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Urteil Verwaltungsgericht (SO - SCBES.2022.17)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:SCBES.2022.17
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
Verwaltungsgericht Entscheid SCBES.2022.17 vom 12.07.2022 (SO)
Datum:12.07.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Die Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs hat am 12. Juli 2022 entschieden, dass die Beschwerde von A.___ gegen die Pfändungsankündigung des Betreibungsamtes Dorneck-Thierstein abgewiesen wird. A.___ hatte beantragt, die Pfändungsankündigung aufzuheben, da er angab, den Zahlungsbefehl nicht erhalten zu haben. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Zustellung gemäss dem Haager Übereinkommen korrekt erfolgt war. Da die Beschwerde verspätet war, wurde nicht darauf eingetreten. Es wurden keine Kosten erhoben, und es besteht die Möglichkeit, beim Bundesgericht Beschwerde einzureichen.
Schlagwörter: Betreibung; Zustellung; Zahlungsbefehl; Betreibungsamt; SchKG; Pfändung; Pfändungsankündigung; Betreibungsamtes; Schuldbetreibung; Konkurs; Dorneck; Thierstein; Zahlungsbefehls; Person; Recht; Urteil; Gläubiger; Urkunde; Schuldner; Unterschrift; Haager; Übereinkommen; Arrest; Zivil; Basler; Kommentar; Basel; Aufsichtsbehörde; Dorneck-Thierstein; Beschwerdeführers
Rechtsnorm: Art. 17 KG ; Art. 179 ZPO ; Art. 20a KG ; Art. 66 KG ; Art. 69 KG ; Art. 72 KG ;
Referenz BGE:114 III 55; 117 III 10; 128 III 101; 136 III 575;
Kommentar:
Thomas Geiser, Basler Zivilgesetzbuch I, Art. 9 ZGB, 2018
Entscheid
 
Geschäftsnummer: SCBES.2022.17
Instanz: Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
Entscheiddatum: 12.07.2022 
FindInfo-Nummer: O_SC.2022.52
Titel: Pfändungsankündigung

Resümee:

 

Aufsichtsbehörde für

Schuldbetreibung und Konkurs

 

 

 

 

Urteil vom 12. Juli 2022    

Es wirken mit:

Präsident Marti

Oberrichter Flückiger

Oberrichter Kiefer   

Gerichtsschreiber Schaller

In Sachen

A.___,

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

1.    Betreibungsamt Dorneck,

2.    B.___, vertreten durch Fabrizio Gabrielli und/oder Livio Marelli,

 

Beschwerdegegner

 

betreffend     Pfändungsankündigung


zieht die Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs in Erwägung:

I.

 

1. Am 16. Februar 2022 erhob A.___ (im Folgenden der Beschwerdeführer) in der Betreibung Nr. [...] Beschwerde gegen die Pfändungsankündigung des Betreibungsamtes Dorneck-Thierstein vom 2. Februar 2022. Seine Anträge lauten wie folgt:

1. Es sei festzustellen, dass dem Beschwerdegegner der angebliche Zahlungsbefehl Nr. [...] des Betreibungsamtes Dorneck und Thierstein weder am 3. Januar 2022 noch bis zum Datum der vorliegenden Aufsichtsbeschwerde zugestellt worden ist.

2. Demzufolge sei die Pfändungsankündigung des Betreibungsamtes Dorneck und Thierstein vom 2. Februar 2022 den angeblichen Zahlungsbefehl Nr. [...] des hiervor genannten Betreibungsamtes beschlagend vollumfänglich aufzuheben.

3. Überdies sei festzustellen, dass die Prosekution des Arrestbefehls Nr. [...] vom 1. Februar 2021 des Richteramtes Dorneck-Thierstein gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung seit über einem Jahr nicht rechtsgenüglich stattgefunden hat, weswegen infolgedessen ebenso festzustellen sei, dass der Arrest am Arrestgegenstand gemäss Arrestbefehl Nr. [...] des Richteramtes Dorneck-Thierstein dahingefallen ist.

4. Alles unter o/e-Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

 

2. Das Betreibungsamt schloss in seiner Vernehmlassung vom 24. Februar 2022 auf Abweisung der Beschwerde, unter allfälliger Kostenfolge zulasten des Beschwerdeführers.

 

3. Der Gläubiger B.___, dem Gelegenheit zur Stellungnahme geboten wurde, beantragte am 11. März 2022 die Abweisung der Beschwerde, u.K.u.E.F.

 

4. Der Beschwerdeführer reichte am 29. März 2022 eine weitere Stellungnahme ein. Der Gläubiger liess sich dazu am 11. April 2022 ebenfalls noch einmal vernehmen.

 

5. Auf die Ausführungen der Parteien und des Betreibungsamtes wird im Folgenden soweit entscheidrelevant eingegangen. Im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

 

 

II.

 

1. Der Beschwerdeführer gibt an, die Pfändungsankündigung sei ihm am 7. Februar 2022 zugestellt worden. Gemäss Track & Trace wurde ihm die Pfändungsankündigung jedoch bereits am 5. Februar 2022 zugestellt. Die 10-tägige Beschwerdefrist gemäss Art. 17 Abs. 2 SchKG ist demnach am 15. Februar 2022 abgelaufen (zur Zustellung eines Zahlungsbefehls am Samstag und zum Fristenlauf: BGE 114 III 55). Die am 16. Februar 2022 der Post übergebene Beschwerde erweist sich demnach als verspätet. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.

 

2. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass ihm der Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. [...] zugestellt worden ist. Eine Betreibung, in welcher der Zahlungsbefehl wegen fehlerhafter Zustellung nicht in die Hände des Betriebenen gelangt ist, ist nichtig (BGE 128 III 101). Es ist deshalb von Amtes wegen zu prüfen, ob der Beschwerdeführer vom Zahlungsbefehl Kenntnis erhalten hat.

 

3. Der Beschwerdeführer bringt dazu im Wesentlichen vor, das Betreibungsamt lasse den Beweis offen, dass die Zustellungsform des Zahlungsbefehls (Art. 69 ff. SchKG) gemäss Art. 72 SchKG gewahrt worden sei. Der Beamte, der die Zustellung tatsächlich vorgenommen habe, müsse auf der Urkunde bescheinigen, an welchem Tage und an wen die Zustellung erfolgt sei. Der Zahlungsbefehl sei als Betreibungsurkunde grundsätzlich dem Schuldner persönlich auszuhändigen und dürfe deshalb nicht einfach in den Briefkasten eingeworfen werden. Gemäss den Akten der Behörden in [...] sei ihm am 17. Dezember 2021 ein Exemplar der Urkunde ausgehändigt worden. Ihm sei nichts dergleichen ausgehändigt worden und er habe auch keinen Empfang quittiert. Wie dem «Zustellzeugnis / Attestation», welches angeblich am 17. Dezember 2021 ausgefertigt worden sein solle, entnommen werden könne, sollten die behaupteten Schriftstücke «durch einfache Übergabe» (und nicht durch in einer der gesetzlichen Formen gemäss Art. 72 Abs. 2 SchKG) dem Beschwerdeführer ausgehändigt worden sein. Dies genüge den rechtlichen Anforderungen von Art. 72 Abs. 2 SchKG nicht. Auf dem vom Betreibungsamt beigelegten Zahlungsbefehl (Gläubigerexemplar) seien auf der zweiten Seite unter «Unterschrift der zustellenden Person» der Stempel des Betreibungsamtes Thierstein (ohne Personenangabe einer zustellenden Person) sowie das Zustellungsdatum mit dem 19. Dezember 2021 angegeben. Letzteres sei befremdlich, denn das angebliche «Zustellungszeugnis/ Attestation» nenne unter «Ausgefertigt in / am» den 17. Dezember 2021. Genau an der Stelle «Unterschrift der zustellenden Person» müsste beim nicht vorhandenen Exemplar für den Schuldner der entsprechende Stempel der «Gendarmerie Nationale» sowie die Unterschrift des zustellenden französischen Gendarmen sein (und nicht der Amtsstempel des Betreibungsamtes ohne Unterschrift der zustellenden Person wie beim Gläubigerexemplar).

 

4. Wohnt der Schuldner im Ausland, so erfolgt die Zustellung nach Art. 66 Abs. 3 SchKG durch die Vermittlung der dortigen Behörden oder, soweit völkerrechtliche Verträge dies vorsehen wenn der Empfängerstaat zustimmt, durch die Post. Besteht ein Staatsvertrag, hat sich das Betreibungsamt an dessen Bestimmungen zu halten (BGE 136 III 575 E. 4.2). Im konkreten Fall wohnt der Beschwerdeführer in Frankreich, womit das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15. November 1965 (HZÜ65; SR 0.274.131; im Folgenden das Haager Übereinkommen) zur Anwendung kommt. Darunter fallen praxisgemäss auch die Betreibungsurkunden, sofern sie sich auf zivilrechtliche Forderungen beziehen (Urteil 5A_17/2018 vom 4. Juli 2018; Paul Angst / Rodrigo Rodriguez in: Adrian Staehelin et al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs I, Basel 2021, Art. 66 N 14). Die Zustellung selbst erfolgt regelmässig nach den im ausländischen Staat geltenden Vorschriften. Das Bundesgericht hat entschieden, dass die Zustellung eines Zahlungsbefehls in Deutschland nach erfolglosem Zustellungsversuch durch Niederlegung beim zuständigen Amtsgericht nicht gegen den schweizerischen ordre public verstösst (Paul Angst / Rodrigo Rodriguez, a.a.O., Art. 66 N 14d). Dasselbe gilt in Deutschland bei einer Einlegung in den Briefkasten des Schuldners (Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 19. Dezember 2019, PKG 2019 Nr. 13). Auch eine dem israelischen Recht entsprechende Zustellung durch Anheften an die Wohnungstür ist gültig (Paul Angst / Rodrigo Rodriguez, a.a.O., Art. 66 N 14d). Aus alledem ergibt sich, dass das Betreibungsamt den Zahlungsbefehl dem Beschwerdeführer richtigerweise per Rechtshilfe nach dem Haager Übereinkommen zugestellt hat. Bei dieser Zustellung sind die Formvorschriften des Art. 72 SchKG nicht anwendbar.

 

5. Das Zustellungszeugnis des cour d’appell de Colmar vom 19. Dezember 2021 bescheinigt, dass dem Beschwerdeführer das für ihn bestimmte Exemplar des Zahlungsbefehls persönlich übergeben worden ist (Nous remettons en main propre a A.___ l'exemplaire qui lui est destiné). Dieses Zustellzeugnis gilt als öffentliche Urkunde im Sinne von Art. 179 ZPO. Zustellbescheinigungen sind als öffentliche Urkunden zu qualifizieren (Flavio Lardelli/Meinrad Vetter in: Thomas Geiser et al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, Basel 2018, Art. 9 N 5; BGE 117 III 10 E. 5c). Ausländische öffentliche Urkunden stehen inländischen, soweit sie in der Schweiz anerkannt werden, gleich (Annette Dolge in: Karl Spühler et al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2017, Art. 179 N 7), was vorliegend aufgrund von Art. 6 des Haager Übereinkommens der Fall ist. Dieses ermöglicht nebst den Formen, die das Recht des ersuchten Staates vorschreibt (Art. 5 Abs. 1 lit. a), in Art. 5 Abs. 2 die Zustellung durch einfache Übergabe an den Empfänger. Dementsprechend kann auf dem Zustellungsersuchen diese Zustellungsform angekreuzt werden. Nach Art. 6 Abs. 2 des Haager Übereinkommens enthält das Zustellzeugnis Form, Ort und Zeit der Erledigung sowie die Person, der das Schriftstück übergeben worden ist. Die Angabe des Überbringers, wie sie in Art. 72 Abs. 2 SchKG und vom Beschwerdeführer verlangt wird, ist danach nicht erforderlich. Dem Zustellungszeugnis kommt volle Beweiskraft zu, solange nicht die Unrichtigkeit des Inhalts nachgewiesen ist (Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 19. Dezember 2019, a.a.O.). Der Umstand, dass das Betreibungsamt später auf dem Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls das Datum vom 19. Dezember 2021 ausgefüllt hat, ändert daran nichts. Offensichtlich ist dies in Anlehnung an das Erledigungsschreiben des cour d’appell de Colmar vom 21. Dezember 2021 geschehen, auf dem der Abschluss des Verfahrens am 19. Dezember 2021 festgehalten wird (Dont procés verbal fait et clos a ST LOUIS, le 19 décembre 2021 10 heures 25). Die Zustellung des Zahlungsbefehls am 17. Dezember 2021 ist demnach erstellt.

 

6. Der Zahlungsbefehl wurde dem Beschwerdeführer zugestellt. Die Fortsetzung der Betreibung mit dem Erlass der Pfändungsankündigung ist daher nicht nichtig. Zufolge der Verspätung der Beschwerde ist auf die weiteren, gegen die Pfändungsankündigung gerichteten Rechtsbegehren des Beschwerdeführers nicht einzutreten. Ohnehin beruhen diese auf der widerlegten Behauptung, dass der Zahlungsbefehl nicht zugestellt werden konnte. Abschliessend kann sodann festgehalten werden, dass eine Pfändung auch in Abwesenheit des Schuldners vorgenommen werden kann (Nino Sievi in: Adrian Staehelin et al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs I, Basel 2021, Art. 91 N 6).

 

7. Auf die Beschwerde ist demnach nicht einzutreten. Das Beschwerdeverfahren ist nach Art. 20a SchKG und Art. 61 Abs. 2 lit. a GebV SchKG unentgeltlich. Die Ausrichtung einer Parteientschädigung kommt nicht in Betracht (Art. 62 Abs. 2 GebV SchKG).

Demnach wird erkannt:

1.    Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.    Es werden keine Kosten erhoben.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs

Der Präsident                                                                    Der Gerichtsschreiber

Marti                                                                                  Schaller



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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