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Urteil Verwaltungsgericht (SO - SGSTA.2021.11)

Zusammenfassung des Urteils SGSTA.2021.11: Verwaltungsgericht

Zusammenfassung: Die Rekurrenten/Beschwerdeführer haben mehrere Jahresrechnungen für das Jahr 2017 eingereicht, die sich stark voneinander unterscheiden. Nach einer Buchprüfung und mehreren Fristerstreckungen wurde die definitive Veranlagung vorgenommen, bei der der Beweiswert der Buchhaltung aberkannt wurde. Es kam zu einem langwierigen Verfahren mit zahlreichen Stellungnahmen und Anträgen der Rekurrenten/Beschwerdeführer. Letztendlich wurde der Rekurs und die Beschwerde teilweise gutgeheissen, und die Sache wurde zur erneuten Veranlagung zurückgewiesen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts SGSTA.2021.11

Kanton:SO
Fallnummer:SGSTA.2021.11
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Steuergericht
Verwaltungsgericht Entscheid SGSTA.2021.11 vom 22.11.2021 (SO)
Datum:22.11.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Rekurrenten/; Rekurrenten/Beschwerdeführer; Veranlagung; Rekurs; Veranlagungsbehörde; Einsprache; Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin; Praxis; Apos; Olten-Gösgen; Rechnung; Buchhaltung; Recht; Steuergericht; Ermessen; Beschwerdeführern; Rekurrenten/Beschwerdeführern; Verfahren; Unterlagen; Verfügung; Eingabe; Stellung; Höhe; Stellungnahme; Einspracheentscheid; Einkommen; ührt
Rechtsnorm: Art. 127 BV ;Art. 130 DBG ;Art. 144 DBG ;Art. 18 DBG ;Art. 29 BV ;Art. 957a OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Richner, Hand zum DBG, Art. 114 DBG, 2016

Entscheid des Verwaltungsgerichts SGSTA.2021.11

 
Geschäftsnummer: SGSTA.2021.11
Instanz: Steuergericht
Entscheiddatum: 22.11.2021 
FindInfo-Nummer: O_SG.2024.2
Titel: Staats- und Bundessteuer 2017

Resümee:

Verfahren, Ermessensveranlagung, § 147 Abs. 2 StG, Art. 130 Abs. 2 DBG.
In casu trotz zahlreicher Eingaben keine beweiskräftige Buchhaltung, keine Ver-letzung des rechtlichen Gehörs, kein Ermessensmissbrauch.
 

Steuergericht

 

 

 

 

 

 

Urteil vom 22. November 2021

Es wirken mit:

Präsident:     Th. A. Müller 

Richter:         D. S. Müller, Roberti

Sekretär:      Hatzinger

In Sachen  SGSTA.2021.11; BST.2021.11

A. und B. Y

 

 

gegen

 

 

Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen

 

betreffend Staats- und Bundessteuer 2017

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


hat das Steuergericht den Akten entnommen:

1.1  Die auf 24. Mai 2018 datierte Steuererklärung für die Steuerperiode 2017 wurde von den Steuerpflichtigen A. und B. Y. (nachfolgend Rekurrenten/Beschwerdeführer) eingereicht. In dieser Steuererklärung wurde für Herrn Dr. med. A. Y., der als X in eigener Praxis in V. sowie als Belegarzt in der W Klinik in U. und in der Klinik T. in V tätig ist, über den zur Steuererklärung gehörenden Fragebogen für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte samt dazugehörigem Dokument «Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.» ein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von CHF 190'011.- deklariert.

 

1.2  Mit Schreiben datiert auf 2. Juli 2018 kündigte die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen (nachfolgend auch Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin) den Rekurrenten/Beschwerdeführern gegenüber eine Buchprüfung des mit der Steuererklärung eingereichten «Abschlusses 2017 Praxis Dr. med. A. Y.» an. Die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen bat die Rekurrenten/Beschwerdeführer mit vorgenanntem Schreiben darum, die vollständigen Buchhaltungsunterlagen bis 23. Juli 2018 der Veranlagungsbehörde zur Verfügung zu stellen.

 

1.3  Mit Schreiben datiert auf 5. Juli 2018 beantragten die Rekurrenten/Beschwerdeführer bei der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen eine Fristerstreckung bis 31. August 2018, um die vollständigen Buchhaltungsunterlagen zur Jahresrechnung 2017 einzureichen. Gleichzeitig machten die Rekurrenten/Beschwerdeführer in diesem Schreiben bereits erste Erklärungen zum «Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.», so unter anderem zu den drei Fahrzeugen, die für die Praxis Dr. med. A. Y. genutzt werden. Ausserdem warfen die Rekurrenten/Beschwerdeführer in diesem Schreiben verschiedene Fragen zur Buchführungspflicht gegenüber der Veranlagungsbehörde auf.

 

       Mit Antwortschreiben datiert auf 16. Juli 2018 gewährte die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen den Rekurrenten/Beschwerdeführern die beantragte Fristerstreckung bis 31. August 2018. Zudem wurde seitens Veranlagungsbehörde mit diesem Antwortschreiben versucht, die mit Schreiben vom 5. Juli 2018 aufgeworfenen Fragen der Rekurrenten/Beschwerdeführer zu beantworten.

 

1.4  Mit Schreiben datiert auf 20. August 2018 ersuchten die Rekurrenten/Beschwerdeführer um eine weitere Fristerstreckung zur Einreichung der Buchhaltungsunterlagen bis zum 30. September 2018.

 

       Mit Antwortschreiben datiert auf 21. August 2018 gewährte die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen den Rekurrenten/Beschwerdeführern die beantragte Fristerstreckung zur Einreichung der vollständigen Buchhaltungsunterlagen bis 30. September 2018.

 

1.5  Mit Schreiben datiert auf 28. September 2018 reichten die Rekurrenten/Beschwerdeführer die Buchhaltungsunterlagen zum «Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.» auf einer CD-Rom der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen ein. Ausserdem machten die Rekurrenten/Beschwerdeführer in diesem Schreiben ein paar wenige ergänzende Angaben und stellten sich für eine Besprechung zur Verfügung.

 

1.6  Anhand der eingereichten Buchhaltungsunterlagen prüfte die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen daraufhin den «Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.».

 

       Mit Schreiben datiert auf 15. Oktober 2018 bestätigte die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen den Rekurrenten/Beschwerdeführern den Termin für die Schlussbesprechung der Revision am 22. November 2018 in den Räumlichkeiten der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen.

 

       Am 22. November 2018 fand diese Schlussbesprechung zur Revision der Jahresrechnung 2017 («Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.») zwischen der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen und den Rekurrenten/Beschwerdeführern in den Räumlichkeiten der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen statt.

 

1.7  In der Folge reichten die Rekurrenten/Beschwerdeführer datiert auf 6. Dezember 2018 der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen eine umfangreiche Stellungnahme ein und reichten verschiedene Unterlagen nach, unter anderem einen korrigierten «Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.» neu datiert auf 4. Dezember 2018. Aus dem korrigierten «Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.» mit Datum vom 4. Dezember 2018 ergeht ein Reingewinn von CHF 204'329.91.

 

1.8  Abgeschlossen wurde die Buchprüfung mit dem Revisionsbericht der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen datiert auf 19. Dezember 2018. Dieser Revisionsbericht hält die Unterlagen zum Jahresabschluss 2017 für nicht vollständig und beurteilt die Unterlagen in qualitativer Hinsicht als nicht ordnungsgemäss. Der Revisionsbericht enthält auch Ausführungen zu den mit Stellungnahme vom 6. Dezember 2018 nachgereichten Unterlagen. Als Fazit hält die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen im Revisionsbericht hinsichtlich der Stellungnahme mit Datum vom 6. Dezember 2018 unter anderem fest, dass das «Chaos» damit insgesamt grösser als vorher geworden sei.

 

1.9  Die definitive Veranlagung 2017 wurde den Rekurrenten/Beschwerdeführern am 14. Januar 2019 ordentlich eröffnet. Dabei wurde der Buchhaltung der Rekurrenten/Beschwerdeführer («Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.») die Beweiskraft aberkannt. Das selbständige Erwerbseinkommen wurde nach pflichtgemässem Ermessen und orientierend am ursprünglich mit der Steuererklärung 2017 eingereichten «Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.» sowie den im Rahmen der Buchprüfung von den Rekurrenten/Beschwerdeführern nachgereichten Einnahmebelegen auf CHF 310'000.- festgelegt. Das Fahrzeug Mercedes Benz wurde dem Geschäftsvermögen zugewiesen, sämtliche anderen Fahrzeuge dem Privatvermögen.

 

1.10     Am 24. Januar 2019 erhoben die Rekurrenten/Beschwerdeführer Einsprache gegen die definitive Veranlagung 2017. Die Rekurrenten/Beschwerdeführer verlangten dabei im Wesentlichen, dass die Veranlagung 2017 hinsichtlich der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit nochmals durchgeführt werde.

 

       Mit der Einspracheschrift vom 24. Januar 2019 wurde gleichzeitig mittels separat eingeschriebenem Paket auch ein Beweismittelverzeichnis mit neuen Beweismitteln bzw. zusätzlichen Unterlagen eingereicht.

In der Folge wurde die 67 Seiten umfassende Einspracheschrift vom 24. Januar 2019 seitens der Rekurrenten/Beschwerdeführer fristgerecht innert der 30-tägigen Einsprachefrist mehrfach ergänzt. Eine erste Ergänzungsschrift erfolgte mit Einschreiben datiert auf 31. Januar 2019 und umfasste 30 Seiten. Eine zweite Ergänzungsschrift datiert auf 7. Februar 2019, ist laut Eingangsstempel der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen jedoch bereits am 5. Februar 2019 eingegangen, und umfasst 5 Seiten sowie mehrere Beilagen. Eine dritte Ergänzungs-schrift datiert (wiederum) vom 7. Februar 2019 und umfasst 4 Seiten. Eine vierte und letzte Ergänzungsschrift schliesslich datiert auf 9. Februar 2019 und umfasst 3 Seiten sowie eine erneut korrigierte und auf 9. Februar 2019 datierte «Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.» mit einem ausgewiesenen Reingewinn von CHF 198'438.90 sowie eine neu ausgefüllte Steuererklärung 2017 der Rekurrenten/Beschwerdeführer datiert auf 9. Februar 2019.

 

1.11     Mit Schreiben datiert auf 29. Januar 2019 wurden die Rekurrenten/Beschwerdeführer zu einer Einspracheverhandlung eingeladen.

 

       Die Einspracheverhandlung fand statt am 15. Februar 2019 in den Räumlichkeiten der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen. Das als «Einspracheprotokoll vom 15. Februar 2019» bezeichnete Dokument bildet weniger ein Protokoll dieser Einspracheverhandlung, sondern eine Abmachung zwischen der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen und den Rekurrenten/ Beschwerdeführern. Konkret wurde im Wesentlichen auf Begehren der Rekurrenten/Beschwerdeführer hin was folgt vereinbart: Zum einen wird der Renault Mégane als Geschäftsvermögen anerkannt und zum anderen die Buchhaltung einer erneuten Prüfung unterzogen. In Zusammenhang mit Letzterem wurde weiter vereinbart, dass die komplette Einnahmenseite nochmals mit einer Liste sortiert nach Rechnungsdatum inkl. sämtlichen Rechnungen aus dem Jahr 2017 durch die Rekurrenten/Beschwerdeführer nachgereicht wird. Die bezahlten Assistenzhonorare sollten auch nochmals belegt werden. Zudem wurde vereinbart, dass sich die Rekurrenten/Beschwerdeführer Anfang Juli 2019 mit der Veranlagungsbehörde in Verbindung setzen, damit ein Termin für die Abgabe des überarbeiteten Jahresabschlusses inkl. den Listen und Rechnungen der Einnahmeseite vereinbart werden kann.

 

1.12     Vereinbarungsgemäss reichten die Rekurrenten/Beschwerdeführer mit Einschreiben datiert auf 1. Juli 2019 der Veranlagungsbehörde wiederum einen neuen «Abschluss 2017 Praxis Dr. med. A. Y.» datiert auf 27. Juni 2019 ein, welcher einen Reingewinn von CHF 199'201.- auswies. Zudem wurden mit dieser Abgabe die weiteren Unterlagen gemäss Vereinbarung vom 15. Februar 2019 in Papierform und auf einer (weiteren) CD-Rom eingereicht. Mit dieser Eingabe vom 1. Juli 2019 verlangten die Rekurrenten/Beschwerdeführer zudem einen erneuten Besprechungstermin und dass die Veranlagungsbehörde ihnen eine schriftliche Bestätigung abgeben solle, dass mit Eingabe vom 1. Juli 2019 sämtliche Unterlagen gemäss der Vereinbarung vom 15. Februar 2019 eingereicht worden seien.

 

1.13     Zu einem weiteren Besprechungstermin kam es allerdings nicht, denn die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen entschied mit Verfügung datiert auf 16. August 2019 über die Einsprache. Auch mit den zusätzlich eingereichten Unterlagen werde die Beweiskraft der Buchhaltung laut Veranlagungsbehörde nicht wiederhergestellt, weshalb das Einkommen der Rekurrenten/Beschwerdeführer aus selbständiger Erwerbstätigkeit nach pflichtgemässem Ermessen festgesetzt werde, nämlich auf CHF 255'769.-. In Abweichung zur Veranlagung vom 14. Januar 2019 wurden die mit den nachgereichten Unterlagen als belegt angesehenen Assistenzarzthonorare in Höhe von CHF 24'231.- sowie persönliche AHV-Beiträge im Umfang von CHF 30'000.- vom Einkommen nach Ermessen gemäss Veranlagung vom 14. Januar 2019 in Abzug gebracht.

 

 

2.1  Mit Eingabe datiert auf 26. August 2019 reichten die Rekurrenten/Beschwerdeführer beim Steuergericht des Kantons Solothurn Rekurs und Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 16. August 2019 ein. Sie stellten dabei eine Vielzahl von Rechtsbegehren (insgesamt 17 Rechtsbegehren) und begründeten diese in einer insgesamt 62 Seiten umfassenden Rekurs- bzw. Beschwerdeschrift.

 

Das Steuergericht des Kantons Solothurn eröffnete daraufhin die Verfahren SGSTA.2019.54;

BST.2019.50.

 

2.2  In einer Vernehmlassung mit Datum vom 19. September 2019 beantragte die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen im Namen des Steueramtes des Kantons Solothurn die kostenfällige Abweisung von Rekurs sowie Beschwerde und begründete dies in einer insgesamt 14-seitigen Vernehmlassung.

 

2.3  Die Eidgenössische Steuerverwaltung verzichtete auf eine Vernehmlassung, was den Rekurrenten/Beschwerdeführern mit Ziffer 1 der Verfügung des Steuergerichts vom 2. Oktober 2019 mitgeteilt wurde.

 

2.4  Daraufhin ersuchten die Rekurrenten/Beschwerdeführer in einer Stellungnahme mit Datum vom 7. Oktober 2019 vorab um Akteneinsicht. Sodann nahmen die Rekurrenten/Beschwerdeführer in der 20 Seiten umfassenden Eingabe Stellung zur Vernehmlassung der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin vom 19. September 2019.

 

2.5  Am 22. Oktober 2019 wurde den Rekurrenten/Beschwerdeführern in den Räumlichkeiten des Steuergerichts Akteneinsicht gewährt.

 

2.6  In einer nach der gewährten Akteneinsicht ergänzten Stellungnahme mit Datum vom 25. Oktober 2019 machten die Rekurrenten/Beschwerdeführer auf insgesamt 21 Seiten nochmals umfassende Ausführungen.

 

2.7  Am 22. November 2019 ging dem Steuergericht eine weitere, 11 Seiten umfassende Eingabe der Rekurrenten/Beschwerdeführer datiert auf 21. November 2019 zu. Darin wurde der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen und insbesondere der zuständigen Steuerrevisorin, Frau C. S., durch die Rekurrenten/Beschwerdeführer die Begehung strafrechtlicher Delikte unterstellt.

 

       Mit Ziffer 3 der Verfügung des Steuergerichts vom 25. November 2019 wurden die Rekurrenten/Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die Einreichung allfälliger Strafanzeigen Sache der Steuerpflichtigen ist.

       Am 3. Januar 2020 ging beim Steuergericht ein Exemplar der ebenfalls an die Staatsanwaltschaft eingereichten Strafanzeige und Strafantrag mit Datum vom 27. Dezember 2019 im Umfang von 36 Seiten ein.

 

2.8  Das Steuergericht des Kantons Solothurn hiess mit Urteil vom 24. August 2020 Rekurs und Beschwerde, soweit darauf einzutreten war, teilweise gut. Die Sache wurde zur Durchführung der Abmachung gemäss Einspracheprotokoll vom 15. Februar 2019 und zur erneuten Veranlagung an die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen zurückgewiesen.

 

 

3.1  Mit einem 4-seitigen Schreiben datiert auf 8. Februar 2021 wandten sich die Rekurrenten/Beschwerdeführer sodann an die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen. Im Wesentlichen verlangten sie dabei gestützt auf das Urteil des Steuergerichts vom 24. August 2020 eine erneute, umfassende Überprüfung - sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht - der Veranlagung für das Steuerjahr 2017. Weiter sprachen die Rekurrenten/Beschwerdeführer von einer «Verschleppung» des Verfahrens und sprachen mit Verweis auf Art. 29 Abs. 1 BV sowie die bundesgerichtliche Rechtsprechung von einer «verfassungswidrigen Rechtsverzögerung». Die Rekurrenten/Beschwerdeführer beantragten in diesem Schreiben schliesslich die Durchführung einer Anhörung eine angemessene Nachfrist für die Einreichung fehlender Auskünfte Daten; eventualiter sei die Einsprache im Sinne der gestellten Anträge gutzuheissen und eine erneute definitive Veranlagung zu erlassen.

 

3.2  In Anlehnung an das Schreiben der Rekurrenten/Beschwerdeführer lud die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen mit Schreiben datiert auf 9. Februar 2021 zu einer erneuten Einspracheverhandlung bzw. Anhörung, terminiert auf den 25. Februar 2021.

 

3.3  Mit einem undatierten Antwortschreiben, welches bei der Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen aber am 15. Februar 2021 einging, bestätigten die Rekurrenten/Beschwerdeführer die Einladung vom 9. Februar 2021 erhalten zu haben und an der «anberaumten Sitzung» vom 25. Februar 2021 teilzunehmen. Zudem hielten die Rekurrenten/Beschwerdeführer in diesem undatierten Schreiben fest, dass sie davon ausgingen, dass die Veranlagungsbehörde ihnen an der Besprechung vom 25. Februar 2021 eine Bestätigung ausstellen werde, in der bescheinigt werde, inwieweit sie ihre Dokumentationspflichten erfüllt hätten und inwieweit die Behörden ihnen aufgetragen hätte, weitergehende Nachweise und Unterlagen beizubringen. Ebenso verlangten die Rekurrenten/Beschwerdeführer eine Bestätigung eine Vereinbarung, aus welcher der «inskünftige Verfahrensgang» bzw. das «weitere Vorgehen» umschrieben werde. Weiter verwiesen die Rekurrenten/Beschwerdeführer auf die am 1. Juli 2019 nachgereichten Unterlagen, an denen sie festhielten.

 

3.4  Am 25. Februar 2021 fand schliesslich eine Anhörung statt. Im Anhörungsprotokoll vom 25. Februar 2021, welches von allen Teilnehmenden eigenhändig unterzeichnet wurde, ist im Wesentlichen folgendes festgehalten:

 

• Der bisherige Verfahrensablauf wird von den Parteien gemeinsam rekapituliert, wobei die Rekurrenten/Beschwerdeführer im Wesentlichen ausgeführt haben, dass der Besprechungstermin zu den (am 1. Juli 2019) nachgereichten Unterlagen verweigert worden sei.

• «Besondere Umstände (Erbstreit) hätten damals dazu geführt, dass die Buchhaltungsunterlagen nicht sauber geführt und eingereicht werden konnten. Dieser Umstand sei nicht genügend gewürdigt worden.»

• Die Rekurrenten/Beschwerdeführer erhielten zudem die Gelegenheit, sich anlässlich der Anhörung zu den am 1. Juli 2019 nachgereichten Unterlagen zu äussern. Dabei bestätigten die Rekurrenten/Beschwerdeführer, an diesen nachgereichten Unterlagen festzuhalten. Die darin enthaltene Buchhaltung sei vollständig und es sei ihnen mitzuteilen, falls Unterlagen fehlen würden.

• Zudem bitten die Rekurrenten/Beschwerdeführer um einen zeitnahen Verfahrensabschluss.

 

3.5  Mit Verfügung vom 15. März 2021 wies die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen die Einsprache nach nochmaliger Überprüfung des nachgereichten Abschlusses ab. Erneut kam die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen zum Schluss, dass auch der bereinigten Buchhaltung die formelle und materielle Beweiskraft abzusprechen sei. Hinsichtlich der Geschäftsfahrzeuge hielt die Veranlagungsbehörde Olten-Gösgen fest, dass das «Zurverfügungstellen von sog. Backup-Fahrzeugen», vorliegend also der Opel Astra, nicht als geschäftsmässig begründeter Aufwand zum Abzug zugelassen werde. Für geschäftsmässig begründete Fahrten mit dem Opel Astra als privates Fahrzeug hätten die entsprechend gefahrenen Kilometer zum Ansatz von 70 Rappen pro Kilometer effektiv abgerechnet und verbucht werden können. Daher wurde die Einsprache auch in diesem Punkt abgewiesen. Zum anlässlich der Anhörung vom 25. Februar 2021 von den Rekurrenten/Beschwerdeführern vorgebrachten Punkt, wonach ein anderweitig geführtes Verfahren in einer Erbangelegenheit dazu geführt habe, dass eine ordentliche Jahresrechnung 2017 nicht sauber habe geführt und eingereicht werden können, verwies die Veranlagungsbehörde auf die Gewährung diverser Fristverlängerungen als auch die gewährten Möglichkeiten zur Nachreichung von Akten. Damit sei diesem Umstand sehr wohl Rechnung getragen worden. Anderweitige Tätigkeiten würden die Rekurrenten/Beschwerdeführer nicht von deren Mitwirkungspflichten entbinden.

 

 

4.    Am 22. März 2021 haben die Rekurrenten/Beschwerdeführer Rekurs gegen die Veranlagung vom 16. August 2019 betreffend die kantonalen Steuern und gegen die mit Verfügung vom 15. März 2021 abgewiesene Einsprache im Staats- und Gemeindesteuerverfahren sowie Beschwerde gegen die Veranlagung vom 16. August 2019 betreffend die Bundessteuer und gegen die mit Verfügung vom 15. März 2021 abgewiesene Einsprache im Bundessteuerverfahren erhoben.

 

Die Rekurrenten/Beschwerdeführer stellten dabei folgende Rechtsbegehren:

 

«a). Der angefochtene Einspracheentscheid vom 15. März 2021 sei gänzlich aufzuheben und das Steuergericht entscheide in der Angelegenheit reformatorisch selber

b).   Nur wenn genügend Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Veranlagungsbehörde ihren Entscheid im Sinne des vorliegenden Rekurses bzw. der vorliegenden Beschwerde ändern wird, sei die Sache unter Ansetzung einer kurzen Frist zur Neubeurteilung an die Veranlagungsbehörde zurückzuweisen.

d).   Das steuergerichtliche Verfahren sei unter Anwendung des Beschleunigungsgebotes zu führen

e).   Eventualiter sei die Ermessensveranlagung vom 15. März 2021, vom 16. August 2019 sowie vom 14. Januar 2019 für nichtig zu erklären und das durchgeführte Revisions-Veranlagungs- und Einspracheverfahren sei einer Rückabwicklung zu unterziehen. Die im Einspracheverfahren bezahlten und das steuerbare Einkommen unter Zugrundelegung des unter Rechtsbegehren lit. g). beantragten Praxisreingewinns sei nach Erlass einer provisorischen Steuerveranlagung aufgrund der zu hoch ausgefallenen aber bereits bezahlte Steuerrechnung unter Berücksichtigung der überschiessenden Summe zurückzuerstatten und danach sei das Revisions-Veranlagungsverfahren neu durchzuführen.

f).    Der vorliegende Rekurs bzw. die vorliegende Beschwerde seien vollumfänglich gutzuheissen.»

 

Zudem stellten die Rekurrenten/Beschwerdeführer folgenden besonderen Verfahrensantrag:

 

       «Bei Erlass eines reformatorischen Entscheides seien folgende Rechtsbegehren gutzuheissen und bei erneuter Rückweisung der Angelegenheit an die Veranlagungsbehörde sei der Rückweisungsentscheid mit konkreten Anweisungen betreffend nachfolgende Rechtsbegehren zu verbinden:»

 

       In Ergänzung zum vorstehenden Verfahrensantrag stellten die Rekurrenten/Beschwerdeführer sodann folgende weitere Rechtsbegehren in der Sache:

 

«g)  Die Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen Arztes gemäss Ziff. 2 in der angefochtenen Verfügung bzw. dem Einspracheentscheid vom 16.08.2019 seien auf CHF 199 201.- und aufgrund des am 01.07.2019 eingereichten Jahresabschlusses zu veranlagen.

h).   Der ermessensweise vorgenommene und einkommenserhöhende Zuschlag für die Aberkennung des Beweiswertes der Buchhaltung im Umfang von CHF 10 459.- sei zu streichen und vom veranlagten Praxisreingewinn von CHF 255 769.- wieder abzuziehen

j).    Der behördlicherseits zum Praxisreingewinn hinzuaddierte Zuschlag für behauptete höhere Einnahmen aus Krankenkassenprämien in V. in Höhe von CHF 48 286.- sei gerichtlich abzuerkennen und vom veranlagten Praxisreingewinn von CHF 255 769.- soweit abzuziehen, dass der in Rechtsbegehren lit. g). beantragte Praxisreingewinn von CHF 199 201.- besteuert wird.

k).   Die in der Ermessensveranlagung gestrichenen und im Einspracheentscheid nicht ge-währten Aufwände für Steuern, Betrieb, Instandsetzung und Instandhaltung des Mercedes Benz 200 sowie des Opel Astra als ausschliessliche Praxisfahrzeuge gemäss Jahresabschluss per 27.06.2019 in Höhe von CHF 7267.- seien gerichtlich anzuerkennen und es sei festzustellen, dass die diesbezüglich im Jahresabschluss vorgenommene Aufwandposition Konto 6200, 6201, 6202 rechtens und zu Veranlagungszwecken zu berücksichtigen ist.

l).    Die in der Ermessensveranlagung gestrichenen und im Einspracheentscheid nicht gewährten Aufwände für Abschreibungen des Mercedes Benz 200 in Verbindung mit dem

Opel Astra als ausschliessliche Praxisfahrzeuge gemäss Jahresabschluss per 27.06.2019 in Höhe von CHF 13 252.-. seien gerichtlich anzuerkennen und es sei festzustellen, dass die diesbezüglich im Jahresabschluss vorgenommene Aufwandposition Konto 1820/10 rechtens und zu Veranlagungszwecken zu berücksichtigen ist.

n).   Der im Jahresabschluss vom 27.06.2019 deklarierte per 31.12.2017 erfolgte Einnahmestand von CHF 375 040.- ohne Anrechnung der Debitoren sei zu bestätigen.

o).   Die im Jahresabschluss vom 27.06.2019 per 31.12.2017 ausgewiesenen Debitoren von CHF 64 749.- seien zu bestätigen und als Umsatzerhöhung und unter Berücksichtigung des den Steuerpflichtigen zustehenden Delkredereabzugs bis zu einem maximalen Praxisgesamtumsatz von CHF 433'314.- gerichtlich zuzulassen.

p).   Das Delkredere von 10 % der Debitoren in Höhe von CHF 6475.- sei anzuerkennen.

q).   Der im Einspracheentscheid nicht gewährte Aufwandsanteil für Telefonkosten in Höhe von CHF 2437.- sei gerichtlich wieder zuzulassen und es sei infolgedessen der Abzug des im Jahresabschluss vom 27.06.2019 gemäss Konto 6510 geltend gemachte Abzug in Höhe von CHF 5052.- zuzulassen.

r).    Das mit dem Einspracheentscheid vom 15. März 2021 allfälligerweise implizit veranlagte Einkommen aus Praxistätigkeit in Höhe von CHF 310 000.- sei vom Gericht abzuerkennen.

s).   Das für die Satzbestimmung massgebende Einkommen für die Staatssteuer gemäss Ziff 25. der angefochtenen Festsetzung sei auf CHF 212 284.- zu veranlagen.

t).    Der im Einspracheentscheid vom 15. März 2021 eventualiter nicht mehr gewährte Abzug für die Entrichtung der AHV-Beiträge in Höhe von CHF 30000.- sei vom ermessensweise und eventualiter aufgerechneten Praxiseinkommen von CHF 310 000.- explizit zum Abzug zuzulassen.

u).   Der im Einspracheentscheid vom 15. März 2021 eventualiter nicht mehr gewährte Abzug für die Entrichtung von Assistenzhonoraren in Höhe von CHF 24'231.- an assistierende Aerzte sei wieder zuzulassen und vom aufgerechneten Praxiseinkommen gemäss Rechtsbegehren lit. t). abzuziehen.

v).   Das für die Satzbestimmung massgebende und in der Schweiz steuerbare Einkommen für die Bundessteuer in der angefochtenen Veranlagung vom 16. August 2019 sei auf CHF 210 015.- festzusetzen.

w).  Eventualiter lege das Steuergericht ermessensweise das für die Satzbestimmung zutreffende Einkommen sowohl für die Staatssteuer als auch für die Bundessteuer selber fest.

x).   Die interkantonale Steuerausscheidung gemäss Ziff. 26. der angefochtenen Verfügung vom 16. August 2019 sei auf Grundlage der gutgeheissenen Beschwerde sowie des Rekurses neu vorzunehmen.

y).   Alles zu Rechts- und Folgekosten zulasten des Kantons Solothurn»

 

       Die vorstehenden Rechtsbegehren und den Verfahrensantrag mit den weiteren Rechtsbegehren begründeten die Rekurrenten/Beschwerdeführer in der insgesamt 56 Seiten umfassenden Rekurs- bzw. Beschwerdeschrift im Wesentlichen wie folgt:

 

• Die mit Eingabe vom 1. Juli 2019 im Einspracheverfahren nachgereichte Buchhaltung sei korrekt.

• Die Veranlagung des Praxisreingewinns nach Ermessen verletzte das Willkürverbot sowie den Grundsatz von Treu und Glauben. Sodann halten die Rekurrenten/Beschwerdeführer auch fest, dass die Veranlagung des Reingewinns der Praxis ohnehin unzulässig und gesetzeswidrig vorgenommen und somit ebenfalls gegen das Legalitätsprinzip sowie die Verhältnismässigkeit der pflichtgemässen Veranlagung verstossen worden sei.

• Die Rekurrenten/Beschwerdeführer halten an ihren bisherigen Eingaben im Rahmen dieses Verfahrens fest. Entsprechend seien auch die Vorakten bei der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin einzuholen. Zudem gelte die Untersuchungsmaxime, weshalb die von den Rekurrenten/Beschwerdeführer angebotenen Beweise abgenommen werden müssten.

• Die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin hätte nach guten Treuen nicht erwarten dürfen, dass gemäss Vereinbarung vom 15. Februar 2019 die Abgabe der Unterlagen sich lediglich auf eine Handreichung reduzieren liesse. Der Anhörung vom 25. Februar 2021 käme der Sinn zu, «aufgrund gegenseitiger Erörterungen das Beweisergebnis der Akteneingabe vom 1. Juli 2019 zu bestimmen» (Beweissatz 32e).

• Die Rekurrenten/Beschwerdeführer machen an zahlreichen Stellen geltend, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach wie vor vorliege. So würde der Gehörsanspruch ihnen insbesondere das Recht verleihen, «eine Sachdarstellung zu geben, sofern ihnen mitgeteilt worden wäre, inwiefern die Eingaben vom 1. Juli 20219 zu Bemessungszwecken nicht geeignet erscheinen. Unter Angabe der aus ihrer Sicht für die Einschätzung rechtserheblichen Tatsachen hatten die Steuerpflichtigen das Recht, erhebliche Beweise beizubringen, wie beispielsweise in der Zeugenaussage des Liferanten und Hersteller des ELIGO-Programmes bestätigt werde, dass die Steuerpflichtigen nicht in der Lage seien, die Anforderung nach chronologischer Gliederung, nach Zeit und Datum, einer jeden Rechnung zu erfüllen.» (Beweissatz 38, S. 26; vgl. dazu auch Beweissatz 50 und 51, S. 31 und 32)

• Die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin sei verpflichtet gewesen, «die angebotenen Unterlagen vom 1. Juli 2019 abzunehmen ansonsten anlässlich der Anhörung vom 25. Februar 2021 Gründe zu nennen, weshalb die angebotenen Unterlagen nicht tauglich hätten sein sollen» (Beweissatz 41, S. 27).

• Die Rekurrenten/Beschwerdeführer hätten «alles getan» (Beweissatz 42, S. 27), um eine vollständige und richtige Veranlagung zu ermöglichen.

• Mit der Ermessenveranlagung liege eine Verletzung der Grundsätze der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nach Art. 127 BV vor (vgl. Beweissatz 48, S. 30).

• Die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin habe «eine Ermessensüberschreitung bzw. einen Ermessensmissbrauch begangen, indem sie den Steuerpflichtigen vorgegeben habe, sie akzeptiere nur aufsteigende (ohne Nummerierungslücken) und nach Datum chronologisch gegliederte Rechnungen als Belege» (Beweissatz 49, S. 31).

• In den Beweissätzen 50 bis 113 machen die Rekurrenten/Beschwerdeführer ausführliche Darstellungen zur Frage der ordnungsgemässen Buchhaltung. Insbesondere machen sie geltend, dass nirgends vorgeschrieben sei, dass «die Steuerbehörde gegenüber den Steuerpflichtigen Nachweisanforderungen soweit heraufschrauben darf, bis diese nicht mehr in der Lage sind, diese zu erfüllen um danach eine Ermessensveranlagung vornehmen zu können» (Beweissatz 54, S. 32). Sodann werden zahlreiche Argumente aufgeführt, weshalb der Jahresabschluss 2017, wie er am 1. Juli 2019 ins Recht gelegt worden sei, den Anforderungen an die Rechnungslegung gerecht werde.

• In den Beweissätzen 114 bis 122 führen die Rekurrenten/Beschwerdeführer aus, inwiefern sie vor der Eingabe vom 1. Juli 2019 mit einem laufenden erbrechtlichen Zivilverfahren im Kanton Bern absorbiert gewesen sein sollen.

• In den Beweissätzen 131 bis 145 führen die Rekurrenten/Beschwerdeführer aus, weshalb sowohl der im Jahresabschluss vom 1. Juli 2019 geltend gemachte Abzug für die beruflich eingesetzten Fahrzeuge Mercedes Benz sowie Opel Astra in der Höhe von CHF 7'267.- für den Aufwand sowie Abschreibungen auf den Fahrzeugen in der Höhe von CHF 13'252.- zuzulassen seien.

• In den Beweissätzen 146 bis 148 führen die Rekurrenten/Beschwerdeführer schliesslich aus, weshalb Telefonkosten in Höhe von CHF 5'051.90 zum Abzug zuzulassen seien.

 

       Darüber hinaus enthält die Rekurs-/Beschwerdeschrift eine Vielzahl von umschweifigen Darstellungen des bisherigen Verfahrens, Kritik an der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin sowie zu von den Rekurrenten/Beschwerdeführern parallel hierzu geführten Strafverfahren.

 

 

5.    Die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin liess sich mit Eingabe datiert auf 16. April 2021 vernehmen. Darin beantragte sie, «Rekurs und Beschwerde seien kostenfällig abzuweisen» (s. S. 1). Ihren Antrag begründete die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin in einer der 13-seitigen Vernehmlassung vom 16. April 2021 im Wesentlichen wie folgt:

 

• Zunächst verwies die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin in rechtlicher Hinsicht auf ihre Verfügung vom 15. März 2021 und hielt an den dortigen Ausführungen fest.

• In den Randziffern 2 bis 7 führt die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin aus, inwiefern die Rekurrenten/Beschwerdeführern die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung nicht erfüllt hätten und weshalb auch der berichtigten Buchhaltung vom 1. Juli 2019 die formelle und materielle Beweiskraft abzusprechen sei. Zudem äusserte die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin sich in diesen Randziffern zum Ablauf des Verfahrens und hielt dabei insbesondere fest, dass dem Anspruch der Rekurrenten/Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör Folge geleistet worden sei.

• In den Randziffern 8 und 9 befasste sich die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin mit den Fragen zu den Fahrzeugen. Sie gelangte hier zum Schluss, dass mit dem Mercedes Benz das kostenintensivste Fahrzeug als Geschäftsfahrzeug akzeptiert worden und nur ein Fahrzeug geschäftsmässig begründet sei.

• Mit den Telefonkosten befasste sich die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin in Randziffer 10. Hier zeigte sie auf, inwiefern die im Rahmen der Buchprüfung vorgenommene Aufrechnung eines Privatanteils von CHF 2'437.- und damit 50 % der Kosten plausibel sei.

 

 

6.    Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

 

 

7.    Mit Verfügung vom 27. April 2021 gab das Steuergericht des Kantons Solothurn den Rekurrenten/Beschwerdeführern Gelegenheit, zur Vernehmlassung der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin vom 16. April 2021 Stellung zu nehmen.

 

       Mit Stellungnahme datiert auf 12. Mai 2021 machten die Rekurrenten/Beschwerdeführer davon Gebrauch. In dieser insgesamt 36 Seiten umfassenden Stellungnahme machten die Rekurrenten/Beschwerdeführer inhaltlich marginale neue Ausführungen, auf welche sodann bei den Erwägungen einzugehen ist, soweit angezeigt. Neu und hier zu erwähnen waren allerdings verschiedene zusätzliche Beweisanträge, darunter den Beweisantrag: «Das Steuergericht des Kantons Solothurn verlange verfügungsweise selber vom Krankenkassenverband SantéSuisse in Solothurn die Herausgabe einer Auflistung der vom steuerpflichtigen Arzt im Jahre 2017 in sämtlichen Teiltätigkeiten ausgestellten Arztrechnungen enthaltend die Rechnungs-Nr., das Ausstellungsdatum der Rechnung, das Behandlungsdatum sowie den in Rechnung gestellten Betrag.» Zu diesem Beweisantrag stellten die Rekurrenten/Beschwerdeführer einen Eventual- sowie einen Subeventualantrag. Zudem beantragten die Rekurrenten/Beschwerdeführer: «Das Steuergericht nehme die Telefaxanlage, die Telefonanlage und die Büroausstattung mitsamt Archiv im Privathause in Augenschein und überzeuge sich selbst davon, dass die Steuerpflichtigen von zu Hause aus die 24-stündige und an 365 Tagen gewährleistete Zugänglichkeit und Administration der Arztpraxis aufrechterhalten.»

 

 

8.    Mit Verfügung vom 17. Mai 2021 stellte das Steuergericht die Stellungnahme der Rekurrenten/Beschwerdeführer vom 12. Mai 2021 der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin zur Kenntnisnahme zu. Ein weiterer Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet.

 

 

9.    In der Folge machten die Rekurrenten/Beschwerdeführer trotzdem mehrere weitere Eingaben, nämlich:

 

• eine 8-seitige Stellungnahme datiert auf 4. August 2021 (samt Beilagen);

• eine 9-seitige Stellungnahme datiert auf 9. August 2021 (samt Beilagen);

• eine 8-seitige Stellungnahme datiert auf 19. August 2021 (samt Beilagen);

• eine 5-seitige Stellungnahme datiert auf 9. September 2021 (samt Beilagen);

• eine zweite, 5-seitige Stellungnahme datiert auf 9. September 2021 (ohne Beilagen);

• eine 10-seitige Stellungnahme datiert auf 13. September 2021 (ohne Beilagen);

• eine 9-seitige Stellungnahme datiert auf 1. Oktober 2021 (ohne Beilagen); sowie

• eine 29-seitige Stellungnahme datiert auf 9. Oktober 2021 (samt Beilagen).

 

 

10.  Am 14. Oktober 2021 stellte das Steuergericht fest und verfügte:

 

« 1. Die Steuerpflichtigen werden daran erinnert, dass kein zweiter Schriftenwechsel angeordnet und der Schriftenwechsel seit der Verfügung vom 17. Mai 2021 geschlossen ist. Jegliche weitere, ab heute eingehende Eingabe der Steuerpflichtigen wird nicht länger zu den Akten genommen und der Vorinstanz auch nicht weitergeleitet.

2.    Unter Hinweis auf § 164 StG werden die Steuerpflichtigen hiermit wegen mutwilliger Verfahrensverzögerung gerügt.

3.    Ein weiterer Versuch der Steuerpflichtigen, das Verfahren mutwillig zu verzögern, kann eine Ordnungsbusse nach § 164 StG nach sich ziehen.»

 

       Gegen diese Verfügung reichten die Rekurrenten/Beschwerdeführer am 2. November 2021 Beschwerde beim Bundesgericht ein. Dieses führte das entsprechende Verfahren unter der Geschäftsnummer 2C_866/2021. Das Bundesgericht ist mit Urteil vom 8. November 2021 (2C_866/2021) auf die Beschwerde nicht eingetreten.

 

11.  Ungeachtet der Verfügung vom 14. Oktober 2021 reichten die Rekurrenten/Beschwerdeführer anschliessend zwei weitere Eingaben ein, nämlich eine 5-seitige Eingabe datiert auf 17. Oktober 2021 sowie eine nochmals 5-seitige Eingabe datiert auf 22. Oktober 2021.

 

 

 

Das Steuergericht zieht in Erwägung:

1.    Der Rekurs und die Beschwerde erfolgten grundsätzlich form- und fristgerecht. Die Rekurrenten/Beschwerdeführer sind selbst beschwert und damit legitimiert. Das Steuergericht ist sachlich zuständig für die beiden Rechtsmittelverfahren gegen den Einspracheentscheid vom 16. August 2019 (§ 125 Abs. 1 zweiter Satz StG, Steuergesetz, BGS 614.11 bzw. Art. 140 ff. i.V.m. Art. 104 Abs. 3 DBG, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, SR 642.11 und § 56 Abs. 1 lit. a und c GO, Gesetz über die Gerichtsorganisation, BGS 125.12). Auf den Rekurs und die Beschwerde ist somit grundsätzlich einzutreten.

 

 

2.    Der angefochtene Einspracheentscheid der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin bezieht sich sowohl auf die direkte Bundessteuer als auch auf die Staats- und Gemeindesteuer. Mit Rekurs und Beschwerde werden die Veranlagungen beider Steuerarten angefochten. Beide Fälle beruhen auf demselben Sachverhalt und es stellen sich im Bereich der Staatssteuer dieselben Rechtsfragen wie im Bereich der direkten Bundessteuer. Insbesondere hinsichtlich der zentralen Frage bezüglich den Anforderungen an die Buchführung unterscheiden sich die Rechtsfragen nicht, so dass Rekurs und Beschwerde gemeinsam behandelt werden können, wie dies im Übrigen auch die Rekurrenten/Beschwerdeführer in Beweissatz 6 ff. der Rekurs-/Beschwerdeschrift vom 22. März 2021 (s. S. 5 und 6) ausdrücklich verlangen.

 

 

3.    Auf die Ausführungen und Anträge der ersten acht Eingaben der Rekurrenten/Beschwerdeführer vor der Verfügung vom 14. Oktober 2021 (vgl. Sachverhalt Ziffer 9) ist einzutreten. Allerdings ist festzuhalten, dass diese Eingaben in der Sache keine entscheidrelevanten Ausführungen enthalten. Auf die beiden im Anschluss an die Verfügung vom 14. Oktober 2021 eingegangenen Eingaben der Rekurrenten/Beschwerdeführer sowie die darin enthaltenen Anträge ist mit Verweis auf die vom Bundesgericht bestätigte Verfügung vom 14. Oktober 2021 (vgl. BGer Urteil 2C_866/2021 vom 8. November 2021) indes nicht einzutreten.

 

 

4.    Vorab soll der Frage nachgegangen werden, ob der Anspruch der Rekurrenten/Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt wurde.

 

4.1  Nachdem die Rekurrenten/Beschwerdeführer am 24. Mai 2018 ihre Steuererklärung für das Jahr 2017 eingereicht hatten und ihnen von der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin am 2. Juli 2018 eine Buchprüfung angekündigt wurde, baten die Rekurrenten/Beschwerdeführer mehrfach um Fristerstreckung und reichten schliesslich am 1. Juli 2019 und damit ein gutes Jahr nach Einreichung der Steuererklärung den finalen Jahresabschluss ein. Dabei gilt es zu betonen, dass in dieser Zeit insgesamt drei Jahresrechnungen für die Arztpraxis eingereicht wurden, die sich alle drei allein schon hinsichtlich des Umsatzes (CHF 437'214.69 / CHF 427'768.- / CHF 375'040.-) massiv unterscheiden.

 

4.2  Im Einspracheentscheid der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin vom 16. August 2019 wurden den Rekurrenten/Beschwerdeführern die Grundsätze ordnungsgemässer Buchführung sowie deren Bedeutung für die Bestimmung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit aufgezeigt (s. Erwägung 2 und 3). Der Einspracheentscheid vom 16. August 2019 befasste sich auch mit der am 1. Juli 2019 nachgereichten Jahresrechnung 2019. In Erwägung 10 hielt die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin ausdrücklich fest, dass mit der Eingabe vom 1. Juli 2019 auch neue Listen zu den Einnahmen eingereicht worden seien, und weiter: «Die Rechnungsnummern sind zwar aufsteigend, aber nicht fortlaufend. Zudem sind die dazugehörenden Rechnungsdaten nicht chronologisch und teilweise doppelt vergeben. Deshalb kann die Vollständigkeit des Umsatzes nach wie vor nicht überprüft werden.»

 

       Damit kannten die Rekurrenten/Beschwerdeführer spätestens mit Erhalt des Einspracheentscheides vom 16. August 2019 die Gründe, weshalb die Beweiskraft der Buchhaltung auch mit den am 1. Juli 2019 nachgereichten Unterlagen nach Ansicht der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin nicht wiederhergestellt werden könne.

 

       Die Rekurrenten/Beschwerdeführer hatten in der Folge zunächst im ersten Verfahren vor dem Steuergericht des Kantons Solothurn (SGSTA.2019.54; BST.2019.50) und dann nochmals anlässlich der Anhörung vom 25. Februar 2021 Gelegenheit, den am 1. Juli 2019 nachgereichten, 3. Jahresabschluss 2017 zu erläutern und zu korrigieren. Die Mängel der Buchführung waren ihnen - wie aufgezeigt - schliesslich bekannt.

 

       Die Beweismittel in Zusammenhang mit dem ELIGO-Programm dem Krankenkassenverband SantéSuisse, hätten allerspätestens anlässlich der Anhörung vom 25. Februar 2021 offeriert werden müssen. Die Rekurrenten/Beschwerdeführer taten dies trotz gewährtem rechtlichen Gehör anlässlich der Anhörung vom 25. Februar 2021 aber nicht, wodurch sie im Endeffekt ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sind, jedenfalls aber ihre diesbezüglichen Ansprüche auf rechtliches Gehör verwirkt haben.

 

4.3  Laut dem von den Rekurrenten/Beschwerdeführern eigenhändig unterzeichneten Anhörungsprotokoll vom 25. Februar 2021 seien die ersten beiden Jahresrechnungen bzw. Buchhaltungsunterlagen eingestandenermassen «nicht sauber geführt» worden. Sie halten lediglich an den am 1. Juli 2019 auf dem Postweg nachgereichten Unterlagen fest, womit die Buchhaltung vollständig eingereicht worden sei. Sie räumten laut diesem Anhörungsprotokoll weiter ein, der «3. Abschluss sei aufwandseitig gemäss den Feststellungen der Buchprüfung korrigiert worden. Die Einnahmen seien nach dem Leistungserstellungsprinzip verbucht und die Listen vollständig eingereicht worden. Die Debitorensumme, welche vorher nur ungefähr war, konnte nun anhand einer Excel-Tabelle richtiggestellt werden. Sämtliche Rechnungen beziehen sich auf die Steuerperiode, in der die Leistungen erbracht wurden, inkl. der nicht bezahlten Rechnungen per 31.12.2017.»

 

       Weitere Ausführungen zur Jahresrechnung 2017 machten die Rekurrenten/Beschwerdeführer anlässlich der Anhörung vom 25. Februar 2021 keine.

4.4  Dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV wurde somit zu Genüge Rechnung getragen. Entgegen der Meinung der Rekurrenten/Beschwerdeführer leitet sich aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs keine allgemeine Pflicht der Behörde ab, ihre Rechtsauffassung vor Fällung eines Entscheides bekannt zu geben (Richner et al., Handkommentar zum DBG, 3. Auflage 2016, Art. 114 N 8).

 

 

5.1  Gemäss Art. 18 Abs. 1 DBG und § 23 Abs. 1 StG sind alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit steuerbar. Grundlage für die Bestimmung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit bildet die nach obligationenrechtlichen Bestimmungen ordnungsgemäss geführte und abgeschlossene Buchhaltung.

 

5.2  Gemäss Art. 957 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 lit. a OR (Obligationenrecht, SR 220) gelten für Einzelunternehmen mit einem Umsatz von weniger als CHF 500'000.- im letzten Geschäftsjahr die in Art. 957a OR kodifizierten Grundsätze ordungsgemässer Buchführung sinngemäss. Als solche Grundsätze sind namentlich zu beachten (Art. 957a Abs. 2 OR):

 

1) die vollständige, wahrheitsgetreue und systematische Erfassung der Geschäftsvorfälle und Sachverhalte;

2) der Belegnachweis für die einzelnen Buchungsvorgänge;

3) die Klarheit;

4) die Zweckmässigkeit mit Blick auf die Art und Grösse des Unternehmens;

5) die Nachprüfbarkeit.

 

5.3  Bereits im Einspracheentscheid vom 16. August 2019 befasste sich die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin mit der am 1. Juli 2019 nachgereichten Jahresrechnung 2017 (vgl. vorstehend Erwägung 4.2).

 

5.4  Im Anschluss an die Anhörung vom 25. Februar 2021 unterzog die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin die am 1. Juli 2019 nachgereichte Jahresrechnung 2017 sowie das dazugehörige Belegmaterial einer nochmaligen Prüfung. Die daraus resultierenden Erkenntnisse wurden in der Verfügung vom 15. März 2021 detailliert dargelegt und auch in Randziffer 7 der Vernehmlassung vom 16. April 2021 nochmals festgehalten.

 

       Die von der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin gemachten Feststellungen wurden wie folgt zusammengefasst: Sie stellte dabei fest, "dass:

 

- die in den mit A1 bis A5 bezeichneten Auflistungen von Rechnungsstellungen, Honoraren und Einnahmen zusammengefasst den in der Erfolgsrechnung verbuchten Umsatz ausweisen. Die Überprüfung der Vollständigkeit scheitert jedoch zum wiederholten Male an der Tatsache, dass sich keine fortlaufende Rechnungsnummerierung finden lässt;

- trotz des Versuchs, in der Art der Nummerierung eine Systematik zu erkennen die Belege nach Rechnungsdatum zu sortieren, kann die Vollständigkeit nicht bescheinigt werden;

- die Nummerierung der Rechnungen lückenhaft ist. Es folgt beispielsweise auf die Rechnung Nr. 1002.12.2 (vom 27. Dezember 2017) die Nummer 1004.4.3 vom 10. September 2017. Die dazwischenliegenden Rechnungsnummern sind nicht auffindbar. Zudem zeigt dieses Beispiel, dass keine chronologische Erfassung stattfand;

- ein Bezug der Rechnungsnummern zum Rechnungsdatum nicht hergestellt werden kann;

- die Liste der Halbprivat- und Privathonorare unterschiedlich lange Rechnungsnummern aufweist. Beispielsweise folgt auf die Rechnung Nr. 7.1.3, datiert mit 28. Juli 2017, direkt die Nr. 98.1.1, datiert mit 27. August 2017. Die nächsthöhere Rechnungsnummer lautet auf 115.1.2 und ist datiert mit 1. Mai 2017. Die höchste Nummer lautet auf 2033.1.2, datiert mit 31.12.2017. Die total 13 Fakturen des Bereichs Halbprivat- und Privathonorare streuen somit in einem Rechnungsnummernbereich von 7.1.3 bis 2033.1.2;

- die Rechnungsnummern aufsteigend sortiert keinen chronologischen Verlauf der Fakturierung ergeben;

- der Versuch, die auf der einen Liste fehlenden Rechnungsnummern auf den anderen Listen aufzufinden, scheitert;

- die Erfassung der Einkünfte nicht systematisch erfolgt;

- die Vollständigkeit der Fakturierung, basierend auf einer fortlaufenden Nummerierung der Belege nicht attestiert werden kann. Daran ändert auch die Sortierung des auf einem elektronischen Datenträger eingereichten Belegmaterials nichts.  

 

5.5  Die von der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin gemachten Feststellungen stimmen mit den Belegen in den Akten überein. Damit haben die Rekurrenten/Beschwerdeführer mit der am 1. Juli 2019 nachgereichten Buchhaltung die Grundsätze ordnungsgemässer Buchführung, insbesondere hinsichtlich der Grundsätze der Vollständigkeit, Klarheit und Nachprüfbarkeit, verletzt. Eine Buchhaltung ist ordnungsgemäss geführt, wenn die Geschäftsvorfälle darin fortlaufend, lückenlos, übersichtlich und klar verzeichnet sind (§ 8 Abs. 2 der Vollzugsverordnung zum StG, BGS 614.12; Richner et al., a.a.O., Art. 123 N 55; statt vieler Grundsätzliche Entscheide des Steuergerichts KSGE 2004 Nr. 6; KSG vom 4. Dezember 2017, SGSTA.2017.58; BST.2017.56, E. 2, unter gerichtsentscheide.so.ch). Bei der vorliegenden Buchhaltung sind die Geschäftsvorfälle nicht fortlaufend, lückenlos, übersichtlich und klar verzeichnet sowie belegt.

 

5.6  Die Mängel hinsichtlich des dritten Jahresabschlusses, wie er von den Rekurrenten/Beschwerdeführern am 1. Juli 2019 eingereicht wurde, hat die Rekurs-/Beschwerdegegnerin seit dem Einspracheentscheid vom 16. August 2019 mehrfach dargelegt. Trotz all der vielen Eingaben der Rekurrenten/Beschwerdeführer können die Mängel nicht beseitigt werden. Das Fazit der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin, wonach auch der am 1. Juli 2019 nachgereichten Buchhaltung die formelle und materielle Beweiskraft abzusprechen sei, ist demnach nicht zu beanstanden.

 

 

6.    Da die Buchführung nicht beweiskräftig ist, kann nicht darauf abgestellt werden. Das steuerbare Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit ist deshalb nach pflichtgemässem Ermessen festzulegen (§ 147 Abs. 2 StG; Art. 130 Abs. 2 DBG).

 

       Die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin hat im Einspracheentscheid vom 16. August 2019 die Assistenzhonorare in Höhe von CHF 24'231.-, die das Jahr 2017 betreffen aber im Jahr 2018 bezahlt wurden, ebenso wie die AHV-Beiträge für das Jahr 2017 in Höhe von CHF 30'000.- berücksichtigt und vom Einkommen nach Ermessen gemäss Veranlagung vom 14. Januar 2019 in Höhe von CHF 310'000.- in Abzug gebracht. Daraus resultierte schliesslich ein steuerbares Einkommen nach pflichtgemässem Ermessen aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von CHF 255'769.- für die Steuerperiode 2017.

 

       Können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei ermittelt werden, nimmt die VB eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vor. Sie kann dabei Erfahrungszahlen, Vermögensentwicklung und Lebensaufwand der Steuerpflichtigen berücksichtigen (§ 147 StG, Art. 130 DBG, je Abs. 2; KSG vom 4. Dezember 2017, a.a.O., E. 2).

 

       Die von den Rekurrenten/Beschwerdeführern offerierten Beweismittel (ELIGO-Programm; SantéSuisse Solothurn) vermögen keine Willkür hinsichtlich des pflichtgemässen Ermessens zu begründen. Schliesslich wurden diese Beweismittel zu spät offeriert. Bei einer Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen können im Rechtsmittelverfahren eingereichte Unterlagen nicht berücksichtigt werden (KSG vom 1. April 2019, SGSTA.2018.42; BST.2018.41, E. 3.2, unter gerichtsentscheide.so.ch).

 

       Entgegen dem Standpunkt der Rekurrenten/Beschwerdeführer liegen keine objektiven Anhaltspunkte für eine Ermessensüberschreitung bzw. einen Ermessensmissbrauch vor. Dass weder eine Ermessensüberschreitung noch ein Ermessensmissbrauch vorliegen, wird im Übrigen auch damit bestätigt, dass das mit Verfügung bzw. Einspracheentscheid vom 16. August 2019 ermessensweise festgelegte Einkommen der Rekurrenten/Beschwerdeführer aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von CHF 255'769.- sich an der ersten, von den Rekurrenten/Beschwerdeführern mit der Steuererklärung am 24. Mai 2018 selbst eingereichten Jahresrechnung mit einem darin ausgewiesenen Umsatz von CHF 437'214.69 orientiert. Insofern basiert das nach pflichtgemässem Ermessen bemessene Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit auf den von den Rekurrenten/Beschwerdeführern eigens deklarierten Angaben und ist somit nicht willkürlich.

 

 

7.    Auch hinsichtlich der Fahrzeuge sind die Ausführungen der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin plausibel und nachvollziehbar. Mehr als ein Geschäftsfahrzeug lässt sich vorliegend geschäftsmässig nicht begründen. Indem die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin mit dem Mercedes Benz das kostenintensivste Fahrzeug als Geschäftsfahrzeug akzeptierte, obwohl offenbar häufig auch der Opel Astra als Geschäftsfahrzeug benutzt wurde, wurden im Endeffekt gar höhere Kosten zum Abzug zugelassen, als offenbar tatsächlich anfielen.

 

       Für eine solche Lösung sprechen im Übrigen auch die Ausführungen der Rekurrenten/Beschwerdeführer selbst, welche in Beweissatz 138 der Rekurs-/Beschwerdeschrift vom 22. März 2021 ausführten, dass die Familie ….. drei (Wechselschild-)Autonummern für insgesamt fünf Fahrzeuge besitze und dass eine der Autonummern vom Sohn für seine Privatzwecke verwendet werde. Insofern geht allein schon daraus hervor, dass für die geschäftlichen Fahrten des Rekurrenten/Beschwerdeführers als Arzt jeweils nur eines der Fahrzeuge verwendet werden konnte. Die Darstellung der Rekurrenten/Beschwerdeführer, wonach die Rekurrentin/Beschwerdeführerin «als nichtärztliche Assistenz» mit einem eigenen Fahrzeug zu den jeweiligen Patienten fahren soll, ist nicht rechtsgenüglich dokumentiert. Eingestanden wird von den Rekurrenten/Beschwerdeführern, dass die Ehefrau das Fahrzeug benutzt, um «zur Arbeit in die Praxis» (Beweissatz 138 der Rekurs-/Beschwerdeschrift vom 22. März 2021) zu fahren, was - wie die Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin richtig ausführte - als private Fahrten zu qualifizieren sind.

 

 

8.    Die Rekurrenten/Beschwerdeführer machen hinsichtlich der Telefonkosten im Wesentlichen geltend, dass sowohl alle Telefonkosten für die Praxis, jene für die Mobiltelefone als auch für Telefonanschlüsse an der privaten Wohnadresse der Rekurrenten/Beschwerdeführer als geschäftsmässige Kosten zu akzeptieren seien. Begründet wurde dies in erster Linie mit dem Beweissatz 154 der Stellungnahme vom 12. Mai 2021, wonach die Arztpraxis während 24 Stunden am Tag und während 365 Tagen pro Jahr (sogar in den Ferien) betrieben werde und Anrufe auf die verschiedenen Telefonleitungen auch auf die Privatadresse in …… und auf das Handy der Ehefrau des Arztes umgeleitet würden.

 

       Von den Rekurrenten/Beschwerdeführern allerdings ausser Acht gelassen werden die Gegenargumente der Rekursgegnerin/Beschwerdegegnerin, wonach jedenfalls für die beiden Mobiltelefone und den Telefonanschluss an der Privatadresse der Rekurrenten/Beschwerdeführer eine gemischte Nutzung vorliegen dürfte. Eine Aufrechnung von 50 % der Kosten, namentlich CHF 2'437.-, erscheint als plausibel. Schliesslich machen die Rekurrenten/Beschwerdeführer keinerlei Angaben zur offen gebliebenen Frage, inwieweit auch eine private Nutzung dieser Telefonanschlüsse gegeben ist. Im Endeffekt ist der Rekurs bzw. die Beschwerde daher auch in diesem Punkt abzuweisen.

 

 

9.    Die von den Rekurrenten/Beschwerdeführern in ihrer Rekursschrift/Beschwerdeschrift vom 22. März 2021 gestellten «Rechtsbegehren» (s. S. 2 und 3), der «besondere Verfahrensantrag» (s. S. 3) sowie die «weiteren Rechtsbegehren in der Sache» (s. S. 3 bis 5) sind somit allesamt abzuweisen. Abzuweisen sind aufgrund der vorstehenden Erwägungen zudem auch die zusätzlichen Beweisanträge der Rekurrenten/Beschwerdeführer gemäss Stellungnahme vom 12. Mai 2021.

 

 

10.  Damit unterliegen die Rekurrenten/Beschwerdeführer mit ihren Anliegen. Bei diesem Verfahrensausgang sind ihnen daher die Kosten aufzuerlegen (§ 163 Abs. 1 StG und Art. 144 Abs. 1 DBG). Die Verfahrenskosten sind gestützt auf § 150 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 1 und 5 Gebührentarif (BGS 615.11) auf CHF 3’875.- festzusetzen (Grundgebühr: CHF 3’000.-; Zuschlag: CHF 875.- - strittiges Einkommen CHF 79'524.-, bestehend aus CHF 56'568.- Differenz Praxisreingewinn + CHF 20'519.- Autos + CHF 2'437.- Telefon). Eine Parteientschädigung ist bei diesem Ausgang des Verfahrens nicht zuzusprechen.

 

 

 

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Demnach wird erkannt:

1.    Der Rekurs und die Beschwerde werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.    Die Gerichtskosten von CHF 3'875.- werden den Rekurrenten/Beschwerdeführern zur Bezahlung auferlegt.

Im Namen des Steuergerichts

Der Präsident:                   Der Sekretär:

Dr. Th. A. Müller                W. Hatzinger

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittel:   Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht (Adresse: Schweizerisches Bundesgericht, 1000 Lausanne 14) Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angaben der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten.

 

 

 

 

 

 

 

Dieser Entscheid ist schriftlich zu eröffnen an:

- Rekurrenten/ Beschwerdeführer (eingeschrieben)

- VB Olten-Gösgen (Akten sep. Postzustellung, eingeschrieben)

- KStA, Recht und Aufsicht

- EStV, Hauptabt. dir. BSt, Bern

- Finanzdepartement

- Steuerregisterführer der EG

 

 

 

 

 

 

Expediert am:



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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