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Urteil Verwaltungsgericht (SO - SCBES.2024.28)

Zusammenfassung des Urteils SCBES.2024.28: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdeführerin A.___ wurde von der Gläubigerin C.___ auf einen Betrag von CHF 8'667.70 betrieben. Nachdem die Beschwerdeführerin Rechtsvorschlag erhoben hatte, beantragte sie beim Betreibungsamt Region Solothurn, die Betreibung nicht an Dritte weiterzugeben. Das Betreibungsamt lehnte den Antrag ab, woraufhin die Beschwerdeführerin Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs einreichte. Trotz der Argumentation der Beschwerdeführerin, dass die Forderung an die B.___ AG abgetreten wurde und diese die Zahlung getätigt habe, wurde die Beschwerde abgewiesen. Die Betreibung bleibt für Dritte einsehbar.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts SCBES.2024.28

Kanton:SO
Fallnummer:SCBES.2024.28
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
Verwaltungsgericht Entscheid SCBES.2024.28 vom 09.04.2024 (SO)
Datum:09.04.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Betreibung; Schuld; SchKG; Betreibungsamt; Forderung; Schuldner; Gläubiger; Schuldbetreibung; Konkurs; Gesuch; Zahlung; Verfahren; Nichtbekanntgabe; Urteil; Region; Solothurn; Betreibungsamtes; Aufsichtsbehörde; Gläubigerin; Wesentlichen; Betreibungen; Schuldübernahme; Frist; Zivilprozess; Rechtsöffnung; Bundesgericht; Zahlungsbefehl; Rechtsvorschlag; Stellung
Rechtsnorm: Art. 175 OR ;Art. 20a KG ;Art. 79 KG ;
Referenz BGE:121 III 256; 147 III 486;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts SCBES.2024.28

 
Geschäftsnummer: SCBES.2024.28
Instanz: Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
Entscheiddatum: 09.04.2024 
FindInfo-Nummer: O_SC.2024.27
Titel: Nichtbekanntgabe einer Betreibung an Dritte

Resümee:

 

Aufsichtsbehörde für

Schuldbetreibung und Konkurs

 

 

 

 

 

Urteil vom 9. April 2024  

Es wirken mit:

Präsidentin Hunkeler

Oberrichter Frey

Oberrichterin Kofmel   

Gerichtsschreiber Isch

In Sachen

A.___, vertreten durch B.___ AG,

 

Beschwerdeführerin

 

 

gegen

 

 

Betreibungsamt Region Solothurn,

 

Beschwerdegegner

 

betreffend     Nichtbekanntgabe einer Betreibung an Dritte


zieht die Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs in Erwägung:

I.

 

1.1 Mit Zahlungsbefehl Nr. [...] betrieb die C.___ (nachfolgend Gläubigerin), A.___ (nachfolgend Beschwerdeführerin) auf einen Betrag von CHF 8'667.70. Als Grund wurde «Prozesskosten (Parteientschädigung) gemäss Urteil des Kantonsgerichtes Luzern vom 19. Juni 2023 in Sachen C.___» angegeben. Gegen den Zahlungsbefehl, welcher der Beschwerdeführerin am 12. September 2023 zugestellt wurde, erhob diese fristgerecht Rechtsvorschlag.

 

1.2 Am 21. Februar 2024 reichte die Beschwerdeführerin beim Betreibungsamt Region Solothurn ein Gesuch um Nichtbekanntgabe der obengenannten Betreibung Nr. [...] an Dritte ein.

 

1.3 Mit Schreiben vom 29. Februar 2024 (BA [Akten des Betreibungsamtes] 2) nahm der Vertreter der Gläubigerin zuhanden des Betreibungsamtes zum Gesuch der Beschwerdeführerin Stellung und führte im Wesentlichen aus, die Schuldnerin habe die Forderung am 8. September 2023 inkl. Zinsen bezahlen lassen.

 

1.4 Mit Verfügung vom 1. März 2024 wies das Betreibungsamt das Gesuch der Beschwerdeführerin um Nichtbekanntgabe der Betreibung Nr. [...] an Dritte ab.

 

2. Gegen diese Verfügung lässt die Beschwerdeführerin, vertreten durch die B.___ AG, am 12. März 2024 (Datum Postaufgabe) fristgerecht Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs erheben und macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdeführerin habe die gegen sie bestehende Forderung an die B.___ AG abgetreten. Die Zahlung vom 8. September 2023 sei danach ausschliesslich durch die B.___ AG getätigt worden. Somit sei die Betreibung Dritten nicht mehr bekannt zu geben.

 

3. Mit Vernehmlassung vom 22. März 2024 stellt das Betreibungsamt den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, mit Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG habe der Gesetzgeber dem Betriebenen die Möglichkeit geben wollen, ungerechtfertigte Betreibungen Dritten gegenüber nicht mehr sichtbar zu machen. Mit der Bezahlung der Betreibung habe die Beschwerdeführerin die Forderung anerkannt, womit die Betreibung als gerechtfertigt erscheine und sich ein Verfahren nach Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 147 III 486) erübrige. Die Schuldübernahme durch die B.___ AG sei in diesem Zusammenhang irrelevant.

 

4. Mit Stellungnahme vom 3. April 2023 lässt sich die Beschwerdeführerin abschliessend vernehmen und führt ergänzend aus, die Gläubigerin habe die von der B.___ AG getätigte Zahlung von CHF 8'947.80 vorbehaltlos angenommen, womit sie die Forderungsabtretung (recte: Schuldübernahme) als rechtmässig akzeptiert habe. Somit werde die Beschwerdeführerin zu Unrecht betrieben und der Anspruch auf Nichtbekanntgabe der Betreibung sei gegeben.

 

II.

 

1.1 Gemäss dem seit 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG geben Ämter Dritten von einer Betreibung keine Kenntnis, wenn der Schuldner nach Ablauf einer Frist von drei Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls ein entsprechendes Gesuch gestellt hat, sofern der Gläubiger nach Ablauf einer vom Betreibungsamt angesetzten Frist von 20 Tagen den Nachweis nicht erbringt, dass rechtzeitig ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlages (Art. 79 - 84) eingeleitet wurde; wird dieser Nachweis nachträglich erbracht wird die Betreibung fortgesetzt, wird sie Dritten wieder zur Kenntnis gebracht.

 

1.2 Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG wurde im Wesentlichen deshalb eingeführt, um den Schutz betroffener Personen vor den nachteiligen Auswirkungen ungerechtfertigter Betreibungen zu erhöhen. Es sollte Abhilfe geschaffen werden für den Fall, dass eine Betreibung in missbräuchlicher Weise zumindest ungerechtfertigt in ungerechtfertigter Höhe eingeleitet wurde. Im Visier standen einerseits Schikanebetreibungen, d.h. Betreibungen, die von der betreibenden Person wider besseres Wissen eingeleitet werden, andererseits Betreibungen von teilweise vollständig bestrittenen Forderungen (vgl. Jürgen Brönnimann, Zivilprozess und Vollstreckung national und international, Schnittstellen und Vergleiche, 2018, S. 405).

 

2. Der Wortlaut von Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG verlangt, dass der Gläubiger ein Verfahren zur Beseitigung des Rechtsvorschlags (Art. 79 - 84 SchKG) einleitet. Ob es sich dabei um ein im summarischen Verfahren behandeltes Rechtsöffnungsbegehren (Art. 251 lit. a ZPO) handeln muss auch ein ordentlicher Zivilprozess in Frage kommt, ist nicht ausdrücklich festgehalten. Der Verweis auf Art. 79 - 84 SchKG, welche grossmehrheitlich das summarische Rechtsöffnungsverfahren betreffen, deutet eher auf Ersteres hin. Art. 79 SchKG hält indes fest, dass der Gläubiger seinen Anspruch im Zivilprozess im Verwaltungsverfahren geltend zu machen hat. Ein ordentlicher Zivilprozess (Anerkennungsklage) ist damit zumindest nicht ausgeschlossen, zumal ein Rechtsöffnungstitel nicht zwingend bei Einleitung der Betreibung bereits vorzuliegen hat und dessen Nichtvorliegen somit auch nicht darauf schliessen lässt, dass die Betreibung ungerechtfertigt wäre (vgl. BSK SchKG I-Staehelin, Art. 80 N 13 und Art. 82 N 20, in: Adrian Staehelin/Thomas Bauer/Daniel Staehelin [Hrsg.], Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs I, Basler Kommentar, 2. A., Basel 2010). So hält denn auch die diesbezügliche Weisung der Oberaufsicht SchKG fest, der Nachweis der Einleitung eines Verfahrens könne sich «aus einer Postaufgabe Eingangsbestätigung des Gesuchs um Rechtsöffnung der Anerkennungsklage ergeben» (Weisung der Dienststelle Oberaufsicht für Schuldbetreibung und Konkurs Nr. 5 vom 18. Oktober 2018).

 

3. Wie das Betreibungsamt mit Verweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung korrekt festgehalten hat, kann ein Schuldner, welcher eine Forderung nach Anhebung der Betreibung bezahlt hat, die Bekanntgabe der Betreibung an Dritte nicht mit einem Gesuch nach Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG verhindern (BGE 147 III 486 E. 3). Aufgrund der Bezahlung der in Betreibung gesetzten Forderung durch die B.___ AG kann angenommen werden, dass es sich vorliegend nicht um eine ungerechtfertigte Betreibung handelt, weshalb es der ratio legis von Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG widersprechen würde, Dritten keine Kenntnis der betreffenden Betreibung zu geben. Daran ändert auch die interne Schuldübernahme durch die B.___ AG vom 7. bzw. 9. August 2023 (vgl. B [Beschwerdebeilage] 3) und die nachfolgende Zahlung der Forderung durch diese am 8. September 2023 (vgl. B 4) nichts. Die interne Schuldübernahme gemäss Art. 175 OR ist ein Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Schuldübernehmer, in welchem der Schuldübernehmer verspricht, den Schuldner von dessen Schuld zu befreien. Ein Schuldnerwechsel wird dadurch nicht bewirkt. Diese interne Abmachung zwischen Schuldner und Schuldübernehmer berührt die Stellung des Gläubigers nicht (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_390/2020 vom 9. Februar 2021 E. 4.2; BGE 121 III 256 E. 3b). Daran ändert der Umstand, dass die Gläubigerin die Bezahlung durch die B.___ AG angenommen hat, nichts. Da es somit im vorliegenden Verfahren nicht zu einem Schuldnerwechsel gekommen ist, hat dies auch keine Auswirkungen auf den betreffenden Betreibungsregistereintrag. Demnach ist die Argumentation der Beschwerdeführerin unbehelflich.

 

4. Die Verfügung des Betreibungsamtes Region Solothurn vom 1. März 2024 ist somit zu bestätigen und die dagegen erhobene Beschwerde abzuweisen. Die Betreibung Nr. [...] des Betreibungsamtes Region Solothurn bleibt demnach für Dritte weiterhin einsehbar.

 

5. Das Beschwerdeverfahren ist nach Art. 20a SchKG und Art. 61 Abs. 2 lit. a GebV SchKG unentgeltlich. Die Ausrichtung einer Parteientschädigung kommt nicht in Betracht (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen. Die Betreibung Nr. [...] des Betreibungsamtes Region Solothurn bleibt für Dritte weiterhin einsehbar.

2.    Es werden keine Kosten erhoben.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs

Die Präsidentin                                                                 Der Gerichtsschreiber

Hunkeler                                                                           Isch

 

 

Das Bundesgericht hat mit Urteil vom 29. August 2024 die dagegen erhobene Beschwerde gutgeheissen (BGer 5A_245/2024).

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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