Zusammenfassung des Urteils STBER.2020.75: Verwaltungsgericht
Der Beschuldigte wird beschuldigt, an einer Auseinandersetzung beteiligt gewesen zu sein, bei der es zu einer versuchten vorsätzlichen Tötung, Raufhandel, falschen Anschuldigungen und qualifizierter Freiheitsberaubung kam. Das Obergericht verhandelt über die Berufung des Beschuldigten gegen das Urteil des Amtsgerichts. Es gibt verschiedene Zeugenaussagen und Beweismittel, darunter Blutspuren, Verletzungen der Beteiligten und DNA-Analysen. Der Beschuldigte macht widersprüchliche Aussagen über den Vorfall. Die Staatsanwaltschaft beantragt eine Freiheitsstrafe und Landesverweisung, während die Verteidigung auf Freispruch und Entschädigung für Überhaft plädiert. Das Gericht prüft die Beweise und muss über die Schuldsprüche und Strafmass entscheiden.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2020.75 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 19.03.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Beschuldigte; Geschädigte; Messer; Beschuldigten; Geschädigten; Person; Polizei; Personen; Täter; Freiheit; Stich; Urteil; Tötung; Aussage; Antwort; Recht; Streit; Solothurn; Staat; Einvernahme; Verletzung; Apos; Aussagen |
Rechtsnorm: | Art. 111 StGB ;Art. 112 StGB ;Art. 113 StGB ;Art. 12 StGB ;Art. 13 StGB ;Art. 133 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 15 StGB ;Art. 16 StGB ;Art. 184 StGB ;Art. 22 StGB ;Art. 34 StGB ;Art. 41 StGB ;Art. 428 StPO ;Art. 47 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 50 StGB ;Art. 66a StGB ; |
Referenz BGE: | 102 IV 65; 125 IV 242; 129 IV 6; 130 IV 58; 134 IV 97; 136 IV 49; 136 IV 55; 138 IV 120; 142 IV 265; 144 IV 217; 93 IV 81; |
Kommentar: | Schweizer, Trechsel, Pieth, Praxis, 3. Auflage , Art. 47 StGB, 2018 |
Geschäftsnummer: | STBER.2020.75 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 19.03.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2021.29 |
Titel: | versuchte vorsätzliche Tötung, Raufhandel, falsche Anschuldigung, qualifizierte Freiheitsberaubung, Landesverweisung |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 19. März 2021 Es wirken mit: Vizepräsident von Felten, Vorsitz Oberrichter Kiefer Ersatzrichterin Lamanna Merkt Gerichtsschreiber Bachmann In Sachen Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, Anklägerin
A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Roman Baumann Lorant, Beschuldigter und Berufungskläger
betreffend versuchte vorsätzliche Tötung, falsche Anschuldigung, Landesverweisung Es erscheinen zur Verhandlung vor Obergericht: – für die Staatsanwaltschaft: Staatsanwalt B.___; – der Beschuldigte A.___; – sein amtlicher Verteidiger Dr. Roman Baumann Lorant; – der Dolmetscher – drei Polizisten.
Der Vorsitzende begrüsst die Anwesenden und gibt die Zusammensetzung des Gerichts bekannt. Der Beschuldigte verlangt mittels Berufung die Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Solothurn-Lebern vom 23. Juni 2020. Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Anschlussberufung verzichtet. Verfahrensgegenstand sind die erstinstanzlichen Schuldsprüche wegen vorsätzlicher Tötung, Raufhandels und qualifizierter Freiheitsberaubung, die Strafzumessung, die Anordnung einer Landesverweisung mit Ausschreibung im SIS sowie die Kostenverteilung.
Die Parteien werden vom Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass das Berufungsgericht auch die Frage der Sicherheitshaft für den Fall eines Rechtsmittels an das Bundesgericht prüfen werde. Den Parteien wird mit Blick auf die epidemiologische Lage angeboten, auf die mündliche Urteilseröffnung zu verzichten. Alternativ sei auch ein Vorzug der mündlichen Urteilseröffnung auf den Freitagmorgen anstatt des Freitagnachmittags möglich. Anschliessend wird vorgeschlagen, dass das letzte Wort des Beschuldigten vor den Plädoyers abgenommen wird, sodass der Übersetzer vorzeitig entlassen werden kann, womit sich der Beschuldigte einverstanden erklärt. Der Vorsitzende weist die Parteien darauf hin, dass beim Berufungsgericht am 17. März 2021 ein Schreiben von C.___ mit der Überschrift «Charakterbescheinigung für A.___» eingegangen und beabsichtigt sei, dieses zu den Akten zu nehmen. Den Parteien werden Kopien des Schreibens ausgehändigt.
Der Vorsitzende gibt den Parteien Gelegenheit, Vorfragen aufzuwerfen. Die Staatsanwaltschaft stellt den Antrag, zwei Urkunden zu den Akten zu nehmen. Zum einen den Revokationsrapport der Kantonspolizei Bern mit dem Effektenverzeichnis des Beschuldigten im Zeitpunkt der Festnahme. Die Effekten hätten nach Ansicht der Staatsanwaltschaft folgende Bewandtnis: Der Beschuldigte habe bestritten, ein Messer dabeigehabt zu haben. Vielmehr habe er behauptet, er habe eine Taschenlampe mitgeführt. Das Effektenverzeichnis belege, dass er zumindest im Zeitpunkt der Festnahme über eine solche Taschenlampe verfügt habe. Dabei handle es sich um eine zentrale Frage. Zum anderen werde beantragt, den Strafbefehl gegen D.___ zu den Akten zu nehmen. Dieser habe bis jetzt gefehlt. Er sei wesentlich für die Beurteilung des heute zu beurteilenden Vorhalts der qualifizierten Freiheitsberaubung zum Nachteil von D.___. Die Staatsanwaltschaft erklärt sodann den Verzicht auf die mündliche Urteilseröffnung.
Die Verteidigung wirft keine Vorfragen auf. Sie erhebt keine Einwände dagegen, dass die Urkunden der Staatsanwaltschaft sowie das Schreiben von C.___ zu den Akten genommen werden. Die Verteidigung gibt bekannt, dass sie eine öffentliche Urteilsverkündung wünscht, jedoch mit dem Vorzug auf Freitag, den 19. März 2021, 11:00 Uhr, einverstanden ist.
Das Gericht nimmt die von der Staatsanwaltschaft eingereichten Urkunden sowie das Schreiben von C.___ zu den Akten.
Anschliessend wird der Beschuldigte zur Sache befragt. Die Parteien stellen keine weiteren Beweisanträge. Hernach wird der Beschuldigte zur Person befragt, woraufhin das Beweisverfahren geschlossen wird.
Der Beschuldigte nimmt die Gelegenheit zum letzten Wort wahr und erklärt, dass er sich nochmals von ganzem Herzen entschuldige. Er habe nicht gewollt, dass D.___ lange Zeit ins Gefängnis müsse. Er habe nicht viel überlegt. Es tue ihm auch leid, was mit E.___ passiert sei, und er hoffe, dass er gesund bleibe und man herausfinde, wer ihn noch geschlagen habe. Die Parteien stellen und begründen folgende Anträge: Staatsanwalt B.___:
1. Der Beschuldigte, A.___, sei wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und Raufhandels schuldig zu sprechen. 2. A.___ sei vom Vorhalt der qualifizierten Freiheitsberaubung ohne Ausscheidung von Kosten freizusprechen. 3. A.___ sei zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren und einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je CHF 10.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 2 Jahren zu verurteilen. 4. Es sei Sicherheitshaft anzuordnen. 5. Die Untersuchungs- und Sicherheitshaft vom 7. November 2018 bis am 25. Juni 2019 und vom 23. Juni 2020 bis heute sei an die Verbüssung der Strafe anzurechnen. 6. Es sei festzustellen, dass sich A.___ in der Zeit vom 26. Juni 2019 bis am 22. Juni 2020 im vorzeitigen Strafvollzug befand. 7. A.___ sei für die Dauer von 10 Jahren des Landes zu verweisen. 8. Die Landesverweisung sei im SIS auszuschreiben. 9. Die Entschädigung für das Berufungsverfahren des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Roman Baumann Lorant, sei durch das Gericht festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung durch den Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleibe der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. 10. Die Kosten des Verfahrens seien vollumfänglich A.___ aufzuerlegen.
Rechtsanwalt Dr. Roman Baumann Lorant:
1. Der Beschuldigte sei vom Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung (Art. 111 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), des Raufhandels (Art. 133 Abs. 1 StGB) sowie der qualifizierten Freiheitsberaubung und Entführung (Art. 183 Ziff. 1 i.V.m. Art. 184 Abs. 4 StGB) freizusprechen. 2. Der Beschuldigte sei zu einer Freiheitsstrafe von maximal 9 Monaten zu verurteilen, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren. 3. Von der Anordnung einer Landesverweisung sei abzusehen. 4. Die zur Beweissicherung beschlagnahmten Objekte seien dem Beschuldigten zurückzugeben. 5. Der Beschuldigte sei entsprechend den gestellten Anträgen aus dem Strafvollzug zu entlassen. 6. Die Kosten des Verfahrens sind zu maximal 10% dem Beschuldigten aufzuerlegen. 7. Dem Beschuldigten sei eine Genugtuung bzw. Entschädigung für jeden Tag Freiheitsentzug auszurichten, der über die ausgesprochene Freiheitsstrafe hinausgeht. Angesichts der Dauer der bisherigen Inhaftierung erscheint eine Entschädigung in der Höhe von CHF 100.00 für jeden Tag Überhaft angemessen. 8. Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten sei für das Berufungsverfahren mit CHF 7'822.65 (inkl. Auslagen und MWST) aus der Staatskasse zu entschädigen. Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung: I. Prozessgeschichte
1. Am 3. November 2018 um 00:26 Uhr ging bei der Alarmzentrale Solothurn die Meldung ein, dass beim Rossmarktplatz in Solothurn mehrere Personen aufeinander losgehen würden. Beim Eintreffen der Polizei konnten zwischen der Bushaltestelle «Vorstadt» und dem Tattoostudio «Art of Ink» rund fünf Eritreer festgestellt werden, welche sich gegenseitig herumschubsten und aufeinander losgingen. Unmittelbar nach Eintreffen der Polizei flüchteten die anwesenden Personen. Zeitgleich konnte eine weitere Gruppe von Eritreern vom Volkshaus herrennend festgestellt werden. Eine Person hatte einen Ledergurt in der erhobenen Hand und versuchte eine andere Person zu schlagen. Auch diese Personen entzogen sich durch Flucht der Kontrolle durch die Polizei. Kurze Zeit später kamen den ausgerückten Polizeibeamten mehrere Personen vom Volkshaus her entgegen. Einer davon, F.___, stützte dabei seinen Kollegen E.___ (nachfolgend Geschädigter) und informierte die Polizeibeamten, dass dieser mit einem Messer verletzt worden sei. Folglich wurde die Ambulanz aufgeboten und der Geschädigte ins Bürgerspital Solothurn verbracht (Akten S. [AS] 53 ff).
Noch während der Nahfahndung durch die Polizei begab sich G.___ zu den Polizeibeamten und gab zuerst an, dass sich zwei Personen hinter dem Gebäude der Helvetia Versicherung, beim Geländer Richtung Dornacherstrasse, aufhielten, wovon eine Person ebenfalls eine Stichverletzung aufweise. Schliesslich konnte mit Hilfe der Anwesenden geklärt werden, dass keine Person verletzt sei, sich aber zwei Personen an der genannten Örtlichkeit aufhalten, wovon mindestens eine blutverschmierte Hose und T-Shirt habe. Ebenfalls habe eine der Personen ein blutiges Messer in der Hand gehalten. Die Polizei nahm daraufhin sofort eine Kontrolle an der genannten Örtlichkeit vor. Die gemeldeten Personen hatten sich zwischenzeitlich aber bereits in unbekannte Richtung entfernt. Die Ambulanzbesatzung bestätigte gegenüber der Patrouille, dass sie beim Vorbeifahren zwei Personen am Geländer Richtung Dornacherstrasse festgestellt hätten (AS 54).
Bei der Nahfahndung der flüchtigen Personen konnte durch eine weitere Patrouille H.___ angehalten werden. Als dieser nach dem Sachverhalt gefragt wurde, nannte er einen I.___ aus [Ort1] als möglichen Täter. Abklärungen der Polizei ergaben, dass es sich dabei um I.___ handeln könnte. Dieser begab sich am 5. November 2018 auf den Polizeiposten Olten, wo er vorläufig festgenommen und tags darauf wieder entlassen wurde (AS 13, 18).
2. Am 5. November 2018 wurde dem Geschädigten das WhatsApp-Profilbild von I.___ vorgelegt, auf welchem sich auch D.___ und A.___ befanden. Gemäss Angaben des Geschädigten seien die beiden in die Auseinandersetzung involviert gewesen. Am 6. November 2018 wurde gegen A.___ (nachfolgend Beschuldigter) ein Strafverfahren wegen Raufhandel und versuchter vorsätzlicher Tötung eröffnet (AS 611). Am 7. November 2018 wurde der Beschuldigte durch die Polizei festgenommen, nachdem er sich selbst am Schalter der Polizeiwache […] zwecks Abholung seines Ausländerausweises gemeldet hatte (AS 20, 23). Am 9. November 2018 wurde über den Beschuldigten die Untersuchungshaft angeordnet (AS 805 ff.). Am 20. Dezember 2018 (AS 816 ff.) wies das Haftgericht ein Haftentlassungsgesuch des Beschuldigten ab. Eine gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde wies die Beschwerdekammer des Obergerichts mit Urteil vom 24. Januar 2019 ab (AS 840 ff.). Mit Verfügung vom 7. Februar 2019 (AS 854 ff.) wurde die Untersuchungshaft bis zum 8. Mai 2019 verlängert. Eine weitere Haftverlängerung wurde am 17. Mai 2019 bis zum 8. August 2019 verfügt (AS 867 ff.). Am 26. Juni 2019 wurde dem Beschuldigten schliesslich der vorzeitige Strafvollzug bewilligt (AS 880).
3. Am 6. November 2018 wurde gegen D.___ ein Strafverfahren wegen Raufhandels eröffnet (AS 614). Am 16. April 2019 wurde das Strafverfahren ausgedehnt auf den Vorhalt der versuchten vorsätzlichen Tötung (AS 615). Am 18. April 2019 wurde D.___ in Belgien verhaftet und am 17. Juli 2019 an die Schweiz ausgeliefert. Am 19. Juli 2019 ordnete das Haftgericht die Untersuchungshaft für die Dauer von 6 Wochen (19. Juli 2019 – 30. August 2019) an (AS 679 ff., 709 ff.). Am 20. August 2019 wurde das Strafverfahren gegen D.___ vom Verfahren gegen den Beschuldigten abgetrennt (AS 616).
4. Am 25. September 2019 erhob die Staatsanwaltschaft beim Richteramt Solothurn-Lebern Anklage gegen den Beschuldigten wegen versuchter vorsätzlicher Tötung (Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB), Raufhandel (Art. 133 Abs. 1 StGB), falscher Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 StGB), evtl. Irreführung der Rechtspflege (Art. 304 Ziff. 1 StGB), und qualifizierter Freiheitsberaubung und Entführung (Art. 183 Ziff. 1 i.V.m. Art. 184 Abs. 4 StGB).
5. Am 23. Juni 2020 fällte das Amtsgericht Solothurn-Lebern das nachfolgende Urteil (Akten Vorinstanz S. [VAS] 99 ff.):
1. A.___ hat sich schuldig gemacht: - der versuchten vorsätzlichen Tötung, begangen am 3. November 2018; - des Raufhandels, begangen am 3. November 2018; - der falschen Anschuldigung, begangen am 16. April 2019; - der qualifizierten Freiheitsberaubung und Entführung, begangen am 16. April 2019. 2. A.___ wird verurteilt zu: a) einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren und 4 Monaten; b) einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je CHF 10.00, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren.
3. A.___ sind 594 Tage Untersuchungs- und Sicherheitshaft bzw. vorzeitiger Strafvollzug an die Freiheitsstrafe angerechnet. 4. Zur Sicherung des Strafvollzugs wird A.___ für sechs Monate, d. h. bis zum 23. Dezember 2020, in Sicherheitshaft gesetzt. 5. A.___ wird für die Dauer von 10 Jahren des Landes verwiesen. 6. Die Landesverweisung wird im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben. 7. Folgende beschlagnahmten Gegenstände (alle Aufbewahrungsort Polizei Kanton Solothurn, Asservate) sind dem Beschuldigten auf entsprechendes Verlangen hin zurückzugeben: - Herrenjacke, Marke Heidi, blau; - Sweatshirt, Marke Your Turn, schwarz; - Turnschuhe, Marke Nike, grün; - T-Shirt, Marke Paris; - Jeans, Marke Denim; - Fingerring. Ohne ein solches Begehren werden die Gegenstände drei Monate nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils vernichtet. 8. Folgende beschlagnahmten Gegenstände (alle Aufbewahrungsort Polizei Kanton Solothurn, Asservate) sind dem Berechtigten E.___ E.___ auf entsprechendes Verlangen hin zurückzugeben: - 1 Jeanshose, Marke Denim, hellblau, mit Ledergurt; - 1 Sweatshirt Marke Forty Five, weiss; - 1 Unterleibchen, weiss; - 1 Unterhose, Marke Gomati, grau; - 1 Paar Socken, schwarz; - Turnschuhe, Marke Fashion, schwarz. Ohne ein solches Begehren werden die Gegenstände drei Monate nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils vernichtet. 9. Das sichergestellte Messer und die beschlagnahmte Herrenjacke, grün, (Aufbewahrungsort: Kantonspolizei Solothurn, Asservate) werden eingezogen und sind durch die Polizei nach Rechtskraft des Urteils zu vernichten. 10. a) Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Roman Baumann Lorant, wird auf CHF 35'721.40 (Honorar CHF 30'480.00, Auslagen CHF 2'687.50, 7.7 % Mehrwertsteuer CHF 2'553.90) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten (von A.___) erlauben. b) Es wird festgestellt, dass die Zentrale Gerichtskasse dem amtlichen Verteidiger bereits CHF 20'000.00 inkl. MwSt. (als Vorschuss für den Aufwand bis und mit 2. Mai 2019) überwiesen hat, so dass ihm noch die Differenz von CHF 15'721.40 auszubezahlen ist. 11. A.___ hat die Kosten des Verfahrens mit einer Staatsgebühr von CHF 6'400.00, total CHF 41'500.00, zu bezahlen.
6. Am 29. Juni 2020 meldete der Beschuldigte gegen das erstinstanzliche Urteil die Berufung an (VAS 112).
7. Am 31. August 2020 wurde dem Beschuldigten das begründete Urteil zugestellt (VAS 208).
8. Am 14. September 2020 erklärte der Beschuldigte die Berufung (Akten Berufungsverfahren S. [BAS] 8). Die Berufungserklärung richtet sich gegen die Schuldsprüche wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, Raufhandel sowie qualifizierte Freiheitsberaubung und Entführung (Ziff. 1 des erstinstanzlichen Urteils), die Strafzumessung (Ziff. 2), die Anordnung der Landesverweisung und deren Ausschreibung im SIS (Ziff. 5 und 6) sowie die Kostenfolgen (Ziff. 11). Der Beschuldigte beantragt hinsichtlich des Vorwurfs der falschen Anschuldigung eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von maximal 9 Monaten unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges bei einer Probezeit von 2 Jahren sowie die Auferlegung der Verfahrenskosten zu maximal 10 % und die Ausrichtung einer Genugtuung/Entschädigung für Überhaft. Weiter beantragte der Beschuldigte in seiner Berufungserklärung die Befragung des Geschädigten E.___ und von I.___ anlässlich der Berufungsverhandlung.
9. Die Staatsanwaltschaft verzichtete mit Eingabe vom 17. September 2020 (BAS 20) auf das Erheben einer Anschlussberufung und die Stellung von Beweisanträgen.
10. Mit Verfügung des Instruktionsrichters vom 4. November 2020 wurden die Parteien sowie der Geschädigte E.___ und I.___ als Zeugen zur Berufungsverhandlung vom 18. März 2021 vorgeladen (BAS 23).
11. Zufolge unbekannten Aufenthaltes wurden die beiden Zeugen mit Verfügungen vom 16. November 2020 (BAS 49) und 20. November 2020 (BAS 52) wegverfügt.
12. Mit Verfügung des Instruktionsrichters vom 8. Dezember 2020 wurde die Sicherheitshaft für den Beschuldigten für die Dauer des Berufungsverfahrens weitergeführt (BAS 56).
II. Gegenstand des Berufungsverfahrens und zu beurteilende Vorhalte
Bereits in Rechtskraft erwachsen sind folgende Ziffern des erstinstanzlichen Urteils:
- Ziff. 1, 3. Lemma: Schuldspruch hinsichtlich des Vorhalts der falschen Anschuldigung zum Nachteil von D.___ - Ziff. 7 - 9: Herausgabe von sichergestellten Gegenständen - Ziff. 10: Höhe der Entschädigung des amtlichen Verteidigers
Die noch zu beurteilenden Vorhalte lauten wie folgt:
1. Versuchte vorsätzliche Tötung (Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB) begangen am 03. November 2018, ca. um 00:26 Uhr, in Solothurn, Rossmarktplatz, z.Nt. von E.___, indem der Beschuldigte mutmasslich mit einem herkömmlichen Sackmesser (übliche Klingenlänge) in einem dynamischen Geschehen während der Auseinandersetzung gemäss nachstehender Ziffer 2 vorsätzlich einmalig wuchtig in die linke Rippenseite des Geschädigten stach. Der Geschädigte erlitt aufgrund der Stichbewegung im Bereich des 8. Zwischenrippenraumes links auf der Axillarlinie liegend eine 3 cm lange Stichverletzung mit einer Stichtiefe von mind. 3 cm in das Lungengewebe, was zu einem penetrierenden Thoraxtrauma sowie einer inneren Blutung von ca. 300 ml in die Brusthöhle führte. Im Bereich der Einstichstelle wurde ein Umgebungshämatom diagnostiziert. Ohne sofortige medizinische Intervention wäre die Verletzung lebensgefährlich gewesen. Der Geschädigte befand sich vom 3. November 2018 bis am 7. November 2018 in Spitalpflege. Aufgrund des hohen Risikos, dass der Messerstich lebenswichtige Organe wie Herz, Lunge Aorta verletzt, nahm der Beschuldigte den Tod des Geschädigten mindestens in Kauf.
2. Raufhandel (Art. 133 Abs. 1 StGB) begangen am 03. November 2018, ca. um 00:26 Uhr, in Solothurn, Rossmarktplatz, indem sich der Beschuldigte an einer wechselseitigen tätlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen (E.___, F.___, H.___ und G.___ gegen J.___, K.___, I.___, D.___ und den Beschuldigten) vorsätzlich beteiligte. Die Tatbeteiligung des Beschuldigten ergibt sich aus der in der vorstehenden Ziffer beschriebenen Verhaltensweise, bzw. weil er D.___ am Kragen packte, sich mit den Fäusten prügelte und mit einem Hosengurt in der Hand bewaffnet seine Freunde und Kollegen durch physische Präsenz unterstützte. Der Beschuldigte E.___ wurde bei der Auseinandersetzung schwer verletzt (siehe Vorhalt vorstehende Ziffer), die anderen Teilnehmer des Raufhandels wurden gefährdet, ebenfalls verletzt zu werden.
4. Qualifizierte Freiheitsberaubung und Entführung (Art. 183 Ziff. 1 i.V.m. Art. 184 Abs. 4 StGB) begangen am 16. April 2019, um 14:10 Uhr, in Solothurn, Wassergasse 23, Untersuchungsgefängnis Solothurn, in mittelbarer Täterschaft, z.Nt. von D.___, indem der Beschuldigte durch seine falsche Anschuldigung gemäss vorstehender Ziffer die Strafverfolgungsbehörden vorsätzlich veranlasste, den Geschädigten am 18. April 2019 in Belgien im Hinblick auf seine Auslieferung verhaften zu lassen. Der Beschuldigte nahm seine falsche Anschuldigung erst in der Einvernahme vom 17. Juni 2019 zurück, bzw. kündigte eine korrigierte Aussage mit Eingabe vom 23. Mai 2019 an, weshalb der Beschuldigte in Kauf nahm, dass die Strafverfolgungsbehörden dem Geschädigten länger als zehn Tage die Freiheit entziehen.
Der bereits rechtskräftige Schuldspruch bezieht sich auf folgenden Vorwurf:
3. Falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 StGB) begangen am 16. April 2019, um 14:10 Uhr, in Solothurn, Wassergasse 23, Untersuchungsgefängnis Solothurn, z.Nt. der Rechtspflege des Kantons Solothurn bzw. von D.___, indem der Beschuldigte bei der Einvernahme wider besseres Wissen aussagte, D.___ habe E.___ am 3. November 2018 in Solothurn die Stichverletzung zugefügt. Durch diese Aussage belastete der Beschuldigte den Geschädigten wissentlich der versuchten vorsätzlichen Tötung, obwohl der Geschädigte diese Tat nicht begangen hat, was auch der Beschuldigte wusste. Der Beschuldigte beabsichtigte mit diesem Verhalten, gegen den Geschädigten eine Strafverfolgung herbeizuführen. Gestützt auf die Äusserungen des Beschuldigten eröffnete die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn gleichentags eine Strafuntersuchung wegen versuchter vorsätzlicher Tötung.
III. Sachverhalt und Beweiswürdigung
1. Objektive Beweismittel
1.1. In der Wohnung von G.___ in [Ort2] wurden eine Blutspur am Türrahmen in der Küche sowie eine hellbraune Jacke mit Kapuze und eine blaue Jeanshose, beide ebenfalls mit Blutspuren, sichergestellt. Eine DNA-Untersuchung ergab, dass es sich sowohl beim Blut am Türrahmen sowie auch bei dem an der Jacke festgestellten Blut um dasjenige von G.___ handelte. Die Blutspur an der Hose wurde nicht ausgewertet (AS 56 ff.).
1.2 In der Umgebung des Tatortes konnten an zahlreichen Orten Blutspuren des Beschuldigten sichergestellt werden (AS 90): an der Hausfassade der Liegenschaft Dornacherplatz 3/7 («Helvetia-Gebäude»), Westfassade (Seite Schöngrünstrasse), auf dem Trottoir bei der Vitrine des Bestattungsdienstes Zuber, Rossmarkplatz 4, am Boden beim Geländer an der Ecke der Liegenschaft Dornacherplatz 3/7 (südöstliche Ecke), am Boden im Innenhof der Liegenschaft Dornacherplatz 3/7 (Nordseite) sowie auf dem Trottoir vor dem Eingang Rossmarkplatz 14 (Thai-Massage). Weiter wurden unbekannte Blutspuren bei den Parkplätzen Schöngrünstrasse, Höhe Eingang «AdventureRooms» sowie am Türgriff des besagten Eingangs, in der Passage Richtung Norden sowie auf dem Trottoir vor dem Nordeingang des Volkshauses sichergestellt (AS 88, 90 f.). Zudem wurde bei der Liegenschaft Dornacherstrasse 26 ab dem Bahnschotter ein Küchenschnitzer mit rotem Griff sichergestellt, welcher jedoch als Tatwaffe ausgeschlossen werden konnte (AS 88, 90 f.). Schliesslich wurde auf dem Trottoir auf der Nordseite des Volkshauses ein Metallring mit Blutanhaftungen des Beschuldigten sichergestellt (AS 88, 90 f.).
1.3 Vom Geschädigten konnten zahlreiche Kleidungsstücke mit Blutspuren sichergestellt werden. Die Blutspuren wurden indes nicht ausgewertet. Unter anderem wurde ein weisses Unterleibchen des Geschädigten sichergestellt, welches eine mit einem Messerstich auf der linken Seite zu vereinbarende Beschädigung und grossflächige Blutanhaftungen aufwies (AS 89, 91, 160 ff).
1.4 Ab der Lasche des rechten Schuhes des Beschuldigten konnte dessen Blut gesichert werden. Die weiteren sichergestellten Kleider des Beschuldigten, u.a. eine blaue Jeansjacke und eine graue Jeanshose, wiesen keine Blutspuren auf (AS 88 f., 91).
1.5 Ab dem linken Ärmel der Jacke von K.___ konnten Bluttropfen gesichert werden, deren DNA einem Mischprofil von K.___ und des Beschuldigten entsprach (AS 88, 90 f.).
1.6. Hinsichtlich sämtlicher gesicherten Spuren kann auch auf die entsprechenden Pläne und Fotodokumentation in den Akten verwiesen werden (AS 118 ff., 237 f.).
1.7. Beim Geschädigten wurde gemäss Bericht des Bürgerspitals Solothurn, INOS Chirurgie, vom 3. November 2018 eine 3 cm lange Einstichstelle am Thorax, hintere Axillarlinie, Höhe 7/8 ICR links mit anamnestisch unklarer Tiefe, mit einem Umgebungshämatom und einem ausgeprägten Hautemphysem festgestellt. Das CT Thorax Abdomen ergab einen ausgeprägten Hämato-/Pneumothorax links mit nicht verlagerter Trachea und Thoraxkontusion im Bereich der Einstichstelle. Es wurde eine Thoraxdrainage angelegt und der Geschädigte wurde stationär aufgenommen. Weitere Verletzungen wurden nicht festgestellt (AS 197 f.).
Dem Bericht der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefässchirurgie des Bürgerspitals Solothurn vom 5. November 2018 (AS 211 ff.) lässt sich folgendes entnehmen: Eintritt, 3. November 2018, stationär, Entlassung nach Hause am 7. November 2018 in gutem Allgemeinzustand. Penetrierendes Thoraxtrauma links, 2.11.2018. Hämato- und Pneumothorax links nach Messerstichverletzung mit Thoraxkontusion. 3.11.2018 CT Body: Stichverletzung mit Stichkanal auf Höhe der 9. Rippe lateral links, welcher bis 3 cm tief in den posterobasalen Lungenunterlappen verfolgbar ist im Sinne einer Lungenlazeration. Konsekutiv Hämatopneumothorax links (max. Lamelle Hämatothorax 2.5 cm), teilkollabierter linker Lungenflügel sowie Weich-teilemphysem laterothorakal links. Keine Verletzung der parenchymatösen Oberbauchorgane. 3. – 6.11.2018: Thoraxdrainageeinlage links. 6.11.2018 Rx Thorax pa/lat nach Drainagentfernung: Winkelerguss links. Kein Infiltrat. V.a. kleinen Restpneumothorax links lateral. Weichteilemphysem. Es sei unter anästhesiologischer Herzkreislaufüberwachung und Sedation die Einlage einer Bülaudrainage mit sofortigem Entleeren von ca. 300 ml Blut erfolgt. Der Patient sei zur engmaschigen klinischen Überwachung auf die Intensivstation verlegt worden. Bei rascher Stabilisierung der pulmonalen und analgetischen Situation sei der Patient am 3.11.2018 auf die chirurgische Bettenstation übernommen worden.
Dem Bericht des Amteiarztes Dr. L.___ über die Untersuchung vom 3. November 2018 (AS 200) lässt sich folgendes entnehmen: Der Geschädigte sei schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Sein Allgemeinzustand sei reduziert, doch sei der Kreislauf stabil, weil der Blutverlust mässig gewesen sei. Es bestünden keine neurologischen Ausfälle. Es liege ein einzelner Stich von mehreren Zentimeter Tiefe vor, der von einem Tatwerkzeug mit einer 1 cm breiten Klinge stamme. Die Klinge sei in den Thoraxraum eingetreten und habe zu einem Schrumpfen der linken Lunge und einer mässig starken Blutung nach aussen in den Thoraxraum geführt. Es sei weder das Zwerchfell noch der Bauchraum verletzt worden. Es seien keine grösseren Blutgefässe in Mitleidenschaft gezogen worden und es sei nicht zu einem grossen Blutverlust gekommen. Es habe keine Lebensgefahr bestanden. Mit der Wahl des Stiches in den linksseitigen Thorax habe der Täter eine lebensgefährliche Verletzung jedoch in Kauf genommen. Eine Verletzung des Herzens einer grösseren Arterie sei möglich gewesen. In den Akten befindet sich ein weiterer nicht unterzeichneter Bericht von Dr. L.___ mit leicht abweichendem Wortlaut (AS 202). Dieser Bericht erläutert am Schluss, lebenswichtige Organe wie Herz und Aorta befänden sich in unmittelbarer Nähe des Stichkanales. Schliesslich befindet sich ein weiterer kurzer Bericht über eine Untersuchung vom 6. November 2018 durch Dr. L.___ in den Akten (AS 203). Der Geschädigte habe am 1. November 2018 (recte 3. November 2018) nicht vollständig untersucht werden können, weil er wegen der installierten Absaugpumpe nicht habe bewegt werden dürfen. Ausser der im ersten Bericht erwähnten Stichverletzung in den Thorax habe der Geschädigte keine weiteren Verletzungen aufgewiesen. Die Verletzungen des Geschädigten wurden fotografisch dokumentiert (s. AS 151 ff., 204).
1.8. Dem Bericht über die Untersuchung des Beschuldigten durch Dr. L.___ vom 7. November 2018 lassen sich folgende Verletzungen entnehmen (AS 222): diskretes Brillenhämatom; 1 cm lange oberflächliche Schnittwunde am Mittelglied des rechten Zeigefingers, die bereits verschorft ist; unregelmässig begrenzte Schürfwunde von 5 cm auf 2 cm über der rechten Kniescheibe. Das Brillenhämatom stamme vermutlich von einem Schlag ins Gesicht und die Schnittverletzung könne durch eine Selbstverletzung mit einem Messer entstanden sein. Die Knieverletzung könne von einem Sturz stammen, obwohl der Beschuldigte behaupte, er sei mit einem Gurt aufs Knie geschlagen worden. Es seien keine genauen Konturen festzustellen, die einem Gurt entsprechen würden. Auch die Verletzungen des Beschuldigten wurden fotografisch dokumentiert (AS 219 ff.).
1.9. Dem Bericht des IRM Bern vom 26. November 2018 lässt sich entnehmen, dass der Geschädigte einen Blutalkohol von rückgerechnet 0.69 – 1.09 Gewichtspromille aufweise. Drogen wurden keine festgestellt (AS 225 f.).
2. Aussagen Verfahrensbeteiligte, Auskunftspersonen, Zeugen
2.1 Beschuldigter
Der Beschuldigte machte anlässlich der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft vom 7. November 2018 (AS 755 ff.) zusammengefasst folgende Aussagen:
In der [...]-Bar hätten sich H.___ und D.___ gestritten. Als er sich eingeschaltet habe, habe sich H.___ zu ihm umgedreht, habe eine Flasche genommen und ihn mit «Hurensohn» betitelt. Er sei dann mit H.___ nach draussen gegangen. Draussen sei dann eine Gruppe gekommen, die ihn geschlagen habe. Gegen die Nase und die Hände. Einer habe ihn mit dem Fuss gegen das Gesicht getreten. Er sei zu Boden gegangen. Er habe die anderen gebeten, ihn in Ruhe zu lassen, diese hätten ihn jedoch mit den Schuhen geschlagen. Er sei auch mit einer Flasche gegen das Gesicht geschlagen worden. Am Boden habe er ein rotes Messer gesehen. Es sei nicht seines gewesen. Er wisse nicht, von wem das Messer gekommen sei, es sei von den anderen Personen gewesen. Es sei ihm zu eng gewesen, worauf er sich verteidigt habe. Die anderen hätten Flaschen und Gurte gehabt. Er wisse nicht, ob er jemanden verletzt habe. Er habe das Messer dann einfach liegen lassen und sei gegangen. Es seien mehrere Sachen am Boden gelegen. Er habe einfach etwas in die Hand genommen. Er wisse nicht, ob es ein Messer gewesen sei. Als er nach draussen gegangen sei, seien die anderen auch rausgekommen. F.___ und G.___ seien dabei gewesen. Die anderen hätten ihn dann ohne Grund von hinten geschlagen, worauf er zu Boden gegangen sei. Am Boden habe er ein Portemonnaie und ein Messer gesehen. Er habe das Messer genommen und sich verteidigt. Alle hätten ihn mit dem Gurt geschlagen, H.___ habe ihm die Flasche auf sein rechtes Handgelenk geschlagen. Alle seien einfach zu ihm gekommen, von hinten und von vorne. Er habe dann einfach mit dem Messer eine Stichbewegung mit der rechten Hand gemacht. Er wisse nicht, ob er dabei jemanden verletzt habe. Sie hätten ihn auch mit Schuhen ins Gesicht geschlagen, als er am Boden gelegen sei. Er habe sich verteidigen müssen. Er sei auf dem Boden gewesen, habe das Messer genommen, sei aufgestanden und habe sich verteidigt. Er wisse nicht, wo das Messer jetzt sei. Er habe es nicht mitgenommen. Die Klinge sei ganz klein gewesen, fingergross. Er habe den anderen nur Angst machen wollen. Als er das Messer in der Hand gehalten habe, hätten F.___, H.___ und G.___ ihn angegriffen. Die anderen kenne er nicht (nach Vorlage einer Fotoliste identifizierte er den Geschädigten). Es seien etwa sechs Personen gewesen. Der Geschädigte sei von hinten gekommen und habe ihn mit einer Flasche geschlagen. Er sei von hinten gekommen und habe ihn festgehalten. Zu dieser Zeit habe er das Messer schon gehabt. E.___ habe ihn mit der Flasche auf den Rücken geschlagen und ihn mit den Armen festgehalten. Er wisse nicht, was er mit dem Messer gemacht habe. Er sei zweimal zu Boden gegangen. Dann habe er das Messer gefunden, sei aufgestanden und alle hätten ihre Gürtel rausgenommen und ihn geschlagen. Dann sei der Geschädigte von hinten gekommen und habe ihn mit der Flasche geschlagen und ihm beide Arme festgehalten. Sie hätten ihn gegen den Kopf und den Hals geschlagen. Er könne nicht sagen, wie der Geschädigte verletzt worden sei. Die Klinge des Messers habe man zuklappen können. Der Griff sei rot gewesen, mit einem Kreuz. Das Messer sei offen gewesen, als er es am Boden ergriffen habe. Wenn man mit so einem Messer gegen den Oberkörper eines Menschen steche, dann entscheide Gott, ob dieser sterbe nicht. Sein Auge sei auch noch geschwollen gewesen, weil sie ihn mit den Schuhen geschlagen hätten. Er sei dann gegangen, Richtung Bahnhof. Dabei habe er I.___ getroffen. Dann sei auch noch G.___ gekommen. Er habe sich dann von I.___ entfernt und sei weitergegangen. Gesprochen habe er mit I.___ nicht. Er habe da kein Messer in der Hand gehalten. Er habe die kleine grüne Taschenlampe in der Hand gehalten, die man in seinen Effekten sichergestellt habe. Die Lampe habe er mit dem Griff nach vorne gehalten. Sie sei nicht eingeschaltet gewesen. Es sei dunkel gewesen. Er habe I.___ gesagt, dass er das Messer leicht hin und her bewegt habe, als sie ihn geschlagen hätten. Er habe I.___ gesagt, dass er vielleicht jemanden verletzt haben könnte. Er habe das Messer nicht weggeschmissen. Dieses sei zu Boden gefallen, als sie ihm auf die Hände geschlagen hätten. Er habe keinen Streit mit D.___ gehabt.
Anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 23. November 2018 (AS 516 ff.) machte der Beschuldigte im Wesentlichen folgende Aussagen:
Er sei von F.___, H.___, G.___ und dem Geschädigten geschlagen worden. Als er nach draussen gegangen sei, habe ihn H.___ mit dem Fuss geschlagen, worauf er zu Boden gegangen sei. Er wisse nicht, was die anderen gemacht hätten. Sie hätten ihn mit dem Fuss gegen die Nase geschlagen. F.___, H.___ und G.___ hätten gegen ihn getreten. Er habe aufstehen wollen, sie hätten ihn aber ins Gesicht geschlagen, worauf er wieder nach hinten gefallen sei. Am Boden habe er dann das Messer gesehen und sich damit verteidigt. H.___ habe ihn gegen das Handgelenk geschlagen, worauf das Messer zu Boden gegangen sei. Er könne sich nicht erinnern, wie er das Messer auf dem Boden genommen habe. Er habe es etwa eine Minute in der Hand gehalten. Auf die Frage, ob er mit dem Messer jemanden verletzt habe (Frage 94) schüttelte der Beschuldigte den Kopf. Er könne nicht sagen, dass er jemanden mit dem Messer geschlagen habe, er sei ja selbst geschlagen worden. Er sei mit Flaschen und dem Fuss geschlagen worden (gegen das Gesicht). Auch mit dem Gurt sei er geschlagen worden. Er habe das Messer in der rechten Hand gehalten und sei am Daumen, Zeigefinger und kleinem Finger verletzt worden. Er könne nicht sagen, wer ihn verletzt habe. Er sei am Gesicht, den Händen, dem Rücken und dem Knie verletzt worden. Seine Hand und das Knie seien geschwollen gewesen. Der Geschädigte habe ihn mit der Flasche geschlagen und ihn festgehalten. Auf Vorlage verschiedener Fotografien mit Messern, identifizierte der Beschuldigte ein Schweizer Armee-Messer (Victorinox) mit rotem Griff als typengleiches Messer.
Anlässlich der staatsanwaltlichen Einvernahme vom 16. April 2019 (AS 541 ff.) sagte der Beschuldigte Folgendes aus:
H.___ habe ihn mit «Hurensohn» betitelt. Draussen habe H.___ ihn dann mit dem Fuss getreten, worauf er zu Boden gegangen sei. Er habe die anderen nicht gesehen, wie diese gekommen seien. Sie hätten ihn einfach alle geschlagen. Auch sein Cousin (D.___) und I.___ seien draussen gewesen. Er, der Beschuldigte, sei am Boden gewesen und habe aufstehen wollen. Er habe nicht aufstehen können, weil sie ihn nochmals geschlagen hätten. Der Geschädigte sei mit I.___ am Kämpfen gewesen. Dann sei sein Cousin gekommen und habe ihn mit dem Messer «geschlagen». Dieser sei betrunken gewesen und habe das Messer dann weggeworfen und sei mit I.___ weggegangen. Er, der Beschuldigte, habe I.___ dann auch noch gesehen und ihm gesagt, dass er geschlagen worden sei. Als D.___ mit dem Messer gestochen habe, sei dieses zu Boden gefallen. Er, der Beschuldigte, habe es dann Richtung Busshaltestelle geworfen. Dort habe es dann auf dem Trottoir gelegen. Auf Vorhalt, dass I.___ und G.___ ihn an der Ecke des Helvetia-Gebäudes mit einem Messer gesehen hätten: dies sei falsch. Er habe eine Lampe gehabt. Das Messer habe er nicht mehr gehabt. G.___ habe ihn einfach gefragt, wer den Geschädigten geschlagen habe, worauf er gesagt habe, er wisse es nicht. Anlässlich dieser Einvernahme erklärte der Beschuldigte dann auch, dass er mit schlagen stechen meine. In seinem Sprachgebrauch gebe es kein eigenes Wort für stechen. Er habe mit eigenen Augen gesehen, wie der Geschädigte und I.___ gestritten hätten und D.___ dann zugestochen habe. Es stimme nicht, was der Geschädigte sage, dass er, der Beschuldigte, sich mit D.___ gestritten habe. Er, der Beschuldigte, habe in den früheren Einvernahmen gelogen, als er gesagt habe, er selber habe sich mit dem Messer verteidigt. Sie hätten ihn geschlagen. Der Geschädigte und I.___ seien am Kämpfen gewesen. D.___ habe mit H.___ gestritten und dann einfach den Geschädigten gestochen. Er, der Beschuldigte, habe das Messer schon in der Bar gesehen, als D.___ Geld habe aus der Hosentasche nehmen wollen. D.___ habe das Messer in der Tasche gehabt. Er habe D.___ dann gesagt, er solle nichts Falsches machen. Er, der Beschuldigte, habe sich am Finger verletzt, als er das Messer weggeworfen habe. Er habe das Messer am Spitz genommen. Der erste, der ihn, den Beschuldigten, geschlagen habe, sei H.___ gewesen. Dann seien G.___, F.___ und der Geschädigte gekommen. Die anderen, die ihn auch geschlagen hätten, kenne er nicht mit Namen. Er selbst habe niemanden geschlagen. Er habe einfach seine Zähne geschützt. Am Anfang habe der Geschädigte ihn mit einer Flasche gegen den Rücken geschlagen und ihn gehalten. Später habe der Geschädigte sich mit I.___ geprügelt.
Anlässlich der staatsanwaltlichen Einvernahme vom 17. Juni 2019 (AS 556 ff.) sagte der Beschuldigte Folgendes aus:
Er werde heute die Wahrheit sagen. D.___ und H.___ hätten Streit gehabt. H.___ habe dann eine Flasche genommen und ihn, den Beschuldigten, mit «Hurensohn» beleidigt. Er habe dann gesehen, dass D.___ ein Messer habe. Dieses sei offen gewesen. Er, der Beschuldigte, habe D.___ dann das Messer abgenommen und in seine Hosentasche gesteckt. Dann sei er nach draussen gegangen. H.___ sei hinter ihm hergekommen und habe ihn draussen mit dem Fuss geschlagen. Darauf sei er nach hinten gegangen, es sei ihm schwindlig geworden. Alle seien gekommen, F.___, G.___ und die anderen. Sie hätten ihn mit dem Gurt, der Hand und allem Möglichen geschlagen. Er sei am Boden gewesen und habe aus der Nase geblutet. Er habe eine Frau gehört, die gesagt habe: «lassen sie doch diesen Jungen». Er wisse nicht, wie er das Messer hervorgeholt habe. Seine Augen seien geschwollen gewesen. Er wisse auch nicht, wen er geschlagen (gestochen) habe. Es seien alle um ihn herum gewesen. Sein Cousin habe ihm dann gesagt, er solle sagen, dieser habe gestochen. Er wisse nicht, wo das Messer sei. Als sie ihn auf den rechten Unterarm geschlagen hätten, habe er nicht gesehen, wo das Messer hingefallen sei. Er habe nicht gewusst, wo er den Geschädigten gestochen habe. Er habe nicht gewusst, wo und wen. Er sei einfach verzweifelt gewesen. Sie hätten ihn einfach geschlagen. Er habe erst später vom Geschädigten erfahren, dass er ihn gestochen habe. Er habe in der Bar das Messer von D.___ genommen. Die Klinge sei offen gewesen. Er habe es mit der Spitze nach unten in seine Hosentasche getan. Er habe nicht gewusst, wie er das Messer hätte zuklappen können. Er sei einfach gestresst gewesen. Es sei ihm zu eng gewesen, als alle auf ihn zugekommen seien. Der eine habe ihn mit der Flasche geschlagen, der andere mit der Faust. Er habe Angst um sein Leben gehabt. Er sei mehrmals getroffen worden. Als H.___ ihn geschlagen habe, sei er nach hinten gegangen und habe seinen Kopf geschützt. Es sei ihm schwindlig geworden und er habe versucht, aufzustehen. Der Geschädigte sei von hinten gekommen und habe ihn festgehalten. Er habe versucht, von ihm wegzugehen und sich zu befreien. Von vorne sei F.___ gekommen und die anderen zwei Personen, welche er nicht namentlich kenne. Diese hätten ihn mit dem Gurt geschlagen. Es sei ihm zu eng geworden. Er habe nicht weggehen können. Er sei dann wieder am Boden und kraftlos gewesen. Es seien mehr als 20 Personen dort gewesen und keiner habe ihm geholfen. H.___ und der Geschädigte seien dort gewesen. Er habe nicht gewusst, wo D.___ sei. I.___ sei auch dort gewesen, dieser sei aber auch ein Freund von G.___. Er sei einfach am Boden gewesen. Als er auf den Knien gewesen sei, habe er mit dem Messer eine «Fuchtelbewegung» gemacht. Er habe nicht gewusst, wen er verletzt habe. Seine Augen seien geschwollen gewesen. Die Verletzung am Finger sei wahrscheinlich davon gekommen, dass er das Messer aus der Hosentasche genommen habe. Er wisse nicht, wo das Messer sei. Es stimme nicht, dass G.___ ihn mit dem Messer in der Hand beim Helvetia-Gebäude gesehen habe. Auf die Frage, ob er denn nicht gespürt gesehen habe, dass er mit dem Messer eine Person getroffen habe, antwortete der Beschuldigte: Nein, zu dieser Zeit habe er es nicht gewusst. Er habe schon ganz am Anfang gesagt, dass es sein könne, dass er jemanden mit dem Messer gestochen habe, er wisse es aber nicht (Rz. 229 – 233).
Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung machte der Beschuldigte folgende Aussage:
Als H.___ ihn mit «Hurensohn» beschimpft habe, habe er sich bedankt und sei zu D.___ an den Tisch gesessen. Dort habe er dann das Messer gesehen und es D.___ abgenommen. Als er dann nach draussen gegangen sei, sei H.___ hinter ihm hergekommen. Dieser habe ihn dann von hinten gepackt, worauf er zu Boden gegangen sei. Er wisse nicht wie, aber sie hätten ihn dann mit den Füssen, Fäusten und mit Gurten geschlagen. Er habe aufstehen wollen, doch der Geschädigte habe ihn von hinten festgehalten. Er habe sich befreien und wegrennen wollen, aber nicht gekonnt, da G.___ und H.___ vor ihm gestanden seien. Er habe Angst um sein Leben gehabt. Sie seien um ihn herumgestanden und hätten «schlag ihn, schlag ihn» gerufen. Er wisse nicht mehr, wie er das Messer herausgenommen und gestochen habe. Er sei nicht wütend gewesen, wegen der Beleidigung von H.___. Er habe keinen Grund gehabt, zu kämpfen. Er habe niemanden verletzen wollen. Er habe sich nur verteidigt. Er habe sich auf den Knien mit dem Messer verteidigt, indem er mit der rechten Hand mit dem Messer herumgefuchtelt habe. Deswegen habe er auch eine Schürfwunde am Knie gehabt. Er habe das Messer offen mit der Spitze nach unten in der Hosentasche gehabt. Nein, er habe sich nicht verletzt, als er runter gekniet sei. Er habe sich vielmehr nur am Finger verletzt. Wie, wisse er jedoch nicht mehr genau. Er habe auch geschwollene Augen gehabt. Er habe nicht darüber nachgedacht, was mit dem Messer passieren könne. Es sei ihm zu eng gewesen. Das Messer sei dann verloren gegangen. Es seien zwei Lager gewesen: der Geschädigte, H.___, G.___ und F.___. Andererseits, I.___, D.___ und er. Er habe eine Taschenlampe in der Hand gehabt, als I.___ ihn beim Helvetia-Gebäude gesehen habe. Er habe erst im Gefängnis erfahren, dass er den Geschädigten verletzt habe.
Vor Obergericht sagte der Beschuldigte Folgendes aus:
Es sei nicht sein Ziel gewesen, Streit zu suchen. Er habe mit D.___, seinem Cousin weggehen wollen. H.___ und D.___ hätten gekämpft. Er sei aufgestanden und habe gefragt, wieso sie kämpften. Und daraufhin habe H.___ gesagt, dass er ein Hurensohn sei. Er habe ihm gesagt, ihm nicht so zu sagen, und sei weggegangen. D.___ habe ein Messer gehabt. Er, der Beschuldigte, habe dieses mitgenommen, damit D.___ keine Probleme habe und damit etwas mache. H.___ sei ihm nachgekommen und habe ihn in den Rücken geschlagen. Als er zu Boden gegangen sei, seien einfach alle gekommen. H.___, E.___ und die anderen. Sie hätten ihn mit der Flasche geschlagen. Er habe nach Hause wollen, auf den Zug. Alle hätten ihn geschlagen, gegen das Gesicht und die Nase. Er habe einfach das Messer rausgenommen. Er wisse nicht, ob er jemanden verletzt habe.
Der Beschuldigte bestätigte seine frühere Aussage, E.___ habe ihn von hinten festgehalten, worauf er mit dem Messer gefuchtelt habe. Damit konfrontiert, dass diese Version nicht mit der Stichverletzung des Geschädigten in Verbindung gebracht werden könne, sagte der Beschuldigte aus, E.___ habe ihn nur beim ersten Mal von hinten festgehalten. Beim zweiten Mal seien sie von vorne gekommen. Und dann habe er das Messer benutzt. In dem Moment, als er mit dem Messer gefuchtelt habe, sei E.___ vor ihm gewesen. Beide seien von vorne gekommen.
2.2 Geschädigter
Der Geschädigte E.___ machte anlässlich der staatsanwaltlichen Einvernahme vom 4. November 2018 zusammengefasst folgende Aussagen (AS 444 ff.):
Er sei mit H.___ in die [...]-Bar gegangen. Er sei um ca. 18:00 Uhr dort angekommen. Als er später draussen habe telefonieren wollen, seien vor der Bar zwei Personen am Streiten gewesen. Er sei dazwischen gegangen. Dann habe er plötzlich einen Stich gespürt. Er habe nicht gesehen, wie er gestochen worden sei, es müsse aber einer der beiden, die gestritten haben, gewesen sein. I.___ sei auch noch dazu gekommen. Er wisse nicht, ob dieser die beiden ebenfalls habe trennen wollen. Auf Frage, ob ihn auch I.___ gestochen haben könnte: Er glaube nicht. Dieser sei erst später gekommen (AS 449). I.___ sei aus der Bar gekommen und zu den zwei streitenden Personen gegangen. Dies sei etwa fünf sechs Minuten nachdem er, der Geschädigte, verletzt worden sei, geschehen. I.___ sei mit zwei drei anderen aus der Bar gekommen. Vorher seien nur er, der Geschädigte, und die zwei streitenden Personen anwesend gewesen. Die beiden, die gestritten hätten, seien zusammen mit I.___ und noch ca. 5 weiteren Personen in der Bar gewesen. Sie hätten sich gegenseitig festgehalten. Er habe sie auseinander nehmen wollen und dann habe er einen Stich gespürt. (AS 450). Der eine der beiden, der gestritten habe, habe ein blaues Cap getragen. Der andere einen grauen Schal. Der mit der Kappe sei rechts von ihm gestanden, der mit dem Schal links. Er vermute, dass der mit dem Schal ihn gestochen habe. Er habe nicht gesehen, ob eine der beiden Personen verletzt gewesen sei.
Anlässlich der staatsanwaltlichen Einvernahme vom 14. November 2018 (AS 456 ff.) machte der Geschädigte folgende Aussagen:
Er sei verletzt worden, als er vor der Bar habe schlichten wollen. Nach Vorlage einer Fotomappe: Er denke, dass ihn die Nr. 1 (A.___) gestochen habe. Die Nr. 2 (D.___) sei mit dem Beschuldigten am Streiten gewesen. Diese beiden seien mit Nr. 3 (K.___) und Nr. 4 (I.___) zusammen gewesen. Nr. 1 und 2 hätten sich am Kragen gepackt. Sie seien wahrscheinlich betrunken gewesen. Er sei nicht geschlagen getreten worden. Er habe keine Stichwaffe gesehen. Er sei dazwischen gegangen und habe versucht die beiden zu trennen. Er habe erst später gemerkt, dass er verletzt sei. Er habe den Stich nicht gespürt. Er habe das erst ca. 10 Minuten später realisiert. Danach seien noch andere Leute nach draussen gekommen. Als er bemerkt habe, dass er verletzt sei, sei er zur Treppe reingegangen und habe H.___ gerufen, damit dieser ihn zum Arzt bringe. Er vermute, dass die Nr. 1 ihn gestochen habe. Dies, weil die Nr. 1 auf seiner linken Seite gestanden sei und er auf der linken Seite verletzt worden sei. Am Anfang seien nur die beiden (Nr. 1 und 2) draussen gewesen. Später sei dann Nr. 4 (I.___) gekommen. Als I.___ nach draussen gekommen sei, habe er, der Geschädigte, seine Verletzung schon bemerkt gehabt. Es stimme nicht, dass er in der Bar mit H.___ Streit gehabt habe. In der Bar sei kein Streit gewesen. Er habe H.___ erst später gerufen, als er verletzt gewesen sei. H.___ sei dann rausgekommen und habe versucht, die beiden festzuhalten. Diese seien aber weggerannt. Er habe nicht gesehen, dass der Beschuldigte D.___ verletzt gewesen seien. Er glaube nicht, dass D.___ sich geprügelt habe, da dieser ja den Krankenwagen gerufen habe und bei ihm gewesen sei. G.___ sei erst später gekommen und habe sich auch nicht geprügelt. Er habe keinen Schlag ins Gesicht bekommen. Die bei ihm festgestellte Orbitalbodenfraktur sei vom letzten Jahr. Nur der Beschuldigte und D.___ hätten gestritten. Da seien nur die beiden und er draussen gewesen. Als die Polizei gekommen sei, habe er nicht viel gesehen. Da sei er verletzt auf der Seite gewesen. Es stimme nicht, dass er den Beschuldigten mit einer Flasche attackiert habe. Er habe gar keine Flasche dabeigehabt. Er habe nur geschlichtet. Er sei sich sicher, dass der Beschuldigte und D.___ sich gestritten hätten und dass der Beschuldigte links von ihm gestanden sei. Nachdem er verletzt worden sei, sei er zur Türe gegangen und habe H.___ gerufen. Dieser habe zur Toilette gehen wollen. Die Bar sei da fast leer gewesen.
2.3 M.___
M.___ berichtete anlässlich ihrer Einvernahme vom 5. November 2018, sie sei mit ihrem Ehemann und einem befreundeten Ehepaar zu Fuss von der Altstadt Richtung Kino Capital gegangen, wo sie ihre Fahrräder abgestellt hätten. Da sei eine Gruppe von etwa 15 Personen daher gerannt gekommen. Die seien mit den Fäusten aufeinander losgegangen. Waffen hätte sie keine gesehen. Es sei ein Durcheinander gewesen, jeder gegen jeden. Plötzlich hätten sie gemerkt, dass einer einen Gürtel in der Hand gehabt und mit diesem auf andere eingeschlagen habe. Weiter habe sie gesehen, dass in einem Zweikampf einer zu Boden gegangen sei. Dieser habe ein weisses T-Shirt getragen. Der andere, der bei ihm gestanden sei, habe noch mit dem Fuss gegen ihn getreten (gegen den Körper). Als sie dann ihre Fahrräder aufgeschlossen und hätten abfahren wollen, sei ein Mann aus dieser Gruppe gekommen. Dieser sei auf der anderen Strassenseite beim Volkshaus in Richtung Bahnunterführung gegangen. Er habe ein helles Oberteil getragen, das auf der rechten Seite (würde sie sagen) mit Blut verschmiert gewesen sei. Ein anderer habe sich um ihn gekümmert. Die Zeugin zeichnete die Ereignisse auf einem Plan ein (AS 252). Die Gruppe sei vom Eingang der [...]-Bar auf sie zugekommen. Die Schlägerei habe dann an der Ecke des Volkshauses (Berntorstrasse-Rossmarktplatz) stattgefunden. Der Mann mit dem weissen T-Shirt sei etwas östlich davon, nördlich vom Volkshaus, am Boden gelegen. Die ganze Gruppe habe sich dann Richtung Osten verschoben. Nachdem sie dann Ihre Fahrräder aufgeschlossen hätten, habe sie einen Mann mit einem hellen Oberteil vor dem Eingang der [...]-Bar gesehen, welcher aus der Richtung, wo die Schlägerei stattgefunden hatte, Richtung Bahnhofunterführung gelaufen sei. Dieser habe auf der rechten Seite geblutet und sich die Seite gehalten. Ein Kollege habe sich um ihn gekümmert. Sie habe dann kombiniert, dass dies derjenige gewesen sei, der nördlich vom Volkshaus am Boden gelegen und getreten worden sei. Sicher könne sie dies jedoch nicht sagen. Waffen hätte sie keine gesehen, nur eine Person, die mit dem Gürtel dreingeschlagen habe. Diese habe aber nicht auf den am Boden liegenden Mann eingeschlagen. Das sei in einer anderen Szene gewesen (Antwort auf Frage 3, AS 249).
2.4 N.___
N.___ sagte anlässlich der Einvernahme vom 16. November 2018 bei der Kantonspolizei Bern (AS 272 ff.) aus, der Beschuldigte sei mitten in der Nacht zu ihm gekommen. Er sei im Gesicht verletzt gewesen und überall sei Blut gewesen. Der Beschuldigte habe seine blutige Kleidung bei ihm gelassen, er habe sie dann gewaschen. Er habe ihm gesagt, er sei geschlagen worden. Das Blut auf seiner Kleidung stamme von seinen Verletzungen (am Knie und Arm). Er wisse nicht, ob der Beschuldigte ihm auch gesagt habe, dass er jemanden verletzt habe.
2.5 O.___
O.___ sagte anlässlich seiner Befragung vom 4. Dezember 2018 (AS 278 ff.) aus, nichts gesehen zu haben. Er sei erst nach dem Streit gekommen. Er sei mit K.___ zusammen von Olten gekommen. Sie seien zuerst in die [...]-Bar, dies sei so um 22:30 Uhr, 23:00 Uhr gewesen. Die Kollegen seien dann noch nicht da gewesen. Er sei dann für ca. eine Stunde an die Aare hinter dem Coop gegangen. Dann sei er wieder in die Bar zurück. Er habe dort mit dem Beschuldigten und I.___ abgemacht. Diese seien jedoch erst später gekommen, nachdem er, O.___, mit K.___ von der Aare zurückgekommen sei (Antworten 1 ff.). Diese seien dann nach ca. einer halben Stunde rausgegangen und hätten gestritten. Er habe den Beschuldigten draussen gesehen. Dieser habe Verletzungen an Stirn und Gesicht gehabt (Blut). Dann sei die Polizei gekommen. Darauf seien er, I.___ und K.___ zu einer anderen Bar gegangen (Antwort 33). Der Beschuldigte sei zusammen mit I.___ und einer anderen Person in die Bar gekommen. Der Beschuldigte sei dann mit einer zweiten Person, die er nicht kenne, nach draussen auf die Toilette gegangen und lange weggeblieben. Später sei auch I.___ rausgegangen und anschliessend K.___. Sie hätten dann gesehen, dass der Beschuldigte Blut im Gesicht und an den Fingern gehabt habe. Sie hätten diese Verletzungen mit einem Papier verbunden. Das sei zwischen den Gebäuden Rossmarktplatz 4 und 12 gewesen. Dann sei die Polizei gekommen. Wer mit wem gestritten habe, habe er nicht gesehen. Etwa vier bis fünf Minuten, nachdem sie nach draussen gegangen seien, sei die Polizei gekommen. Dann seien alle weggelaufen, auch der Beschuldigte. Sie hätten dann I.___ gesucht und ihn schliesslich nördlich vor dem Volkshaus gefunden. Der Beschuldigte sei da schon weg gewesen. Ab diesem Zeitpunkt sei I.___ ständig bei ihnen gewesen. I.___ habe ihnen gesagt, dass er auch geschlagen worden sei. Auf den Rücken. Er habe jedoch nicht gewusst, von wem. Er habe aber gemeint, mit dem Gurt. Dann hätten sie I.___ über den Beschuldigten gefragt. I.___ habe auch nicht gewusst, wie die Verletzungen des Beschuldigten passiert seien. Er habe gesagt, dass ihn eine Gruppe geschlagen habe. Ob der Beschuldigte etwas in den Händen gehalten habe (Frage 54): Nein, dieser habe nur einen Schal gehabt. Der Schal sei nass vom Blut gewesen. Er selber habe keine Schlägerei gesehen (Antwort 65). Was er dazu sage, dass der Beschuldigte zusammen mit I.___ an der süd-östlichen Ecke des Helvetia-Gebäudes gesehen worden sei (Frage 66): Als I.___ bei ihnen gewesen sei, seien sie noch zu einer anderen Bar gegangen. Darauf sei er, O.___, mit K.___ nach Hause gegangen.
2.6 G.___
G.___ machte anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 3. November 2018 (AS 300 ff.) folgende Aussagen:
Der Barbesitzer habe ihnen gesagt, dass draussen ein Streit sei. Als sie rausgegangen seien, hätten sie die Polizei und den Geschädigten gesehen, der verletzt gewesen sei. Sie seien dann mit dem Verletzten ins Spital (Frage 2). Der Geschädigte sei an diesem Abend mit H.___ zusammen gewesen. In der Bar habe es keine Auseinandersetzung gegeben (Antwort 34). Er habe keine Leute nach draussen rennen sehen, bevor der Wirt sie über die Auseinandersetzung orientiert habe (Antwort 37). Als er, J.___, mit P.___ aus der Bar gekommen sei, sei der Geschädigte vor dem Eingang gewesen und F.___ habe ihm geholfen. Auf der anderen Seite sei die Polizei gewesen. Der Geschädigte sei gestanden und nicht auf dem Boden gelegen. Der Geschädigte sei dann mit F.___ zur Bushaltestelle gelaufen (Antwort 43). Der Geschädigte habe ihm gesagt, dass sie gestritten hätten und er von mehreren Personen geschlagen worden sei (Antwort 44/45). Er, J.___, sei schliesslich zu Fuss mit F.___, H.___ und K.___ ins Spital gegangen. Dazwischen habe sich nichts ereignet. Auf Frage 51, gemäss Polizei habe er gemeldet, dass sich zwei Personen, eine davon mit einem Messer und blutverschmiert hinter dem Helvetia-Gebäude befänden. Was er dazu sage: Es gäbe eine Person welche auch Blut am Oberschenkel gehabt habe. Er wisse nicht ob es eine Verletzung gewesen sei nur Blut. H.___ kenne diese zwei Personen. Die eine habe Blut am Oberschenkel gehabt und der andere wohne in [Ort1]. Er habe das nicht selber gesehen aber H.___ habe gesagt, dass diese beiden Personen bereits zuvor gestritten hätten. Ob es sich dabei um die beiden Personen beim Helvetia-Gebäude handle (Frage 52): H.___ habe gesagt, dass diese beiden mit dem Geschädigten gestritten hätten. Er, G.___, habe diese zwei Personen auf der anderen Seite des Gebäudes gesehen. Als er dies H.___ erzählt habe, habe dieser gesagt, die beiden hätten mit dem Geschädigten gestritten. Auf Frage 56 zeichnete der Befragte den Ort, wo er die beiden gesehen habe, an der südöstlichen Ecke des Helvetia-Gebäudes ein (Skizze auf AS 312). Er habe die beiden gesehen, als er H.___ gesucht habe. Dieser sei dann bei der Bushaltestelle gewesen, als er, G.___, zurückgekommen sei (Antwort 59/60). Einer der beiden sei von [Ort1]. Der andere sei blutverschmiert gewesen (Antwort 63). Der eine sei neben dem Metall gestanden. Er habe gesehen, dass dieser Mann ein Messer in der Hand gehalten habe. Er sei angelehnt gewesen und habe die Hand nach unten neben seinem Oberschenkel gehalten. Dort seien die Hosen blutverschmiert gewesen (Antwort 64). Er habe die Spitze/Klinge des Messers gesehen (Antwort 65/66). Der mit dem Messer habe eine hellblaue Jeansjacke und Jeanshose getragen (Antwort 67). Als er die beiden gefragt habe, ob sie den Geschädigten geschlagen hätten, hätten sie dies verneint, worauf er weggegangen sei (Antwort 73). H.___ habe ihm erzählt, dass diese beiden Personen den Geschädigten geschlagen hätten (Antwort 75). H.___ habe ihm auch gesagt, dass der aus [Ort1] I.___ heisse (Antwort 79/80). Auf Vorlage eines Fotoblattes identifizierte der Befragte H.___ (Nr. 1) und F.___ (Nr. 2). Weiter identifizierte er I.___ (Antwort 92/93).
Anlässlich der Einvernahme vom 23. November 2018 (AS 318 ff.). machte G.___ folgende Aussagen:
In der Bar habe es keinen Streit gegeben (Antwort 36). Den Beschuldigten kenne er nicht (Antwort 40). Er sei mit P.___ nach draussen gegangen. Er könne nicht sagen, wer alles draussen gewesen sei. Er habe den Geschädigten verletzt gesehen und die Polizei sei schon da gewesen (Antworten 44 ff.). Später habe er dann beim Helvetia-Gebäude zwei Personen getroffen. Er kenne nur I.___ (Antwort 63/64). Auf Vorlage eines Fotoblattes (AS 331, auf dem sich der Beschuldigte als Nr. 1 befindet; Antwort 66): Ob die zweite Person neben I.___ auf dem Fotoblatt ersichtlich sei ? Es sei dunkel gewesen. Er habe diesen nicht richtig gesehen. Er könne es nicht sagen (Antwort 67). Die zweite Person kenne er nicht. Diese habe ein Messer dabei und Blut am Oberschenkel gehabt (Antwort 68 und 76). Er habe nicht gesehen, wer vor der Bar gestritten habe. Er sei einfach nach draussen gegangen und der Geschädigte sei schon verletzt gewesen. Der Streit sei bereits vorbei gewesen. Er habe den Streit nicht mitbekommen (Antwort 84 ff.). Dass er den Beschuldigten geschlagen haben solle, sei eine Lüge (Frage 93). Er habe mit niemandem gestritten, das Blut an seinen Kleidern und in seiner Wohnung müsse von seinen Fingern kommen (Antwort 100). Das Blut könne nur von ihm dem Geschädigten sein (Antwort 102). Er nehme immer die Haut um den Daumennagel weg, daher könnte das Blut kommen (Antwort 103).
2.7 H.___
Anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 3. November 2018 (AS 341 ff.) machte H.___ folgende Aussagen:
Der Streit sei nicht in der Bar, sondern draussen gewesen. Er sei nicht sicher, wer den Geschädigten verletzt habe. Der Geschädigte sei ein Verwandter von ihm. Einen, der mit dem Täter unterwegs gewesen sei, kenne er, der wohne in [Ort1]. Als es zur Auseinandersetzung gekommen sei, sei er oben in der Bar am Trinken gewesen. Er habe nur gesehen, dass der Geschädigte draussen gewesen sei und geblutet habe. Dieser habe ihn gerufen, dass er ihm einen Arzt rufe. Er habe versucht, sie zurückzuhalten, aber sie seien weggerannt (Antworten 1 – 5). Dann seien die Täter also noch draussen vor Ort gewesen, als er nach draussen gekommen sei (Frage 6): Ja, sie seien draussen gewesen. Er wisse nicht, wer die Auseinandersetzung gesehen habe (Antwort 7). Er kenne die Täter nicht und habe sie auch nicht gesehen. Diese seien in Richtung Coop davongerannt. Er kenne nur I.___ (Antwort 14). Der sei mit der Gruppe zusammen gewesen. Es könne sein, dass dieser den Täter kenne. I.___ wohne in [Ort1]. Er wisse nicht, weshalb es zur Schlägerei gekommen sei. Vier Personen seien in Richtung Coop davongerannt. Einer davon sei I.___ gewesen. Die anderen drei habe er vorher noch nie gesehen.
Anlässlich der Einvernahme vom 15. November 2018 (AS 348 ff.) machte H.___ folgende Angaben:
Er habe den Beschuldigten an jenem Abend in der Bar das erste Mal gesehen. F.___ sei sein Kollege. G.___ kenne er auch. Er sei mit dem Geschädigten in die Bar gegangen. In der Bar sei er mit F.___ zusammen gewesen. Er selber sei am Streit nicht beteiligt gewesen. Der Geschädigte habe ihn gerufen, nachdem dieser bereits verletzt gewesen sei. Er sei auf dem Weg zur Toilette gewesen. Er habe dann versucht, den Beschuldigten zu halten, aber dieser sei weggerannt. Es seien drei vier gewesen. In der Bar sei nichts passiert. Als er nach draussen gekommen sei, sei er schockiert gewesen. Die ganzen Klamotten des Geschädigten seien blutig gewesen. Danach habe er nur auf den Beschuldigten geschaut, der ihn verletzt habe. Dies habe ihm der Geschädigte erzählt, dass der Beschuldigte ihn verletzt habe. Der Beschuldigte sei neben gegenüber dem Geschädigten gewesen. Er habe den Geschädigten gefragt, wer ihn verletzt habe, dieser habe dann auf den Beschuldigten gezeigt. Neben dem Geschädigten seien drei vier Leute gewesen. Diese seien etwa 5 – 10 Meter entfernt vom Geschädigten gestanden. Er habe dann zum Beschuldigten gehen und ihn festhalten wollen. Dieser sei aber mit den anderen drei vier davongerannt. Er habe ihn nicht festhalten können. F.___ sei nach ihm, H.___, aus der Bar gekommen. G.___ sei auch nicht draussen gewesen. Dieser sei in der Bar gewesen. Der Geschädigte sei gestanden, als er, H.___, aus der Bar gekommen sei. Der Geschädigte habe die Hände auf seine Verletzung gedrückt. Er habe niemanden kämpfen sehen. Er habe auch nicht gesehen, ob der Beschuldigte etwas in den Händen gehalten habe, als er davongerannt sei. Er wisse nichts davon, dass mehrere Leute vor der Bar aufeinander losgegangen seien. Der Geschädigte sei zum Telefonieren nach draussen gegangen. Dort habe er schlichten wollen. Dann sei es passiert. Er wisse nicht, zwischen wem der Geschädigte habe schlichten wollen. Dieser habe ihm nur gesagt, dass er habe schlichten wollen und dabei verletzt worden sei. Dies habe er ihm gesagt, als er ihn im Spital besucht habe. Es stimme nicht, dass er, H.___, den Beschuldigten in der Bar mit «Hurensohn» beschimpft habe. Er habe auch keine Flasche in die Hände genommen. Er habe nie gestritten und auch keinen Streit gesehen. Er kenne D.___ nicht. Dieser sei an diesem Abend aber auch in der Bar gewesen. Er habe aber nicht mit D.___ gestritten und auch nicht mit ihm gesprochen. Er habe nichts gesehen und nichts gemacht.
Anlässlich der Einvernahme vom 22. Januar 2019 (AS 358 ff.) gab H.___ im Wesentlichen folgendes zu Protokoll:
Er sei bei der Schlägerei nicht dabei gewesen. Er habe den Beschuldigten nicht geschlagen. Die Aussagen des Beschuldigten sowie von K.___ und I.___ seien falsch. Der Geschädigte habe ihn gerufen, als er verletzt worden sei. Er habe ihm gesagt, dass der Beschuldigte ihn mit einem Messer verletzt habe. Der Beschuldigte sei mit seinen Kollegen 2 – 3 Meter von ihnen entfernt gestanden. Auf Vorlage einer Fotomappe identifizierte H.___ D.___ (Nr. 2), I.___ (Nr. 4) und K.___ (Nr. 3) als Kollegen, die beim Beschuldigten gestanden seien. Der Geschädigte habe ihm gesagt, dass der Beschuldigte ihn verletzt habe. Dies jedoch erst, als dieser mit seinen Kollegen schon gegangen sei. Er habe einfach einen der Gruppe festhalten wollen, weil der Geschädigte ihm gesagt habe, dass diese Gruppe ihn verletzt habe. Alle seien Richtung Coop gerannt. Ob er sie verfolgt habe: Nein, er sei dann wieder zum Geschädigten zurückgegangen. Er sei zuerst schon hinter ihnen hergerannt, bis zum Parkplatz beim Coop.
2.8 K.___
K.___ machte anlässlich der Einvernahme vom 6. November 2018 (AS 372 ff.) folgende Aussagen:
Er sei mit O.___ in der Bar gewesen und habe Schreie gehört. Sie seien dann rausgegangen. Viele seien schon draussen gewesen mit Flaschen. Sie seien am Streiten gewesen, auch mit Gürtel. Dann sei die Polizei und ein Krankenwagen gekommen. Sie hätten den Geschädigten genommen und H.___ sei mit der Polizei mitgegangen. Sie seien dann zum Bahnhof gegangen. Er, O.___ und noch mehrere andere, die mitgelaufen seien. Der Barbesitzer habe ja Feierabend gemacht. I.___ sei nachgekommen. Sie seien dann alle zu einer anderen Bar gegangen. I.___ habe ihm erzählt, dass er versucht habe zu schlichten. Dann hätten sie versucht, auch ihn zu schlagen und er habe sich schützen müssen. Er, K.___, sei zusammen mit O.___ und I.___ in der Shisha-Ecke in der Bar gewesen. Er sei ganz spät rausgegangen, als der Geschädigte schon verletzt gewesen sei. Er und O.___ hätten erst zuletzt erfahren, dass einer verletzt sei. I.___ habe ihm erzählt, dass er auch rausgegangen sei und mitgestritten habe. Nach Vorlage einer Fotographie (AS 392): Es könne sein, dass D.___ und der Beschuldigte auch in der Bar gewesen seien. Er habe sie aber nicht gesehen (Antwort 105). Als die Polizei gegangen sei, seien sie auch gegangen, zum Bahnhof. I.___ sei etwas später nachgekommen. D.___ sei bei der Schlägerei auch da gewesen. Einer sei verletzt gewesen. Er wisse nicht, wer ihn verletzt habe (Antwort 127). Er sei mit dem Beschuldigten zusammen gewesen. Dann sei die Schlägerei passiert. Nachdem der Geschädigte verletzt worden sei, seien alle rausgerannt. Sogar I.___ sei nicht mehr bei ihnen gewesen (Antwort 137). Als er an diesem Abend in die Bar gekommen sei, seien alles eritreische Leute da gewesen. K.___ und H.___ seien da gewesen. Der Beschuldigte und D.___ seien nicht dort gewesen. D.___ sei mit I.___ später gekommen, so um 22:30 – 23:00 Uhr. Als er, K.___, gekommen sei, sei der Beschuldigte draussen gestanden. Bei der Schlägerei seien die auf der Fotobeilage (AS 392) dabei gewesen, also I.___, D.___ und der Beschuldigte. Diese hätten den Geschädigten auch «erstochen». Er wisse aber nicht wer von ihnen (Antwort 166/167). Er, K.___, habe nur versucht zu schlichten. Der Geschädigte sei da schon verletzt gewesen, als er rausgekommen sei. Er habe versucht sie zu stoppen. Es seien mehrere Leute gewesen. H.___ sei dabei gewesen. Auch Kollegen von ihm. Er kenne diese jedoch nur vom Sehen. Der Beschuldigte und D.___ seien mit den Gürteln in die Schlägerei involviert gewesen. Er wisse aber nicht, wer den Geschädigten mit dem Messer verletzt habe. I.___ habe versucht zu schlichten und sie hätten versucht ihn zu schlagen (Antwort 180 ff.). Als er, K.___, gesehen habe, dass die anderen mit Flaschen nach draussen gegangen seien, sei auch er nach draussen gegangen. Da sei der Geschädigte aber schon verletzt gewesen. Ihm sei nicht bekannt, ob der Beschuldigte ein Messer dabeigehabt habe (Antwort 187). Es könne sein, dass das Blut auf seine, K.___, Jacke gekommen sei, als er versucht habe zu schlichten (Antwort 189).
Anlässlich der Einvernahme vom 21. November 2018 (AS 393 ff.) gab K.___ folgendes zu Protokoll:
Er kenne den Geschädigten nur vom Sehen. Den Beschuldigten kenne er gut. Sie hätten ein gutes Verhältnis. Er habe den Beschuldigten über I.___ kennengelernt. Der Beschuldigte und der Geschädigte seien an diesem Abend auch in der [...]-Bar gewesen. Er selber sei in der Bar gewesen und erst gekommen, als der Streit schon fast vorbei gewesen sei. Alle seien dort gestanden, als er gekommen sei. Er habe nicht gesehen, dass sich der Beschuldigte und der Geschädigte aktiv an der Schlägerei beteiligt hätten. Der Streit sei draussen gewesen. Als er nach draussen gekommen sei, sei der Geschädigte schon verletzt gewesen. Die Polizei sei auch schon da gewesen. Der Streit sei fast fertig gewesen. Er habe den Abend in der [...]-Bar hauptsächlich mit I.___ und O.___ in der Shisha-Ecke verbracht. Als er gesehen habe, dass alle hinausgegangen seien, sei er diesen hinterhergegangen. Nach dem Streit seien viele rausgegangen, auch er zusammen mit O.___. Der Streit sei schon vorbei gewesen und er habe E.___ verletzt gesehen. Die anderen, ca. 10 Personen, seien ein paar Meter weiter östlich gewesen. Diese seien gestanden. Der Streit sei schon vorbei gewesen. 2 – 3 Minuten später sei dann auch die Polizei gekommen. Als die Polizei gekommen sei, seien alle abgehauen. Er selber sei zurück in die Bar gegangen, nachdem der Krankenwagen gekommen sei. Er habe den Beschuldigten draussen bei den anderen gesehen. Dieser sei an der Nase verletzt gewesen. In der Gruppe seien sonst neben ihm selber, K.___, I.___, F.___, H.___, G.___ und J.___ gestanden. Ausser dem Geschädigten und dem Beschuldigten habe er keine Verletzten gesehen. Der Beschuldigte, I.___, H.___ und J.___ hätten einen Gurt in der Hand gehabt. Ein Messer habe er nicht gesehen. Er habe nicht gesehen, dass jemand eine Flasche in der Hand gehalten habe. Am Boden habe er aber kaputte Flaschen gesehen, jedoch kein Messer. Auf Vorhalt, die Polizei habe von einer Schlägerei berichtet und er selber sei ja schon da gewesen, als die Polizei gekommen sei. Wie es denn sein könne, dass – wie er sage – in diesem Zeitpunkt keine Schlägerei mehr im Gange gewesen sei (Frage 82): Als er da gewesen sei, sei der Streit vorbei gewesen und alle seien nur noch dagestanden. Er habe nicht gesehen, wer mit wem gestritten habe. Es seien viele Leute dort gewesen. D.___ sei hinter ihm gewesen. Er selber, K.___, habe sich an der Schlägerei nicht beteiligt. Das könne auch der Geschädigte bestätigen. Auf Vorhalt, wie das Blut auf seine Jacke gekommen sei (Fragen 94 ff.): Ein Blutspritzer habe seine Jacke getroffen. Es könne sein, dass jemand Blut an seine Jacke geschmiert habe.
2.9 F.___
F.___ machte anlässlich der Einvernahme vom 3. November 2018 (AS 427 ff.) folgende Aussagen:
Er sei an diesem Abend alleine in die [...]-Bar gegangen. Er habe drinnen mit Kollegen etwas getrunken. Der Geschädigte sei draussen gewesen. Sie hätten sich gefragt, was dieser draussen so lange mache. Da sei er dann zusammengeschlagen worden. Er, F.___, sei mit H.___ zusammengesessen und habe gesehen, wie der Geschädigte alleine nach draussen gegangen sei. Als er dann rausgegangen sei, habe der Geschädigte einen Blutfleck an der Brust runter gehabt. Er sei rausgegangen, weil so viele Leute am Rumschreien gewesen seien. Der Geschädigte sei auf der Seite gelegen. Er sei dann mit ihm bis zum Coop gelaufen. Dann sei die Polizei und Ambulanz gekommen. Er glaube, der Geschädigte habe einen Messerstich auf der Seite erlitten. Er sei mit H.___ zusammen etwa 8 Minuten nach dem Geschädigten rausgegangen. Draussen habe er I.___ neben dem Geschädigten gesehen. I.___ sei mit einer Gruppe zusammen gewesen. Die anderen Personen kenne er nicht. Diese seien dann geflüchtet, als die Polizei gekommen sei. Es seien vier Leute gewesen. Einer davon sei I.___ gewesen. Er habe den Geschädigten erst gesehen, als dieser schon zusammengeschlagen worden war und am Boden lag (Rz. 97 f.). Die von der Vierer-Gruppe hätten sich noch gegenseitig gestritten, als er rausgekommen sei. Sie seien dann vor der Polizei geflüchtet. Einer der vier habe ein Basball-Cap und eine Jeans-Jacke gehabt. Ein anderer habe einen Schal gehabt. Wie der Dritte ausgesehen habe, wisse er nicht mehr. I.___ wüsste es. Dieser sei mit den drei unterwegs gewesen. Er könne sich nicht mehr genau erinnern, ob die vier zusammen weggegangen seien. Er sei mit dem Geschädigten beschäftigt gewesen (Rz. 103 ff.). Die vier hätten sich nur gegenseitig angeflucht, während der Geschädigte am Boden lag. Nicht mit Gewalt (Rz. 126 f.). Er sei zuerst alleine draussen beim Geschädigten gewesen. H.___ und P.___ seien später dazu gekommen, wie er glaube. Er sei mit dem Geschädigten zusammen zum Coop gelaufen, als die Ambulanz gekommen sei. Da seien P.___ und H.___ auch rausgekommen und seien auch mit ins Spital gekommen. Die beiden hätten von innen gehört, dass es draussen Lärm gebe. Deswegen seien sie rausgekommen (Rz. 134 ff.). Er sei mit H.___ und G.___ zu Fuss ins Spital gegangen. P.___ sei mit der Ambulanz mit (Rz. 140 ff.).
Anlässlich der Einvernahme vom 19. November 2018 (AS 435 ff.) gab F.___ Folgendes zu Protokoll:
H.___ sei um 19:00 Uhr in die [...]-Bar gekommen. Sie hätten dort den Abend zusammen verbracht. Er sei nur mit H.___ zusammen gewesen. Es sei zu keinem Streit gekommen in der Bar. Er kenne den Beschuldigten nicht. Er selber habe niemanden geschlagen. Als er rausgekommen sei, sei der Geschädigte schon verletzt gewesen. Er habe dann den Krankenwagen gerufen. Dann habe er den Geschädigten mit zum Coop genommen und dann sei die Polizei gekommen. Was beim Streit draussen passiert sei, wisse er nicht. Als er nach draussen gekommen sei, seien der Beschuldigte, I.___ und zwei weitere, die er nicht kenne vor der Bar gewesen. H.___ und der Geschädigte seien auch da gewesen. Letzterer sei auf der Seite am Boden gesessen und die anderen vier seien auf der anderen Strassenseite gewesen. Es stimme nicht, dass es in der Bar zwischen H.___ und D.___ einen Streit gegeben habe, der Beschuldigte habe schlichten wollen und von H.___ mit «Hurensohn» beleidigt worden sei. Er, F.___, sei alleine nach draussen gegangen, nachdem er Schreie gehört habe, auch vom Beschuldigten. Er sei fast gleichzeitig mit H.___ nach draussen gegangen. H.___ sei zuerst gegangen.
2.10 I.___
I.___ gab anlässlich der Einvernahme vom 5. November 2018, 16:00 Uhr (AS 469 ff.) folgendes zu Protokoll:
Er sei mit einem Kollegen in der [...]-Bar gewesen. Dort seien viele Leute gewesen. Diese hätten sich gegenseitig geschlagen und er habe nach Hause gehen wollen. Sie hätten dann die Meinung geändert und seien nach Olten gegangen. Mehr könne er nicht sagen. Er sei dort gewesen und habe die Polizei gesehen, mehr habe er nicht gesehen und wisse auch nicht mehr. Auf Vorlage eines Fotos erkannte er den Beschuldigten und D.___. Letzterer lebe im Kanton Luzern, der Beschuldigte im Kanton Bern. Er wisse nicht alles, was dort passiert sei. Er habe aufs WC gewollt und habe dann festgestellt, dass eine Schlägerei stattfinde. Er habe sie trennen wollen. Es sei alles schnell gegangen und jemand sei verletzt worden. Er habe überhaupt gar nichts gemacht. Auf dem Weg zum WC habe er festgestellt, dass jemand verletzt sei. Er habe die Leute trennen wollen. Als er zum WC gegangen sei, seien viele Leute rausgegangen, weil draussen eine Schlägerei gewesen sei. Deswegen sei er dann auch rausgegangen. Er habe nur gesehen, dass eine Schlägerei stattfinde. Er habe die Leute trennen wollen. Sie hätten ihn hinten am Rücken leicht gekratzt. Sonst habe er nichts gesehen (Rz. 147 ff.). Danach sei die Polizei gekommen und er sei dann mit K.___ nach Olten gegangen. Er wisse nicht, ob er den Beschuldigten D.___ draussen bei der Schlägerei gesehen habe (Rz. 165 f.). Es könne sein, dass sie dort gewesen seien, er habe sie aber nicht gesehen (Rz. 175). Er wisse nicht, wer in die Schlägerei verwickelt gewesen sei (Rz. 197). Auf Vorlage von Beilage 3 (AS 481, Bild von G.___): Er kenne G.___ aus der Bar. Er wisse aber nicht, ob dieser an dem Abend in der Bar gewesen sei. Es stimme nicht, dass dieser ihn nach der Schlägerei noch mit einer anderen Person zusammen an der südöstlichen Ecke des Helvetia-Gebäude (AS 480) gesehen habe. Sie seien nach der Schlägerei direkt zum Bahnhof gegangen (Rz. 210 ff.). Es könne sein, dass G.___ ihn auf dem Weg zum Bahnhof an der südöstlichen Ecke des Helvetia-Gebäude (AS 480) gesehen habe (Rz. 235).
Anlässlich der Einvernahme vom 5. November 2018, 19.55 Uhr (AS 484 ff.) sagte I.___ das Folgende aus:
Er sei mit K.___ zur [...]-Bar gegangen. Dort habe er den Beschuldigten getroffen und gesehen, dass dieser blutverschmierte Klamotten gehabt habe (Rz. 26 – 28). Er sei mit dem Beschuldigten an der südöstlichen Ecke des Helvetia-Gebäude gewesen (Rz. 34 ff.). Er habe ihn dort zufällig getroffen und ihn gefragt, was passiert sei. Dieser habe ihm gesagt, dass er Streit gehabt habe. Der Beschuldigte habe eine blutige Nase und Blut auf der Hose gehabt. Er habe kein Messer gesehen. Es könne sein, dass er ein Messer gehabt habe (Rz. 61 ff.). Er habe etwas Kleines in der Hand gehabt. Es könne sein, dass es ein Messer mit einem roten Griff gewesen sei (Rz. 68). Er habe den Beschuldigten gefragt, was passiert sei. Dieser habe ihm gesagt, dass er jemanden verletzt habe, der im Spital sei. Dann sei der Beschuldigte weggegangen. Dann sei K.___ gekommen und sie seien nach Olten gefahren. K.___ habe den Beschuldigten nicht mehr gesehen. Er habe auf dem Bahnhof auf K.___ gewartet (Rz. 111 f).
Anlässlich der Einvernahme vom 20. November 2018 (AS 493 ff.) deponierte I.___ folgendes:
H.___ sei auch in der [...]-Bar gewesen. Er sei einfach bei dem Streit mit den anderen Personen gewesen, wo auch er, I.___, beteiligt gewesen sei. Er sei nicht mit K.___ zur [...]-Bar gekommen. K.___ sei mit O.___ gekommen. Sie hätten dort abgemacht und er, I.___, sei alleine gekommen. Bei der Bar seien F.___, K.___, H.___, G.___, der Beschuldigte, D.___, K.___, der Geschädigte und er gewesen. Er habe nicht gesehen, dass es in der Bar einen Streit gegeben habe. Draussen habe es eine Schlägerei gegeben. Der erste sei H.___ gewesen. Dieser habe sich mit D.___ gestritten (Rz. 139). Diese beiden hätten draussen einen Streit angefangen. Sie hätten mit den Fäusten zusammen gekämpft. Er habe die beiden noch trennen wollen. Dabei habe H.___ ihn gegen die Stirn geschlagen (Rz. 153 ff.). Zuerst habe H.___ ihn mit dem Bein geschlagen, dann habe er seine Haare festgehalten und seinen Kopf gegen den Boden geschlagen. F.___ und H.___ hätten ihn geschlagen. Eigentlich habe er F.___ von den anderen wegnehmen wollen. F.___ habe sich auch an der Auseinandersetzung beteiligt. F.___ habe noch mit den anderen gekämpft und er habe die zwei trennen wollen. F.___ habe ihn auch geschlagen. Auf Vorhalt, zuerst habe er gesagt, dass H.___ und D.___ gekämpft hätten. Jetzt soll auch F.___ beteiligt gewesen sein: Ja, dieser habe auch geschlagen. Sie hätten angefangen miteinander zu kämpfen und er habe versucht, sie zu trennen. Der Beschuldigte sei auch dort gewesen. Sie seien schwer am Kämpfen gewesen. H.___ und F.___ hätten ihn festgehalten. Er habe den Kampf nicht richtig beobachten können (Rz. 161 ff. und 170 ff.). Ob es demnach so sei, dass sich H.___ und F.___ gegen D.___ und den Beschuldigten geprügelt hätten? Ja (Rz. 184 ff.). G.___ sei nach draussen gekommen und habe sie einfach gesehen beim Helvetia-Gebäude. Er habe G.___ nicht kämpfen gesehen. Den Geschädigten habe er nur drinnen gesehen, nicht draussen. Es könne sein, dass der Beschuldigte von den anderen einfach geschlagen worden sei, er sei auch blutverschmiert gewesen (Rz. 206). Er selber sei von zwei Personen geschlagen worden, von F.___ und H.___. Die beiden hätten ihn von vorne und von hinten festgehalten. H.___ habe ihn festgehalten und geschlagen (Rz. 219). Dann habe ihn F.___ gegen die Stirn geschlagen (Rz. 221). Sie hätten gekämpft und die anderen hätten auch gekämpft. Er habe dann den Gurt herausnehmen müssen, damit er sich habe verteidigen können (Rz. 223 ff.). Als die Polizei gekommen sei, sei er einfach weggegangen. K.___ sei auch nach draussen gekommen, habe sich aber nicht geprügelt. Er sei erst später gekommen. O.___ sei mit ihm zusammen gewesen. Auch dieser habe sich nicht geprügelt. Er, I.___, habe am Bahnhof auf K.___ gewartet. Vorher habe er zufällig den Beschuldigten an der Ecke des Helvetia-Gebäudes getroffen. G.___ habe sie dort gesehen (Rz. 260 ff.). Sie hätten nichts geredet, nur «ciao, ciao». Der Beschuldigte habe an der Nase geblutet (Rz. 270 ff.). Auf Vorhalt: Er habe ihn nur gefragt, was passiert sei. Der Beschuldigte habe gesagt, er habe nur gekämpft. Er habe nicht gesagt, dass er jemanden verletzt habe (Rz. 282 ff.). Er wisse nicht, ob dieser einen Gegenstand in der Hand gehabt habe. Er habe einfach nur Blut gehabt (Rz. 291). Er habe an der Hand eine Verletzung gehabt (Rz. 295). Er sei ja am Streit beteiligt gewesen, wie er selber auch und dabei sei der Beschuldigte verletzt worden, wie er selber auch. Er habe nie gesagt, dass er beim Beschuldigten ein Messer in der Hand gesehen habe. Er habe etwas mit einer roten Farbe gesehen. Er habe die Farbe in seiner Hand gesehen (Rz. 307 ff.). Er habe nur gesehen, dass er in der Hand etwas Rotes gehabt habe (Rz. 314 ff.). Er habe an der Nase geblutet und auch am Oberkörper (Rz. 318 ff.). Er habe aber nicht gesehen, wie der Beschuldigte geschlagen worden sei. Er selber sei ja festgehalten worden (Rz. 321).
Anlässlich der Einvernahme vom 23. Januar 2019 (AS 510 ff.) sagte I.___ wie folgt aus:
Er habe den Geschädigten draussen vor der Bar nicht gesehen, nur drinnen. Draussen bei der Schlägerei als er verletzt worden sei, habe er ihn nicht gesehen (Rz. 50 f.). Er habe auch nicht gesehen, dass D.___ und der Beschuldigte miteinander gestritten hätten (Rz. 52 ff.). H.___ habe ihn, I.___, auf die Seite genommen (Rz. 56 f.). Er wisse nicht, wer alles gestritten habe. Es seien mehrere gewesen und er habe sich auch beteiligt. Er habe sie einfach auseinandernehmen wollen und H.___ habe ihn geschlagen (Rz. 76 f.). Auch F.___ habe ihn geschlagen. Die beiden hätten ihn festgehalten (Rz. 79 f.). Er habe auch einen Gurt in der Hand gehalten. Was solle er machen, wenn zwei drei Personen ihn schlagen würden. Er habe sich verteidigen müssen (Rz. 97 ff.). Er habe nicht gesehen, wie der Beschuldigte einen Gurt in der Hand gehabt habe (Rz. 110 f.). Er sei mit dem Beschuldigten und D.___ zusammen in der [...]-Bar gewesen. Er habe aber nicht gesehen, dass sich die beiden gestritten hätten (Rz. 123 ff.).
2.11 D.___
D.___ machte anlässlich der Befragung vom 30. Juli 2019 (AS 567 ff.) folgende Aussagen:
Er habe nicht mit dem Messer «geschlagen». Es sei eine Schlägerei gewesen. Der Beschuldigte und H.___ seien nach draussen gegangen. Er sei hinter ihnen hergegangen. H.___ habe den Beschuldigten geschlagen und dieser sei zu Boden. Er habe H.___ halten wollen. Dann seien mehrere Personen gekommen und hätten ihn geschlagen. Es sei einfach eine Schlägerei gewesen. Dann sei die Polizei gekommen und er sei weggerannt (Rz. 89 ff.). Er wisse nicht, ob der Beschuldigte und H.___ vorher in der Bar Streit gehabt hätten. Er habe das nicht mitbekommen. Sie hätten nur miteinander gesprochen. Als sie nach draussen gegangen seien, seien er und andere hinterhergegangen (Rz. 100 ff.). Dann habe H.___ geschlagen (Rz. 101). Als sie nach draussen gegangen seien, habe H.___ den Beschuldigten geschlagen (Rz. 116 ff.). Auf Vorlage eines Fotoblattes (AS 584 f.): er kenne nur den Beschuldigten, I.___ und H.___. K.___ kenne er auch, er wisse nicht, ob dieser auch dort gewesen sei (Rz. 123 ff.). Den Geschädigten kenne er vom Sehen her. Er wisse nicht, ob dieser beim Streit dabei gewesen sei (Rz. 128 ff.). Als er H.___ habe festhalten wollen, hätten die anderen ihn geschlagen. Er habe sich einfach gewehrt. Als sie ihn geschlagen hätten, habe er sie festgehalten. Er sei von mehreren Personen geschlagen worden. Er erkenne diese auf den vorgezeigten Fotos (AS 584 ff.) nicht. Es sei ja schon Abend gewesen. Sie hätten ihn an den Haaren festgehalten und ihn geschlagen (Rz. 133 ff.). Er, der Beschuldigte und I.___ seien zusammen in die Bar gekommen. Er habe an diesem Abend nicht mit eigenen Augen gesehen, wer den Geschädigten mit dem Messer verletzt habe. Er habe diesen auch nicht in der Bar gesehen (Rz. 149 ff.). Als H.___ den Beschuldigten geschlagen habe, sei dieser zu Boden gegangen. Mehrere Personen seien dann zu ihm, D.___, gekommen und hätten ihn an den Haaren gezogen und geschlagen (Rz. 177 ff.). Er habe sich nur gewehrt (Rz. 182). Er besitze kein Messer und habe an diesem Abend auch kein Messer verwendet. Er habe am 6. November 2018 mit dem Beschuldigten telefoniert und dieser habe ihm erzählt, dass er jemanden mit dem Messer verletzt habe und die Polizei ihn suche. Der Beschuldigte habe ihn dann gefragt, ob er sagen solle, dass er, D.___, es getan habe. Er habe geantwortet, ok, sag ihnen das (Rz. 194 ff.). Er selber habe nicht gesehen, ob der Beschuldigte ein Messer bei sich gehabt habe (Rz. 247 ff.). Zwei Tage vorher habe er mit H.___ in der Bar Streit gehabt. Sie hätten einfach getrunken und gestritten (Rz. 272 f.).
3. Beweiswürdigung und massgebender Sachverhalt
3.1 Die Beweiswürdigung gestaltet sich vorliegend angesichts der Vielzahl von Beteiligten und deren teilweise sehr widersprüchlichen Aussagen schwierig. Bei der Prüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen ist zu berücksichtigen, dass gegen mehrere befragte Personen selbst Strafverfahren wegen Raufhandels geführt wurden. Gemäss Anklageschrift waren zwei Gruppen in diesen Raufhandel verwickelt: Der Geschädigte zusammen mit F.___, H.___ und G.___ auf der einen Seite. Der Beschuldigte zusammen mit J.___, K.___, I.___ und D.___ auf der anderen Seite. Die jeweiligen Mitglieder der rivalisierenden Gruppen haben demnach ein Interesse, die Mitglieder der anderen Gruppe zu belasten. Gleichzeitig haben sie aufgrund der parallel gegen sie selbst laufenden Strafverfahren wegen Raufhandels ein Interesse, sich selbst und die Mitglieder ihrer Gruppe möglichst wenig zu belasten.
Davon abgesehen können jedoch die Feststellungen der als erste vor Ort erschienenen Polizeibeamten sowie die Aussagen der unbeteiligten Zeugin M.___ als glaubhaft angesehen werden. Auf diese Feststellungen und Aussagen kann abgestellt werden. Demnach ist erstellt, dass um ca. 00:30 Uhr auf dem Rossmarktplatz in Solothurn mehrere Personen aufeinander los gingen. Gemäss der Zeugin M.___ seien ca. 15 Personen an der Auseinandersetzung beteiligt gewesen, jeder gegen jeden. Davon habe einer einen Gürtel gehabt und damit auf andere eingeschlagen. Gleichzeitig sei eine Person mit einem weissen T-Shirt in einem Zweikampf zu Boden gegangen. Der andere habe ihn noch mit dem Fuss gegen den Körper getreten. Kurze Zeit später habe sie dann einen Mann mit einem hellen Oberteil, welches auf der rechten Seite (würde sie sagen) mit Blut verschmiert war, Richtung Bahnunterführung (Schöngrünstrasse) gehen sehen. Ein anderer habe sich um ihn gekümmert. Sie habe dann kombiniert, dass es sich bei dem Mann, der im Zweikampf zu Boden ging, und dem, den sie danach Richtung Bahnhofunterführung gehend gesehen habe, um dieselbe Person handle, könne dies jedoch nicht sicher sagen. Auf dem Plan (AS 252) zeichnete die Zeugin den Ort der Schlägerei im Bereich der Kreuzung Schöngrünstrasse – Rossmarktplatz – Berntorstrasse ein (die Gruppe sei vom Eingang der [...]-Bar gekommen). Den Zweikampf mit dem am Boden liegenden Mann mit dem weissen T-Shirt situierte die Zeugin etwas östlich davon (im Bereich des östlichen Endes der Nordfassade des Volkshauses, also Richtung Nachbarliegenschaft Rossmarktplatz 4). Die Gruppe habe sich dann in Richtung Osten (Richtung Liegenschaft Rossmarktplatz 12) verlagert. Aktenkundig ist, dass der Geschädigte ein weisses T-Shirt trug, welches auf der linken Seite stark blutbefleckt war. Die Aussagen der Zeugin legen demnach folgenden Schluss nahe: Der Geschädigte lag am Nordostende des Volkshauses am Boden und ein anderer Mann trat ihn gegen den Körper. Mehr weniger zeitgleich kamen die anderen aus der Bar und gingen auf der Kreuzung aufeinander los, wobei einer dabei auch einen Gürtel einsetzte. Der Geschädigte entfernte sich dann auf der Schöngrünstrasse Richtung Spital. Bei der Aussage der Zeugin, der Geschädigte sei auf der rechten Seite verletzt gewesen, könnte es sich um einen erklärbaren Irrtum handeln, zumal sich die Zeugin auch nicht sicher war. Im Moment, den die Zeugin schilderte, war die Polizei noch nicht vor Ort (die Zeugin erwähnte keine Polizei).
Die als erste an den Tatort ausgerückte Polizeipatrouille berichtete, sie hätten im Bereich der Bushaltestelle «Vorstadt» und dem Tattoostudio «Art of Ink» (Rossmarktplatz 4, die Bushaltestelle befindet sich weiter östlich vor der Vinothek Affolter, Rossmarktplatz 12) rund fünf Eritreer festgestellt, welche aufeinander los gegangen seien (sich gegenseitig herumschubsten). Dies würde mit der Aussage der Zeugin korrespondieren, dass sich die Gruppe Richtung Osten verlagert habe. Diese Personen flüchteten gemäss Polizeibericht in verschiedene Richtungen, wobei Gfr [Pol2] einem der Flüchtenden in südliche Richtung zwischen dem «Art of Ink» und der «Vinothek Affolter» (Rossmarktplatz 12) folgte. Unmittelbar danach bemerkte Gfr [Pol1]H, welcher sich Richtung Volkshaus bewegte, eine weitere Gruppe von Eritreern, die ihm entgegengerannt kam, wovon einer einen Ledergurt in der Hand hatte und versuchte, andere damit zu schlagen. Auch hier gibt es Berührungspunkte zur Aussage der Zeugin, die einen Mann mit einem Ledergurt beschrieb. Wiederum gemäss Polizeibericht kam den Polizeibeamten, als diese – nach zwischenzeitlichen erfolglosen Versuchen, die flüchtenden Personen zu verfolgen – wieder zur Bushaltestelle zurückkamen, mehrere Personen vom Volkshaus entgegen, unter Ihnen F.___, welcher den Geschädigten stützte. Demnach hätten der Geschädigte und F.___ – wenn es sich dabei um die beiden von der Zeugin geschilderten Personen gehandelt hätte, die auf der Schöngrünstrasse Richtung Spital gingen – wieder umgekehrt und sich zur Busshaltestelle begeben. Schliesslich ist an dieser Stelle noch auf die Feststellung im Polizeibericht zu verweisen, wonach H.___ kurze Zeit später durch eine weitere Polizeipatrouille westlich vom Volkshaus angehalten werden konnte. Bei H.___ handle es sich jedoch nicht um diejenige Person, die zuvor vor Gfr [Pol2] geflüchtet sei.
Da nicht genau bekannt ist, wann genau zeitlich die Zeugin ihre Beobachtungen machte und ihre Aussagen hinsichtlich der Person mit dem weissen T-Shirt mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind, lassen sich ihre Aussagen und die Feststellungen der Polizei nicht deckungsgleich zu einem ohne jegliche Zweifel gesicherten Geschehensablauf zusammenfügen. Erstellt ist jedoch, dass im Moment des polizeilichen Einschreitens die Auseinandersetzung noch in Gang war und mehrere Personen in mehreren Gruppen aufeinander losgingen.
3.2 Es bestehen keine Zweifel daran, dass dem Geschädigten die festgestellte Verletzung durch den Beschuldigten zugefügt wurde. Zwar sagte der Beschuldigte immer wieder aus, er habe nicht bemerkt, wie er jemanden verletzt habe. Indessen sagte I.___ aus, der Beschuldigte habe ihm unmittelbar nach der Tat gesagt, dass er jemanden verletzt habe. Dasselbe sagte D.___ aus: Er habe am 6. November 2018 mit dem Beschuldigten telefoniert und dieser habe ihm erzählt, dass er jemanden mit dem Messer verletzt habe. Dies widerspricht der Aussage des Beschuldigten anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung, er habe erst im Gefängnis erfahren, dass er den Geschädigten verletzt habe. Wenn der Beschuldigte nicht gewusst hätte, dass er jemanden verletzt hat, hätte es auch keinen Sinn ergeben, dass der Beschuldigte D.___ anlässlich des Telefonats vom 6. November 2018 gefragt hätte, ob er sagen dürfe, D.___ habe es getan. Der Beschuldigte bestritt denn im Grunde auch nie ausdrücklich, den Geschädigten verletzt zu haben. Anlässlich der Einvernahme vom 17. Juni 2019 sagte er aus, er habe schon ganz am Anfang gesagt, dass es sein könne, dass er jemanden mit dem Messer gestochen habe.
3.3 Klar ist, dass der Beschuldigte im Rahmen der Auseinandersetzung vor der [...]-Bar ein Messer benutzte. Aufgrund der Aussagen von G.___ und I.___ erachtet es das Gericht auch als erstellt, dass diese den Beschuldigten nach der Tat beim Helvetia-Gebäude mit dem Messer in der Hand sahen. Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, dass bei der Auseinandersetzung vom 3. November 2018 noch jemand anderes ein Messer verwendet hätte.
3.4 Es ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte das von ihm beschriebene Victorinox-Taschenmesser schon dabeihatte, als er die [...]-Bar betrat. Seine Aussage, er habe das Messer in der Bar D.___ abgenommen und mit offener Klinge in die Tasche gesteckt, weil er nicht gewusst habe, wie man die Klinge einklappt, erscheint völlig realitätsfern. Zudem bestritt D.___, ein Messer mitgeführt zu haben. Es gibt keinen Grund, warum D.___ dies zu Unrecht abstreiten sollte. Er belastete den Beschuldigten ja nie, sondern war im Gegenteil sogar bereit, die Tat auf sich zu nehmen.
3.5 Auch wenn sich die Beweiswürdigung angesichts der zahlreichen sehr widersprüchlichen Aussagen einigermassen schwierig gestaltet, ist es ausgeschlossen, dass der Beschuldigte von 15 – 20 Personen angegriffen wurde und sich auf den Knien verteidigte, indem er dem hinter ihm stehenden Geschädigten das Messer in die Brust stiess. Dies ist gar nicht möglich, trat doch das Messer tendenziell im hinteren Brustbereich auf der hinteren Axiliarlinie in den Körper des Geschädigten ein (gem. Bericht des Bürgerspitals Solothurn vom 3. November 2018). Zudem sprach der Beschuldigte von einem Fuchteln und nicht von einem Stechen.
3.6 Mit Blick auf den genauen Geschehensablauf kommt dem Grundsatz «in dubio pro reo» aufgrund der eher mageren Beweislage bei der Würdigung der Aussagen besonderes Gewicht zu. Es ist deshalb grundsätzlich den Aussagen des Beschuldigten zu folgen, soweit diese nicht völlig unglaubhaft geradezu unmöglich sind:
Innerhalb der Bar kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen H.___ und D.___. Der Beschuldigte schlichtete in der Bar und wurde von H.___ mit «Hurensohn» beleidigt. Darauf verliess der Beschuldigte die Bar und wollte nach Hause gehen. H.___ folgte ihm und griff ihn vor der Bar an. Der Beschuldigte verteidigte sich, es kam zu einer wechselseitigen Auseinandersetzung zwischen den beiden. In diese griff der Geschädigte – der sich bereits vor der Bar am Telefonieren befand – schlichtend ein, indem er den Beschuldigten von hinten von H.___ wegzog. Der Beschuldigte fühlte sich vom Geschädigten angegriffen, nahm das Messer aus seiner Hosentasche, klappte es auf und stach auf den Geschädigten ein.
In dubio pro reo ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte effektiv von einem Angriff seitens des Geschädigten ausging und in Panik geriet resp. sich in die Enge getrieben fühlte. Zwar schilderte der Geschädigte eine Auseinandersetzung zwischen D.___ und dem Beschuldigten. Allerdings hätte der Geschädigte durchaus ein Motiv gehabt, seinen Cousin, H.___ vor der Strafverfolgung zu schützen, indem er stattdessen D.___ anstatt H.___ als Streitbeteiligten nannte. Immerhin erwähnte auch I.___, H.___ habe gegen den Beschuldigten gekämpft. Auch D.___ sagte aus, der Beschuldigte und H.___ seien nach draussen gegangen, er sei hinter ihnen hergegangen und habe gesehen, wie H.___ den Beschuldigten geschlagen habe.
Nachdem der Beschuldigte den Geschädigten mit dem Messer verletzt hatte, kamen weitere Personen hinzu und es kam zu einer grösseren Auseinandersetzung. Denkbar ist, dass der Beschuldigte in diesem Zeitpunkt – wie er sagte – mit dem Messer herumgefuchtelt hat, um sich zu verteidigen. Als die Polizei kam, entfernte sich der Beschuldigte vom Tatort und wurde kurz darauf noch mit dem Messer in der Hand beim Helvetia-Gebäude gesehen.
Die Länge der Messerklinge muss offengelassen werden. Aufgrund der medizinischen Unterlagen ist jedoch erstellt, dass die Messerklinge drei cm tief in den Brustbereich des Geschädigten eingedrungen ist, die Lunge verletzte, was zu einem Pneumothorax und einem Eindringen von 300ml Blut in den Brustraum führte. Anhand des festgestellten Hämatoms unmittelbar um die Einstichstelle ist von einem heftigen Zustechen seitens des Beschuldigten auszugehen.
IV. Rechtliche Würdigung
1. Vorwurf Anklage Ziffer (AZ) 1, versuchte vorsätzliche Tötung
1.1 Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besonderen Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft (Art. 111 StGB).
1.2 Der Tod des Geschädigten als objektives Tatbestandsmerkmal ist nicht eingetreten. Zu prüfen ist somit, ob sich der Beschuldigte der versuchten vorsätzlichen Tötung schuldig gemacht hat. Hinweise auf qualifizierende (Art. 112 StGB) privilegierende (Art. 113 StGB) Tatumstände liegen nicht vor und werden auch nicht geltend gemacht.
Versuch liegt vor, wenn der Täter sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt und seine Tatentschlossenheit manifestiert hat, ohne dass alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht sind (Stefan Trechsel/Christopher Geth in: Stefan Trechsel/Mark Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskom-mentar, 3. Aufl., Zürich/St. Gallen 2018, Vor Art. 22 StGB N 1).
1.3 In subjektiver Hinsicht erfordert Art. 111 StGB Vorsatz. Gemäss Art. 12 Abs. 2 StGB verübt ein Verbrechen Vergehen vorsätzlich, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt.
Direkter Vorsatz ist gegeben, wenn der Täter um die Tatumstände weiss und er den Willen hat, den Tatbestand zu verwirklichen. Der Täter muss sich gegen das rechtlich geschützte Gut entscheiden, die Verwirklichung des Tatbestandes muss das eigentliche Handlungsziel des Täters sein ihm als eine notwendige Voraussetzung zur Erreichung seines Ziels erscheinen.
Im vorliegend zu beurteilenden Fall bestehen keinerlei Hinweise, die für einen direkten Tötungsvorsatz beim Beschuldigten sprechen würden.
1.4 Ein eventualvorsätzliches Verhalten ist gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des tatbestandsmässigen Erfolges als Folge seines Verhaltens für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt bzw. sich mit ihm abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 125 IV 242 E. 3c S. 251). Der eventualvorsätzlich handelnde Täter weiss um die Möglichkeit bzw. das Risiko der Tatbestandsverwirklichung und handelt trotzdem (Urteil des Bundesgerichts 6S.378/2002 vom 11.2.2003).
Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft innere Tatsachen; bei einem fehlenden Geständnis des Täters muss aus äusseren Umständen auf diese inneren Tatsachen geschlossen werden. In der Praxis stützt sich das Gericht beim Nachweis des Eventualvorsatzes somit auf äusserlich feststellbare Indizien, die es erlauben, Rückschlüsse auf die innere Einstellung des Täters zu ziehen. Zu den relevanten Umständen für die Entscheidung der Frage, ob ein Täter eventualvorsätzlich handelte, gehören die Grösse des ihm bekannten Risikos der Tatbestandsverwirklichung und die Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung. Je grösser das Risiko des Erfolgseintritts ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto näher liegt die tatsächliche Schlussfolgerung, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen und damit eventualvorsätzlich gehandelt. Zu den relevanten Umständen können aber auch die Beweggründe des Täters und die Art der Tathandlung gehören (BGE 130 IV 58 E. 8.4).
1.5 Es gibt eine reiche Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Einsatz von Messern, wobei das Bundesgericht immer wieder betont hat, dass der Stich eines Messers in den Oberkörper in aller Regel einen Tötungsversuch darstelle: Wer in einer dynamischen Auseinandersetzung unkontrolliert mit einem Messer in den Bauch/Unterleib eines Menschen steche, müsse in aller Regel mit schweren Verletzungen rechnen. Das Risiko einer tödlichen Verletzung sei generell als hoch einzustufen (Urteil 6B_808/2013 vom 19. Mai 2014, s. auch Urteil 6B_475/2012 vom 27. November 2012). Dies gelte selbst für Verletzungen mit einer eher kurzen Messerklinge (Urteil 6B_475/2012 vom 27. November 2012 E. 4.2 mit Hinweis; 6B_239/2009 vom 13. Juli 2009: Victorinox-Taschenmesser mit 4,1 cm Klingenlänge, Tötungsvorsatz hingegen verneint bei einer Klingenlänge von 34 mm und nicht frontalem sowie nicht kräftigem Stichangriff: Urteil 6B_775/2011 vom 4. Juni 2012). Im Urteil 6B_148/2013 vom 19. Juli 2013 führte das Bundesgericht aus, dass es keiner besonderen Intelligenz bedürfe, um zu erkennen, dass Messerstiche in die Brust den Bauch eines Menschen den Tod zur Folge haben können. Bei einem mit Wucht ausgeführten Messerstich in den Bauch sei das Risiko des Todes des Opfers als hoch einzustufen (E. 4.4).
Auch das Berufungsgericht hatte sich in letzter Zeit in zahlreichen Fällen mit der rechtlichen Beurteilung von Messerstichen in den Oberkörper eines Menschen zu befassen:
In STAPA.2010.12 beurteilte es den Stich mit einem Messer von hinten gegen den Rücken mit der Folge einer 5 cm tiefen und 3 cm langen Verletzung am Brustkorb postero-basal links mit Verletzung der Intercostalarterie im Bereich der 9. Rippe und demzufolge 2 Liter Blutverlust als versuchte vorsätzliche Tötung.
So wurde auch in folgenden Fällen auf versuchte vorsätzliche Tötung erkannt:
STAPA.2011.11: Messerstich von hinten in den Rücken mit 6 cm langer und 5 bis 7 cm tiefer senkrecht verlaufender Stichverletzung rechts neben der Wirbelsäule. Es befanden sich in der Nähe der Stichwunde lebenswichtige Strukturen und es hätte bereits eine um Millimeter abweichende Stichverletzung zu einem Lungenkollaps führen können.
STBER.2012.47: Der Beschuldigte fügte dem Geschädigten bewusst zwei Stichverletzungen in der Gegend des Brust- und Schulterbereichs zu. Dabei durchtrennte das Messer beim Stich in die Brust das Brustfell des Opfers.
STBER.2012.66: Stich mit einem Küchenmesser mit 12.5 cm Klingenlänge von oben nach unten oberhalb des linken Schulterblattes von hinten in den Rücken.
STBER.2014.30: Stich mit einer Scherenklinge in den rechten Brustbereich des Opfers. Eine Verletzung der Lungenarterien der Interkostalarterien und Kollabieren des Lungenflügels (Pneumothorax) hätten zu einem lebensgefährlichen Zustand führen können.
STBER.2016.66: Der Beschuldigte fügte dem Opfer Messerstichverletzungen während resp. unmittelbar nach einem dynamischen Geschehen, einer gegenseitigen Auseinandersetzung, zu. Er stach mit einem Messer mit einer Klingenlänge von 7.2 cm fünfmal auf die rechte Oberkörperseite seines Schwiegervaters ein, davon zweimal kraftvoll in den Brustbereich. Eine der Stichverletzungen war geeignet, eine konkrete Lebensgefahr herbeizuführen.
STBER.2017.50: Der Beschuldigte fügte dem Opfer während eines dynamischen Geschehens mit dem Klappmesser eine Stichverletzung im Bereich des linken Oberbauchs auf der Höhe der 8. Rippe zu. Der Stich erfolgte entschlossen und mit grosser Wucht leicht von unten nach oben, bewirkte doch der Stich nach dem Durchstossen von Kleidern und Haut sowie drei cm Weichteilen die Spaltung der Rippe des Opfers. Der Gutachter spricht von einem «heftigen Zustechen von unten medial leicht nach oben gerichtet». Dabei hat der Beschuldigte ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von ca. 6 bis 7 cm verwendet. Der Stich erfolgte ungezielt, aber gegen den Oberkörper des Opfers gerichtet, nach einer angeblichen Beleidigung durch das Opfer und dessen Wegstossen des Beschuldigten, der ihm den Weg versperrt hatte.
STBER.2018.24: Der Beschuldigte fügte dem Opfer während eines dynamischen Geschehens mit dem Klappmesser eine Stichverletzung im Bereich der linken Brustseite zu. Der Stich erfolgte gezielt gegen den Oberkörper und wuchtig mit einer 7,7 cm langen und 2,9 cm breiten Klinge. Der Einstichkanal war rund 7 cm lang, 2,8 cm breit und endete an einer Rippe.
STBER.2018.32: Stichverletzung von hinten während eines dynamischen Geschehens mit Klappmesser im Bereich der linken Rückenseite auf Höhe BWK 6 bis 7 direkt neben der Wirbelsäule. Der Stich erfolgte nach dem Beweisergebnis gezielt gegen den Oberkörper und kräftig, die Klingenlänge des Klappmessers betrug 9,5 cm. Der unbewaffnete Verletzte hatte gegen den ihm von hinten versetzten Messerstich keine Abwehrchance. Zu beachten ist dabei auch, dass die Klinge nach vorne scharf zugespitzt war, was die Gefährlichkeit der Waffe erhöhte. Die Klinge trat nach durchtrennen von T-Shirt und Unterhemd rund 4 cm in den Körper des Verletzten ein und durchtrennte die Brustwandweichteile vollständig, was zu einer anhaltenden Blutung in die rechte Brusthöhle (abgesogen wurden daraus 1400 ml Blut) und zu einer unmittelbaren Lebensgefahr führte. Wie aus dem Ergänzungsgutachten vom 9. August 2018 zu entnehmen war, ist es der angreifenden Person nach Überwindung des Hautwiderstandes nicht möglich, die Eindringtiefe gezielt zu steuern. Damit konnte der Täter das ihm bekannte Risiko in keiner Weise kalkulieren und dosieren.
STBER.2019.37: Der Beschuldigte ging dem Opfer nach und stiess diesem das Butterfly-Messer, das ihm kurz zuvor unaufgefordert vom Gehilfe gereicht worden war, schwungvoll seitlich in den Oberkörper. Der Täter stach einmalig aus Wut und Rache auf das Opfer ein, und verursachte einen mindestens 10 cm tiefen Einstich, der die Milz und das Zwerchfell verletzte und eine Einblutung in den Brustraum bewirkte. Das Opfer musste eine Woche auf der Intensivstation des Spitals behandelt werden und war während mehrerer Wochen arbeitsunfähig.
STBER.2019.75: Stich mit einer Schere mit voller Wucht gegen die Brust des Opfers während eines dynamischen Geschehens. Aufgrund der Gegenwehr des Opfers dürfte die Scherenspitze nicht allzu weit in die Brust des Opfers eingedrungen sein wobei dieses dennoch einen Pneumothorax erlitt. In diesem Fall stellte das Berufungsgericht fest: Wer in dieser Art mit einem harten und spitzen Gegenstand in einem dynamischen Geschehen wuchtig und mehrmals gegen den Oberkörper des Kontrahenten einsticht, begeht eine ausgesprochen schwerwiegende Pflichtverletzung und die Möglichkeit einer Tötung des Gegenübers liegt nah. Gerichtsnotorisch ist, dass es der angreifenden Person nach Überwindung des Hautwiderstandes nicht möglich ist, die Eindringtiefe gezielt zu steuern (STBER.2018.32). Der Beschuldigte konnte also das von ihm geschaffene Risiko in keiner Weise kalkulieren und dosieren.
1.6 Im vorliegenden Fall stiess der Beschuldigte im Rahmen einer dynamischen Auseinandersetzung dem Geschädigten ein Victorinox-Taschenmesser mit erheblicher Wucht gegen die Brust. Gemäss medizinischen Unterlagen (AS 211 f.) war der Stichkanal auf der Höhe der 9. Rippe lateral links bis 3 cm tief in den posterobasalen Lungenunterlappen verfolgbar, im Sinne einer Lungenlazeration, was zu einem Hämathopneumothorax, teilkollabiertem linken Lungenflügel sowie einer Thoraxkontusion mit ausgeprägtem Umgebungshämatom und einem Weichteilemphysem laterothorakal links führte. Im Rahmen einer Bülodrainage entleerten sich 300 ml Blut. Der Geschädigte wurde anfänglich in der Intensivstation überwacht und befand sich insgesamt während 5 Tagen in Spitalpflege. Insgesamt war er während 11 Tagen zu 100 % arbeitsunfähig. Angesichts dieser äusseren Umstände und der vorstehend skizzierten Rechtsprechung ist der Tötungsvorsatz im Sinne eines Eventualvorsatzes ohne weiteres zu bejahen. Dies gilt unabhängig von der effektiven Klingenlänge, welche bei einem Victorinox-Taschenmesser variieren kann und im konkreten Fall nicht feststeht. Angesichts der beschriebenen Verletzungen muss von einer Klingenlänge von deutlich über 3 cm ausgegangen werden. Auch aufgrund der Aussagen des Beschuldigten ist der Eventualvorsatz ohne weiteres zu bejahen, sagte dieser doch aus, bei einem solchen Stich entscheide «Gott» über Leben Tod. Der Beschuldigte hat sich daher der versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
1.7 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat (Art. 13 Abs. 1 StGB). Art. 13 StGB erfasst auch den Fall, dass der Täter irrigerweise einen Sachverhalt für gegeben hält, der, läge er wirklich vor, sein Verhalten als gerechtfertigt erscheinen liesse. So etwa, wenn er glaubt, ein anderer setze dazu an, ihn ohne Recht anzugreifen (Putativnotwehr; vgl. BGE 93 IV 81). Vorliegend stach der Beschuldigte nach dem Beweisergebnis deshalb auf den Geschädigten ein, weil er fälschlicherweise davon ausging, er werde von diesem angegriffen. Damit liegt eine – grundsätzlich nach Art. 15 StGB zu beurteilende – Putativnotwehrsituation vor.
1.8 Die Abwehr des Angriffs ist im Rahmen der Notwehr nach Art. 15 StGB nur in einer den Umständen angemessenen Weise zulässig. Die Angemessenheit der Abwehr soll nach dem Wortlaut von Art. 15 in Bezug auf die Umstände beurteilt werden. Massgeblich sind etwa die Schwere des Angriffs, die bedrohten Rechtsgüter, die Art der Abwehrmittel und ihre konkrete Verwendung (BGE 136 IV 49, 51). Besondere Zurückhaltung ist bei gefährlichen Werkzeugen wie Messern und Schusswaffen zur Abwehr geboten. Der Einsatz dieser Werkzeuge Waffen zeugt nicht per se von einer unangemessenen Abwehr. Es kann ein solcher Einsatz durchaus geboten sein. Aufgrund der Gefährlichkeit sind aber erhöhte Anforderungen an die Situation und das Verhalten des Angegriffenen gestellt. Jedenfalls notwendig ist eine Warnung (vor dem Einsatz eines Messers: BGE 136 IV 49, 53; BGer, StrA, 13. 7. 2009, 6B_239/2009, E. 4.3) und – beim Einsatz einer Schusswaffe – wenn möglich ein Warnschuss (BGer, StrA, 10. 4. 2001, 6S.734/1999; BGE 102 IV 65, 69).
Vorliegend fehlen Hinweise darauf, dass der Beschuldigte davon ausging, er werde vom Geschädigten mit einer Waffe angegriffen. Auszugehen ist also von einem (vorgestellten) Angriff des Geschädigten gegen das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit des Beschuldigten. Die Reaktion des Beschuldigten hierauf, ein Messerstich mit potenzieller Todesfolge (siehe E. 1.6 hiervor), kann von vornherein nicht als verhältnismässiges Mittel zur Abwendung dieses Angriffs bezeichnet werden. Es liegt ein krasses Missverhältnis zwischen dem angegriffenen und dem durch die Abwehr verletzten Rechtsgut vor. Hinzu kommt, dass der Beschuldigte den vermeintlichen Angreifer in Person des Geschädigten nicht vor dem Messereinsatz gewarnt hat. Damit hat der Beschuldigte die Grenzen der erlaubten Notwehr überschritten. Er kann sich folglich nicht auf den Rechtfertigungsgrund der Notwehr berufen. Es liegt ein (Putativ-)Notwehrexzess vor, der in Anwendung von Art. 16 Abs. 1 StGB eine Strafmilderung zur Folge hat.
2. Vorwurf AZ 2, Raufhandel
Die Vorinstanz hat die rechtlichen Voraussetzungen des Tatbestandes des Raufhandels grundsätzlich zutreffend ausgeführt. Darauf kann verwiesen werden. Indes ist anhand der vorstehend vorgenommenen Beweiswürdigung zu Gunsten des Beschuldigten von mehreren Auseinandersetzungen mit unterschiedlicher Beteiligung auszugehen, welche sich zeitlich gestaffelt ereignet haben dürften. Der genaue zeitliche Ablauf ist jedoch unklar. So kann insbesondere nicht als erstellt erachtet werden, dass im Zeitpunkt, als der Beschuldigte dem Geschädigten die Stichverletzung zufügte, bereits eine wechselseitige Auseinandersetzung von mindestens drei Personen im Gang war. Zu Gunsten des Beschuldigten kann nicht ohne berechtigten Zweifel ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte den Geschädigten noch im Rahmen eines Zweikampfes verletzte und sich erst in der Folge, als die weiteren Beteiligten die Bar verliessen, zeitlich nachgelagert, ein Raufhandel entwickelte. Dass der Beschuldigte auch an diesem teilgenommen hat, kann ihm jedoch mangels diesbezüglich klarer Aussagen nicht rechtsgenüglich nachgewiesen werden. Der Beschuldigte ist daher vom Vorwurf des Raufhandels freizusprechen, wobei jedoch zufolge der «ne bis in idem»-Problematik kein formeller Freispruch erfolgen kann.
3. Vorwurf AZ 4, Freiheitsberaubung
3.1 Auch hier kann auf die grundsätzlich zutreffenden allgemeinen Ausführungen der Vorinstanz zur Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft verwiesen werden. Unbestritten und erstellt ist, dass D.___ wegen des Verdachts auf Raufhandel am 6. November 2018 national zur Verhaftung ausgeschrieben wurde (AS 679). Am 16. April 2019 beschuldigte der Beschuldigte D.___ der versuchten vorsätzlichen Tötung (nachdem er zuvor während zwei Einvernahmen angab, er selber habe das Messer eingesetzt), was zur rechtskräftigen Verurteilung wegen falscher Anschuldigung führte (AZ 3, Urteil Vorinstanz Ziff. 1, 3. Lemma). Am 17. April 2019 erfolgte die Ausschreibung von D.___ national wegen Verdacht auf versuchte vorsätzliche Tötung (AS 681). Gleichentags wurde die internationale Personenfahndung eingeleitet (AS 683 ff.), welche am 18. April 2019 zur Verhaftung von D.___ in Belgien führte (AS 688 ff). Am 17. Juni 2019 berichtigte der Beschuldigte seine Aussagen. Am 17. Juli 2019 wurde D.___ an die Schweiz ausgeliefert und am Flughafen Zürich verhaftet (AS 709). Am 19. Juli 2019 ordnete das Haftgericht die Untersuchungshaft für die Dauer von 6 Wochen, d.h. vom 19. Juli 2019 bis zum 30. August 2019 an, wobei der dringende Tatverdacht in Bezug auf die versuchte vorsätzliche Tötung vom Haftgericht verneint wurde (AS 742 ff.). Am 30. Juli 2019 bestätigte D.___ die Aussage des Beschuldigten, er habe diesem gesagt, er solle sagen, er, D.___, habe gestochen. Das weitere Schicksal von D.___ ist in den vorliegenden Akten nicht dokumentiert. Sein Verfahren wurde von dem gegen den Beschuldigten abgetrennt. Aus dem von der Staatsanwaltschaft anlässlich der Berufungsverhandlung eingereichten Urkunden ergibt sich, dass D.___ mit Strafbefehl vom 21. August 2019 wegen Raufhandels zu einer Freiheitsstrafe von 160 Tagen verurteilt wurde. Der Strafbefehl ist, soweit ersichtlich, in Rechtskraft erwachsen.
3.2 Der Tatbestand der Freiheitsberaubung (Art. 183 Ziff. 1 StGB) setzt voraus, dass jemand unrechtmässig festgenommen gefangengehalten jemandem in anderer Weise unrechtmässig die Freiheit entzogen wird. Indem die Staatsanwaltschaft darauf verzichtete, den internationalen Haftbefehl gegen D.___ zurückzuziehen, nachdem der Beschuldigte die falsche Anschuldigung zugegeben hatte, kann diese nicht mehr als kausal für den Freiheitsentzug von D.___ angesehen werden. Entsprechend entfällt die Unrechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. Zusätzlich ist auch fraglich, ob das Handeln des Beschuldigten vorsätzlich war. So gab er die Falschaussage sofort zu, als er erfuhr, dass D.___ in Belgien verhaftet worden war. Der Tatbestand der Freiheitsberaubung ist somit nicht erfüllt und der Beschuldigte von diesem freizusprechen. Allerdings hat aufgrund der «ne bis in idem»-Problematik kein formeller Freispruch zu ergehen.
V. Strafzumessung
1.1 Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 47 Abs. 2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Nach Art. 50 StGB hat das Gericht die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten.
Der Begriff des Verschuldens muss sich auf den gesamten Unrechts- und Schuld-gehalt der konkreten Straftat beziehen. Innerhalb der Kategorie der realen Straf-zumessungsgründe ist zwischen der Tatkomponente, welche nun in Art. 47 Abs. 2 StGB näher umschrieben wird, und der in Abs. 1 aufgeführten Täterkomponente zu unterscheiden (vgl. Trechsel/Thommen in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage 2018, Art. 47 StGB N 16 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Praxis).
Bei der Tatkomponente sind das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Herbeiführung dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit der der Täter gehandelt hat, und die Beweggründe des Schuldigen, die Art. 47 Abs. 2 StGB ausdrücklich erwähnt, zu beachten (vgl. BGE 129 IV 6 E. 6.1).
Die Täterkomponente umfasst das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren (vgl. BGE 129 IV 6 E. 6.1). Die Strafempfindlichkeit (neu in Art. 47 Abs. 1 StGB als «Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters» erfasst) betrifft nicht mehr die Frage des Verschuldens, sondern des ihm entsprechenden Masses an Strafe. Die Schwere des dem Betroffenen mit der Strafe zugefügten Übels kann auch von seiner persönlichen Situation abhängen. So wird ein alter Mensch durch den Vollzug einer Freiheitsstrafe härter getroffen als ein jüngerer mit weitaus grösserer Lebenserwartung, ein kranker härter als ein gesunder, und das sollte strafmindernd ins Gewicht fallen. Auch dürfen zu Gunsten des Täters Folgen der Tat und ihrer strafrechtlichen Ahndung berücksichtigt werden, die ihn härter getroffen haben als andere, die noch zu erwarten sind, wie beim Verlust eines Angehörigen durch einen fahrlässig verursachten Verkehrsunfall, bei erheblichen finanziellen Lasten durch die zivilrechtliche Haftung für den deliktisch herbeigeführten Schaden die Verfahrenskosten bei Einbussen in der sozialen Stellung und bei schwer wiegenden beruflichen familiären Auswirkungen (vgl. Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, 2. Auflage, § 6 N 60 ff. mit Hinweisen).
Das Gesamtverschulden ist zu qualifizieren und mit Blick auf Art. 50 StGB im Urteil ausdrücklich zu benennen, wobei von einer Skala denkbarer Abstufungen nach Schweregrad auszugehen ist. Hierauf ist in einem zweiten Schritt innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens die (hypothetische) Strafe zu bestimmen, die diesem Verschulden entspricht (BGE 136 IV 55 E. 5.7).
1.2 Strafen von bis zu 180 Tageseinheiten sind grundsätzlich in Form einer Geldstrafe auszusprechen (Art. 34 StGB). Das Gericht kann stattdessen auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn a. eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten, b. eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann (41 Abs. 1 StGB). Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen (Art. 41 Abs. 2 StGB). Die Freiheitsstrafe als eingriffsintensivste Sanktion ist nach der gesetzlichen Konzeption somit nach wie vor (auch nach der auf den 1. Januar 2018 in Kraft gesetzten Revision) «ultima ratio» und kann nur verhängt werden, wenn keine andere, mildere Strafe in Betracht kommt (Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, BBl 1999 2043 f. Ziff. 213.132; BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122 f.; BGE 144 IV 217 vom 30. April 2018 E. 3.3. 3 mit Hinweisen). Bei der Wahl der Sanktionsart waren auch unter dem früheren Recht als wichtige Kriterien die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 97 E. 4.2 S. 100 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat entschieden, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters und dessen voraussichtliche Zahlungsunfähigkeit keine Kriterien für die Wahl der Strafart sind. Es ist vielmehr, wenn die Voraussetzungen für den bedingten Strafvollzug erfüllt sind, eine bedingte Geldstrafe eine bedingte gemeinnützige Arbeit auszusprechen. Sinn und Zweck der Geldstrafe erschöpfen sich nicht primär im Entzug von finanziellen Mittel, sondern liegen in der daraus folgenden Beschränkung des Lebensstandards sowie im Konsumverzicht. Nach der Meinung des Gesetzgebers soll die Geldstrafe auch für einkommensschwache Täter, d.h. für solche mit sehr geringem, gar unter dem Existenzminimum liegenden Einkommen ausgefällt werden können. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die Geldstrafe als unzweckmässige Sanktion angesehen und deshalb vielfach auf eine Freiheitsstrafe erkannt werden müsste. Dies würde dem zentralen Grundanliegen der Revision diametral zuwiderlaufen. Gerade mittellosen Straftätern geht die Geldstrafe ans Lebensnotwendige, so dass sie für jene deutlich spürbar wird. Eine nicht bezahlbare Geldstrafe soll es nach der Botschaft – ausser durch Verschulden des Täters durch unvorhergesehene Ereignisse – denn auch nicht geben. Bei einkommensschwachen mittellosen Tätern, etwa Sozialhilfebezügern, nicht berufstätigen, den Haushalt führenden Personen Studenten ist somit die Ausfällung einer tiefen Geldstrafe möglich (BGE 134 IV 97 E. 5.2.3 mit Hinweisen). Nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit sollte bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift (BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122 f. mit Hinweis).
1.3 Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen und ist an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist die Bildung einer Gesamtstrafe in Anwendung des Asperationsprinzips nach Art. 49 Abs. 1 StGB nur möglich, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt (sog. "konkrete Methode"). Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht. Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB (BGE 142 IV 265 E. 2.3.2; BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122).
1.4 Wurde eine Straftat lediglich versucht, ist im Rahmen der Strafzumessung zuerst eine Einsatzstrafe für das gemäss den Vorstellungen des Beschuldigten vollendete Delikt auszusprechen. Diese ist hernach in Anwendung von Art. 22 Abs. 1 StGB zu mindern. Der Umfang der Strafminderung hängt einerseits vom Ausmass der geschaffenen Gefahr, andererseits von den tatsächlichen Folgen der Tat ab (Urteile 6B_865/2009, E 1.6.1; 6B_120/2014 E.2.5.1; 6B_42/2015, E 2.4.1).
1.5 Die tat- und täterangemessene Strafe ist grundsätzlich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der (schwersten) anzuwendenden Strafbestimmung festzusetzen. Dieser wird durch Strafschärfungs- Strafmilderungsgründe nicht automatisch erweitert, worauf innerhalb dieses neuen Rahmens die Strafe nach den üblichen Zumessungskriterien festzusetzen wäre. Vielmehr ist der ordentliche Strafrahmen nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint. Die Frage einer Unterschreitung des ordentlichen Strafrahmens kann sich stellen, wenn verschuldens- bzw. strafreduzierende Faktoren zusammentreffen, die einen objektiv an sich leichten Tatvorwurf weiter relativieren, so dass eine Strafe innerhalb des ordentlichen Strafrahmens dem Rechtsempfinden widerspräche. Die verminderte Schuldfähigkeit allein führt deshalb grundsätzlich nicht dazu, den ordentlichen Strafrahmen zu verlassen. Dazu bedarf es weiterer, ins Gewicht fallender Umstände, die das Verschulden als besonders leicht erscheinen lassen (BGE 136 IV 55 E. 5.8, S. 63, mit Hinweisen).
1.6 Das Bundesgericht drängt in seiner jüngeren Praxis vermehrt darauf, dass Formulierung des Verschuldens und Festsetzung des Strafmasses auch begrifflich im Einklang stehen (Urteile des Bundesgerichts vom 7. Juli 2011, 6B_1096/2010 E. 4.2; vom 6. Juni 2011, 6B_1048/2010 E. 3.2 und vom 26. April 2011, 6B_763/2010 E. 4.1). Um dieser Forderung gerecht zu werden, empfiehlt es sich, bereits zu Beginn der Strafzumessung die objektive Tatschwere ausdrücklich zu qualifizieren (etwa als leicht, mittel, schwer) um damit eine Grundlage für die spätere Gesamteinschätzung des (subjektiven) Verschuldens zu schaffen. Auf diese Weise wird bereits am Anfang der Strafzumessung eine erste ungefähre und hypothetische Einstufung der möglichen Strafe vorgenommen, etwa im Falle einer vorsätzlichen Tötung bei mittlerer Tatschwere im Bereich von 10 - 15 Jahren (bei leichter Tat-schwere 5 - 10 Jahre und in schweren Fällen 15 - 20 Jahre). Diese hypothetische ungefähre Einsatzstrafe gilt es dann anhand der weiteren Strafzumessungskriterien zu verfeinern. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass Verschuldensgewichtung und Einbettung des Strafmasses innerhalb des Strafrahmens im gesamten «Strafzumessungsverlauf» in Einklang stehen (vgl. auch SJZ 100/2004, S. 175 f.).
2. Das vorliegend schwerste Delikt stellt die versuchte Tötung dar. In einem ersten Schritt ist für eine vollendete Tat eine hypothetische Einsatzstrafe zu bestimmten. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte dem Geschädigten im Rahmen einer wechselseitigen Auseinandersetzung, bei der er selber auch verletzt wurde, ein Taschenmesser kraftvoll in den seitlichen Brustbereich gerammt hat. Ebenso ist davon auszugehen, dass er die Tat nicht geplant, jedoch das Taschenmesser bereits bei sich hatte, als er sich in die [...]-Bar begab. Das Ausmass des verschuldeten Erfolges differiert bei einer vorsätzlichen Tötung kaum. Das objektive Tatverschulden bemisst sich daher ganz wesentlich nach der Art und Weise der Tatausführung (Verwerflichkeit). Diesbezüglich wirkt sich verschuldensmindernd aus, dass die Tat mehr weniger spontan im Rahmen einer gegenseitigen tätlichen Auseinandersetzung erfolgte. Dabei dürfte der Geschädigte jedoch, wenn nicht völlig überrascht (so erfolgte der Angriff nicht von hinten) so doch einigermassen wehrlos (da unbewaffnet) gewesen sein. Er musste nicht damit rechnen, dass der Beschuldigte plötzlich ein Taschenmesser behändigen würde. Auf der anderen Seite handelt es sich um einen lediglich einmaligen Stich, nach welchem der Beschuldigte nicht weiter insistierte, stattdessen den Tatort fluchtartig – wenn auch ohne sich um das Opfer zu kümmern – mit der Tatwaffe verliess. Irgendwann, nachdem er beim Helvetia-Gebäude noch mit dem Messer in der Hand gesehen wurde, hat er sich dann der Tatwaffe entledigt. Die objektive Tatschwere bewegt sich im Grenzbereich zwischen dem unteren und dem mittleren Verschuldensdrittel.
In subjektiver Hinsicht wirkt sich verschuldensmindernd aus, dass der Beschuldigte gemäss seiner Vorstellung einen Angriff abwehren wollte und mithin in Putativnotwehr handelte, wobei er die Grenzen der zulässigen Verteidigung überschritten hat (Putativnotwehrexzess; Art. 16 Abs. 1 StGB). Ebenfalls verschuldensmindernd ist der Umstand zu berücksichtigen, dass dem Beschuldigten lediglich Eventualvorsatz vorgeworfen werden kann. Die Tat erfolgte im Rahmen einer Auseinandersetzung. Der Beschuldigte kämpfte mit dem Cousin des Geschädigten. Der Geschädigte wollte schlichten, was der Beschuldigte als Angriff missinterpretierte. Das Motiv für die Tat, sich gegen diesen Angriff zu verteidigen, ist nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist demgegenüber die Intensität der Verteidigungshandlung. Indem der Beschuldigte ohne Warnung auf den Geschädigten eingestochen hat, ist er weit über das in der Situation Gebotene und rechtlich Zulässige hinausgegangen. Es wäre dem Beschuldigten in der konkreten Situation im Mindesten zumutbar gewesen, vor dem Messereinsatz zu warnen, um so den vermeintlichen Angriff des Geschädigten zu unterbrechen. Sein unvermitteltes Zustechen impliziert in diesem Zusammenhang eine doch erhebliche Geringschätzung des Lebens des Geschädigten und der Rechtsordnung. Alles in allem wäre für eine vollendete Tat auch unter Berücksichtigung der subjektiven Tatkomponenten und unter Zuhilfenahme eines verfeinerten Verschuldensrasters mit Zwischenstufen (sehr leicht; sehr leicht bis leicht) noch von einem sehr leichten bis leichten Tatverschulden auszugehen. Unter Berücksichtigung der Tatkomponenten im vorliegenden Fall und im Vergleich mit ähnlich gelagerten Fällen erscheint vorliegend für die vollendete Tat eine Einsatzstrafe von 6 Jahren angemessen. Zufolge Versuchs – unter Berücksichtigung des doch einigermassen naheliegenden Todeseintritts und dem Fehlen von bleibenden Schäden – rechtfertigt sich eine Strafreduktion um 2 Jahre auf 4 Jahre. Der Putativ-notwehrexzess und der Versuch stellen zusammen einen besonderen Umstand dar, der das Unterschreiten des Mindeststrafrahmens für eine vorsätzliche Tötung von 5 Jahren (Art. 111 StGB) rechtfertigt.
3. Strafe für die weiteren Delikte/allfällige Asperation
3.1 Strafart
Vorliegend kann vorweg festgehalten werden, dass eine Geldstrafe beim Beschuldigten als Sanktionsart ausscheidet. Der Beschuldigte hat keine Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz, darf hier somit nicht arbeiten und hat auch kein Anrecht auf den Bezug von Sozialhilfe. Er hat die Schweiz, unabhängig von der in Frage stehenden Landesverweisung, nach Verbüssung seiner Freiheitsstrafe zu verlassen. Eine Geldstrafe könnte daher offensichtlich nicht vollzogen werden.
3.2 Falsche Anschuldigung
Der Beschuldigte erhob die falsche Anschuldigung im Rahmen eines gegen ihn selbst geführten Strafverfahrens, um sich zu verteidigen. Die Tat, derer er D.___ bezichtigte, hat sich tatsächlich ereignet. Die falsche Anschuldigung erfolgte nach Absprache mit D.___, gegen den unabhängig vom Vorwurf der versuchten Tötung wegen Raufhandels ermittelt wurde. Der Umstand, dass die falsche Anschuldigung zur Verhaftung von D.___ führte, darf hier nicht berücksichtigt werden, da hierfür eine separate Verurteilung auszusprechen ist. Dem Beschuldigten ist zugute zu halten, dass er die falsche Anschuldigung in der nachfolgenden Einvernahme aus eigenem Antrieb richtigstellte. Die objektive Tatschwere wiegt offensichtlich sehr leicht. Der Beschuldigte handelte hinsichtlich der Unwahrheit seiner Anschuldigung mit direktem Vorsatz, was indes dem Tatbestand der falschen Anschuldigung immanent ist. Indes war die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen D.___ nicht das eigentliche Handlungsziel des Beschuldigten. Vielmehr wollte er sich selbst in dem gegen ihn geführten Strafverfahren entlasten. Dazu kommt, dass die Tat mit Zustimmung von D.___ erfolgte. Die Beweggründe sind indes egoistischer Natur. Nichts hätte den Beschuldigten daran gehindert, sich korrekt zu verhalten, zumal er ganz einfach die Aussage hätte verweigern können. Auch unter Berücksichtigung der subjektiven Tatkomponente ist von einem klar sehr leichten Verschulden auszugehen. Die Einsatzstrafe ist – auch mit Blick auf vergleichbare Fälle (STBER.2019.54: falsche Anschuldigung eines Opfers durch den Täter bezüglich der von ihm selbst begangenen räuberischen Erpressung und Freiheitsberaubung g.ü. einem anderen Opfer während mehreren Einvernehmen bis und mit zur Berufungsverhandlung: Einsatzstrafe 1 Jahr; STBER.2011.2: Anschuldigung hinsichtlich einer gar nicht begangenen Straftat [Freiheitsberaubung und Drohung mit Waffengewalt], mit der Folge der Eröffnung eines Strafverfahrens bis hin zur Festnahme des Geschädigten: Einsatzstrafe von 7 Monaten) – auf 4 Monate festzusetzen, was zu einer Asperation um 2 Monate führt.
4. Täterkomponente
Die Vorinstanz hat das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten auf S. 74 f. ihres Urteils korrekt aufgeführt, darauf kann verwiesen werden. Vorleben und persönliche Verhältnisse zur Tatzeit (insbesondere das noch junge Alter) haben sich verschuldensmindernd auszuwirken. Der Beschuldigte hat vor Obergericht nachvollziehbar die Umstände dargelegt, welche zur Flucht aus Eritrea geführt haben, wie namentlich die Aussicht auf lebenslangen Militärdienst. Ebenso hat er die traumatisierende Flucht geschildert, bei der mehrere Gefährten auf der Überfahrt auf dem Mittelmeer nach Europa ums Leben gekommen sind. Kurz vor dem Tatzeitpunkt hatte das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen seinen negativen Asylentscheid abgewiesen und der Beschuldigte war aus der Schweiz weggewiesen worden. Just am Tattag, dem 3. November 2018, hätte er die Schweiz verlassen müssen.
Was das Nachtatverhalten anbelangt, kann hinsichtlich derjenigen Delikte, derer der Beschuldigte schuldig gesprochen wurde, nicht von Geständigkeit aus aufrichtiger Reue ausgegangen werden. Dass der Beschuldigte die falsche Anschuldigung in der nächsten Einvernahme wieder berichtigte, wurde ihm bereits bei der Tatkomponente strafmindernd zu Gute gehalten. Hinsichtlich des Tötungsvorwurfs kann angesichts des bereits bei der Beweiswürdigung erwähnten Aussageverhaltens ebenfalls nicht von Geständigkeit gesprochen werden. Er hat einzig zugegeben, das Messer verwendet zu haben, ohne indes konkret darzulegen, wie er den Geschädigten verletzt hat. Das korrekte Verhalten im Strafverfahren und im Rahmen des bisherigen Freiheitsentzugs hat sich gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung neutral auszuwirken. Ebenso ist keine erhöhte Strafempfindlichkeit ersichtlich. Auch ist im konkreten Fall keine Strafminderung für die nachstehend anzuordnende Landesverweisung vorzunehmen, da der Beschuldigte ohnehin keine Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz hat. Die Landesverweisung trifft ihn daher nicht in besonderem Ausmass.
Insgesamt rechtfertigt sich zufolge des für den Beschuldigten belastenden Vorlebens und seines zur Tatzeit noch jungen Alters eine Reduktion der Freiheitsstrafe um 6 Monate. Der Beschuldigte ist daher zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten zu verurteilen. An den Freiheitsentzug ist ihm die Untersuchungs- und Sicherheitshaft resp. der vorzeitige Strafvollzug seit dem 7. November 2018 anzurechnen.
VI. Landesverweisung
1. Infolge der Verurteilung wegen versuchter vorsätzlicher Tötung ist grundsätzlich die Anordnung der Landesverweisung obligatorisch (Art. 66a lit. a StGB). Da der Beschuldigte die Tat jedoch in einem Putativnotwehrexzess begangen hat (Art. 16 Abs. 1 StGB), kann in Anwendung von Art. 66a Abs. 3 StGB von einer Landesverweisung abgesehen werden. Damit wird dem Gericht die Möglichkeit eingeräumt, ermessensweise auf die Anordnung der obligatorischen Landesverweisung zu verzichten, wenn diese aufgrund der Tatumstände und insbesondere wegen der geringen Schuld des Täters unverhältnismässig wäre (Matthias Zurbrügg/Constantin Hruschka in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Strafgesetzbuch, Art. 66a StGB N 131).
2. Nach dem Gesagten ist zu prüfen, ob in Anbetracht des Verschuldens des Beschuldigten die Anordnung einer Landesverweisung unverhältnismässig wäre. Die Delikte des Beschuldigten betreffen die Rechtsgüter Leib und Leben (versuchte vorsätzliche Tötung) sowie die Rechtspflege (falsche Anschuldigung). Es handelt sich, insbesondere im Fall der vorsätzlichen Tötung, um Verstösse gegen essenzielle Rechtsgüter. Immerhin handelte es sich um eine singuläre Tat, welche aus dem Moment heraus im Rahmen einer Putativnotwehrhandlung erfolgt ist. Wiederholungsgefahr besteht nicht. Der Beschuldigte hat jedoch das Mass des im Rahmen der Notwehr Zulässigen weit überschritten. Entsprechend wurde der Beschuldigte zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten verurteilt. Es kann in diesem Zusammenhang nicht mehr von einem geringen Verschulden des Beschuldigten i.S.v. Art. 66a Abs. 3 StGB gesprochen werden, auch wenn das Verschulden bei der versuchten vorsätzlichen Tötung als sehr leicht bis leicht qualifiziert wurde. Die Höhe des Verschuldens i.S.v. Art. 66a Abs. 3 StGB darf nicht isoliert in Bezug auf das konkrete Delikt betrachtet werden. Erforderlich ist vielmehr, dass das Verschulden auch im Vergleich zu den übrigen Straftatbeständen, welche nach Art. 66a StGB eine obligatorische Landesverweisung nach sich ziehen, gering erscheint. Die vorsätzliche Tötung gehört mit zu den schwersten Delikten, welche die schweizerische Rechtsordnung kennt. Auch ein wie vorliegend sehr leichtes bis leichtes Tatverschulden kann im Gesamtkontext von Art. 66a StGB nicht als derart gering bezeichnet werden, dass sich ein ermessensweises Absehen von der Landesverweisung rechtfertigte.
3. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass auch das private Interesse des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz nicht hoch zu gewichten ist. Er wurde bereits migrationsrechtlich rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen und verfügt hier folglich über kein Bleiberecht. Das Verhalten im Vollzug ist demgegenüber tadellos, in die Beurteilung miteinzubeziehen ist auch die schwierige Vorgeschichte des Beschuldigten. Gesamthaft ist die Landesverweisung für die Mindestdauer von 5 Jahren anzuordnen. Sie ist – entsprechend den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz – im Schengener Informationssystem (SIS) auszuschreiben.
VII. Sicherheitshaft
Beim Beschuldigten besteht Fluchtgefahr. Für den Fall eines Rechtsmittels ans Bundesgericht ist daher Sicherheitshaft anzuordnen. Für die diesbezüglichen Erwägungen kann auf den separaten Beschluss vom 19. März 2021 verwiesen werden.
VIII. Kosten
1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist der erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsentscheid zu bestätigen (Art. 428 Abs. 3 StPO). Der Beschuldigte hat die Kosten des Verfahrens vor dem Amtsgericht Solothurn Lebern mit einer Gerichtsgebühr von CHF 6'400.00, total CHF 41'500.00, zu bezahlen. Dem Staat steht für die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von CHF 35'721.40 (inkl. Auslagen und MWST) ein Rückforderungsanspruch zu.
2.1 Im Berufungsverfahren resultieren zwei (implizite) Freisprüche betreffend die Vorhalte des Raufhandels und der Freiheitsberaubung. Sodann obsiegt der Beschuldigte betreffend die Strafzumessung in nicht unerheblichem Ausmass, wird doch die von der Vorinstanz ausgesprochene Strafe annähernd halbiert. Es rechtfertigt sich damit, die Verfahrenskosten mit einer Gerichtsgebühr von CHF 6'000.00, total CHF 6'362.20, je zur Hälfte, d.h. CHF 3'181.10, dem Beschuldigten und dem Staat Solothurn aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO).
2.2 Rechtsanwalt Dr. Roman Baumann Lorant ist amtlicher Verteidiger des Beschuldigten. In seiner Kostennote macht er für die Vertretung im Berufungsverfahren eine Entschädigung von CHF 7’822.65 (Honorar 38.25h à CHF 180.00 = CHF 6'885.00, Auslagen CHF 407.50, zzgl. MWST auf CHF 6'885.00) geltend. Die Kostennote gibt zu keinen Bemerkungen Anlass. Das amtliche Honorar ist dem Verteidiger in der geltend gemachten Höhe vom Staat auszubezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von 50%, d.h. CHF 3'911.30, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten A.___ erlauben (Art. 135 Abs. 4 und 5 StPO). Demnach wird in Anwendung von Art. 111 i.V.m. 22 Abs. 1, Art. 303 Ziff. 1, Art. 13, Art. 16 Abs. 1, Art. 40, Art. 47, Art. 48a Abs. 1, Art. 49 Abs. 1, Art. 51, Art. 66a, Art. 69 StGB; Art. 135, Art. 267, Art. 398 ff., Art. 428 Abs. 1 und Abs. 3 StPO erkannt: 1. Der Beschuldigte A.___ hat sich der versuchten vorsätzlichen Tötung, begangen am 3. November 2018, schuldig gemacht.
2. Es wird festgestellt, dass sich der Beschuldigte A.___ gemäss der diesbezüglich rechtskräftigen Ziffer 1 des Urteils des Amtsgerichts Solothurn-Lebern vom 23. Juni 2020 (nachfolgend: erstinstanzliches Urteil) der falschen Anschuldigung, begangen am 16. April 2019, schuldig gemacht hat.
3. Der Beschuldigte A.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten verurteilt.
4. Die seit dem 7. November 2018 erstandene Haft wird dem Beschuldigten A.___ an die Freiheitsstrafe angerechnet.
5. Es wird festgestellt, dass zwecks Sicherung des Massnahmenvollzugs Sicherheitshaft angeordnet wurde (vgl. separater Beschluss). 6. Der Beschuldigte A.___ wird für die Dauer von 5 Jahren des Landes verwiesen.
7. Die Landesverweisung wird im Schengener Informationssystem (SIS) ausgeschrieben.
8. Es wird festgestellt, dass gemäss rechtskräftiger Ziffer 7 des erstinstanzlichen Urteils folgende beschlagnahmten Gegenstände (alle Aufbewahrungsort Polizei Kanton Solothurn, Asservate) dem Beschuldigten A.___ auf entsprechendes Verlangen hin zurückzugeben sind: - Herrenjacke, Marke Heidi, blau; - Sweatshirt, Marke Your Turn, schwarz; - Turnschuhe, Marke Nike, grün; - T-Shirt, Marke Paris; - Jeans, Marke Denim; - Fingerring. Ohne ein solches Begehren werden die Gegenstände drei Monate nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils vernichtet.
9. Es wird festgestellt, dass gemäss rechtskräftiger Ziffer 8 des erstinstanzlichen Urteils folgende beschlagnahmten Gegenstände (alle Aufbewahrungsort Polizei Kanton Solothurn, Asservate) dem Berechtigten E.___ auf entsprechendes Verlangen hin zurückzugeben sind: - 1 Jeanshose, Marke Denim, hellblau, mit Ledergurt; - 1 Sweatshirt Marke Forty Five, weiss; - 1 Unterleibchen, weiss; - 1 Unterhose, Marke Gomati, grau; - 1 Paar Socken, schwarz; - Turnschuhe, Marke Fashion, schwarz. Ohne ein solches Begehren werden die Gegenstände drei Monate nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils vernichtet.
10. Es wird festgestellt, dass gemäss rechtskräftiger Ziffer 9 des erstinstanzlichen Urteils das sichergestellte Messer und die beschlagnahmte Herrenjacke, grün, (Aufbewahrungsort: Kantonspolizei Solothurn, Asservate) eingezogen wurden und durch die Polizei zu vernichten sind.
11. Es wird festgestellt, dass gemäss rechtskräftiger Ziffer 10 des erstinstanzlichen Urteils die Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten A.___, Rechtsanwalt Dr. Roman Baumann Lorant, Dornach, im erstinstanzlichen Verfahren auf CHF 35'721.40 (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt wurde und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt worden ist. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten A.___ erlauben.
12. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten A.___, Rechtsanwalt Dr. Roman Baumann Lorant, wird im Berufungsverfahren auf CHF 7'822.65 (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von 50%, d.h. CHF 3'911.30, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten A.___ erlauben.
13. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 6'400.00, total CHF 41'500.00, hat der Beschuldigte A.___ zu bezahlen.
14. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 6'000.00, total CHF 6'362.20, hat der Beschuldigte A.___ zu 50%, d.h. CHF 3'181.10, zu tragen. Die übrigen Kosten gehen zulasten des Staats Solothurn.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona). Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Vizepräsident Der Gerichtsschreiber von Felten Bachmann |
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