E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsgericht (SO - STBER.2020.65)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:STBER.2020.65
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Strafkammer
Verwaltungsgericht Entscheid STBER.2020.65 vom 12.10.2021 (SO)
Datum:12.10.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Die Strafkammer des Obergerichts hat entschieden, dass die Beschuldigte A.___ schuldig ist der Veruntreuung und mehrfachen Urkundenfälschung. Sie wurde zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je CHF 40.00 verurteilt, mit bedingtem Vollzug und einer Probezeit von 2 Jahren. Zudem muss sie dem Privatkläger B.___ Schadenersatz von CHF 1'324.00 zahlen. Die Kosten des Verfahrens in Höhe von CHF 4'250.00 gehen zu ihren Lasten. Die Beschuldigte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und fordert ihre vollumfängliche Freisprechung sowie eine Entschädigung für ihre Verteidigungskosten in Höhe von CHF 6'641.45. Die Staatsanwaltschaft verzichtet auf eine Anschlussberufung, und der Privatkläger hat sich nicht geäussert.
Schlagwörter: Beschuldigte; Kläger; Privatkläger; Beschuldigten; Dokument; Urkunde; Verteidigung; Dokumente; Recht; Urkunden; Verfahren; Apos; Rechnung; Beweis; Privatklägers; Anklage; Urteil; Einvernahme; Person; Verfahren; Berufung; Termin; Veruntreuung; Staat; Verfahrens; Führerausweis
Rechtsnorm: Art. 101 StPO ; Art. 108 StPO ; Art. 110 StGB ; Art. 138 StGB ; Art. 141 StPO ; Art. 157 StPO ; Art. 158 StPO ; Art. 251 StGB ; Art. 32 BV ; Art. 325 StPO ; Art. 34 StGB ; Art. 391 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 44 StGB ; Art. 46 StGB ; Art. 47 StGB ; Art. 49 StGB ; Art. 5 BV ; Art. 68 StPO ; Art. 78 StPO ; Art. 9 StPO ;
Referenz BGE:106 IV 257; 117 IV 112; 118 IV 254; 118 IV 32; 119 Ia 346; 120 IV 132; 133 IV 21; 134 IV 17; 137 IV 167; 137 IV 169; 138 IV 130; 143 IV 297; 143 IV 63; 143 V 66; 144 IV 217;
Kommentar:
Andreas Donatsch, Wolfgang Wohlers, Schweizer, Lieber, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Art. 101 OR StPO, 2020
Entscheid
 
Geschäftsnummer: STBER.2020.65
Instanz: Strafkammer
Entscheiddatum: 12.10.2021 
FindInfo-Nummer: O_ST.2021.58
Titel: Urkundenfälschung, Veruntreuung

Resümee:

 

Obergericht

Strafkammer

 

 

 

 

 

 

Urteil vom 12. Oktober 2021

Es wirken mit:

Präsident von Felten

Oberrichter Kiefer    

Oberrichter Marti   

Gerichtsschreiberin Lupi De Bruycker

 

In Sachen

Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn,

Anklägerin

 

gegen

 

A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Christian Habegger

Beschuldigte und Berufungsklägerin

 

betreffend     Urkundenfälschung, Veruntreuung

 


 

Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung:

I. Prozessgeschichte

 

1. Am 14. August 2018 suchte B.___ den Regionalposten Solothurn auf und händigte der Polizei mehrere Dokumente aus (Akten des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens, STA.2018.3637, Aktenseiten [nachfolgend AS] 20 – 25), die A.___ gefälscht haben soll. Ebenso erhob er den Vorwurf, diese habe Geld, welches er ihr für eine Zahlung an das Institut für […] (nachfolgend E.___) anvertraut gehabt habe, veruntreut (AS 10).

 

2. Am 28. September 2018 eröffnete die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn gegen A.__ (nachfolgend Beschuldigte bzw. Berufungsklägerin) eine Strafuntersuchung wegen Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 StGB und Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB (AS 122).

 

3. Nach diversen Untersuchungshandlungen (Einvernahmen, forensische Datensicherung und Auswertung) erging am 3. Januar 2019 die Strafanzeige gegen die Beschuldigte (AS 9 ff.).

 

4. Am 31. Januar 2019 konstituierte sich B.___ (nachfolgend Privatkläger) als Zivil- und Strafkläger im Strafverfahren gegen die Beschuldigte (AS 14).

 

5. Die Staatsanwaltschaft erliess gegen die Beschuldigte am 13. Februar 2019 einen Strafbefehl (AS 142 ff.), gegen welchen diese durch ihren erbetenen Verteidiger, Rechtsanwalt Christian Habegger, innert Frist Einsprache erheben liess (AS 150).

 

6. In der Folge hielt die Staatsanwaltschaft am angefochtenen Strafbefehl fest und überwies die Einsprache mit den Akten am 26. Februar 2019 dem Gerichtspräsidium Bucheggberg-Wasseramt zum Entscheid (AS 1 ff.).

 

7. Mit Verfügung vom 17. Oktober 2019 wurde Rechtsanwalt Christian Habegger als amtlicher Verteidiger der Beschuldigten eingesetzt (Akten des Verfahrens vor dem Amtsgerichtspräsidenten, Aktenseiten [nachfolgend BW AS] 184), dies rückwirkend ab dem 16. Juli 2019 (= Datum der Gesuchstellung, BW AS 163, vgl. auch BW AS 477).

 

8. Die Hauptverhandlung vor dem Amtsgerichtspräsidenten des Richteramtes Bucheggberg-Wasseramt fand (nach einmaliger Verschiebung) am 7. Mai 2020 statt (Protokoll der HV: BW AS 200 ff.; Einvernahmeprotokolle: BW AS 376 ff. und AS 389 ff.).

 

9. Am 23. Juni 2020 eröffnete der Amtsgerichtspräsident folgendes Urteil mündlich (BW AS 437 ff.):


 

«1.  A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:

a)       Veruntreuung, begangen in der Zeit vom 6. Juli 2017 bis am 19. Juli 2018,

b)       mehrfache Urkundenfälschung, begangen in der Zeit vom 5. April 2018 bis am 19. Juli 2018.

2.  A.___ wird zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je CHF 40.00 verurteilt, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 2 Jahren.

3.  A.___ wird verurteilt, dem Privatkläger B.___ Schadenersatz von CHF 1'324.00 zu bezahlen.

Im Übrigen wird der Privatkläger zur Geltendmachung der Zivilforderung auf den Zivilweg verwiesen.

4.  Die Zivilforderung des Privatklägers B.___ betr. Genugtuung wird abgewiesen.

5.  Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Christian Habegger, wird auf CHF 8'043.45 (39,94 Stunden zu CHF 180.00, inkl. Auslagen von CHF 279.20 und MWST zu 7.7 % von CHF 575.05) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn).

Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers von CHF 2'150.80 (Differenz zum vollen Honorar zu CHF 230.00 pro Stunde, inkl. MWST zu 7.7 % von CHF 153.80), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.

6.  Die Kosten des Verfahrens, mit einer Urteilsgebühr von CHF 2'800.00, total CHF 4'250.00, hat A.___ zu bezahlen.

Wird von keiner Partei ein Rechtsmittel ergriffen und nicht ausdrücklich eine schriftliche Begründung des Urteils verlangt, so reduziert sich die Urteilsgebühr um CHF 800.00, womit A.___ CHF 3'450.00 zu bezahlen hat.»

 

10. Gegen dieses Urteil liess die Beschuldigte am 25. Juni 2020 die Berufung anmelden (BW AS 447). Mit Berufungserklärung vom 21. Juli 2020 werden die Dispositivziffern 1, 2, 3 und 6 des erstinstanzlichen Urteils von der Berufungsklägerin angefochten und folgende Abänderungsanträge gestellt (obergerichtliches Verfahren, Aktenseite [nachfolgend OGer AS] 2 f.).

 

« 1.    Die Beschuldigte sei vollumfänglich freizusprechen.

2.    Auf das Schadenersatzbegehren des Privatklägers B.___ sei nicht einzutreten bzw. dieses sei auf den Zivilweg zu verweisen.

3.    Die Beschuldigte sei für ihre erbetene Verteidigung im erstinstanzlichen Verfahren mit CHF 6'641.45 zu entschädigen.

4.    Die Kosten der Untersuchung und der gerichtlichen Verfahren (erst- und zweitinstanzlich) sowie die Kosten der amtlichen Verteidigung seien auf die Staatskasse zu nehmen.»

 

11. Die Staatsanwaltschaft verzichtete mit Eingabe vom 24. Juli 2020 auf eine Anschlussberufung sowie die weitere Teilnahme am Berufungsverfahren (OGer AS 10). Der Privatkläger liess sich nicht vernehmen.

 

12. Mit Präsidialverfügung vom 25. September 2020 wurde das schriftliche Verfahren angeordnet, nachdem dagegen von den Parteien keine Einwände erhoben worden waren. Die Berufungsbegründung ging am 6. November 2020 beim Gericht ein (OGer AS 25 ff.).

 

13. In Rechtskraft erwachsen und folglich nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind folgende Ziffern des erstinstanzlichen Urteils:

 

-     Ziff. 4 (Abweisung der Genugtuungsforderung des Privatklägers);

-     Ziff. 5 (teilweise, soweit die Höhe der Entschädigung des amtlichen Verteidigers betreffend).

 

 

II. Prozessuale Rügen der Berufungsklägerin

 

1.1 Fehlender bzw. ungenügender Tatverdacht zu Beginn der 1. Einvernahme der Beschuldigten

 

Die Beschuldigte lässt durch ihren Verteidiger im Berufungsverfahren eine Verletzung von Art. 158 Abs. 1 StPO rügen (OGer AS 28 - 30): Im vorliegenden Fall sei ihr zu Beginn der ersten Einvernahme am 15. November 2018 kein konkreter Lebenssachverhalt vorgehalten worden. Die angeblichen Tathandlungen samt Ort, Zeit und Umständen sowie die geschädigte Person seien nicht offengelegt worden. Sie sei lediglich darauf hingewiesen worden, es sei gegen sie ein Vorverfahren wegen des Verdachts auf Urkundenfälschung und Veruntreuung eingeleitet worden, der Hinweis habe sich folglich auf die Nennung der Gesetzesmarginalien beschränkt. Erfolge der Tatvorhalt (wie vorliegend) erst im Verlauf und nicht zu Beginn der Einvernahme, so sei diese als Ganzes unverwertbar (mit Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichts 6B_646/2017 vom 1.5.2018 E. 5.3). Weiter habe die Unverwertbarkeit dieser Einvernahme zur Folge, dass sämtliche Sekundärbeweise, die gestützt auf diese Aussagen der Beschuldigten erhoben worden seien (insbesondere die Daten der Kontoedition bei der [...] sowie die Ergebnisse der forensischen Auswertung des Laptops der Beschuldigten), ebenfalls unverwertbar seien (Art. 141 Abs. 1 StPO). Es fehle in Missachtung von Art. 157 Abs. 2 StPO an zumindest einer verwertbaren Einvernahme der Beschuldigten zu allen Deliktsvorwürfen vor der Anklageerhebung. Ohne eine gültige Einvernahme im Verfahren könne weder Anklage erhoben werden noch eine Verurteilung erfolgen.

 

1.2 Gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. a StPO weisen Polizei Staatsanwaltschaft die beschuldigte Person zu Beginn der ersten Einvernahme in einer ihr verständlichen Sprache darauf hin, dass gegen sie ein Vorverfahren eingeleitet worden ist und welche Straftaten Gegenstand des Verfahrens bilden. Einvernahmen ohne diesen Hinweis sind nicht verwertbar (Art. 158 Abs. 2 StPO). Verlangt wird, dass der beschuldigten Person ein – nach dem aktuellen Verfahrensstand – möglichst präziser einzelner Lebenssachverhalt und der daran geknüpfte Deliktsvorwurf vorgehalten wird. Ein lediglich pauschaler Vorwurf kann hingegen nicht genügen (Urteile des Bundesgerichts 6B_1021/2013 vom 29.9.2014 E. 2.3.1; 6B_976/2015 vom 27.9.2016 E. 1.3). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist aber im frühen Verfahrensstadium der ersten Einvernahme eine gewisse Verallgemeinerung im Hinblick auf eine erfolgreiche Durchführung der Strafuntersuchung zulässig. Massgebend ist die Tathypothese, mit welcher die Strafverfolgungsbehörde arbeitet; diese ist indessen nicht verpflichtet, ihr gesamtes Wissen vor der ersten Einvernahme offenzulegen (Urteil des Bundesgerichts 6B_489/2018 vom 31.10.2018 E. 3.2). Entscheidend ist, dass die befragte beschuldigte Person zu Beginn der Einvernahme zur Sache erfassen kann, worum es in der Befragung geht. Sie darf nicht im Ungewissen gelassen werden, welcher Vorwurf ihr gemacht wird und muss vor einem «im Trüben fischen» geschützt werden.

 

1.3 Die Rüge der Verteidigung geht aus folgenden Gründen fehl: Der befragende Polizist wies die Beschuldigte (in Anwesenheit ihres erbetenen Verteidigers, AS 44) zu Beginn ihrer ersten Einvernahme am 15. November 2018 auf das gegen sie eingeleitete Vorverfahren sowie die diesem Verfahren zu Grunde liegenden Strafbestimmungen (Urkundenfälschung, Art. 251 StGB, Veruntreuung, Art. 138 StGB) hin (AS 43). Anschliessend wurde die Beschuldigte korrekt belehrt (Hinweis auf das Recht, die Aussagen und Mitwirkung verweigern zu können, Hinweis auf die Strafbestimmungen von Art. 303 - 305 StGB). Nachdem die Beschuldigte grundsätzlich ihre Bereitschaft signalisiert hatte, vor der Polizei Aussagen zu machen, konkretisierte der befragende Polizist –  vor der ersten Fragestellung zur Sache selbst – den Vorhalt, indem er den Strafanzeiger (B.___) sowie nochmals die Straftatbestände erwähnte und hierauf im Einzelnen auf die Dokumente, welche im Zentrum des Verfahrens standen, einging: Er verwies auf Dokumente, die angeblich von der Motorfahrzeugkontrolle in Bellach stammten, sowie auf ein Dokument, welches C.___ verfasst haben solle, bei welchen es sich aber offensichtlich um Fälschungen handle. Der Strafanzeiger behaupte, er habe von der Beschuldigten diese Dokumente erhalten. Auch der Tatbestand der Veruntreuung wurde im Rahmen dieser Einleitung zur Befragung konkretisiert: Gemäss B.___ habe die Beschuldigte einen Betrag von CHF 1'324.00 erhalten zur Bezahlung an das E.___, wobei das Geld angeblich dort nie angekommen sei (AS 44). Unmittelbar nach der ersten Frage («Was können Sie mir zu den angesprochenen gefälschten Dokumenten sagen?») wurden der Beschuldigten diese Dokumente einzeln vorgelegt (AS 45, 55 - 60). Es bestehen keine Zweifel, dass die Beschuldigte anhand dieser konkreten Angaben bereits zu Beginn der Einvernahme die ihr zur Last gelegten Vorhalte erfassen konnte. Damit ist die Polizei ihrer Aufklärungspflicht im Sinne von Art. 158 Abs. 1 StPO nachgekommen. Es liegt eine verwertbare Ersteinvernahme der Beschuldigten vor (Art. 158 Abs. 2 StPO, e contrario) und folglich stellt sich auch die Frage der Fernwirkung (Theorie der Früchte des vergifteten Baumes, Unverwertbarkeit von Sekundärbeweisen) gar nicht.

 

2. Verweigerung der Akteneinsicht, Verletzung des rechtlichen Gehörs

 

2.1 Die Beschuldigte lässt des Weiteren eine Verletzung des rechtlichen Gehörs mit folgenden Ausführungen rügen (OGer AS 30 - 32): Die Staatsanwaltschaft sei dem Akteneinsichtsgesuch der Verteidigung vom 19. November 2018 (vgl. AS 135) nicht nachgekommen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass eine formelle Abweisung des Akteneinsichtsgesuchs ausgeblieben sei. Die Akten seien der Verteidigung erst auf ihr zweites Gesuch hin am 23. Januar 2019 zur Einsicht zugestellt worden. Die wichtigsten Beweise (im Einzelnen die erste Einvernahme der einzigen Auskunftsperson, die Edition der [...]-Bankunterlagen sowie die Auswertung des Laptops der Beschuldigten) seien im Zeitpunkt des ersten Akteneinsichtsgesuchs bereits abgenommen gewesen. Erfolge die erstmalige Akteneinsicht erst nach der gesamten Beweiserhebung und gleichzeitig mit der Mitteilung, dass nun Anklage erhoben werde, sei dies klar verspätet und torpediere die Verteidigungsrechte. Die Akteneinsicht müsse jedenfalls in einem Zeitpunkt gewährt werden, in welchem die Verteidigung Verfahrensbeteiligten, welche belastende Aussagen machten, noch gezielt Ergänzungsfragen stellen könne. Die Verweigerung der rechtzeitigen Einsichtnahme in die Akten stelle einen krassen Verstoss gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör und gegen das Recht auf ein faires Verfahren dar, der zu einem Freispruch der Beschuldigten führen müsse.

 

2.2 Gemäss Art. 101 StPO (Akteneinsicht bei hängigem Verfahren) können die Parteien – unter Vorbehalt von Art. 108 StPO – spätestens nach der ersten Einvernahme der beschuldigten Person und der Erhebung der übrigen wichtigsten Beweise durch Staatsanwaltschaft die Akten des Strafverfahrens einsehen. Art. 108 StPO regelt die Einschränkungen des rechtlichen Gehörs (begründeter Verdacht des Missbrauchs [lit. a] bzw. Wahrung von Sicherheitsinteressen von öffentlichen privaten Geheimhaltungsinteressen [lit. b]). Gegenüber den Rechtsbeiständen sind Einschränkungen nur zulässig, wenn der Rechtsbeistand selbst Anlass für die Beschränkung gibt (Art. 108 Abs. 2 StPO). Die offene Formulierung von Art. 101 Abs. 1 StPO räumt der Verfahrensleitung im Vorverfahren Ermessen ein und lässt ihr dadurch auch Raum über ermittlungstaktische Überlegungen (vgl. Daniela Brüschweiler/Christa Grünig: Andreas Donatsch/Vitor Lieber/Sarah Summers/Wolfgang Wohlers [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 2020, nachfolgend zitiert «Zürcher Kommentar StPO, Art. 101 StPO N 3). Die Frage, welche Beweismittel als die «übrigen wichtigsten Beweismittel» zu qualifizieren sind, lässt sich kaum allgemein beantworten und erfordert eine Einzelfallbetrachtung (vgl. auch Daniela Brüschweiler/Christa Grünig in: Zürcher Kommentar StPO, Art. 101 StPO N 6): «Es liegt auf der Hand, dass die Ansichten darüber, wann die Voraussetzung des Vorliegens der wichtigsten Beweise gegeben ist, je nach Interessenlage, insbesondere der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung, divergieren». Entscheidend ist, ob im Rahmen dieser Einzelfallbetrachtung das «fair trial»-Prinzip und eine wirksame Verteidigung gewahrt wurden.

 

2.3 In zeitlicher Hinsicht ergibt sich folgendes: D.___ (Dienststelle Ermittlungsunterstützung, Polizei Kanton Solothurn) legte am 2. November 2018 den sog. Examiner Report (AS 34 - 42) und eine Woche später (9.11.2018) den Rapport Forensische Datensicherung und Auswertung vor (AS  30 - 33), worauf am 15. November 2018 die Beschuldigte erstmals polizeilich befragt wurde (AS 43 ff.). Auf das Akteneinsichtsgesuch der Verteidigung vom 19. November 2018 teilte die Staatsanwaltschaft mit, die verlangten Akten seien noch nicht eingetroffen bzw. vollständig. Zugleich wurde der Verteidigung die Zustellung der Akten in Aussicht gestellt, sobald dies möglich sei (AS 136). Am 14. Dezember 2018 fand die zweite Befragung der Auskunftsperson B.___ statt, ohne dass zuvor der Verteidigung Einsicht in die bislang zusammengetragenen Akten gewährt worden war, was von der Verteidigung zu Beginn der Befragung denn auch gerügt wurde (vgl. Protokollvermerk auf AS 76). Nach dieser Befragung holte die Staatsanwaltschaft die Besucherliste im UG Solothurn während des Gefängnisaufenthaltes des Privatklägers ein (AS 118 sowie Journal: AS 120) und am 11. Januar 2019 ging die polizeiliche Strafanzeige ein (AS 9 ff.). Nach einem Anruf des Verteidigers am 21. Februar 2019 (vgl. Journaleintrag vom 21.2.2019: AS 121) wurden diesem noch gleichentags sämtliche Akten des Untersuchungsverfahrens zur Verfügung gestellt (AS 137).

 

Der Beschuldigten wurde durch diese Vorgehensweise eine effektive Verteidigung nicht verunmöglicht. Bereits im Rahmen der Erstbefragung – folglich noch bevor der gesetzliche Anspruch gemäss Art. 101 StPO auflebte – wurden der Beschuldigten und dem ebenfalls anwesenden Verteidiger Einsicht in die als Fälschungen eingestuften Dokumente (AS 55 - 60) und – auszugsweise – auch in den Examiner Report (vgl. AS 61 und 62) gewährt. Ebenso wurden der Beschuldigten die polizeilichen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus dem Examiner Report erläutert und sie zu einer Stellung aufgefordert (vgl. Frage Nr. 33 und 36, AS 48). Zudem wurde der Beschuldigten im Rahmen der Erstbefragung offengelegt, dass gestützt auf die edierten [...]-Kontoauszüge die von ihr behauptete Zahlung an das E.___ nicht habe festgestellt werden können (vgl. Fragen 65 und 66, AS 52 f.). Die Verteidigung verfügte damit zwar nicht über alle, aber zweifellos über alle wesentlichen Informationen, um im Rahmen der Befragung der Auskunftsperson von ihrem Recht auf Ergänzungsfragen wirksam Gebrauch machen zu können. Für die Befragung der Auskunftsperson wurden ihr keine zentralen Dokumente vorenthalten. Zudem verblieb der Verteidigung, nachdem bei ihr am 23. Januar 2019 (vgl. AS 138) sämtliche Untersuchungsakten eingegangen waren, die Möglichkeit, auf den weiteren Gang des Vorverfahrens Einfluss zu nehmen und vor dessen Abschlusses bis am 7. Februar 2019 Beweisanträge zu stellen, zum Beweismaterial Ergänzungsfragen zu stellen und/oder Wiederholungen von Einvernahmen zu verlangen, wovon die Verteidigung jedoch keinen Gebrauch machte. Auch diese Rüge der Verteidigung erweist sich als unbegründet.

 

3. Gerügte Verletzung des Teilnahmerechts der Beschuldigten bei der Befragung des Privatklägers vom 14. Dezember 2018

 

3.1 Die Berufungsklägerin lässt im Weiteren rügen (OGer AS 32 - 34), anlässlich der Einvernahme des Privatklägers vom 14. Dezember 2018 seien die Verteidigungsrechte ausgehöhlt worden, da die Befragung auf Deutsch und ohne Beizug eines Dolmetschers durchgeführt worden sei, obwohl die Schilderungen des Privatklägers über weite Teile absolut unverständlich gewesen seien, was von der Verteidigung bereits anlässlich jener Einvernahme mehrfach moniert, dann aber leider nur einmalig am Ende des Protokolls (vgl. AS 82) festgehalten worden sei. Der Hinweis der Vorinstanz, wonach der Privatkläger explizit auf einen Dolmetscher verzichtet habe, sei unbehelflich, da es die Aufgabe der Staatsanwaltschaft sei, für die Durchführung einer rechtskonformen Einvernahme besorgt zu sein und notfalls auch gegen den Willen der zu befragenden Person auf den Beizug eines Dolmetschers zu bestehen, wenn diese, wie vorliegend, der Einvernahmesprache nicht mächtig sei. Die offensichtlichen Verständnisprobleme hätten es der Verteidigung verunmöglicht, Ergänzungsfragen zu stellen, was einer Nichtgewährung des Teilnahmerechts gleichkomme. Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 21. Januar 2019 die Wiederholung von Einvernahmen angeboten habe und die Verteidigung davon keinen Gebrauch gemacht habe, ändere daran nichts, weil es nicht deren Aufgabe sei, die Wiederholung einer formell mangelhaften Einvernahme zu verlangen und so auf eine verwertbare Einvernahme mit belastenden Aussagen hinzuwirken. Als Ausfluss des «nemo tenetur»-Prinzips und in Nachachtung des Gebots der bestmöglichen Interessenwahrung der beschuldigten Person habe sie sich solcher Anträge im Gegenteil gerade zu enthalten. Die Einvernahme des Privatklägers vom 14. Dezember 2018 erweise sich wegen der Verletzung des Teilnahmerechts der Beschuldigten jedenfalls zu Lasten der Beschuldigten in Anwendung von Art. 147 Abs. 4 i.V.m. Art. 141 Abs. 1 StPO als absolut unverwertbar.

 

3.2 Der Beizug eines Dolmetschers ist immer dann notwendig, wenn eine am Verfahren beteiligte Person nicht über die erforderlichen passiven und aktiven Kenntnisse der Verfahrenssprache verfügt. Der Entscheid darüber, ob die Sprachkenntnisse der zu befragenden Person tatsächlich ausreichen, um auf die Mitwirkung eines Dolmetschers zu verzichten, obliegt der Verfahrensleitung (Art. 68 Abs. 1 StPO). Die subjektive Einschätzung der zu befragenden Person ist ein wichtiges Element, kann aber – für sich allein – nicht entscheidend sein. Überschätzt die zu befragende Person ihre mündliche Kompetenz in Bezug auf die Verfahrenssprache, entbindet dies die Verfahrensleitung aufgrund ihrer Fürsorgepflicht nicht davon, bei Bedarf einen Dolmetscher zu bestellen. Art. 68 Abs. 1 StPO stellt in erster Linie eine Schutzbestimmung für die zu befragende Person dar, jedoch muss sich auch eine an der Befragung teilnahmeberechtigte Partei – in casu die Beschuldigte – auf diese Norm berufen können, wenn die sprachlichen Defizite der zu befragenden Person im Ergebnis dazu führen sollten, dass deren Teilnahmerechte mangels Verständnis beschnitten sind. Ab welchem Grad der Sprachkompetenz eines Verfahrensbeteiligten auf die Mitwirkung eines Dolmetschers verzichtet werden kann, lässt sich nicht einfach und allgemein beantworten (Adrian Urwyler in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Art. 1 - 195 StPO, 2. Auflage, Basel 2014, nachfolgend zit. «BSK StPO», Art. 68 StPO N 3) und hängt auch vom Gegenstand des Verfahrens ab. Auch bei dieser Frage steht der Verfahrensleitung im konkreten Einzelfall ein Ermessensspielraum zu.

 

3.3 Der befragte Privatkläger erachtete weder in den beiden Einvernahmen vom 11. Oktober 2018 (als Auskunftsperson: AS 67 ff; als Beschuldigter in dem später abgetrennten Verfahren wegen Führens eines Personenwagens trotz Entzug des Führerausweises: AS 63 ff.) noch in derjenigen vom 14. Dezember 2018 (AS 75 ff.) die Mitwirkung eines Dolmetschers als erforderlich. Die von der Verteidigung bemängelte Einvernahme vom 14. Dezember 2018 wurde nicht auf einen Tonträger aufgezeichnet, so dass nur der Rückgriff auf das schriftliche Einvernahmeprotokoll verbleibt, welches die Ausführungen sinngemäss wiedergibt (Art. 78 Abs. 3 StPO, e contrario). Fakt ist, dass der befragende Polizist in der Lage war, die umfangreichen mündlichen Ausführungen niederzuschreiben und die protokollierten Aussagen klar sind und jedenfalls nicht auf Verständnisprobleme hindeuten. Demgegenüber bemängelte Rechtsanwalt Habegger als anwesender Verteidiger – gemäss Protokollvermerk einmalig (vgl. AS 82) –, er habe B.___ schlecht verstanden und er sei der Meinung, ein Dolmetscher wäre für diese Einvernahme sinnvoll gewesen. Ein Verfahrensantrag blieb jedoch aus: Er verlangte als Parteivertreter der Beschuldigten nicht, die Befragung ohne Dolmetscher abzubrechen bzw. deren Durchführung von der Mitwirkung eines Dolmetschers abhängig zu machen. Selbst als er mit Schreiben vom 21. Januar 2019 aufgefordert wurde, vor Abschluss der Untersuchung die Wiederholung von Einvernahmen zu verlangen, sah er von einem entsprechenden Antrag ab. Dies alles spricht gegen die Notwendigkeit des Beizugs eines Dolmetschers.

 

Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 5 Abs. 3 BV) ist es nicht zulässig, formelle Rügen, die in einem früheren Prozessstadium hätten geltend gemacht werden können, bei ungünstigem Ausgang später noch vorzubringen (BGE 143 V 66 E. 4.3; 135 III 334 E. 2.2; Urteil 6B_626/2020 vom 11. November 2020 E. 1.1; je mit Hinweisen). Die Parteien haben – echte vermeintliche – formelle Mängel so früh wie möglich, d.h. bei erster Gelegenheit, geltend zu machen, und können diese Rügen nicht, im Falle eines für sie ungünstigen Ausgangs des Verfahrens, für einen späteren Zeitpunkt «aufsparen» (vgl. Urteil 1C_542/2011 vom 3.10.2012 E. 4.1 mit Hinweisen). Sowohl die Praxis des Bundesgerichts als auch diejenige der Strassburger Rechtsprechungsorgane verlangen grundsätzlich, dass der Beschuldigte sein Anwalt zur Wahrnehmung der Verteidigungsrechte rechtzeitig und in angemessener Weise aktiv wird. Wenn eine entsprechend zumutbare Intervention unterbleibt, kann nach Treu und Glauben sowie von Grundrechts wegen kein Tätigwerden der Strafjustizbehörden erwartet werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_23/2021 vom 20.7.2021 E. 2.3 mit Hinweis auf 6B_967/2019 vom 7.5.2020 E. 1; 6B_678/2013 vom 3.2.2014 E. 2.2; vgl. auch Urteil 6B_22/2010 vom 8. 6.2010 E. 2.2). Daran ändert auch der von der Verteidigung ins Feld geführte «nemo tenetur»-Grundsatz, wonach der Angeklagte nicht zu seiner eigenen Verurteilung beitragen müsse, nichts, denn auch in einem strafprozessualen Verfahren ist der Private gemäss konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung an den Grundsatz von Treu und Glauben gebunden (vgl. auch hierzu Urteil des Bundesgerichts 6B_23/2021 vom 20.7.2021 E. 2.4). Wer – wie die Verteidigung –weder anlässlich der konkreten Befragung des Privatklägers mit einem entsprechenden Antrag unmissverständlich interveniert, noch vor Abschluss des Vorverfahrens die Wiederholung der – aus Sicht der Verteidigung – fehlerbehafteten, weil ohne Dolmetscher durchgeführten – Einvernahme verlangt, verwirkt den Anspruch auf spätere Anrufung der (tatsächlich bloss vermeintlich) verletzten Verfahrensvorschrift. Die Einvernahme des Privatklägers vom 14. Dezember 2018 ist damit entgegen den Vorbringen der Verteidigung verwertbar.

 

4. Rüge der mehrfachen Verletzung des Anklagegrundsatzes

 

4.1 Die Berufungsklägerin lässt des Weiteren vorbringen, die Anklageschrift habe in mehrfacher Hinsicht den Anforderungen des Anklagegrundsatzes gemäss Art. 9 Abs. 1 StPO nicht genügt (vgl. OGer AS 34 - 37). Im Einzelnen rügt die Verteidigung in Bezug auf den Strafbefehl vom 13. Februar 2019, der als Anklageschrift gilt (Art. 356 Abs. 1 StPO), folgendes:

 

-     nicht hinreichend konkretisierte Umschreibung des Tatzeitraumes: Obschon der Beschuldigten, welche aktenkundig eine Vielzahl von Zahlungen für den Privatkläger geleistet habe, das Ausbleiben einer einzigen Zahlung als Veruntreuungshandlung vorgeworfen werde, werde in der Anklage ein Tatzeitraum von über einem Jahr angegeben.

 

-     unzureichende Umschreibung des Treugebers und des Anvertrautseins: Für die Beschuldigte sei unklar geblieben, um welches Geld es sich bei dem in der Anklageschrift genannten Betrag von CHF 1'324.00 gehandelt haben soll und von wem ihr dieses anvertraut worden sei. Die Beschuldigte habe unbestrittenermassen vom Privatkläger selber mehrfach Geld erhalten, um Besorgungen für diesen zu erledigen um Rechnungen zu bezahlen (mit Hinweis auf AS 385 und AS 387). Woran die Beschuldigte hätte erkennen können, dass ihr in Tat und Wahrheit das Geld vom Patenonkel des Privatklägers anvertraut worden sei, sei nicht nachvollziehbar und werde von der Vorinstanz denn auch nicht näher begründet.

 

-     fehlende Umschreibung der Aneignungshandlung und der Bereicherungsabsicht: Die Anklagebehörde lege nicht dar, durch welche konkrete Handlung sich die Beschuldigte das Geld angeeignet haben soll. Sie gebe nur die theoretischen Voraussetzungen dieses Tatbestandsmerkmals wieder und begnüge sich mit dem Hinweis, «dadurch» habe sich die Beschuldigte ihr anvertrautes Geld zum eigenen Nutzen verwendet, ohne dass sich der Anklage entnehmen lasse, auf welche konkrete Handlung sich denn dieses «dadurch» beziehe. Ebenso wenig gehe aus der Anklage hervor, worin sich die unrechtmässige Bereicherungsabsicht konkret manifestiert habe. Diese werde in einem einzigen Satz einfach als gegeben hingestellt. Die Beschuldigte wisse deshalb nicht einmal, gegen welche angebliche Aneignungshandlung sie sich zu wehren habe.

 

-     fehlende Umschreibung des Urkundencharakters der vorgehaltenen Schriftstücke, insbesondere keine Angaben zur Beweiseignung und -bestimmung: Die Qualifikation eines Schriftstückes als Urkunde setze gemäss Art. 110 Abs. 4 StGB voraus, dass dieses bestimmt und geeignet sei, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Inwiefern dies auf die fraglichen Schreiben der Motorfahrzeugkontrolle (MFK) und von C.___ zutreffe, sei der Anklage nicht zu entnehmen.

 

4.2 Nach dem Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion; Art. 9 und Art. 325 StPO; Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV; Art. 6 Ziff. 1 und 3 lit. a und b EMRK). Die Anklage hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht genügend konkretisiert sind. Zugleich bezweckt das Anklageprinzip den Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 143 IV 63 E. 2.2 S. 65; 141 IV 132 E. 3.4.1 S. 142 f.; je mit Hinweisen).

 

Die beschuldigte Person muss unter dem Gesichtspunkt der Informationsfunktion genau wissen, was ihr angelastet wird, damit sie ihre Verteidigungsrechte angemessen ausüben kann. Gemäss konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind Ungenauigkeiten in den Zeitangaben solange nicht von entscheidender Bedeutung, als für die beschuldigte Person keine Zweifel darüber bestehen, welches Verhalten ihr vorgeworfen wird (vgl. insbesondere Urteil des Bundesgerichts 6B_997/2019 vom 8.1.2020 mit weiteren Hinweisen). Approximative Umschreibungen sind zulässig und da in einem Strafverfahren stets Ereignisse der Vergangenheit beweismässig rekonstruiert werden, lassen sich oftmals einzelne Tathandlungen nicht mehr exakt einem einzelnen Kalendertag zuordnen.

 

4.3 In Bezug auf die zu prüfende Veruntreuung geht aus der Anklageschrift klar hervor, auf welche Zeitspanne sich der Vorhalt bezieht: «begangen in einem nicht näher bestimmbaren Zeitraum vom 6. Juli 2017 [polizeiliche Festnahme des Privatklägers] bis zum 19. Juli 2018 [persönliches Vorsprechen des Privatklägers bei der MFK]». Damit ist der Vorhalt in zeitlicher Hinsicht im Sinne von Art. 325 StPO genügend umgrenzt. Die der Beschuldigten in diesem Zeitintervall konkret vorgehaltenen Handlungen gehen aus der Anklageschrift klar hervor, es sind dies im Einzelnen ihre Entgegennahme von Bargeld in mehrere Tranchen (gesamthaft rund CHF 10'000.00), die Entgegennahme der Aufforderung/des Auftrages, die ausstehende Rechnung des E.___ aus den ihr zur Verfügung gestellten CHF 10'000.00 zu begleichen, die Verwendung des ihr anvertrauten Bargeldes in der Höhe von CHF 1'324.00 nicht im Sinne des Treugebers, sondern für ihre eigenen privaten Bedürfnisse. Bei dieser Ausgangslage war für die Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt zweifelhaft, welches Verhalten ihr angelastet wird. Sie konnte ihre Verteidigungsrechte demnach angemessen ausüben.

 

Auch die konkrete Rollenverteilung geht aus dem angeklagten Lebenssachverhalt ausreichend hervor: Als Treugeber wird durchwegs der Privatkläger bezeichnet, als Treunehmerin (Trägerin der Treuepflicht) die Beschuldigte. Das Bargeld wurde gemäss Anklageschrift (vgl. AnklS. Ziff. 1.1., S. 1) von einer Drittperson (G.___, dem Patentonkel des Privatklägers) der Beschuldigten übergeben. Dieser händigte das Geld für den Privatkläger, der sich damals in Haft befand, aus, ohne aber in das vertragliche Auftragsverhältnis zwischen dem Privatkläger als Treugeber und der Beschuldigten als Treunehmerin einzutreten. Die auf S. 2 der Anklageschrift gewählte Formulierung, wonach der Beschuldigten das Bargeld «auf privater Ebene durch den Privatkläger während eines Gefängnisaufenthaltes» anvertraut worden sei, ist zugegebenermassen missraten. Aufgrund der klaren Formulierung auf Seite 1 und der zweifellos bekannten Tatsache, dass eine inhaftierte Person in der Gefängniszelle nicht auf grosse Bargeldbeträge zurückgreifen kann, ist klar, dass gemäss Vorhalt der Privatkläger das Bargeld auf privater Ebene über seinen Patenonkel anvertrauen liess (sog. mittelbares Anvertrauen). Im Weiteren konkretisiert die Anklageschrift auch ausreichend die Aneignungshandlung. Diese ist nach dem Wortlaut der Anklageschrift darin zu erblicken, dass die Treunehmerin «erkennbar in fremdem Eigentum stehendes Bargeld in der Höhe von CHF 1'324.00 nicht im Sinne des Treugebers, sondern für ihre eigenen privaten Bedürfnisse sowie zum eigenen Nutzen verwendet hat» (vgl. AnklS. Ziff. 1.1, S. 2). Nicht verlangt wird in diesem Zusammenhang, dass die Anklageschrift erwähnt, wofür die Beschuldigte im Einzelnen das Geld verwendet hat. Auch zur Bereicherungsabsicht äussert sich die Anklageschrift ausreichend, indem ausgeführt wird, das Geld sei für die Beschuldigte erkennbar in fremdem Eigentum gestanden, sie habe es für sich verwendet, ohne dass sie darauf einen Anspruch gehabt habe. Zudem habe sie im Bewusstsein gehandelt, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, ihre Treuepflicht zeitgerecht zu erfüllen (vgl. AnklS. Ziff. 1.1, S. 2). Darüber hinaus erwähnt die Anklageschrift Handlungen, welche die Beschuldigte vorgenommen haben soll, um ihr deliktisches Tun zu verschleiern («teilte ihm auf Nachfrage wahrheitswidrig mit, dass die Rechnung des E.___ durch sie beglichen worden sei. In der Folge verschleierte die Beschuldigte u.a. mit Hilfe von gefälschten Urkunden [vgl. Ziff. 1.2] und Lügen ihr deliktisches Tun»). Auch darin kann eine Konkretisierung der Bereicherungsabsicht erblickt werden, denn nur wer darauf abzielt, sich unrechtmässig zu bereichern, sieht sich veranlasst, den Treugeber überhaupt solchen Täuschungen auszusetzen. Auch der letztgenannte Kritikpunkt der Verteidigung im Zusammenhang mit dem Anklagegrundsatz ist unbehelflich. Ob die schriftlichen Dokumente Urkundencharakter haben, d.h. zum Beweis bestimmt und geeignet sind, ist eine rechtliche Frage und demzufolge im Rahmen der nachfolgenden rechtlichen Würdigung (vgl. Ziff. IV.2.1. und 2.2) zu prüfen. Mit Blick auf die Informationsfunktion der Anklage reicht es aus, wenn die Anklageschrift im Einzelnen die Dokumente nennt, welche Urkunden sein sollen, und wenn die relevante(n) Tathandlung(en) umschrieben werden. Beides ist vorliegend gegeben: Unter dem Titel von AnklS. Ziff. 1.2 («mehrfache Urkundenfälschung [Art. 251 Ziff. 1 StGB») werden in lit. a - d insgesamt fünf Schreiben als sog. Urkundendokumente bezeichnet und es werden auch die Tathandlungen konkretisiert (Herstellen von Totalfälschungen und anschliessender Gebrauch dieser gefälschten Urkunden).

 

Entgegen der Verteidigung ist folglich in allen Punkten dem Anklagegrundsatz Genüge getan.

 

5. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Beschuldigte mit ihren formellen Einwänden nicht durchdringt und sämtliche Beweismittel dieses Verfahrens verwertet werden dürfen.

 

 

III. Beweiswürdigung

 

1. Vorhalte

 

Hinsichtlich der beiden zur Anklage gebrachten Sachverhalte ist ergänzend zu den Ausführungen unter vorstehender Ziff. II.4.3 auf den Wortlaut von AnklS. Ziff. 1.1 und 1.2 (AS 3 -7) sowie auf die vorinstanzlichen Erwägungen (E. II.1.1. und 1.2, US 3 - 6/BW AS 452 - 455) zu verweisen.

 

2. Unbestrittener Sachverhalt

 

Gestützt auf die Aussagen der Beschuldigten und des Privatklägers sowie die sachlichen Beweismittel ist folgender Sachverhalt unbestritten:

 

Die Beschuldigte stand in einem engen freundschaftlichen Verhältnis zum Privatkläger. Sie sahen sich oft und verbrachten auch gemeinsam die Ferien (AS 70, 76). Die Beschuldigte bestätigte die Aussage des Privatklägers (AS 70), wonach sie für ihn wie eine Schwester gewesen sei (Antwort auf F 38, AS 49). Sie begleitete den Privatkläger aufgrund ihrer besseren Deutschkenntnisse im Frühling 2017 zwei Mal zu einem Termin beim E.___ in [...] (vgl. AS 51, AS 68). Der Privatkläger hatte grosses Vertrauen in die Beschuldigte (AS 79), was besonders deutlich wurde, als der Privatkläger und seine Ehefrau am 6. Juli 2017 verhaftet wurden und mehrere Monate inhaftiert blieben (Entlassung des Privatklägers: Mitte Dezember 2017, vgl. hierzu AS 68, 77, BW AS 383). Die Beschuldigte zog in jener Zeit mit ihrem damaligen Freund und heutigen Ehemann in die Familienwohnung des Privatklägers ein, kümmerte sich um dessen Kinder, den Einkauf der Lebensmittel und erledigte für den Privatkläger die administrativen und finanziellen Angelegenheiten (vgl. AS 51, 70 und 77, BW AS 203 - 375: Öffnen der zugestellten Post, Bezahlung der Rechnungen, Ausfüllen von Antragsformularen etc.). Die Beschuldigte besuchte den Privatkläger und dessen Ehefrau auch mehrmals im Untersuchungsgefängnis (vgl. Besucherliste UG, AS 118: (16.8., 21.9. und 2.10.2017).

 

Wie aus den diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen beider Parteien hervorgeht (vgl. Antwort auf F 58, AS 51, Antworten auf F 11 und 30, AS 70 und 72, Antwort auf F 37, AS 81 sowie BW AS 378), erhielt die Beschuldigte in jener Zeit über den Patenonkel des Privatklägers, G.___, in mehreren Tranchen grosse Bargeldbeträge, um die Rechnungen des Privatklägers zu bezahlen und die alltäglichen Lebenskosten der Kinder zu decken. Die Beschuldigte bestätigte ausdrücklich (AS 51), per Post auch die Rechnung des E.___ in [...] vom 28. September 2017 erhalten zu haben (die Rechnung selber ist nicht Bestandteil der Akten, das Datum der Rechnung erschliesst sich aus der zusammenfassenden Kostenaufstellung des E.___ auf AS 15; das in der Anklageschrift genannte Datum vom 29.9.2017 erweist sich als Verschrieb). Der Rechnungsbetrag von CHF 1'324.00 findet sich denn auch in der von der Beschuldigten handschriftlich verfassten Auflistung von unterschiedlichen Rechnungsbeträgen (AS 27) unter dem Vermerk «račun kosa», was gemäss den Ausführungen der Dolmetscherin für Serbokroatisch vor erster Instanz «Rechnung Haare» heisst (BW AS 379). Die Beschuldigte bestätigte auch, ihr sei klar gewesen, dass noch eine Haaranalyse erforderlich gewesen sei, bevor der Privatkläger wieder einen Führerausweis habe erlangen können. Ebenso habe sie gewusst, dass diese Angelegenheit mit dem Führerausweis für den Privatkläger wichtig gewesen sei. Sie habe den Privatkläger über diese Rechnung orientiert und ihm gesagt, sie werde die Rechnung gleich wie die anderen Rechnungen behandeln und bezahlen (BW AS 394 f.). Ob der Privatkläger die Beschuldigte zusätzlich noch schriftlich aufgefordert hat, diese Rechnung zu bezahlen (vgl. AS 77), kann offenbleiben. Es steht gestützt auf die von der Beschuldigten verfasste und dem Privatkläger überreichte Rechnungsliste (AS 27) sowie in Anbetracht der Aussagen der Beschuldigten zweifellos fest, dass die Bezahlung dieser E.___-Rechnung zu deren Auftrag zählte. Dass diese Rechnung jedoch nie beglichen wurde, erschliesst sich aus dem Schreiben des E.___ vom 28. August 2018 (AS 26).

 

Die Beschuldigte lebte mit ihrem Partner auch nach der Freilassung des Privatklägers noch einige Monate in dessen Wohnung (BW AS 399). Unstrittig ist des Weiteren, dass die Beschuldigte dem Privatkläger am Abend des 6.April 2018 ein Plastikmäppchen mit Dokumenten übergab, welche diesem die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis ab dem 9. April 2018 attestierten (AS 46 und 48, AS 69 und 77, 78). Es handelt sich hierbei um das Schreiben vom 3. April 2018, ersichtlicher Aussteller C.___, mit dem Betreff «Zulassung zum motorisierten Strassenverkehr von B.___» (AS 20 f.) sowie um das Schreiben vom 28. März 2018, ersichtliche Ausstellerin MFK, mit dem Betreff «Gesuch um Wiedererteilung des Führerausweises B.___» (AS 21). Ab dem 9. April 2018 fuhr der Privatkläger fast täglich den auf seine Ehefrau eingelösten Personenwagen, bis er am 19. Juli 2018 die Motorfahrzeugkontrolle aufsuchte (vgl. dies Aussagen von B.___ in der Verfahrensrolle als Beschuldigter: AS 65). Dort wollte er unter Vorlage der vorgenannten Dokumente sowie weiterer Unterlagen seinen neuen Führerausweis in Empfang nehmen, woraufhin ihm eröffnet wurde, es handle sich um gefälschte Dokumente und er dürfe gar nicht fahren.

 

3. Bestrittener Sachverhalt

 

Die Beschuldigte stellt zum einen in Abrede, den Betrag von CHF 1'324.00 für sich selber verwendet zu haben. Zum anderen bestreitet sie, die ihr vorgehaltenen Dokumente (AS 20 - 25) erstellt zu haben.

 

3.1 Sachliche Beweismittel

 

Zu diesen strittigen Punkten gibt es eine Vielzahl von sachlichen Beweismitteln, zu nennen sind insbesondere die edierten […]-Bankunterlagen (AS 89 - 116), das Kündigungsschreiben der […] vom 27. Juli 2018 (AS 117), der Examiner Report (AS 34 - 42) und der hierzu verfasste erläuternde Bericht «Forensische Datensicherung und Auswertung» (AS 30 ff.). Auf diese Beweismittel wird vertieft unter nachfolgender Ziff. III.3.4 eingegangen.

 

3.2 Aussagen der Beschuldigten

 

Zusammengefasst machte die Beschuldigte zum bestrittenen Sachverhalt folgende Angaben: Sie habe den Rechnungsbetrag von CHF 1'324.00 zu Gunsten des E.___ mittels E-Banking als Zahlungsauftrag eingegeben, sie habe diese Zahlung für den Privatkläger erfasst (AS 52, 53). Sie habe erst nach Eröffnung des Strafverfahrens gemerkt, dass die Zahlung nicht ausgeführt worden sei (BW AS 395). Sie habe nicht aus eigenem Antrieb nachgeforscht. Sie sei fest davon überzeugt gewesen, dass die Rechnung bezahlt worden und die Sache erledigt gewesen sei. Sie kontrolliere das Onlinebanking nie nach. Ausserdem habe sie zu viele Sachen um die Ohren gehabt. [...] [Anm. Sitz des E.___] habe auch nie eine Mahnung geschickt, wonach das Geld nicht eingetroffen sei (BW AS 396). Von [Anm. Sitz des E.___] habe sie aber einen Anruf erhalten (BW AS 397). Sie habe es erst bemerkt, als die Polizei ihr den Bankauszug hingelegt habe. Sie habe schon manche Zahlung für die Familie des Privatklägers ausgeführt (online, auf der Post auf der Bank) und es habe nur bei dieser Rechnung ein Problem gegeben (BW AS 401).

 

Sie wisse nicht, wer die ihr vorgelegten Dokumente (Beilagen 1 - 5, AS 55 - 60, es handelt sich hierbei um Kopien der vom Privatkläger eingereichten Dokumente: AS 20 - 25) erstellt habe, sie sei es nicht gewesen (AS 45). Die Beilage Nr. 1 (Schreiben von C.___ vom 3.4.2018) sei ihr per Post zugegangen (an ihre persönliche Adresse). (Auf Frage) Ja, sie habe die ihr zugestellten Dokumente jeweils auch gelesen und deren Inhalt als Erleichterung empfunden. Sie habe sich gedacht, sie könne sich nun auf das Geschäft konzentrieren und müsse sich nun nicht mehr um diese anderen Sachen kümmern (AS 46). (Auf Frage) Mit dem Anwaltsbüro C.___ habe sie zwei, drei Mal telefonisch Kontakt gehabt, jeweils mit einer Sekretärin (wobei die Beschuldigte deren Namen auch auf Nachfrage hin nicht mehr nennen konnte, vgl. AS 47). Es sei darum gegangen, ob es Sinn mache, einen Anwalt einzuschalten wegen des Führerausweises des Privatklägers (AS 47). Sie habe bei der Kanzlei «informativ» angerufen und gefragt, was zu machen sei (BW AS 397). (Auf Frage) Einen Auftrag habe sie C.___ nicht erteilt, es sei auch keine Vollmacht unterzeichnet und keine Zahlung an C.___ geleistet worden (BW AS 397 f.). (Konfrontiert mit der Aussage des Privatklägers, wonach sie ihm versichert habe, mit C.___ in Kontakt zu stehen, dieser werde sich um alles kümmern) Der Privatkläger verwechsle hier einiges. Sie sei regelmässig in Kontakt mit I.___ und auch mit J.___ gestanden (AS 47). Sie habe dann den von C.___ zugestellten Brief sogleich dem Privatkläger gebracht, sie glaube, das sei noch am gleichen Abend gewesen (AS 45). Bei dieser Version blieb die Beschuldigte auch, als ihr eröffnet wurde, dass die IT-Forensik das Dokument mit Datum vom 5. April 2018 auf ihrem Laptop habe sicherstellen können und dieses am 5. April 2018 um 19:03 Uhr letztmals auf ihrem Laptop verändert worden sei (vgl. hierzu AS 48 f., ab Fragestellung 33): Sie könne sich nicht erklären, wie dieser Brief auf ihren Laptop gekommen sei. Der Laptop sei oft bei der Familie B.___ gewesen. Diese Dokumente seien nicht durch sie erstellt worden (AS 49). Sie könne sich das nur so erklären, dass jemand ihr diese Sache in die Schuhe schieben wolle, vor allem der Privatkläger. Auf den Laptop habe jeder von ihnen [= Angehörige der Familie B.___] Zugriff gehabt und es habe auf ihrem Laptop viele Bewerbungen des Privatklägers gehabt (BW AS 399). (Auf die Frage, ob sie in Anbetracht der Grammatik- und Orthographiefehler nicht stutzig habe werden müssen und ob sie sich nicht gedacht habe, das sei nicht von C.___) Sie müsse ehrlich sagen, das sei nicht der Fall gewesen, sie sei der «Dauerpösteler» und auch überlastet gewesen (BW AS 399). (Auf den Vorhalt, der Privatkläger wäre nicht in der Lage gewesen, solche Sachen zu schreiben, er könne ja kaum Deutsch) Er habe einen grossen Freundeskreis, er sei zu vielem in der Lage (BW AS 400).

 

3.3 Aussagen des Privatklägers

 

Der Privatkläger machte zusammengefasst folgende Aussagen (AS 67 ff., AS 75 ff. und BW AS 376 ff.): Die Beschuldigte habe ihm anlässlich eines Gefängnisbesuches mitgeteilt, sie habe die Rechnung des E.___ bezahlt und sie warte nun auf den Termin beim E.___. Auch seiner Ehefrau gegenüber habe die Beschuldigte gesagt, dass die Rechnung bezahlt, der Termin beim E.___ aber noch nicht gekommen sei. Ihm sei bei einem früheren Arztbesuch gesagt worden, die nächste Haarprobe müsse er im November 2017 abgeben. Nach seiner Entlassung (Mitte Dezember 2017) habe er bei der Beschuldigten wegen des Termins nachgefragt. Diese habe ihm mitgeteilt, sie habe beim E.___ einen Termin anfangs Januar 2018, nachmittags um 14:00 Uhr, vereinbaren können. Er sei dann zu diesem Termin von der Beschuldigten und ihrem Freund abgeholt worden, da er ja nicht selber habe fahren dürfen. Unterwegs in Richtung [...] habe die Beschuldigte einen Telefonanruf erhalten. Sie habe ihm dann gesagt, das E.___ habe angerufen und dort seien leider alle Systeme ausgefallen, sie hätten aber einen neuen Termin für den darauf folgenden Tag erhalten, wiederum um 14:00 Uhr. An diesem Tag habe dann die Beschuldigte gegen Mittag angerufen, um ihm mitzuteilen, dem E.___ sei ein Fehler passiert, er hätte bereits im November 2017 (bzw. gemäss AS 77 anfangs Dezember 2017) zu einer Haarprobe aufgeboten werden müssen, weil der Fehler dem E.___ passiert sei, müsse er nun gar keine Haarprobe mehr abgeben und erhalte den Führerschein auch so wieder zurück. Hierauf habe er bei der Beschuldigten mehrmals nachgefragt, ob das wirklich stimme, er habe sich nicht beim Coiffeur seine Haare schneiden lassen wollen, wenn er dann doch noch eine Haarprobe beim E.___ hätte abgeben müssen (AS 69, 77). Die Beschuldigte habe ihm gesagt, sie habe nochmals beim E.___ nachgefragt, es stimme wirklich, er müsse keine Haarprobe mehr abgeben. Da er auch noch im Februar und März 2018 auf seinen Führerausweis gewartet habe, habe die Beschuldigte für ihn auf der MFK nachgefragt, wo der Ausweis bleibe. Die Beschuldigte habe ihm mitgeteilt, die MFK warte noch auf die Unterlagen vom E.___. Hierauf habe er der Beschuldigten gesagt, er wolle einen Anwalt für diese Angelegenheit nehmen. Die Beschuldigte habe dann C.___ angerufen und ihm (dem Privatkläger) mitgeteilt, dieser werde sich darum kümmern (er schaue mit dem E.___ und mit der MFK, irgendwo zwischen dem E.___ und der MFK liege der Fehler). Er habe dann mehrmals zusammen mit der Beschuldigten zu C.___ gehen wollen, doch sie habe ihm jedes Mal gesagt, dass die Sache jetzt dann gleich erledigt sei (AS 77). Am Freitag (6. 4.2018) habe er dann von der Beschuldigten zwei Dokumente in einem Plastikmäppchen erhalten, eines von C.___, das andere von der MFK. Im Brief sei gestanden, dass er ab Montag (9.4.2018) wieder fahren könne (AS 77). Auf seine Frage, wann der Führerschein komme, habe die Beschuldigte einen weiteren Brief der MFK erwähnt, den C.___ erhalten habe und ihr per E-Mail zugegangen sei. Da er diesen Brief habe sehen wollen, habe ihm die Beschuldigte ein Foto davon per Whatsapp zugestellt. Dieser Brief, datierend vom 9. Mai 2018, habe einen Termin bei der MFK am 18. Juni 2018 beinhaltet. Am Morgen des 18. Juni 2018 habe ihm die Beschuldigte mitgeteilt, C.___ habe ihr jetzt gerade einen (weiteren) Brief der MFK per E-Mail weitergeleitet, dem entnommen werden könne, dass ein Tippfehler passiert sei und er den Termin erst am 18. Juli 2018 und nicht bereits am 18. Juni 2018 bei der MFK habe. Kurz vor diesem neuen Termin habe er auch diesen Brief von der Beschuldigten sehen wollen. Sie habe ihm diesen dann am 17. Juli 2018 per E-Mail zugestellt. Am 18. Juli 2018 sei dann wieder etwas Komisches passiert. Die Beschuldigte habe ihn am Morgen angerufen und ihm gesagt, das glaube er nicht [!], aber C.___ habe sie jetzt gerade angerufen und ihr gesagt, gemäss der Mitteilung der MFK sei alles nur ein Test wegen seiner Aggressionen gewesen, er müsse gar nicht mehr zur MKF gehen und er erhalte den Führerausweis nun per Post. Die Beschuldigte habe ihn noch gebeten, ihr seine Kontonummer anzugeben, damit die MFK das Geld für das Gutachten wieder zurück überweisen könne, denn ein Gutachten habe ja gar nicht erstellt werden müssen. Sie werde dann die Kontoangaben an die MFK weiterleiten, er selber müsse nicht zur MFK gehen, weil sie die Sache für ihn erledigen werde. Schliesslich sei er am 19. Juli 2018 (unmittelbar vor seiner Ferienreise ins Ausland) selbst zur MFK nach Bellach gefahren. Als ihm dort mitgeteilt worden sei, dass er zuerst vom E.___ das Gutachten erstellen lassen müsse und die von ihm vorgelegten Dokumente gefälscht seien, sei er überrascht gewesen und wütend geworden. Er habe die Beschuldigte angerufen, die dann sofort selber zur MFK gekommen sei und behauptet habe, die Dokumente müssten echt sein, sie habe diese von C.___ per E-Mail erhalten. Nach den Ferien habe er mit der Beschuldigten zu C.___ gehen wollen. Er sei dann aber mit einem anderen Kollegen dorthin gegangen, weil die Beschuldigte den Termin wieder habe verschieben wollen. C.___ habe ihm bestätigt, dass alles gefälscht sei und er mit der Beschuldigten gar keinen Kontakt gehabt habe (AS 78). (Auf die Frage, weshalb er eigentlich nicht früher selbst beim E.___ bei der MFK angerufen und nachgefragt habe) Die Beschuldigte spreche besser Deutsch als er. Sie habe beim E.___ mit ihm alles angefangen und er habe sie weitermachen lassen. Er habe ihr vertraut (AS 70, 79) (Auf die Frage, wie gut er diese Dokumente selbst durchgelesen habe) Er könne schon Deutsch lesen, doch es sei für ihn schwierig zu sagen, ob es echt sei nicht. (Konfrontiert mit dem Umstand, dass sich der Inhalt doch sehr seltsam anhöre. Ob er wirklich der Meinung gewesen sei, eine Amtsstelle gebe mit derart seltsamen Begründungen immer wieder eine Terminverschiebung bekannt) Rückblickend sei er wirklich blöd gewesen, aber in jener Zeit habe er es geglaubt und keinen Grund gehabt, der Beschuldigten nicht zu glauben. (Auf Frage) Er denke, die Beschuldigte habe diese Dokumente gefälscht. Er denke, sie habe das gemacht wegen diesen CHF 1'324.00. Sie habe dieses Geld irgendwo und könne es nicht zurückzahlen (AS 70). (Auf Frage) Ja, er könne bestätigen, dass die Beschuldigte ihren Laptop auch mitgenommen habe, als sie bei ihm zu Hause gewesen sei. Er glaube, dies sei wegen der Bewerbungen dem RAV gewesen, wenn sie für ihn etwas gemacht habe, beispielsweise einen Lebenslauf schreiben. (Auf Frage) Nein, er selber habe diesen Laptop nicht benutzt (AS 79) und auch sonst niemand von der Familie, denn sie hätten selber 3 Laptops zu Hause gehabt (AS 80). Auch habe weder er noch seine Ehefrau einen Zugang zum E-Banking der Beschuldigten gehabt. Die Rechnungen seien von ihm per Einzahlungsschein bezahlt worden (AS 80).

 

3.4 Würdigung

 

3.4.1 In Anbetracht der vorgenannten Aussagen sowie unter Einbezug der sachlichen Beweismittel sind in tatsächlicher Hinsicht folgende Schlussfolgerungen zu ziehen: Es ist unbestritten, dass die Beschuldigte beauftragt war, mit dem ihr anvertrauten Bargeld auch die Rechnung des E.___ im Betrag von CHF 1'324.00 zu bezahlen. Der Rechnungsbetrag figurierte denn auch auf einer von der Beschuldigten handschriftlich verfassten Liste mit weiteren Rechnungsbeträgen (AS 27). Ebenso räumte die Beschuldigte ein, ihr sei bewusst gewesen, dass dem Privatkläger die Sache mit dem Führerausweis wichtig gewesen sei (BW AS 395). Die Rechnung blieb, auch dies ist unbestritten, unbeglichen (AS 26). Die Beschuldigte behauptete, via E-Banking alles erfasst und unternommen zu haben, um die Bezahlung der E.___-Rechnung auszulösen. Die Verteidigung brachte ergänzend vor, die Beschuldigte habe von sich aus die [...]-Kontoauszüge angeboten, was sie kaum gemacht hätte, wenn sie tatsächlich etwas zu verbergen gehabt hätte. Dem ist entgegen zu halten, dass die Beschuldigte zwar auf dem Polizeiposten am 14. August 2018 die Zustellung der [...]-Kontoauszüge von sich aus in Aussicht gestellt hatte (vgl. AS 51 f.), dann aber – trotz mehreren Aufforderungen der Polizei – erst 6 Wochen später, am 28. September 2018, ein Schreiben der […] («Kündigung der Geschäftsbeziehung»), bereits datierend vom 27. Juli 2018, aushändigte (AS 117). Die [...]-Kontoauszüge mussten – entgegen den Beteuerungen der Beschuldigten – schliesslich mittels staatsanwaltschaftlicher Editionsverfügung vom 28. September 2018 (AS 126 ff.) beigezogen werden. Aus den Bankunterlagen erhellt, dass es kein [...]-Konto, lautend auf die Beschuldigte, gab. Die einzig feststellbaren [...]-Bankverbindungen lauteten auf die Kontoinhaberin K.___, wobei ein Konto [...] im massgeblichen Zeittraum gar nicht aktiv war und es beim anderen Konto […] zu keinerlei Kontobelastungen zu Gunsten des E.___ kam (vgl. AS 91 ff., 107 ff.). Die These der Verteidigung, wonach es zu einem Fehler im E-Banking-Vorgang gekommen sein könnte, ist zu verwerfen: Wie die Vor-instanz zu Recht ausführte (US 19/BW AS 468), versenden die Anbieter Nachrichten entsprechende (Warn)Hinweise (z.B. «Mitteilung Zahlungsabbruch»), wenn Aufträge zwar erfasst, dann aber nicht ausgelöst bzw. ausgeführt werden. Eine solche Meldung wäre auch der Beschuldigten nicht entgangen. Auch eine technische Panne seitens des Anbieters wäre den Nutzern (Usern) im Nachhinein mitgeteilt worden, hätte es denn eine solche tatsächlich gegeben. Davon ist aber nichts bekannt. Dass die Beschuldigte auf jegliche Nachkontrolle in Bezug auf getätigte E-Banking-Zahlungen verzichtet haben soll, ist abwegig und unglaubhaft, denn die Beschuldigte wusste um die Wichtigkeit dieser Zahlung für den Privatkläger und es ging nicht um eine betragsmässige Bagatelle, sondern immerhin um einen vierstelligen Rechnungsbetrag.

 

3.4.2 Die Schlussfolgerung, die Beschuldigte habe willentlich und verabredungswidrig von der Begleichung der E.___-Rechnung abgesehen, drängt sich erst recht auf, wenn man die weiteren Ereignisse nach der Haftentlassung des Privatklägers in die Würdigung einbezieht. Der Privatkläger schilderte eindrücklich, äusserst detailreich und glaubhaft (vgl. vorstehende Ziff. III.3.3), wie die Beschuldigte ihm gegenüber zwar die Zahlung der Rechnung bestätigt, ihn dann aber in Bezug auf den konkreten E.___-Termin und die Ausstellung des Führerausweises – zu seiner eigenen Verwunderung – immer wieder über Komplikationen und kurzfristige, kuriose Wendungen orientiert habe (exemplarisch hierfür seine Aussage vom 11.10.2018, AS 69: «Dann am 18. Juli 2018 ist wieder etwas Komisches passiert»). Dabei fällt auf, dass sich die Beschuldigte in einer ersten Phase (anfangs 2018 bis gegen Ende März 2018) gegenüber dem Privatkläger auf mündliche Ausführungen beschränkte und sich dabei auf angeblich telefonisch eingeholte Auskünfte beim E.___ und dem C.___ abstützte. Als dann aber der Privatkläger darauf bestand, gemeinsam mit der Beschuldigten C.___ für eine Besprechung zu treffen und in Dokumente Einsicht zu nehmen, kamen auch Dokumente ins Spiel, welche die Beschuldigte dem Privatkläger übergab (AS 20 f. und AS 22) elektronisch übermittelte (vgl. Zustellnachweis: AS 24, oben).

 

3.4.3 Es handelt sich bei all diesen Dokumenten um Fälschungen. Ins Auge springen die vielen sprachlichen Fehler (Gross- und Kleinschreibung, Fall- und Kommafehler), diverse atypische und stilistisch missratene Formulierungen (vgl. AS 20: «Wir haben es versucht mit unserem Schreiben, schon per Ende März Ihnen die Zulassung vorzuschieben (…)») sowie der unglaubhafte Inhalt (vgl. AS 23: Der Mandant könne auch ohne Führerausweis problemlos mit der von der MFK erhaltenen schriftlichen Bestätigung den Strassenverkehr nutzen; AS 25: «Durch die Terminverschiebungen wollten wir bei Herrn B.___ die Aggressionen hervorrufen um sicherzugehen, dass er seine Aggressionen im Griff hat, da dies in den vergangenen Jahren nicht der Fall war und bei uns vermerkt ist.»). Es ist ausgeschlossen, dass die MKF als staatliche Behörde und C.___, der, wie die Beschuldigte selbst einräumt, in besagter Zeit nicht mandatiert wurde und kein einziges Mal mit der Beschuldigten dem Privatkläger in Kontakt stand, solche Erklärungen abgaben. Die Schreiben stammen eindeutig nicht vom angeblichen Aussteller (C.___: AS 20 f.) bzw. von der angeblichen Ausstellerin (MFK: AS 22 - 25).

 

3.4.4 Näher zu prüfen bleibt, ob der Beschuldigten die Herstellung dieser fünf Dokumente bewiesen werden kann. Diese sicherte am 15. August 2018 auf dem Polizeiposten in Bezug auf ihren Laptop und den darauf gespeicherten E-Mail-Daten ihre Kooperation zu (vgl. Antwort auf F 41, AS 49), zögerte dann aber eine Übergabe des Gerätes auf Anraten ihres Anwaltes (vgl. Antwort auf F 42, AS 49) über mehrere Wochen hinaus und bot auch für die Entsperrung ihres E-Mail-Accounts keine Hand (vgl. hierzu ausführlich die Erwägungen der Vorinstanz unter US 16/AS 465). Dies ist letztlich aber ihr gutes Recht, da die beschuldigte Person im Verfahren keine Mitwirkungspflicht trifft und auch eine festgestellte Kehrtwende (Abkehr von einer in Aussicht gestellten Mithilfe) ändert nichts daran, dass es allein dem Staat obliegt, den Tatvorwurf zu beweisen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass die forensische Datensicherung sowie die Auswertung die Beschuldigte erheblich belasten und die Angaben des Privatklägers untermauern. Der Laptop wurde mit der Software «Spotlight», welche das schnelle Auffinden von Dateien des Benutzers ermöglicht, und einer entsprechenden Schlüsselwortsuche durchsucht. Auf diese Weise konnte ein Dokument mit dem Betreff «Zulassung zum motorisierten Strassenverkehr 2018.1810.0150» in zwei fast deckungsgleichen Versionen gefunden werden (AS 31). In der Version gemäss AS 36 fehlt gegenüber der zeitlich später abgespeicherten Version (AS 37) noch die Ortsbezeichnung («4601 Olten»), das Datum («03.04.2018») und die Angabe des unterzeichnenden Anwaltes («C.___, Rechtsanwalt & Notar»). Die zeitlichen Eckdaten («File Created» [Erzeugung, Zeitpunkt der Erstellung auf dem Datenträger] / «Last Written» [Änderung, Zeitpunkt der der letzten Abänderung des Dateninhalts]: 05/04/18 18:59:33 bzw. 05/04/18 19:03:21, AS 36 und 37) sprechen klar für eine Bearbeitung des Textes auf dem hier vorliegenden Computer (AS 31). Am Abend des darauffolgenden Tages (= 6.4.2018) kam es gemäss den diesbezüglich übereinstimmenden Schilderungen des Privatklägers und der Beschuldigten zur Übergabe von Dokumenten. Eines der ausgehändigten Dokumente (AS 20 f.) entspricht textlich nahezu identisch der zuletzt gespeicherten Version auf dem Laptop der Beschuldigten, als einziger Unterschied fehlen in der Version gemäss AS 37 die Umlaute.

 

Hinzu kommt, dass sich im Ordner […] drei einschlägige PDF-Dokumente befanden (AS 32), es sind dies im Einzelnen das Dokument mit dem Betreff «Terminverschiebung Herr B.___» vom 14. Juni 2018, erstellt am 17. Juli 2018 (vgl. Examiner Report, Punkt 5, AS 38), das Dokument mit dem Betreff «Zustellung des neuen Führerausweises Herr B.___» vom 17. Juli 2018, erstellt am 19. Juli 2018 (vgl. Examiner Report, Punkt 6, AS 39) sowie das Dokument «Terminverschiebungsfehler für die Erstellung des neuen Führerausweises B.___» vom 14. Juli 2018, erstellt am 17. Juli 2018 (vgl. Examiner Report, Punkt 7, AS 40). Letzteres Dokument entspricht bis auf die unterschiedliche Betreffzeile und minime Unterschiede im Layout dem Dokument gemäss AS 38. Zwei dieser PDF-Dokumente (AS 38 und AS 39) stimmen in Bezug auf den Inhalt und das Layout eins zu eins mit den Dokumenten überein, die dem Privatkläger zugestellt wurden (AS 24 und 25). Alle drei Dokumente wurden aus einer Datei mit dem Namen «mfk» im Programm «pages» erstellt (AS 32 sowie AS 38 - 40), ohne dass aber auf dem Gerät eine solche Datei gefunden werden konnte (AS 32). Die Verteidigung rügt in diesem Zusammenhang, im Ordner «Download» würden gerichtsnotorisch Anhänge von E-Mails Dateien aus dem Internet abgespeichert, nicht aber auf dem Computer selbst erstellte Dokumente (OGer AS 41). Dem ist aber Folgendes entgegenzuhalten: Anhand von sichergestellten Spuren konnte der Nachweis erbracht werden, dass sich eine solche «mfk»-Datei auf dem Gerät befunden haben musste. Mittels der Funktion «Quick Look» erstellt das Betriebssystem Mac OS auch von Textdokumenten Vorschaubilder und eines dieser Vorschaubilder (vgl. Examiner Report, Punkt 8, AS 41) entspricht, was trotz schlechter bzw. niedriger Auflösung zu erkennen ist, «tel – quel» dem PDF-Dokument mit dem Betreff «Zustellung des neuen Führerausweises Herr B.___» vom 17. Juli 2018 (Examiner Report, Punkt 6, AS 39). Zudem konnten weitere Übereinstimmungen festgestellt werden: Die drei Dokumente wurden mit dem Programm «pages», einer Textverarbeitungssoftware von Apple, erstellt, welches nachweislich (vgl. Examiner Report 11, AS 41) auch auf dem Laptop der Beschuldigten installiert ist (AS 32). Die drei Dokumente wurden mit dem Betriebssystem Mac OS X in der Version 10.11.6 codiert. Über dieselbe Version des Betriebssystems verfügt auch der Computer der Beschuldigten (AS 32). In der Summe lassen diese Hinweise den Schluss zu, dass nicht nur das eingangs erwähnte Schreiben vom 3. April 2018 (ersichtlicher Aussteller C.___), sondern eben auch die weiteren, nur im «Download»-Ordner aufgefundenen Dokumente auf dem Computer der Beschuldigten erstellt wurden. Auch der Einwand der Verteidigung (OGer AS 41), das Schreiben (ersichtliche Ausstellerin MFK) datiere vom 14. Juni 2018, weise aber ein späteres Speicherdatum (17.7.2018, vgl. AS 38) auf, spricht nicht gegen die Erstellung auf dem genannten Gerät. Dass das entsprechende Dokument erst später entstanden und gespeichert wurde, macht gerade mit Blick auf den vom Privatkläger geschilderten Ablauf der Ereignisse durchaus Sinn, gab dieser doch an, die Beschuldigte habe ihn am Morgen des 18. Juni 2018 telefonisch über die Terminverschiebung orientiert (C.___ habe ihr jetzt gerade einen [weiteren] Brief der MFK per E-Mail weitergeleitet, dem entnommen werden könne, dass ein Tippfehler passiert sei und er den Termin erst am 18. Juli 2018 und nicht am 18. Juni 2018 bei der MFK habe). Als er diesen Brief mit der Terminverschiebung kurz vor dem Termin habe sehen wollen, habe die Beschuldigte ihm diesen am 17. Juli 2018 per E-Mail zugestellt. All dies deckt sich mit den sachlichen Beweismitteln: Die E-Mail mit dem besagten Schreiben ging im elektronischen Postfach des Privatklägers am 17. Juli 2018 um 12:39 Uhr ein (vgl. AS 24), wenige Minuten zuvor ist das Dokument erzeugt und letztmals verändert wurden («File Created» / «Last Written» 17/07/18 12:35:27 Uhr; vgl. AS 38). Erst als sich der Privatkläger mit der telefonischen Auskunft der Beschuldigten nicht begnügte, sondern angesichts der (einmal mehr) sonderbaren Geschichte misstrauisch wurde und selber Einblick in das Schreiben nehmen wollte, wurde überhaupt die Erstellung dieses Dokuments erforderlich.

 

Zusammengefasst ist erstellt, dass die vorgenannten Dokumente (AS 37, 38, 39), welche dem Privatkläger zugegangen sind (vgl. AS 20, 24, 25), auf dem Computer der Beschuldigten entstanden sind.

 

3.4.5 Zu prüfen bleibt die von der Verteidigung vorgebrachte These einer alternativen Täterschaft: Die Beschuldigte selbst gab zu Protokoll, es habe sich beim besagten Gerät um einen nicht passwortgesicherten Firmen-Laptop gehandelt (AS 48) und der Privatkläger und seine Familie hätten Zugriff auf das Gerät gehabt. Die Beschuldigte habe den Laptop zum Privatkläger mitgenommen, um diesen nach seiner Haftentlassung bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen zu helfen. Dabei sei die Nutzung des Gerätes nicht ständig von der Beschuldigten beaufsichtigt worden. Der Privatkläger und seine Familienangehörigen hätten folglich durchaus die Möglichkeit gehabt, unbemerkt auf den Laptop der Beschuldigten zuzugreifen (OGer AS 42). Zwar habe die Familie über einen eigenen Computer verfügt, doch mit dem Gebrauch des Laptops habe der Verdacht auf die Beschuldigte gelenkt werden können (OGer AS 42).

 

3.4.6 Diese Argumentation verfängt aus mehreren Gründen nicht: Aus der Forensischen Datensicherung und Auswertung (Bericht vom 9.11.2018) geht hervor, dass das Auto-Login deaktiviert war (AS 31). Eine Passworteingabe war demnach für die Benutzung zwingend erforderlich. Der behauptete freie Zugriff auf das Gerät durch Dritte (Privatkläger dessen Ehefrau und Kinder) ist damit widerlegt. Zudem wäre der Privatkläger mangels ausreichender schriftlicher Deutschkenntnisse gar nicht in der Lage gewesen, solche Dokumente zu verfassen. Der Privatkläger, Staatsbürger von […], kam erst nach Abschluss der schulischen Ausbildung im Alter von 21 Jahren in die Schweiz und er nahm gerade auch wegen seiner sprachlichen Unsicherheiten die Unterstützung der Beschuldigten in Anspruch (z.B. Begleitung zu einem Termin beim E.___, Verfassen der Bewerbungsunterlagen). Es steht ausser Frage, dass die in der Schweiz geborene und aufgewachsene Beschuldigte in sprachlicher Hinsicht dem Privatkläger überlegen war. Entgegen den Ausführungen der Verteidigung ist bei der Beschuldigten auch ein Motiv zu erkennen: Nachdem sie das ihr anvertraute Bargeld nicht für die Vorauszahlung des E.___-Gutachtens verwendet, sondern für sich selbst gebraucht hatte, wollte sie verhindern, dass dies aufflog. Diesen Zweck konnten die vorgenannten Dokumente, die dem Privatkläger die Zulassung zum motorisierten Strassenverkehr vorspiegelten, zweifellos erfüllen. Die These der Verteidigung, der Privatkläger eine von ihm beauftragte Person – beispielsweise ein Bekannter seine älteste Tochter mit Jahrgang […] (vgl. AS 247 f.), die anderen Kinder, geb. […] und […], waren damals im Kleinkindalter (vgl. AS 331 - 333) – könnte die Dokumente erstellt haben, weil er unbedingt wieder die Fahrerlaubnis habe erlangen worden, blendet zwei wesentliche Elemente aus: Zum einen ist erstellt, dass die vorgehaltenen Dokumente den Weg über die Beschuldigte zum Privatkläger fanden, sei es mittels einer Übergabe (Treffen am Abend des 6.4.2018) mittels technischer Hilfsmittel (Whatsapp, E-Mail: vgl. AS 24). Hätte der Privatkläger – wie von der Beschuldigten behauptet – die Dokumente selbst angefertigt bzw. anfertigen lassen, bleibt unerfindlich, weshalb es zu diesen Zustellungen kam. Zum anderen begab sich der Privatkläger nachweislich zur Motorfahrzeugkontrolle und legte dort dem Mitarbeiter am Schalter die gefälschten Dokumente zur Einsicht vor. Vor dem Hintergrund, dass der Privatkläger die Unterlagen selber gefälscht haben soll, wäre ein solcher Schritt widersinnig, hätte der Privatkläger sich doch damit, wie der Amtsgerichtspräsident vor erster Instanz zutreffend ausführte (BW AS 401), gleich selber ans Messer geliefert. Die Tatsache, dass der Privatkläger die Motorfahrzeugkontrolle aufsuchte und dort die Aushändigung des neuen Führerausweises verlangte, lässt beweisrechtlich nur den Schluss zu, dass er selber den zugestellten Unterlagen Glauben schenkte und dem Täuschungsmanöver der Beschuldigten zum Opfer fiel.

 

3.4.7 Zusammengefasst ist mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit erstellt, dass die Beschuldigte die Verfasserin dieser Schreiben war (AS 20 - 25). Dies hat nicht nur für diejenigen Schriftstücke zu gelten, die als elektronische Dokumente auf dem Laptop der Beschuldigten aufgefunden werden konnten («Zulassung zum motorisierten Strassenverkehr» vom 3.4.2018: AS 37; «Terminverschiebung Herr B.___ vom 14.6.2018»: AS 38; «Zustellung des neuen Führerausweises Herr B.___ vom 17. Juli 2018»: AS 39), sondern auch für die beim Privatkläger eingegangenen Dokumente mit Datum vom 28. März 2018 (AS 22: «Gesuch um Wiedererteilung des Führerausweises B.___») und vom 9. Mai 2018 (AS 23: «Terminverschiebung für die Erstellung des neuen Führerausweises B.___»). Zwar konnten diese beiden Schreiben nicht mehr auf dem Laptop der Beschuldigten ausfindig gemacht werden, jedoch gelangten auch diese Schreiben nachweislich über die Beschuldigte zum Privatkläger (Übergabe des Schreibens vom 28.3.2018 im Rahmen des Treffens vom 6.4.2021 und Zustellung des Schreibens vom 9. Mai 2018 per Whatsapp). Inhaltlich greifen sie dieselbe Thematik auf (Wiedererteilung des Führerausweises, Terminverschiebung). Die Schreiben weisen auch dasselbe Layout, dieselben stilistischen Auffälligkeiten sowie vergleichbare sprachliche Fehler auf. Auch mit Blick auf die Motivlage kann einzig und allein die Beschuldigte als Verfasserin dieser beiden Dokumente in Frage kommen und somit eine Dritttäterschaft ausgeschlossen werden.

 

3.4.8 Das Beweisergebnis lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der inhaftierte Privatkläger beauftragte die Beschuldigte damit, während der Haft seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln und insbesondere die Rechnung des E.___ vom 28. September 2017 in der Höhe von CHF 1'324.00 (Vorauszahlung für ein verkehrsmedizinisches Kurzgutachten, administrativer Aufwand, Berichterstattung sowie Haaranalyse: vgl. AS 15) zu bezahlen, da der Privatkläger wieder einen Führerausweis erlangen wollte. Damit die Beschuldige diese Aufgaben wahrnehmen konnte, händigte der Patenonkel des Privatklägers der Beschuldigten in mehreren Tranchen grössere Summen Bargeld aus. Statt mit dem Geld die vorgenannte E.___-Rechnung zu begleichen, verwendete diese das Bargeld für eigene Bedürfnisse. Damit dies nicht aufflog, teilte sie dem Privatkläger wahrheitswidrig mit, die Rechnung bezahlt zu haben. Des Weiteren inszenierte sie in seiner Anwesenheit einen Anruf des E.___, wonach der angebliche Termin habe verschoben werden müssen, und schob ihm gegenüber immer wieder Lügen vor, weshalb er weder den E.___-Termin wahrnehmen noch den Führerschein in Empfang nehmen konnte. In der Folge stellte sie fünf gefälschte Dokumente her (AS 20 - 25) und stellte diese dem Privatkläger im Zeitraum April bis Juli 2018 zu. Diese Schreiben führten in einem Fall C.___ und in vier Fällen die MFK als Aussteller bzw. Ausstellerin auf und attestierten dem Privatkläger die Zulassung zum motorisierten Strassenverkehr ab 9. April 2018. Gestützt auf diese Unterlagen fuhr der Privatkläger wieder Auto, bis er am 19. Juli 2021 seinen neuen Führerausweis auf der MFK in Empfang nehmen wollte und ihm eröffnete wurde, es handle sich um gefälschte Dokumente und er dürfe gar nicht einen Personenwagen führen.

 

 

IV. Rechtliche Würdigung

 

1. Veruntreuung

 

1.1 Allgemeine Ausführungen zum Tatbestand

 

Gemäss Art. 138 Ziff. 1 Alinea 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren mit Geldstrafe bestraft, wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich einen andern damit unrechtmässig zu bereichern (Alinea 1).

 

Unter den Begriff der fremden Sache fällt auch Bargeld, das nicht durch Vermischung ins Eigentum des Täters übergegangen ist.

 

Täter der Veruntreuung kann nur der Träger der Treuepflicht sein, der sog. Treunehmer (Stefan Trechsel/Dean Crameri in: Stefan Trechsel/Mark Pieth [Hrsg.], Praxiskommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 4. Aufl., Zürich/St. Gallen 2021, nachfolgend zit. «PK StGB», Art. 138 StGB N 1). Eine solche Treuepflicht beruht in der Regel auf Vertrag, kann sich aber auch aus dem Gesetz ergeben und auch ein bloss faktisches Vertrauensverhältnis lässt das Bundesgericht genügen (Stefan Trechsel/Dean Crameri in: PK StGB, Art. 138 StGB N 7 mit Hinweis auf BGE 133 IV 21).

 

«Anvertraut» ist nach der Definition des Bundesgerichts (vgl. BGE 133 IV 21 E. 6.2 S. 27 mit Hinweis), «was jemand mit der Verpflichtung empfängt, es in bestimmter Weise im Interesse eines anderen zu verwenden, insbesondere es zu verwahren, zu verwalten abzuliefern». Gemäss einer anderen Umschreibung ist anvertraut, was jemand mit der besonderen Verpflichtung empfängt, es dem Treugeber zurückzugeben es für diesen einem Dritten weiterzuleiten, wobei der Treugeber seine Verfügungsmacht über das Anvertraute aufgibt (NIGGLI/RIEDO, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 3. Aufl. 2013, N. 46 zu Art. 138 StGB). Bei der Verfügungsmacht handelt es sich um ein faktisches, nicht rechtliches Verhältnis (BGE 143 IV 297 E. 1.4 S. 300 mit Hinweisen). Nicht entscheidend ist, ob die Verfügungsmacht dem Täter vom Eigentümer einem Dritten (durch sog. mittelbares Anvertrauen) übertragen wird (vgl. BGE 143 IV 297 E. 1.4 S. 301; BGE 118 IV 32 E. 2a S. 33; BGE 106 IV 257 E. 1; je mit Hinweisen). Entscheidend ist hingegen in Abgrenzung zu anderen Vermögensdelikten, dass das Opfer seinen Gewahrsam an der Sache bewusst und freiwillig abgibt (Urteil des Bundesgerichts 4A_585/2012 vom 1.3.2013 E. 3.2.2.4 sowie BGE 133 IV 21 E. 6.2 S. 28).

 

Die tatbestandsmässige Handlung besteht in der Aneignung der fremden Sache (Sachveruntreuung). Dies ist dann der Fall, wenn der Täter den Willen bekundet, über die in seinem Gewahrsam stehende Sache wie ein Eigentümer zu verfügen.

 

In subjektiver Hinsicht wird neben dem Vorsatz auch eine unrechtmässige Bereicherungsabsicht verlangt. An dieser strafwürdigen Absicht fehlt es, wenn der Täter den Willen und die Möglichkeit hatte, seine Treuepflicht zeitgerecht zu erfüllen (sog. Ersatzbereitschaft, vgl. Stefan Trechsel/Dean Crameri, PK StGB, Art. 138 StGB N 19).

 

1.2 Subsumption

 

Gemäss dem Beweisergebnis liess der inhaftierte Privatkläger der Beschuldigten über seinen Patenonkel in mehreren Tranchen Bargeld zukommen. Die Beschuldigte erlangte über diese Drittperson Gewahrsam am Bargeld. Es stand in ihrer alleinigen Verfügungsmacht und war ihr folglich anvertraut. Die Beschuldigte hatte gegenüber dem Privatkläger eine Treuepflicht zu erfüllen. Sie wurde vom Privatkläger beauftragt, dessen finanziellen Verpflichtungen während der Inhaftierung zu regeln. Darunter fiel auch die Bezahlung der Rechnung des E.___ vom 28. September 2017 in der Höhe von CHF 1'324.00. Statt das ihr anvertraute Bargeld auftragsgemäss für diese Rechnung zu verwenden, gebrauchte sie es für eigene Zwecke. Sie masste sich demnach an, über das Geld wie eine Eigentümerin zu verfügen. Darin liegt die tatbestandsmässige Aneignung. Der objektive Tatbestand ist erfüllt.

Auch in subjektiver Hinsicht ist der Tatbestand erfüllt: Die Beschuldigte verbrauchte willentlich das ihr anvertraute Bargeld für private Bedürfnisse, obwohl sie um dessen Fremdheit und um ihre fehlende Berechtigung zur eigenen Verwendung wusste. Letzteres zeigt sich insbesondere auch an den diversen Vorkehrungen, die sie traf, um die ausgebliebene Zahlung an das E.___ zu verschleiern (mündliche Lügen, inszenierter Telefonanruf des E.___, Fälschung von mehreren Dokumenten). Es fehlte ihr auch an der Ersatzbereitschaft. Sie handelte in der Absicht, sich mit der Verwendung des Geldes zum eigenen Nutzen einen unrechtmässigen Vermögensvorteil zu verschaffen.

 

Mit der Vorinstanz ist ergänzend festzuhalten, dass keine Hinweise dafür vorliegen, dass die Beschuldigte das ihr anvertraute Bargeld mit ihrem eigenen Bargeld vermischt hat. Selbst wenn man nicht von einer separaten Aufbewahrung des Bargeldes ausginge und stattdessen annähme, die Beschuldigte sei durch Vermengung Eigentümerin des anvertrauten Bargeldes geworden, bliebe es im Ergebnis bei einem Schuldspruch wegen Veruntreuung, da in diesem Fall sämtliche Tatbestandselemente der Tatbestandsvariante von Art. 138 Ziff. 1 Alinea 2 StGB erfüllt wären.

 

Die Beschuldigte hat sich der Veruntreuung im Sinne von Art. 138 Ziff. 1 StGB schuldig gemacht. In Bezug auf den Tatzeitraum ist – in Abweichung von der Vorinstanz und der Anklageschrift– auf die Zeit unmittelbar nach dem 28. September 2017 (= Datum der E.___-Rechnung, vgl. AS 15) abzustellen.

 

2. Mehrfache Urkundenfälschung

 

2.1 Allgemeine Ausführungen zum Tatbestand

 

Eine Urkundenfälschung gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB begeht, wer in der Absicht, jemanden am Vermögen an andern Rechten zu schädigen sich einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde fälscht verfälscht, die echte Unterschrift das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet beurkunden lässt, und wer (mit derselben Absicht) eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht. Geschütztes Rechtsgut ist «das Vertrauen, welches im Rechtsverkehr einer Urkunde als einem Beweismittel entgegengebracht wird» (BGE 137 IV 169, 129 IV 33, 123 IV 63, 122 IV 335, 120 IV 126, 117 IV 166) sowie «Treu und Glauben im Geschäftsverkehr» (BGE 119 Ia 346, 101 IV 59).

 

Das Strafgesetz umschreibt den Urkundenbegriff in Art. 110 Abs. 4 StGB wie folgt: Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Bei der Beweisbestimmung ist der Wille wesentlich, das Schriftstück nicht nur für den internen Gebrauch zu verwenden, sondern mit ihm ein Beweismittel zu schaffen es als solches zu nutzen (Markus Boog in: Marcel Alexander Niggli/Hans Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Strafrecht I, 4. Aufl., Basel 2019, nachfolgend zitiert: «BSK StGB I», Art. 110 Abs. 4 StGB N 32). Die Beweiseignung meint die objektive Beweistauglichkeit, d.h. die generelle Fähigkeit der Urkunde überhaupt Beweismittel zum Nachweis des dargestellten Sachverhaltes zu sein. Ob das Schriftstück im konkreten Einzelfall dann auch glaubwürdig ist, d.h. ob im Beweiskraft zukommt, ist bedeutungslos. Zum Beweis geeignet ist jede Tatsache, die im Rechtsverkehr nicht bedeutungslos ist (Markus Boog in: BSK StGB I, Art. 110 Abs. 4 StGB N 27 - 29).

 

Zu differenzieren ist zwischen der Tatbestandsvariante des Fälschens (Urkundenfälschung im engeren Sinne) und der Falschbeurkundung. Fälschen ist das Herstellen einer unechten Urkunde. Eine Urkunde ist unecht, wenn deren wirklicher Urheber nicht mit dem aus ihr ersichtlichen Aussteller übereinstimmt bzw. wenn sie den Anschein erweckt, sie rühre von einem anderen als ihrem tatsächlichen Urheber her. Das Fälschen bzw. die Urkundenfälschung im engeren Sinne ist mit anderen Worten eine Täuschung über die Identität ihres Urhebers (vgl. u.a. BGE 137 IV 167 E. 2.3.1, 128 IV 265 E. 1.1.1; Markus Boog in: BSK StGB II, Art. 251 StGB N 3). Die Tatbestandsvariante der Falschbeurkundung betrifft demgegenüber die Errichtung einer echten, aber unwahren Urkunde, bei der also der wirkliche und der in der Urkunde enthaltene Sachverhalt nicht übereinstimmen (sogenannte intellektuelle Fälschung).

 

Der Urkundencharakter eines Schriftstücks ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts relativ. Die Erklärung muss nicht notwendig in ihrer Gesamtheit zum Beweis geeignet sein. Sie kann vielmehr in Bezug auf einzelne Aspekte Urkundeneigenschaft haben, etwa hinsichtlich ihrer Zurechnung zu einem Aussteller, und in Bezug auf andere nicht, etwa hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit. Das Vertrauen darauf, dass eine Urkunde nicht gefälscht/verfälscht wird, dass über die Person des Ausstellers nicht getäuscht wird, ist und darf grösser sein als das Vertrauen darauf, dass jemand nicht in schriftlicher Form lügt (vgl. Markus Boog in BSK StGB II, Art. 251 StGB N 72; vgl. u.a. BGE 138 IV 130 E. 2.2.1, 129 IV 130 E. 2.1 f., 125 IV 273 E. 3a/aa, 119 IV 54 E. 2c/aa, 118 IV 363 E. 2a). Für die Tatbestandsvariante der Falschbeurkundung findet deshalb in der Praxis zur Abgrenzung von der bloss schriftlichen Lüge, die straflos bleiben soll, ein engerer Urkundenbegriff Anwendung (Stefan Trechsel/Lorenz Erni in: StGB PK, Vor Art. 251 StGB N 9). Es wird bei der Falschbeurkundung eine qualifizierte Beweiseignung im Sinne einer erhöhten Überzeugungskraft verlangt, die gegeben ist, wenn «objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gewährleisten», wie sie unter anderem in der Prüfungspflicht einer Urkundsperson und in gesetzlichen Vorschriften gefunden werden können (Stefan Trechsel/Lorenz Erni in: StGB PK, Art. 251 StGB N 9 mit diversen Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung).

 

In subjektiver Hinsicht wird nebst Vorsatz bzw. Eventualvorsatz bezüglich der objektiven Tatbestandselemente eine Täuschungsabsicht und zudem alternativ eine Schädigungs- (bzw. Benachteiligungs-) Vorteilsabsicht (für sich selbst einen anderen) vorausgesetzt. Die Täuschungsabsicht ist darin zu sehen, dass der Täter die erstrebte Schädigung den erstrebten Vorteil gerade aus dem Gebrauch der gefälschten Urkunde erreichen bzw. die Urkunde im Rechtsverkehr als echt wahr verwenden (lassen) will. Bei der Schädigungsabsicht muss sich die angestrebte Benachteiligung gegen fremdes Vermögen fremde Rechte richten. Für die Vorteilsabsicht genügt jede Besserstellung, sei sie vermögensrechtlicher anderer Natur.

 


2.2 Subsumption

 

2.2.1 Die zur Anklage gebrachten und in rechtlicher Hinsicht zu prüfenden Schriftdokumente sind:

 

-       das Schreiben mit dem ersichtlichen Aussteller C.___ vom 3. April 2018 (AS 20 f.);

-       das Schreiben mit der ersichtlichen Ausstellerin MFK (Sachbearbeiterin L.___) vom 28. März 2018 (AS 22);

-       das Schreiben mit der ersichtlichen Ausstellerin MFK (Sachbearbeiterin L.___) vom 9. Mai 2018 (AS 23);

-       das Schreiben mit der ersichtlichen Ausstellerin MFK (Sachbearbeiterin L.___) vom 14. Juni 2018 (AS 24);

-       das Schreiben mit der ersichtlichen Ausstellerin MFK (Sachbearbeiterin L.___) vom 17. Juli 2018 (AS 25).

 

Die zur Anklage gebrachten Schriftdokumente rührten nicht von den aus ihnen ersichtlichen Ausstellern – MFK und in einem Fall C.___ – sondern, wie dies im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde (vgl. vorstehende Ziff. 3.4.4 - 3.4.6), von der Beschuldigten her. Sie hat folglich unechte Schriftdokumente hergestellt. Die von ihr gefälschten Schreiben sind zudem auch unwahr. Die in den Schreiben gemachten inhaltlichen Angaben (u.a. Zulassung von B.___ zum motorisierten Strassenverkehr bzw. Wiedererteilung des Führerausweises per 9.4.2018, Zulassung zum Strassenverkehr bereits aufgrund der schriftlichen Bestätigung der MFK und vor Aushändigung des neuen Führerausweises) entsprechen nicht der Wahrheit, sondern entsprangen allein der Fantasie der Beschuldigten.

 

2.2.2 Näher zu prüfen ist, ob es sich hierbei um Urkunden im Sinne von Art. 110 Abs. 4 StGB handelt, was von der Verteidigung wie folgt bestritten wird (OGer AS 50): Die Vorinstanz habe verkannt, dass es den genannten Schreiben an den Merkmalen der Beweisbestimmung und Beweiseignung fehle. Es habe sich hierbei um schlichte Korrespondenz gehandelt, die Schreiben seien nicht in ein Verfahren eingebracht, sondern rein privat verwendet worden. Ihnen komme kein Urkundencharakter im strafrechtlichen Sinne (Art. 110 Abs. 4 StGB) zu.

 

Dieser Einwand verfängt aus den folgenden Gründen nicht: Art. 110 Abs. 4 StGB liegt ein weiter Urkundenbegriff zu Grunde. Mit Blick auf die Voraussetzung der Beweisbestimmung ist– entgegen den Ausführungen der Verteidigung – nicht erforderlich, dass die besagten Schriftstücke in ein prozessuales Verfahren Eingang finden. Die Beweisbestimmung eines Dokumentes ist bereits gegeben, wenn dieses nicht bloss als rein internes Dokument ohne jegliche Aussenwirkung, sondern ganz allgemein für den Rechtsverkehr bestimmt ist, d.h. der zu täuschenden Person zugänglich gemacht wird. Dies trifft hinsichtlich aller fünf Schreiben zu: Alle diese Dokumente erreichten den Privatkläger, den es – nach der Intention der Beschuldigten – zu täuschen galt. Die beiden erstgenannten Schreiben mit Datum vom 28. März und 3. April 2018 übergab die Beschuldigte dem Privatkläger am Abend des 6. April 2018 an dessen Domizil. Die beiden gefälschten Schreiben vom 9. Mai 2018 und 17. Juli 2018 gingen beim Privatkläger als Whatsapp, jenes mit Datum vom 14. Juni 2018 als E-Mail ein. Zudem waren alle vorgenannten Schreiben grundsätzlich geeignet, den Beweis zu erbringen, dass die ersichtliche Ausstellerin (MFK, vertreten durch die Sachbearbeiterin L.___) bzw. der ersichtliche Aussteller (Rechtsanwalt C.___) die darin enthaltenen Erklärungen abgegeben haben. Dass die meisten Schriftstücke (AS 22 - 25) nicht unterschrieben sind, ist unerheblich. Ebenfalls nicht relevant für die Frage der Urkundenqualität bzw. die generelle Beweiseignung ist der Umstand, dass die Schreiben aufgrund der vielen Fehler für einen Durchschnittsleser wenig überzeugend erscheinen. Ist eine Urkunde – wie vorliegend – unecht, greift immer schon der Tatbestand der Urkundenfälschung im engeren Sinne ein. Eine qualifizierte Beweiseignung im Sinne einer erhöhten Überzeugungskraft der Erklärungen, welche bei der Tathandlung der Falschbeurkundung gegeben sein muss – ist gerade nicht erforderlich, wenn es sich – wie vorliegend – um unechte Urkunden (sog. Totalfälschungen) handelt.

 

Der objektive Tatbestand ist durch die Herstellung von fünf unechten Urkunden mehrfach erfüllt. Der durch die Fälscherin vorgenommene Gebrauch der Urkunden (Zustellung an den Privatkläger) ist als mitbestrafte Nachtat zu werten (vgl. BGE 120 IV 132).

 

2.2.3 Die Beschuldigte stellte wissentlich und willentlich fünf unechte Urkunden her und dies in der Absicht, den Privatkläger zu täuschen. Die Verteidigung rügt in subjektiver Hinsicht, es fehle an der erforderlichen Schädigungs- Vorteilsabsicht. Die Vorinstanz habe hierzu festgehalten, es sei der Beschuldigten darum gegangen, einen monetären Vorteil zu erzielen (mit Hinweis auf die vorinstanzlichen Erwägungen unter Ziff. II.4.1), dabei hätten die – angeblich von der Beschuldigten verfassten – Schreiben keinen vermögensrechtlichen Nachteil des Privatklägers bezweckt, dieser sei nach der Anklage ja bereits davor eingetreten. Das angebliche Handeln habe sich auch nicht auf irgendeinen Vorteil der Beschuldigten gerichtet. Die Schreiben hätten einzig zur Folge bzw. den Zweck gehabt, dass die unbezahlte Rechnung später aufgeflogen sei, darin liege kein relevanter Nach- bzw. Vorteil im Sinne der Rechtsprechung (OGer AS 44).

 

Es trifft zwar zu, dass die Veruntreuung auf eine unrechtmässige Bereicherung abzielte und sich diese mit der Verwendung des anvertrauten Geldes zum eigenen Nutzen denn auch bereits realisierte. Zu berücksichtigen gilt jedoch, dass die bundesgerichtliche Rechtsprechung den Begriff des «unrechtmässigen Vorteils» sehr weit fasst, indem dieser jede Besserstellung erfasst (BGE 118 IV 254 S. 259 mit diversen Hinweisen). Mit den Urkundenfälschungen zielte die Beschuldigte darauf ab, diese Veruntreuung zu verschleiern, mithin das deliktische Tun zu tarnen. Darin liegt eine unrechtmässige Vorteilsabsicht.

 

Die Beschuldigte ist der mehrfachen Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 StGB, begangen in der Zeit vom 5. April bis 19. Juli 2018, schuldig zu sprechen.

 

 


V. Strafzumessung

 

1. Allgemeine Grundsätze

 

Gemäss Art. 47 StGB misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Er berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens wird in Art. 47 Abs. 2 StGB dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden (BGE 134 IV 17, E. 2.1, S. 19 f. mit Verweisen). Vergleichbare Kriterien – Ausmass des verschuldeten Erfolges, Art und Weise der Herbeiführung des Erfolges, Willensrichtung und Beweggründe – hatten Lehre und Rechtsprechung schon unter altem Recht entwickelt und unter dem Titel der Tatkomponente zusammengefasst; der Täterkomponente wurden das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse, das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren sowie die Strafempfindlichkeit zugeordnet (vgl. Günter Stratenwerth/Wolfgang Wohlers, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, Bern 2007, Art. 47 StGB N 1 – 16; Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, AT II, Bern 1989, § 7 N 15 – 55; BGE 117 IV 112).

 

Hat der Täter durch eine mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Bei der Bildung der Gesamtstrafe gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB ist nach der Rechtsprechung vorab der Strafrahmen für die schwerste Tat zu bestimmen und alsdann die Einsatzstrafe für die schwerste Tat innerhalb dieses Strafrahmens festzusetzen. Schliesslich ist die Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten in Anwendung des Asperationsprinzips angemessen zu erhöhen, wobei er ebenfalls den jeweiligen Umständen Rechnung zu tragen hat (BGE 6B_405/2011 E. 5.4).

 

2. Konkrete Strafzumessung

 

2.1 Sowohl die Veruntreuung nach Art. 138 Ziff. 1 StGB als auch die Urkundenfälschung nach Art. 251 Ziff. 1 StGB sehen denselben Strafrahmen vor (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe).

 

2.2 Vorab ist festzuhalten, dass alle von der Beschuldigten begangenen Taten mit einer Geldstrafe zu ahnden sind. Für keines der begangenen Delikte ist unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips eine Einzelfreiheitsstrafe schuldangemessen und zweckmässig.

 

2.3 Als schwerstes Delikt erweist sich im vorliegenden Fall die Veruntreuung, da diese Tat im Mittelpunkt stand (Hauptdelikt), während die weiteren Taten (mehrfache Urkundenfälschung) dazu dienten, diese Veruntreuung zu verschleiern und damit als deren Begleitdelikte in Erscheinung traten.

 

Zur Bestimmung der Einsatzstrafe für die Veruntreuung sind folgende Tatkomponenten massgebend: Der Deliktsbetrag von CHF 1‘324.00 fiel vergleichsweise tief aus. Die Schwere der Rechtsgutverletzung war demnach leicht. Die Veruntreuung stellt immer einen Vertrauensmissbrauch dar. In der vorliegenden Konstellation war für das Opfer besonders enttäuschend und schmerzlich, dass dieses Vertrauen von einer Person aus seinem engsten sozialen Umfeld missbraucht wurde. Der Privatkläger sagte aus, die Beschuldigte sei in jener Zeit für ihn wie eine Schwester gewesen. Es waren finanzielle und somit rein egoistische Motive, die der Tat der Beschuldigten zu Grunde lagen. Aus mehreren Aussagen der Beschuldigten geht hervor, dass sie während der Haft des Privatklägers nicht nur die finanziellen und administrativen Angelegenheiten regelte, sondern auch phasenweise dessen Kleinkinder betreute und die vielen Aufgaben sie stark forderten, zum Teil auch überforderten (vgl. AS 400: Sie und ihr Partner seien vom Kinderhüten erschöpft gewesen; AS 399:  Sie sei der «Dauerpösteler» und auch überlastet gewesen). Ebenso ist ihren Aussagen zu entnehmen, dass sie die Anerkennung und Wertschätzung des Privatklägers für die von ihr geleistete Arbeit vermisste und sie dies frustrierte (vgl. BW AS 401 f.: Sie [die Beschuldigte und ihr Ehemann] hätten von sich aus noch Leistungen erbracht; sie habe für das Geleistete nie Geld verlangt und sei, dies im Unterschied zu anderen Personen, dafür auch nicht bezahlt worden; AS 49: Sie habe nicht mehr der «Oberbimbo» sein wollen). Diese Umstände dürften ihr deliktisches Verhalten ebenfalls motiviert haben. Eine Rechtfertigung kann darin aber nicht erblickt werden. Die Beschuldigte hätte sich jederzeit rechtskonform verhalten und mit dem Privatkläger diese Fragen (Umfang der ihr übertragenen Aufgaben, Frage der Entschädigung) ohne Weiteres thematisieren können.

 

Unter Berücksichtigung dieser Tatkomponenten sowie im Quervergleich mit dem gesamten Tatspektrum, das unter Art. 138 Ziff. 1 StGB fällt, ist das Tatverschulden für diese Veruntreuung noch als sehr leicht zu qualifizieren und im unteren Teil des ersten Strafdrittels (1 - 600 Strafeinheiten) bei 100 Strafeinheiten anzusiedeln.

 

2.4 In der Folge sind für die weiteren Delikte (5 Urkundenfälschungen) die Einzelstrafen zu bestimmen. Alle diese Delikte stehen zeitlich und sachlich in einem engen Zusammenhang mit der Veruntreuung, sie dienten dazu, das zeitlich vorgelagerte Delikt der Veruntreuung zu verschleiern. Die Beschuldigte legte eine beachtliche kriminelle Energie an den Tag. Bei jedem einzelnen Brief mussten fremde Elemente (z.B. Logo des vermeintlichen Ausstellers) mit einem eigenen Text zu einem Gesamtprodukt zusammengefügt werden. Vom äusseren Erscheinungsbild (Layout), d.h. auf den ersten Blick, war keine der Fälschungen plump stümperhaft. Weit weniger professionell waren demgegenüber die inhaltlichen Angaben (atypische Formulierungen, viele orthographische und grammatikalische Fehler, unglaubhafte, kuriose Begründungen). Leicht relativierend ist zu berücksichtigen, dass dieser Aspekt mit Blick auf die konkrete Zielperson (Privatkläger) nicht besonders ins Gewicht fiel: Da der Privatkläger mit diesem Sprachjargon (Juristen- bzw. Beamtendeutsch) ohnehin nicht vertraut war und nur sprachliche Grundkenntnisse hatte, erkannte er diese Fehler gar nicht und schenkte dem Inhalt dieser Schreiben denn auch tatsächlich Glauben. Die Beschuldigte manifestierte in der Umsetzung ihres deliktischen Vorhabens eine beachtliche Hartnäckigkeit. Es bot sich ihr gleich mehrfach die Möglichkeit, zur Wahrheit zurückzukehren und dem Privatkläger ihr Fehlverhalten einzugestehen, stattdessen stellte die Beschuldigte immer wieder neue Fälschungen her und erschuf mit blühender Fantasie neue Lügengeschichten, die von Mal zu Mal abenteuerlicher wurden. Sie nutzte die Naivität des Privatklägers aus und profitierte davon, dass ihr als enge Freundin ein Vertrauensbonus zukam und die von ihr in den Urkunden aufgeführten Aussteller (ein renommierter Anwalt sowie eine Amtsstelle) generell hohes Vertrauen genossen. Die Urkunden hatten zur Folge, dass der Privatkläger, ohne die hierfür erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen, wieder fast täglich Auto fuhr. Als weiteres verwerfliches Element nahm die Beschuldigte mit den Urkundenfälschungen in Kauf, dass der Privatkläger, kaum aus der Untersuchungshaft entlassen, wieder in eine Strafuntersuchung verwickelt wurde, was schliesslich auch so eintrat: Gegen den Privatkläger wurde wegen Führens eines Personenwagens trotz Entzugs des Führerausweises ein Strafverfahren eingeleitet (vgl. AS 63 ff.).

 

Das Tatverschulden für jedes einzelne Delikt ist noch als sehr leicht zu taxieren. Für die Herstellung der Totalfälschung vom 3. April 2018 mit dem ersichtlichen Aussteller RA C.___ (AS 20 f., AnklS. Ziff. 1.2 lit. a), der die Beschuldigte auch noch eine Handsignatur hinzufügte, sind als Einzelstrafe 60 Strafeinheiten angemessen. Die von der Beschuldigten hergestellte Totalfälschung vom 28. März 2018 mit der ersichtlichen Ausstellerin MFK (AS 22, AnklS. Ziff. 1.2 lit. a) wurde dem Privatkläger zusammen mit dem Schreiben vom 3. April 2018 überreicht und hatte die Funktion, die Angaben der erstgenannten Urkunde von einer amtlichen Stelle zu untermauern. Diese Tat ist mit einer Einzelstrafe von 30 Strafeinheiten abzugelten. Für die drei weiteren Fälschungen (Dokumente AS 23, 24, 25: AnklS. Ziff. 1.2 lit. b - d), die dem Privatkläger jeweils einzeln zugestellt wurden, rechtfertigen sich ebenfalls Einzelstrafen von je 30 Strafeinheiten.

 

Unter Berücksichtigung des Asperationsprinzips, das eine Kumulation der Einzelstrafen verbietet, erwiese sich eine Erhöhung der Einsatzstrafe um 90 Strafeinheiten als angemessen (vgl. aber hierzu nachfolgende Ziff. V.2.6).

 

2.5 Bei der Täterkomponente sind zwei einschlägige Vorstrafen zu berücksichtigen: Mit Urteil vom 8. November 2013 wurde die Beschuldigte wegen versuchten Betrugs und Urkundenfälschung zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je CHF 30.00 verurteilt. Mit Urteil vom 16. Januar 2014 wurde sie wiederum wegen versuchten Betrugs und Urkundenfälschung zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je CHF 30.00 verurteilt (OGer AS 66 f.). Die Beschuldigte ist demnach eine Wiederholungstäterin. Relativierend ist festzuhalten, dass es sich bei der zuletzt genannten Sanktion um eine Zusatzstrafe im Sinne von Art. 49 Abs. 2 StGB handelt. Die Beschuldigte beging folglich die zweite Urkundenfälschung und den zweiten Betrugsversuch nicht nach, sondern vor ihrer ersten Verurteilung. Die Delinquenz liegt nun 8 ½ Jahre zurück. Angesichts des langen Zeitablaufes sind die Vorstrafen nur leicht straferhöhend (im Umfang von 20 Strafeinheiten) zu berücksichtigen. Strafmindernde Faktoren lassen sich bei der Täterkomponente nicht ausmachen. Die Beschuldigte legte kein Geständnis ab, sie zeigte weder Reue noch Einsicht und eine erhöhte Strafempfindlichkeit liegt ebenfalls nicht vor.

 

2.6 Rein rechnerisch würde nach den vorgenannten Faktoren eine Gesamtstrafe von 210 Strafeinheiten resultieren. Mit Blick auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGE 144 IV 217 E. 3.3.3 S. 228), wonach Art. 49 Abs. 1 StGB keine Strafartschärfung erlaube und das Gericht bei der Gesamtstrafenbildung stets an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden bleibe (= 180 Tagessätze), sowie angesichts des Verschlechterungsverbotes (Art. 391 Abs. 2 SPO) ist das vorinstanzliche Strafmass von 180 Tagessätzen zu bestätigen.

 

2.7 Der Tagessatz ist auf der Grundlage der Angaben der Beschuldigten zu ihren finanziellen Verhältnissen vor erster Instanz sowie gestützt auf die im Berufungsverfahren eingereichten Unterlagen (OGer AS 58 ff.) auf das gesetzliche (Regel)Minimum von CHF 30.00 festzusetzen (Art. 34 Abs. 2 StGB).

 

2.8 Ebenso zu bestätigen ist die Gewährung des bedingten Strafvollzuges bei einer Probezeit von zwei Jahren (Art. 42 Abs. 1, Art. 44 Abs. 1 StGB sowie Art. 391 Abs. 2 StPO).

 

Die Beschuldigte wird im Sinne von Art. 44 Abs. 3 StGB darauf hingewiesen, dass die Geldstrafe vollstreckt werden kann (Widerruf des gewährten bedingten Vollzuges), wenn sie sich nicht bewährt, d.h. wenn sie während der zweijährigen Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht und deshalb zu erwarten ist, dass sie weitere Straftaten verüben wird (Art. 46 Abs. 1 StGB).

 

 

VI. Zivilforderung

 

Es kann in Bezug auf die Zivilforderung vorab auf die zutreffenden allgemeinen und fallbezogenen Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (US 26 f./BW AS 475).

 

Indem die Beschuldigte das ihr anvertraute Bargeld unberechtigterweise für eigene Bedürfnisse verwendet hat, statt es, wie mit dem Treugeber vereinbart, zur Bezahlung der E.___-Rechnung zu gebrauchen, hat sie den Tatbestand der Veruntreuung erfüllt. Mit ihrem Akt der Aneignung hat sie adäquat-kausal einen vermögensrechtlichen Schaden im Umfang von CHF 1'324.00 herbeigeführt. Dieser Schaden ist beim Privatkläger eingetreten und nicht, wie von der Verteidigung im Berufungsverfahren geltend gemacht (OGer AS 51), bei dessen Patenonkel, denn dieser agierte, weil der Privatkläger in Haft war, als dessen Stellvertreter und händigte der Beschuldigten das Geld im Namen und Auftrag des Privatklägers aus, der in vorliegender Konstellation der Treugeber und Geschädigte war.

 

 

VII. Kosten- und Entschädigungsfolgen

 

1. Erstinstanzlichen Verfahren

 

1.1 Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 2'800.00, total CHF 4'250.00, hat in Anwendung von Art. 426 Abs. 1 StPO vollumfänglich die Beschuldigte zu bezahlen.

 

1.2 Rechtsanwalt Christian Habegger wurde im vorinstanzlichen Verfahren mit Verfügung vom 17. Oktober 2019 als amtlicher Verteidiger der Beschuldigten eingesetzt, dies rückwirkend ab dem 16. Juli 2019 (= Zeitpunkt der Gesuchstellung: vgl. BW AS 163 sowie die Ausführungen hierzu auf US 28/BW AS 477). Die Höhe dieser Entschädigung wurde von der Vorinstanz rechtskräftig auf CHF 8'043.45 (39,94 Stunden zu je CHF 180.00, inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt (vgl. US 28 f. sowie Dispositivziff. 5 des erstinstanzlichen Urteils).

 

Vorzubehalten ist in Anwendung von Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO der Rückforderungsanspruch des Staates im Umfang von CHF 8'043.45.

 

Die Vorinstanz hat zudem einen Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers in der Höhe von CHF 2'150.80 vorbehalten (vgl. US 29/BW AS 478), ohne dass ein solcher Antrag von der Verteidigung anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung überhaupt geltend gemacht worden war (vgl. BW AS 201, 404, 425). Auch implizit kann nicht von einem solchen Begehren ausgegangen werden: Auf der Honorarnote, welche den Zeitraum ab dem 17. Oktober 2019 (= Datum der Verfügung betreffend amtliche Verteidigung, vgl. BW AS 184) erfasst, macht Rechtsanwalt Habegger lediglich einen Stundenansatz von CHF 180.00 geltend, ohne Nachforderung (vgl. BW AS 427 f.). Nur aus den beiden Honorarnoten für den vorgelagerten Zeitraum (14.8.2018 - 14.12.2018; 30.1.2019 - 16.10.2019, vgl. BW AS 429 f. sowie BW AS 431 f.), der nach der Auffassung von Rechtsanwalt Habegger den Zeitraum der erbetenen Verteidigung erfasste (vgl. BW AS 425), geht ein Stundenansatz von CHF 300.00 hervor (vgl. BW AS 429 f. und AS 431 f.). Mangels eines entsprechenden Antrages ist somit kein Nachzahlungsanspruch festzusetzen.

 

1.3 Für die anwaltlichen Aufwendungen, welche im Zeitraum vom 14. August 2018 bis 15. Juli 2019 entstanden sind, als Rechtsanwalt Habegger als erbetener Verteidiger die Interessenwahrung der Beschuldigten wahrgenommen hat, lässt die Beschuldigte eine Parteientschädigung von CHF 6'641.45 beantragen. Dieser Antrag ist mit Blick auf den Verfahrensausgang vollumfänglich abzuweisen (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO, e contrario).

 

2. Berufungsverfahren

 

2.1 Die Kosten des Berufungsverfahren (exkl. Kosten der amtlichen Verteidigung, vgl. hierzu nachfolgende Ziff. VII.2.2) machen mit einer Urteilsgebühr von CHF 1’500.00 total CHF 1'550.00 aus und sind vollumfänglich von der unterliegenden Beschuldigten zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO).

 

2.2 Für das Berufungsverfahren liegen zwei Honorarnoten des amtlichen Verteidigers im Recht: Die Honorarnote vom 4. November 2020 über CHF 6'622.25 (inkl. Auslagen und MWST, OGer AS 54 f.) sowie eine ergänzende Honorarnote vom 7. Dezember 2020 über CHF 167.75 (inkl. Auslagen und MWST, jedoch exkl. Studium des begründeten Urteils und Besprechung mit Klientin, OGer AS 69 f.).

 

Insgesamt macht der Verteidiger (exkl. Nachbearbeitungsaufwand) für das Berufungsverfahren einen Zeitaufwand von 35 Stunden geltend. Davon entfielen 31,24 Stunden auf die Ausarbeitung der schriftlichen Berufungsbegründung, welche 29 Seiten umfasst (OGer AS 25 ff.). Auch wenn eingeräumt werden muss, dass die Verteidigung in ihrer Berufungsbegründung vertieft auf die erstinstanzliche Urteilsbegründung einging, erweist sich dieser Aufwand als zu hoch. Vergegenwärtigt man sich, dass der amtliche Verteidiger bereits über umfassende Aktenkenntnisse verfügte, im Berufungsverfahren keine neuen Beweismittel hinzu kamen, der Privatkläger auf eine Stellungnahme verzichtete und sich der amtliche Verteidiger bei der Ausarbeitung der schriftlichen Berufungsbegründung massgeblich auf bereits erarbeitete Unterlagen abstützen konnte, rechtfertigt sich eine Kürzung: Für die Ausarbeitung der Berufungsbegründung sind ermessensweise insgesamt 20 Stunden zu entschädigen, was in etwa 2 ½ Arbeitstagen entspricht (Kürzung um 11,24 Stunden). Zuzüglich der anderen geltend gemachten Positionen gemäss den beiden Honorarnoten (3,76 Stunden) sowie unter Berücksichtigung der Nachbearbeitung (pauschal 1,5 Stunden) resultieren 25,26 Stunden zu je CHF 180.00 (= CHF 4'546.80). Zuzüglich Auslagen (CHF 4.55) und 7,7 % MWST (CHF 350.45) ist die Entschädigung des amtlichen Verteidigers für das Berufungsverfahren auf CHF 4'901.80 festzusetzen und zufolge amtliche Verteidigung vom Staat, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse, zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates im Umfang von CHF 4'901.80 (Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO). Ein Nachforderungsanspruch ist von Rechtsanwalt Christian Habegger nicht geltend gemacht worden.

 

Demnach wird in Anwendung von Art. 34, Art. 42 Abs. 1, Art. 44 Abs. 1, Art. 47, Art. 49 Abs. 1, Art. 138 Ziff. 1, Art. 251 Ziff. 1 StGB; Art. 122 ff., Art. 135, Art.  391 Abs. 2, Art. 426 Abs. 1, Art. 428 Abs. 1 und 3 StPO erkannt:

1.        Die Beschuldigte A.___ hat sich schuldig gemacht:

a)    der Veruntreuung, begangen in der Zeit nach dem 28. September 2017 bis am 19. Juli 2018;

b)    der mehrfachen Urkundenfälschung, begangen in der Zeit vom 5. April 2018 bis am 19. Juli 2018.

2.        A.___ wird zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je CHF 30.00 verurteilt, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren.

3.        A.___ wird verurteilt, dem Privatkläger B.___ Schadenersatz in der Höhe von CHF 1'324.00 zu bezahlen.

Im Übrigen wird der Privatkläger B.___ zur Geltendmachung seiner Zivilforderung auf den Zivilweg verwiesen.

4.        Es wird festgestellt, dass gemäss rechtskräftiger Ziffer 4 des Urteils des Amtsgerichtspräsidenten von Bucheggberg-Wasseramt vom 14. Mai 2020 (nachfolgend erstinstanzliches Urteil) die Genugtuungsforderung des Privatklägers B.___ abgewiesen worden ist.

5.        Der Antrag von A.___, (in der Zeit vom 14.8.2018 - 15.7.2019) privat vertreten durch Rechtsanwalt Christian Habegger, auf Zusprechung einer Parteientschädigung für das erstinstanzliche Verfahren wird abgewiesen

6.        Es wird festgestellt, dass gemäss der diesbezüglich rechtskräftigen Ziffer 5 des erstinstanzlichen Urteils die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Christian Habegger, für das erstinstanzliche Verfahren (ab 16.7.2019 - 23.6.2020) auf total CHF 8'043.45 (Aufwand: 39.94 Stunden zu CHF 180.00; Auslagen:  CHF 279.20; 7,7 % MWST: CHF 575.05) festgesetzt und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse, bezahlt worden ist.

Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 8'043.45, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschuldigten erlauben.

7.        Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 2'800.00, total CHF 4'250.00, hat A.___ zu bezahlen.

8.        Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Christian Habegger, wird für das Berufungsverfahren auf total CHF 4'901.80 festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat, vertreten durch die Zentrale Gerichtskasse, zu zahlen.

Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates während 10 Jahren im Umfang von CHF 4'901.80, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschuldigten erlauben.

9.       Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 1'000.00, total CHF 1'050.00, hat A.___ zu bezahlen.

 

 

Dieser Entscheid ist schriftlich und begründet zu eröffnen an:

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona).


Im Namen der Strafkammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

von Felten                                                                         Lupi De Bruycker



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.