Zusammenfassung des Urteils SGSTA.2021.19: Verwaltungsgericht
Das Steuergericht entschied über die Solidarhaftung von Ehegatten für Staats- und Bundessteuern 2017-2020 aufgrund von Zahlungsunfähigkeit und Ehescheidung. Die Solidarhaftung für Bundessteuern wurde aufgehoben, während für Staatssteuern die Zahlungsunfähigkeit zunächst verneint und später aufgrund eines Konkurses bestätigt wurde. Die Angelegenheit wurde an das kantonale Steueramt zur Prüfung einer Mithaftungsverfügung zurückverwiesen. Der Richter Müller und die Richter Flury und Kellerhals waren an der Entscheidung beteiligt. Die Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | SGSTA.2021.19 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Steuergericht |
Datum: | 08.11.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Rekurrent; Rekurrenten; Mithaftung; Solidarhaft; Solidarhaftung; Zahlungsunfähigkeit; Bundessteuer; Staats; Steuerpflicht; Steuergericht; Steuerpflichtigen; Steuerperiode; Staatssteuer; Staatssteuern; Mithaftungsverfügung; Entscheid; Konkurs; Ehegatte; Recht; Bundessteuern; Ehegatten; Steueramt; Einsprache; Verfahren; Aufhebung; Gesuch; Vorinstanz; ällt |
Rechtsnorm: | Art. 13 DBG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | SGSTA.2021.19 |
Instanz: | Steuergericht |
Entscheiddatum: | 08.11.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_SG.2022.27 |
Titel: | Staats- und Bundessteuern 2017-2020 (Mithaftung) |
Resümee: | Steuerpflicht, Mithaftung, Ehegatten, Zahlungsunfähigkeit, § 19 Abs. 1 StG, Art. 13 Abs. 1 DBG. In casu Ehescheidung; für die Bundessteuern keine Solidarhaftung der Ehegatten mehr; bei den Staatssteuern Zahlungsunfähigkeit des Ehemanns wegen fehlendem Nachweis einer Überschuldung zuerst verneint, infolge Konkurseröffnung über ihn sodann bejaht, womit solidarische Mithaftung entfällt; Rückweisung an das kantonale Steueramt zur Prüfung einer Mithaftungsverfügung. |
Steuergericht Urteil vom 8. November 2021 Es wirken mit: Präsident: Müller Richter: Flury, Kellerhals Sekretär: Hatzinger In Sachen SGSTA.2021.19; BST.2021.18 1. A. Y. 2. B. Z.
gegen
betreffend Staats- und Bundessteuern 2017-2020 (Mithaftung)
hat das Steuergericht den Akten entnommen: 1.1 Mit Schreiben vom 11. November 2020 ersuchte der Rechtsvertreter der Steuerpflichtigen A. Y. und B. Z. um Aufhebung der Solidarhaftung für die Steuerperioden 2017 ff.; dieses Gesuch wurde am 26. November 2020 ergänzt.
1.2 Mit Mithaftungsverfügung des kantonalen Steueramts vom 25. Januar 2021 wurde auf das Gesuch betreffend die Steuerperioden 2019-2020 nicht eingetreten, da die Steuerperiode 2019 zu jenem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig veranlagt gewesen sei und die Steuerpflichtigen in der Steuerperiode 2020 getrennt veranlagt würden. Die Solidarhaftung betreffend die direkte Bundessteuern 2017 und 2018 wurde indes aufgrund der Scheidung der Steuerpflichtigen per … 2020 aufgehoben. Dagegen wurde die Zahlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen verneint; deshalb wurde die Solidarhaftung betreffend die Staatssteuern 2017 und 2018 nicht aufgehoben.
1.3 Gegen diese Mithaftungsverfügung erhob der Vertreter der Steuerpflichtigen am 25. Februar 2021 Einsprache und verlangte die Aufhebung der Solidarhaftung für die Staatssteuern der Perioden 2017 ff. und für die Bundessteuer 2019, da die Steuerperiode 2019 inzwischen rechtskräftig veranlagt sei (Veranlagung vom 4.2.2021).
1.4 Mit Verfügung vom 12. Mai 2021 wurde die Einsprache betreffend die Bundessteuer 2019 gutgeheissen. Im Übrigen wurde die Eingabe betreffend die Staatssteuern 2017-2019 mangels nachgewiesener Zahlungsunfähigkeit abgewiesen. Auf die Einsprache betreffend die Aufhebung der Solidarhaftung betreffend die Steuerperiode 2020 wurde nicht eingetreten, da die Steuerpflichtigen aufgrund der Scheidung per … 2020 für die Steuerperiode 2020 bereits getrennt veranlagt würden. Die Solidarhaftung der Steuerpflichtigen betreffend die Bundessteuer 2017-2019 wurde indessen aufgehoben.
1.5 Am 9. Juni 2021 beantragte der Steuerpflichtige beim Richteramt … Privatkonkurs.
2.1 Mit Rekurs vom 14. Juni 2021 gelangten die Steuerpflichtigen (nachfolgend Rekurrenten) an das Kantonale Steuergericht und beantragten, die Verfügung des Steueramts vom 12. Mai 2021 sei aufzuheben und die Rekurrenten aus der Solidarhaftung zu entlassen. Eventuell sei das Verfahren bis zum Abschluss des Konkursverfahrens des Rekurrenten zu sistieren, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, der Rekurrent, der lange Jahre als Selbständigerwerbender mit einer Einzelunternehmung tätig gewesen sei, habe offene Schulden von knapp CHF 200'000 und eine Verdienstpfändung von CHF 2'210. Im April 2021 habe er eine Stelle als Bauarbeiter A. angetreten. Am 9. Juni 2021 habe er ein Privat-Konkursbegehren eingereicht. Die Rekurrenten würden zukünftig an getrennten Wohnsitzen leben. Der Rekurrent könne künftig wohl der verfügten Einkommenspfändung nicht mehr nachkommen. Eine allfällige Rückzahlung sämtlicher Schulden sei auch nicht mehr realistisch. Es liege eine hohe Überschuldung des Rekurrenten vor. Dieser sei zahlungsunfähig. Daher seien die Voraussetzungen für die Entlassung der Rekurrenten aus der Solidarhaftung für die Staatssteuer für sämtliche Steuerperioden ab 2017 gegeben und ihre Haftung sei auf den Anteil an der Gesamtsteuer zu beschränken. Im Übrigen wurde beantragt, das Verfahren bis zum rechtskräftigen Entscheid über das Konkursbegehren zu sistieren.
2.2 Mit Vernehmlassung vom 6. Juli 2021 beantragte das Steueramt (Vorinstanz), Rekurs und Beschwerde seien kostenfällig abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Dazu wurde vorab auf die Mithaftungsverfügung vom 25. Januar 2021 und den Einspracheentscheid vom 12. Mai 2021 verwiesen. An der Argumentation betreffend die Zahlungsunfähigkeit des Rekurrenten wurde festgehalten. Aufgrund des Wechsels des Rekurrenten von der selbständigen zur unselbständigen Erwerbstätigkeit könne noch keine Zahlungsunfähigkeit angenommen werden. Weiter sei die Zahlungsunfähigkeit des Rekurrenten zu verneinen, solange der von ihm beantragte Privatkonkurs nicht eröffnet worden sei. Im Übrigen sei die künftige Einkommenssituation der Rekurrenten nicht zu berücksichtigen. Die Vorinstanz widersetze sich der beantragten Sistierung des vorliegenden Verfahrens aber nicht.
2.3 Mit Stellungnahme vom 18. September 2021 (Postaufgabe) hielten die Rekurrenten fest, dass mit Urteil vom … 2021 über den Rekurrenten der Konkurs eröffnet worden sei. Damit seien die Voraussetzungen für den Nachweis der Zahlungsunfähigkeit des Rekurrenten definitiv erfüllt und die Rekurrenten könnten aus der Solidarhaftung für die Steuerjahre 2017-2019 für die Staatssteuern entlassen werden.
Das Steuergericht zieht in Erwägung: 1. Die fristgerechte Eingabe der Rekurrenten ist als formgerecht anzusehen. Das Steuergericht ist sachlich zuständig (§ 160 Abs. 1 Steuergesetz, StG, BGS 614.11; Art. 140 Abs. 1 Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, DBG; § 4 Vollzugsverordnung zum DBG, BGS 613.31). Auf die Eingabe ist somit einzutreten.
Wie zu sehen ist, kann die Frage der eventualiter beantragten Sistierung des vorliegenden Verfahrens offenbleiben.
2. Gemäss § 19 Abs. 1 Satz 1 StG bzw. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBG haften die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe lebenden Ehegatten solidarisch für die Gesamtsteuer. § 19 Abs. 1 Satz 2 StG bzw. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 DBG halten fest, dass jeder Ehegatte jedoch nur für seinen Anteil an der Gesamtsteuer haftet, wenn einer von beiden zahlungsunfähig ist. Daraus ergibt sich, dass die Solidarhaft der Ehegatten entweder entfällt, wenn die Ehe - faktisch rechtlich - getrennt wird wenn einer der Ehegatten zahlungsunfähig ist. Art. 13 Abs. 2 DBG sieht sodann für die direkte Bundessteuer vor, dass bei rechtlich tatsächlich getrennter Ehe die Solidarhaftung auch für alle noch offenen Solidarschulden entfällt (Grundsätzliche Entscheide des Steuergerichts KSGE 2015 Nr. 1 E. 2).
3.1 Der Rekurrent war Selbständigerwerbender und hat sich … 2020 von seiner Ehefrau geschieden. Für die Bundessteuern 2017-2019 wurde die solidarische Mithaftung aufgrund der erfolgten Trennung bzw. Scheidung aufgehoben. Infolge Verneinung der Zahlungsunfähigkeit des Rekurrenten wurde das entsprechende Gesuch für die Staatssteuern abgewiesen. Auf das Gesuch für das Jahr 2020 wurde mangels erfolgter Veranlagung nicht eingetreten.
3.2 Dass auf die Einsprache betreffend die Aufhebung der Solidarschuld für das Steuerjahr 2020 nicht eingetreten wurde, ist korrekt. Bevor eine Haftungsverfügung erlassen werden kann, muss die zugrundeliegende Veranlagungsverfügung in Rechtskraft erwachsen sein (vgl. Thomas A. Müller, Die solidarische Mithaftung im Bundessteuerrecht, Bern 1999, S. 35). Hier wird zu beachten sein, dass die Ehe per … 2020 geschieden wurde und eine Solidarhaftung somit nicht mehr in Frage kommt (vgl. oben, E. 2, Art. 13 Abs. 1 DBG, § 19 Abs. 1 StG). Dass die Zahlungsunfähigkeit beim Rekurrenten verneint wurde, ist anhand der Unterlagen und Angaben auch nicht zu beanstanden. Solange Abzahlungsvereinbarungen mit den Gläubigern wie hier unbestritten abgeschlossen wurden und diesen Vereinbarungen aufgrund der Unterlagen und Angaben auch unstreitig nachgekommen wurde, kann keine Zahlungsunfähigkeit vorliegen. Eine Überschuldung war hier nicht nachgewiesen, selbst wenn Betreibungen vorgenommen wurden. Am … 2021 wurde vom Richteramt … nunmehr aber der Konkurs über den Rekurrenten eröffnet. Sollte der entsprechende Entscheid inzwischen in Rechtskraft erwachsen sein, wird damit aufgezeigt, dass der Rekurrent zahlungsunfähig ist. Damit entfällt aber die solidarische Mithaftung. Die Akten sind daher an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Prüfung einer entsprechenden Mithaftungsverfügung. Die Rechtsmittel erweisen sich damit als teilweise begründet und sind demnach teilweise gutzuheissen.
4. Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben. Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet, da die Rekurrenten sich selber vertreten haben.
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Demnach wird erkannt: 1. In teilweiser Gutheissung von Rekurs und Beschwerde werden die Akten an die Vorinstanz zurückgewiesen zur Prüfung einer Mithaftungsverfügung. 2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. Der Präsident: Der Sekretär: Dr. Th. A. Müller W. Hatzinger
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht (Adresse: Schweizerisches Bundesgericht, 1000 Lausanne 14) Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angaben der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten.
Dieser Entscheid ist schriftlich zu eröffnen an: - Rekurrenten/ Beschwerdeführer (eingeschrieben) - KStA, Recht und Aufsicht (mit Steuerakten) - EStV, Hauptabt. dir. BSt, Bern - VB - Finanzdepartement, Kanzlei - Steuerregisteramt
Expediert am: |
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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