Zusammenfassung des Urteils STBER.2020.12: Verwaltungsgericht
Das Obergericht hat in einem Fall von gewerbsmässigem Diebstahl, geringfügigem Diebstahl, Widerruf und Landesverweisung entschieden. Die Staatsanwaltschaft hat Berufung gegen die Entscheidung des Amtsgerichts eingelegt, bei dem es um die obligatorische Landesverweisung ging. Der Beschuldigte forderte in seiner Anschlussberufung eine Reduzierung der Strafe auf 24 Monate Freiheitsstrafe mit bedingtem Strafvollzug. Nach verschiedenen Verhandlungen und Einvernahmen hat das Gericht entschieden, dass der Beschuldigte schuldig ist und zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt wird. Es wurden auch Anträge bezüglich Widerruf und Landesverweisung gestellt. Der Beschuldigte bat um eine letzte Chance und zeigte Reue. Das Gericht zog sich zur Beratung zurück und informierte die Parteien später telefonisch über das Urteil. Das Urteil wird schriftlich zugestellt.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | STBER.2020.12 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Strafkammer |
Datum: | 27.01.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Beschuldigte; Kamerun; Landes; Beschuldigten; Landesverweisung; Urteil; Gericht; Schweiz; Recht; Staat; Härte; Apos; Täter; Interesse; Härtefall; Urteils; Heimat; Diebstahl; Freiheit; Staats; Beruf; Berufung; Freiheitsstrafe; Gericht; Vollzug; Delikt; Heimatland |
Rechtsnorm: | Art. 13 BV ;Art. 16 StGB ;Art. 18 StGB ;Art. 25 BV ;Art. 299 StPO ;Art. 3 EMRK ;Art. 416 StPO ;Art. 42 StGB ;Art. 46 StGB ;Art. 47 StGB ;Art. 49 StGB ;Art. 53 StGB ;Art. 66a StGB ;Art. 66d StGB ;Art. 8 EMRK ;Art. 83 AIG ; |
Referenz BGE: | 105 IV 225; 117 IV 7; 136 IV 1; 144 IV 332; |
Kommentar: | Fanny de Weck, Spescha, Thür, Zünd, Bolzli, Hruschka, Kommentar zum Migrationsrecht, Art. 66 StGB SR, 2015 |
Geschäftsnummer: | STBER.2020.12 |
Instanz: | Strafkammer |
Entscheiddatum: | 27.01.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_ST.2021.17 |
Titel: | gewerbsmässiger Diebstahl, geringfügiger Diebstahl, Widerruf, Landesverweisung |
Resümee: |
Obergericht Strafkammer
Urteil vom 27. Januar 2021 Es wirken mit: Oberrichter Kiefer Oberrichter von Felten Gerichtsschreiber Bachmann In Sachen Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28, Postfach 157, 4502 Solothurn, Berufungsklägerin
A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Severin Bellwald, Beschuldigter und Anschlussberufungskläger
betreffend gewerbsmässiger Diebstahl, geringfügiger Diebstahl, Widerruf, Landesverweisung Es erscheinen zur Verhandlung vor Obergericht: – für die Staatsanwaltschaft: Oberstaatsanwalt B.___; – der Beschuldigte A.___; – sein amtlicher Verteidiger RA Severin Bellwald.
Der Vorsitzende begrüsst die Anwesenden und gibt die Besetzung des Gerichts bekannt. Die Berufung der Staatsanwaltschaft richtet sich gegen den Verzicht des Amtsgerichts Thal-Gäu auf die Anordnung der obligatorischen Landesverweisung. Der Beschuldigte verlangt in seiner Anschlussberufung die Reduktion des Strafmasses auf 24 Monate Freiheitsstrafe, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges.
Im Rahmen der Vorbemerkungen verzichtet die Staatsanwaltschaft auf die mündliche Urteilseröffnung. Rechtsanwalt Bellwald gibt seine Kostennote zu den Akten. Es wird vereinbart, dass Rechtsanwalt Bellwald die Frage nach einem eventuellen Verzicht auf die mündliche Urteilseröffnung in einer kurzen Pause nach Durchführung der Einvernahme mit seinem Klienten bespricht.
Anschliessend wird der Beschuldigte zur Sache und zur Person befragt. Für die Aufnahmen wird auf das separate Einvernahmeprotokoll und die Tonaufnahme verwiesen.
Die Verhandlung wird nach der Einvernahme kurz unterbrochen. Nach Besprechung mit seinem Klienten gibt Rechtsanwalt Bellwald bekannt, dass auf die mündliche Urteilseröffnung verzichtet werde.
Die Staatsanwaltschaft stellt keine weiteren Beweisanträge. Rechtsanwalt Bellwald gibt den [Arbeitsvertrag] des Beschuldigten mit der D.___ AG und die Lohnabrechnung für den Monat Dezember 2020 zu den Akten. Der Oberstaatsanwalt verzichtet auf Einsicht in die eingereichten Urkunden. Das Beweisverfahren wird geschlossen. Die Parteien stellen und begründen folgende Anträge:
Oberstaatsanwalt B.___:
1. Es sei festzustellen, dass das Urteil des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 30.10.2019 insoweit in Rechtskraft erwachsen ist, als 1.1 A.___ wegen gewerbsmässigen Diebstahls und wegen geringfügigen Diebstahls schuldig gesprochen wurde (Urteil Ziff. 1); 1.2 von einer Bestrafung wegen geringfügigen Diebstahls in Anwendung von Art. 53 StGB abgesehen wurde (Urteil Ziff. 3); 1.3 die Nebenfolgen des Urteils (Verfügung über sichergestellte Gegenstände, Verweis der Zivilforderungen auf den Zivilweg, Entschädigung des amtlichen Verteidigers) geregelt wurden (Urteil Ziff. 7–9); 1.4 und die erstinstanzlichen Verfahrenskosten dem Beschuldigten auferlegt wurden (Urteil Ziff. 10). 2. A.___ sei zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten zu verurteilen, unter Gewährung des bedingten Vollzuges für 30 Monate bei einer Probezeit von 2 Jahren und unter Anrechnung von 21 Tagen Untersuchungshaft. 3. Auf den Widerruf des bedingten Vollzuges für eine mit Urteil vom 27.9.2017 verhängte Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 110.00 sei zu verzichten. 4. A.___ sei für 6 Jahre des Landes zu verweisen (obligatorische Landesverweisung). 5. Die oberinstanzlichen Verfahrenskosten seien A.___ aufzuerlegen.
Rechtsanwalt Severin Bellwald:
1. Der Beschuldigte A.___ sei in Abänderung von Ziffer 2 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 30. Oktober 2019 zu einer Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren zu verurteilen. 2. Ziffer 6 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 30. Oktober 2019 sei zu bestätigen. 3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
Der Beschuldigte nimmt die Gelegenheit zum letzten Wort wahr und führt aus, es tue ihm leid, was er getan habe. Es sei ein Fehler, mit dem er jeden Tag leben müsse. Er könne sich selbst nicht verzeihen. Er bitte um eine letzte Chance, um hier ein Leben zu bekommen.
Damit endet die öffentliche Hauptverhandlung und das Gericht zieht sich zur geheimen Beratung zurück. Zufolge Verzichts auf die mündliche Urteilseröffnung wird den Parteien das Urteil durch den Gerichtsschreiber telefonisch mitgeteilt. Das Urteilsdispositiv wird den Parteien schriftlich zugestellt. Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung: I. Prozessgeschichte
1. Am 29. Juni 2018 wurde A.___ (Beschuldigter) am Flughafen Zürich von der Kantonspolizei Zürich angehalten, als er nach Kamerun reisen wollte (AS 278 ff.). Einem Mitarbeiter der Sicherheitskontrollabteilung, der bei der Gepäcksortieranlage tätig war, fiel dabei ein Koffer auf, in welchem sich sehr viele Mobiltelefone befanden (AS 5). Als Mitarbeiter des Paketzentrums [...] stand der Beschuldigte damit im Verdacht, aus zahlreichen Paketen Handys entwendet zu haben und diese nach Kamerun gebracht haben zu wollen (AS 4 ff.; 11 ff.).
2. Die Staatsanwaltschaft Zürich leitete gegen den Beschuldigten ein Vorverfahren wegen Diebstahls und Hehlerei (Art. 299 ff. StPO) ein und stellte beim Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Bülach Antrag auf Anordnung von Untersuchungshaft (AS 283 ff.; 291 ff.). Mit Verfügung vom 30. Juni 2018 ordnete das Bezirksgericht Zürich gegen den Beschuldigten Untersuchungshaft an (AS 297 ff.). Am 6. Juli 2018 wurde der Beschuldigte dem Kanton Solothurn zugeführt (AS 307).
3. Die Staatsanwaltschaft Solothurn eröffnete am 4. Juli 2018 gegen den Beschuldigten eine Strafuntersuchung wegen gewerbsmässigen Diebstahls, evtl. gewerbsmässiger Hehlerei (AS 144). Am 19. Juli 2018 wurde der Beschuldigte aus der Untersuchungshaft entlassen (AS 318).
4. Am 6. Februar 2019 bzw. 15. April 2019 erliess die Staatsanwaltschaft jeweils modifizierte Eröffnungsverfügungen (AS 145 f.; 147 f.).
5. Die Anklageschrift datiert vom 7. Juni 2019 (AS 454 ff.).
6. Am 30. Oktober 2019 fällte das Amtsgericht Thal-Gäu folgendes Urteil (AS 511 ff.):
1. A.___ hat sich schuldig gemacht - des gewerbsmässigen Diebstahls, begangen spätestens ab Januar 2018 bis längstens am 29. Juni 2018, und - des geringfügigen Diebstahls, begangen am 24. Januar 2019.
2. A.___ wird verurteilt zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten, unter Gewährung des bedingten Vollzuges für 30 Monate bei einer Probezeit von 2 Jahren.
3. Von einer Bestrafung des geringfügigen Diebstahls wird in Anwendung von Art. 53 StGB abgesehen.
4. Der vom 29. Juni 2018 bis 19. Juli 2018 ausgestandene Freiheitsentzug wird A.___ an die Freiheitsstrafe angerechnet.
5. Der A.___ mit Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 27. September 2017 gewährte bedingte Vollzug für eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 110.00 wird nicht widerrufen.
6. Auf eine obligatorische Landesverweisung im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB wird verzichtet.
7. Folgende polizeilich sichergestellten Gegenstände sind durch die Polizei Kanton Solothurn, Fachbereich Asservate, innert 30 Tagen nach Feststellung der Rechtskraft zu verwerten, ansonsten zu vernichten: Anzahl Objekt Aufbewahrungsort 25 Mobiltelefone (HD-Nr. 101, 104, 105, Fachbereich Asservate 107, 119, 173, 175, 177, 180, 191, 198, 201, 202, 203, 204, 213, 237, 243, 249, 251, 260, 263, 265, 268, 277) 15 Uhr (HD-Nr. 3, 44, 45, 46, 47, 48, 49, Fachbereich Asservate 207, 208, 210, 211, 212, 308, 309) Div. Gegenstände einzelne Papiere, Adapter, Kopfhörer, Fachbereich Asservate Zubehörteile Omega, Handyhüllen, Panzerglas, Leibgurt (HD-Nr. 1, 42, 50, 54, 165, 166, 205, 206, 303, 304, 306)
8. Die Zivilforderungen nachfolgender Privatkläger werden auf den Zivilweg verwiesen: - F.___ AG - G.___ AG - L.___ - I.___ - H.___ SA - K.___ - E.___ AG
9. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Severin Bellwald, wird auf CHF 8'611.50 (inkl. Auslagen und MwSt.) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen, zahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 3'166.40 (Differenz zu vollem Honorar), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
10. Die Verfahrenskosten mit einer Urteilsgebühr von CHF 4'000.00, total CHF 5'500.00, hat A.___ zu bezahlen.
7. Die Staatsanwaltschaft meldete gegen das Urteil am 6. November 2019 die Berufung an (AS 529).
Gemäss Berufungserklärung vom 22. Januar 2020 richtet sich die Berufung einzig gegen Ziff. 6 des erstinstanzlichen Urteils; beantragt wird die Anordnung einer obligatorischen Landesverweisung.
8. Mit Eingabe vom 9. März 2020 erhob der Beschuldigte Anschlussberufung. Das Rechtsmittel richtet sich gegen Ziff. 2 des erstinstanzlichen Urteils; beantragt wird die Ausfällung einer Freiheitsstrafe von maximal 24 Monaten unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges bei einer Probezeit von zwei Jahren.
9. Mit Verfügung vom 9. April 2020 stellte der Instruktionsrichter fest, dass die Privatkläger im Berufungsverfahren keine Parteistellung mehr einnehmen. Zugleich hiess er einen Beweisantrag der Staatsanwaltschaft gut und holte beim Staatssekretariat für Migration einen Bericht betreffend die Ausschaffung von homosexuellen Menschen nach Kamerun ein.
10. In Rechtskraft erwachsen und nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens sind folgende Ziffern des erstinstanzlichen Urteils:
- Ziff. 1: Schuldsprüche;
- Ziff. 3: Verzicht auf eine Bestrafung wegen geringfügigen Diebstahls (Art. 53 StGB);
- Ziff. 4: Anrechnung Untersuchungshaft;
- Ziff. 7: Einziehungen;
- Ziff. 8: Verweis der Zivilforderungen auf den Zivilweg;
- Ziff. 9: Entschädigung des amtlichen Verteidigers.
Nach der Praxis der Strafkammer wird die Strafzumessung jeweils gesamthaft überprüft. Auch wenn nicht explizit angefochten, wird deshalb auch die Frage des Widerrufs des bedingten Vollzugs der Vorstrafe vom 27. September 2017 (Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 110.00) überprüft.
II. Der rechtskräftige Schuldspruch wegen gewerbsmässigen Diebstahls
1. Das Amtsgericht Thal-Gäu hat folgenden rechtserheblichen Sachverhalt festgestellt:
«Der Beschuldigte war während des massgebenden Deliktszeitraums als sogenannter Schlepper im […] Paketzentrum in [...] angestellt. Spätestens ab Januar 2018 (aktenkundige Geldüberweisung aus Kamerun vom März 2018 als Entgeld für zugestelltes Diebesgut) bis längstens am 29. Juni 2018 (Verhaftung) hat A.___ regelmässig aus schon geöffneten defekten Paketen, zudem aber auch aus intakten Paketen, Waren mitgehen lassen. Konkret hat er gemäss eigenen Angaben das Deliktsgut hinter seinem Stapler deponiert, es in der Pause in die Garderobe gebracht und nach dem Feierabend schliesslich mit nach Hause genommen. Den vorliegenden Akten entsprechend bestätigte der Beschuldigte, mindestens 157 Mobiltelefone und 19 Uhren sowie ein paar weitere Gegenstände im Gesamtwert von mindestens CHF 155'890.25 entwendet zu haben. Fest steht weiter, dass er einen Grossteil der so entwendeten Handys in drei Koffer verpackt und diese am 28. Juni 2018 im Flughafen Zürich eingecheckt hat, mit der Absicht, am nächsten Tag nach Kamerun zu fliegen und den Inhalt der Koffer dort verwerten zu lassen. Ein Mitarbeiter der Siko, Flughafen Zürich, wurde auf den ihm verdächtigen Inhalt der drei Koffer aufmerksam und verständigte daraufhin die Polizei, die schliesslich alle Koffer sicherstellte.»
2. In rechtlicher Hinsicht stellte das Amtsgericht fest, dass sich der Beschuldigte das Diebesgut jeweils spätestens dann aneignete, wenn er dieses nach Hause nahm. Er habe sich damit jeweils einen unrechtmässigen Vermögensvorteil verschafft und die objektiven und subjektiven Tatbstandsmerkmale von Art. 139 Ziff. 1 StGB erfüllt.
Der Beschuldigte habe eine Vielzahl von Delikten gleicher Art verübt und es habe bei ihm die Absicht vorgelegen, damit ein Erwerbseinkommen zu erzielen. Er habe im Zeitraum zwischen Januar 2018 und dem 29. Juni 2018 insgesamt 157 Mobiltelefone und 19 Uhren im Gesamtwert von CHF 155'890.25 gestohlen, was für jeden Monat einen Deliktsbetrag von knapp CHF 26'000.00 ergebe. Dieser Deliktsbetrag habe den damaligen Nettoverdienst des Beschuldigten von ca. CHF 4'000.00 bei weitem überstiegen. Der Beschuldigte habe angesichts der Häufigkeit der Einzelakte und der erzielten Deliktssumme die deliktische Tätigkeit nach der Art eines Berufs ausgeübt.
Die Vorinstanz setzte sich mit dem Argument der Verteidigung, wonach der Beschuldigte mit den Diebstählen seine Familie in Kamerun unterstützt und den Erlös nicht für seine eigenen Lebenskosten verwendet habe und deshalb die Gewerbsmässigkeit nicht gegeben sei, auseinander. Sie verwies dabei darauf, dass nicht die Beweggründe, sondern die soziale Gefährlichkeit des Täters Wesenselement der Gewerbsmässigkeit sei; hinzu komme, dass der Beschuldigte vom Verkauf des Deliktsgut selber auch profitiert habe, seien ihm doch am 23. März 2018 insgesamt CHF 3'550.00 aus dem Erlös von Waren überwiesen worden, die er für die Deckung seiner Lebenskosten verwendet habe.
3. Gestützt auf diese Erwägungen erfolgte ein Schuldspruch des Beschuldigten wegen gewerbmässigen Diebstahls gemäss Art. 139 Ziff. 2 StGB, der in Rechtskraft erwachsen ist.
III. Strafzumessung
A. Allgemeine Ausführungen
1.1 Nach Art. 47 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Abs. 1). Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden (Abs. 2).
1.2 Bei der Tatkomponente können fünf verschiedene objektive und subjektive Elemente unterschieden werden. Beim Aspekt der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes (Ausmass des verschuldeten Erfolgs) geht es sowohl um den Rang des beeinträchtigten Rechtsguts wie um das Ausmass seiner Beeinträchtigung, aber auch um das Mass der Abweichung von einer allgemeinen Verhaltensnorm. Auch die Verwerflichkeit des Handelns (Art und Weise der Herbeiführung des Erfolgs) ist als objektives Kriterium für das Mass des Verschuldens zu berücksichtigen. Auf der subjektiven Seite ist die Intensität des deliktischen Willens (Willensrichtung des Täters) zu beachten. Dabei sprechen für die Stärke des deliktischen Willens insbesondere Umstände wie die der Wiederholung Dauer des strafbaren Verhaltens auch der Hartnäckigkeit, die der Täter mit erneuter Delinquenz trotz mehrfacher Vorverurteilungen sogar während einer laufenden Strafuntersuchung bezeugt. Hier ist auch die Skrupellosigkeit, wie auch umgekehrt der strafmindernde Einfluss, den es haben kann, wenn ein V-Mann bei seiner Einwirkung auf den Verdächtigen die Schranken des zulässigen Verhaltens überschreitet, zu beachten. Hinsichtlich der Willensrichtung dürfte es richtig sein, dem direkten Vorsatz grösseres Gewicht beizumessen als dem Eventualdolus, während sich mit der Unterscheidung von bewusster und unbewusster Fahrlässigkeit keine prinzipielle Differenz der Schwere des Unrechts der Schuld verbindet. Die Grösse des Verschuldens hängt weiter auch von den Beweggründen und Zielen des Täters ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Delinquenz umso schwerer wiegt, je grösser das Missverhältnis zwischen dem vom Täter verfolgten und dem von ihm dafür aufgeopferten Interesse ist. Schliesslich ist unter dem Aspekt der Tatkomponente die Frage zu stellen, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden. Hier geht es um den Freiheitsraum, welchen der Täter hatte. Je leichter es für ihn gewesen wäre, die Norm zu respektieren, desto schwerer wiegt die Entscheidung gegen sie und damit seine Schuld (BGE 117 IV 7 E. 3aa). Innere Umstände, die den Täter einengen können, sind unter anderem psychische Störungen mit einer Verminderung der Schuldfähigkeit, aber auch unterhalb dieser Schwelle, wie Affekte, die nicht entschuldbar, aber doch von Einfluss sind, Konflikte, die sich aus der Bindung an eine andere Kultur ergeben, Alkohol- Drogenabhängigkeit, subjektiv erlebte Ausweglosigkeit Verzweiflung usw. Auch äussere Umstände beeinflussen die Schuld nur, wenn sie die psychische Befindlichkeit des Täters berühren.
1.3 Bei der Täterkomponente sind einerseits das Vorleben, bei dem vor allem Vorstrafen, auch über im Ausland begangene Straftaten (BGE 105 IV 225 E. 2), ins Gewicht fallen – Vorstrafenlosigkeit wird neutral behandelt und bei der Strafzumessung nur berücksichtigt, wenn die Straffreiheit auf aussergewöhnliche Gesetzestreue hinweist (BGE 136 IV 1) – und andererseits die persönlichen Verhältnisse (Lebensumstände des Täters im Zeitpunkt der Tat), wie Alter, Gesundheitszustand, Vorbildung, Stellung im Beruf und intellektuelle Fähigkeiten zu berücksichtigen. Des Weiteren zählen zur Täterkomponente auch das Verhalten des Täters nach der Tat und im Strafverfahren, also ob er einsichtig ist, Reue gezeigt, ein Geständnis abgelegt bei den behördlichen Ermittlungen mitgewirkt hat, wie auch die Strafempfindlichkeit des Täters.
1.4 Das Bundesgericht drängt in seiner jüngeren Praxis vermehrt darauf, dass Formulierung des Verschuldens und Festsetzung des Strafmasses auch begrifflich im Einklang stehen (Urteile des Bundesgerichts vom 7. Juli 2011, 6B_1096/2010 E. 4.2; vom 6. Juni 2011, 6B_1048/2010 E. 3.2 und vom 26. April 2011, 6B_763/2010 E. 4.1). Um dieser Forderung gerecht zu werden, empfiehlt es sich, bereits zu Beginn der Strafzumessung die objektive Tatschwere ausdrücklich zu qualifizieren (etwa als leicht, mittel, schwer) um damit eine Grundlage für die spätere Gesamteinschätzung des (subjektiven) Verschuldens zu schaffen. Auf diese Weise wird bereits am Anfang der Strafzumessung eine erste ungefähre und hypothetische Einstufung der möglichen Strafe vorgenommen, etwa im Falle einer vorsätzlichen Tötung bei mittlerer Tatschwere im Bereich von 10 – 15 Jahren (bei leichter Tatschwere 5 – 10 Jahre und in schweren Fällen 15 – 20 Jahre). Diese hypothetische ungefähre Einsatzstrafe gilt es dann anhand der weiteren Strafzumessungskriterien zu verfeinern. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass Verschuldensgewichtung und Einbettung des Strafmasses innerhalb des Strafrahmens im gesamten «Strafzumessungsverlauf» in Einklang stehen (vgl. auch SJZ 100/2004, S. 175 f.).
1.5 Gemäss Art. 42 Abs. 1 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer Geldstrafe einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten. Die Anforderungen an die Prognose der Legalbewährung für den Strafaufschub liegen nach neuem Recht etwas tiefer. Während nach früherem Recht eine günstige Prognose erforderlich war, genügt nunmehr das Fehlen einer ungünstigen Prognose. Der Strafaufschub ist nach neuem Recht die Regel, von der grundsätzlich nur bei ungünstiger Prognose abgewichen werden darf (Bundesgerichtsentscheid 6B_214/2007 vom 13.11.2007). Im Zusammenhang mit der Gewährung des bedingten Strafvollzuges nach Art. 42 Abs. 1 StGB hielt das Bundesgericht fest, bei der Prüfung, ob der Verurteilte für ein dauerndes Wohlverhalten Gewähr biete, habe das Gericht eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung miteinzubeziehen seien neben den Tatumständen auch das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zuliessen. Relevante Faktoren seien etwa strafrechtliche Vorbelastung, Sozialisationsbiographie und Arbeitsverhalten, das Bestehen sozialer Bindungen, Hinweise auf Suchtgefährdungen usw. Es sei unzulässig, einzelnen Umständen eine vorrangige Bedeutung beizumessen und andere zu vernachlässigen überhaupt ausser Acht zu lassen (6B_572/2013 vom 20. November 2013, E. 1.3 f.).
B. Konkrete Strafzumessung
1. Der Strafrahmen für gewerbsmässigen Diebstahl beträgt 90 Tagessätze Geldstrafe bis 10 Jahre Freiheitsstrafe (Art. 139 Ziff. 2 StGB).
2. Der Beschuldigte wurde am 27. September 2017 mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Solothurn wegen fahrlässiger Körperverletzung (schwere Schädigung) und Tätlichkeiten mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 110.00 unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs mit einer Probezeit von 2 Jahren sowie zu einer Busse von CHF 200.00 verurteilt (AS 426 f.). Während der Probezeit dieses Urteils delinquierte der Beschuldigte erneut. Deshalb, und weil im vorliegenden Fall eine Geldstrafe, die lediglich bis 180 Tagessätze möglich ist (Art. 34 Abs. 1 StGB), nicht in Frage kommt (vgl. nachstehende Ziff. 3-5), muss im vorliegenden Fall eine Freiheitsstrafe ausgesprochen werden.
3. Tatkomponenten
Der Deliktsbetrag von knapp CHF 156'000.00 stellt einen erheblichen Deliktserfolg dar. Das durch den Diebstahl geschützte Rechtsgut des Eigentums und Vermögens wurde in einem nicht unwesentlichen Ausmass verletzt, auch wenn beim gewerbsmässigen Diebstahl bedeutend höhere, aber eben auch geringere Deliktssummen denkbar sind und es sich um einen Konzern handelte.
Zum Tatvorgehen führte der Beschuldigte aus, dass er im Paketzentrum [F.___ AG] angestellt gewesen sei und in dieser Funktion Pakete habe transportieren müssen. Er habe defekte Pakete beiseite gelegt und, wenn er daraus etwas gestohlen habe, den betreffenden Gegenstand hinten beim Stapler deponiert. Nach Feierabend habe er das Deliktsgut nach Hause genommen (AS 91 ff.). Der Beschuldigte hat somit an seinem Arbeitsplatz delinquiert und damit das Vertrauen seines Arbeitgebers massiv missbraucht. Der Beschuldigte hat zudem während einigen Monaten und damit während einer längeren Zeitspanne delinquiert, wobei dieser Umstand beim gewerbsmässigen Diebstahl tatbestandsimmanent ist. Es handelt sich um eine Vielzahl von Einzeldelikten, das strafbare Verhalten des Beschuldigten wurde nur durch das Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden gestoppt.
Bei den objektiven Tatkomponenten ist damit von einem leichten bis mittelschweren Verschulden auszugehen.
Am 13. Juli 2018 (AS 55 ff.) führte der Beschuldigte zu seinen Beweggründen aus, es sei der Druck der Familie von zu Hause gewesen. Seine Tante sei gestorben und deren fünf Kinder würden jetzt bei seiner Mutter leben. Diese hätten immer Probleme und seien krank. Sie hätten kein Geld für Medikamente und Essen. Ein Kind habe operiert werden müssen und sie hätten kein Geld für die Operation gehabt. Sie hätten ihn angerufen und um Geld gefragt. Sie hätten das Gefühl, dass er Geld habe und ein schlechter Mensch sei, weil er ihnen nichts gebe. Im Jahr 2018 habe er zweimal CHF 200.00 nach Kamerun geschickt. 2016 habe er monatlich CHF 200.00 geschickt, für das Jahr 2017 wisse er es nicht mehr. Anlässlich der Einvernahme vor Obergericht gab der Beschuldigte an, aktuell pro Monat zwischen CHF 200.00 und CHF 300.00 an seine Mutter in Kamerun zu schicken.
Anlässlich der Einvernahme vom 19. Juli 2018 führte der Beschuldigte aus, dass ihm «M.___» (Cousin in Kamerun) im März 2018 total CHF 3'600.00 3'700.00 für die iPhones, die er ihm nach Kamerun geschickt habe, überwiesen habe. Er habe mit diesem Geld einen Teil der Steuern sowie eine Rechnung der Garage bezahlt. Vor Obergericht sagte er aus, dieser Betrag sei dafür bestimmt gewesen, in der Schweiz ein Auto zu kaufen und nach Kamerun zu schicken. Es sei aber kein genügendes Auto für diesen Preis verfügbar gewesen. Das Geld habe er anschliessend für Steuerforderungen verwendet.
Auch anlässlich der Schlusseinvernahme durch den Staatsanwalt am 30. April 2019 (AS 124 ff.), an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung (AS 502 ff.) wie auch anlässlich der Berufungsverhandlung führte der Beschuldigte aus, dass er Probleme mit der Familie zu Hause gehabt habe; eigentlich genüge ihm der Lohn zum Leben. Er habe aber immer Druck von seiner Familie, die sagen würde, dass er nicht helfe.
Wie den Akten zu entnehmen ist, hat der Beschuldigte seit August 2010 bis November 2016 immer wieder Geld nach Kamerun geschickt. Für die Jahre 2017 und 2018 (bis Juni) ist nur noch eine einzige Überweisung von CHF 180.00 dokumentiert (AS 248 ff.). Der «Einbruch» der Überweisungen ab 2017 dürfte mit der Trennung des Beschuldigten von seinem Lebenspartner und dem damit verbundenen Anstieg der eigenen Lebenskosten zusammenhängen.
Zwischen den Aussagen des Beschuldigten, wonach er unter Druck der Familie stand, diese finanziell zu unterstützen, und der Tatsache, dass ihm 2018 aus Kamerun insgesamt ca. CHF 3'600.00 für Handys, die er dorthin schickte, überwiesen wurden, besteht ein gewisses Spannungsverhältnis. Die anlässlich der Berufungsverhandlung nunmehr präsentierte Darstellung, dass der Betrag nicht der Erlös der Handys, sondern eine Anzahlung für ein noch zu kaufendes Auto gewesen sei, erscheint nicht glaubhaft. Bei einer Absicht des Beschuldigten, mit seiner Delinquenz uneingeschränkt seine Familie zu unterstützen, hätte das Geld in Kamerun bleiben müssen. Es ist demnach davon auszugehen, dass es bei der deliktischen Tätigkeit des Beschuldigten zunächst darum ging, Geld für sich selbst zu erwirtschaften. Zu berücksichtigen ist dabei aber auch, dass der Beschuldigte seit der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts mit seinem Partner tatsächlich höhere Lebenskosten hatte und deshalb auch nicht mehr in der Lage war, wie früher Geld nach Kamerun zu schicken. Es ist deshalb bei den Beweggründen entsprechend den Aussagen des Beschuldigten davon auszugehen, dass er von Seiten seiner Familie unter einem gewissen Druck stand, diese finanziell zu unterstützen und der Erlös aus der Delinquenz neben der Finanzierung seines eigenen Lebensstandards auch dazu dienen sollte, diese Unterstützung zu realisieren.
Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz, was jedoch beim Diebstahl tatbestandsimmanent ist. Eine besondere kriminelle Energie war nicht nötig. Angesichts des Drucks, der dem Beschuldigten von Seiten seiner Familie auferlegt wurde, war es ihm in geringfügig eingeschränktem Masse zumutbar, sich rechtsgetreu zu verhalten. Insgesamt führen die subjektiven Tatkomponenten zu einer leichten Strafminderung, so dass bei den Tatkomponenten insgesamt von einem leichten Verschulden auszugehen ist.
Bei einem leichten Tatverschulden ist die Einsatzstrafe zwischen 3 und 42 Monaten Freiheitsstrafe festzusetzen. Im vorliegenden Fall liegt das Tatverschulden im mittleren Bereich eines leichten Verschuldens, so dass die Einsatzstrafe auf 24 Monate Freiheitsstrafe festzulegen ist.
4. Täterkomponenten
Der Beschuldigte wurde […] in Kamerun geboren. Er ist in Kamerun in einer grossen Familie aufgewachsen […]. Der Beschuldigte besuchte in Kamerun 7 Jahre die Primarschule und 2 Jahre eine Art Hochschule. Der Beschuldigte studierte in der Folge zwischen 2003 und 2009 in [einem europäischen Land] […], wo er seinen späteren Partner kennenlernte. Im August 2009 kam der Beschuldigte in die Schweiz, um mit diesem hier zusammenzuleben (vgl. Bericht des Migrationsamtes, AS 452 f..).
Der Beschuldigte arbeitete seit 2011 bei der F.___ in [...]. Er […] musste Pakete innerhalb des Betriebs transportieren (AS 45 f.). Dem Beschuldigten wurde die Stelle als Folge seiner Delinquenz von Seiten der Arbeitgeberin fristlos gekündigt (AS 92). Der Beschuldigte arbeitete anschliessend über ein Temporärbüro bei der [Firma] D.___ AG, wo er heute noch tätig ist.
Bis Oktober 2016 lebte der Beschuldigte zusammen mit C.___, mit welchem seit dem 15. Februar 2010 eine eingetragene Partnerschaft besteht. Im Zusammenhang mit dieser Beziehung kam es auch zur einzigen Vorstrafe des Beschuldigten. Mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Solothurn vom 27. September 2017 wurde der Beschuldigte wegen fahrlässiger Körperverletzung (schwere Schädigung) und Tätlichkeiten zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 110.00 bei Gewährung des bedingten Strafvollzuges sowie zu einer Busse von CHF 200.00 verurteilt. Der Beschuldigte hatte seinen Partner im Verlaufe einer tätlichen Auseinandersetzung zu Boden gestossen und in der Folge heftig gegen diesen getreten, so dass der Geschädigte bleibende Verletzungen am Knie erlitt. Während einer weiteren Auseinandersetzung verabreichte der Beschuldigte seinem Partner zudem eine Ohrfeige. Nach der Untersuchungshaft im vorliegenden Verfahren war noch ein geringfügiger Diebstahl zu verzeichnen.
Im Verlauf des Jahres 2019 absolvierte der Beschuldigte im Rahmen einer Ausbildung […] diverse Prüfungen, die er erfolgreich abschloss (AS 474, 503). Seit dem 1. Mai 2020 verfügt er über eine unbefristete Arbeitsstelle als Mitarbeiter […] bei der D.___ AG in [Ort 1]. Er verdient gemäss eigenen Angaben durchschnittlich CHF 4'300.00 pro Monat netto. Dies entspricht auch der anlässlich der Berufungsverhandlung eingereichten Lohnabrechnung für den Monat Dezember 2020, wonach dem Beschuldigten ein Nettolohn von CHF 4'301.10 ausbezahlt wurde.
Der Beschuldigte bewohnt allein eine 4.5-Zimmer-Wohnung in [Ort 2], welche einschliesslich der Miete für einen Autoparkplatz CHF 1'330.00 kostet. Gemäss eigenen Aussagen tätigt er monatliche Überweisungen zwischen CHF 200.00 bis CHF 300.00 an seine Familie in Kamerun.
Anlässlich der ersten Einvernahme vom 29. Juni 2018 (AS 43 ff.) bestritt der Beschuldigte einen Diebstahl. Er führte aus, dass er die Handys von einem Herrn gekauft habe und sie nach Kamerun habe mitnehmen wollen, wo sie ein Cousin von ihm hätte verkaufen wollen. Am Arbeitsplatz habe er nie gestohlen. Auch bei der Hafteinvernahme vom gleichen Tag blieb der Beschuldigte dabei, dass er am Arbeitsplatz nie etwas gestohlen habe (AS 283 ff.). Anlässlich der ersten Einvernahme im Kanton Solothurn vom 13. Juli 2018 (AS 55 ff.) gab der Beschuldigte dann zu, am Arbeitsplatz Handys, Uhren und zwei Kopfhörer gestohlen zu haben. Am 19. Juli 2018 führte er aus, dass er die Handys in Kamerun habe verkaufen wollen (AS 76), An der Schlusseinvernahme durch den Staatsanwalt (AS 124 ff.) bestritt er die ihm vorgehaltene Deliktsliste, welche dann Grundlage der Anklageschrift bildete, nicht. Die Kooperationsbereitschaft des Beschuldigten wirkt sich, auch wenn sie nicht ganz von Anfang an bestand, doch strafmindernd aus, weil damit das Verfahren vereinfacht wurde und weitere Beweismassnahmen unterbleiben konnten.
Insgesamt wirken sich die Vorstrafe des Beschuldigten sowie die erneute Delinquenz während laufender Probezeit straferhöhend aus. Andererseits ist das Nachtatverhalten des Beschuldigten als strafmindernd zu qualifizieren. Insgesamt ist damit von neutralen Täterkomponenten auszugehen. Es bleibt damit bei einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten.
5. Bedingter Vollzug
Dem Beschuldigten ist, da – auch mit Blick auf Ziff. 6 hiernach – eine schlechte Legalprognose zu verneinen ist, der bedingte Vollzug der Freiheitsstrafe zu gewähren. Die Probezeit ist, da der Beschuldigte während der Probezeit eines früheren Urteils delinquiert hat, auf 3 Jahre festzusetzen.
6. Widerruf
6.1 Begeht der Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen und ist deshalb zu erwarten, dass er weitere Straftaten verüben wird, so widerruft das Gericht die bedingte Strafe den bedingten Teil der Strafe. Sind die widerrufene und die neue Strafe gleicher Art, so bildet das Gericht in sinngemässer Anwendung von Art. 49 StGB eine Gesamtstrafe (Art. 46 Abs. 1 StGB).
6.2 Die Begehung eines Verbrechens Vergehens während der Probezeit bildet also einen möglichen Widerrufsgrund. Die neu begangene Straftat muss dabei eine gewisse Mindestschwere aufweisen, nämlich mit Freiheits- Geldstrafe bedroht sein. Allerdings führt ein während der Probezeit begangenes Verbrechen Vergehen nicht zwingend zum Widerruf des bedingten Strafaufschubs. Dieser soll nach Art. 46 Abs. 1 StGB nur erfolgen, wenn „deshalb“, also wegen der Begehung des neuen Delikts, zu erwarten ist, dass der Täter weitere Straftaten verüben wird. Das heisst, dass die Prognose seines künftigen Legalverhaltens in solchem Fall erneut gestellt werden muss.
6.3 Die Anforderungen an die Prognose der Legalbewährung für den Widerrufsverzicht sind unter neuem Recht weniger streng. Es soll vom Widerruf abgesehen werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Täter weitere Straftaten begehen wird. Verlangt wird also nicht eine günstige Prognose, sondern das Fehlen einer ungünstigen Prognose. Eine bedingte Strafe ist also nur zu widerrufen, wenn von einer negativen Einschätzung der Bewährungsaussichten auszugehen ist, d.h. aufgrund der erneuten Straffälligkeit eine eigentliche Schlechtprognose besteht.
6.4 Die Prüfung der Bewährungsaussichten des Täters ist anhand einer Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung miteinzubeziehen sind neben den Tatumständen auch das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen. Für die Einschätzung des Rückfallrisikos ist ein Gesamtbild der Täterpersönlichkeit unerlässlich. Relevante Faktoren sind etwa strafrechtliche Vorbelastung, Sozialisationsbiographie und Arbeitsverhalten, das Bestehen sozialer Bindungen, Hinweise auf Suchtgefährdungen etc. Dabei sind die persönlichen Verhältnisse bis zum Zeitpunkt des Entscheides miteinzubeziehen.
6.5 In die Beurteilung der Bewährungsaussichten im Falle des Widerrufs des bedingten Strafvollzugs einer Freiheitsstrafe ist im Rahmen der Gesamtwürdigung auch miteinzubeziehen, ob die neue Strafe bedingt unbedingt ausgesprochen wird. Der Richter kann zum Schluss kommen, dass vom Widerruf des bedingten Vollzugs für die frühere Strafe abgesehen werden kann, wenn die neue Strafe vollzogen wird. Auch das Umgekehrte ist zulässig: Wenn die frühere Strafe widerrufen wird, kann unter Berücksichtigung ihres nachträglichen Vollzugs eine Schlechtprognose für die neue Strafe i.S. von Art. 42 Abs. 1 StGB verneint und diese folglich bedingt ausgesprochen werden (vgl. zum Ganzen: 134 IV 140, E. 4).
6.6 Der Beschuldigte begann nur kurze Zeit nach dem Strafbefehl vom 27. September 2017 im Januar 2018 mit den Diebstählen der Handys. Dieses Verhalten offenbart eine gewisse Uneinsichtigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber den vom Strafgesetz geschützten Rechtsgütern. Da nun dem Beschuldigten für die neue Strafe der bedingte Strafvollzug gewährt wird, bleiben für die Prognosestellung gewisse Bedenken. Es ist deshalb der Widerruf des bedingten Vollzugs der Vorstrafe vom 27. September 2017 anzuordnen und dem Beschuldigten auf diese Weise das deutliche Signal zu geben, dass sein deliktisches Verhalten nicht zu tolerieren ist und mit der Gewährung des bedingten Strafvollzuges für die nun auszufällende Freiheitsstrafe eine letzte Chance gewährt wird.
IV. Landesverweisung
A. Allgemeine Ausführungen
1. Der Beschuldigte ist Staatsbürger von Kamerun. Er hat vorliegend mit Art. 139 Ziff. 2 StGB eine Straftat begangen, welche gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. c StGB grundsätzlich zwingend zu einer Landesverweisung führt.
2. Gemäss Art. 66a Abs. 2 StGB kann das Gericht ausnahmsweise von einer Landesverweisung absehen, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren aufgewachsen sind. Von einer Landesverweisung kann ferner abgesehen werden, wenn die Tat in entschuldbarer Notwehr (Art. 16 Abs. 1 StGB) in entschuldbarem Notstand (Art. 18 Abs. 1 StGB) begangen worden ist (Art. 66a Abs. 3 StGB).
Eine Landesverweisung umfasst den Verlust des Aufenthaltsrechts und den Verlust aller Rechtsansprüche auf Aufenthalt, die Verpflichtung zum Verlassen des Landes (Ausweisung) sowie ein Einreiseverbot für die verfügte Dauer. Damit eine Landesverweisung ausgesprochen werden kann, wird zunächst vorausgesetzt, dass es sich beim Täter um einen Ausländer handelt. Dies sind all jene Personen, die im Zeitpunkt der Tat nicht über das schweizerische Bürgerrecht verfügen. Des Weiteren muss der Ausländer zu einem in der Bestimmung aufgeführten Delikt und zu einer Strafe verurteilt worden sein. Mit dem Letzteren wird zum Ausdruck gebracht, dass eine Landesverweisung nicht gegen einen Täter verhängt werden kann, der zum Zeitpunkt der Tat schuldunfähig war. Eine Landesverweisung kann zudem nicht angeordnet werden, wenn das Gericht von einer Strafe absieht. Auf die Höhe der Grundstrafe kommt es für die Anordnung der Landesverweisung nicht an, ebenso wenig darauf, ob der Täter zu einer unbedingten, bedingten teilbedingten Strafe verurteilt worden ist. Bei der Bemessung der Dauer hat das Gericht insbesondere den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten (zum Ganzen: BBl 2013 5975, 6020 ff.; Carlo Bertossa in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Auflage 2018, Art. 66a N 1 ff.).
3. Liegt eine Anlasstat gemäss Art. 66a Abs. 1 StGB vor, so ist in der Regel eine Lan-desverweisung zu verhängen. Ein ausnahmeweises Absehen davon ist nur dann zulässig, wenn die Landesverweisung beim verurteilten Ausländer zu einem schweren persönlichen Härtefall führen würde. Bei der Prüfung, ob im konkreten Fall ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt, sind insbesondere folgende Aspekte zu beachten (vgl. zum Ganzen Marc Busslinger/Peter Uebersax, Härtefall-Klausel und migrationsrechtliche Auswirkungen der Landesverweisung, in: Plädoyer 5/16, S. 96 ff.):
- Anwesenheitsdauer: Unter dem Aspekt der Anwesenheitsdauer ist die in Art. 66a Abs. 2 StGB aufgeführte Situation von Ausländern, die in der Schweiz geboren aufgewachsen sind, zu berücksichtigen. Von einem Aufwachsen in der Schweiz ist im Sinne einer Minimalvoraussetzung dann auszugehen, wenn die prägende Jugendzeit und Adoleszenzphase in der Schweiz verbracht wurde. In Anlehnung an die im schweizerischen Migrationsrecht geltenden Fristen für einen Nachzug von Kindern ist von einem Aufwachsen in der Schweiz dann auszugehen, wenn die Einreise in die Schweiz vor Abschluss des 12. Altersjahres erfolgte. Darüber hinaus ist ein Härtefall anzunehmen, wenn die Landesverweisung aufgrund der langen Aufenthaltsdauer zu einem Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privatleben führt. - Familiäre Verhältnisse: Hat ein Betroffener Familienangehörige in der Schweiz, kann die Landesverweisung zu einem Eingriff in die Beziehungssituation führen, sofern es den Familienangehörigen nicht zumutbar ist, die Schweiz gemeinsam zu verlassen. - Arbeits- und Ausbildungssituation: Bei der Arbeits- und Ausbildungssituation ist entscheidend, ob der Betroffene aus einem stabilen Umfeld herausgerissen wird, welches er im Heimatland nicht wieder aufbauen kann. Dabei sind in der Regel berufliche Veränderungen ohne weiteres zumutbar und hinzunehmen. Es stellt sich insbesondere nicht die Frage, in welchem Land der Betroffene bessere wirtschaftliche Bedingungen vorfindet. Ein Härtefall ist nur dann anzunehmen, wenn der Aufbau einer beruflichen Existenz praktisch unmöglich erscheint er sich derart beruflich spezialisiert hat, dass ein auch nur einigermassen äquivalentes Arbeitsumfeld in seinem Heimatland nicht existiert und eine Aufgabe seiner Tätigkeit für ihn einen sehr grossen Eingriff bedeuten würde. - Entwicklung der Persönlichkeit: Weist ein Betroffener nach der begangenen Anlasstat eine überaus positive Persönlichkeitsentwicklung aus, die durch die Landesverweisung zunichte gemacht würde, kann dies auf das Vorliegen eines Härtefalles hindeuten. - Grad der Integration und Reintegrationschancen im Heimatland: Unabhängig von der Aufenthaltsdauer ist einerseits zu prüfen, ob der Betroffene in sprachlicher, sozialer, kultureller, religiöser und persönlicher Hinsicht aufgrund weiterer Aspekte derart verwurzelt ist, dass ein Verlassen der Schweiz für ihn eine nicht hinzunehmende Härte bedeuten würde. Andererseits ist mit Blick auf die gleichen Aspekte zu klären, ob der Betroffene auf unüberwindbare Hindernisse bei der Reintegration in seinem Heimatland stossen würde. Reintegrationshindernisse sind dabei nicht leichthin anzunehmen. Immerhin muten sich viele freiwillig Migrierende zu, in einem neuen Land Fuss zu fassen, ohne dass sie die Sprache beherrschen auf ein enges Beziehungsnetz zurückgreifen können. Weshalb dies straffällig gewordenen Ausländern, die des Landes verwiesen werden sollen und in ihr Heimatland zurückkehren müssen, nicht ebenso zumutbar sein soll, ist nicht ersichtlich. Führt die Landesverweisung jedoch zu einer Verletzung des Non-Refoulement-Gebotes, liegt zwangsläufig ein Härtefall vor. Ist das Rückschiebungshindernis allerdings nur vorübergehender Natur und dessen Wegfall absehbar, etwa ein solches aufgrund einer heilbaren Krankheit, die vorläufig, aber nicht auf Dauer, eine Ausreise verunmöglicht, rechtfertigt es sich nicht, deswegen einen Härtefall anzunehmen, sondern es genügt, diesem Umstand durch einen geeigneten Vollzugsaufschub Rechnung zu tragen. - Resozialisierungschancen: Bezüglich der Resozialisierungschancen ist ein Härtefall nicht bereits dann anzunehmen, wenn diese in der Schweiz besser sind als im Heimatland, sondern erst, wenn die Resozialisierung im Heimatland praktisch unmöglich zumindest deutlich schlechter erscheint.
4. Bei sämtlichen Aspekten ist der Fokus einerseits auf die Situation in der Schweiz und andererseits auf die Situation im Heimatland zu legen. Bildlich gesprochen ist der Frage nachzugehen, ob der Betroffene in der Schweiz als Baum betrachtet derart verwurzelt ist, dass ein Herausreissen eine nicht hinzunehmende Härte darstellt, bzw. ob der Betroffene als keimendes Pflänzchen betrachtet in seinem Heimatland auf einen derart fruchtlosen Boden trifft, dass ihm eine Rückkehr nicht zugemutet werden kann. Härtefallbegründende Aspekte müssen den Betroffenen dabei grundsätzlich selbst treffen. Treten sie bei Dritten, zum Beispiel Familienangehörigen auf, sind sie nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sich zumindest indirekt auch auf den Betroffenen auswirken. Ein schwerer persönlicher Härtefall ist dann anzunehmen, wenn die Summe aller Schwierigkeiten den Betroffenen derart hart trifft, dass ein Verlassen der Schweiz bei objektiver Betrachtung zu einem nicht hinnehmbaren Eingriff in seine Daseinsbedingungen führt (Marc Busslinger/Peter Uebersax, a. a. O. S. 101).
5. Erst wenn feststeht, dass die Landesverweisung einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde, ist in einem zweiten Schritt das private Interesse an einem Verbleib in der Schweiz dem öffentlichen Interesse an einem Verlassen der Schweiz gegenüberzustellen. Resultiert daraus ein überwiegendes öffentliches Interesse, muss die Landesverweisung verhängt werden. Von einer Landesverweisung darf also nur dann abgesehen werden, wenn das öffentliche Interesse kleiner gleich gross ist wie das private Interesse. Bei der Bestimmung des privaten Interesses müssen die für den Härtefall relevanten Aspekte mit den für die Bestimmung des privaten Interesses wesentlichen Gesichtspunkten bewertet werden. Das private Interesse an einem Verbleib in der Schweiz ist insbesondere umso höher zu veranschlagen, je länger ein Betroffener in der Schweiz lebt, je gravierender die Auswirkungen auf das Familienleben sind, je schwieriger sich die Reintegration im Heimatland gestaltet, je wahrscheinlicher eine positive Persönlichkeitsentwicklung zunichtegemacht wird und je wahrscheinlicher eine Resozialisierung im Heimatland scheitern wird (vgl. Marc Busslinger/Peter Uebersax, a. a. O. S. 102 f.).
Bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses ist zunächst festzulegen, aufgrund welcher Aspekte das öffentliche Interesse zu ermitteln ist, danach ist die Höhe des öffentlichen Interesses zu bestimmen. Ziel der Landesverweisung ist die Verhinderung weiterer Straftaten in der Schweiz durch den Betroffenen. Als massgebliche Aspekte kommen dabei insbesondere die ausgefällte Strafe, die Art der begangenen Delikte, die grosse Rückfallgefahr, die wiederholte Straffälligkeit, die erneute Straffälligkeit nach verbüsster Freiheitsstrafe und die Straffälligkeit nach migrationsrechtlicher Verwarnung in Frage. Ausgangspunkt für die Bemessung des öffentlichen Interesses ist die Höhe der ausgefällten Strafe. Je höher das Strafmass ausfällt, umso grösser ist das öffentliche Interesse zu veranschlagen. Dieses erhöht sich unter Umständen weiter, je nachdem, aufgrund welcher Delikte die Verurteilung erfolgte (vgl. Marc Busslinger/Peter Uebersax, a. a. O. S. 103).
6. Die Härtefallklausel stellt nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers eine Ausnahmeregelung dar. Damit die Ausnahme nicht zur Regel wird, darf auf die Anordnung einer Landesverweisung nicht leichthin verzichtet werden. Es ist deshalb nur bei überwiegenden privaten Interessen zwingend von der Landesverweisung abzusehen (vgl. hierzu Fanny de Weck in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli/Hruschka [Hrsg.], Kommentar zum Migrationsrecht, 4. Auflage 2015, Art. 66a nStGB N 23). Auch das Bundesgericht hat in den bisherigen seit der Einführung der Landesverweisung ergangenen Fällen immer wieder festgehalten, dass die Härtefallklausel nach der klaren Intention des Gesetzgebers restriktiv («in modo restrittivo») anzuwenden ist. Ein Härtefall lässt sich erst bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite («di una certa porta») in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV (bzw. Art. 8 EMRK) gewährleistete Privat- und Familienleben annehmen (Urteil 6B_371/2018 vom 21. August 2018 E. 2.5; zur Härtefallklausel ausführlich BGE 144 IV 332 E. 3.3 ff. S. 339 ff.). Weiter hat das Bundesgericht mehrfach darauf hingewiesen, dass die bisherige Ausschaffungspraxis nach dem AuG durch die Einführung der Landesverweisungsnorm klar verschärft worden ist (Urteil 6B_235/2018 E 4.3).
7. Das Bundesgericht hat in mehreren Entscheiden jüngsten Datums festgehalten, dass die Situation des Ausländers in seiner Heimat bei der Prüfung des persönlichen Härtefalls einen massgebenden Gesichtspunkt darstelle. Dabei würde der mögliche Aufschub des Vollzugs der obligatorischen Landesverweisung gemäss Art. 66d StGB nicht ausschliessen, dass Vollzugshindernisse bereits bei der Anordnung der Landesverweisung durch das Strafgericht zu berücksichtigen sind (6B_651/2018 vom 17.10.2018, E. 8.3.3). Im Entscheid 6B_1024/2019 vom 29.1.2020 führte das Bundesgericht aus, dass das Sachgericht die Verhältnismässigkeit einer Landesverweisung zu prüfen habe. Dabei könne das Gericht hinsichtlich der Prüfung des Non-Refoulement-Prinzips anderer zwingender Normen (Art. 66d StGB; Art. 83 AIG) nicht lediglich auf die Vollzugsbehörden verweisen. Das Sachgericht habe die rechtliche Durchführbarkeit der Landesverweisung zu prüfen. Dabei habe jedoch eine Einzelfallprüfung zu erfolgen; es genüge nicht, die generelle Lage im Heimatland zu erörtern, ohne irgendwelche individuell konkret gefährdenden Umstände namhaft zu machen zu substanziieren (E 1.3.5 und 1.3. 6). Im Entscheid 6B_747/2019 vom 24.6.2020 bestätigte das Bundesgericht diese Rechtsprechung und führte aus, dass Vollzugshindernisse, die sich aus der Flüchtlingseigenschaft dem zwingenden Völkerrecht ergeben schon bei der strafgerichtlichen Anordnung der Landesverweisung eine Rolle spielen würden. Die Interessenabwägung bei der Landesverweisung würde sämtliche wesentlichen Aspekte, so auch die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland, erfassen.
B. Konkrete Prüfung
1. Der Beschuldigte wurde […] 1980 in Kamerun geboren. Er wuchs in einer grossen Familie auf und besuchte in Kamerun auch die Schulen. Zwischen 2003 und 2009 lebte der Beschuldigte in [einem europäischen Land], wo er auch seinen Partner kennenlernte. Er absolvierte dort diverse Ausbildungen […]. Im August 2009, mithin 29jährig, kam der Beschuldigte in die Schweiz, wo er seither lebt. Am 15. Februar 2010 wurde in [Ort 2] die Partnerschaft zwischen dem Beschuldigten und seinem Partner C.___ eingetragen. Am 15. November 2016 teilte die Einwohnergemeinde [Ort 2] dem Migrationsamt die Trennung der eingetragenen Partner mit.
2. In Kamerun leben die Geschwister und die Mutter des Beschuldigten, zudem hat der Beschuldigte in seiner Heimat einen Cousin. Letztmals verbrachte der Beschuldigte in den Jahren 2016 und 2017 die Ferien in Kamerun. In der Schweiz hat der Beschuldigte keine Verwandten. Gemäss eigenen Angaben geht er mit einem Kollegen aus der Nachbarschaft ab und an [zum Sport]. Er lebt von seinem Partner getrennt und ist sich noch nicht sicher, ob die von diesem angestrebte Wiederaufnahme der Beziehung für ihn in Frage kommt. Gemäss eigenen Angaben hat er mittlerweile einen anderen Mann kennengelernt.
3. Der Beschuldigte arbeitete seit dem 1. Dezember 2011 bei der F.___ im Paketzentrum [...]. Diese Stelle wurde ihm im Sommer 2018 nach Einleitung des Strafverfahrens fristlos gekündigt. Wie er anlässlich der Einvernahme vom 31. Oktober 2018 ausführte, absolvierte er in der Schweiz eine berufsbegleitende Ausbildung zum […] EFZ, die er erfolgreich abgeschlossen hat. Aktuell arbeitet der Beschuldigte in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als Mitarbeiter […] bei der D.___ AG in [Ort 1].
4.1 Es ist damit zusammenfassend festzustellen, dass der Beschuldigte erst seit 11 Jahren in der Schweiz lebt. Die prägenden Kindheits- und Jugendjahre verbrachte der Beschuldigte in seiner Heimat, als junger Erwachsener lebte er in [einem europäischen Land]. Während seiner 11jährigen Anwesenheit ist es dem Beschuldigten aber gelungen, sich in wirtschaftlicher Hinsicht in der Schweiz zu integrieren. Der Beschuldigte hatte bei der F.___ eine langjährige feste Anstellung und lebte damit in stabilen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen. Er verlor diese Stelle zu Folge seiner Delinquenz am Arbeitsplatz. In der Folge absolvierte er eine berufsbegleitende Ausbildung zum […] und steht finanziell weiterhin auf eigenen Beinen.
4.2 Der Beschuldigte verfügt dagegen in der Schweiz über kein gefestigtes Beziehungsnetz. Seine Angehörigen leben in seinem Heimatland, Freunde hat er nach eigenen Aussagen nur ganz wenige und er lebt seit Ende 2016 von seinem Partner getrennt. Er hat jedoch nach eigenen Aussagen wieder einen Mann kennengelernt.
4.3 Bei dieser Ausgangslage müsste das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalles verneint werden. Hinzu kommt nun aber der Umstand, dass der Beschuldigte homosexuell ist und geltend macht, dass ihm deshalb eine Rückkehr nach Kamerun nicht zumutbar sei und deshalb von einer Landesverweisung abzusehen sei.
5. Zur Situation von homosexuellen Menschen in Kamerun ist auf folgende Dokumente zu verweisen:
5.1 Stellungnahme des Staatssekretariats für Migration (SEM) vom 25. Mai 2020
Das SEM hielt in Beantwortung der Verfügung des Instruktionsrichters des Obergerichts vom 9. April 2020 unter Hinweis auf die Art. 83 f. AIG fest, dass auf den Vollzug einer Ausschaffung verzichtet werde, wenn dem Betroffenen im Heimatland die Gefahr von Folter erniedrigender Behandlung drohen würde. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Rückkehr ins Heimatland würde die Homosexualität keine eigenständige Rolle spielen. In der Antwort des SEM wurde zudem auf zwei Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen, welche jedoch für das vorliegende Verfahren zu keinen weiteren Erkenntnissen führen.
5.2 Schweizerische Flüchtlingshilfe
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe veröffentlichte am 7. November 2012 ein Dokument «Kamerun: Homosexualität», das sich in den Akten befindet (AS 476 ff.). Im Bericht wird auf Art. 347bis des kamerunischen Strafgesetzbuches hingewiesen, in welchem die Homosexualität unter Strafe gestellt wird. Es käme in der Praxis willkürlich auf Grund einer tatsächlichen vermuteten Homosexualität zu Verhaftungen ohne Anklage. Homosexuelle Menschen würden sowohl von behördlicher als auch privater Seite regelmässig belästigt und erpresst. Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Sicherheitskräfte würden nur begrenzt verfolgt und bei Übergriffen durch die Zivilbevölkerung bestehe eine grosse Straflosigkeit.
5.3 International Lesbian Gay Bisexual Trans and Intersex Association (ILGA)
Die ILGA ist gemäss Wikipedia der weltweite Dachverband der Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen-, Trans- und Intersexorganisationen. Die 1978 gegründete Organisation versteht sich als die einzige internationale gemeinnützige Nichtregierungsorganisation, die sich für die Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans und Intergeschlechtlichen engagiert. Der europäische Regionalverband der Organisation, ILGA-Europe, wird zu über 70% aus öffentlichen Geldern finanziert; der Status als Nichtregierungsorganisation ist daher fragwürdig.
Im Bericht «State-Sponsored Homophobia 2019» (abrufbar: «https://ilga.org./downloads/ILGA State Sponsored Homophobia 2019.pdf») wird in einem Bericht über die Situation in zentralafrikanischen Staaten ausgeführt, dass Kamerun im Jahr 2016 das Strafgesetz revidiert, jedoch die Strafbarkeit der Homosexualität beibehalten habe (S. 92).
In einem separaten Kapitel «Cameroon» (S. 312 ff.) wird die Situation von homosexuellen Menschen in Kamerun auf Grund konkreter Beispiele geschildert. Im Jahr 2013 wurde ein bekannter Aktivist für die Rechte homosexueller Menschen (Eric Ohena Lembembe) nach einer Reihe von Angriffen auf Aktivisten tot mit verbrannten Extremitäten und Gesicht in seiner Wohnung aufgefunden, ohne dass in der Folge eine Strafverfolgung Verurteilung erfolgte. Der Bericht schildert für die Jahre 2016 und 2018 Analuntersuchungen durch Behörden von Männern, die der Homosexualität verdächtigt wurden und für das Jahr 2016 mindestens 67 dokumentierte Fälle von Erpressungen von Homosexuellen durch Polizeioffiziere. Es wird allgemein festgehalten, dass Verhaftungen und Verfolgungen von staatlicher Seite ebenso Realität seien wie physische und psychische Gewalt, die dem Hass gegenüber homosexuellen Menschen entspringen. Im Jahr 2017 seien 578 Fälle von Gewalt gegen homosexuelle Menschen registriert worden, im Jahr 2018 sind dies 1'134 Fälle gewesen. Der Bericht hält schliesslich fest, dass homosexuelle Menschen im Vergleich mit der Gesamtbevölkerung deutlich stärker unter Depressionen leiden würden (30% gegenüber 5%).
5.4 ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation
Die ACCORD, die mit dem Österreichischen Roten Kreuz verknüpft ist (vgl. <https://www.rfworld.org/publisher/ACCORD.html>) veröffentlichte am 18. Juni 2019 eine «Anfragebeantwortung zu Kamerun: Informationen zur Lage von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender- und Intersex-Personen (abrufbar unter: <https://www.ecoi.net/de/dokument/2010708.html>). In diesem Bericht wird u.a. auch aus dem ILGA-Bericht zitiert. Zudem zitiert der Bericht aus dem Jahresbericht des US-Aussenministeriums (US Department of State, USDOS) vom März 2019, wonach homosexuelle Menschen in Kamerun bedroht würden, ohne dass die Behörden bei Anzeige ermitteln würden. Es werden auch in diesem Bericht Erpressungen von Seiten von Behörden und Privaten sowie Gewaltübergriffe gegenüber homosexuellen Menschen geschildert.
5.5 Bundesverwaltungsgericht
5.5.1 Das Bundesverwaltungsgericht (Abteilung IV) hatte in einem Entscheid vom 10. Dezember 2010 zu prüfen, ob dem ursprünglich aus Ruanda stammenden Beschwerdeführer, der zuletzt Wohnsitz in Yaoundé (Kamerun) hatte, die Flüchtlingseigenschaft zukommt (Verfahrensnummer D-103/2007). Das Gericht kam im Rahmen der Beweiswürdigung zum Schluss, dass die Angaben des Beschwerdeführers glaubhaft seien. Demnach flüchtete der Beschwerdeführer während des Genozids in Ruanda 1994 nach Kamerun, wo er 1997 die Staatsbürgerschaft erhielt. Der Beschwerdeführer ging in der Folge eine homosexuelle Beziehung ein. Der Partner des Beschwerdeführers wurde im März 2006 wegen eines Korruptionsverdachtes festgenommen, worauf auch der Beschwerdeführer von der Polizei vorgeladen wurde. Auf dem Polizeiposten wurde der Beschwerdeführer während fünf Tagen festgehalten, verhört und körperlich massiv misshandelt. Der Beschwerdeführer hat die homosexuelle Beziehung eingestanden. Er ist nach der Entlassung in Spitalpflege verbracht worden; aus Furcht vor einer Verurteilung und Gefängnisstrafe flüchtete er am 14. Juni 2006 mit einem Pass einer Drittperson aus Kamerun.
Das Bundesverwaltungsgericht hält zur Situation von homosexuellen Menschen in Kamerun in der Folge fest, dass homosexuelle Handlungen illegal und gemäss Art. 347bis des kamerunischen Strafgesetzbuches mit Gefängnis von sechs Monaten bis fünf Jahren und einer Geldstrafe bestraft würden. In der Praxis würden Personen jedoch bereits aufgrund ihrer tatsächlichen einer vermuteten homosexuellen Orientierung ohne Anklage in Untersuchungshaft genommen und der Unzucht angeklagt, bevor überhaupt nach Beweisen für homosexuelle Handlungen der Inhaftierten gesucht werde. Es komme in Kamerun zwar nur selten zu Verurteilungen, so dass nicht von einer systematischen Verfolgung homosexueller Personen ausgegangen werden könne; solche Menschen würden in Kamerun aber diskriminiert, stigmatisiert und marginalisiert und oft ohne Haftbefehl unter teilweise prekären Bedingungen in Haft genommen. Um eine homosexuelle Orientierung nachzuweisen, werde bei Männern eine Analuntersuchung richterlich angeordnet. Im Übrigen würden «verdächtige» Homosexuelle von Polizeibeamten erpresst und schikaniert (E. 6.2.3).
Die strafrechtliche Sanktionierung von homosexuellen Handlungen Erwachsener verstösst gegen das in Art. 8 EMRK statuierte Recht auf Achtung des Privatlebens (EGMR, Dudgeon ca. The United Kingdom, Urteil vom 22. Oktober 1981). Ein solches Verbot greift in den intimsten Bereich einer Person ein und beschneidet deren Selbstbestimmung bezüglich ihrer sexuellen Ausrichtung und Betätigung massiv, ohne dass dafür ein legitimes Interesse des Staates zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Moral vorliegt. Gleichzeitig verstossen die zum Nachweis der Homosexualität einer Person angewandten Methoden wie namentlich eine Analuntersuchung, aber auch die vom Beschwerdeführer geschilderten Misshandlungen gegen Art. 3 EMRK, wonach niemand der Folter unmenschlicher erniedrigender Strafe Behandlung unterworfen werden darf (E. 6.2.3).
Das Bundesverwaltungsgericht kam gestützt auf diese Erwägungen zum Schluss, dass die vom Beschwerdeführer empfundene Furcht, in Kamerun wegen seiner homosexuellen Beziehung in einer sein Leben, seine körperliche Integrität seine Freiheit gefährdenden Weise belangt zu werden, begründet ist. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Kamerun inhaftiert und wegen homosexueller Handlungen bestraft würde, wobei ein hohes Risiko von weiteren Misshandlungen bestehe.
Das Bundesverwaltungsgericht verneinte jedoch schliesslich die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers, weil er auch die Staatsbürgerschaft von Ruanda besass. Das Gericht hielt jedoch fest, dass eine Wegweisung nach Kamerun unzulässig sei i.S. von Art. 83 Abs. 3 AuG; eine Wegweisung nach Ruanda qualifizierte das Gericht als unzumutbar i.S. von Art. 83 Abs. 4 AuG, weil er dort nach seiner langjährigen Abwesenheit nicht in der Lage sei, eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen (E. 8).
5.5.2 In Urteil E-1434/2017 vom 24. März 2017 qualifizierte das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung die Aussagen des Beschwerdeführers zur angeblichen Verfolgung wegen seiner Homosexualität als nicht glaubhaft. Es ging deshalb davon aus, dass der Beschwerdeführer in Kamerun bisher nicht wegen homosexuellen Verhaltens verfolgt worden war und sprach ihm in der Folge die Flüchtlingseigenschaft ab. Damit war die Ablehnung des Asylgesuchs durch das SEM nicht zu beanstanden (E. 6). Auch den Wegweisungsvollzug erachtete das Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf das «non refoulement»-Prinzip als zulässig: Es hielt fest, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat noch nie wegen homosexuellen Verhaltens verfolgt worden sei, obwohl er die Homosexualität bereits seit einigen Jahren auslebe. Weder die allgemeine Lage in Kamerun noch individuelle Gründe liessen den Wegweisungsvollzug als unzumutbar erscheinen (E. 8.2).
5.6 Verhältnis der Härtefallprüfung nach StGB zum Asylrecht
Die Härtefallprüfung nach Art. 66a Abs. 2 StGB gestaltet sich völlig anders als eine asylrechtliche Prüfung, zumal sich die Situation eines Ausländers mit Niederlassungsbewilligung und jahrelangem Aufenthalt in der Schweiz fundamental von derjenigen eines Asylsuchenden ohne jede persönliche Beziehung zur Schweiz unterscheidet. Erstere ist deshalb umfassender als letztere. So erfordert die Härtefallprüfung zum einen eine Analyse der persönlichen Situation des Betroffenen («schwerer persönlicher Härtefall») und zum anderen eine Abwägung der privaten Interessen am Verbleib in der Schweiz und dem öffentlichen Interesse an der Landesverweisung. Im Rahmen der asylrechtlichen Prüfung wird demgegenüber lediglich die Flüchtlingseigenschaft geprüft, d.h. ob der Betroffene wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe wegen seiner politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt ist begründete Furcht hat, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 Asylgesetz [AsylG, SR 142.31]). Die Rückschiebung ist in jedem Fall verboten, wenn der Betroffene an Leib, Leben Freiheit aus einem der genannten Gründe gefährdet ist er Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden («non refoulement»-Prinzip, Art. 5 Abs. 1 AsylG und Art. 25 Abs. 3 BV). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Verneinung der Flüchtlingseigenschaft bzw. die Nicht-Verletzung des «non refoulement»-Prinzips die Annahme eines Härtefalls nach Art. 66a Abs. 2 StGB nicht ausschliesst.
Vorliegend konnte der Beschuldigte nicht glaubhaft machen, dass er in der Vergangenheit in Kamerun aufgrund seiner Homosexualität verfolgt wurde. Entsprechend kann er sich weder auf das Flüchtlingsrecht noch auf das «non refoulement»-Prinzip berufen. Dies schliesst aber, wie nachstehend darzulegen ist, die Annahme eines Härtefalls nach Art. 66a Abs. 2 StGB nicht aus.
6. Härtefall
6.1 Es ist festzustellen, dass einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Aktivitäten zwischen Erwachsenen in Kamerun mit Gefängnis von 6 Monaten bis 5 Jahren und mit Busse bestraft werden. Den vorstehend zitierten Dokumenten (Ziff. 5.2 – 5.4 hiervor) kann entnommen werden, dass die Situation, wie sie im Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2010 beschrieben wird, unverändert geblieben ist. Es kommt in Kamerun zur Verfolgung und Verhaftung von Menschen mit einer homosexuellen Ausrichtung, ohne Anklage und lediglich gestützt auf Vermutungen. Homosexuelle Männer sind erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt (Analuntersuchungen) und es erfolgen sowohl von behördlicher als auch von privater Seite Erpressungen von homosexuellen Menschen mit der Drohung, deren Neigung öffentlich zu machen. Es kommt auch regelmässig zu Gewaltübergriffen, welche ebenfalls sowohl von behördlicher als auch von privater Seite erfolgen; sofern sie von privater Seite erfolgen, kann der Betroffene nicht auf den Schutz durch die staatlichen Organe und Justiz zählen. Insgesamt ist festzustellen, dass zwar nicht von einer gezielten und systematischen Verfolgung von homosexuellen Menschen in Kamerun gesprochen werden kann, dass diese Menschen aber gesellschaftlich nicht akzeptiert und diskriminiert sind. Sie können ihre sexuelle Neigung nicht öffentlich ausleben, indem sie mit einem gleichgeschlechtlichen Partner zusammenleben mit diesem in der Öffentlichkeit die Freizeit verbringen, wie dies Mann und Frau tun können. Ein homosexueller Mensch sieht sich in Kamerun einem negativen und ablehnenden gesellschaftlichen Klima gegenüber und er ist Übergriffen von Dritten schutzlos ausgesetzt, weil die Behörden nichts wenig unternehmen, um solche Übergriffe zu verfolgen und zu sanktionieren. Ein homosexueller Mensch muss vielmehr befürchten, zusätzlichen Repressalien Diskriminierungen ausgesetzt zu sein, wenn er sich hilfesuchend an die Behörden wendet und dabei seine Homosexualität transparent macht bzw. machen muss. Ein homosexueller Mensch ist deshalb im Alltagsleben in Kamerun in seiner Privatsphäre massiv eingeschränkt, indem er seine Homosexualität verstecken muss, um vor Übergriffen von staatlicher privater Seite geschützt zu sein.
6.2 Diese gesellschaftliche Realität im Heimatland des Beschuldigten muss bei der Prüfung des Vorliegens eines schweren persönlichen Härtefalls ebenfalls berücksichtigt und gewichtet werden. Der Beschuldigte kann zwar keine «individuell konkret gefährdende Umstände» darlegen, wie dies im Entscheid 6B_1024/2019, E.1.3.6, ausgeführt wird. Der betreffende Entscheid bezog sich jedoch auf einen abgewiesenen Asylbewerber aus Syrien, der aus der generellen Lage in seiner Heimat für den Härtefall nichts ableiten konnte, weil ihm gemäss dem rechtskräftigen Asylentscheid in Syrien keine Verfolgung drohte. Im vorliegenden Fall herrscht in der Heimat des Beschuldigten nicht ein Krieg, Bürgerkrieg allgemeine Gewalt; der Beschuldigte gehört aber einer Gruppe Menschen an, welche in seiner Heimat stigmatisiert, ausgegrenzt und diskriminiert werden. Bei einer Rückkehr in ein solches gesellschaftliches Umfeld müssen die Resozialisierungschancen des Beschuldigten in der Heimat als eingeschränkt bezeichnet werden. Er muss seine sexuellen Neigungen verbergen, ein Zusammenleben mit einem Partner ist in diesem Umfeld ohne Inkaufnahme sozialer und wirtschaftlicher Nachteile sowie strafrechtlicher Konsequenzen undenkbar.
6.3 Das Heimatland des Beschuldigten verunmöglicht diesem durch seinen Entscheid, die Homosexualität unter Strafe zu stellen, ein Leben, in welchem er emotionale Beziehungen frei aufnehmen und sein Sexualleben frei ausleben kann. Der Beschuldigte muss seine Homosexualität in Kamerun verstecken und ist auf Grund dieser Neigung erpressbar und gewalttätigen Übergriffen sowohl von Seiten der Behörden als auch der Mitbürger ausgesetzt und dies ohne Schutz von Seiten des Staates, weil diese Übergriffe strafrechtlich nicht verfolgt werden. Das mag für einen kurzen Ferienaufenthalt angehen, nicht aber auf Dauer. Eine Rückschaffung des Beschuldigten nach Kamerun verletzt damit dessen Recht auf sein Privatleben und eine Privatsphäre (Art. 13 BV bzw. Art. 8 EMRK).
Unter Einbezug dieser gesellschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse im Heimatland des Beschuldigten ist deshalb festzustellen, dass eine Landesverweisung für den Beschuldigten einen schweren persönlichen Härtefall darstellt.
7. Interessenabwägung
Es ist damit in einem weiteren Schritt das private Interesse des Beschuldigten an einem Verbleib in der Schweiz dem öffentlichen Interesse an einem Verlassen der Schweiz gegenüber zu stellen.
7.1 Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen besteht ein erhebliches privates Interesse des Beschuldigten an einem Verbleib in der Schweiz.
7.2 Bei der Prüfung des öffentlichen Interesses ist festzustellen, dass der Beschuldigte zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt wird, was eine massive Sanktion darstellt. Dem Beschuldigten kann allerdings der bedingte Strafvollzug gewährt werden, eine schlechte Prognose, die weitere Delikte erwarten lässt, liegt somit nicht vor. Der Beschuldigte ist vorbestraft; er wurde gegenüber seinem Partner tätlich und fügte diesem eine Verletzung am Knie mit bleibenden Folgen zu. Da der Beschuldigte fahrlässig handelte, kommt dieser Vorstrafe bei der Gewichtung des öffentlichen Interesses an einer Landesverweisung aber nur ein geringfügig erschwerender Aspekt zu. Die vorliegend zu beurteilende Delinquenz richtete sich gegen das Rechtsgut des Eigentums und Vermögens Dritter. Es handelt sich dabei um wertvolle und wichtige Rechtsgüter; festzustellen ist aber gleichzeitig, dass keine Verletzungen von Leib und Leben bzw. der persönlichen Integrität Dritter vorliegen. Es handelt sich um eine Vielzahl kleinerer Delikte, um einfache Diebstähle, keine Einbruchsdiebstähle. Festzustellen ist zudem, dass der Beschuldigte zumindest teilweise mit dem Deliktserlös seine Verwandten in Kamerun unterstützte und von dieser Seite unter einem gewissen Druck stand. Das Tatverschulden wurde denn auch als noch leicht eingestuft. Der Beschuldigte lebte mit Ausnahme der geschilderten Delinquenz in der Schweiz in all den Jahren unauffällig. Er verfügte während Jahren bei der F.___ über eine feste Anstellung und hatte auch nach der fristlosen Entlassung zu Folge seiner Delinquenz schnell wieder Arbeit gefunden, welche es ihm ermöglichte, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Eine Sozialhilfeabhängigkeit bestand nie und der Beschuldigte hat seine finanziellen Verhältnisse, soweit ersichtlich, im Griff; Betreibungen bestehen keine (AS 449). Von Seiten des Migrationsamtes musste der Beschuldigte nie verwarnt werden.
7.3 Zusammengefasst bestehen durchaus öffentliche Interessen an einer Landesverweisung, dies vor allem angesichts der nicht unerheblichen Strafe, die gegen den Beschuldigten ausgesprochen werden muss. Insgesamt lag jedoch ein leichtes Tatverschulden vor und die Delinquenz des Beschuldigten richtete sich nicht gegen die hochwertigsten der im StGB geschützten Rechtsgüter. Dem Beschuldigten muss nicht eine schlechte Prognose gestellt und es muss nicht mit weiterer Delinquenz gerechnet werden. Der Beschuldigte lebt in wirtschaftlich stabilen Verhältnissen und ist seit jeher in der Schweiz in der Lage, für seinen Lebensunterhalt selbst aufzukommen.
8. Ergebnis
Das öffentliche Interesse an einer Landesverweisung überwiegt unter diesen Umständen das private Interesse des Beschuldigten an einem Verbleib in der Schweiz nicht, dies vor allem auf Grund der Verhältnisse, die den Beschuldigten in seiner Heimat erwarten und sein Privatleben, aber auch seine Resozialisierungschancen erheblich einschränken. Es ist deshalb von der Anordnung einer Landesverweisung abzusehen.
V. Kosten und Entschädigungen
1. Bei diesem Verfahrensausgang ist der erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsentscheid zu bestätigen: Der Beschuldigte hat die Kosten des Verfahrens vor dem Amtsgericht Thal-Gäu mit einer Urteilsgebühr von CHF 4'000.00, total CHF 5'500.00, zu bezahlen. Dem Staat steht für die Entschädigung des amtlichen Verteidigers ein Rückforderungsanspruch zu. Vorbehalten bleibt ferner der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 3'166.40.
2. Die Berufung der Staatsanwaltschaft (Prüfung: Landesverweisung) ist erfolglos. Die Anschlussberufung des Beschuldigten (Prüfung: Strafzumessung) ist erfolgreich. Demnach gehen die Kosten des Berufungsverfahrens zulasten des Staates Solothurn.
3. Rechtsanwalt Severin Bellwald ist amtlicher Verteidiger des Beschuldigten. In seiner Kostennote macht er für die Vertretung im Berufungsverfahren eine Entschädigung von CHF 5'176.50 (Honorar 18.5h à CHF 250.00 = CHF 4'625.00, Auslagen CHF 181.40, zzgl. MWST) geltend. Zufolge amtlicher Verteidigung kann einzig ein Stundenansatz von CHF 180.00 vergütet werden (§ 158 Abs. 3 Gebührentarif [GT, BGS 615.11]). Rechtsanwalt Bellwald macht für den Posten «Vorbereitung HV und Plädoyer und Schlussbesprechung Kl» total 450 Minuten geltend (7 ½ h). Da im Berufungsverfahren einzig die Stellungnahme des SEM neu zu verarbeiten war und RA Bellwald im erstinstanzlichen Verfahren mit CHF 8'600.00 entschädigt wurde, erscheint dieser Aufwand als zu hoch, weshalb eine Kürzung um 90 Minuten angezeigt erscheint. Sodann wird der Aufwand für die Kenntnisnahme von einfachen Verfügungen sowie deren Weiterleitung an den Klienten praxisgemäss nicht separat entschädigt. Die Position vom 17. Februar 2020 «Verfügung OGer mit Berufungserklärung / Mail an Kl» ist um 5 Minuten, die Positionen vom 30. März 2020 (5 Minuten), vom 1. Mai 2020 (5 Minuten), vom 16. Dezember 2020 (5 Minuten) und vom 5. Januar 2021 (10 Minuten) vollständig zu kürzen. Es resultiert eine Kürzung des Kanzleiaufwands um total 30 Minuten. Zu ergänzen sind schliesslich 2 ¾ h für die Berufungsverhandlung. Dies ergibt einen zu entschädigenden Aufwand von 19 ¼ h. Bei den Auslagen ist eine Hin- und Rückfahrt mit dem Auto […] nach Solothurn zu streichen, da auf die mündliche Urteilseröffnung verzichtet wurde. Im Ergebnis ist Rechtsanwalt Bellwald somit ein amtliches Honorar in Höhe von CHF 3'866.85 auszubezahlen (Honorar 19.25h à CHF 180.00 = CHF 3'465.00, Auslagen CHF 125.40, zzgl. MWST). Für die Urteilsanzeige wurde fälschlicherweise der Aufwand für die Berufungsverhandlung nicht in die Berechnung miteinbezogen, was hiermit zu korrigieren ist.
Demnach wird in Anwendung von Art. 40, Art. 42, Art. 44 Abs. 1, Art. 46 Abs. 2, Art. 47, Art. 51, Art. 53, Art. 66a Abs. 2, Art. 70, Art. 139 Ziff. 1 und 2, Art. 172ter i.V.m. 139 StGB; Art. 122 ff., Art. 135, Art. 379 ff., Art. 398 ff. und Art. 416 ff. StPO
erkannt (mit Berichtigung der Urteils-Ziffer 10):
1. Es wird festgestellt, dass sich der Beschuldigte A.___ gemäss rechtskräftiger Ziff. 1 des Urteils des Amtsgerichts von Thal-Gäu vom 30. Oktober 2019 (nachfolgend: erstinstanzliches Urteil) wie folgt schuldig gemacht hat: - gewerbsmässiger Diebstahl, begangen spätestens ab Januar 2018 bis längstens am 29. Juni 2018; - geringfügiger Diebstahl, begangen am 24. Januar 2019.
2. A.___ wird verurteilt zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, unter Gewährung des bedingten Vollzuges bei einer Probezeit von 3 Jahren.
3. Es wird festgestellt, dass gemäss rechtskräftiger Ziff. 3 des erstinstanzlichen Urteils von einer Bestrafung des geringfügigen Diebstahls in Anwendung von Art. 53 StGB abgesehen wurde.
4. Es wird festgestellt, dass gemäss rechtskräftiger Ziff. 4 des erstinstanzlichen Urteils der vom 29. Juni 2018 bis 19. Juli 2018 ausgestandene Freiheitsentzug dem Beschuldigten A.___ an die Freiheitsstrafe angerechnet wird.
5. Der A.___ mit Urteil der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 27. September 2017 gewährte bedingte Vollzug für eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 110.00 wird widerrufen.
6. Auf eine obligatorische Landesverweisung im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB wird verzichtet.
7. Es wird festgestellt, dass gemäss rechtskräftiger Ziff. 7 des erstinstanzlichen Urteils folgende polizeilich sichergestellten Gegenstände durch die Polizei Kanton Solothurn, Fachbereich Asservate, innert 30 Tagen nach Feststellung der Rechtskraft zu verwerten, ansonsten zu vernichten sind: Anzahl Objekt Aufbewahrungsort 25 Mobiltelefone (HD-Nr. 101, 104, 105, Fachbereich Asservate 107, 119, 173, 175, 177, 180, 191, 198, 201, 202, 203, 204, 213, 237, 243, 249, 251, 260, 263, 265, 268, 277) 15 Uhr (HD-Nr. 3, 44, 45, 46, 47, 48, 49, Fachbereich Asservate 207, 208, 210, 211, 212, 308, 309) Div. Gegenstände einzelne Papiere, Adapter, Kopfhörer, Fachbereich Asservate Zubehörteile Omega, Handyhüllen, Panzerglas, Leibgurt (HD-Nr. 1, 42, 50, 54, 165, 166, 205, 206, 303, 304, 306)
8. Es wird festgestellt, dass gemäss rechtskräftiger Ziff. 8 des erstinstanzlichen Urteils die Zivilforderungen nachfolgender Privatkläger auf den Zivilweg verwiesen wurden: - F.___ AG - G.___ AG - L.___ - I.___ - H.___ SA - K.___ - E.___ AG
9. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten A.___, Rechtsanwalt Severin Bellwald, wird im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Thal-Gäu auf CHF 8'611.50 (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen, auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates innert 10 Jahren sowie der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Umfang von CHF 3'166.40 (Differenz zu vollem Honorar), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten A.___ erlauben.
10. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten A.___, Rechtsanwalt Severin Bellwald, wird im Berufungsverfahren auf CHF 3'866.85 (inkl. Auslagen und MWST) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen, auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse.
11. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Amtsgericht Thal-Gäu mit einer Urteilsgebühr von CHF 4'000.00, total CHF 5'500.00, hat der Beschuldigte A.___ zu bezahlen.
12. Die Kosten des Berufungsverfahrens gehen zulasten des Staats Solothurn. Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona). Im Namen der Strafkammer des Obergerichts Der Präsident Der Gerichtsschreiber Marti Bachmann |
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