Kanton: | SO |
Fallnummer: | BKBES.2024.98 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer |
Datum: | 29.08.2024 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Zusammenfassung: | Die Beschwerdekammer des Obergerichts wies den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab, da keine neuen Beweismittel oder Tatsachen vorlagen, die dies rechtfertigen würden. Der Beschwerdeführer hatte angezeigt, dass er nicht ausreichend über eine medizinische Behandlung aufgeklärt worden sei. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass die Einstellungsverfügung bereits ausführlich begründet worden sei und keine Hinweise auf eine Strafbarkeit vorlägen. Der Beschwerdeführer legte keine neuen relevanten Beweise vor. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und die Kosten von CHF 800.00 wurden dem Beschwerdeführer auferlegt. |
Schlagwörter: | Verfahren; Verfahrens; Wiederaufnahme; Infusion; Beweis; Beweismittel; Medikament; Beschwerdeführers; Antikörper; Tatsache; Sachen; Staatsanwaltschaft; Behandlung; Patient; Tatsachen; Einstellung; Gutachten; Zusammenhang; Beschwerden; Einstellungsverfügung; Aufklärung; Verfügung; Patienten; Recht; Beschwerdekammer; Ärzte; Hausarzt; Covid-; üglich |
Rechtsnorm: | Art. 136 StPO ; Art. 323 StPO ; Art. 410 StPO ; |
Referenz BGE: | 141 IV 194; |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | BKBES.2024.98 |
Instanz: | Beschwerdekammer |
Entscheiddatum: | 29.08.2024 |
FindInfo-Nummer: | O_BK.2024.75 |
Titel: | Wiederaufnahme des Verfahrens |
Resümee: |
Obergericht Beschwerdekammer
Beschluss vom 29. August 2024 Es wirken mit: Oberrichterin Hunkeler Oberrichterin Kofmel Gerichtsschreiberin Ramseier In Sachen
Beschwerdeführer
1. Staatsanwaltschaft,
Beschwerdegegnerin
2. B.___, 3. C.___, 4. D.___,
Beschuldigte
betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:
1.1 Am 19. Mai 2022 reichte A.___ Strafanzeige gegen die Ärzte B.___, D.___ und C.___ wegen missbräuchlichen Medikamentenversuchs ein. Durch Täuschung und Falschaussage sei er durch seinen Hausarzt, Dr. med. B.___, in ein Medikamenten-Test-Programm gelockt worden, ohne darüber in Kenntnis gesetzt worden zu sein, dass dieses Medikament von Swissmedic weder geprüft noch zugelassen worden sei; dies untermauert mit der Falschaussage, Donald Trump habe dieses Medikament erhalten und habe sich dadurch schnell von einer Coronainfektion erholt. Es habe die unmittelbare Gefahr der Tötung schweren Körperverletzung bestanden. Eine Aufklärung über die lebensgefährlichen Risiken dieser Behandlung habe nie stattgefunden, auch von den Ärzten im [...] nicht, wo ihm die Infusion am 4. September 2021 gesetzt worden sei. Im Notfallbericht sei der Weg der Vertuschung gewählt worden, indem der Behandlungsbericht verfälscht worden sei.
Mit Verfügung vom 13. Juni 2023 stellte die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung gegen B.___, C.___ und D.___ wegen versuchter schwerer Körperverletzung, evtl. weiterer Delikte ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäss dem zu den Akten gereichten Gutachten von [...] vom 12. Februar 2022 (richtig: 2. Dezember 2022) sei ein Zusammenhang zwischen den von A.___ (nachfolgend Beschwerdeführer) beschriebenen Beschwerden und den für das Medikament Ronapreve bekannten und dokumentierten Nebenwirkungen aus gutachterlicher Sicht nicht überwiegend wahrscheinlich. Beim Beschwerdeführer habe zum Zeitpunkt der Infusion eine signifikante Komorbidität vorgelegen, welche die Beschwerden der begutachteten Person mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erkläre. Das Medikament sei seit dem 15. April 2021 bereits auf der Basis der Ausnahmeregelungen der Covid-19-Verordnung 3 eingesetzt worden, bevor es am 23. Dezember 2021 zugelassen worden sei. Entsprechend sei die Antikörperinfusion des Beschwerdeführers im Rahmen der «Rolling Submission» aus gutachterlicher Sicht indikationsgerecht in-label mit fehlendem erhöhten Aufklärungserfordernis (keine off-label-Situation) erfolgt. Eine Verletzung des medizinischen Standards und der ärztlichen Sorgfaltspflicht des Arztes Dr. med. B.___ und der Ärzte des [...] seien gutachterlich nicht festzustellen.
Auch für die in der Anzeige behauptete Verfälschung des Behandlungsberichts durch C.___ seien gemäss Einstellungsverfügung keinerlei rechtsgenügliche Hinweise vorhanden, die einen hinreichenden Tatverdacht zu rechtfertigen vermöchten. Dem Behandlungsbericht vom 4. September 2023 (richtig: 2021) sei zu entnehmen, dass der Patient bereits von seinem Hausarzt über die Infusion informiert worden sei und eine erneute Aufklärung über die Risiken und den Nutzen der Antikörpertherapie im [...] stattgefunden habe. Zudem sei dem Patienten eine Patienteninformationsbroschüre ausgehändigt worden. Der Patient habe seine mündliche Einwilligung zur Gabe der RegN-COV2-Infusion gegeben. Der Inhalt des Berichts stehe im Einklang mit den aktenkundigen Begebenheiten, wonach der Beschwerdeführer bereits vor seiner Covid-19-Erkrankung mit seinem Hausarzt mögliche Behandlungstechniken, u.a. die hier fragliche Infusion besprochen habe, wobei vereinbart worden sei, dass er sich – für den Fall, dass er eine solche Behandlung wünsche – schnellstmöglich nach Bekanntwerden der Ansteckung melden solle. So habe sich der Beschwerdeführer nach Erhalt des Resultats des Covid-Tests bei seinem Hausarzt gemeldet und sich erkundigt, wie es nun «mit der angepriesenen Hightechmedizin» aussehe. Der Beschwerdeführer bestreite auch nicht, die Patienteninformationsbroschüre erhalten und mit der behandelnden Ärztin über das Medikament gesprochen zu haben. Es liege bezüglich des Umstandes, dass er sich nicht mehr an das Aufklärungsgespräch erinnern könne resp. dessen Existenz bestreite, eine Aussage-gegen-Aussage-Situation vor. Ein schlüssiger Nachweis in Bezug auf eine als Urkundenfälschung relevante Handlung ergebe sich aus dem fraglichen Bericht nicht.
Ein möglicher Zusammenhang zwischen den im Verlauf aufgetretenen Beschwerden von A.___ und der Behandlung durch die RegN-Cov2-Infusion sei gemäss dem Gutachten von [...] nicht überwiegend wahrscheinlich. Eine Verletzung des medizinischen Standards und der ärztlichen Sorgfaltspflicht seien gutachterlich nicht festzustellen.
Diese Verfügung ist unangefochten geblieben.
1.2 Am 5. Juni 2024 beantragte der Beschwerdeführer bei der Staatsanwaltschaft die Wiederaufnahme des Verfahrens. Dr. med. B.___ habe zu Protokoll gegeben, dass die Spike Proteine schon nach kurzer Zeit nicht mehr nachweisbar seien und somit kein Zusammenhang zwischen der Infusion und seinen späteren Beschwerden nachzuweisen sei. Sein Spike-Antikörpertest habe indessen einen Wert von über 1000 ergeben, was dem 100-fachen des Normalwerts entspreche. Den Beweis für die erfolgte Aufklärung müsse der Arzt erbringen. Dies könnten die Ärzte vorliegend nicht. Das Gutachten von [...] sei nichtig und sei zu Unrecht für das Verfahren herangezogen worden. Die Patienteninformation habe weder eine Quelle noch ein Datum. Somit sei erwiesen, dass der zuständige Chefarzt diese eigenhändig abgeändert habe.
1.3 Mit Verfügung vom 19. Juni 2024 wies die Staatsanwaltschaft den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ab. Es lägen weder neue Beweismittel noch neue Tatsachen vor, welche eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen könnten.
2. Gegen diese Verfügung erhob A.___ am 3. Juli 2024 Beschwerde. Staatsanwältin E.___ habe bereits im ersten Fall entschieden und habe somit wegen Befangenheit in den Ausstand zu treten. Er bestreite, jemals ein Einverständnis für die Injektion des Medikamentes gegeben zu haben. Auf das Gutachten von [...] dürfe nicht abgestellt werden. Da die Patienteninformation keine Quelle und kein aktualisiertes Datum trage, sei erwiesen, dass sie eigenhändig abgeändert worden sei. Er habe keine Einverständniserklärung unterschrieben. Er sei auch nie gefragt worden.
3. Die Staatsanwaltschaft beantragte am 30. Juli 2024 die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer habe die Einstellungsverfügung vom 13. Juni 2024 (richtig: 2023) in Rechtskraft erwachsen lassen. Neue Beweismittel und Tatsachen würden keine vorgebracht, auch in der Beschwerde nicht.
4. Angesichts des Verfahrensausgangs kann darauf verzichtet werden, den Beschuldigten Gelegenheit für eine Stellungnahme einzuräumen.
5. Der Beschwerdeführer beantragt den Ausstand von Staatsanwältin E.___ wegen Befangenheit (Art. 56 lit. f der Schweizerischen Strafprozessordnung, StPO, SR 312.0). Dieses Gesuch ist abzuweisen. Es stellt keinen Ausstandsgrund dar, wenn dieselbe Staatsanwältin mit einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens befasst wird, die bereits das Hauptverfahren geführt hatte, im Gegenteil. Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, geht es um die Beurteilung, ob neue Tatsachen Beweismittel vorliegen, die dazu führen könnten, das eingestellte Verfahren wieder aufzunehmen. Dabei macht es Sinn, diejenige Person mit dieser Frage zu betrauen, die den Fall bereits kennt. Eine Befangenheit ist durch diese Konstellation jedenfalls nicht ersichtlich.
6. Nach Art. 323 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Wiederaufnahme eines durch Einstellungsverfügung rechtskräftig beendeten Verfahrens, wenn ihr neue Beweismittel Tatsachen bekannt werden, die für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der beschuldigten Person sprechen (lit. a) und sich nicht aus den früheren Akten ergeben (lit. b).
Die Wiederaufnahmegründe entsprechen weitgehend jenen, die nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO eine Revision begründen. Die Wiederaufnahme eines eingestellten Verfahrens ist jedoch an geringere Voraussetzungen geknüpft als die Revision eines rechtskräftigen Urteils gemäss Art. 410 ff. StPO. Gleichwohl stimmt der Begriff der neuen Beweismittel Tatsachen von Art. 323 Abs. 1 StPO mit demjenigen von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO überein (Urteil des Bundesgerichts 6B_1100/2017 vom 9. März 2018 E. 2.2 mit Verweis auf BGE 141 IV 194 E. 2.3). In diesem Entscheid hat das Bundesgericht festgehalten, Beweismittel seien neu, wenn sie zum Zeitpunkt der Nichtanhandnahme (resp. der Einstellung) unbekannt gewesen seien. Entscheidend sei dabei, ob entsprechende Hinweise in den Akten vorhanden gewesen seien nicht.
7. Die Staatsanwaltschaft stellt sich in der angefochtenen Verfügung zu Recht auf den Standpunkt, aus der Eingabe des Beschwerdeführers vom 5. Juni 2024 ergäben sich keine neuen Tatsachen Beweismittel, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würden. Solche Beweismittel Tatsachen ergeben sich auch nicht aus der Beschwerdeschrift. Die Staatsanwaltschat hat in der Einstellungsverfügung einlässlich begründet, weshalb sie zum Schluss gekommen ist, es gebe keine Hinweise auf eine Strafbarkeit der Beschuldigten einer unbekannten Täterschaft. Sie hat ausführlich dargelegt, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Infusion des fraglichen Medikaments ausreichend aufgeklärt worden ist resp. eine Fälschung des Berichts von 4. September 2021 nicht nachgewiesen werden kann. Ebenso hat sie einlässlich begründet, weshalb sie keinen Zusammenhang zwischen der Infusion und den später geltend gemachten Beschwerden von A.___ erkannte. Dabei stützte sie sich massgeblich auf das Gutachten von [...] vom 2. Dezember 2022, welches der Beschwerdeführer selber in Auftrag gegeben und eingereicht hatte. An dieser Ausgangslage hat sich nichts geändert und der Beschwerdeführer bringt diesbezüglich auch nichts Neues vor. Dass der Beschwerdeführer mit den Schlussfolgerungen des Gutachtens im Nachhinein nicht einverstanden war, war bereits im Hauptverfahren klar geworden (vgl. sein Schreiben an [...] und die entsprechende Bestätigung des Gutachters vom 2. Februar 2023, wonach die Einwände des Beschwerdeführers unbegründet seien und aus seiner Sicht keine weitere Stellungnahme erforderlich sei).
Ebenso hatte sich Dr. B.___ bereits im Hauptverfahren zu den vom Beschwerdeführer erwähnten Spike-Proteinen resp. den Antikörpern und dem Umstand, dass kein Zusammenhang zwischen den späteren Beschwerden des Beschwerdeführers und der Infusion vorliegen könne, geäussert. So hat er in der Stellungnahme vom 5. Juli 2022 zu Handen der [...] ausgeführt, ein solcher Zusammenhang lasse sich viele Monate nach der Therapie kaum begründen, insbesondere weil die infundierten Antikörper schon längst abgebaut seien. Was aber weiterhin im Körper des Beschwerdeführers aktiv sei, seien seine durch die Virusinfektion aktivierten Immunzellen, welche weiter verschiedenste Antikörper gegen Covid-2 produzierten, u.a. nicht nur die zwei in der Infusion enthaltenen Antikörper, sondern auch noch andere Antikörper, welche als Autoantikörper den eigenen Organismus an vielen Stellen angreifen könnten. Die Vorbringen des Beschwerdeführers in der Eingabe vom 5. Juni 2024 sind folglich auch diesbezüglich nicht neu.
Schliesslich legt der Beschwerdeführer auch im Hinblick auf den Notfallbericht vom 4. September 2021 weder ein neues Beweismittel noch eine neue Tatsache vor. Auch dieses Dokument war wie erwähnt bereits Gegenstand der Einstellungsverfügung.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass kein Grund für eine Wiederaufnahme des mit Einstellungsverfügung rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens bestand und besteht. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist entsprechend abzuweisen.
8. Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten von total CHF 800.00 zu Lasten des Beschwerdeführers. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde resp. einer Zivil- Strafklage abzuweisen (vgl. Art. 136 Abs. 1 StPO).
Demnach wird beschlossen:
1. Das Ausstandsgesuch gegen Staatsanwältin E.___ wird abgewiesen. 2. Die Beschwerde wird abgewiesen. 3. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 800.00 gehen zu Lasten des Beschwerdeführers.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts Der Präsident Die Gerichtsschreiberin Frey Ramseier
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