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Urteil Verwaltungsgericht (SO - BKBES.2024.57)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:BKBES.2024.57
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Beschwerdekammer
Verwaltungsgericht Entscheid BKBES.2024.57 vom 20.08.2024 (SO)
Datum:20.08.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Die Beschwerdekammer des Obergerichts hat entschieden, dass die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung abgewiesen wird. Der Beschwerdeführer hatte Strafanzeige wegen übler Nachrede, Verleumdung und Beschimpfung erstattet, die Staatsanwaltschaft jedoch lehnte die Untersuchung ab. Der Beschuldigte hatte E-Mails mit kritischen Äusserungen verschickt, die laut Staatsanwaltschaft keine Straftat darstellten. Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen, und der Beschwerdeführer muss die Gerichtskosten von CHF 800.00 tragen.
Schlagwörter: Staatsanwaltschaft; Beschuldigte; Nichtanhandnahme; Beschuldigten; Äusserung; Beschwerdekammer; Äusserungen; Beschwerdeführers; Anzeige; Bundesgericht; Nichtanhandnahmeverfügung; Obergericht; Polizei; Verfügung; Verfahren; Sicherheit; Verfahren; Urteil; E-Mail; Kritik; Feststellung; Obergerichts; Kanton; Solothurn; Verfahrens; Hinweis; Parteien; Akten
Rechtsnorm: Art. 310 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 82 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-
Entscheid
 
Geschäftsnummer: BKBES.2024.57
Instanz: Beschwerdekammer
Entscheiddatum: 20.08.2024 
FindInfo-Nummer: O_BK.2024.74
Titel: Nichtanhandnahmeverfügung

Resümee:

 

Obergericht

Beschwerdekammer

 

 

 

Beschluss vom 20. August 2024

Es wirken mit:

Präsident Frey

Oberrichterin Hunkeler

Oberrichterin Kofmel

Gerichtsschreiber Wiedmer

In Sachen

A.___,

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

1.    Staatsanwaltschaft,

 

Beschwerdegegnerin

 

2.    B.___,

 

Beschuldigter

 

betreffend     Nichtanhandnahmeverfügung


 

zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:

I. Prozessgeschichte

 

1. Am 11. Dezember 2023 meldete sich A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) persönlich beim Regionenposten […] der Polizei Kanton Solothurn und erstattete Strafanzeige gegen B.___ (nachfolgend: Beschuldigter) wegen übler Nachrede, Verleumdung und Beschimpfung.

 

2. Mit Verfügung vom 2. April 2024 nahm die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) die Strafanzeige nicht an die Hand.

 

3. Gegen diese Verfügung erhob der Beschwerdeführer am 13. April 2024 Beschwerde an die hiesige Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Solothurn (nachfolgend: Beschwerdekammer) und verlangte deren Aufhebung sowie die unverzügliche Aufnahme des Strafverfahrens.

 

4. Die Staatsanwaltschaft beantragte am 24. Juni 2024 die Abweisung der Beschwerde. Auf eine Vernehmlassung wurde unter Hinweis auf die angefochtene Verfügung verzichtet.

 

5. Mit Eingabe vom 12. Juli 2024 beantragte der Beschuldigte ebenfalls die Abweisung der Beschwerde.

 

6. Am 29. Juli 2024 ging die Replik des Beschwerdeführers ein.

 

7. Für die Standpunkte der Parteien wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich wird nachfolgend darauf eingegangen.

 

 

II. Formelles / Materielles

 

1. Gemäss Art. 309 Abs. 1 lit. a der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt. Nach Abs. 4 derselben Bestimmung verzichtet sie auf die Eröffnung einer Untersuchung, wenn sie sofort eine Nichtanhandnahmeverfügung einen Strafbefehl erlässt. Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme der Untersuchung, sobald aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a) wenn Verfahrenshindernisse bestehen (lit. b).

 

Ein Strafverfahren kann mithin in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO durch Nichtanhandnahme erledigt werden. Dies ist der Fall bei offensichtlicher Straflosigkeit, wenn der Sachverhalt mit Sicherheit nicht unter einen Straftatbestand fällt, bei eindeutig fehlenden Prozessvoraussetzungen. Ein Straftatbestand gilt nur dann als eindeutig nicht erfüllt, wenn kein zureichender Verdacht auf eine strafbare Handlung besteht sich der zu Beginn der Strafverfolgung gegebene Anfangsverdacht vollständig entkräftet hat. Ergibt sich indes aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus den eigenen Feststellungen der Staatsanwaltschaft ein hinreichender Tatverdacht, so eröffnet sie eine Untersuchung (Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO). Die zur Eröffnung einer Strafuntersuchung erforderlichen tatsächlichen Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen allerdings erheblich und konkreter Natur sein. Blosse Gerüchte Vermutungen genügen nicht. Der Anfangsverdacht muss auf einer plausiblen Tatsachengrundlage beruhen, aus welcher sich die konkrete Möglichkeit der Begehung einer Straftat ergibt. Der Grundsatz «in dubio pro duriore» gelangt erst dann zur Anwendung, wenn gestützt auf die Aktenlage zweifelhaft ist, ob ein hinreichender Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt bzw. eine Verurteilung wahrscheinlich macht. Im Zweifelsfall, wenn die Nichtanhandnahmegründe nicht mit absoluter Sicherheit gegeben sind, muss das Verfahren eröffnet werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_ 67/2022 vom 24. Oktober 2022 E. 2.3.1 mit Hinweisen).

 

2. Dem Beschuldigten wird vorgehalten, eine E-Mail, unter anderem an den Beschwerdeführer, mit dem Wortlaut «Mir platzt der Kragen mit deiner Inkompetenz und Kurzsichtigkeit» gesendet zu haben sowie ihn in einer weiteren E-Mail als «Frusthaufen» betitelt zu haben.

 

3. Die Staatsanwaltschaft machte bereits allgemeine Ausführungen zu den Tatbeständen der üblen Nachrede, Verleumdung sowie Beschimpfung im Sinne von Art. 173, 174 und 177 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB, SR 311.0) auf die zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen vorab verwiesen werden kann (Art. 82 Abs. 4 StPO).

 

4. Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtanhandnahme damit, dass die Äusserungen im Rahmen der Tätigkeit sowohl des Beschwerdeführers als auch des Beschuldigten in der Gemeindeverwaltung und im Rahmen der dabei thematisierten Projekte erfolgt seien. Die Adressaten der E-Mails hätten den Inhalt als Ganzes nur derart verstehen können, dass die Kritik auf Divergenzen zwischen den beiden betreffend durch den Beschuldigten zu organisierende Dokumente gefusst und sich die Äusserungen demnach einzig auf den Umgang diesbezüglich bezogen hätten. Es sei hingegen nicht auszumachen, inwiefern die Äusserungen des Beschuldigten für den unbefangenen Durchschnittsadressaten eindeutig über die Kritik an den beruflichen Leistungen des Beschwerdeführers hinausgingen und inwiefern durch die Äusserungen dessen Anspruch, ein ehrbarer und anständiger Mensch zu sein, herabgesetzt werde. Mangels Betroffenheit des strafrechtlichen Ehrbegriffs sei kein Straftatbestand erfüllt.

 

5.1 Der Beschwerdeführer tut in weiten Teilen der Beschwerdeschrift einen Leidensdruck und ein Problemempfinden kund, die objektiv schlicht nicht zu erkennen sind. So macht er unter anderem geltend, er sei davon ausgegangen, dass die Delikte von Amtes wegen verfolgt würden und er werde dazu genötigt, Beweisführung zu betreiben, was für ihn ein untragbarer Zustand sei. So dürfe nicht mit einem Menschen umgegangen werden. Weiter erwähnt er sein von Seiten der Staatsanwaltschaft angeblich in ungerechtfertigter Weise beschnittenes Akteneinsichtsrecht und tätigt polemische Äusserungen wie: «Spannend wäre zu wissen, was passiert wäre, wenn Absender und Empfänger getauscht wären». Dabei handelt es sich um unbegründete, ungebührliche Vorbringen ohne ein nach Treu und Glauben erkennbares legitimes Ziel, auf die mithin nicht weiter einzugehen ist.

 

5.2 Was der Beschwerdeführer zum angeblich belasteten Arbeitsverhältnis mit dem Beschuldigten ins Feld führt, ist unbeachtlich, da dies nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.

 

5.3 Sodann ist sein Antrag haltlos, wonach von der Beschwerdekammer zu prüfen sei, ob die Einholung eines Kostenvorschusses von CHF 400.00 seitens der Staatsanwaltschaft gerechtfertigt gewesen sei. Da der Kostenvorschuss gemäss Ziffer 4 der angefochtenen Verfügung dem Beschwerdeführer vollumfänglich zurückerstattet wird, hat er an der Feststellung des angeblich rechtswidrigen Handelns der Staatsanwaltschaft mangels Rechtsnachteils kein Rechtsschutzinteresse.

 

5.4 Auch die gegen den Inhalt der Nichtanhandnahmeverfügung gerichteten Vorbringen des Beschwerdeführers vermögen nicht zu überzeugen. Er setzt sich damit nicht in einer den formellen Anforderungen genügenden Weise auseinander. Stattdessen beschränkt er sich darauf, seine Sicht der Dinge und seine Rechtsüberzeugung zu schildern und der Staatsanwaltschaft vorzuwerfen, die Beweise nicht in diesem Sinne richtig gewürdigt zu haben. So macht er geltend, dass die Äusserungen nicht aus einer politischen Auseinandersetzung heraus entstanden seien, obwohl die fraglichen E-Mails offenkundig im Zuge von politischen Projekten und von den Beteiligten im Rahmen ihrer Funktionen innerhalb der Gemeinde ergangen sind. Der Beschwerdeführer zeigt nicht ansatzweise auf, dass inwiefern die vorinstanzlichen Feststellungen schlechterdings unhaltbar sein sollen. Seine Einwände gehen über eine appellatorische Kritik nicht hinaus.

 

5.5 Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der vom Beschuldigten getätigten Äusserungen von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgeht. Wie die Staatsanwaltschaft zutreffend ausführt, müssen gemäss der Bundesgerichtlichen Rechtsprechung Personen, die in der Politik tätig sind, mehr Kritik hinnehmen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1270/2017 vom 24. April 2018). Im politischen Diskurs sind Übertreibungen und scharfe Formulierungen gesellschaftlich akzeptiert und werden in ihrer allfälligen Theatralik auch nicht für voll genommen.

 

Bei der Aussage «Mir platzt der Kragen mit deiner Inkompetenz und Kurzsichtigkeit» im Zuge von politischen Projekten greift der strafrechtliche Schutz per se nicht, weil der Beschwerdeführer als Politiker und damit nicht in seiner Ehre als Mensch herabgesetzt wird. Bei der beanzeigten Aussage «Frusthaufen» handelt es sich um ein gemischtes Werturteil, das für sich allein, aufgrund des Kontexts und dem vorgeworfenen Verhalten die Schwelle zum moralisch verwerflichen Handeln nicht überschreitet. Nicht jede negative Darstellung stellt eine Ehrverletzung im strafrechtlichen Sinne dar, auch nicht jede unwahre Äusserung. Der verbale Angriff muss von einiger Erheblichkeit sein, was beim Wort «Frusthaufen» zweifelsohne nicht der Fall ist. Die Staatsanwaltschaft hat korrekt angenommen, dass keine Ehrverletzungen gegenüber dem Beschwerdeführer stattfanden.

 

6. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

 

 

III. Kosten und Entschädigung

 

1. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 800.00 gehen bei diesem Ausgang des Verfahrens zu Lasten des Beschwerdeführers und sind mit der geleisteten Sicherheit zu verrechnen (Art. 428 Abs. 1 StPO).

 

2. Dem Beschuldigten ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da keine verlangt wurde.

 

Demnach wird beschlossen:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.    Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 800.00 zu bezahlen. Sie werden mit der von ihm geleisteten Sicherheit verrechnet.

3.    Dem Beschuldigten ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Der Gerichtsschreiber

Frey                                                                                  Wiedmer



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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