E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsgericht (SO - BKBES.2022.128)

Zusammenfassung des Urteils BKBES.2022.128: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdekammer des Obergerichts hat entschieden, dass die Strafanzeige wegen Lärmemissionen gegen verschiedene Gesellschaften nicht weiterverfolgt wird. Die Beschwerde von A.___ wurde jedoch abgewiesen, da die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft den rechtlichen Anforderungen genügt. Die Kosten des Verfahrens in Höhe von CHF 800.00 gehen zu Lasten von A.___.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts BKBES.2022.128

Kanton:SO
Fallnummer:BKBES.2022.128
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Beschwerdekammer
Verwaltungsgericht Entscheid BKBES.2022.128 vom 23.11.2022 (SO)
Datum:23.11.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Nichtanhandnahme; Staatsanwaltschaft; Polizei; Ermittlung; Nichtanhandnahmeverfügung; Anzeige; Verfahren; Verfahren; Anzeige; Verfahrens; Urteil; Immission; Lärm; Beschwerdekammer; Obergericht; Verfügung; Untersuchung; Nichtanhandnahmegründe; Sicherheit; Stadt; Beschwerdeführers; Entscheid; Bundesgericht; Solothurn; Auftrag; Ermittlungsbericht; änzte
Rechtsnorm: Art. 11 StGB ;Art. 12 StGB ;Art. 181 StGB ;Art. 24 StGB ;Art. 25 StGB ;Art. 29 StGB ;Art. 309 StPO ;Art. 310 StPO ;Art. 396 StPO ;Art. 428 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts BKBES.2022.128

 
Geschäftsnummer: BKBES.2022.128
Instanz: Beschwerdekammer
Entscheiddatum: 23.11.2022 
FindInfo-Nummer: O_BK.2022.114
Titel: Nichtanhandnahmeverfügung

Resümee:

 

Obergericht

Beschwerdekammer

 

 

 

Beschluss vom 23. November 2022    

Es wirken mit:

Präsident Müller

Oberrichter Frey    

Oberrichter Thomann

Gerichtsschreiberin Schenker

In Sachen

1.    A.___   

2.    B.___   

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

1.    Staatsanwaltschaft,     

 

Beschwerdegegnerin

 

2.    Unbekannt,

 

Beschuldigte

 

 

 

betreffend     Nichtanhandnahmeverfügung


zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:

I.

 

1. Am 20. Mai 2022 erstatteten A.___ und B.___ (Beschwerdeführer) bei der Staatsanwaltschaft Solothurn (Beschwerdegegnerin) Strafanzeige gegen Gesellschafter und Mitarbeiter diverser Gesellschaften. Insbesondere machten die Anzeiger sinngemäss geltend, in Zusammenhang mit dem Betrieb eines Werkhofs bzw. Lagerplatzes beim [...] in [...] sei es im Tatzeitraum vom 23. Februar 2022 bis 5. Mai 2022 durch Baubetriebsleiter, Werkhofleiter und Leiter der Auftragsvergabe / Logistik / Disposition der [...] AG, der [...] AG, der [...] AG und der «[...]» zu übermässigen Lärmemissionen gekommen. Ebenso beanzeigt wurden sämtliche Halter und die Führer von Fahrzeugen, die das [...] im genannten Zeitraum befahren haben.

 

2. Am 24. Mai 2022 erteilte die Beschwerdegegnerin in Anwendung von Art. 309 Abs. 2 StPO der Polizei Kanton Solothurn einen Auftrag zur Durchführung eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens zwecks Ermittlung, ob objektivierbare Anhaltspunkte für ein täterisches Verhalten, wie es in der Anzeige beschrieben wurde, vorliegen und um allfällige geschädigte Personen und Tatzeugen zu ermitteln. Gestützt auf den Ermittlungsbericht der Polizei vom 1. September 2022 nahm die Beschwerdegegnerin die Strafanzeige der Beschwerdeführer vom 20. Mai 2022 mit Verfügung vom 9 September 2022 nicht an die Hand.

 

3. Gegen diese Verfügung erhob A.___ in eigenem Namen und als bevollmächtigter Vertreter von B.___ am 3. Oktober 2022 Beschwerde. Am 24. Oktober 2022 ergänzte A.___ die Beschwerdeschrift.

 

4. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2022 verzichtete die Staatsanwaltschaft auf die Einreichung einer Stellungnahme, wies jedoch darauf hin, dass die vom Beschwerdeführer erwähnte zweite Strafanzeige vom 3. Oktober 2022 bei der Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich unter einer weiteren Verfahrensnummer entgegengenommen wurde.

 

5. Am 9. November 2022 wurde dem Beschwerdeführer die von ihm beantragte Akteneinsicht beim Obergericht gewährt.

 

6. Auf die Ausführungen der Partei wird, soweit für die Entscheidfindung wesentlich, im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

 

II.

 

1. Das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 9. Oktober 2022, mit welcher die Strafanzeige der Beschwerdeführer vom 20. Mai 2022 nicht an die Hand genommen wurden, ist zulässig (Art. 393 Abs. 1 lit. a der Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO, SR 312.0]) und die Beschwerdeführer sind als potentiell Geschädigte zur Beschwerde legitimiert.

 

Betreffend den Beschwerdeführer B.___ ist auszuführen, dass dieser die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft vom 9. September 2022 am 19. September 2022 entgegengenommen hat. Die Frist zur Einreichung einer Beschwerde lief demnach bis 29. September 2022. Mit Einreichung der Beschwerde am 3. Oktober 2022 resp. einer ergänzten Beschwerde am 24. Oktober 2022 ist diese verspätet erfolgt. Wie den Beschwerdeführern mit Verfügung 4. Oktober 2022 in Aussicht gestellt wurde, ist auf die Beschwerde von B.___ nicht einzutreten.

 

Betreffend den Beschwerdeführer A.___ ist auszuführen, dass dieser die Nichtanhandnahmeverfügung vom 9. September 2022 am 26. September 2022 in Empfang genommen hat. Die Beschwerde vom 3. Oktober 2022 resp. der ergänzten Beschwerde vom 24. Oktober 2022 erfolgte demnach rechtzeitig und formrichtig (Art. 396 Abs. 1 StPO). Auf die Beschwerde von A.___ ist einzutreten.

 

2. Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme der Untersuchung, sobald aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a) wenn Verfahrenshindernisse bestehen (lit. b). Ein Nichtanhandnahmeentscheid hat zu ergehen, wenn die Staatsanwaltschaft allein aufgrund der Ermittlungsergebnisse der Strafanzeige die Untersuchung nicht eröffnet, da die Führung eines Verfahrens geradezu aussichtslos erscheint (Esther Omlin, in: Basler Kommentar Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung, BSK StPO, 2. Auflage 2014, Art. 310 N 6). Das Prinzip «in dubio pro duriore» schreibt vor, dass eine Nichtanhandnahme von der Staatsanwaltschaft nur ausgesprochen werden darf, wenn es klar erscheint, dass der Sachverhalt nicht strafbar ist nicht bestraft werden kann. Entsprechend ist die Möglichkeit der Nichtanhandnahme an das Vorliegen eng umgrenzter Gründe geknüpft. Sind die Nichtanhandnahmegründe nicht mit absoluter Sicherheit gegeben, hat das Verfahren eröffnet zu werden. Entsprechend darf keine Nichtanhandnahme verfügt werden, wenn der Staatsanwaltschaft zur Prüfung der Nichtanhandnahmegründe zuerst Untersuchungshandlungen durchführen muss. Es muss sich folglich allein aus den Akten ersichtlich um sachverhaltsmässig und rechtlich klare Fälle handeln (a.a.O., N 8, m.w.Verw.). Gemäss Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO darf die Nichtanhandnahme nur verfügt werden, wenn mit Sicherheit feststeht, dass der zur Beurteilung vorliegende Sachverhalt unter keinen Straftatbestand fällt gar nicht verfolgbar ist. Meist fehlt es an einem Straftatbestand bei rein zivilrechtlichen Streitigkeiten (a.a.O., N 9, m.w.Verw.). Das Strafverfahren dient nicht als blosses Vehikel zur Durchsetzung allfälliger zivilrechtlicher Ansprüche und es ist nicht Aufgabe der Strafbehörden, einem Betroffenen das mit einem Zivilprozess verbundene Prozessrisiko abzunehmen (Urteil des Bundesgerichts 6B_446/2020 vom 29.6.2021, E. 1.3., m.w.Verw.). Im Zweifelsfall aber, wenn die Nichtanhandnahmegründe nicht mit absoluter Sicherheit gegeben sind, muss das Verfahren eröffnet werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_151/2019 vom 17.4.2019, E. 3.1., m.w.Verw.).

 

3.1. Vorliegend beanzeigt der Beschwerdeführer einen lärmigen Güterumschlag während der Nachtruhe und Mittagsruhe als Verstoss gegen § 12 der Polizeiordnung der Einwohnergemeinde der Stadt […]. Ebenso ein Fahren während der Nachtruhe (Art. 91 Abs. 2 der Verkehrsregelnverordnung [VRV, SR 741.11]) sowie ein Überschreiten des Immissionsgrenzwertes (Art. 15 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 07.10.1983 [USG, SR 814.01] und Art. 36 – 44 Lärmschutz-Verordnung [LSV, SR 814.41]), dies in der Zeit vom 23. Februar 2022 bis 5. Mai 2022. Abschliessend nennt er weitere Normen des Strafgesetzbuches, welche zur Anwendung kommen sollen (Art. 29 StGB, Art. 11 StGB, Art. 12 Abs. 2 StGB, Art. 24 Abs. 1 StGB, Art. 25 StGB und Art. 181 StGB).  Die im Auftrag der Staatsanwaltschaft getätigten Ermittlungen der Stadtpolizei […] kamen zum Schluss, dass für den zur Anzeige gebrachten Zeitraum keine Verstösse gegen obgenannte Bestimmungen nachgewiesen werden konnten (s. diesbezüglich den Ermittlungsbericht der Stadtpolizei […] vom 1. September 2022). Entsprechend nahm die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige des Beschwerdeführers am 9. September 2022 nicht an die Hand.

 

3.2. In seinen Eingaben vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, weswegen die Ausführungen der Staatsanwaltschaft in ihrer Nichtanhandnahmeverfügung vom 9. September 2022 nicht zutreffen sollen. Werden Lärmimmissionen beanzeigt, entspricht es dem üblichen Vorgehen der Polizei Kanton Solothurn, in regelmässigen Abständen zu wechselnden Tages- und Nachtzeiten die Stärke der beanstandeten Immission direkt vor Ort zu überprüfen. Kann bereits ohne Messgerät kein Lärm nachgewiesen werden, muss die Immission als nicht vorhanden allenfalls bereits vorübergegangen bezeichnet werden.

 

Gemäss Ermittlungsbericht der Stadtpolizei […] vom 1. September 2022 kam es vorliegend zu folgenden Besuchen der Polizei auf dem [...]:

 

-        14.07.2022      04:45 Uhr – 05:15 Uhr

-        20.07.2022      05:00 Uhr – 05:05 Uhr / 05:45 Uhr – 06:15 Uhr

-        22.07.2022      04:40 Uhr – 05:05 Uhr

-        29.07.2022      12:10 Uhr – 12:45 Uhr

-        04.08.2022      12:10 Uhr – 12:45 Uhr

 

Damit fanden insgesamt fünf Besuche an unterschiedlichen Wochentagen zu unterschiedlichen Tageszeiten statt. Das Vorgehen der Polizei entsprach vorliegend dem üblichen Vorgehen in solchen Fällen und ist nicht zu beanstanden.

 

3.3. Im Rahmen der Kontrollbesuche konnten zu keinem Zeitpunkt Immissionen festgestellt werden. Können vor Ort bereits ohne Messgerät keine Immissionen festgestellt werden, ist auch keine Anfertigung von über Monate andauernden Messprotokollen, keine Ermittlung von allen vor Ort anwesenden Fahrzeugen und Fahrzeughaltern, keine Erhebung von elektronischen Daten gar die Anbringung einer Videoüberwachung über mehrere Monate, wie dies der Beschwerdeführer in seiner Eingabe beauftragt, gerechtfertigt. Diese Ermittlungshandlungen würden einerseits unverhältnismässigen Aufwand für die Strafverfolgungsbehörden generieren; anderseits übersteigen sie teilweise das gesetzlich Zulässige. Es ist demnach festzustellen, dass die Polizei rechtskonform reagiert und ihr Ermessen auch in keinem Bereich über- unterschritten hat. Von einem «willkürlichen Ergebnis», einer «Rechtsverweigerung» einer «Verschwendung von Polizeiressourcen», wie dies der Beschwerdeführer vorbringt, kann nicht gesprochen werden.

 

3.4. Auf das im zweiten Strafverfahren (Anzeige vom 3. Oktober 2022) zusammen mit der Anzeige eingereichte Lärmprotokoll des Beschwerdeführers ist vorliegend nicht näher einzugehen, wird dies von der Staatsanwaltschaft doch im neuen Strafverfahren separat zu beurteilen sein.

 

4. Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vom 3. Oktober 2022 und seiner ergänzenden Begründung vom 24. Oktober 2022 nicht darzulegen vermochte, weswegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft vom 9. September 2022 den rechtlichen Anforderungen nicht genügen sollte und entsprechend aufzuheben wäre. Die Nichtanhandnahmegründe von Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO sind gegeben; die fraglichen Straftatbestände sind eindeutig nicht erfüllt. Allfällige Untersuchungshandlungen, welche zu einem allenfalls anderen Ergebnis führen würden, sind nicht erkennbar und – gemäss vorstehenden Ausführungen – auch nicht verhältnismässig. Bereits aus den Akten ergibt sich ein sachverhaltsmässig und rechtlich klarer Fall, welcher den Erlass einer Nichtanhandnahmeverfügung rechtfertigt.

 

5. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten zu Lasten des Beschwerdeführers (Art. 428 Abs. 1 StPO). Sie sind auf CHF 800.00 festzusetzen und mit der geleisteten Sicherheit zu verrechnen. Entsprechend dem Verfahrensausgang ist dem Beschwerdeführer keine Entschädigung zuzusprechen.

Demnach wird beschlossen:

1.    Auf die Beschwerde von B.___ wird nicht eingetreten.

2.    Die Beschwerde von A.___ abgewiesen.

3.    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 800.00 gehen zu Lasten von A.___.

4.    Es wird keine Entschädigung zugesprochen.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona).

Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Die Gerichtsschreiberin

Müller                                                                                Schenker

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.