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Urteil Verwaltungsgericht (SO - BKBES.2024.102)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:BKBES.2024.102
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Beschwerdekammer
Verwaltungsgericht Entscheid BKBES.2024.102 vom 16.08.2024 (SO)
Datum:16.08.2024
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:A.___ erstattet Anzeige gegen ihren Bruder B.___, der sie beim Familienfest gewürgt haben soll. Die Staatsanwaltschaft stellt die Strafuntersuchung ein, da die Aussagen widersprüchlich sind und keine Beweise vorliegen. A.___ legt Beschwerde ein, die jedoch abgewiesen wird, da keine ausreichenden Beweise für eine Fortführung des Verfahrens vorliegen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 500.00 gehen zu Lasten von A.___.
Schlagwörter: Beschwerde; Staatsanwaltschaft; Bruder; Einstellung; Recht; Beschwerdekammer; Begründung; Verfahren; Urteil; Untersuchung; Vorfall; Frist; Eingabe; Anklage; Sachverhalt; Bundesgericht; Einstellungsverfügung; Obergericht; Präsident; Beweismittel; Verurteilung; Rechtsmittel; Akten; Entscheid; Grundsatz
Rechtsnorm: Art. 385 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-
Entscheid
 
Geschäftsnummer: BKBES.2024.102
Instanz: Beschwerdekammer
Entscheiddatum: 16.08.2024 
FindInfo-Nummer: O_BK.2024.69
Titel: Einstellungsverfügung

Resümee:

 

Obergericht

Beschwerdekammer

 

 

 

 

Beschluss vom 16. August 2024  

Es wirken mit:

Präsident Frey

Oberrichterin Hunkeler

Oberrichterin Kofmel    

Gerichtsschreiberin Ramseier

In Sachen

A.___,

 

Beschwerdeführerin

 

 

gegen

 

 

1.    Staatsanwaltschaft,

 

Beschwerdegegnerin

 

2.    B.___,

 

Beschuldigter

 

betreffend     Einstellungsverfügung


zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

 

1. Am 9. Februar 2024 meldete sich A.___ bei der Polizei in […] und erstattete Anzeige gegen ihren Bruder B.___. Dieser habe sie anlässlich des Familienfestes vom 2. Dezember 2023 im Waschraum der Toilette des Gemeindesaales in [...] mit beiden Händen stark gewürgt. Sie habe dabei fast keine Luft mehr bekommen. Am Hals habe sie Würgemale gehabt. Mittels einer «Kopfnuss» habe sie sich befreien können. Bereits in den Jahren 2011 und 2012 sei es zu Vorfällen von Gewalt und Drohung gegenüber ihr durch ihren Bruder gekommen. Er sei eifersüchtig auf ihren Erfolg. Am 20. Februar 2024 anerkannte die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn den Gerichtsstand Kanton Solothurn. Sie eröffnete gleichentags eine Strafuntersuchung gegen B.___ wegen Tätlichkeiten, evtl. einfacher Körperverletzung und erteilte der Polizei einen Ermittlungsauftrag.

 

Am 20. Juni 2024 stellte sie die Strafuntersuchung mit der Begründung ein, die Aussagen der Parteien gingen diametral auseinander. Während A.___ angegeben habe, von ihrem Bruder stark gewürgt worden zu sein, habe dieser zu Protokoll gegeben, an jenem Abend zu seiner Schwester keinen Kontakt gehabt zu haben. Unabhängige Zeugen hätten den Vorfall nicht beobachten können. Ferner gebe es keine objektiven Beweismittel, insbesondere, da A.___ nach dem genannten Vorfall keinen Arzt aufgesucht habe. Bei dieser Sachlage lägen die Aussichten auf eine Verurteilung nicht nur deutlich unter 50 %, sondern strebten gegen Null.

 

2. Gegen diese Verfügung erhob A.___ resp. die [...] am 11. Juli 2024 Beschwerde mit dem sinngemässen Antrag auf deren Aufhebung. Es handle sich weder um eine einfache Körperverletzung noch um eine Tätlichkeit. Ihr Bruder habe versucht, sie umzubringen. Es werde Untersuchungshaft gegen ihn beantragt. Der Fall sei weiterzuführen.

 

Mit Verfügung vom 15. Juli 2024 setzte der Präsident der Beschwerdekammer A.___ Frist, für allfällige Kosten und Entschädigungen Sicherheit in der Höhe von CHF 800.00 zu leisten. Gleichzeitig habe sie mitzuteilen, welche natürliche Person die Vertretung der [...] wahrnehme, ansonsten davon ausgegangen werde, dass sie sich nicht vertreten lasse. Im Weiteren wurde ihr Gelegenheit gegeben, eine begründete Beschwerde einzureichen, welche den Anforderungen von Art. 385 Abs. 1 StPO entspricht. Genüge die Eingabe auch nach Ablauf dieser Frist den Anforderungen nicht, so trete die Rechtsmittelinstanz auf das Rechtsmittel nicht ein. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, die Beschwerde enthalte keine Begründung, insbesondere nicht dahingehend, weshalb die Beschwerdeführerin mit der Einstellungsverfügung, um die es bei der Beschwerde gehe, nicht einverstanden sei.

 

Mit Schreiben vom 2. August 2024 (Postaufgabe: 5. August 2024) reichte [...] eine ergänzende Eingabe ein.

 

3. Darauf wurden bei der Staatsanwaltschaft die Akten beigezogen (Eingang am 9. August 2024).

 

4. Für die Standpunkte der Parteien wird auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.

 

II.

 

1. Die Beschwerde wird im Namen von A.___ entgegengenommen.

 

2. Es ist fraglich, ob die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 2. August 2024 eine ausreichende Begründung der Beschwerde enthält. Dies kann indessen offen gelassen werden, weil die Beschwerde aus nachfolgenden Gründen abzuweisen ist:

 

2.1 Die Staatsanwaltschaft verfügt gemäss Art. 319 Abs. 1 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) die vollständige teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt (lit. a), kein Straftatbestand erfüllt ist (lit. b), Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen (lit. c), Prozessvoraussetzungen definitiv nicht erfüllt werden können Prozesshindernisse aufgetreten sind (lit. d) nach gesetzlicher Vorschrift auf Strafverfolgung Bestrafung verzichtet werden kann (lit. e).

 

Der Entscheid über die Einstellung eines Verfahrens hat sich nach dem Grundsatz «in dubio pro duriore» zu richten. Das Verfahren darf grundsätzlich nur bei klarer Straflosigkeit offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen eingestellt werden. Hingegen ist, sofern die Erledigung mit einem Strafbefehl nicht in Frage kommt, Anklage zu erheben, wenn eine Verurteilung wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch. Falls sich die Wahrscheinlichkeiten eines Freispruchs einer Verurteilung in etwa die Waage halten, drängt sich in der Regel, insbesondere bei schweren Delikten, eine Anklageerhebung auf (Urteil des Bundesgerichts 6B_515/2021 vom 20. Dezember 2022 E. 2.4.1 mit Hinweisen).

 

Sachverhaltsfeststellungen sind unter Berücksichtigung des Grundsatzes «in dubio pro duriore» auch bei Einstellungen zulässig, soweit gewisse Tatsachen «klar» bzw. «zweifelsfrei» feststehen, so dass im Fall einer Anklage mit grosser Wahrscheinlichkeit keine abweichende Würdigung zu erwarten ist. Der Staatsanwaltschaft ist es mithin nur bei unklarer Beweislage untersagt, der gerichtlichen Beweiswürdigung vorzugreifen. Im Rahmen von Art. 319 Abs. 1 lit. b und c StPO sind Sachverhaltsfeststellungen der Staatsanwaltschaft in der Regel gar notwendig. Auch insoweit gilt aber, dass der rechtlichen Würdigung der Sachverhalt «in dubio pro duriore», d.h. der klar erstellte Sachverhalt, zugrunde gelegt werden muss (Urteil des Bundesgerichts 6B_1195/2019 vom 28. April 2020 E. 3.1).

 

2.2 Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei anlässlich des Familienfestes vom 2. Dezember 2023 von ihrem Bruder derart stark gewürgt worden, dass sie fast keine Luft mehr bekommen habe. Am Hals habe sie Würgemale gehabt. Ihr Bruder bestreitet dies. Wie die Staatsanwaltschaft zutreffend erwähnt, liegen keinerlei objektiven Beweismittel vor, die die Angabe der Beschwerdeführerin belegen würden. Es gibt weder Zeugen, die den geschilderten Vorfall beobachtet hätten noch hat die Beschwerdeführerin Fotos eingereicht, die ihre geschilderten Verletzungen dokumentieren würden. Sie hat sich auch nicht in ärztliche Pflege begeben, sodass entsprechende Berichte hätten eingereicht werden können. Es liegt eine Aussage-gegen-Aussage Situation vor, die sich nicht weiter verifizieren lässt. Auch wenn im vorliegenden Verfahren der Grundsatz «in dubio pro reo» nicht zur Anwendung gelangt (vgl. Urteil 6B_782/2019 vom 19. Juni 2020 E. 2.4.4), ist unter diesen Umständen davon auszugehen, dass in einer weiterführenden Strafuntersuchung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Freispruch des Beschuldigten resultiert. Die Einstellung der Strafuntersuchung ist daher zu Recht erfolgt.

 

Ergänzend anzufügen ist, dass bei dieser Ausgangslage kein Aktenbeizug aus allfälligen früheren Verfahren notwendig ist, wie dies die Beschwerdeführerin beantragt. Dieser würde nichts daran ändern, dass sich der geschilderte Vorfall vom 2. Dezember 2023 nicht weiter eruieren lässt. Immerhin ist diesbezüglich aber festzuhalten, dass aus dem Strafregisterauszug ihres Bruders kein entsprechender Eintrag ersichtlich ist.

 

3. Wie erwähnt, erweist sich die Beschwerde folglich als unbegründet und sie ist entsprechend abzuweisen.

 

4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 500.00 gehen bei diesem Ausgang zu Lasten der Beschwerdeführerin. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist abzuweisen, da die Beschwerde aussichtlos war.

Demnach wird beschlossen:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Eine Kopie der Beschwerde sowie der Eingabe vom 2. August 2024 wird B.___ zur Kenntnis zugestellt.

3.    Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen.

4.    Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 500.00 zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

Frey                                                                                  Ramseier



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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