Zusammenfassung des Urteils SGSTA.2019.58: Verwaltungsgericht
Das Steuergericht hat entschieden, dass die Hinterziehungsbussen für die Steuerjahre 2006, 2007 und 2008 gegen A. Y. aufgehoben werden und die bereits bezahlten Beträge zurückzuerstatten sind. Die Rekurrentin hat teilweise Recht erhalten und muss Gerichtskosten von CHF 1'000 tragen, erhält jedoch eine reduzierte Parteientschädigung von CHF 1'000. Der Präsident des Gerichts ist Dr. Th. A. Müller und der Sekretär ist W. Hatzinger. Die Gewinnerperson ist weiblich.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | SGSTA.2019.58 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Steuergericht |
Datum: | 08.03.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Steuer; Bundesgericht; Steueramt; Busse; Bussen; Urteil; Steuern; Hinterziehung; Rekurrentin; Verfahren; AHV-Beiträge; Bundesgerichts; Recht; Bussenverfügung; Veranlagung; Bussenverfügungen; Steuerverwaltung; Beschwer; Einsprache; Kirchensteuer; Rekurs; Steuerpflichtigen; Steuergericht; Staat; Verfahrens; Solothurn; Beilage |
Rechtsnorm: | Art. 12 DBG ;Art. 175 DBG ;Art. 32 BGG ; |
Referenz BGE: | 135 III 334; |
Kommentar: | Peter, Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Art. 146 DBG, 2012 |
Geschäftsnummer: | SGSTA.2019.58 |
Instanz: | Steuergericht |
Entscheiddatum: | 08.03.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_SG.2022.8 |
Titel: | Nachsteuern und Hinterziehung Steuerperioden 2006-2010 |
Resümee: | Steuerhinterziehung, § 189 StG, Art. 175 DBG. Hinterziehungsbusse als Sonderdelikt, Beendigung des hängigen Verfahren infolge Todes des Steuerpflichtigen. |
Steuergericht Urteil vom 8. März 2021 Es wirken mit: Präsident: Müller Richter: Flury, Kellerhals Sekretär: Hatzinger In Sachen SGSTA.2019.58; BST.2019.54 A. Y. v.d.
gegen
betreffend Nachsteuern und Hinterziehung Steuerperioden 2006-2010
hat das Steuergericht den Akten entnommen: 1. Mit Urteil vom 18.2.2019 (2C_435/2017) hat das Bundesgericht in teilweiser Gutheissung der Beschwerde der Steuerpflichtigen A. sel. + B. Y-Z bzw. der heutigen Rekurrenten und Beschwerdeführer entschieden, dass das angefochtene Urteil des Steuergerichts vom 20.3.2017 (SGSTA.2016.50; BST.2016.47) betreffend Bundessteuer und Staats- und Gemeindessteuer insoweit aufgehoben und zur Neuveranlagung an das Steueramt des Kantons Solothurn zurückgewiesen wird. Nach den Erwägungen des Bundesgerichts betrifft die Korrektur bei der Bundessteuer sowie der Staats- und Gemeindesteuer einzig die Berücksichtigung der AHV-Beiträge und die Passivierung der evangelisch-reformierten Kirchensteuer bei der Staats- und Gemeindesteuer (vgl. Ziffer 4 der Erwägungen).
2. Nach Rückweisung des Steuerfalles durch das Bundesgericht hat das Steueramt des Kantons Solothurn unter dem Datum vom 4.4.2019 der Rekurrentin neue Steuerrechnungen für die Nachsteuern 2006-2010 sowie die Bussenverfügungen wegen Steuerhinterziehung für die Steuerjahre 2006-2008 für die Staats- und die direkte Bundessteuer und die Zinsrechnungen für die Nachsteuern zugestellt. Auf Verlangen der Rekurrentin stellte ihr das Steueramt mit Schreiben vom 9.4.2019 auch die Nachsteuerveranlagungen für die Steuerjahre 2006-2010 zu. Dieser Verfahrensablauf ergibt sich aus der Einsprache der Rekurrentin vom 3.5.2019 als Beilage 11 des Steueramtes zur Vernehmlassung vom 20.11.2019. Die vorgenannten Bussenverfügungen fehlen bei den Akten des Steueramtes. Die neuen Veranlagungen wurden zuhanden beider Steuerpflichtigen (A. Y-Z sel. + B. Y-Z) eröffnet.
3. Nach Einsprache der heutigen Rekurrenten vom 3.5.2019 erhöhte das Steueramt des Kantons Solothurn in teilweiser Gutheissung mit Entscheid vom 20.8.2019 (zugestellt am 23.8.2019) die passivierten AHV-Beiträge. Die Rückstellung für die Kirchensteuern wurden nicht verändert, weil diese nicht bestritten worden seien. Die entsprechenden neuen Nachsteuerveranlagungen des Steueramtes des Kantons Solothurn datieren vom 14.8.2019. Die neuen Bussenverfügungen mit Zinsrechnungen für Bund und Staat datieren vom 20.8.2019 und wurden der Rekurrentin offenbar zusammen mit den Nachsteuerveranlagungen am 23.8.2019 zugestellt (vgl. Beilage 3 zum Rekurs vom 13.9.2019 mit Kopien der Bussenverfügungen vom 20.8.2019). Das Steueramt hat in seinem Einspracheentscheid die angefochtenen Nachsteuerveranlagungen vom 29.3.2019 durch die Nachsteuerveranlagungen vom 14.8.2019 und anschliessend die angefochtenen Bussenverfügungen vom 4.4.2019 durch die Bussenverfügungen vom 20.8.2019 ersetzt (fehlen bei den Akten).
4. Mit Rekurs und Beschwerde vom 13.9.2019, welche namens A. Y. sel. + B. Y. erhoben wurden, wird vor allem die Aufhebung der Nachsteuerveranlagungen und Zinsrechnungen vom 14.8.2019 betreffend die Steuerjahre 2006-2010 und der Bussenverfügungen mit Zinsrechnungen vom 20.8.2019 betreffend die Steuerjahre 2006-2010 verlangt (Die Bussenverfügungen 2006 bis 2008 sind nur in den Beilagen der Rekurrentin enthalten; in den Beilagen des Steueramtes fehlen sie). In der Rechtsschrift vom 13.9.2019 wird die Umsetzung des Bundesgerichtsurteils vom 18.2.2019 verlangt. Es wird festgehalten, dass die Steuerverwaltung die AHV-Beiträge des verstorbenen Steuerpflichtigen vom im Nachsteuerverfahren noch nicht veranlagten Erwerbseinkommen berechnet und geschätzt habe, obwohl die tatsächlichen AHV-Beiträge inkl. Verwaltungskosten bereits seit dem 30.8.2016 aus dem Rekursverfahren bekannt gewesen seien. Es wird ausgeführt, dass die Leiterin Nachsteuern/Bussen der Steuerverwaltung Solothurn in ihrem E-Mail vom 23.5.2019 an die EStV, womit sie um Anleitung für die korrekte Umsetzung des Bundesgerichtsurteils vom 18.2.2019 ersuchte, wahrheitswidrig behauptet habe, der Rechtsvertreter habe das Bundesgericht nicht über den Tod des steuerpflichtigen Ehemannes orientiert, was nicht zutreffe. Der Rechtsvertreter habe das Bundesgericht sofort nach Erhalt der Mitteilung über den Tod des Steuerpflichtigen telefonisch und schriftlich orientiert. Materiell werden die Nachsteuerveranlagung vom 14.8.2019, die Bussenverfügungen vom 20.8.2019 und der Einspracheentscheid vom 20.8.2019 als „höchst verwirrlich“ erachtet. Im Wesentlichen wird ausgeführt, dass die AHV-Beiträge, soweit die Beitragsrechnungen der Ausgleichskasse vorliegen, nicht zu schätzen und dass die bekannten Beträge einzusetzen seien. Es wird anerkannt, dass die Steuerverwaltung für die Steuerperioden 2006-2008 die tatsächlichen AHV-Beiträge zugrunde gelegt habe. Sie habe dann aber fälschlicherweise angeblich in Rechnung gestellte AHV-Beiträge abgezogen und nur noch einen Differenzbetrag berücksichtigt. Nach Vornahme der Abzüge für die AHV-Beiträge wird für die Veranlagungsperiode 2006 ein im Nachsteuerverfahren zu veranlagendes Einkommen von Fr. 379‘275.00, für die Veranlagungsperiode 2007 ein solches von Fr. 354‘638.00 und für die Veranlagungsperiode 2008 ein solches von Fr. 366‘202.00 ermittelt. Betreffend die Gemeindesteuer für die Kirchgemeinde wird ausgeführt, dass die Steuerverwaltung diesen Steuerbetrag entgegen dem Urteil des Bundesgerichts weder bei der Neuveranlagung noch im Einspracheentscheid berücksichtigt habe, was zu korrigieren sei. Zu den Bussen wird ausgeführt, dass diese nicht rechtskräftig festgesetzt werden könnten, solange keine rechtskräftigen Nachsteuern vorliegen würden. Mit der bundesgerichtlichen Rückweisung zur Neuveranlagung der Nachsteuern an das Steueramt seien sowohl die Nachsteuerveranlagungen wie auch die Bussen wegen Steuerhinterziehung aufgehoben worden. Das Steueramt hätte deshalb sowohl die Nachsteuern wie auch die Bussen wegen Steuerhinterziehung neu festsetzen müssen. Dazu hätte auch die beantragte Aufhebung der Bussenverfügung vom 4.4.2019 infolge Todes des Steuerpflichtigen gehört. Die Weigerung des Steueramtes, auf diesen Antrag einzutreten, sei als formelle Rechtsverweigerung zu qualifizieren. Da A. Y. am XX.XX.2018 während des Verfahrens vor Bundesgericht verstorben sei, also vor rechtskräftiger Festsetzung der Bussen wegen Steuerhinterziehung, sei das Verfahren wegen Steuerhinterziehung einzustellen und die geleisteten Zahlungen für Bussen seien zurückzuerstatten. Schliesslich wird verlangt, dass die Leiterin Nachsteuern/Bussen beim Kantonalen Steueramt in den Ausstand zu treten habe. Sie sei verantwortlich für die nicht korrekte Umsetzung des Urteils des Bundesgerichts wie auch für die ungewöhnlich lange Verfahrensdauer.
5. In ihrer Vernehmlassung vom 20.11.2019 beantragt das Steueramt des Kantons Solothurn die kostenfällige Abweisung von Rekurs und Beschwerde. Zur Frage der Berücksichtigung der AHV-Beiträge der Jahre 2006, 2007 und 2008 erklärt das Steueramt, dass es auf dem der Nachbesteuerung unterliegenden selbständigen Erwerbseinkommen praxisgemäss 10 % AHV-Beiträge abgezogen habe. Dafür verweist das Steueramt auf seine Verfügung vom 20.8.2019 betreffend Nachsteuer. Nach der Einsprache gegen die Veranlagung habe das Steueramt bei der Ausgleichskasse die bestehenden Nachtragsverfügungen eingefordert, welche am 15. Mai 2019 zugestellt worden seien. Anhand dieser Verfügungen habe das Steueramt festgestellt, dass für die Steuerperioden 2006-2008 bereits AHV-Beiträge in Rechnung gestellt worden seien. Dementsprechend habe das Steueramt veranlagt. In der Nachbesteuerung seien keine AHV-Beiträge berücksichtigt worden. Die Veranlagungsbehörde habe das selbständige Erwerbseinkommen für die ursprünglichen Veranlagungen mangels Unterlagen nach Ermessen festgesetzt. Weil eine Ermessensveranlagung die Schätzung nicht spezifizieren müsse, würden AHV-Beiträge im ursprünglichen Veranlagungsverfahren als berücksichtigt gelten. Die Bezahlung der AHV-Beiträge würde sich im Umstand zeigen, dass sie in den Nachtragsverfügungen vom 27.7.2016 abgezogen worden seien. Zur Frage der Kirchensteuer hält das Kantonale Steueramt fest, dass diese in der Veranlagung nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 18.2.2019 passiviert worden seien. Dies würde sich auch aus dem Vergleich der Verfügung des Steueramtes vom 19.8.2019 mit dem Schuldenverzeichnis 2008-2010 ergeben. Da die Passivierung nicht angefochten worden sei, sei sie im Einspracheentscheid nicht angepasst worden. Durch die Minderung des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit durch die angepassten AHV-Beiträge aufgrund der Nachtragsverfügungen vom 27.7.2016 sei die Passivierung eher zu hoch ausgefallen. Es würde für die Rekurrentin an der Beschwer fehlen. Bezüglich Hinterziehung habe das Bundesgericht im Urteil vom 19.2.2019 festgehalten, dass die Beschwerde nur hinsichtlich der fehlenden Rückstellung für AHV-Beiträge und die Passivierung der Kirchensteuer gutgeheissen worden sei. Im Übrigen als auch in Bezug auf die Hinterziehung sei die Beschwerde abgewiesen worden. Das Bundesgericht bestimme, in welchen Punkten die Veranlagungen zu korrigieren seien. Zur Hinterziehung habe das Bundesgericht nichts geäussert. Vielmehr habe das Bundesgericht Bestand und Umfang der Strafe bestätigt. Das Urteil des Bundesgerichts sei rechtskräftig und es sei dem Kantonalen Steueramt verwehrt, andere Thematiken als solche, welche zur Rückweisung führten, aufzunehmen. Das Kantonale Steueramt habe in seiner Verfügung vom 20.8.2019 vorerst über die Nachsteuer entschieden. Über die Hinterziehung sei zu diesem Zeitpunkt noch kein Entscheid ausgefertigt worden. Das Nachsteuer- und das Hinterziehungsverfahren seien unterschiedliche Verfahren, die nur dann zusammengeführt würden, wenn keine Kollisionen mit den Rechtssätzen und den Verfahrensrechten zu befürchten seien. Deshalb habe man nach Eingang von Rekurs und Beschwerde vom 13.9.2019 mit der Ausfertigung eines Entscheides über die Hinterziehung zugewartet. Das Kantonale Steueramt anerkennt, dass der Vertreter der Rekurrentin mit Schreiben vom 4.7.2019, unter Beilage des Ausdrucks des Zivilstandsregisters, über den Tod des Rekurrenten A. Y. orientiert hatte. Das Kantonale Steueramt geht davon aus, dass das Bundesgericht das Verfahren betreffend Hinterziehung nicht zufolge Gegenstandslosigkeit nach Art. 32 Abs. 2 BGG abschreiben konnte. Es verhalte sich im Verfahren vor dem Bundesgericht anders als im kantonalen Beschwerdeverfahren, wenn die beschuldigte Person während des Beschwerdeverfahrens versterbe. Im kantonalen Verfahren führe das Versterben der beschuldigten Person zur Verfahrenseinstellung. Im vorliegenden Fall seien die Bussen bereits im Jahre 2017 bezahlt worden (gestützt auf das Urteil des Bundesgerichts teilweise zurückbezahlt).
6. In der Stellungnahme (Replik) vom 20.12.2019 werden die Rekurs- und Beschwerdeanträge bestätigt. Es wird festgehalten, dass in den Ermessenseinschätzungen die AHV-Beiträge nicht berücksichtigt worden seien. Deshalb seien diese für die Ermittlung des steuerbaren Gewinns von der Ermessenseinschätzung in Abzug zu bringen, was zu den in der Rekurs- und Beschwerdeschrift genannten Beträgen führe. Davon seien die mit den rechtskräftigen Ermessenveranlagungen 2006-2008 bereits veranlagten Gewinne aus selbständiger Erwerbstätigkeit in Abzug zu bringen. Die im Nachsteuerverfahren noch zu veranlagenden Erwerbseinkommen würden sich aus der Differenz des Nettoerwerbseinkommens im Sinne des bundesgerichtlichen Urteils vom 18.2.2019 und der bereits veranlagten Nettoerwerbseinkommen gemäss rechtskräftigen Ermessensveranlagungen 2006-2008 ergeben. Diese Einkommen würden sich für das Jahr 2006 auf Fr. 279‘275.00, für das Jahr 2007 auf Fr. 234‘638.00 und für das Jahr 2008 auf Fr. 196‘202.00 belaufen. Die AHV-Beiträge seien auf diesen Nettoerwerbseinkommen zu passivieren. Die Pflicht zur Passivierung der Kirchensteuern ergebe sich aus dem Urteil des Bundesgerichts vom 18.2.2019. In den Veranlagungen vom 29.3.2019 seien die Kirchensteuern für die Staats- und die direkte Bundessteuer 2006-2010 passiviert worden. Deshalb sei mit der Einsprache vom 3.5.2019 keine diesbezügliche Anfechtung erfolgt. Da das Steueramt in den Veranlagungen vom 14.8.2019 die Passivierungen der Kirchensteuer nicht ausgewiesen habe, sei der Rekurs eingelegt worden, womit die Beschwer offensichtlich gegeben sei. Die Busse wegen Hinterziehung könne erst festgesetzt werden, wenn die Nachsteuer rechtskräftig veranlagt sei. Das Bundesgericht habe in seinem Urteil das Verhalten des Steuerpflichtigen als Hinterziehung wie auch die Bemessung des Bussenkoeffizienten nicht beanstandet und damit die Grundlagen für die Bussenbemessung festgelegt. Das Urteil bedeute aber nicht, dass damit die angefochtenen Hinterziehungsbussen in Rechtskraft erwachsen wären. Es sei vielmehr Sache des Steueramtes, die Nachsteuern im Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts neu zu veranlagen und anschliessend auch die Bussen im Sinne dieser Erwägungen festzusetzen. Dies sei auch deshalb notwendig, um die Rückerstattungsansprüche bezüglich Nachsteuern und Bussen festzustellen. Die Auffassung des Steueramtes, dass mit dem Urteil des Bundesgerichts rechtskräftige Bussenverfügungen vorliegen würden, sei unhaltbar. Die Rekurrentin hält die Ausführung des Steueramtes, dass sie für die Hinterziehung im vorliegenden Fall ein separates Verfahren durchführen würde, für unglaubwürdig. Das Steueramt selber vertrete die Auffassung, dass die Bussen bereits im Jahre 2017 beglichen worden seien und dass damit die vom Bundesgericht beurteilte Strafe bereits zu Lebzeiten vollzogen worden sei. Diese Auffassung stehe insbesondere auch mit der vom Steueramt verhängten Bussenverfügung vom 20.8.2019, welche die Bussenverfügungen vom 4.4.2019 ersetzten, in Widerspruch. Seitens der Rekurrentin wird festgehalten, dass das Bundesgericht das Verfahren - nach Erhalt der Mitteilung über den Tod des Beschwerdeführers - betreffend Hinterziehung nicht abgeschrieben, sondern die Sache zur Neuveranlagung an das Steueramt zurückgewiesen habe. Nach der rechtskräftigen Veranlagung der Nachsteuern obliege es jetzt dem zuständigen Steueramt, auch über die Einstellung des Hinterziehungsverfahrens und über den Rückerstattungsanspruch der Rekurrentin zu befinden. Der Tod eines Steuerpflichtigen während des Steuerstrafverfahrens führe zur Einstellung des Verfahrens, was einem Freispruch gleichgestellt sei. Das Bundesgericht habe in seinem Urteil den Bussenkoeffizienten, nicht jedoch die Busse bestätigt. Mit dem Rückweisungsentscheid seien nicht nur die Nachsteuern, sondern auch die Bussen neu zu veranlagen. Die freiwillige Bezahlung einer nicht rechtskräftigen Steuerforderung einer nicht rechtskräftigen Busse sei keine Anerkennung der Forderung und deshalb kein Hinderungsgrund für eine Rückerstattung bereits bezahlter Beträge. Schliesslich wird nochmals am Antrag auf Ausstand der Leiterin Nachsteuern/Bussen des Steueramtes festgehalten.
****************
Das Steuergericht zieht in Erwägung: 1. Rekurs und Beschwerde sind rechtzeitig eingereicht worden. Sie sind zulässige Rechtsmittel nach kantonalem Steuergesetz und Bundesgesetz über die Bundessteuer. Das Kantonale Steuergericht ist zur Beurteilung zuständig. Die Rekurrenten bzw. ihre Rechtsnachfolgerin, sind durch den Einspracheentscheid beschwert. Auf ihre Rechtsmittel ist daher einzutreten (vgl. § 160 Abs. 1 des Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern vom 1.12.1985, StG; BGS 614.11) sowie Art. 140 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) in Verbindung mit § 4 der kantonalen Vollzugsverordnung zum DBG (BGS 613.31).
2. Rekurs wie Beschwerde betreffen dieselben Rechtsfragen, welche sich aus dem Vollzug des Urteils des Bundesgerichts vom 18.2.2019 (2C_435/2017) ergeben. Deshalb kann darüber in einem einzigen Entscheid befunden werden.
3. Nach dem Tod ihres Ehemannes führt B. Y-Z (im Folgenden: Rekurrentin) das Verfahren im eigenen Namen (wie bisher) als selbständige Steuerpflichtige weiter und vertritt gleichzeitig als Steuernachfolgerin ihren verstorbenen Ehemann (vgl. Art. 12 Abs. 1 DBG; § 18 StG).
4. Mit seinem Urteil vom 18.2.2019 hat das Bundesgericht die Beschwerde der heutigen Rekurrentin „im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen“, insoweit das angefochtene Urteil des Steuergerichts des Kantons Solothurn vom 20.3.2017 betreffend direkte Bundessteuer sowie Staats- und Gemeindesteuern aufgehoben und die Sache zur Neuveranlagung an das Steueramt des Kantons Solothurn zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.
5. Aus den Erwägungen des bundesgerichtlichen Urteils vom 18.2.2019 ergibt sich, dass die Sache in teilweiser Gutheissung zur Neuveranlagung zurückgewiesen wurde, um bei der direkten Bundessteuer noch die Rückstellung für AHV-Beiträge und bei der Staats- und Gemeindesteuer noch die Passivierung der evangelisch-reformierten Kirchensteuer vorzunehmen. Daran ist die untere Instanz gebunden. Dabei dürfen die von der Rückweisung erfassten Streitpunkte nicht ausgeweitet auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt werden. Die mit der Neubeurteilung befasste Instanz hat die rechtliche Beurteilung, mit der die Rückweisung begründet worden ist, ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Die kantonale Instanz ist an den Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts gebunden (vgl. BGE 135 III 334; Urteil des Bundesgerichts 2C_713/2012 vom 3.3.2013; Peter Locher, Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, III. Teil, Basel 2015, Art. 146 N 40).
6. Hinsichtlich der Berücksichtigung der AHV-Beiträge hat die Kantonale Steuerverwaltung nach Eingang des Urteils des Bundesgerichts vom 18.2.2019 die Einschätzungsverfügungen der Ausgleichskasse für die AHV-Beiträge einverlangt. Gestützt auf diese Beitragsverfügungen hat das Steueramt die Rückstellungen für die AHV-Beiträge für die Steuerperioden 2006, 2007 und 2008 in die Nachbesteuerung aufgenommen. Dabei hat die Steuerverwaltung die vor der Meldung der Nachsteuer im Rahmen der Ermessensveranlagung bereits berücksichtigten AHV-Beiträge in Abzug gebracht. Zu Recht ging die Steuerverwaltung dabei davon aus, dass die im Rahmen der rechtskräftigen Ermessensveranlagung bereits berücksichtigten AHV-Beiträge nicht nochmals vom Erwerbseinkommen abgezogen werden können. Insoweit ist die mit dem Einspracheentscheid vom 20.8.2019 vorgenommene Passivierung der AHV-Beiträge auch betragsmässig zu bestätigen. Die von der Steuerverwaltung mit ihrer Veranlagung vom 20.8.2019 festgesetzten Nachsteuern (mit Verzugszinsen) sind zu bezahlen. Insoweit sind die Rechtsmittel abzuweisen.
7. Die Steuerverwaltung führt in ihrer Vernehmlassung vom 20.11.2019 aus, dass sie die Kirchensteuern in ihrer Veranlagung nach dem Bundesgerichtsentscheid vom 18.4.2019 berücksichtigt und passiviert habe. Im Einspracheentscheid vom 20.8.2019 sei diese Passivierung nicht angepasst worden, weil diese nicht angefochten worden und im Übrigen bereits eher zu hoch ausgefallen sei (vgl. Vernehmlassung Ziffer 4). Die Rekurrentin hält in ihrer Replik vom 20.12.2019 fest, dass die Kirchensteuern in der Veranlagung vom 29.3.2019 berücksichtigt und passiviert worden seien. Hingegen seien die Kirchensteuern in der Veranlagung vom 14.8.2019 nicht ausgewiesen worden, weshalb keine Überprüfung möglich gewesen sei. In ihrer Vernehmlassung vom 20.8.2019 hat die Kantonale Steuerverwaltung nur festgehalten, dass die Schätzung der Kirchensteuer nicht bestritten sei. Mit den Rechtsmitteln vom 13.9.2019 verlangt die Rekurrentin die entsprechende Passivierung der Kirchensteuern. Mit Beilage 17 (Schuldenverzeichnis) zur Vernehmlassung vom 20.11.2019 weist die Steuerverwaltung nun nach, dass für die Steuerjahre 2006-2010 für die Kirchensteuer der Rekurrentin jeweils eine Rückstellung von Fr. 16‘644.00 vorgenommen wurde. Damit ist dieser Antrag der Rekurrentin erledigt.
8. Hinsichtlich der Hinterziehungsbussen für die Steuerjahre 2006, 2007 und 2008 ist festzuhalten, dass diese Bussen mit dem Urteil des Bundesgerichts vom 18.2.2019 nicht rechtskräftig festgelegt wurden. Das Bundesgericht hat die Sache im Sinne der teilweisen Gutheissung der Beschwerde zur Neuveranlagung an das Steueramt des Kantons Solothurn zurückgewiesen. Damit wurden auch die Hinterziehungsbussen nicht rechtskräftig. Erst mit der vom Bundesgericht verlangten Berücksichtigung der AHV-Beiträge und der Kirchensteuern liegt eine rechtskräftige Nachsteuerveranlagung als Grundlage für die Bemessung der Steuerbussen vor. Insoweit gehören die Steuerbussen, welche direkt mit der gemäss Bundesgerichtsurteil neu vorzunehmenden Nachsteuerbemessung zusammenhängen, zum Gegenstand der Neubeurteilung nach der Rückweisung des Falles durch das Bundesgericht. Damit erfolgt keine Ausweitung der Streitpunkte und die rechtliche Begründung durch das Bundesgericht wird nicht geändert.
Im vorliegenden Fall hat die Abteilung Sondersteuern des Steueramtes des Kantons Solothurn unter dem Datum vom 4.4.2019 nach dem Entscheid des Bundesgerichts vom 18.2.2019 für den zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbenen Steuerpflichtigen A. Y. Bussen wegen Steuerhinterziehung für Bund und Staat für die Steuerjahre 2006, 2007 und 2008 erlassen (vgl. Einsprache vom 3.5.2019 als Beilage 11 zur Vernehmlassung der Steuerverwaltung vom 20.11.2019 und Beilage 3 zu Rekurs/Beschwerde vom 13.9.2019). Mit der Einsprache vom 3.5.2019 war auch die Aufhebung dieser Steuerbussen vom 4.4.2019 verlangt worden (vgl. Beilage 11 der Steuerverwaltung). Mit den neuen Bussenverfügungen vom 20.8.2019 hat die Steuerverwaltung die Bussen vom 4.4.2019 antragsgemäss aufgehoben und ersetzt (vgl. Beilage 3 zu Rekurs/Beschwerde). Damit sind diese Bussenverfügungen vom 20.8.2019 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens vor dem Kantonalen Steuergericht. Die Belege und deren zeitliche Abfolge lassen keinen anderen Schluss zu. Dies auch, wenn die Kantonale Steuerverwaltung in ihrer Vernehmlassung vom 20.11.2019 ausführt, dass das Hinterziehungsverfahren in diesem Zeitpunkt vom restlichen Verfahren abgetrennt und gar noch nicht entschieden worden sei (vgl. Vernehmlassung vom 20.11.2019, Ziffer 7). Eine Verfahrensaufteilung war der Rekurrentin nie mitgeteilt worden und die zeitliche Übereinstimmung des Einspracheentscheids vom 20.8.2019 mit dem zeitgleichen Erlass der neuen Bussenverfügungen vom 20.8.2019 (die Bussenverfügungen vom 4.4.2019 waren mit derselben Einsprache angefochten worden) lässt keinen anderen Schluss zu, auch wenn die Bussenverfügungen im Einspracheentscheid vom 20.8.2019 nicht erwähnt werden.
Der Rechtsvertreter der Steuerpflichtigen hatte das Bundesgericht mit Schreiben (A-Post plus) vom 13.5.2019 über den Tod seines Mandanten vom … 2018 orientiert. Die Orientierung erfolgte nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 18.2.2019. Zum Zeitpunkt der Urteilsfällung wusste das Bundesgericht also nichts vom Versterben des damaligen Beschwerdeführers. Anders sieht die Situation für die Kantonale Steuerverwaltung aus. Sie wusste spätestens im Zeitpunkt der neuen Bussenverfügungen vom 20.8.2019 vom Tod des Steuerpflichtigen (vgl. insbesondere Beilage 5 der Steuerverwaltung). Im Zeitpunkt der erneuten Bussenveranlagung am 20.8.2019 durch das Kantonale Steueramt lag noch keine rechtskräftige Veranlagung vor.
Die Steuerhinterziehung ist ein Sonderdelikt im Sinne des Strafrechts. Dies bedeutet, dass nur die steuerpflichtige Person Täter sein kann. Strafen haben höchstpersönlichen Charakter und können deshalb nicht vererbt werden. Dazu gehören insbesondere auch steuerrechtliche Hinterziehungsbussen. Weder die Nachkommen noch der überlebende Ehegatte, dessen Steuerfaktoren nicht betroffen sind, können Mittäter sein. Damit ist jeder Ehegatte im Steuereinschätzungsverfahren nur für seine eigenen Steuerfaktoren mitwirkungspflichtig und jeder Ehegatte kann nur für die Hinterziehung seiner eigenen Steuerfaktoren gebüsst werden (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2C_790/2015, 2C_791/2015 vom 3.5.2016; StR 71/2016, S. 722; Urteil 2C_140/2012 vom 2.8.2012; Urs Behnisch, Das Steuerstrafrecht im Recht der direkten Bundessteuer, Bern 1991, S. 360, 363). Dies bedeutet, dass beim Tod des Steuerpflichtigen die ihn betreffenden noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Hinterziehungsverfahren zu beenden sind. Nur das Nachsteuerverfahren kann fortgeführt werden (vgl. Steuerinformationen, herausgegeben von der Schweizerischen Steuerkonferenz SSK, Bern 2020, Strafbestimmungen, Ziffer 2.6.2, S. 14). Dies entspricht auch der Praxis des Bundesgerichts, wonach der Tod der beschuldigten Person während des kantonalen Verfahrens zur Verfahrenseinstellung führt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_16/2012 vom 15.7.2013).
Bei seinem Urteil vom 18.2.2019 wusste das Bundesgericht nichts vom Versterben des Beschwerdeführers A. Y; es hat deshalb das Beschwerdeverfahren fortgesetzt, mit seinem Urteil materiell abgeschlossen und die Sache an die Kantonalen Behörden zurückgewiesen. An diesem Urteil, gegen das es kein ordentliches Rechtsmittel gibt, kann das Steuergericht des Kantons Solothurn nichts ändern. Hingegen muss das Steuergericht im vorliegenden kantonalen Rechtsmittelverfahren das bekannte Vorversterben des Steuerpflichtigen A. Y. sel. berücksichtigen. Mit dem Tod des Steuerpflichtigen erlosch die Möglichkeit, das höchstpersönliche Verfahren betreffend Hinterziehungsbussen, welches vorliegend vor dem Kantonalen Steuergericht hängig ist, weiterzuführen. Das Hinterziehungsverfahren betrifft nur Faktoren von A. Y. und nicht auch seiner Ehefrau und heutigen Rekurrentin. Diese ist als Erbin und Ehefrau auch nicht für allfällige Steuerbussen (sog. “Erbenbusse“) ihres Ehemannes haftbar (vgl. Bundesgesetz über die Aufhebung der Haftung der Erben für Steuerbussen vom 8.10.2004, AS 2005, 1051). Damit entfällt das Streitsubjekt im vorliegenden Verfahren betreffend Hinterziehung vor dem Steuergericht. Das Hinterziehungsverfahren kann nicht zu Ende geführt werden und ist als gegenstandslos geworden abzuschreiben (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_140/2012 vom 2.8.2012, mit Hinweisen; Urteil 6B_1389/2017 vom 19.9.2018). Damit sind die drei im vorliegenden Verfahren hängigen Hinterziehungsbussen für die Steuerjahre 2006, 2007 und 2008 aufzuheben und der Rekurrentin sind die dafür bereits dem Kantonalen Steueramt bezahlten Beträge zurückzuerstatten. Insoweit sind Rekurs und Beschwerde gutzuheissen. Davon nicht betroffen ist das Verfahren betreffend Nachsteuern.
9. Bei diesem Verfahrensausgang erübrigt sich die Beurteilung des von der Rekurrentin verlangten Ausstandes der Leiterin Nachsteuern/Bussen beim Kantonalen Steueramt.
10. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Rekurrentin anteilsmässig Kosten zu tragen (§ 163 Abs. 1 StG). Die Gerichtskosten sind in Anwendung der §§ 3 und 150 des Gebührentarifs (GT, BGS 615.11) auf Fr. 2'000.00 festzusetzen und der Rekurrentin im Umfang von Fr. 1'000.00 aufzuerlegen. Die übrigen Kosten trägt der Staat. Zudem ist der teilweise obsiegenden Rekurrentin eine reduzierte Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. § 163 Abs. 4 StG). Diese ist auf Fr. 1'000.00 festzulegen (inkl. Auslagen und MwSt; §§ 160 f. GT).
****************
Demnach wird erkannt: 1. Rekurs und Beschwerde werden im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen und die Hinterziehungsbussen gegen A. Y. sel. betreffend die Steuerjahre 2006, 2007 und 2008 aufgehoben. Der Rekurrentin/Beschwerdeführerin sind die dafür dem Kantonalen Steueramt bezahlten Beträge zurückzuerstatten. Im Übrigen werden Rekurs und Beschwerde abgewiesen. 2. Der Rekurrentin/Beschwerdeführerin werden Gerichtskosten von Fr. 1'000.00 zur Bezahlung auferlegt. 3. Der Rekurrentin/Beschwerdeführerin wird zulasten des Staates eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 1'000.00 (inkl. Auslagen und MwSt) zugesprochen. Im Namen des Steuergerichts Der Präsident: Der Sekretär: Dr. Th. A. Müller W. Hatzinger
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht (Adresse: Schweizerisches Bundesgericht, 1000 Lausanne 14) Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angaben der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten.
Dieser Entscheid ist schriftlich zu eröffnen an: - Vertreter der Rekurrentin/ Beschwerdeführerin (eingeschrieben) - KStA, Sondersteuern (mit Akten) - KStA, Recht und Aufsicht - Finanzdepartement - Steuerregisterführer EG - EStV, Hauptabt. dir. BSt, Bern
Expediert am: |
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.