch beim Geschlechtsverkehr:) Nach der Hochzeit in der ersten Nacht habe er es nicht geschafft, es sei nicht geschehen. Dann habe ihre Schwiegermutter zu ihr gesagt: «Wir alle haben das durchgemacht, du musst dich beweisen.» Ihre Mutter habe keinen Druck ausgeübt. Aber sie habe ja sowieso immer gewollt, dass sie bei ihrem Mann bleibe und ihm treu sei. Ende Januar sei sie zu ihrer Mutter zurückgeschickt worden, und diese habe sie dann wieder zurückgeschickt. Sie habe nicht einmal bei ihr zu Hause sein können, sie habe eine Nacht am Flughafen verbringen müssen. Sie habe auf den Abflug vom Flugzeug warten und die Nacht dort verbringen müssen. Das, was sie gesagt habe, sei ja auch richtig gewesen. Sie sei seit zwei Monaten verheiratet gewesen. Sie habe nicht hören wollen, was die Leute dann über sie gesprochen hätten. Und sie hätte es auch nicht ertragen. Als sie in die Schweiz zurückgekehrt sei, sei sie beim Cousin ihres Ehemannes gewesen. Dann sei die Tante gekommen und habe sie zurückgeholt. Ganz genau wisse sie es nicht mehr, aber sie sei ungefähr eine Woche dort gewesen, nicht nur ein zwei drei Tage. (Auf Frage nach F.___:) Sie hätten ihre Mutter angerufen, und ihre Mutter habe ihren Onkel in Deutschland angerufen. Weil er in Deutschland gewesen sei, habe er sie nicht abholen können. F.___ sei seine Freundin, sie habe sie abgeholt. (Auf Frage nach ihrer zweiten Heirat:) Sie habe versucht, ihrer Mutter beizubringen, dass wieder jemand in ihrem Leben sei. Aber weil diese Person aus Maraş sei, habe sie darüber nichts wissen wollen. Für sie müsse dieser Mann wieder vom gleichen Ort sein. Als ihre Mutter das nicht habe akzeptieren wollen, habe sie den Kontakt abgebrochen. Dann sei sie schwanger geworden. Im siebten Monat habe ihre neue Schwiegermutter gewollt, dass sie mit ihrer Mutter wieder Kontakt aufnehme. Ihre Schwiegermutter habe gesagt, sie hätten das Recht, zu erfahren, dass sie ein Enkelkind bekämen. Also habe sie angerufen und ihr das gesagt. Sie habe dann zu ihr gesagt «Deine Leiche soll kommen.» Denn sie seien nicht darauf vorbreitet gewesen. Sie sei im siebten Monat gewesen, als sie ihnen das gesagt habe. Als sie dann vom Kind gehört hätten, seien sie schockiert gewesen. Sie habe gesagt «Hoffentlich kommt Deine Leiche». Aber das interessiere sie jetzt nicht mehr. (Auf Deutsch:) «Ich habe jetzt meine Kinder.» (Auf Türkisch:) Sie habe jetzt ihre eigene Familie. (Auf Nachfrage:) Seit diesem Vorfall sei sie nie wieder in ihr Dorf in der Türkei gegangen, nur nach Istanbul und Antalya. (Auf Frage:) Das Gebiet in [Dorf] sei nicht nur konservativ, sie sehe sie sogar als Ungeheuer an. Sie wisse es von ihrer Mutter. Sie seien so weit gegangen, dass sie sogar ihre Leiche gewünscht hätten.
1.2. Beschuldigter
Der Beschuldigte bestreitet die ihm zur Last gelegten Vorfälle vollumfänglich. An seiner Einvernahme vom 21. Juli 2017 führte er namentlich aus, dass seine Frau wie eine Königin gelebt und es ihr an nichts gefehlt habe. Eine Vergewaltigung komme auf gar keinen Fall in Frage. Er sei der letzte Mensch auf dieser Welt, welcher eine Frau vergewaltigen würde, deswegen habe er ja geheiratet. Wann er mit seiner Frau das erste Mal Geschlechtsverkehr gehabt habe, wisse er nicht mehr. Es sei nicht in der Hochzeitsnacht, sondern erst einige Wochen später gewesen. Er habe seiner Familie erzählt, dass sie sich noch nicht bereit fühle, und habe keinen Druck ausgeübt. Er habe nicht versucht, in der Hochzeitsnacht den Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Es sei erst dazu gekommen, als sich seine Frau ihm selber angenähert habe. Das sei oft vorgekommen. Seine Frau habe ihm gar nichts beweisen müssen, es sei ihm nicht einmal wichtig gewesen, ob sie noch Jungfrau gewesen sei. Das sei niemandem wichtig. Geschlechtsverkehr habe es erst später und auf freiwilliger Basis gegeben. Er würde eine Frau nie zu so etwas zwingen und habe nie Druck auf sie ausgeübt. Verhütet habe er dabei immer. Das Problem sei, dass die Privatklägerin ihm Schaden zufügen wolle, weil es zwischen ihnen nicht geklappt habe und sie hierbleiben wolle. Sie habe ihn bloss benutzt, um eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten (AS 071 ff.). An der Schlusseinvernahme und an der gerichtlichen Verhandlung vor erster Instanz verzichtete der Beschuldigte darauf, sich zur Sache nochmals zu äussern (AS 104 ff., Verhandlungsprotokoll vom 22.10.2020).
An der gerichtlichen Verhandlung vor zweiter Instanz vom 31. August 2022 führte der Beschuldigte aus, keine Fragen zur Sache beantworten, dagegen eine Erklärung abgeben zu wollen. Sie hätten diese Frau ganz normal geheiratet. Aber man habe ihm verschwiegen, dass sie angeblich nicht habe heiraten wollen. Und sie habe anscheinend von ihrer Mutter Druck bekommen, und beim Standesamt habe sie nicht Nein gesagt. Hätte sie dort Nein gesagt, dann wäre das für sie niemals passiert. Wenn er das gewusst hätte, hätte er selber auch Nein gesagt. Sie habe immer wieder die Möglichkeit gehabt, sich zu wehren, Einspruch einzulegen Hilfe zu holen, auch bei der Verlobung. Bei der Heirat habe sie das nicht getan. Nach der Heirat, als er das Visum beantragt habe, sei auch nichts passiert. Also sie habe das verschwiegen, bis sie in die Schweiz gekommen sei. Und dann hier in der Schweiz hätten sie ganz normal zusammengelebt. Es habe keine Probleme gegeben, und er habe sie unterstützt. Er habe alle Hochzeitskosten gehabt. Es sei alles für nichts gewesen. Und sie sei immer mit ihr draussen spazieren gegangen, und sie seien einkaufen gewesen. Es sei ein ganz normales Zusammenleben gewesen. Und diese sexuellen Sachen, was sie angesprochen habe, so etwas sei nicht passiert. Sie habe ihm niemals klar und deutlich Nein gesagt, sich körperlich gewehrt, wenn sie etwas nicht gewollt hätte. Und es habe auch nie eine Situation gegeben, wo sie sich hätte wehren müssen. Weil er sei immer respektvoll ihr gegenüber gewesen, er sei sehr nett gewesen. Er sei freundlich gewesen. Er könne nichts dafür, wenn sie mit ihrer eigenen Verwandtschaft Probleme habe. Das sei ja nicht sein Problem. Deshalb habe er sich trennen wollen. Und sie (die Privatklägerin und ihre Mutter) hätten das nicht akzeptiert. Aus Rachegründen und weil sie habe hierbleiben wollen, machten sie diese falschen Anschuldigungen. Wenn es am Anfang so schlimm für sie gewesen wäre, weshalb habe sie sich dann nicht gewehrt? Weshalb habe sie nicht telefoniert? Weshalb sei sie nicht zur Polizei gegangen? Weshalb habe sie nicht ihre Freunde, Verwandte angerufen, sie sollen vorbeikommen? Und weshalb beweise sie nichts? Das sei alles nur, damit sie ihre Ziele bekomme. Er habe nichts falsch gemacht, er sei immer gut zu ihr gewesen. Er habe alles bezahlt, er habe ihr ein Visum beantragt. Dank ihm lebe sie jetzt ein Luxusleben. Er sei derjenige, ihm gehe es seit sechs Jahren nicht gut. Er habe psychische Probleme bekommen, er habe Kreislaufstörungen, er habe Panikattacken.
(Auf Frage nach seiner Wohnsituation:) Er wohne immer noch in der gleichen Liegenschaft wie seine Eltern, aber nicht in der gleichen Wohnung. Aktuell eine Beziehung habe er nicht. Momentan sei er arbeitslos, weil es ihm nicht gut gehe. Er habe gesundheitliche Probleme mit dem Kreislauf und Panikattacken. Es gehe nicht gut. (Auf Frage, ob er Arbeitslosenversicherung beziehe:) Nein, das sei vorbei. Er habe sonst weder Einkünfte von einer Versicherung, keine IV, und Sozialhilfe beziehe er auch nicht. (Auf Frage, weshalb er keine Arbeit finde:) Das Verfahren belaste ihn sehr. Es gehe ihm wirklich nicht gut. Er habe Kreislaufprobleme, Panikattacken, eine Schilddrüsenerkrankung bekommen. Er habe Selbstmordgedanken, alles wegen den falschen Anschuldigungen. Er habe ja nichts Falsches gemacht. Wenn sie ein Problem mit ihrer Mutter gehabt habe, dann müsse sie sich doch gegen ihre Mutter wehren. Sie könne doch nicht einfach beim Standesamt Ja sagen und dann einfach sein Leben zerstören. Wenn sie nein gesagt hätte, dann wäre alles hier nicht passiert. (Auf Frage, ob er in einer Behandlung sei:) Nein, das könne er sich nicht leisten.
(Ob er in der Türkei Verwandte Bekannte habe:) Ja; einfach einen Onkel. Er sei nur deutscher Staatsangehöriger, habe in Deutschland einen Onkel. (Auf Frage, was eine Landesverweisung für ihn bedeuten würde:) Er habe seine ganzen Aus- und Weiterbildungen hier gemacht. Er sei eigentlich ein sehr gebildeter Mensch. Er habe sich probiert weiterzubilden. Bevor er diese Frau kennengelernt habe – er sei seit 16 Jahren fast Solothurner – habe er noch nie mit irgendjemandem ein Problem gehabt. Sie hätten einfach nur, weil sie hätten hierherkommen und ihr Ziel hätten verfolgen wollen, sein Leben zerstört. Er habe dieser Frau nie etwas Schlechtes angetan. Er entschuldige sich auch bei ihr, wenn sie irgendetwas falsch verstanden habe, aber er habe nie gegen ihren Willen irgendetwas gemacht. Seine wichtigsten Bezugspersonen seien seine Eltern. Er habe schon Freunde, aber er gehe nicht mehr so viel… Er habe sich ein wenig zurückgezogen. (Auf Frage, wie er seine Zukunft sehe:) Das wisse er nicht. Er habe immer versucht, normal und höflich mit jedem zu bleiben. Alles was er wolle, sei, eine Familie zu gründen. Er habe nichts mit den Problemen der Privatklägerin mit ihrer Mutter zu tun. Er müsse alles bezahlen, er müsse alles machen, damit er am Schluss als Trottel dastehe. (Auf nochmalige Nachfrage:) Er hoffe so schnell wie möglich eine Arbeit zu finden und eine Familie zu gründen. (Auf Frage:) Ja, er suche Arbeit. (Ob er sich vermittlungsfähig fühle:) Ja, mittlerweile gehe es ihm schon ein bisschen besser. Aber am Anfang sei die Zeit sehr belastend für ihn gewesen.
1.3. F.___
F.___ wurde am 3. Mai 2017 durch die Polizei als Auskunftsperson befragt und machte dabei folgende Aussagen (AS 059 ff.):
Ihre Mutter habe von der Mutter der Privatklägerin erfahren, dass diese von der Familie ihres Mannes rausgeschmissen worden sei, zeitgleich habe der Onkel der Privatklägerin aus [Ort 2] angerufen, ihr deren Telefonnummer gegeben und sie gebeten, doch zu schauen, dass sie wieder zu ihrem Ehemann gehe. Sie habe die Privatklägerin angerufen und in Solothurn am Bahnhof getroffen und sie mit nach [Ort 2] genommen. Sie habe traurig gewirkt und nicht sprechen können. Das sei an einem Freitag gewesen. Am Sonntag habe die Privatklägerin mehrere Anrufe erhalten, nach einem von diesen habe sie eine Art von Panikattacke gehabt. Die Nummer habe sie sich dann geben lassen und zurückgerufen. Niemand habe abgenommen, kurz darauf sei sie aber zurückgerufen worden. Wie sich später herausgestellt habe, sei es der Schwiegervater gewesen. Sie selbst habe nicht gesprochen, nur er habe gesprochen und geschimpft, sie habe aufgelegt. Der Privatklägerin sei es sehr schlecht gegangen, sie habe das Telefon auf den Boden geschmissen. Sie habe ihr vorgeschlagen, keine Anrufe mehr entgegenzunehmen. Am Sonntag habe sie die Privatklägerin auch nach deren Aufenthaltsbewilligung gefragt, diese habe darüber nichts gewusst und ihr auf Frage nach Papieren ihren türkischen Reisepass gezeigt. Am Folgetag habe sie die Gemeinde in [Wohnort] angerufen und die Situation geschildert; ihr sei bestätigt worden, dass die Privatklägerin in [Wohnort] ordnungsgemäss angemeldet sei. Sie habe dort auch am selben Tag deren Wohnsitzbescheinigung abgeholt. Danach habe sie auch mit der Privatklägerin sprechen und sie fragen können, was passiert sei. Diese sei ratlos gewesen und habe nicht gewusst, was sie machen solle, die Familie ihres Mannes wolle sie nicht mehr und ihre eigene wolle sie auch nicht mehr haben. Es sei schwierig gewesen, mit ihr zu sprechen, weil sie immer wieder geweint habe, sie habe nicht gewusst, was sie mit ihr machen solle. Daher habe sie gedacht, dass das Frauenhaus das Beste für sie sei. Sie habe dort angerufen und erfahren, dass nicht alle Frauen mit Problemen ins Frauenhaus gehörten, man habe die genaue Situation erfahren wollen, diese habe sie aber nicht gekannt. Sie habe diesbezüglich daher noch einmal mit ihr gesprochen. Die Privatklägerin habe erzählt, nicht in die Türkei zurückzuwollen. Frau F.___ gab an, die dortige traditionell islamische Gesellschaft zu kennen, sie habe sich dann noch bei ihrer eigenen Mutter nach deren Einschätzung der aktuellen Situation erkundigt und erfahren, dass es aktuell schlimmer sei als früher. Sie habe darauf das Frauenhaus in [Ort 1] angerufen und sei gut beraten, allerdings wieder an das Frauenhaus Solothurn/Aargau verwiesen worden. «Ich wurde dann gefragt, ob C.___ körperliche Gewalt erlebt hätte. Dies verneinte ich. Aber ich erklärte, dass sie psychische Gewalt erlebt haben musste. Das konnte man sehr gut erkennen.» Daraufhin sei das Frauenhaus bereit gewesen, mit der Privatklägerin zu sprechen. Diese hätten dann einige Male via Dolmetscherin telefonisch mit der Privatklägerin gesprochen und sie (Frau F.___) dann aufgefordert, sie (die Privatklägerin) nach Aarau zu ihnen zu bringen, was sie getan habe. Bezüglich ihrer Erlebnisse habe die Privatklägerin ihr vor allem über die Schwiegereltern erzählt. Diese seien nicht gut zu ihr gewesen, sie sei auch einmal von der Schwiegermutter geschlagen worden; genau habe sie es nicht umschrieben, einfach, dass sie gestossen worden sei. Man habe ihr den Aussenkontakt verboten, und es habe immer wieder Diskussionen gegeben, weil man gewollt habe, dass sie sich traditioneller kleide. Ob sie auch über Probleme mit ihrem Ehemann gesprochen habe? Sie habe erzählt, dass es in der ersten Woche der Ehe zu Problemen gekommen sei, weil sie offenbar keinen Sex gewollt habe und die Schwiegermutter vor der Tür gewartet habe. Sie habe die Heirat eigentlich nicht gewollt. Der Ehemann habe ihr offenbar immer gesagt, dass sie auf die Schwiegereltern hören müsse. «Meiner Meinung nach gab es nicht extreme Probleme. Sie haben sie einfach hierhergeholt, ausgenutzt und dann alleine gelassen.» Wenn man eine junge Frau hierherhole, zu sexuellen Dingen zwinge und dann alleine lasse, sei das Leben kaputt. Sie habe ihr gesagt, dass sie Sex habe haben müssen, weil sie verheiratet worden sei, diesen eigentlich aber nicht gewollt habe. (Auf Frage nach Gewaltanwendung, um Geschlechtsverkehr durchführen zu können:) «Von Gewalt hat sie nichts gesagt. Sie hat einfach gesagt, dass sie dazu gezwungen worden sei – detailliert hat sie nichts erzählt. Es ist auch so, dass in unserer Kultur das nicht so einfach ist, jemandem Älteren so etwas zu erzählen. Ich habe sie auch nicht genauer ausgefragt.» Die Privatklägerin sei sehr konservativ und habe mit ihr nicht über solche Dinge reden können. Zurück in der Türkei sei sie nicht akzeptiert, sondern zurückgeschickt worden, dies aber von ihrer eigenen Familie, und habe am Flughafen übernachten müssen. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz sei es noch schlechter geworden, sie sei noch mehr unterdrückt worden. Anlässlich der zweitinstanzlichen Hauptverhandlung vom 31. August 2022 kam F.___ ihrer Vorladung als Zeugin nicht nach. Auf eine polizeiliche Zuführung wurde verzichtet.
1.4. K.___
Anlässlich der Verhandlung vor Obergericht am 31. August 2022 wurde K.___, Tante des Beschuldigten, als Zeugin zur Sache befragt. Dabei gab sie Folgendes zu Protokoll:
(Auf die schriftliche Erklärung vom 18. April 2020 angesprochen, welche vor dem Richteramt Bucheggberg-Wasseramt eingereicht wurde:) Sie könne sich daran erinnern, das sei die Wahrheit. (Wie es zur Heirat zwischen der Privatklägerin und dem Beschuldigten gekommen sei:) Das sei in der Türkei geschehen, sie hätten sich in der Türkei kennengelernt. Sie hätten Kontakt gehabt, sechs sieben Monate lang, und dann hätten sie sich verlobt. (Auf Frage, ob sie aus freien Stücken zusammengefunden und geheiratet hätten ob sie dazu gezwungen worden seien:) Zuerst hätten sich die Eltern geeinigt, dann seien die Frau und der Mann bekannt gemacht worden, dann hätten sie sich geeinigt und hätten sich verlobt. (Auf Nachfrage:) Mit dem jungen Mann zusammen hätten die Eltern mit der Frau und ihrer Seite gesprochen. Sie hätten sich geeinigt. Die Frage nach allfälligen Problemen verneinte die Zeugin. (Auf Frage nach der Rückkehr der Privatklägerin in die Türkei im Januar 2017:) Die Mutter der Privatklägerin habe sie angerufen. Ihr Bruder habe sie für ein paar Wochen dorthin geschickt, damit sie sich ausruhen könne. Die Frau habe dort übernachtet. Am nächsten Tag sei sie ins Flugzeug gesetzt und nach Basel geschickt worden. Als sie zurückgekommen sei, habe ihre Mutter sie wieder angerufen. Sie habe einen Onkel in [Ort 2]. Die Mutter habe gesagt, ihre Tochter solle nicht dorthin gehen, sie solle zu ihrer Familie kommen, sie liebe ihren Mann. (Auf Frage:) Sie sei ein zwei Tage lang bei ihnen geblieben, dann habe sie ihren Bruder angerufen und die Privatklägerin zu ihnen gebracht. Es habe keine Probleme gegeben. (Auf nochmalige Nachfrage betreffend Zeitdauer, die die Privatklägerin geblieben sei:) Es seien nicht fünf Tage gewesen, sondern zwei vier Tage. Die Privatklägerin sei mit ihrem Sohn einkaufen gegangen. Sie habe sich ausgeruht und dann seien sie zu ihm gegangen. (Auf Frage, weshalb die Privatklägerin in die Türkei geschickt worden sei:) Das Mädchen habe sich ausruhen, einen freien Kopf bekommen müssen. Anscheinend sei sie von ihrer Mutter zu dieser Ehe gezwungen worden, aber sie hätten davon nichts gewusst. (Ob die Mutter die Familie des Beschuldigten aufgefordert habe, die Privatklägerin wieder zurückzunehmen:) Nein, es sei kein Druck gewesen: Sie sei für zwei Wochen geschickt worden, damit sie sich ausruhen und Zeit mit ihrer Mutter verbringen könne. Sie sei aber nach zwei Tagen wieder zurückgeschickt worden. (Auf nochmalige Frage:) Die Mutter habe zur Hochzeit hierherkommen wollen, ihre Papiere hätten aber nicht geklappt. Sie habe sich 3x am Tag entweder sie ihn angerufen. (Auf Frage, weswegen der Schwiegervater die Privatklägerin in die Türkei zurückgeschickt habe und nicht der Ehemann:) Sie sei zusammen mit dem Ehemann zum Flughafen gebracht worden. Sie habe es nicht ausgehalten. (Nochmals auf das Schreiben vom 18. April 2020 angesprochen:) Der Bruder – der Vater des Beschuldigten – habe es geschrieben. Er habe sie gefragt und dann geschrieben. Sie habe es nicht selber geschrieben, sie könne kein Deutsch. (Auf Frage, was ihr gesagt worden sei, wofür das Schreiben gedacht sei:) Das Gericht benötige das, damit sie als Zeugin aussagen könne, was sie gehört und gesehen habe. (Auf Frage, ob ihr die Geschädigte einmal gesagt habe, was passiert sei:) Sie habe alles gesagt. Sie habe immer gesagt, sie liebe diesen Jungen, sie liebe diese Familie. (Ob sie von sexuellen Problemen erzählt habe:) Nachdem sie Hochzeit gehabt hätten, fünf sechs Tage später, habe sie ihre Mutter angerufen. Sie habe gesagt, es gebe keine Probleme zwischen dem Beschuldigten und ihr. (Auf Frage, ob die Geschädigte von sexueller Gewalt berichtet habe, als sie bei ihr gewohnt habe:) Sie habe ihr überhaupt nichts erzählt, sie habe ihr überhaupt nichts Falsches erzählt. Sie habe gesagt, sie seien im selben Raum, sie liebe ihn. 1.5. D.___ Anlässlich der Verhandlung vor Obergericht am 31. August 2022 wurde D.___, Onkel des Beschuldigten, als Zeuge zur Sache befragt. Dabei gab er Folgendes zu Protokoll:
(Auf die schriftliche Erklärung vom August 2019 angesprochen, welche die damalige Anwältin des Beschuldigten dem Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt eingereicht hat:) Könne schon sein, wisse er nicht. Es sei seine Unterschrift, und er habe es geschrieben. (Wie es zu diesem Schreiben gekommen sei:) Er sei nach der Hochzeit da gewesen, zu Besuch, einfach zum Gratulieren bei seiner Schwester. Da sei alles ok gewesen, sie seien glücklich gewesen. Sie (die Privatklägerin) habe ihm etwas zu Trinken gebracht. Dann habe sie sich gesetzt, und sie hätten für ein paar Stunden zusammen gesessen. Es sei alles ok gewesen, alles in Ordnung. Also sie seien glücklich miteinander gewesen. Aber er wisse nicht, was passiert sei. Was er gesehen habe, sei das gewesen. (Auf Frage, ob er das Schreiben selbst verfasst habe:) Nein. (Wer es geschrieben habe:) Das wisse er nicht. (Wer ihm das Dokument zur Unterschrift vorgelegt habe:) Der Vater des Beschuldigten. Er habe ihm einfach gesagt, was er jetzt gesagt habe, und er (der Vater) habe es dann geschrieben und er (der Zeuge) habe die Unterschrift gegeben. Er habe nur gesagt, was er gesehen habe. (Auf Frage, ob stimme, was im Schreiben aufgeführt sei:) Ja das stimme. Er sei nach der Hochzeit zu Besuch gewesen und habe ihnen gratuliert. Die beiden seien glücklich gewesen. Sie hätten ihm etwas zu Trinken gebracht, sie seien zusammen gesessen und es sei gut gewesen.
(Auf Frage, wie es zur Heirat gekommen sei:) Wie er wisse, hätten sie mit Willen geheiratet. Sie seien glücklich gewesen. (Sie seien nicht gezwungen worden?) Nein, das könne man nicht machen. (Auf Frage nach Problemen:) Nein, da sei nichts gewesen, also er habe nichts gesehen. (Ob er davon wisse, dass die Privatklägerin in die Türkei zu ihrer Mutter gereist sei:) Nein, davon wisse er nichts. (Ob er etwas davon wisse, dass die Mutter der Privatklägerin irgendeinmal in irgendeiner Art und Weise Druck auf die Familie des Beschuldigten den Beschuldigten ausgeübt habe:) Ja, davon habe er gehört. (Auf Nachfrage:) Dass sie Druck ausübe, einfach von ihrer Tochter wissen wolle, was sie mache und was sie tue. Immer telefonieren, immer schreiben. Also das habe er gehört, aber selber wisse er es nicht, er könne nichts sagen. (Von wem er das gehört habe:) Also er habe es gehört von der Familie, wie sie geredet hätten und so. Aber mehr wisse er nicht, könne er nicht sagen. (Was die Mutter der Privatklägerin mit diesen Kontakten habe erreichen wollen:) Also er wisse nicht genau, was gelaufen sei. Er habe einfach gehört… Er sei nicht so ein Typ. Er kenne den Beschuldigten. Das sei ein sehr netter Junge. Der tue nie so etwas, das sei nicht ein böser Mensch, das könne er sagen. Aber sie habe einfach etwas gesagt nur für ihren Aufenthalt um in der Schweiz bleiben können. Das sei nicht wahr was sie gesagt habe. Sie sei schon glücklich gewesen. Niemand habe sie gezwungen zu heiraten so etwas. Im 21. Jahrhundert könne man so etwas nicht machen. Sie seien glücklich gewesen, sie habe geheiratet, sie habe Hochzeit gehabt. Aber nachher könne etwas passieren, er wisse es nicht. In jeder Ehe könne etwas passieren. Aber er wisse nicht, warum sie so etwas gesagt habe, keine Ahnung. (Auf Frage, ob die Mutter der Privatklägerin die Familie des Beschuldigten bedroht habe:) Das wisse er nicht, könne er nicht sagen. Er wisse einfach, wegen der Gesundheit habe er nicht viel Kontakt mit Leuten der Familie. Aber er wisse was er gesehen habe, das sei das gewesen. Er sei an der Hochzeit nicht dabei gewesen und sei nachher zum Gratulieren zu Besuch gegangen. (Auf Vorhalt mit dem Inhalt seines Schreibens, die Privatklägerin sei zwangsverheiratet worden:) Das könne man heute nicht machen im 21. Jahrhundert. Sie hätten beide mit Willen geheiratet, sie hätten sich gern gehabt. Sie habe vorher nie gesagt sie wolle nicht. (Auf Frage, ob er mit der Geschädigten jemals persönlich gesprochen habe:) Nein, nur in dieser Zeit, als er dort gewesen sei. Und er habe ihr gratuliert, sie gegrüsst. Und sie habe ihm Tee gebracht. Das sei alles gewesen. Er habe mit ihr persönlich nie über etwas gesprochen. Es sei die ganze Familie zusammen gewesen. (Nochmals auf die Zwangsheirat angesprochen:) Er meine, sie sei nicht mit Unterdrückung verheiratet worden. Das sei einfach, was er gesehen habe, als er zu Besuch gewesen sei. Er kenne die ganze Familie. Was vorher gewesen sei wisse er nicht. Er kenne auch ihre Familie nicht. Sie seien aus verschiedenen Dörfern. Er kenne sie nicht persönlich, er kenne sie nur von nach der Hochzeit. 1.6. E.___
Anlässlich der Verhandlung vor Obergericht am 31. August 2022 wurde E.___, Vater des Beschuldigten, als Zeuge zur Sache befragt. Dabei gab er Folgendes zu Protokoll:
(Auf das Schreiben, welches dem Richteramt Bucheggberg-Wasseramt eingereicht wurde, angesprochen:) Das sei seine Unterschrift, und das habe er geschrieben. Das stimme alles, was darin geschrieben sei. (Wie es dazu gekommen sei, dass er dieses Schreiben verfasst habe:) Also man habe sie mit falschen Anschuldigungen… also seinen Sohn falsch angeschuldigt, obwohl gar kein Problem da gewesen sei. Einziges Ziel und Zweck der Privatklägerin nach der Trennung sei gewesen, in der Schweiz zu bleiben. Und sie hätten nie ein Problem gehabt, auch sexuell nicht, und auch in der Familie nicht. Sie hätten geholfen, immer. Auch finanziell. Sie hätten alles gemacht. Und nachher, als sie sich getrennt hätten, habe sie falsche Aussagen gemacht. (Ob er dieses Schreiben demnach gemacht habe, um die falsche Anschuldigung gegenüber dem Gericht richtig zu stellen:) Genau. (Auf Frage, ob er die anderen Zeugen auch aufgefordert habe, etwas zu schreiben.) Nein, sie hätten selber gesagt. Seine Schwester wisse sowieso von Anfang bis Ende alles. Weil sie immer mit der Privatklägerin und ihrer Mutter in Kontakt gewesen sei. Ihre Mutter habe immer seine Schwester kontaktiert. Und seine Schwester und sie, sie hätten immer alle geholfen. Sie seien immer nett gewesen, sie seien eine Familie. Sein Sohn sei ein sehr eleganter Mensch. Er sei sehr elegant und sehr höflich. So was komme für ihn überhaupt nicht in Frage. (Auf Vorhalt, dass die Schwester gar kein Deutsch schreiben und damit das Schreiben nicht selbst verfasst haben könne:) Genau. Sie habe es ihm gesagt, und sie hätten es geschrieben. Auch bei D.___. Dieser habe das bestätigt, und er habe das geschrieben. Die ganze Geschichte sei nur für den Aufenthalt in der Schweiz gewesen.
(Auf Frage, wie es zur Heirat gekommen sei:) Man habe sich kennengelernt, freiwillig. Die Privatklägerin habe freiwillig geheiratet; mit ihrer Mutter natürlich, mit ihren Familienangelegenheiten. (Auf Frage:) Kennengelernt habe man sich durch Verwandte. (Auf Nachfrage:) Der Kontakt sei vermittelt worden von Verwandten von ihrer Seite. Von der Mutter und Verwandten der Privatklägerin. (Auf Frage, ob die beiden einverstanden gewesen seien mit der Heirat:) Beide seien einverstanden gewesen, aber sie hätten nachträglich erfahren... Das sei nachher mit diesem Punkt zur Trennung gekommen. Die Privatklägerin habe erst in der Schweiz gesagt, sie sei ungern verheiratet worden; ihre Mutter und ihre Grossmutter hätten sie gezwungen.
(Auf Frage, ob es Probleme gegeben habe:) Gar keine Probleme. Kein einziges Problem. Sie seien zusammen glücklich gewesen. Sie hätten sich getroffen, sie hätten geheiratet. Sie hätten gar keine Probleme gehabt. Sie hätten sich nur getrennt wegen… also er wisse auch nicht warum. Wegen dieser Sache, diesem Verschweigen. (Wie das Verhältnis zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin gewesen sei:) Sie hätten sie behandelt wie ihre eigenen Kinder. Sie hätten sie zu sich genommen. Sie hätten ihr alles bezahlt. Sie habe bei ihnen wie in einem 5-Sterne-Hotel gelebt. Sie wolle immer noch zum Beschuldigten kommen. Seit vielen Jahren sende sie Nachrichten durch Verwandte. (Auf Frage, ob jemals Druck zum Heiraten ausgeübt worden sei:) Sie wüssten ja nichts. Sie habe ihnen nichts gesagt. Ihre Familie und ihre Mutter auch nicht. Sie wüssten gar nichts, eigentlich. Sie wüssten nur, dass sie nicht habe heiraten wollen. (Auf Frage, ob Jungfräulichkeit ein Thema gewesen sei:) Das sei gar kein Thema gewesen. So etwas habe es nicht gegeben, das spiele überhaupt keine Rolle. Das Dossier wegen Vergewaltigung sei durch professionelle Leute aufgelistet worden. Sie sei selber gar nicht in der Lage, so etwas zu schreiben. Sie wisse nicht einmal, was in der Schweiz strafbar sei und was nicht. Sie hätten das erfahren durch Verwandte. Mit ihrem Onkel habe sie ihm direkt ins Gesicht gesagt, sie wolle die Schweiz nicht verlassen. Als sie sie nach [Ort 2] gefahren hätten, wo sie dort gelogen hätten. Die Privatklägerin habe gesagt, Frau F.___ habe sie in Solothurn abgeholt, das sei aber gelogen gewesen. Er habe sie persönlich mit ihrem Onkel nach [Ort 2] gefahren. Ihr Onkel habe dann gesagt, sie möchte die Schweiz nicht verlassen. «Wir wissen schon was wir machen, wir kennen viele Juristen. Wir wissen schon was wir mit falschen Aussagen machen.» (Auf jeweiligen Vorhalt:) Dass sie ihre Jungfräulichkeit habe beweisen müssen, dass sie ein weisses Tuch aufs Bett gelegt habe, und die Ehe dann habe vollzogen werden müssen, wobei die Schwiegermutter draussen gewartet habe auf den Beweis, das sei alles gelogen. Das sei vielleicht vor 100 200 Jahren, wo die Leute in Dörfern gelebt hätten, so gewesen. Er wisse nicht, wer das erfunden habe. Das sei wahrscheinlich die Frau F.___ und die anderen Leute. Das sei erfunden worden, damit der ganze Prozess länger dauere und dass sie in der Schweiz Aufenthalt bekomme. Und das hätten sie geschafft.
(Auf Frage nach der Reise der Privatklägerin in die Türkei:) Der Beschuldigte habe gesagt «Wir müssen uns trennen, mit C.___». Er habe dann den Vater der Privatklägerin kontaktiert, und der habe gesagt, wenn das so sei, müsse die Tochter wieder zurück zu ihrer Mutter. Er sei nicht einverstanden, dass seine Tochter in der Schweiz bleibe. Sie hätten gesagt, wenn sie Ferien mache und zu ihrer Mutter zurückgehe, würde ihr das gut tun. Zwei Wochen vielleicht, um sich auszuruhen und vielleicht darüber nachzudenken. Vielleicht könnten sich der Beschuldigte und die Privatklägerin noch einigen. Das sei alles gewesen. Das sei vom Vater der Privatklägerin gekommen. Er (der Zeuge) habe noch Geld gegeben, die ganzen Kosten habe er selber übernommen. Das Ticket und Bargeld. Er habe sogar angeboten, mit ihr zu fahren, aber sie habe gemeint, sie könne alleine gehen. (Auf Frage, wie lange die Privatklägerin bei ihrer Mutter geblieben sei:) Man wisse es ja nicht, aber sie sei nicht mal einen Tag da gewesen und ihre Mutter habe sie wieder zurückgeschickt wegen des Visums. Das Visum sei in ein zwei Tagen fertig gegangen. Es seien arme Leute, und sie hätten sie (die Familie des Beschuldigten) um Hilfe gebeten. Sie und ihre Mutter. Sie habe sich nicht trennen wollen, sie habe in die Schweiz kommen und ihre Ehe retten wollen. Sie hätten eine zweite Chance verlangt, sie und ihre Mutter. Und sie (die Familie) habe dann gesagt, man könne es probieren. (Wohin die Privatklägerin gegangen sei, als sie von ihrer Mutter zurückgekommen sei:) Seine Schwester habe sie abgeholt vom Flughafen. Sie sei bei der Schwester geblieben und sie hätten erst ein zwei Tage später erfahren, dass sie wieder hierhergekommen sei. Was für sie überhaupt nicht verständlich gewesen sei. Sie sei wieder zum Beschuldigten gekommen, und sie hätten sie wieder aufgenommen. Sie habe gefragt: «Darf ich wieder bei Euch wohnen?» und sie hätten gesagt «Ja gerne, kein Problem.» (Auf Frage, wie es dann weiter gegangen sei): Es sei sehr gut gegangen, sie hätten keine Probleme gehabt die beiden. Aber sie hätten gesagt sie müssten sich trennen, es gehe nicht. Das sei alles. (Wie es zur definitiven Trennung gekommen sei:) Sie hätten ihren Onkel und ihre Mutter kontaktiert. Und sie habe gesagt, ihr Onkel werde sie abholen. Und ihr Onkel sei gekommen, nach Solothurn. Und er (der Zeuge) habe ihn persönlich abgeholt. Sie hätten gegessen und getrunken. Sie seien freundlich gewesen, sie hätten keine Probleme gehabt. Und nachher habe er sie, die Privatklägerin und ihren Onkel, persönlich nach [Ort 2] gefahren. Man könne dort die Kameras kontrollieren. (Auf Vorhalt, dass die Privatklägerin gesagt habe, F.___ habe sie abgeholt:) Da habe sie gelogen, sie habe eine falsche Aussage gemacht. (Auf Frage, ob Frau F.___ irgendwann gekommen sei:) Er wisse es nicht genau, aber er glaube, Frau F.___ und der Onkel seien zusammen Freunde gewesen. Er wisse es aber nicht. (Auf Frage, ob die Mutter der Privatklägerin ihn den Beschuldigten aufgefordert habe, die Privatklägerin wieder zurückzunehmen:) Sie habe sie aufgefordert. Sie habe ihnen sogar gedroht. Mit Schlagen, mit allem. Der Beschuldigte soll sich nicht von ihrer Tochter entfernen. Sie soll in der Schweiz bleiben. Der Beschuldigte soll fünf Jahre mit ihr bleiben, bis sie ihre Bewilligung bekomme. Sie seien kein Staat, sie würden keine Ausweise verteilen. (Auf nochmalige Nachfrage zur Drohung:) Sie habe gedroht: «Ich mache euch fertig. Ich mache Euch so, ich schlage euch» Sie hätten gesagt es sei normal, dass wenn zwei Leute sich nicht einigen können, sie sich trennen würden. Aber dort werde die Trennung immer noch nicht akzeptiert.
(Auf Frage nach dem aktuellen Schwiegervater von C.___): Er habe einmal Kontakt aufgenommen. Vorher habe er ihn nicht gekannt. Ob sie vielleicht eine Lösung finden können. (Auf Frage, wann das gewesen sei:) Vor zwei Wochen etwa. (Weshalb man eine Lösung habe finden wollen:) Er habe wissen wollen, was das Problem sei, und weshalb es so sei. Warum diese Falschaussagen gemacht würden. Aber sie hätten gemeint, es gehe uns nichts an. (Auf Frage:) Es sei nicht darum gegangen, dass die Privatklägerin ihre Aussage zurückziehe; es sei auch kein Druck ausgeübt worden. Einen I.___ kenne er nicht. (Auf Frage, wer ihm gesagt habe, dass die Privatklägerin jetzt falsche Aussagen machen werde.) Diese Aussage sei von ihrer Mutter, von ihrer Familie gekommen. Es habe geheissen, sie müsse unbedingt falsche Aussagen machen, wenn sie sich trennen würden, um unbedingt in der Schweiz bleiben können. Das habe die Mutter der Privatklägerin zur Privatklägerin gesagt. (Auf Frage, woher er das wisse:) Sie hörten im Dorf alles. Sie lebten fast im gleichen Dorf. (Ob ihm jemand das auch persönlich gesagt habe:) Der Onkel der Privatklägerin habe auch gesagt, sie würden Falschaussagen machen. Als sie die beiden nach [Ort 2] gefahren habe. Zu ihm ins Gesicht habe der Onkel das gesagt. (Auf Nachfrage, wie der Lösungsvorschlag betreffend den neuen Schwiegervater hätte aussehen sollen:) Dazu könne er nicht viel sagen. Sie hätten gar nicht viel geredet, und das sei alles gewesen. (Auf Frage:) Er habe wissen wollen, weshalb die Falschaussage gemacht worden sei. Das sei eine Frage gewesen ja, weshalb und warum. Weshalb man eine unschuldige Person in diesem Masse beschuldigen müsse, für ihre Ziele und Zwecke. Das sei nicht korrekt. (Auf Frage, worin die Lösung hätte bestehen sollen:) Das habe nicht in seinen Händen gelegen, auch nicht in denen des Schwiegervaters. Nachher hätten sie nicht mehr zusammen geredet. (Ob er als Lösung vorgeschlagen habe, dass die Privatklägerin ihre Aussagen zurückziehen gar zugeben solle, dass sie gelogen habe:) Nein. Es sei nur diskutiert worden, weshalb diese Falschangaben gemacht worden seien. (Woher er wisse, dass es keine sexuellen Probleme zwischen den beiden gegeben habe:) Sie hätten immer freiwillig zusammen geschlafen. Sie seien draussen beim Spazieren gewesen, überall. (Woher er das wisse, dass die Privatklägerin freiwillig Sex gehabt haben soll:) Man habe es von ihrer Mutter gehört. Sie habe es selber ihrer Mutter erzählt. Dass sie erst nach einer Woche… am dritten vierten Tag… Seine Schwester habe es von ihrer Mutter gehört aus der Türkei, dass sie zusammen gewesen seien mit Geschlechtsverkehr. Sonst wüssten sei nichts. Es sei eine normale Beziehung zwischen den beiden gewesen. (Auf Frage, ob er das 5-Sterne-Hotel näher beschreiben könne:) Also seine Frau habe für sie gekocht, für die Familie. Sie hätten alle miteinander gekocht, und die Privatklägerin sei nur in ihrem Zimmer und mit ihrem Natel beschäftigt gewesen. Seine Frau habe alles gemacht. Gekocht, gespült, gebügelt, sogar für sie, ihre Wäsche auch. Seine Frau habe das nicht machen müssen, aber sie habe es gemacht. Sie habe die Privatklägerin behandelt wie eines ihrer eigenen Kinder. (Ob die Privatklägerin im Haushalt gar nicht geholfen habe:) Am Anfang nicht. Manchmal schon, aber erst später. (Auf Frage:) Es sei freiwillig, ob eine Schwiegertochter im Haushalt helfen möchte nicht. (Weshalb man in einer Wohnung zusammengelebt habe:) Sie seien frei gewesen. Sie hätten auch ihre eigene Wohnung finden und alleine wohnen können. Sie hätten sie gebeten, weil finanziell nicht genügend da gewesen sei. Sie hätten bei ihnen gewohnt, sie hätten ihnen geholfen.
2. Das Glaubhaftigkeitsgutachten vom 6. Januar 2020
Das grundsätzlich von allen Parteien anerkannte Gutachten von Frau Prof. Dr. G.___ vom 6. Januar 2020 (AS 225 ff.) kommt zusammengefasst zu folgenden wesentlichen Schlüssen:
Hinweise darauf, dass die Aussagetüchtigkeit der Privatklägerin zum Zeitpunkt der in Frage stehenden Geschehnisse zum Zeitpunkt ihrer früheren ihrer aktuellen Aussagen zur Sache beeinträchtigt gewesen sein könnte, lägen nicht vor. Auch im Rahmen der Exploration hätten sich keine Hinweise darauf ergeben, dass die Privatklägerin nicht grundsätzlich dazu in der Lage sein sollte, die in Frage stehenden Geschehnisse wahrzunehmen, über einen Zeitraum von mehreren Jahren im Gedächtnis behalten und verbal wiedergeben zu können. Insofern sei die Aussagetüchtigkeit aus aussagepsychologischer Sicht grundsätzlich zu bejahen.
Grundsätzlich wäre nach Realisierung ihrer Situation nach Abweisung durch beide Familien zumindest für den späteren Zeitraum der Anzeigeerstattung und der Einvernahmen sowie der Explorationsgespräche mit einem Bemühen um Aufenthalt trotz Scheidung eine denkbare Motivlage der Privatklägerin anzunehmen, welche den Ausgangspunkt für eine Falschbezichtigung gebildet haben könnte. Das Vorliegen einer möglichen Motivlage sage jedoch per se nichts über den Realitätsbezug einer Aussage aus, könne doch auch bei entsprechender Motivlage eine wahrheitsgemässe Beschuldigung zur Anzeige gebracht werden. Zu beantworten bleibe die Frage, ob die Privatklägerin sich aussagepsychologisch bewertungsrelevante Teile ihrer Vorhaltungen ausgedacht haben könnte (kognitiver Aspekt der Falschbezichtigung) und in einem solchen Fall auch in dieser Art und Weise vorgetragen haben würde (strategischer Aspekt der Falschbezichtigung).
Zur Prüfung der Lügenhypothese seien die aussageübergreifende und die aussageimmanente Qualität der Angaben geprüft und vor dem Hintergrund der Kompetenz- und Motivanalyse interpretiert worden. Da der Beschuldigte die Schilderungen der Privatklägerin hinsichtlich familiären Erwartungsdrucks (Nachweis der Jungfräulichkeit, Kleidungsdiskussionen, Verschicken in die Türkei gegen ihren Willen, Unterbindung von Aussenkontakten nach Rückkehr etc.) und Einforderung sexueller Handlungen (Bedrängen ab den ersten Nächten nach der Hochzeit, Unterdrucksetzen, Beissen, Saugen, versuchten Analverkehr etc.) in Gänze bestreite, beschränke sich der diagnostisch relevante Teil ihrer Aussagen nicht auf die Drohung, die Privatklägerin in die Türkei zurückzuschicken und auf Äusserungen des entgegenstehenden Willens, sondern diagnostisch relevant sei grundsätzlich alles, was bestritten werde.
Die eingangs im Hinblick auf die zu prüfende Lügenhypothese gestellte Frage, ob die kognitiven Fähigkeiten der Privatklägerin als ausreichend dafür anzusehen seien, dass sie sich die im Zusammenhang mit ihren Vorhaltungen konkret geschilderten Handlungen allein gemeinsam mit F.___ ausgedacht haben könnte (kognitiver Aspekt der Falschaussage), sei vor dem Hintergrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten im unteren Normbereich und ihrer sexuellen Unerfahrenheit angesichts der insgesamt hohen aussageimmanenten und aussageübergreifenden Qualität zu verneinen. Zudem erscheine es in täuschungsstrategischer Hinsicht (strategischer Aspekt der Falschaussage) ausgesprochen unwahrscheinlich, dass eine gezielt falsch aussagende Person sich und ihre Aussage in strategischer Hinsicht in der hier dokumentierten Art und Weise präsentieren würde.
Die Aussage der Privatklägerin imponiere durch massive Selbstbelastungen, Entlastungen des Beschuldigten, Einwände gegen ihre eigene Aussage sowie Abweichungen vom Vergewaltigungsschema. Sofern die Aussage F.___s vom Gericht als glaubhaft bewertet werde, hätte eine gezielte Falschaussage der Privatklägerin zudem nicht nur einer Konstruktion der Angaben bedurft, sondern darüber hinaus auch schauspielerischer Leistung (z.B. überzeugende Darstellung einer Panikattacke bei einem der Anrufe des Schwiegervaters und Vorspielen eines aufgelösten, ängstlichen und verzweifelten Gemütszustands) über einen längeren Zeitraum gegenüber Dritten (z.B. Psychotherapeutin), dies mit dem Kalkül, dass diese Personen später einmal in der Sache aussagen könnten. Neben hoher Intelligenz würde dies vorausschauendes Denken und planvolles, eigenständiges Handeln erfordern, welches die Privatklägerin zumindest bis zu diesem Lebensabschnitt nicht ausgezeichnet zu haben scheine. Angesichts dieser Befundlage sei die Hypothese, dass die Privatklägerin sich die Vorhaltungen in dieser Qualität vollumfänglich ausgedacht haben könnte (Hypothese 1 a) zu verwerfen.
Ginge man hingegen von einem Komplott der Auskunftsperson F.___ und der Privatklägerin und einer gemeinsamen Erfindung nach Beratung mit dem Frauenhaus aus (Hypothese 1 b), dann wäre aus aussagepsychologischer Sicht eine bessere Absprache zu erwarten gewesen. Stattdessen würden hier sehr unterschiedliche Sichtweisen auf die in Frage stehende Sache deutlich, die sich jedoch gleichzeitig widerspruchsfrei mit den Angaben der Privatklägerin zusammenfügen liessen. Es erscheine aussagepsychologisch ausgesprochen abwegig, gemeinsam eine falsche Aussage zur Unterstützung zu erfinden, welche die Beschuldigungen zumindest aus alltagspsychologischer Laiensicht nicht zielgerichtet stütze, sondern in einigen Punkten sogar gefährde. Täuschungsstrategisch wäre dies ebenso wenig erwartbar, wie das Einflechten mehrerer überprüfbarer Anknüpfungspunkte inklusive der im Falle einer Erfindung wohl besonders heiklen Angabe eines Telefonats mit der Gegenpartei (Schwiegervater). Nicht zuletzt bleibe in kognitiver Hinsicht festzustellen, dass eine Erfindung zweier, komplementärer und aussagepsychologisch stimmiger Aussagen intellektuell noch anspruchsvoller wäre, als die bereits diskutierte Anforderung, so dass die Komplott-Hypothese (Hypothese 1 b) mit Blick auf die intellektuellen Fähigkeiten der begutachteten Privatklägerin verworfen werden müsse.
Nicht abweisen lasse sich hingegen die Möglichkeit einer motivierten Ergänzung bestimmter Aspekte (Hypothese 1 c) im Zusammenhang mit der Frage der Schuld für das Scheitern der Ehe. Konkret erscheine es aufgrund der diesbezüglich klaren Widersprüchlichkeit ihrer Angaben wahrscheinlich, dass sich die Privatklägerin nicht wie in der Einvernahme behauptet an die Füsse der Schwiegereltern geworfen habe, um bleiben zu können. Bei einer solchen, der Gesichtswahrung dienenden Demonstration der eigenen Bemühungen, die Ehe zu retten, handle es sich allerdings nicht um eine Aggravation im engeren Sinne, da keine gezielte Mehrbelastung des Beschuldigten bezweckt werde. Die hier zu beantwortende Frage sei daher nur insofern tangiert, als eine Erfindung dieser Zusatzangabe kognitiv nicht anspruchsvoll gewesen wäre, gleichzeitig aber deutlich werde, wie rasch die Privatklägerin in diesem Fall schon bei kurzem zeitlichen Abstand deutliche Widersprüche produziere.
Für das Vorliegen einer unabsichtlichen, suggestionsbedingten Falschaussage (Hypothese 2), welche im Ganzen in Teilen als nicht erlebnisbasiert anzusehen wäre, liessen sich in der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Aussage der Privatklägerin keine Hinweise finden. Die hier festzustellenden Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen entsprächen insgesamt nicht den im Zusammenhang mit der Entstehung von Scheinerinnerungen bekannten Bedingungen. Auch mit einer nachträglichen autosuggestiven Umdeutung ehelicher Erlebnisse nach einem Scheitern der Beziehung lasse sich die Entstehungsgeschichte der Aussage nicht vereinbaren. Auch die Umstände des ersten und zweiten Verlassens der ehelichen Wohnung sowie die nach Angaben der Auskunftsperson F.___ (entsprechende Beweiswürdigung des Gerichts einmal hypothetisch vorausgesetzt) ungehaltenen Anrufe des Schwiegervaters unmittelbar nach der Trennung liessen sich nicht mit der Hypothese einer selbstwertschützenden Umdeutung einer einvernehmlichen Trennung in Einklang bringen. Insofern sei die Hypothese einer Scheinerinnerung bzw. autosuggestiv erfolgten Umdeutung (Hypothese 2) angesichts der vorliegenden Befundlage abzuweisen.
Aufgrund der hohen Aussagequalität lasse sich zusammenfassend mit hoher Wahrscheinlichkeit der Erlebnisbezug der folgenden Behauptungen aussagepsychologisch substantiieren: Dass die Privatklägerin sich unter enormem psychischen Erwartungsdruck (u.a. durch ein Thematisieren ihrer angeblichen Furcht, ihre Jungfräulichkeit nicht unter Beweis stellen zu können, seitens Schwiegermutter und Ehemann am zweiten Tag nach der Hochzeit) in der zweiten und dritten Nacht nach der Hochzeit dazu bereit erklärt und auch dabei mitgeholfen habe, sich entjungfern zu lassen, obwohl sie sich eigentlich noch nicht dazu bereit gefühlt habe, und dass sie zu späteren Handlungen nach dem erfolgten Nachweis nicht motiviert gewesen sei, sich aber in den nachfolgenden Wochen aufgrund ihrer Überzeugungen bezüglich ehelicher Verpflichtungen grundsätzlich zu Geschlechtsverkehr verpflichtet gesehen habe, welchen sie selbst eigentlich nicht gewollt habe.
Ebenfalls aussagepsychologisch substantiieren lasse sich ein Erlebnisbezug der Behauptungen, dass es aufgrund einer Diskrepanz zwischen den von der Familie des Beschuldigten an sie herangetragenen und auch vom Ehemann selbst vertretenen Erwartungen (elektronischer Kontakt nach aussen, Kleidung und Verhalten den Respektspersonen der Familienhierarchie gegenüber) und ihrem Verhalten (passiver Widerstand z.B. durch Nicht-Befolgen der Kleidungsgebote) zu einer Zwangsverschickung in die Türkei und später zum finalen Ausschluss aus der ehelichen Wohnung gekommen sei. Substantiieren lasse sich nach vorliegenden Befunden aus aussagepsychologischer Sicht auch, dass ein enormer psychischer Druck auf der Privatklägerin lastete, ihre Jungfräulichkeit nachweisen und den sexuellen Bedürfnissen ihres Ehemannes gerecht werden zu müssen. Dieser Druck dürfte im vorliegenden Fall nicht von einer Einzelperson ausgegangen sein, sondern von einem System, das über eine Verinnerlichung transgenerational weitergegebener, traditioneller Normen funktioniere. Die Schilderungen der Privatklägerin legten nahe, dass sie diese Normen (Nachweis der Jungfräulichkeit als zentrales Entscheidungskriterium über Wert Wertlosigkeit einer Frau innerhalb der Gemeinschaft) so verinnerlicht habe, dass sie bisweilen auch im vorauseilenden Gehorsam gehandelt zu haben scheine. Es dürfte unter diesen Bedingungen ein Leichtes gewesen sein, diese internalisierten soziokulturellen Normen bei der Privatklägerin durch einen kleinen Hinweis wirksam zu aktivieren bzw. zu verstärken. Während die Kommentare von Schwiegermutter und Ehemann in den ersten Tagen und Nächten der Ehe von der Privatklägerin sehr konkret und situationsbezogen geschildert würden, und die Privatklägerin in diesem Zusammenhang auch ihre körperliche Stressreaktion auf die erste berichtete Andeutung ihres Mannes sehr konkret und anschaulich schilderte, lasse sich der Erlebnisbezug der nicht mit dem Kontext verflochtenen Behauptung, dass der Beschuldigte entsprechende Sätze nachfolgend wiederholt ausgesprochen habe, um sie an ihre Pflichten zu erinnern, mit aussagepsychologischen Mitteln hingegen nicht feststellen, da diese Behauptung für sich genommen so wenig Material biete, dass deren Erfindung ohne Verknüpfung mit dem hier allerdings diagnostisch zu berücksichtigenden Gesamtkontext rein kognitiv grundsätzlich möglich wäre.
Hinsichtlich späterer Handlungen würden damit für die von der Sachverständigen nicht vorzunehmende rechtliche Bewertung in erster Linie etwaige Bekundungen des entgegenstehenden Willens und weitere Nötigungsmittel zentral. Entsprechend müssten solche Inhalte – soweit berichtet – aussagepsychologisch hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit ihres Erlebnisbezugs bewertet werden. Die der Anklageschrift zu entnehmende Anwendung körperlicher Gewalt als Nötigungsmittel, um zum Geschlechts- Analverkehr zu gelangen, bilde sich in den drei dokumentierten konkreten Aussagen der Probandin in dieser Klarheit jedoch nicht ab. Insofern fehle hier die Basis für eine aussagepsychologische Bewertung des Erlebnisbezugs (nicht) getätigter Äusserungen. In diesem Zusammenhang erschienen Aussageeigenarten der Privatklägerin diskussionswürdig, welche im vorliegenden Fall möglicherweise an einigen Stellen zu Missverständnissen geführt haben könnten. Einerseits bediene sich die Privatklägerin sachverhaltsneutral wie fallbezogen (und aufgrund des soziokulturellen Hintergrunds erklärbar) bisweilen einer sehr bildhaften Sprache, wodurch manche Beschreibungen (nicht intendiert) dramatischer wirkten. Der Gehalt einiger Beschreibungen (z.B. «Einkrallen» der Nägel ins Gesäss) sei an diesem Sprachstil zu relativieren. Andererseits fielen sprachliche Undifferenziertheiten auf: Erstens habe die Privatklägerin in Kurzdarstellungen häufig abstrakte Formulierungen verwendet ohne weitere Erläuterung (z.B. «Er hat mich gezwungen.» «Er hat versucht. .. » «Später hat er mich auch geschlagen. Dies weil mich seine Familie als respektlos anschaute. Dies liess er dann an mir aus.»), welche sich bei Bitte um Konkretisierung teilweise anders darstellten, als die abstrakte Formulierung erwarten liesse.
Auch Äusserungen, welche sie als klare Aussage, dass sie es nicht wolle, bezeichnete, stellten sich nicht selten bei Nachfrage konkret als ausgesprochen indirekte Kommunikation dar. In diesem Zusammenhang sei einerseits zu berücksichtigen, dass indirekte und stärker nonverbale Kommunikation in ihrem Herkunftsland üblich zu sein scheine. Für Gespräche über sexuelle Vorlieben und Abneigungen scheine es der Privatklägerin zu diesem Zeitpunkt zudem an Erfahrung und Aufklärung und damit an Sprache und Selbstbewusstsein, nicht zuletzt auch an einem Selbstverständnis selbstbestimmter weiblicher Sexualität gefehlt zu haben. Das Thema Sexualität scheine für sie soziokulturell bedingt tabuisiert und schambesetzt zu sein, die ständig in Hörweite befindlichen Schwiegereltern dürften diese Situation noch verschärft haben.
Auf abstrakte Angaben der Privatklägerin könne aufgrund dieser Aussageeigenart nicht abgestellt werden, da diese an einigen Stellen nicht intendiert andere Bedeutungen transportieren würden, welche unter Umständen zu falschen Bewertungen führten. Zweitens habe die Privatklägerin einige Begriffe (v.a. «immer», «Wegstossen», «wütend») relativ häufig und zu weit verwendet. Sie habe «Wegstossen» einerseits im wörtlich zu verstehenden Sinne (z.B. als Schubsen durch die Schwiegermutter), andererseits im Zusammenhang mit sexuellen Handlungen aber auch für ein gegen den Bauch Halten der Hände sogar zum Festhalten der Hüfte zum Verlangsamen der koitalen Bewegungen verwendet. Ohne konkrete Nachfrage habe sie dies jeweils nicht erläutert. Da mit dem Begriff gemeinhin jedoch heftige körperliche Abwehrmassnahmen assoziiert werden dürften, welche die Privatklägerin in bei Nachfrage auf konkreter Handlungsebene gar nicht beschrieben habe, könne diese Aussageeigenart an einigen Stellen zu Missverständnissen geführt haben.
Drittens fielen bisweilen nicht angemessen erscheinende Interpretationen und Kausalitätswahrnehmungen auf. Die konkreten Situationsschilderungen der Privatklägerin liessen zumindest möglich erscheinen, dass einerseits sexuelle Vorlieben des Beschuldigten (Beissen, Saugen, Schlagen des Gesässes) und andererseits Anzeichen sexueller Erregung (lautes Atmen, heftigere koitale Bewegungen, heftigeres Zugreifen) desselben von der Privatklägerin mangels sexueller Erfahrung als gezielt auf sie gerichtete Wut fehlinterpretiert worden sein könnten.
Zusammenfassend sei somit im Hinblick auf die späteren sexuellen Handlungen, welche im Anschluss an die dritte Nacht nach Hochzeit erfolgt sein sollen, zu konstatieren, dass aus aussagepsychologischer Sicht nicht in Frage stehe, dass das konkret Geschilderte mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Erlebnisbezug aufweise, sondern dass angesichts der Aussagebesonderheiten der Privatklägerin die Frage sei, worum es sich bei dem konkret Geschilderten jeweils genau handle.
Nun obliege es dem Gericht und sei nicht Aufgabe der aussagepsychologischen Sachverständigen, eine rechtliche Bewertung der geschilderten Szenen im Sinne erfüllter Tatbestandsmerkmale vorzunehmen. Mit aussagepsychologischen Mitteln sei lediglich zu prüfen, ob sich eine Erlebnisschilderung nicht anders als durch eigenes Erleben erklären liesse ob sich auch andere Erklärungsmöglichkeiten für das Vorliegen einer Aussage fänden, ohne dass die Angaben auf tatsächlichem Erleben basieren müssten. Aus den bisherigen Ausführungen ergebe sich, dass die konstant berichteten, konkreten Beschreibungen der Privatklägerin (im Gegensatz zu deren uneindeutigen und damit missverständlichen abstrakten Formulierungen) insgesamt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf tatsächlichem Erleben basieren würden. Die im Zusammenhang mit der Frage verbaler und nonverbaler Gegenwehr und etwaiger Nötigungsmittel diskutierten Diskrepanzen zwischen ihren konkreten Beschreibungen und ihren Wertungen bzw. abstrakten Zusammenfassungen seien weder eine Frage der Glaubhaftigkeit (die Privatklägerin scheine sich dieser Diskrepanz in keiner Weise bewusst und auf konkreter Ebene nichts zu konstruieren), noch eine Frage der Zuverlässigkeit (keine Anhaltspunkte für intern generierte Scheinerinnerungen an nicht stattgefundene Handlungen), sondern deren Bewertung gehöre zur Tatsachenfeststellung und sei damit Aufgabe des Gerichts.
3. Beweiswürdigung und rechtserheblicher Sachverhalt
3.1. Nach der Praxis des Bundesgerichts ist die Prüfung der Glaubhaftigkeit von Beweisaussagen primär Sache der Gerichte (BGE 129 I 49 E. 4). Zu prüfen ist, ob die Aussagen verständlich, zusammenhängend und glaubhaft sind. Ebenso ist abzuklären, ob sie mit den weiteren Beweisen in Einklang stehen (Urteil 6B_653/2016 vom 19.01.2017 E. 3.2, m.w.Verw.). Bei Auffälligkeiten in der Person kann ein Glaubhaftigkeits- bzw. Glaubwürdigkeitsgutachten als sachlich geboten erscheinen (Urteil des Bundesgerichts 6B_427/2013 vom 26.05.2014 E. 1.4; Urteil des Bundesgerichts 6B_84/2011 vom 28.06.2011 E. 2.3.1; je m.w.Verw.). Das Gericht verfügt bei der Beantwortung der Frage, ob aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles ein Sachverständiger beigezogen werden muss, über einen Ermessensspielraum. Eine starre Beweisregel, wonach bei streitigen Aussagen des mutmasslichen Opfers in jedem Fall ein Aussagegutachten anzuordnen wäre, widerspräche dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (Urteil 6B_1294/2015 vom 18.05.2016 E. 5.1 mit Hinweisen). Zieht das Gericht mangels eigener Fachkenntnis eine sachverständige Person bei, ist es bei der Würdigung des Gutachtens grundsätzlich frei. Ob das Gericht die in einem Gutachten enthaltenen Erörterungen für überzeugend hält nicht und ob es dementsprechend den Schlussfolgerungen der Experten folgen will, ist mithin eine Frage der Beweiswürdigung. Die Beweiswürdigung und die Beantwortung der sich stellenden Rechtsfragen ist Aufgabe des Gerichts. Dieses hat zu prüfen, ob sich aufgrund der übrigen Beweismittel und der Vorbringen der Parteien ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung entscheiden die Organe der Strafrechtspflege frei von Beweisregeln und nur nach ihrer persönlichen Ansicht aufgrund gewissenhafter Prüfung darüber, ob sie eine Tatsache für erwiesen halten (vgl. Art. 10 Abs. 2 StPO). Das Gericht ist somit nicht an den Befund die Stellungnahme des Sachverständigen gebunden. Es hat vielmehr zu prüfen, ob sich aufgrund der übrigen Beweismittel und der Vorbringen der Parteien ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Auch wenn das gerichtlich eingeholte Gutachten grundsätzlich der freien Beweiswürdigung unterliegt, darf das Gericht in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe von ihm abrücken und muss Abweichungen begründen. Auf der anderen Seite kann das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung (Art. 9 BV) verstossen. Erscheint dem Gericht die Schlüssigkeit eines Gutachtens in wesentlichen Punkten zweifelhaft, hat es nötigenfalls ergänzende Beweise zur Klärung dieser Zweifel zu erheben. Ein Gutachten stellt namentlich dann keine rechtsgenügliche Grundlage dar, wenn gewichtige, zuverlässig begründete Tatsachen Indizien die Überzeugungskraft des Gutachtens ernstlich erschüttern. Das trifft etwa zu, wenn der Sachverständige die an ihn gestellten Fragen nicht beantwortet, seine Erkenntnisse und Schlussfolgerungen nicht begründet diese in sich widersprüchlich sind die Expertise sonstwie an Mängeln krankt, die derart offensichtlich sind, dass sie auch ohne spezielles Fachwissen erkennbar sind (BGE 141 IV 369 E. 6.1 mit Hinweisen, s. zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 6B_1006/2017 vom 24.10.2018 E. 2.3.1, m.w.Verw.). Lässt das Gericht ein aussagepsychologisches Gutachten anfertigen, weil es auf zusätzliches Fachwissen angewiesen ist, bleibt es für die Beweiswürdigung und die Prüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen verantwortlich. Das aussagepsychologische Gutachten stellt ein Hilfsmittel des Gerichts dar. Es liefert diesem die notwendigen Informationen, damit das Gericht die Aussagen selbstständig würdigen kann. Zwar darf das Gericht in Fachfragen nicht ohne triftige Gründe vom Gutachten abrücken und muss Abweichungen begründen. Jedoch bleibt es Aufgabe des Gerichts, die Beweise und damit auch die Aussagen zu würdigen. Diese Aufgabe kann und darf die sachverständige Person nicht übernehmen (Urteil des Bundesgerichts 6B_1006/2017 vom 24.10.2018, E. 2.6).
3.2. Das Glaubhaftigkeitsgutachten von Prof. Dr. G.___ vom 6. Januar 2020 stammt aus der Feder einer befähigten und anerkannten Sachverständigen. Es folgt der vom Bundesgericht vorgegebenen Methodik (BGE 128 I 81 und Urteil des Bundesgerichts 6B_1006/2017 vom 24.10.2018) und entsprechenden wissenschaftlichen Standards. Die Schlussfolgerungen fussen auf Berücksichtigung der kompletten Akten und einer eigenen ausführlichen Exploration. Sie sind ausführlich, detailliert, schlüssig, verständlich und nachvollziehbar. Auf das Gutachten ist daher abzustellen. Somit ist die Aussagetüchtigkeit der Privatklägerin grundsätzlich zu bejahen. Es kann ausgeschlossen werden, dass die Privatklägerin sich ihre Aussagen vollumfänglich ausgedacht hat (Lügenhypothese 1 a). Ebenso kann die Hypothese 1 b, dass die Beschuldigungen der Privatklägerin Ergebnis eines Komplotts zwischen ihr und F.___ unter Zuhilfenahme einer Beratung durch das Frauenhaus sind, verworfen werden. Nicht ausgeschlossen werden kann eine Ergänzung des reell Erlebten durch die Privatklägerin, welche darin motiviert sein könnte, die Schuld für das Scheitern der Ehe von sich zu weisen (Hypothese 1 c). Dies bezieht sich jedoch lediglich auf für die hier zu klärenden Vorwürfe nicht wesentliche Nebensächlichkeiten und führte nicht zu einer Mehrbelastung des Beschuldigten. Ebenso ist die Hypothese der Scheinerinnerung bzw. autosuggestiven Umdeutung (Hypothese 2) abzuweisen. Das heisst, dass grundsätzlich auf die Aussagen der Privatklägerin abgestellt werden kann. Dies jedoch mit den nachfolgenden, im Ergebnis wesentlichen Einschränkungen (vgl. Ziff. 3.5. hernach).
3.3. Aus der grundsätzlichen Glaubhaftigkeit dieser Aussagen der Privatklägerin (s. vorstehend Ziff. 3.1) folgt im Umkehrschluss, dass die Aussagen des Beschuldigten, welcher sowohl den durch die Privatklägerin geschilderten familiären Erwartungsdruck, die Ablehnung der Privatklägerin durch die Familie des Beschuldigten als Grund für die Rückreise der Privatklägerin in die Türkei, gefolgt von der umgehenden Rückkehr in die Schweiz (welche gemäss Beschuldigter ausländerrechtliche Gründe haben soll) sowie die Einforderung sexueller Handlungen verneint, als nicht glaubhafte Schutzbehauptungen zu qualifizieren sind. Aus dem Umstand, dass der Beschuldigte im Strafverfahren unwahre Aussagen gemacht hat (was er als Beschuldiger durfte) darf hingegen nicht automatisch auf seine Schuld geschlossen werden, da auch ein Unschuldiger – in der Situation des Beschuldigten – versucht sein kann, durch unwahre Aussagen sich einem ungerechtfertigten Vorwurf zu entziehen. Es gilt nun, die von der Gutachterin angesprochenen, von der Privatklägerin vorgebrachten angeblichen Nötigungsmittel und ihren angeblichen Widerstand einer vertieften Prüfung zu unterziehen.
3.4. In der Anklageschrift sind diverse Nötigungsmittel konkret aufgeführt, welche gegen die Privatklägerin angewendet worden sein sollen. Diesbezüglich und hinsichtlich der für die rechtliche Würdigung ebenfalls zentrale Frage, wie die Privatklägerin darauf reagiert hat, sind an dieser Stelle noch einmal die zentralen Aussagen der Privatklägerin in gedrängter Form aufzuführen. So sagte diese in den insgesamt drei (resp. vier) Befragungen dazu Folgendes aus:
- Der Beschuldigte habe ihr gesagt, sie sei seine Ehefrau und deshalb verpflichtet, mit ihm Sex zu haben; - Der Beschuldigte habe ihr gedroht, weiterzuerzählen, sie sei nicht mehr Jungfrau gewesen, - Der Beschuldigte habe ihr gedroht, er werde sie wieder zu ihrer Mutter schicken, wo sie nicht gewollt sei; - Ihre Mutter, die ganze Familie habe Druck auf sie ausgeübt, inklusive ihre Grossmutter, es sei nicht wichtig gewesen, was sie denke sage; - Der Beschuldigte habe laut an ihrem Ohr geatmet; - Er habe an ihrem Hals «genuggelt»; - Er habe sie ins Ohr gebissen; - Er habe sie in die Schulter gebissen; - Er habe auf aggressive Art an ihren Brustwarzen gesaugt und mit ihren Brüsten gespielt, in die Brustwarzen gebissen; - Er habe mit ihren Pobacken gespielt, die Nägel reingesteckt, ihre Oberschenkel gepresst, auf die Gesässbacken geschlagen; - Er habe sie überall am Körper angefasst; - Er habe versucht, sie zu küssen; - Er habe in ihren Po eindringen wollen, das habe sie aber auf keinen Fall zugelassen; - Er habe sie umgedreht, hochgehoben; - Er sei auf sie gelegen; - Er habe ihr das Pyjama ausgezogen; - Er habe sie mit den Händen festgehalten, mit einer Hand habe er sie an sich gepresst, er habe sie am Arm gehalten; - Der Beschuldigte habe sie an den Haaren gepackt; - Er habe sie gepackt und zu sich gezogen; - Sie habe eine Ohrfeige erhalten; - Er sei wütend geworden; - Sie habe sich schlafend gestellt; - Sie habe ihm gesagt, sie sei müde, sie möchte heute nicht; - Sie habe sich körperlich gewehrt (wie sie sich gewehrt habe?) Sie habe so getan, als würde sie schlafen, sie habe versucht, ihn mit den Händen wegzustossen und ihm gesagt, er solle langsamer machen; - Sie habe sich nicht wehren können, weil so viele Leute in der Wohnung gewesen seien; - Sie habe versucht, den Penis wegzudrücken, er habe dies aber mit seiner Hand unterstützt; - Sie habe wegrutschen wollen, dabei habe er sie gegen den Rücken geschlagen; - Sie habe ihn weggestossen und gesagt, dass sie auf keinen Fall möchte; - Sie habe die Beine zusammengepresst; - Sie habe ja nicht reagieren können, weil sie nicht gewusst habe, wo sie hätte hingehen sollen; - Sie habe gesagt sie wolle nicht, sie habe den ganzen Tag die Wohnung geputzt; - Sie habe gesagt sie wolle nicht, sie habe ihre Tage.
Als sie anlässlich der zweiten polizeilichen Einvernahme konkret gefragt wurde, wie sie dem Beschuldigten gezeigt habe, dass sie nicht einverstanden sei gab sie zur Antwort, sie habe versucht, so zu tun, als ob sie schlafen würde. (Ob sie es noch auf andere Weise gezeigt habe?) Sie habe ihn meistens gestossen. Einmal habe sie ihn sogar auf der Brust mit einem Nagel verletzt. Vor allem, als er von hinten habe eindringen wollen, habe sie ihn gestossen. (Wie genau sie ihn gestossen habe:) Er habe sie so hochgehoben, mit einer Hand habe er sie festgehalten und mit der anderen habe er versucht, sie zu drehen, dann habe sie ihn weggestossen und genau dann habe sie ihn mit dem Nagel gekratzt. (Wie er auf das Wegstossen reagiert habe?) Er habe sie dann einfach gekehrt und dann hätten sie normalen Sex gehabt. Eigentlich sei ihr bewusst gewesen, dass sie ihren Pflichten als Ehefrau nachkommen müsse. (Ob sie ihm gesagt habe, dass sie nicht wolle?) Sie habe ihm das mehrfach gesagt, dass sie Angst habe und es nicht wolle. Sie habe immer wieder Ausflüchte gesucht. (Woran der Beschuldigte gemerkt habe, dass sie nicht einverstanden gewesen sei?) Sie sei z.B. immer auf dem Bauch gelegen, habe sich abgewendet, gesagt, sie habe Kopfweh. Das wichtigste sei jedoch, dass sie immer ein Pyjama getragen habe. (Wie der Beschuldigte auf ihr Verhalten reagiert habe?) Er sei dann erst recht wütend geworden, sei ganz nahe an ihr Ohr gekommen, habe laut und komisch geschnauft. Wenn sie nicht reagiert habe, habe er sie überall angefasst. Wenn sie nicht reagiert habe, habe er sie gebissen. Dann habe er sie auch gepackt, an ihren Beinen und sie zu sich gezogen. Er habe eigentlich erwartet, dass sie die gewünschte Reaktion zeige, aber sie habe es nicht gekonnt.
Anlässlich der Befragung durch die Sachverständige sagte die Privatklägerin u.a. aus, eines Tages habe sie seine Hand aufgehalten und gesagt, sie wolle heute nicht, sie sei zu müde. Er habe sie dann an ihre ehelichen Pflichten erinnert. Wenn sie das gehört habe, habe sie nichts mehr machen können, denn er habe ja recht. (Wie der Beschuldigte ihr Schmerzen zugefügt habe?) Er habe ganz hastig an ihrem Ohr geatmet, sie überall berührt, sie wisse nicht, ob er sie habe massieren wollen. Sie habe seine Hand weggestossen und habe ihr Gesäss ein bisschen zurückgezogen. Er habe dann mit einem Bein ihr Gesäss, also ihren Unterteil fixiert und mit der anderen Hand ihre Brüste massiert, auch ziemlich fest gedrückt, das habe ihr weh getan. Nachher habe er langsam gesaugt und sei bis zum Hals raufgekommen. Er habe stark gesaugt, es habe weh gemacht. Er habe an der Brust gesaugt. Er habe sie ausgezogen, zu sich ran gezogen. Ihr Gesäss sei sowieso unterhalb von seinen Beinen gewesen und dann habe er sie einfach so gedreht und zu sich gezogen. Dann sei er auf sie geklettert. Mit der einen Hand sei er auf ihrer Brust gewesen und mit der anderen habe er sie massiert. Er sei dann mit Wucht in sie eingedrungen.
Einmal habe sie die Periode gehabt. Sie habe so getan, als schlafe sie. Dann sei er gekommen und habe in ihr Ohr geatmet. Am Ohr gesaugt und gebissen. Sie habe ihm dann gesagt, sie habe ihre Tage, sie könnten keinen Sex haben. Darauf sei er mit der Hand durch ihre Haare und habe sie so zu sich gezogen. Mit der anderen Hand habe er ihren Hinterteil gedrückt. Er habe sie dann ein wenig vom Hinterteil aufgehoben. Seine Hand sei in ihren Haaren gewesen, er habe sie dann umgekehrt, also auf den Bauch. Er habe ihren Hintern ein bisschen nach oben gehoben. Weil sie ihre Tage gehabt habe, habe er dann einfach sein Organ hin- und her gerieben. Einmal sei er trotzdem eingedrungen, dann habe sie ihn so weggestossen. Wo sie ihn weggestossen habe, habe er dann eins drauf geschlagen. Sie wisse nicht, ob er das bewusst gemacht habe aus Reflex. (Wie sie ihn weggestossen habe und wie das genau mit dem Schlagen gewesen sei?) Er habe ihren Hintern hochgehoben, sie sei auf allen Vieren gewesen. Er sei dann ganz hastig in sie eingedrungen und sie habe sich zurückgezogen. Aber er habe trotzdem ihr Gesäss beidhändig angehoben, also festgehalten. Als er in sie eingedrungen sei, sei sie dann so seitlich weggerollt. Dann habe er ihr einen Schlag auf den Rücken gegeben, zwischen Gesäss und Hintern, also oberhalb des Gesässes in der Lendengegend. Er habe sie dann gefragt, was los sei. Sie habe gesagt, sie habe ihm ja gesagt, dass sie ihre Tage habe. Dann sei er wütend geworden, habe sich abgedreht und sei eingeschlafen. Ein andermal habe er sie auf den Hintern geschlagen. Sie habe ihn gefragt, weshalb er sie schlage. Er habe gesagt, der Ton gefalle ihm. Sie sei auf dem Rücken gelegen. Dann habe er ihr Gesäss angehoben und sei mit seinem Organ in sie rein, mit Wucht. Er habe dann schnelle Bewegungen gemacht. Er habe ihr Pyjama nicht ganz ausgezogen, es sei sogar gerissen. Sie habe ja gewusst… sie habe eigentlich die Beine öffnen wollen, weil sie ja so trocken gewesen sei, habe es noch viel mehr geschmerzt. Dabei habe er dauernd an ihren Brüsten gesaugt. Sie habe nicht getraut, irgendetwas zu sagen, weil er es ja immer mit sehr, sehr schnellen Bewegungen gemacht habe. Sie habe keine Ahnung, weshalb er das so gemacht habe.
Als sie von der Türkei zurückgekommen sei, habe er von hinten rein wollen. Dabei habe er sie zu sich gezogen und umgedreht. Er habe dann mit der Hand ihren Po berührt. Sie habe nicht getraut, etwas zu sagen dagegen zu unternehmen, weil nach dem ganzen Vorfall habe sie ja gewusst, er sei der Ehemann und sie müsse machen, was er wolle. Sie habe zuerst gemeint, er wolle normalen Sex, aber dann habe er sie auf den Bauch gedreht und habe mit den Händen auf sie gedrückt. Mit einer Hand habe er sie aufs Bett gedrückt, mit der anderen habe er sein Organ gerieben. Er habe dann versucht, von hinten rein zu kommen. Sie habe versucht, sich aufzurichten. Dabei sei er zu Boden gefallen. Dabei habe er sie an den Haaren festgehalten. Sie habe dann versucht, mit ihm zu sprechen. Von hinten sei Sünde, das Loch sei noch kleiner, das gehe nicht. Er habe gesagt, sie sollten das einfach mal probieren, schauen, ob es klappe nicht. Sie habe entgegnet, dass sie es auf keinen Fall möchte. Dann habe sie sich auf den Rücken gelegt und gewollt, dass er es von vorne mache. Dann habe er versucht, Sex zu machen, auf eine ganz wütende Art. Er habe dann mit den Händen so gemacht, als würde er in ihrem Po etwas suchen, die Pobacken so seitlich ausgezogen. Vielleicht habe er ja versucht, es ihr so schmackhaft zu machen. (Ob er das später noch mal probiert habe mit dem Analverkehr?) Ja. Wenn sie es nicht akzeptiert habe, habe er ihr gedroht, wenn das weiterhin so gehe und sie nicht tue, was er wolle, sie weiter Probleme hätten, dann würde er ihrer Familie sagen, dass sie nie Jungfrau gewesen sei. Er habe zwei, drei Mal von hinten wollen, dann seien ihr die Drohungen aber egal gewesen, das habe sie auf keinen Fall akzeptiert. Einmal habe es ihr so weh getan, dass sie ihren Kopf in das Kissen gedrückt habe, um nicht zu schreien. (Was der Beschuldigte da gemacht habe?) Das sei nur einmal gewesen, als er während des Sex sie mit einer Hand angehoben habe. Sein Ding sei dabei ganz fest gewesen und er habe Sex gemacht. Dabei habe sie den Krampf bekommen, weil ihr Gesäss immer oben gewesen sei. (Woran der Beschuldigte habe erkennen können, dass sie keinen Sex wolle?) Sie habe meistens ganz dicke Kleidung angezogen und habe sich schlafend gestellt. Sie habe ihm den Rücken zugedreht. (Ob es sonst noch etwas gebe?) Er habe es während des Verkehrs gemerkt. (Wie er das gemerkt habe?) Zum Beispiel, wenn sie ihn weggestossen habe. Er merke doch, dass sie nicht wolle. Sie wisse nicht, wie sie es sonst hätte zeigen können.
Anlässlich der Verhandlung vor Obergericht führte die Privatklägerin aus, sie habe schon zeigen können, dass sie das nicht gewollt habe, aber sie habe es nicht aussprechen können. Wenn er ins Zimmer gekommen sei, habe sie getan, als würde sie schlafen. Er sei dann zu ihr gekommen und habe vermutlich gemerkt, dass sie nicht geschlafen habe. Er habe sich dann langsam an sie angenähert und so Geräusche bei ihrem Ohr gemacht; schnell ein- und ausgeatmet. Manchmal habe er sie mit seinen Nägeln gezwickt, sie zu sich gezogen und da habe sie gewusst, er wolle wieder Sex haben. Manchmal habe er sie auch den Haaren gepackt und zu sich gezogen. Er habe sie immer wieder daran erinnert, dass sie das tun müsse. Er habe ihr auch gedroht, dass er ihrer Familie sagen würde, dass sie keine Jungfrau mehr gewesen sei. Und einmal hätten sie sie auch zurückgeschickt. Weil sie gewusst habe, dass sie sie auch dort nicht gewollt haben, habe sie mit ihm zusammen sein müssen. Und weil er das gewusst habe, habe er immer Druck auf sie ausgeübt. Wenn er sie zu sich gezogen habe, habe sie versucht, ihn wegzustossen. Er habe sie dann an den Haaren gepackt und trotzdem zu sich gezogen. Dann habe er sie unter sich genommen und gemacht, was er gewollt habe. Wenn sei nicht gewollt habe, habe er ihr gedroht, er werde sie zurück in die Türkei schicken allen erzählen, sie sei nicht mehr Jungfrau gewesen. Es seien sowohl die Gewaltanwendungen als auch die Drohungen gewesen. Nach einer Weile habe sie das nicht mehr getan, weil es ihr beigebracht worden sei, sondern weil so Druck ausgeübt worden sei. Das sei dann ausschlaggebend gewesen. Sie habe sich gewehrt; einmal sei sogar ihr Nagel in sein Gewebe eingedrungen, als er es von hinten habe versuchen wollen und sie ihn weggestossen habe. Wenn er sie von hinten habe nehmen wollen, habe er ihren Popo hochheben müssen, da habe sie sich zurückziehen und sich drehen können. Wenn er sie normal von vorne habe nehmen wollen, da sei er auf ihr gelegen, und sie habe sich nicht wehren können.
3.5. Noch einmal ist festzuhalten, was die Sachverständige zum Aussageverhalten der Privatklägerin hinsichtlich der zentralen Tatbestandselemente (konkrete Nötigungshandlungen, Widersetzlichkeit der Privatklägerin) ausführt:
Mit hoher Wahrscheinlichkeit lasse sich der Erlebnisbezug folgender Behauptungen der Privatklägerin substantiieren: Dass diese unter enormem psychischen Erwartungsdruck (u.a. durch ein Thematisieren ihrer angeblichen Furcht, ihre Jungfräulichkeit nicht unter Beweis stellen zu können, seitens Schwiegermutter und Ehemann am zweiten Tag nach der Hochzeit) in der zweiten und dritten Nacht nach der Hochzeit sich dazu bereit erklärt und auch dabei mitgeholfen habe, sich entjungfern zu lassen, obwohl sie sich eigentlich noch nicht dazu bereit gefühlt habe, und dass sie zu späteren Handlungen nach dem erfolgten Nachweis nicht motiviert gewesen sei, sich aber in den nachfolgenden Wochen aufgrund ihrer Überzeugungen bezüglich ehelicher Verpflichtungen grundsätzlich zu Geschlechtsverkehr verpflichtet gesehen habe, welchen sie selbst eigentlich nicht gewollt habe.
Ebenfalls substantiieren lasse sich ein Erlebnisbezug hinsichtlich der Zwangsverschickung in die Türkei und den späteren finalen Ausschluss aus der ehelichen Wohnung, wie auch, dass ein enormer psychischer Druck auf der Privatklägerin lastete, ihre Jungfräulichkeit nachweisen und den sexuellen Bedürfnissen ihres Ehemannes gerecht werden zu müssen. Dieser Druck dürfte im vorliegenden Fall nicht von einer Einzelperson ausgegangen sein, sondern von einem System, das über eine Verinnerlichung transgenerational weitergegebener, traditioneller Normen funktioniere. Die Schilderungen der Privatklägerin legten nahe, dass sie diese Normen (Nachweis der Jungfräulichkeit als zentrales Entscheidungskriterium über Wert Wertlosigkeit einer Frau innerhalb der Gemeinschaft) so verinnerlicht habe, dass sie bisweilen auch im vorauseilenden Gehorsam gehandelt zu haben scheine. Es dürfte unter diesen Bedingungen ein Leichtes gewesen sein, diese internalisierten soziokulturellen Normen bei der Privatklägerin durch einen kleinen Hinweis wirksam zu aktivieren bzw. zu verstärken. Während die Kommentare von Schwiegermutter und Ehemann in den ersten Tagen und Nächten der Ehe von der Privatklägerin sehr konkret und situationsbezogen geschildert würden, und die Privatklägerin in diesem Zusammenhang auch ihre körperliche Stressreaktion auf die erste berichtete Andeutung ihres Mannes sehr konkret und anschaulich schilderte, lasse sich der Erlebnisbezug der nicht mit dem Kontext verflochtenen Behauptung, dass der Beschuldigte entsprechende Sätze nachfolgend wiederholt ausgesprochen habe, um sie an ihre Pflichten zu erinnern, mit aussagepsychologischen Mitteln hingegen nicht feststellen, da diese Behauptung für sich genommen so wenig Material biete, dass deren Erfindung ohne Verknüpfung mit dem hier allerdings diagnostisch zu berücksichtigenden Gesamtkontext rein kognitiv grundsätzlich möglich wäre.
Die der Anklageschrift zu entnehmende Anwendung körperlicher Gewalt als Nötigungsmittel, um zum Geschlechts- Analverkehr zu gelangen, bilde sich in den drei dokumentierten konkreten Aussagen der Privatklägerin in dieser Klarheit jedoch nicht ab. Insofern fehle hier die Basis für eine aussagepsychologische Bewertung des Erlebnisbezugs (nicht) getätigter Äusserungen. Auch Äusserungen, welche sie als klare Aussage, dass sie es nicht wolle, bezeichnete, stellten sich nicht selten bei Nachfrage konkret als ausgesprochen indirekte Kommunikation dar. Auf abstrakte Angaben der Privatklägerin könne aufgrund dieser Aussageeigenart nicht abgestellt werden. Die Privatklägerin verwende zudem einige Begriffe (v.a. «immer», «Wegstossen», «wütend») relativ häufig und zu weit. Heftige körperliche Abwehrmassnahmen habe die Privatklägerin bei Nachfrage auf konkreter Handlungsebene gar nicht beschrieben. Die geschilderte Aussageeigenart der Privatklägerin könne zu Missverständnissen geführt haben. Schliesslich fielen bisweilen nicht angemessen erscheinende Interpretationen und Kausalitätswahrnehmungen auf. Die konkreten Situationsschilderungen der Privatklägerin liessen zumindest möglich erscheinen, dass einerseits sexuelle Vorlieben des Beschuldigten (Beissen, Saugen, Schlagen des Gesässes) und andererseits Anzeichen sexueller Erregung (lautes Atmen, heftigere koitale Bewegungen, heftigeres Zugreifen) desselben von der Privatklägerin mangels sexueller Erfahrung als gezielt auf sie gerichtete Wut fehlinterpretiert worden sein könnten.
Nun obliege es dem Gericht und sei nicht Aufgabe der aussagepsychologischen Sachverständigen, eine rechtliche Bewertung der geschilderten Szenen im Sinne erfüllter Tatbestandsmerkmale vorzunehmen. Mit aussagepsychologischen Mitteln sei lediglich zu prüfen, ob sich eine Erlebnisschilderung nicht anders als durch eigenes Erleben erklären liesse ob sich auch andere Erklärungsmöglichkeiten für das Vorliegen einer Aussage fänden, ohne dass die Angaben auf tatsächlichem Erleben basieren müssten. Aus den bisherigen Ausführungen ergebe sich, dass die konstant berichteten, konkreten Beschreibungen der Privatklägerin (im Gegensatz zu deren uneindeutigen und damit missverständlichen abstrakten Formulierungen) insgesamt mit hoher Wahrscheinlichkeit auf tatsächlichem Erleben basieren würden. Die im Zusammenhang mit der Frage verbaler und nonverbaler Gegenwehr und etwaiger Nötigungsmittel diskutierten Diskrepanzen zwischen ihren konkreten Beschreibungen und ihren Wertungen bzw. abstrakten Zusammenfassungen seien weder eine Frage der Glaubhaftigkeit (die Privatklägerin scheine sich dieser Diskrepanz in keiner Weise bewusst und auf konkreter Ebene nichts zu konstruieren), noch eine Frage der Zuverlässigkeit (keine Anhaltspunkte für intern generierte Scheinerinnerungen an nicht stattgefundene Handlungen), sondern deren Bewertung gehöre zur Tatsachenfeststellung und sei damit Aufgabe des Gerichts.
Zusammenfassend sei somit im Hinblick auf die späteren sexuellen Handlungen, welche im Anschluss an die dritte Nacht nach der Hochzeit erfolgt sein sollen, zu konstatieren, dass aus aussagepsychologischer Sicht nicht in Frage stehe, dass das konkret Geschilderte mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Erlebnisbezug aufweise, sondern dass angesichts der Aussagebesonderheiten der Privatklägerin die Frage sei, worum es sich bei dem konkret Geschilderten jeweils genau handle.
Diese Ausführungen der Sachverständigen können nicht anders interpretiert werden, als dass sich aus aussagepsychologischer Sicht die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin hinsichtlich der ersten drei Nächte nach der Hochzeit, also zwischen dem 3. und dem 5. Dezember bestätigen lässt. Dass ihre Aussagen hinsichtlich der darauf folgenden Zeitspanne (gemäss Anklageschrift bis zum 17. März 2017) jedoch insbesondere hinsichtlich der vom Beschuldigten angewendeten Nötigungsmittel (und zwar nicht nur hinsichtlich Gewaltanwendung, sondern auch hinsichtlich der angeblich vom Beschuldigten später wiederholten Drohungen) sowie den Äusserungen der Privatklägerin, dass sie die sexuellen Handlungen nicht wolle, grösstenteils auf abstrakter Ebene erfolgten und zudem durch Missverständnisse beeinflusst worden sein könnten, weshalb die Glaubhaftigkeit bezüglich den Nötigungsmitteln und dem Abwehrverhalten im Detail nicht bestätigt werden kann.
Für die konkrete Beweiswürdigung heisst dies, dass unter Berücksichtigung des Grundsatzes in «dubio pro reo» davon auszugehen ist, dass die Privatklägerin bezüglich den Zeitraum vom 3. bis und mit dem 5. Dezember 2016 sich unter dem Druck seitens ihrer Familie und der Familie des Ehemannes, insb. der Schwiegermutter und des Ehemannes selbst zu sexuellen Handlungen bereit erklärt hat, die sie eigentlich nicht wollte. Der 3. und der 4. Dezember 2016 ist von der Anklageschrift nicht umfasst. Hinsichtlich des Geschlechtsverkehrs vom 5. Dezember 2016 (der eigentlichen Entjungferung) gab die Privatklägerin anlässlich der zweiten polizeilichen Einvernahme explizit zu Protokoll, damit einverstanden gewesen zu sein. Später kam es wiederholt zu sexuellen Handlungen, zu denen die Privatklägerin nicht motiviert war. Gestützt auf die Ausführungen der Gutachterin, wonach auf die bloss abstrakten Aussagen der Privatklägerin, welche nicht situationsbezogen und in den konkreten Kontext eingebettet erfolgten, nicht abgestellt werden könne, muss vorliegend jedoch offen bleiben, ob die von ihr ungewollten Sexualakte durch konkrete Gewaltanwendungen (welche nicht als eigentliche Akte sexueller Erregung des Beschuldigten seitens der in sexueller Hinsicht völlig unerfahrenen Privatklägerin missverstanden wurden) Drohungen des Beschuldigten erzwungen wurden ob sich nicht vielmehr die Privatklägerin aufgrund des durch ihre Familie und die Familie des Beschuldigten als Folge der arrangierten Heirat gegen ihren Willen aufgebauten psychischen Druckes darauf eingelassen hat.
VI. Rechtliche Würdigung
Wie bereits unter Ziff. III. ausgeführt, setzen die Tatbestände der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung die Schaffung einer für das Opfer ausweglosen Situation durch den Täter selbst voraus. Das blosse Ausnützen einer vorbestehenden Zwangswirkung auf das Opfer seitens des Täters erfüllt die Tatbestände nicht. Seitens des Opfers ist eine tatkräftige und unmissverständlich manifestierte Willensbezeugung, dass es die sexuellen Handlungen ablehnt, erforderlich.
Vorliegend nutzte der Beschuldigte eine durch die arrangierte Hochzeit und den kulturell-familiären Druck (Beweis der Jungfräulichkeit; Verbot der Verweigerung des Ehevollzugs; soziale Ächtung der Frau im Falle des Scheiterns der Ehe) erzeugte und damit eine bereits vorbestehende, nicht durch ihn geschaffene Zwangslage der Privatklägerin aus. Die Privatklägerin fügte sich in die sexuellen Handlungen – das wird aus ihren Aussagen an verschiedener Stelle deutlich – primär aus Angst vor dem Scheitern der Ehe und aus der verinnerlichten Überzeugung, als Ehefrau verpflichtet zu sein, dem Ehemann für sexuelle Handlungen zur Verfügung stehen zu müssen. Wie vorstehend (Ziff. IV.3.5.) ausgeführt, liessen sich unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen der Sachverständigen und des Grundsatzes «in dubio pro reo» keine konkreten nötigenden Handlungen des Beschuldigten wie Gewaltanwendungen, Drohungen ein aktives Unter-psychischen-Druck-Setzen belegen. Ihre Ablehnung gegen die sexuellen Handlungen kommunizierte die Privatklägerin lediglich indirekt; eine für den Beschuldigten unmissverständlich Widersetzlichkeit der Privatklägerin liess sich ebenso nicht belegen. Diesbezüglich ist auch auf die von der Privatklägerin mehrfach gemachte Aussage hinzuweisen, dass sie sich gegen den Analsex, den der Beschuldigte nach ihrer Rückkehr aus der Türkei gewollt habe und den sie wirklich nicht gewollt habe, jeweils erfolgreich habe wehren können. Er habe sie dann dazu motivieren wollen, resp. gemeint, man könne es doch probieren.
Dass es wiederholt zu sexuellen Handlungen zwischen dem Beschuldigten und der Privatklägerin kam, welche letztere nicht wollte, war somit Folge der «erzwungenen» Heirat und nicht Folge des aktiv nötigenden Verhaltens des Beschuldigten. Der vorliegende Fall lässt sich daher auch nicht mit den Fällen vergleichen, bei welchen zufolge fortlaufender Drangsalierung und anhaltendem Psychoterror in einer ehelichen Beziehung durch den Täter selbst der Tatbestand der Vergewaltigung bejaht wurde und folglich im Zeitpunkt der Vornahme des Geschlechtsverkehrs seitens des Opfers auch keine klare Widersetzlichkeit mehr zumutbar war (s. bspw. im vom Berufungsgericht beurteilten Fall STBER.2021.48). Im vorliegenden Fall ging der Druck vom familiären resp. soziokulturellen System aus, welches über mehrere Generationen hinweg gepflegt und aufrechterhalten wurde, was dazu führte, dass die Privatklägerin die entsprechenden Gebote verinnerlichte und sich verpflichtet fühlte, diesen nachzukommen. Eine tatzeitnahe aktive Aktualisierung dieser vorbestehenden, nicht vom Beschuldigten geschaffenen Zwangslage durch den Beschuldigten liess sich nicht nachweisen.
Die Tatbestände der sexuellen Nötigung gemäss Art. 189 StGB und der Vergewaltigung gemäss Art. 190 StGB sind aus den vorstehend geschilderten Gründen mangels Nachweis des Nötigungsmittels nicht erfüllt. Ob allenfalls der zur Tatzeit bereits in Kraft stehende Art. 181a StGB, welche die Zwangsheirat unter Strafe stellt, erfüllt wäre, braucht mangels entsprechender Anklage nicht geprüft zu werden. Auch ist der vom Gesetzgeber beabsichtigte Straftatbestand des sexuellen Übergriffs noch nicht in Kraft. Eine allfällige sexuelle Belästigung wäre verjährt. Der Beschuldigte ist entsprechend freizusprechen.
VII. Löschung DNA-Profil
In seinem Parteivortrag beantragt der amtliche Verteidiger, das erstellte DNA-Profil des Beschuldigten sowie die erhobenen biometrischen Daten seien zu löschen.
Die DNA-Analysen sind in den Art. 255 ff. StPO geregelt. Art 255 StPO legt die Voraussetzungen für die Entnahme fest, Art. 256 StPO regelt die Massenuntersuchungen. Art. 257 StPO regelt die (Neu)Anordnung eines Profils durch das Gericht, Art. 258 StPO die Durchführung der Probenahme. Art. 259 StPO regelt schliesslich, dass im Übrigen das DNA-Profil-Gesetz vom 20. Juni 2003 Anwendung finde. Die Löschung eines bereits erstellten DNA-Profils (und der biometrischen Daten) ist damit nicht in der StPO geregelt.
Gemäss Art. 16 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten vermissten Personen (DNA-Profil-Gesetz, SR 363) löscht das Bundesamt die DNA-Profile, sobald das betreffende Verfahren mit einem Freispruch rechtskräftig abgeschlossen worden ist (s. auch Art. 17 Abs. 1 lit. c der Verordnung über die Bearbeitung biometrischer Daten erkennungsdienstlicher Daten, SR 361.3). Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DNA-Profil Gesetz bzw. Art. 19 Abs. 1 der Verordnung legen dabei fest, in welchen Fällen für die Löschung die Zustimmung einer richterlichen Behörde benötigt wird. Da vorliegend keiner der im Gesetz und der Verordnung ausformulierten Fälle greift, ist für die Löschung des DNA-Profils des Beschuldigten keine gesonderte Zustimmung des Obergerichts notwendig. Das Bundesamt hat die Befugnis, die Löschung von Amtes wegen vorzunehmen. Üblicherweise wird jedoch nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens das Urteil der zuständigen Behörde des Kantons Solothurn zur Kenntnis gebracht, wobei diese wiederum den Löschvorgang in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt initiiert.
VIII. Kosten und Entschädigung
1. Gemäss Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO hat der Beschuldigte im Fall eines Freispruchs u.a. Anspruch auf eine Genugtuung für besonders schwere Verletzungen seiner persönlichen Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug. Die Genugtuung nach Art. 429 Abs. 1 lit. c StPO bezweckt einen Ausgleich für erlittene Unbill. Sie orientiert sich an der Genugtuung aufgrund von rechtswidrig angewandten Zwangsmassnahmen nach Art. 431 StPO, setzt aber im Gegensatz zu jener Genugtuungsforderung keine rechtswidrige Zwangsmassnahme voraus, sondern gewährt den Anspruch schon aufgrund der Tatsache, dass ein Freispruch bzw. eine Einstellungsverfügung erfolgte, auch wenn die Zwangsmassnahme im Zeitpunkt, als sie ausgesprochen wurde, gerechtfertigt war. Zu unterscheiden ist also zwischen rechtswidrigen Zwangsmassnahmen, welche auf der Verletzung von formellen materiellen Verfahrensvorschriften beruhen (Art. 431 StPO) und ungerechtfertigten Zwangsmassnahmen, welche im Zeitpunkt ihrer Verhängung vorschriftskonform ausgesprochen wurden, sich im Nachhinein aber als ungerechtfertigt, da strafprozessual unbegründet, erweisen. Neben ungerechtfertigten Zwangsmassnahmen kann eine Genugtuung im Übrigen auch durch andere Verfahrenshandlungen ausgelöst werden; die strafrechtliche Anschuldigung selbst ist dazu aber nicht ausreichend. Vorausgesetzt ist, dass eine besonders schwere Verletzung der persönlichen Verhältnisse i.S.v. Art. 28 Abs. 2 ZGB Art. 49 OR vorliegt, mithin muss eine gewisse Intensität der Verletzung vorliegen, damit eine Genugtuung zugesprochen werden kann. Als Beispiele können neben der ungerechtfertigten Untersuchungs- und Sicherheitshaft die publik gewordene Hausdurchsuchung, eine sehr lange Verfahrensdauer eine breite Darlegung in den Medien genannt werden, wie auch allfällige Probleme im Familien- und Beziehungsleben durch die Strafuntersuchung persönlichkeitsverletzende Äusserungen von Strafbehörden. Der Freiheitsentzug muss hingegen – wie erwähnt – nicht widerrechtlich (etwa bei Fehlen eines Verhaftungsgrundes) gewesen sein, um Anspruch auf eine Genugtuung zu geben; es genügt, dass er sich im Nachhinein als ungerechtfertigt herausstellt. Bei sehr kurzen Freiheitsentzügen wird jedoch eher von einem Genugtuungsanspruch aufgrund besonders schwerer Verletzung der persönlichen Verhältnisse auszugehen sein, wenn der Freiheitsentzug ohne jeglichen Grund erfolgte. Für eine Genugtuung nicht genügen sollen die mit jedem Strafverfahren einhergehenden psychischen Belastungen sowie die geringfügige Blossstellung und Demütigung nach aussen (BSK-StPO-Wehrenberg/Frank, 2. Auflage 2014, Art. 429 N 26 ff. m.w.Verw.).
Der Beschuldigte beantragt in seiner präzisierten Berufungserklärung vom 22. Januar 2021 eine Entschädigung für die im Rahmen des Strafverfahrens erlittenen Persönlichkeitsverletzungen in noch zu beziffernder Höhe. Im Rahmen des Parteivortrags vor Berufungsgericht wurde kein solcher Antrag mehr gestellt. Die Strafbehörde prüft den Anspruch aber ohnehin von Amtes wegen (Art. 429 Abs. 2 StPO).
Vorliegend fehlt es an der besonderen Schwere der durch das Strafverfahren bewirkten Verletzung der persönlichen Verhältnisse. Der Beschuldigte befand sich nie in Untersuchungshaft. Er war auch nicht einer breiten medialen Berichterstattung ausgesetzt. Das Strafverfahren führte auch nicht zu erheblichen familiären Problemen des Beschuldigten, hält seine Familie doch nach wie vor uneingeschränkt zu ihm.
Der Beschuldigte befand sich in psychiatrischer Behandlung bei Dr. med. J.___. Gemäss dessen Bericht vom 27. Dezember 2019 (AS 397 f.) befinde sich der Beschuldigte in einem mittelgradig depressiven Zustandsbild seit der Trennung von seiner Ehefrau. Der Patient berichte, dass die Vergewaltigungsvorwürfe und die Umstände ihn in eine depressive Krise gestürzt hätten. Er wirke aktuell enttäuscht und dysphor, weshalb er die Kriterien einer mittelgradigen depressiven Episode erfülle. Er sei gemäss seinen Angaben wegen der Depression seit zwei Jahren arbeitsunfähig. Der Patient leide zusätzlich an einer Hypothyreose, welche die depressive Episode mitverursacht haben könne. Gemäss Befragung des Beschuldigten an der vorinstanzlichen Hauptverhandlung (AS 448 ff.) gehe es ihm immer noch schlecht. Er sei depressiv und könne nicht richtig schlafen. Er sei nicht mehr bei Dr. J.___. Er wisse nicht mehr wie lange er bei ihm in Behandlung gewesen sei. (Auf Vorhalt:) Er sei zwei Mal bei ihm gewesen und habe dann ein Beruhigungsmittel erhalten. (Auf Vorhalt, ob er nicht zusätzliche Hilfe in Anspruch nehmen wolle, bspw. eine Therapie?) Das wäre eine Option, aber er habe auch von der Familie Unterstützung. Das gehe einigermassen. Die Depressionen habe er wegen dem Verfahren. Vom Stress und allem habe er auch eine Schilddrüsenerkrankung bekommen. Aktuell arbeite er nicht. Die Familie habe ein Restaurant. Da helfe er ab und zu ein wenig aus. Er habe 2016/Anfang 2017 eine Ausbildung als Qualitätsmanager abgeschlossen (vorher, im Sommer 2016 als technischer Kaufmann). Also als Assistent im Betriebsmanagement. (Ob er die Ausbildung während des laufenden Verfahrens abgeschlossen habe?) Vorher mitten drin. Diese Ausbildung sei glaublich schon in der Trennungsphase gewesen. Sie sei aber nur ein paar Tage gegangen. Als er noch mit der Privatklägerin zusammengelebt habe, habe er eine Temporäranstellung bei der […] in […] gehabt. Es sei eine Festanstellung in Sicht gewesen, aber dann sei die Trennung mit der Privatklägerin passiert und es sei nicht mehr gut gekommen. Er habe den Job verloren. Er wisse nicht mehr genau, wann das gewesen sei, Mitte 2017. Seither habe er nicht mehr gearbeitet, es seien immer gesundheitliche Probleme gekommen. Depressionen und Kreislaufprobleme. Er sei ein paar Mal im Notfall gewesen. Einmal sei er kurz ohnmächtig geworden und alles sei schwarz geworden. Im Brustbereich habe er so wie Panikattacken. Er habe in den Notfall gemusst, weil er gedacht habe, er habe einen Herzinfarkt etwas. Sie hätten dann gemeint, das könne psychisch sein etwas so. Vor der Heirat habe er keine Probleme gehabt. Am Anfang habe er sich bei der ALV angemeldet. Das sei aber dann auch eine Belastung geworden und er habe sich wieder abgemeldet. Wegen dem Druck, er habe sich nicht auf das Leben konzentrieren können. Er habe nie Sozialhilfe bezogen. Er werde von den Eltern unterstützt. Anlässlich der Verhandlung vor Obergericht bestätigte der Beschuldigte seine Angaben und führte aus, er sei momentan arbeitslos, weil es ihm nicht gut gehe. Er habe, seit er seine Stelle verloren habe, nie mehr eine Arbeit ausgeübt, weil er gesundheitliche Probleme mit dem Kreislauf und Panikattacken habe. Es gehe ihm nicht gut. Er werde nach wie vor vollumfänglich von seiner Familie unterstützt. (Auf Frage, weshalb er keine Arbeit finde:) Weil das Verfahren ihn sehr belaste. Er habe neben Kreislaufproblemen und Panikattacken auch eine Schilddrüsenerkrankung bekommen und er habe Selbstmordgedanken. Alles wegen dem Verfahren und den falschen Anschuldigungen. Er habe ja nichts falsch gemacht. (Auf Frage, ob er aktuell in einer Behandlung sei:) Das könne er sich nicht leisten.
Zweifellos stellte das laufende Strafverfahren für den Beschuldigten eine Belastung dar. Dass die von Dr. J.___ diagnostizierte depressive Episode indes kausale Folge des Strafverfahrens ist, ist nicht belegt, kann doch auch die diagnostizierte Schilddrüsenerkrankung die Depression mitverursacht haben. Aus den Ausführungen des Beschuldigten vor Vorinstanz ergibt sich auch, dass dieser nur kurz bei Dr. J.___ in Behandlung war und ausser der Einnahme eines Beruhigungsmittels nie eine Therapie in Anspruch genommen hat. Dass der Jobverlust und seine seitherige Arbeitslosigkeit Folge des Strafverfahrens ist, ist ebenfalls nicht belegt. So konnte der Beschuldigte immerhin während des Strafverfahrens (oder kurz vorher) noch eine Ausbildung absolvieren.
Im Entscheid vom 30. Mai 2012, E. 5.4. (BB.2011.125) erachtete das Bundesstrafgericht bei einer siebenjährigen Verfahrensdauer, verbunden mit einem Tag Untersuchungshaft, eine Genugtuung von CHF 1'000.00 als angemessen. Vorliegend befand sich der Beschuldigte wie erwähnt nie in Untersuchungshaft und war auch sonst keinen namhaften Zwangsmassnahmen ausgesetzt. Zwar dauerte das Strafverfahren mit knapp 5 ½ Jahren eine erhebliche Zeit. Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots ist jedoch nicht zu konstatieren. Ab Eröffnung bis Anklageerhebung dauerte das Strafverfahren rund 1 ½ Jahre. Vor Vorinstanz führte dann insb. die Anordnung des beantragten Glaubhaftigkeitsgutachtens zu einer Verzögerung, ohne dass das Verfahren jedoch grundlos stillgestanden hätte. Alles in allem kann im vorliegenden Fall keine besonders schwerwiegende Verletzung der persönlichen Verhältnisse erblickt werden, welche eine Genugtuung rechtfertigen würde. Dem Beschuldigten ist somit keine Entschädigung für allfällige durch das Strafverfahren erlittene Nachteile auszurichten.
2. Die obsiegende beschuldigte Person hat gegenüber der Privatklägerschaft Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für die durch die Anträge im Zivilpunkt verursachten Aufwendungen (Art. 432 Abs. 1 StPO). Dies gilt auch im Berufungsverfahren (Art. 436 Abs. 1 StPO). Im vorliegenden Fall obsiegt zwar der Beschuldigte gegenüber der Privatklägerin im Zivilpunkt. Dies ist indes die direkte Folge des erfolgten Freispruchs. Für die Beurteilung der Zivilforderung sind keine zusätzlichen Aufwendungen seitens des Beschuldigten auszumachen (s. auch nachfolgend in Ziff. VI.5.). Entsprechend ist auch diesbezüglich keine Entschädigung auszurichten.
3. Mit Verfügung des Obergerichts vom 24. August 2022 (OGer 099 f.) wurde Rechtsanwalt Donato Del Duca als unentgeltlicher Rechtsbeistand der Privatklägerin eingesetzt. In seiner Honorarnote macht er für das Berufungsverfahren Aufwendungen von insgesamt 26.81 Stunden à CHF 180.00 geltend. Dies ist als verhältnismässig zu bezeichnen und einzig dahingehend minimal anzupassen, als dass er für die Hauptverhandlung vom 31. August 2022 eine Zeitdauer von acht Stunden geschätzt hat. Da diese effektiv knapp sieben Stunden gedauert hat (08:30 Uhr – 15:20 Uhr) und die Dauer der An- und Rückfahrt bereits separat berücksichtigt wurden, ist der geltend gemachte Aufwand um eine Stunde auf 25.81 Stunden anzupassen. Die Entschädigung von Rechtsanwalt Donato Del Duca wird für das Berufungsverfahren demnach auf CHF 5'411.05 (25.81 Stunden à CHF 180.00, Auslagen von 378.40 sowie MwSt. zu 7.7 % von CHF 386.85) festgesetzt.
Die Entschädigung von Rechtsanwalt Donato Del Duca ist durch den Staat zu entrichten. Ein Nachforderungsanspruch resp. Rückforderungsanspruch beim Beschuldigten besteht beim vorliegenden Ausgang des Verfahrens nicht (weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren). Ebenso besteht kein Rückforderungsanspruch des Staates gegenüber der Privatklägerin (Art. 30 Abs. 3 OHG). Schliesslich scheidet auch ein Nachforderungsanspruch des unentgeltlichen Rechtsbeistandes gegenüber der Privatklägerin aus, da diese nicht zu Verfahrenskosten verurteilt wird (Art. 135 Abs. 4 lit. b i.V.m. Art. 138 Abs. 1 StPO).
3. Die vormalige amtliche Verteidigerin des Beschuldigten, Rechtsanwältin Stephanie Selig, macht in ihrer Honorarnote für das Berufungsverfahren einen Zeitaufwand von 2.66 Stunden à CHF 180.00 geltend. Dies ist nicht zu beanstanden und vollumfänglich gutzuheissen. Die Entschädigung von Rechtsanwältin Stephanie Selig wird für das Berufungsverfahren demnach auf CHF 539.35 (2.66 Stunden à CHF 180.00, Auslagen von CHF 22.00 und MwSt. zu 7.7 % von CHF 38.55) festgesetzt.
Die Entschädigung von Rechtsanwältin Stephanie Selig ist durch den Staat zu entrichten. Ein Nachforderungsanspruch resp. Rückforderungsanspruch beim Beschuldigten der Privatklägerin besteht beim vorliegenden Ausgang des Verfahrens nicht.
4. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Sascha Schürch, macht in seiner Honorarnote für das Berufungsverfahren einen Zeitaufwand von 44 Stunden und 55 Minuten (entspricht 44.92 Stunden) à CHF 180.00 für sich selber bzw. 1.25 Stunden (entspricht 1.42 Stunden) à CHF 90.00 für die Aufwendungen der Rechtspraktikantin geltend. Auch dies ist grundsätzlich nicht zu beanstanden und einzig dahingehend anzupassen, als dass für die An- und Rückweise sowie die Urteilseröffnung vom 14. November 2022 anstelle des Verteidigers seine Praktikantin anwesend war und entsprechend ein tieferer Entschädigungsansatz festzusetzen ist. Die Entschädigung von Rechtsanwalt Sascha Schürch wird für das Berufungsverfahren demnach auf CHF 9'090.75 (41.92 Stunden à CHF 180.00, 4.42 Stunden à CHF 90.00, Auslagen von CHF 497.40 sowie MwSt. zu 7.7 % von CHF 649.95) festgesetzt.
Die Entschädigung von Rechtsanwalt Sascha Schürch ist durch den Staat zu entrichten. Ein Nachforderungsanspruch resp. Rückforderungsanspruch beim Beschuldigten besteht beim vorliegenden Ausgang des Verfahrens nicht.
5. Aufgrund des vollumfänglichen Freispruchs gehen die Kosten sowohl des erstinstanzlichen Verfahrens als auch des Berufungsverfahrens vollumfänglich zu Lasten der Staatskasse. Eine Kostentragungspflicht für die Privatklägerin besteht im erstinstanzlichen Verfahren nicht, sind doch dem Staat keine zusätzlichen Kosten für die Beurteilung der Zivilklage entstanden (Art. 427 Abs. 1 StPO). Im Berufungsverfahren tragen die Parteien die Kosten nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Privatklägerin unterliegt zwar im Berufungsverfahren. Indes sind für die Beurteilung der Zivilklage auch im Berufungsverfahren keine zusätzlichen Kosten entstanden. Zudem können der Privatklägerin auch gestützt auf Art. 30 Abs. 1 und 2 OHG keine Kosten auferlegt werden. Von mutwilliger Prozessführung kann nicht gesprochen werden.
6. Ausgangsgemäss wird die von Rechtsanwalt Donato Del Duca für C.___ geltend gemachte Genugtuungsforderung abgewiesen.
Demnach wird in Anwendung von Art. 335 ff. StPO, Art. 416 ff. StPO und Art. 429 ff. StPO erkannt: 1. A.___ wird von den Vorhalten a) der mehrfachen Vergewaltigung zum Nachteil von C.___, angeblich begangen in der Zeit vom 6. Dezember 2016 bis 20. Januar 2017 und ca. 6. Februar 2017 bis 17. März 2017 (Anklageschrift vom 19. September 2018) und b) der mehrfach versuchten sexuellen Nötigung zum Nachteil von C.___, angeblich begangen in der Zeit von ca. 6. Februar 2017 bis 17. März 2017 (Anklageschrift vom 19. September 2018) freigesprochen. 2. Die von Rechtsanwalt Donato Del Duca für C.___ geltend gemachte Genugtuungsforderung wird abgewiesen. 3. A.___ wird keine Entschädigung für allfällige durch das Strafverfahren erlittene Nachteile ausgerichtet. 4. Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 5 des Urteils des Amtsgerichts Bucheggberg-Wasseramt vom 12. November 2020 (nachfolgend erstinstanzliches Urteil) wurde die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes von C.___, Rechtsanwalt Donato Del Duca, auf CHF 13'265.15 (21.96 und 40.75 Stunden à CHF 180.00, Auslagen von CHF 346.30 und CHF 678.50 sowie MwSt. zu 8 % von CHF 343.30 und 7.7 % von CHF 617.05) festgesetzt und zufolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse von A.___ vom Staat bezahlt. Die Entschädigung geht definitiv zu Lasten des Staates Solothurn. 5. Gemäss teilweise rechtskräftiger Ziffer 6 des erstinstanzlichen Urteils wurde die Entschädigung der damaligen amtlichen Verteidigung von A.___, Rechtsanwältin Stephanie Selig, auf CHF 11'424.80 (6.76 und 42.76 Stunden à CHF 180.00, 13 Stunden à CHF 90.00, Auslagen von CHF 521.00 sowie MwSt. zu 8 % von CHF 97.35 und zu 7.7 % von CHF 722.85) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat bezahlt. Die Entschädigung geht definitiv zu Lasten des Staates Solothurn. 6. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gehen zu Lasten des Staates Solothurn. 7. Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes von C.___, Rechtsanwalt Donato Del Duca, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 5'411.05 (25.81 Stunden à CHF 180.00, Auslagen von 378.40 sowie MwSt. zu 7.7 % von CHF 386.85) festgesetzt und ist zufolge unentgeltlicher Rechtspflege vom Staat, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse, zu bezahlen. Die Entschädigung geht definitiv zu Lasten des Staates Solothurn. 8. Die Entschädigung der vormaligen amtlichen Verteidigerin von A.___, Rechtsanwältin Stephanie Selig, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 539.35 (2.66 Stunden à CHF 180.00, Auslagen von CHF 22.00 und MwSt. zu 7.7 % von CHF 38.55) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse, zu bezahlen. Die Entschädigung geht definitiv zu Lasten des Staates Solothurn. 9. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Sascha Schürch, wird für das Berufungsverfahren auf CHF 9'090.75 (41.92 Stunden à CHF 180.00, 4.42 Stunden à CHF 90.00, Auslagen von CHF 497.40 sowie MwSt. zu 7.7 % von CHF 649.95) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse, zu bezahlen. Die Entschädigung geht definitiv zu Lasten des Staates Solothurn. 10. Die Kosten des Berufungsverfahrens von CHF 15'800.00, beinhaltend eine Gerichtsgebühr von CHF 15'000.00, gehen zu Lasten des Staates Solothurn.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona). Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Präsident Die Gerichtsschreiberin von Felten Schenker |
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