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Urteil Verwaltungsgericht (SO - BKBES.2023.9)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:BKBES.2023.9
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Beschwerdekammer
Verwaltungsgericht Entscheid BKBES.2023.9 vom 13.07.2023 (SO)
Datum:13.07.2023
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Die Beschwerdekammer des Obergerichts hat in einem langwierigen Verfahren entschieden, dass die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige gegen den Beschuldigten nicht wiedereröffnen muss. Der Beschwerdeführer hatte Anschuldigungen wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung, Urkundenfälschung und Betrugs erhoben, die jedoch nicht ausreichend begründet waren. Trotz einer erneuten Strafanzeige und Beschwerde wurde die Entscheidung bestätigt. Der Beschwerdeführer muss die Gerichtskosten tragen und eine Parteientschädigung an den Beschuldigten zahlen.
Schlagwörter: Staatsanwaltschaft; Verfahren; Verfügung; Beschuldigte; Wiederaufnahme; Nichtanhandnahme; Verfahren; Beschuldigten; Ausstand; Beschwerdeführers; Gericht; Gerichtsschreiber; Anzeige; Urteil; Verfahrens; Verfahrens; Beschwerdekammer; Rechtsanwalt; Begründung; Beweismittel; Bosshard; Bundesgericht; Hinweis; Eingabe; Frist; Obergericht; Thomas; Schweizerische; Prozessordnung; Entschädigung
Rechtsnorm: Art. 11 StPO ; Art. 310 StPO ; Art. 323 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 410 StPO ; Art. 59 StPO ;
Referenz BGE:139 I 121;
Kommentar:
Niklaus Schmid, Schweizer, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxis, 2. Auflage, Zürich, Art. 393 Abs. 1; Art. 323 StPO, 2013
Entscheid
 
Geschäftsnummer: BKBES.2023.9
Instanz: Beschwerdekammer
Entscheiddatum: 13.07.2023 
FindInfo-Nummer: O_BK.2023.45
Titel: Verfügung vom 18. Januar 2023

Resümee:

 

Obergericht

Beschwerdekammer

 

 

 

Beschluss vom 13. Juli 2023       

Es wirken mit:

Präsident Müller

Oberrichter Frey

Oberrichter Thomann

Gerichtsschreiber Wiedmer

In Sachen

A.___, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Bosshard,

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

1.    Staatsanwaltschaft,

 

Beschwerdegegnerin

 

2.    B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Benjamin Kamber,

 

Beschuldigter

 

betreffend     Verfügung vom 18. Januar 2023


zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

 

1. Am 21. Juli 2017 erstattete A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) bei der Staatsanwaltschaft Kanton Solothurn (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) gegen B.___ (nachfolgend: Beschuldigter) Strafanzeige wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung, Urkundenfälschung und Betrugs. Gemäss Anzeige habe der Beschwerdeführer dem Beschuldigen im Jahr 2010 die Aktienmehrheit an der […] AG im Sinne einer Unternehmensnachfolge verkauft. Da das Unternehmen im Sinne einer langfristig angelegten Unternehmensnachfolge veräussert worden sei, sei der Kaufpreis der Aktien weit unter dem wirklichen Wert erfolgt.

 

2. Mit Verfügung vom 31. Oktober 2017 nahm die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige mit der Begründung nicht an die Hand, dass die angezeigten Straftatbestände offensichtlich nicht erfüllt seien bzw. die Strafanzeige keinen hinreichenden Tatverdacht zu begründen vermöge.

 

3. Eine hiergegen erhobene Beschwerde wiesen die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Solothurn mit Beschluss BKBES.2017.192 vom 23. Mai 2018 und hernach das Bundesgericht mit Urteil 6B_671/2018 vom 15. Oktober 2019 ab.

 

4. Am 30. November 2022 ging bei der Staatsanwaltschaft – unter Beilage und Hinweis auf ein Rechtsgutachten von Rechtsanwalt lic.iur. Thomas Bosshard – erneut eine Strafanzeige des Beschwerdeführers gegen den Beschuldigten «und diejenigen, die es betrifft», ein. Darin stellte der Strafanzeiger das Rechtsbegehren, dass ein Strafverfahren wegen Betrugs, ungetreuer Geschäftsbesorgung, Urkundenfälschung und anderer allenfalls in Betracht fallender Straftatbestände zu eröffnen sei.

 

5. Am 18. Januar 2023 verfügte die Staatsanwaltschaft die Nichtwiedereröffnung des mit Nichtanhandnahmeverfügung vom 31. Oktober 2017 erledigten Strafverfahrens.

 

6. Mit Eingabe vom 27. Januar 2023 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen die Verfügung und beantragte deren Aufhebung und Rückweisung der Sache an die Staatsanwaltschaft zur weiteren Abklärung; unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

 

7. Die Staatsanwaltschaft beantragte am 7. Februar 2023 mit Verweis auf die angefochtene Verfügung die kostenfällige Abweisung der Beschwerde.

 

8. Am 17. Februar 2023 beantragte der Beschuldigte, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei; unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

 

9. Am 23. Februar 2023 ging die Honorarnote des Vertreters des Beschuldigten ein.

 

10. Mit Eingabe vom 24. Februar 2023 stellte der Beschwerdeführer ein Ausstandsgesuch gegen den Gerichtsschreiber Simon Wiedmer und beantragte, ihm sei Frist für eine Replik einzuräumen.

 

11. Dem Beschwerdeführer wurde daraufhin Frist gesetzt zu Einreichung einer allfälligen Stellungnahme zu den Eingaben der Staatsanwaltschaft bzw. des Beschuldigten.

 

12. Am 14. März 2023 wurde dem Gericht mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer sich fortan von Rechtsanwalt Thomas Bosshard vertreten lasse.

 

13. Mit Eingabe vom 5. April 2023 liess der Beschwerdeführer replizierend Stellung nehmen und die folgenden Rechtsbegehren beantragen:

 

1.    Es sei die Beschwerde des Beschwerdeführers gutzuheissen und die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 18. Januar 2023 aufzuheben sowie die Staatsanwaltschaft anzuweisen, die Strafuntersuchung anhand zu nehmen.

2.    Evtl. sei die Beschwerde des Beschwerdeführers gutzuheissen und die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 18. Januar 2023 aufzuheben sowie die Staatsanwaltschaft anzuweisen, die Strafuntersuchung fortzuführen.

3.    Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beschwerdegegners.

 

14. Am 17. bzw. 20. April 2023 erfolgten die Dupliken des Beschuldigten bzw. der Staatsanwaltschaft.

 

15. In der Folge gingen die Honorarnoten der Rechtsvertreter ein.

 

16. Für die Standpunkte der Parteien wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, wird nachfolgend darauf eingegangen.

 

 

II.

 

1. Ausstandsgesuch

 

1.1 Der Beschwerdeführer machte mit seiner Eingabe vom 24. Februar 2023 geltend, der Gerichtsschreiber Simon Wiedmer habe in den Ausstand zu treten. Zur Begründung wurde geltend gemacht, dass ihm die Stellungnahme der Gegenpartei ohne Fristansetzung zugestellt worden sei. Der Gegenpartei sei aber Frist für die Einreichung einer Kostennote gesetzt worden. Das heisse, ihr solle offensichtlich eine Parteientschädigung zugesprochen werden. Damit betreibe der Gerichtsschreiber eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung, ja sogar eine Privilegierung der anwaltschaftlich vertretenen Partei. Durch die Privilegierung der viel mächtigeren Gegenparteien werde beim Beschwerdeführer der Anschein erweckt, dass die Gegenpartei bereits gewonnen habe. Der Gerichtsschreiber sei deshalb befangen und müsse in den Ausstand treten.

 

1.2 Trifft einer der in Art. 56 lit. a - f Schweizerische Strafprozessordnung (SR 312.0, StPO) aufgeführten Ausstandsgründe auf eine in einer Strafbehörde tätige Person zu, tritt sie entweder selbst in den Ausstand sie kann auf Gesuch einer Partei hin von der gemäss Art. 59 Abs. 1 StPO zuständigen Behörde in den Ausstand versetzt werden.

 

Der Beschwerdeführer beruft sich nicht auf einen bestimmten Ausstandsgrund. Aufgrund der inhaltlichen Begründung kommt indessen lediglich die Generalklausel von Art. 56 lit. f StPO in Frage. Danach hat eine in einer Strafbehörde tätige Person in den Ausstand zu treten, wenn sie aus anderen Gründen (als jenen in Art. 56 lit. a – e StPO genannten), insbesondere aus Freundschaft Feindschaft mit einer Partei deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte. Befangenheit bzw. Voreingenommenheit einer Person wird angenommen, wenn sich im Einzelfall anhand aller tatsächlichen und verfahrensrechtlicher Umstände Gegebenheiten ergeben, die bei objektiver Betrachtungsweise geeignet sind, Misstrauen in ihre Unparteilichkeit zu erwecken. Ausschlaggebendes Kriterium ist dabei, ob der Ausgang des Verfahrens bei objektiver Betrachtung noch als offen bzw. nicht als vorbestimmt erscheint (BGE 139 I 121, E. 5.1 mit Hinweisen; Markus Boog, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Art. 1-195 StPO, 2. Aufl., Basel 2014, N. 7 zu Art. 59 StPO).

 

1.3 Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist haltlos. Er rügt primär einen Verfahrensfehler des Gerichtsschreibers und übersieht dabei, dass die beanstandete Verfügung 2023 nicht vom Gerichtsschreiber, sondern vom Präsidenten der Beschwerdekammer erlassen wurde. Ganz abgesehen davon, ist ein Verfahrensfehler nicht erkennbar. Gemäss § 158 des Gebührentarifs des Kantons Solothurn (BGS 615.11; GT) setzt der Richter die Entschädigung der privat bestellten Verteidiger und der Rechtsbeistände von Privatklägern Dritten sowie der amtlichen Verteidiger und unentgeltlichen Rechtsbeistände nach dem Aufwand festsetzt, welcher für eine sorgfältige und pflichtgemässe Vertretung erforderlich ist. Er gibt den Parteien vor dem Entscheid Gelegenheit zur Einreichung einer Honorarnote (Abs. 1, 2. Satz). Da der Beschwerdeführer im damaligen Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertreten war, wurde ihm selbstredend auch nicht Gelegenheit gegeben, eine Honorarnote einzureichen. Inwiefern der Gerichtsschreiber, der die vom Präsidenten der Beschwerdekammer erlassene Verfügung unterzeichnet hat, durch den Erlass dieser Verfügung befangen sein soll, lässt sich der Eingabe nicht entnehmen und ist auch nicht ersichtlich.

 

1.4 Das Ausstandsgesuch des Beschwerdeführers ist offensichtlich unbegründet. Solche Gesuche können nach der Rechtsprechung von der betroffenen Instanz selbst abgewiesen werden (vgl. Boog, a.a.O. N. 6 zu Art. 59 StPO). Das Ausstandsgesuch ist in diesem Sinne abzuweisen.

 

 

2. Eintreten

 

2.1 Angefochten ist eine Wiederaufnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft. Dagegen ist die Beschwerde beim Obergericht zulässig (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO; vgl. Niklaus Schmid, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Auflage, Zürich/St. Gallen 2013, N. 13 zu Art. 323 StPO; Landshut/Bosshard, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2014, N. 30 zu Art. 323 StPO; Grädel/Heiniger, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2014, N. 22 zu Art. 323 StPO). Die Beschwerde vom 27. Januar 2023 ist innerhalb der dafür vorgesehenen Frist von 10 Tagen eingereicht worden und enthält auch eine Begründung. Darauf ist abzustellen. Mit Verfügung vom 15. März 2023 wurde dem Beschwerdeführer wunschgemäss Gelegenheit gegeben, zur Stellungnahme des Beschuldigten zu replizieren. Die entsprechende Eingabe des Beschwerdeführers vom 5. April 2023 beinhaltet indessen nicht eine solche Replik, sondern eine eigentliche Ergänzung der Begründung der Beschwerde. Eine Ergänzung der Beschwerdebegründung nach Ablauf der Rechtsmittelfrist ist unzulässig (Patrick Guidon, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2014, N. 9e zu Art. 396 StPO). Auf die Beschwerde ist daher insoweit nicht einzutreten. Im Übrigen geben die Eintretensvoraussetzungen zu keinen Bemerkungen Anlass.

 

2.2 Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Verfügung der Staatsanwaltschaft, mit welcher diese das mit Nichtanhandnahmeverfügung vom 31. Oktober 2017 beendete Verfahren gegen den Beschuldigten nicht wiederaufnahm. Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Strafanzeige vom 22. November 2022 die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen weitere Personen verlangt (im der Strafanzeige beigelegten Gutachten von Rechtsanwalt lic. iur Thomas Bosshard vom 14. Oktober 2022 wird namentlich der für die Buchhaltung zuständige Treuhänder […] genannt [RZ 78]), enthält die angefochtene Verfügung vom 18. Januar 2023 keinen Entscheid. Die Staatsanwaltschaft wird das – soweit es in der Zwischenzeit nicht bereits geschehen ist – noch nachholen müssen.

 

 

3. Materielles

 

3.1.1 Gemäss Art. 323 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Wiederaufnahme eines durch Einstellungsverfügung rechtskräftig beendeten Verfahrens, wenn ihr neue Beweismittel Tatsachen bekannt werden, die für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der beschuldigten Person sprechen (lit. a) und die sich nicht aus den früheren Akten ergeben (lit. b). Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (Urteil 6B_1015/2013 vom 8. April 2014 E. 5.1 mit Hinweisen). Beweismittel sind neu, wenn sie zum Zeitpunkt der Nichtanhandnahme unbekannt waren. Entscheidend ist dabei, ob entsprechende Hinweise in den Akten vorhanden waren nicht (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1274 Ziff. 2.6.4.1). Aus dem Offizial- und Legalitätsprinzip folgt, dass die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme nur verfügen darf, wenn sie die sich aufgrund der Akten anbietenden Beweise abgenommen und bezüglich des Beweisthemas ausgeschöpft hat (Niklaus Schmid, Die Wiederaufnahme des Verfahrens nach Nichtanhandnahme Einstellung des Strafverfahrens, in: ZStrR 1991 S. 251 ff., S. 264). Beweismittel, die zwar im eingestellten Verfahren genannt sogar abgenommen, aber nicht bezüglich des ganzen Beweisthemas ausgeschöpft wurden, sind demnach nicht als neu zu betrachten. Umgekehrt kann nicht verlangt werden, eine Tatsache ein Beweismittel nur als neu anzusehen, wenn sie es der Staatsanwaltschaft im ersten Verfahren auch bei Anwendung der notwendigen Sorgfalt nicht hätte bekannt sein können. Angesichts der Masse der zu erledigenden Strafverfahren seitens der Untersuchungsbehörden dürfen an die Sorgfaltspflicht keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BBl 2006 1274 f. Ziff. 2.6.4.1). Im Übrigen entsprechen die Wiederaufnahmegründe weitgehend jenen, die nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO eine Revision begründen (Daniel Jositsch/Niklaus Schmid, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 4. Aufl. 2023, N. 1264). Die Wiederaufnahme eines eingestellten Verfahrens ist jedoch an geringere Voraussetzungen geknüpft als die Revision eines rechtskräftigen Urteils gemäss Art. 410 ff. StPO (Urteil 6B_92/2014 vom 8. Mai 2014 E. 3.1 mit Hinweisen).

 

3.1.2 Aufgrund des Verweises in Art. 310 Abs. 2 StPO findet Art. 323 StPO auch auf die Wiederaufnahme eines durch Nichtanhandnahme erledigten Strafverfahrens Anwendung (vgl. auch Art. 11 Abs. 2 StPO). An die Wiederaufnahme sind in diesem Fall jedoch noch geringere Voraussetzungen geknüpft als an die Wiederaufnahme nach einer Einstellung (Urteil 6B_1015/2013 vom 8. April 2014 E. 5.1 mit Hinweisen).

 

3.2 Wie bereits erwähnt, haben sich die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Solothurn mit Beschluss vom 23. Mai 2018 (BKBES.2017.192) und hernach das Bundesgericht mit Urteil 6B_671/2018 vom 15. Oktober 2019 ausgiebig zur Nichtanhandnahmeverfügung geäussert. Das Bundesgericht hielt materiell das Folgende fest:

 

«Die Vorinstanz erwägt, in vorliegendem Fall seien keine konkreten Anhaltspunkte Belege ersichtlich, welche dafürsprechen würden, dass der Beschwerdegegner 2 bereits bei Vertragsschluss im Jahr 2010 Verhandlungen über einen späteren Verkauf des Unternehmensteils […]fabrik mit der Konkurrenz geführt habe. Dass der Beschwerdegegner 2 den Beschwerdeführer durch Vorspiegeln falscher Tatsachen zum Verkauf seiner bei der […] AG gehaltenen Namenaktien veranlasst habe, sei nicht nachvollziehbar. Die Vorinstanz schützt damit die Auffassung der Staatsanwaltschaft, wonach das vom Beschwerdeführer behauptete vertragswidrige Verhalten des Beschwerdegegners 2 fünf Jahre nach Abschluss des Aktienkaufvertrags im Jahr 2010 keinen hinreichenden Verdacht dafür zu begründen vermag, dass jener bereits beim besagten Vertragsschluss die Absicht hegte, die […]fabrik zu veräussern. Dies ist nicht zu beanstanden. Soweit die Vorinstanz den Straftatbestand des Betrugs infolge fehlender Hinweise auf eine tatbestandsmässige Handlung als eindeutig nicht erfüllt ansieht, verletzt sie kein Bundesrecht. Ebensowenig ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Begründungspflicht) zu erblicken. Aus den Erwägungen der Vorinstanz ergibt sich, weshalb diese die Nichtanhandnahme der Staatsanwaltschaft geschützt hat. Dass dem Beschwerdeführer eine sachgerechte Anfechtung nicht möglich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich (E. 2.5.4).»

 

3.3 Der Beschwerdeführer begründete die erneute Strafanzeige damit, dass aufgrund eines Rechtsgutachtens von Rechtsanwalt lic. iur. Thomas Bosshard vom 14. Oktober 2022 neue, ganz wesentliche Punkte entstanden seien, welche eine Wiederaufnahme des ursprünglichen Strafverfahrens (STA.2017.2714) gegen den Beschuldigten rechtfertigten.

 

3.4 Der Beschwerdeführer irrt, wenn er davon ausgeht, dass es sich beim privaten Rechtsgutachten von Rechtsanwalt lic. iur. Thomas Bosshard um ein neues Beweismittel i.S.v. Art. 323 Abs. 1 StPO handle, denn mit Beweismitteln wird der Nachweis von Tatsachen erbracht. Es ist zwar zutreffend, dass ein neues (Privat-)Gutachten Anlass zur Wiederaufnahme geben kann, wenn es neue Tatsachen nachweist darzutun vermag, dass die tatsächlichen Annahmen in der Nichtanhandnahmeverfügung ungenau falsch waren. Ein neues Gutachten bildet aber noch keinen Revisionsgrund, soweit es lediglich eine abweichende Meinung vertritt. Es muss vielmehr mit überlegenen Gründen abweichen und klare Fehler aufzeigen, die geeignet sind, die Beweisgrundlage der Verfügung zu erschüttern. Das eingereichte Privatgutachten enthält lediglich eine Meinung, persönliche Würdigung und neue Rechtsauffassung und ist mithin kein Beweismittel.

 

3.5 Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass sich das Privatgutachten ausschliesslich auf die – ausführlich wiedergegebene – Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers stützt und die Rechtsauffassung des Gutachters zum nota bene verbindlichen Urteil des Bundesgerichts äussert. Überdies geben die Ausführungen des Privatgutachters in ihrer Einseitigkeit berechtigten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der entsprechenden Feststellungen. Das zeigt sich insbesondere bei den folgenden Aussagen:

 

«Die Begründung der Nichtanhandnahme durch die Staatsanwaltschaft vermag nicht zu überzeugen. Es lag kein Fall vor, in dem die Nichtanhandnahme mit absoluter Sicherheit gegeben war (RZ 55). In Anbetracht der stark beschränkten Prüfung durch das Bundesgericht lassen sich aus dessen Erwägungen, mit denen es die Nichtanhandnahme schützte, im Hinblick auf eine allfällige weitere Strafuntersuchung keine relevanten Hindernisse feststellen (RZ 56).»

 

3.6 Die Unabhängigkeit des Gutachters erscheint nicht zuletzt auch dadurch in Frage gestellt, dass er im vorliegenden Verfahren der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers ist. Er regt im Gutachten vorweg die Wiederaufnahme des nicht an die Hand genommenen Verfahrens an und hält in seinen weiteren Ausführungen auch noch fest, die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme seien erfüllt. Das eingereichte Privatgutachten lässt daher ein klares Engagement für die Sache des Beschwerdeführers erkennen und aus den gewählten Formulierungen – wie auch der Stellung im vorliegenden Verfahren – ist eine klare Parteinahme weitgehend ersichtlich.

 

3.7 Aufgrund all dieser Bedenken an der Zuverlässigkeit und inhaltlichen Beweiskraft des eingereichten Privatgutachtens führt dieses zu keiner anderen Beurteilung der entscheidenden Umstände, als in der Nichtanhandnahmeverfügung vom 31. Oktober 2017 angenommen. Die Beweislage muss sich geändert haben, was vorliegend nicht der Fall ist. Die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den Beschuldigten sind nicht erfüllt. Selbst im vom Strafanzeiger und Beschwerdeführer angerufenen Rechtsgutachten ist die Rede davon, es bestehe nur dann eine ganz erhebliche Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen den Beschuldigten, wenn die Anhandnahme einer Strafuntersuchung gegen Dritte gelinge (RZ 80). Darüber ist indessen wie erwähnt nicht im vorliegenden Verfahren zu befinden. Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

 

 

III.

 

1. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 1’200.00 sind infolge Unterliegens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Sie werden mit dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss von CHF 800.00 verrechnet. Er hat noch CHF 400.00 nachzubezahlen. Eine Entschädigung ist ihm nicht zuzusprechen.

 

2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens steht dem Beschuldigten eine Parteientschädigung zu, die der Beschwerdeführer zu tragen hat. Rechtsanwalt Benjamin Kamber macht in seiner Honorarnote eine Entschädigung von CHF 2'991.05 (Honorar CHF 2'610.00, Auslagen CHF 167.20, inkl. MwSt.) geltend, was angemessen erscheint.

Demnach wird beschlossen:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.    Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 1’200.00 zu bezahlen. Sie werden mit dem von ihm geleisteten Kostenvorschuss von CHF 800.00 verrechnet. Er hat noch CHF 400.00 nachzubezahlen.

3.    Der Beschwerdeführer hat dem Beschuldigten für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von total CHF 2'991.05 (inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Der Gerichtsschreiber

Müller                                                                                Wiedmer



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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