E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsgericht (SO - BKBES.2023.98)

Zusammenfassung des Urteils BKBES.2023.98: Verwaltungsgericht

A.___ reichte mehrere Eingaben bei der Staatsanwaltschaft ein, darunter ein Ausstandsbegehren und einen Strafantrag wegen versuchter Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft wies die Anzeigen zurück, da sie nicht konkret genug waren. A.___ erhob Beschwerde dagegen, wurde aber wegen Nichtbezahlens einer Sicherheitsleistung nicht gehört. Schliesslich wurde die Strafanzeige nicht angenommen, da sie nicht ausreichend konkret war. A.___ erhob erneut Beschwerde, die jedoch abgelehnt wurde. Das Obergericht entschied, dass A.___ die Kosten des Verfahrens tragen muss.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts BKBES.2023.98

Kanton:SO
Fallnummer:BKBES.2023.98
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Beschwerdekammer
Verwaltungsgericht Entscheid BKBES.2023.98 vom 27.10.2023 (SO)
Datum:27.10.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Beschwerde; Ausstand; Staatsanwalt; Staatsanwaltschaft; Verfahren; Anzeige; Ausstandsgesuch; Recht; Beschwerdekammer; Anzeige; Nichtanhandnahmeverfügung; Eingabe; Antrag; Urteil; Obergericht; Körperverletzung; Frist; Begründung; Beschwerdeführers; Gericht; Mitglied; Verteidiger; Bundesgericht; Ausstandsbegehren; Anträge; Beschwerdeverfahren; Mitglieder; ätte
Rechtsnorm: Art. 110 StPO ;Art. 382 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Andreas Donatsch, Viktor Lieber, Wolfgang Wohlers, Keller, Schmid, Schweizer, Jositsch, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Art. 1; Art. 58 OR StPO, 2020

Entscheid des Verwaltungsgerichts BKBES.2023.98

 
Geschäftsnummer: BKBES.2023.98
Instanz: Beschwerdekammer
Entscheiddatum: 27.10.2023 
FindInfo-Nummer: O_BK.2023.79
Titel: Nichtanhandnahmeverfügung

Resümee:

 

Obergericht

Beschwerdekammer

 

 

Beschluss vom 27. Oktober 2023  

Es wirken mit:

Präsident Müller

Oberrichter Frey

Oberrichterin Hunkeler    

Gerichtsschreiberin Ramseier

In Sachen

A.___,

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

1.    Staatsanwaltschaft,

 

Beschwerdegegnerin

 

 

2.    Unbekannt,

 

Beschuldigte

 

betreffend     Nichtanhandnahmeverfügung


zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:

 

1.1 Am 23. Mai 2023 reichte A.___ bei der Staatsanwaltschaft eine Eingabe ein, in der er ein Ausstandsbegehren stellte und um die Einsetzung eines Anwaltes ersuchte. Gleichzeitig stellte er Strafantrag / erhob Strafanzeige wegen versuchter Körperverletzung. Mit Schreiben vom 1. Juni 2023 wurde die Strafanzeige zur Verbesserung zurückgewiesen. A.___ wurde aufgefordert, schriftlich zu konkretisieren, wer genau wann, wo und wie versucht habe, ihn zu verletzen. Darauf reichte er am 19. Juni 2023 eine neue Eingabe ein, in der er der Staatsanwaltschaft mitteilte, er habe keine neue Anzeige, sondern zwei Anträge im Verfahren gegen ihn eingereicht wegen angeblicher Verletzung des Ausländergesetzes. Gleichzeitig erwähnte er aber, er habe Strafanzeige wegen versuchter Körperverletzung gegen B.___ erhoben. Die Staatsanwaltschaft teilte ihm darauf am 21. Juni 2023 mit, aus seiner neuen Eingabe sei nach wie vor kein konkreter Tatverdacht gegen eine konkrete Person / konkrete Personen zu entnehmen. Die Eingabe wurde daher erneut zur Verbesserung resp. Ergänzung und Präzisierung zurückgewiesen. Wie bereits im Schreiben vom 1. Juni 2023 wurde er zusätzlich darauf aufmerksam gemacht, dass bei unbenutztem Ablauf der Frist die Anzeige nicht an die Hand genommen würde.

 

Auf dieses Schreiben hin teilte A.___ der Staatsanwaltschaft am 12. Juli 2023 nochmals mit, es gehe bei seinen zwei Eingaben vom 23. Mai und 19. Juni 2023 nicht um eine Strafanzeige, sondern um zwei Anträge im Verfahren gegen ihn. Gleichzeitig erwähnte er aber erneut, es seien nun zwei Verfahren, eines betreffend ihn als Opfer, das andere gegen ihn als Beschuldigter. Er bitte um Trennung dieser Verfahren mit je verschiedenen unbefangenen Staatsanwälten. Da er annehme, die Staatsanwaltschaft halte an ihrer sturen Betrachtungsweise fest, habe er gegen die erneute Rückweisung vom 21. Juni 2023 Beschwerde erhoben.

 

1.2 Auf diese Beschwerde wurde mit Beschluss der Beschwerdekammer vom 16. August 2023 wegen Nichtbezahlens einer Sicherheitsleistung nicht eingetreten.

 

1.3 Mit Verfügung vom 12. September 2023 nahm die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige gegen Unbekannt betreffend versuchte Körperverletzung gestützt auf Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO (i.V.m. Art. 110 Abs. 4 StPO) nicht an die Hand. Dies mit der Begründung, bis dato seien bei ihr weder eine überarbeitete Anzeige, noch irgendwelche Belege eingegangen noch habe der Anzeigeerstatter um erneute Fristerstreckung ersucht.

 

2. Gegen diese Verfügung erhob A.___ am 6. Oktober 2023 Beschwerde mit dem Antrag auf deren Aufhebung und auf Anweisung der Staatsanwaltschaft, seine zwei Anträge vom 23. Mai 2023 zu behandeln. Gleichzeitig ersuchte er um eine Fristerstreckung zur Ergänzung der Beschwerde, um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Einsetzung eines amtlichen Verteidigers auch für das Beschwerdeverfahren.

 

3. Die Staatsanwaltschaft beantragte am 12. Oktober 2023 die Abweisung der Beschwerde. Auf eine Vernehmlassung wurde verzichtet. Darauf hingewiesen wurde aber, dass auch in der Beschwerde keine weitere Substantiierung erfolgt sei und der Beschwerdeführer nun offenbar selber gar nicht mehr von einer Anzeige spreche.

 

4. Am 24. Oktober 2023 ging eine ergänzende Stellungnahme des Beschwerdeführers ein.

 

5. Der Beschwerdeführer beantragt zunächst, es hätten Richter über seinen Fall zu urteilen, die noch nie mit ihm zu tun gehabt hätten.

 

Aus Art. 59 Abs. 1 lit. d der Schweizerischen Strafprozessordnung, StPO, SR 312.0, (Ausstandsgesuch gegen ein gesamtes Berufungsgericht) ergibt sich, dass das Gesetz die Möglichkeit eines Ausstandsbegehrens «en bloc» für ein ganzes Gericht vorsieht. Es kann zwar gegen alle Mitglieder einer Instanz (also einzeln) ein Ausstandsbegehren gestellt werden, nicht jedoch pauschal gegen eine Kollegialbehörde pauschal gegen alle Mitglieder einer Behörde. Ein zulässiges Ausstandsbegehren «en bloc» setzt deshalb voraus, dass sich aus der Begründung ergibt, worin ganz konkret der Ausstandsgrund für jedes Mitglied liegt, andernfalls auf das Ausstandsgesuch nicht eingetreten wird. Dafür genügt es beispielsweise nicht, dass geltend gemacht wird, im Verfahren gegen eine bestimmte Person würde «das Gericht» systematisch Partei für diese nehmen. Wird der Ausstand eines ganzen Gerichts verlangt, muss der Gesuchsteller deshalb Ausstandsgründe für jeden Richter einzeln benennen und glaubhaft machen (Andreas J. Keller in: Andreas Donatsch/Viktor Lieber/Sarah Summers/Wolfgang Wohlers, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Zürcher Kommentar StPO, Art. 1-195, 3. Auflage 2020, Art. 58 N 10 mit Verweis auf Schmid/Jositsch Praxiskommentar 2018; diese selbst in Praxiskommentar, 4. Auflage, 2023, Art. 58 N 1; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 6B_1359/2019 vom 28. April 2020 E. 2.4).

 

Der Beschwerdeführer begründet das Ausstandsgesuch lediglich damit, es seien Richter einzusetzen, die noch nie mit ihm zu tun gehabt hätten. Dies genügt den Anforderungen an die Begründung eines gegen das gesamte Obergericht gerichteten Ausstandsgesuchs nicht. Auf das Ausstandsgesuch kann daher nicht eingetreten werden.

 

Sollte sich das Ausstandsgesuch nur gegen die Mitglieder der Beschwerdekammer richten, ist auch hier festzuhalten, dass die Begründung den Anforderungen nicht genügt. Im Übrigen ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass das Gesuch auch abzuweisen wäre. Die Mitwirkung an früheren Entscheiden, mit welchen der Beschwerdeführer nicht einverstanden ist, stellt für sich allein keinen Ausstandsgrund dar. Über ein dermassen begründetes Ausstandsgesuch kann unter Mitwirkung der abgelehnten Gerichtspersonen entschieden werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_293/2018 vom 26. Juni 2018, Erw. 3). 

 

6. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund der Schreiben des Beschwerdeführers davon ausgegangen ist, er erhebe auch Strafanzeige. Er hat zwar wiederholt erwähnt, seine Eingaben stellten keine Anzeigen dar, um in denselben Schreiben aber auszuführen, er erhebe Anzeige wegen versuchter Körperverletzung, dies gegen B.___, er sei Opfer und es gebe zwei Verfahren. Dass die Staatsanwaltschaft die Anzeige aber nicht an die Hand nahm, war berechtigt. So ging – trotz wiederholter Hinweise – keine konkrete Angabe des Beschwerdeführers dahingehend ein, weshalb er gegen B.___ Strafanzeige erhebe, wer dies genau sei und welche Adresse diese habe. Es wurde einzig der Name genannt und der Tatbestand der versuchten Körperverletzung und dies wie erwähnt trotz wiederholter Aufforderung nach einer Konkretisierung. Nachdem die zur Eröffnung einer Strafuntersuchung erforderlichen tatsächlichen Hinweise auf eine strafbare Handlung erheblich und konkreter Natur zu sein haben und blosse Gerüchte Vermutungen nicht genügen, wurde die Anzeige folglich zu Recht nicht an die Hand genommen.

 

7. Gegen diese Verfügung erhob A.___ Beschwerde, rügt darin aber, die Staatsanwaltschaft habe ein Verfahren eröffnet, obwohl er gar keine Anzeige erhoben habe. Wollte er keine Anzeige erheben, was er nun mehr erneut bekräftigt, ist er durch die Nichtanhandnahmeverfügung aber gar nicht beschwert. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten (Art. 382 Abs. 1 StPO).

 

8. Bezüglich des Antrags, die beiden Verfahren STA.2022.5633 und STA.2023.2938 seien nicht vom gleichen Staatsanwalt zu führen, ist er darauf hinzuweisen, dass dies auch so ist. Das Verfahren STA.2022.5633 wird durch Staatsanwalt C.___ geführt.

 

9. Hinsichtlich des Antrags, ihm sei im Verfahren, in welchem er Beschuldigter sei (STA.2022.5633), ein Verteidiger beizuordnen, ist er darauf hinzuweisen, dass er in diesem Verfahren offensichtlich vertreten wird. Jedenfalls findet sich in den Akten eine entsprechende Mandatsübernahme durch Rechtsanwältin D.___ (vgl. auch Aktennotizen vom 4. und 6. Juli 2023). Sollte dies nicht mehr aktuell sein, kann der Beschwerdeführer in diesem Verfahren einen entsprechenden Antrag stellen.

 

10. Ferner beantragt der Beschwerdeführer, es sei ihm im vorliegenden Beschwerdeverfahren ein amtlicher Verteidiger beizuordnen. Dieser Antrag ist abzuweisen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer einen (amtlichen) Verteidiger benötigen sollte, wenn er durch die Nichtanhandnahmeverfügung gar nicht beschwert ist und deshalb auch keine Beschwerde hätte erheben müssen.

 

11. Schliesslich beantragt der Beschwerdeführer für das vorliegende Verfahren die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Dieser Antrag ist ebenfalls abzuweisen. Die Beschwerde gegen eine Nichtanhandnahmeverfügung, bezüglich der ein Beschwerdeführer gar nicht beschwert ist, ist aussichtslos. Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers kann mit einer reduzierten Gebühr Rechnung getragen werden. Die Kosten sind daher auf total CHF 200.00 festzusetzen.

Demnach wird beschlossen:

1.    Auf die Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft vom 12. September 2023 wird nicht eingetreten.

2.    Auf das Ausstandsgesuch gegen das gesamte Obergericht resp. gegen die Mitglieder der Beschwerdekammer wird nicht eingetreten.

3.    Die Anträge auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und auf Beiordnung eines amtlichen Verteidigers für das Beschwerdeverfahren werden abgewiesen.

4.    Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 200.00 zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona).

Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

Müller                                                                                Ramseier

 

Das Bundesgericht ist mit Urteil vom 5. Februar 2024 auf die dagegen erhobene Beschwerde nicht eingetreten (Bger 7B_972/2023).

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.