Kanton: | SO |
Fallnummer: | SGWPE.2022.4 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Steuergericht |
Datum: | 09.01.2023 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Das Steuergericht hat in einem Fall zur Wehrpflichtersatzabgabe entschieden, dass nur Männer wehrpflichtersatzabgabepflichtig sind. Eine Person, die die Wehrpflichtersatzabgabe bezahlt hatte, erhob Beschwerde wegen Diskriminierung, wurde jedoch aufgrund verspäteter Einsprachen nicht gehört. Sowohl die Vorinstanz als auch die Eidgenössische Steuerverwaltung wiesen die Beschwerde ab. Das Steuergericht stellte fest, dass die Beschwerde unbegründet ist und wies sie ab, wobei die Kosten von CHF 810 dem Beschwerdeführer auferlegt wurden. |
Schlagwörter: | Einsprache; Wehrpflicht; Recht; Steuergericht; Wehrpflichtersatzabgabe; Veranlagung; Gleichstellung; Männer; Vorinstanz; Revision; Entscheid; Gleichstellungsgesetz; Einspracheentscheid; Schweizer; Verstoss; Wehrpflichtersatzverwaltung; Veranlagungsverfügung; Bundesgericht; Verfügung; Rechtsmittel; Betrag; Veranlagungsverfügungen; Ersatzpflicht; Einspracheentscheide; Rekurs; SGWPE; Saldo |
Rechtsnorm: | Art. 59 BV ; Art. 8 BV ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | SGWPE.2022.4 |
Instanz: | Steuergericht |
Entscheiddatum: | 09.01.2023 |
FindInfo-Nummer: | O_SG.2024.23 |
Titel: | Wehrpflichtersatzabgabe 2018 |
Resümee: | Wehrpflichtersatzabgabe, Rechtsgleichheit, Art. 30 WPEG, Art. 40 WPEV; Art. 8 Abs. 3, Art. 59 BV. In casu verspätete Einsprache, Nichteintreten der Vorinstanz korrekt; weder Revisionsgründe noch Verstoss gegen das Gleichstellungsgesetz, nur Männer sind wehrpflichtersatzabgabepflichtig. |
Steuergericht Urteil vom 9. Januar 2023 Es wirken mit: Präsident: Müller Richter: Flury, Roberti Sekretär: Hatzinger In Sachen SGWPE.2022.4 A. Z.
gegen
Wehrpflichtersatzverwaltung, Hauptgasse 70/ Kapitelhaus, 4509 Solothurn
betreffend Wehrpflichtersatzabgabe 2018-2020
hat das Steuergericht den Akten entnommen: 1.1 Am 5. Juni 2020 eröffnete die Wehrpflichtersatzverwaltung A. Z. die definitive Veranlagungsverfügung für die Wehrpflichtersatzabgabe des Jahres 2018 im Betrag von CHF 400, unter Anrechnung bisheriger Zahlungen in diesem Betrag, ausmachend ein Saldo von CHF 0, am 10. Juni 2021 die definitive Veranlagung 2019 ebenfalls im Betrag von CHF 400 und mit einem Saldo von CHF 0 sowie am 27. Januar 2022 die definitive Veranlagung 2020 ebenso im Betrag von CHF 400 mit einem Saldo von CHF 0. Mit Schreiben vom 30. August 2022 erhob A. Z. Beschwerde bzw. Klage wegen Diskriminierung und verlangte die Rückzahlung aller bezahlten Wehrpflichtersatzabgaben, die komplette Befreiung davon und eine Entschädigung.
1.2 Mit 3 Einspracheentscheiden vom 12. September 2022 betreffend die Ersatzjahre 2018, 2019 und 2020 trat die Wehrpflichtersatzverwaltung jeweils auf die als Einsprache entgegengenommene Eingabe vom 30. August 2022 nicht ein, da die Einsprachefrist ungenutzt abgelaufen sei. Eine Revision sei auch nicht gegeben, da keine entsprechenden Gründe vorliegen würden.
2.1 Am 7. Oktober 2022 (Postaufgabe) beantragte A. Z. (nachfolgend Beschwerdeführer) beim Kantonalen Steuergericht, alle seine bezahlten Wehrpflichtersatzrechnungen rückzuerstatten und ihn komplett von diesen Rechnungen zu befreien. Begründet wurde dieser Antrag mit dem Gleichstellungsgesetz für Frau und Mann. Danach wolle er die Sache ans Bundesgericht weiterziehen und Beschwerde betreffend die Europäische Menschenrechtskonvention erheben. Als Beilage hat der Beschwerdeführer den Einspracheentscheid betreffend das Ersatzjahr 2018 eingereicht.
2.2 Mit Vernehmlassung vom 27. Oktober 2022 hielt die Wehrpflichtersatzverwaltung (Vorinstanz) v.a. fest, dass die drei Einsprachefristen betreffend die Ersatzjahre 2018-2020 alle ungenutzt abgelaufen seien. Die entsprechenden Veranlagungsverfügungen seien allesamt in Rechtskraft erwachsen. Eine Revision sei hier nicht gegeben, da keine entsprechenden Gründe vorhanden seien. Das Ersatzbefreiungsgesuch des Beschwerdeführers werde erst nach der Erledigung der vorliegenden Beschwerde bearbeitet. Diese sei abzuweisen.
2.3 Mit Vernehmlassung vom 1. November 2022 beantragte die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV die Abweisung der Beschwerde. Dazu wird im Wesentlichen angeführt, das Gleichstellungsgesetz sei v.a. dazu geschaffen worden, um die Situation der Frauen zu verbessern und nicht um ihnen noch weitere Verpflichtungen aufzuerlegen. Der Beschwerdeführer verkenne die verfassungsmässige Ordnung, wonach die Bestimmungen über gleiche Rechte von Mann und Frau sowie die allgemeine Wehrpflicht als Verfassungsnormen gleichrangig nebeneinanderstünden. Die auf Männer beschränkte Ersatzpflicht sei verfassungsmässig. Das Bundesgericht habe es mehrmals abgelehnt, Männer aufgrund des Grundsatzes der gleichen Rechte von Mann und Frau von der Ersatzpflicht zu befreien. Auch die Europäischen Gerichte würden in der Beschränkung der Militär- und Ersatzdienstpflicht auf Männer keinen Verstoss gegen das Prinzip der tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann sehen. Der Militärdienst für Schweizerinnen sei freiwillig. Einmal militärdienstpflichtig, würden einer Schweizerin dieselben Rechte und Pflichten wie den militärdienstpflichtigen Männern erwachsen. Eine Schweizerin werde aber nicht ersatzdienstpflichtig, weil dies verfassungsrechtlich nicht vorgesehen sei. Die Beschwerde sei unbegründet.
2.4 Dazu ist vom Beschwerdeführer beim Steuergericht keine Stellungnahme mehr eingelangt.
Das Steuergericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Wehrpflichtersatzabgabe (WPEG; SR 661) können Einspracheentscheide innert 30 Tagen nach der Eröffnung durch Beschwerde bei der Kantonalen Rekurskommission angefochten werden. Gemäss § 56 Abs. 1 lit. c des Gesetzes über die Gerichtsorganisation (BGS 125.12) beurteilt das Kantonale Steuergericht (KSG) Beschwerden und Rekurse gegen Entscheide über öffentlich-rechtliche Abgaben an Bund, Kanton und Gemeinden, namentlich auch über Wehrpflichtersatzabgaben. Die vorliegende Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingereicht. Das Steuergericht ist für die Beurteilung sachlich zuständig. Auf die Beschwerde ist einzutreten.
2.1 Gemäss Art. 30 WPEG können Veranlagungsverfügungen und Verfügungen über die Befreiung von der Ersatzpflicht innert 30 Tagen nach der Eröffnung durch schriftliche Einsprache bei der Veranlagungsbehörde angefochten werden. Die Einsprache hat einen bestimmten Antrag zu enthalten und die zu ihrer Begründung dienenden Tatsachen sind anzugeben. Ist gültig Einsprache erhoben, so hat die Veranlagungsbehörde ihre Verfügung ohne Bindung an die gestellten Anträge zu überprüfen. Der Einspracheentscheid ist zu begründen; er hat auf das Beschwerderecht hinzuweisen.
2.2 Gemäss Art. 40 WPEV (Verordnung über die Wehrpflichtersatzabgabe, SR 661.1) zieht die Veranlagungsbehörde die Rekursinstanz eine rechtskräftige Verfügung einen rechtskräftigen Entscheid von Amtes wegen auf Begehren eines Betroffenen in Revision, wenn neue erhebliche Tatsachen Beweismittel vorgebracht werden; die Behörde aktenkundige erhebliche Tatsachen bestimmte Begehren übersehen hat; die Behörde wesentliche Verfahrensgrundsätze, insbesondere das Recht auf Akteneinsicht rechtliches Gehör, verletzt hat. Die Revision ist hingegen ausgeschlossen, wenn der Antragsteller als Revisionsgrund vorbringt, was er bei der ihm zumutbaren Sorgfalt schon im ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können.
2.3 Tritt die Vorinstanz wie hier auf eine Einsprache nicht ein, bleibt es dem Kantonalen Steuergericht verwehrt, die Sache materiell zu prüfen (vgl. Martin Zweifel et al., Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, 2. Aufl. 2018, § 24 N 18). Das Steuergericht kann in diesem Fall nur prüfen, ob die Vorinstanz auf die Einsprache hätte eintreten müssen ob diese zu Recht darauf nicht eingetreten ist. Kommt das Steuergericht zum Schluss, dass richtigerweise auf das Rechtsmittel hätte eingetreten werden müssen, weist es die Sache zu neuem Entscheid resp. zur Durchführung des ordentlichen Rechtsmittelverfahrens an die Vorinstanz zurück. Der sich daraus ergebende Entscheid kann wiederum mit Beschwerde Rekurs angefochten und zu diesem Zeitpunkt materiell gerichtlich überprüft werden (KSG vom 19.12.2022, SGWPE.2022.3, E. 3.1).
3.1 Im konkreten Fall wurden die umstrittenen Veranlagungsverfügungen für die Jahre 2018-2020 am 5. Juni 2020, 10. Juni 2021 und 27. Januar 2022 verschickt und offensichtlich anstandslos bezahlt. Am 30. August 2022 erhob der Beschwerdeführer bei der Vorinstanz "Beschwerde/Klage" wegen Verstosses gegen das Gleichstellungsgesetz. Er verlangte die Rückzahlung aller bisherigen Abgaben, die Befreiung von der Abgabepflicht und eine Entschädigung. Mit Verfügung vom 12. September 2022 trat die Vorinstanz auf das Rechtsmittel wegen Verspätung nicht ein. Darauf reichte der Beschwerdeführer beim Steuergericht Beschwerde ein wegen Verstosses gegen das Gleichstellungsgesetz, ohne sich weiter zu den Einspracheentscheiden zu äussern.
3.2 Die drei umstrittenen Veranlagungsverfügungen wurden an den genannten Daten verschickt und auch zugestellt. Diese Verfügungen sind rechtskräftig. Die entsprechenden Rechnungen wurden zudem ordnungsgemäss bezahlt. Damit ist es offensichtlich und auch nicht bestritten, dass die Einsprachen nach der diesbezüglichen 30-tägigen Frist verspätet erhoben wurden (vgl. oben, E. 2.1). Die Vorinstanz ist daher zu Recht nicht auf die Einsprache eingetreten (oben, E. 2.3).
3.3 Weiter sind Revisionsgründe nicht ersichtlich und wurden auch gar nicht geltend gemacht. Den angeblichen Verstoss gegen das Gleichstellungsgesetz hätte der Beschwerdeführer auch innerhalb der Rechtsmittelfrist geltend machen können (vgl. oben, E. 2.2). Eine Revision der Einspracheentscheide kommt daher nicht in Frage.
3.4 Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass sich das Gleichstellungsgesetz (GlG, SR 151.1) auf die Gleichstellung der Geschlechter vorab im Arbeitsverhältnis bezieht (vgl. Art. 2 ff. GlG). Dieses Gesetz ist daher auf die hier streitige Wehrpflichtersatzabgabe nicht anwendbar. Vermutlich beruft sich der Beschwerdeführer auf das verfassungsmässige Gleichstellungsgebot von Art. 8 Abs. 3 BV (Bundesverfassung, SR 101), wonach Mann und Frau gleichberechtigt sind.
3.5 Das Bundesgericht (BGer) hat sich in den Entscheiden vom 21. Januar 2010 (2C_221/2009, E. 2.1) und vom 24. August 2017 (2C_1051/2016, E. 3.4) ausführlich mit der hier strittigen Thematik auseinandergesetzt und festgehalten, dass Art. 59 BV betreffend Militär- und Ersatzdienst regelt, dass nur Männer militärdienstpflichtig sind (vgl. Art. 59 Abs. 1 und 2 BV). Art. 59 BV geht dem allgemeinen Art. 8 BV betreffend Rechtsgleichheit vor. Da nur Männer obligatorisch Militärdienst leisten müssen, ist es auch korrekt, dass nur Männer ersatzabgabepflichtig werden, wenn sie keinen Militärdienst zivilen Ersatzdienst leisten. Die Wehrpflichtersatzabgabe dient der Dienstgerechtigkeit. Wer eine Ersatzabgabe leisten muss, ist gegenüber den Militär- Zivildienstleistenden nicht diskriminiert (vgl. BGer vom 21.1.2020, a.a.O., E. 5 und vom 24.8.2017, a.a.O., E. 2.2.3). Rechtsungleich gegenüber den Dienstleistenden wäre es hingegen, wenn die nichtdienstleistenden Männer von der Ersatzpflicht befreit würden. Die Schweizer Armee beruht auf dem Milizsystem. Wenn die Geschlechter in diesem Bereich gleichgestellt werden müssten, müssten auch die Frauen obligatorisch Dienst leisten (vgl. auch BGer vom 21.1.2010, a.a.O., E. 6 f.); dies verlangt der Beschwerdeführer aber nicht.
3.6 Die Beschwerde erweist sich nach dem Ausgeführten als unbegründet und ist somit abzuweisen.
4. Bei diesem Verfahrensausgang hat der unterliegende Beschwerdeführer die Kosten zu tragen (Art. 31 Abs. 2 WPEG). Diese sind in Anwendung der §§ 3 und 150 des Gebührentarifs (BGS 615.11) auf CHF 810 festzusetzen (Grundgebühr: CHF 750; Zuschlag: CHF 60).
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Demnach wird erkannt: 1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Die Gerichtskosten von CHF 810 werden dem Beschwerdeführer zur Bezahlung auferlegt. Der Präsident: Der Sekretär: Dr. T. Müller W. Hatzinger
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht (Adresse: Schweizerisches Bundesgericht, 1000 Lausanne 14) Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angaben der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten.
Dieser Entscheid ist schriftlich zu eröffnen an: - Beschwerdeführer (eingeschrieben) - Wehrpflichtersatzverwaltung - KStA, Rechtsdienst - Finanzdepartement - EStV, Sektion WpE, Bern
Expediert am:
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