E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsgericht (SO - BKBES.2022.108)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:BKBES.2022.108
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Beschwerdekammer
Verwaltungsgericht Entscheid BKBES.2022.108 vom 21.12.2022 (SO)
Datum:21.12.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Zusammenfassung:Die Beschwerdekammer des Obergerichts hat entschieden, dass die Beschwerde gegen die Einstellungs- und Beweisverfügung des Staatsanwaltes abgewiesen wird. Es wurde festgestellt, dass weder der objektive noch der subjektive Tatbestand der Erstellung eines falschen Gutachtens erfüllt ist. Daher wurde die Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten vollumfänglich eingestellt. Die Kosten des Verfahrens von CHF 800.00 gehen zu Lasten des Beschwerdeführers, der keine Parteientschädigung erhält. Der Beschuldigte erhält eine Parteientschädigung von CHF 2'252.45, zahlbar durch den Staat Solothurn. Der Entscheid kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Schlagwörter: Gutachten; Beschuldigte; Gutachtens; Gutachter; Beschuldigten; Staat; Urteil; Recht; Bundesgericht; Staatsanwaltschaft; Ausführungen; Gericht; Verfahren; Verwa; Beschwerdeführers; Bundesgerichts; Schlussfolgerung; Verfahren; Entscheid; Erstellung; Einstellung; Gutachters; Verfahrens; Privatgutachten; önne
Rechtsnorm: Art. 307 StGB ; Art. 307 StPO ; Art. 382 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 432 StPO ; Art. 6 StPO ; Art. 7 StPO ;
Referenz BGE:125 V 351; 127 I 73; 141 IV 369; 93 IV 24;
Kommentar:
Hans, Basler Kommentar Strafrecht StGB , JStGB, Art. 307 StGB, 2019
Entscheid
 
Geschäftsnummer: BKBES.2022.108
Instanz: Beschwerdekammer
Entscheiddatum: 21.12.2022 
FindInfo-Nummer: O_BK.2023.1
Titel: Einstellungs- und Beweisverfügung des Staatsanwaltes

Resümee:

 

Obergericht

Beschwerdekammer

Beschluss vom 21. Dezember 2022   

Es wirken mit:

Oberrichterin Hunkeler

Oberrichter Frey    

Oberrichter Thomann

Gerichtsschreiberin Schenker

In Sachen

A.___, vertreten durch Rechtsanwalt Hans M. Weltert,

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

1.    Staatsanwaltschaft, Barfüssergasse 28, Franziskanerhof, 4502 Solothurn,

 

Beschwerdegegnerin

 

2.    B.___, vertreten durch Rechtsanwalt Ronnie Dürrenmatt

 

Beschuldigter

 

betreffend     Einstellungs- und Beweisverfügung des Staatsanwaltes


zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:

I. 

1. Am 23. Dezember 2021 reichte A.___ (Beschwerdeführer), vertreten durch Rechtsanwalt Hans M. Weltert, der Staatsanwaltschaft (Beschwerdegegnerin) eine Strafanzeige gegen B.___ (Beschuldigter) ein. Darin wurde u.a. beantragt, eine Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten wegen Erstellung eines falschen Gutachtens i.S.v. Art. 307 Abs. 1 StGB und / allenfalls weiteren Tatbeständen zu eröffnen (Ziff. 1) und ein Obergutachten zu veranlassen (Ziff. 2). Gestützt auf diese Anzeige eröffnete die Beschwerdegegnerin am 2. März 2022 (Niederschrift am 07.04.2022) eine Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten.

 

2. Nach erfolgtem Beizug sämtlicher Vorakten, welche dem monierten Gutachten zugrunde lagen, stellte die Beschwerdegegnerin mit Verfügung vom 12. Juli 2022 das Strafverfahren gegen den Beschuldigten vollumfänglich ein (Ziff. 1) und wies den mit Eingabe vom 17. Mai 2022 ergänzend gestellten Beweisantrag des Beschwerdeführers, der Beschuldigte sei zur Sache zu befragen, ab (Ziff. 2). Eine Entschädigung und / Genugtuung wurde nicht ausgerichtet (Ziff. 3), die Verfahrenskosten gingen zu Lasten des Staates Solothurn (Ziff. 4).

 

3. Am 18. August 2022 reichte A.___ gegen diese Einstellungs- und Beweisverfügung der Staatsanwaltschaft Beschwerde ein. Das Strafuntersuchungsverfahren gegen den Beschuldigten sei fortzuführen (Ziff. 1) und die beantragten Beweise seien abzunehmen (Ziff. 2). Insbesondere sei der Beschuldigte zur Sache zu befragen (lit. a) und es sei ein Obergutachten einzuholen (lit. b). Weiter sei ihm Akteneinsicht zu gewähren (Ziff. 3).

 

4. Unter Verzicht auf die Einreichung einer Stellungnahme beantragte die Beschwerdegegnerin mit Eingabe vom 16. September 2022 die Abweisung der Beschwerde. Nach erfolgter Akteneinsicht an dessen Rechtsvertreter liess der Beschuldigte am 27. Oktober 2022 mitteilen, auf das Stellen von Anträgen und die Einreichung einer schriftlichen Stellungnahme zu verzichten.

 

5. Mit Eingabe vom 12. Dezember 2022 retournierte der Beschwerdeführer die ihm gemäss Verfügung vom 6. Dezember 2022 zugestellten Verfahrensakten, wobei an den Anträgen gemäss Beschwerde festgehalten wurde. Die Untersuchung der Staatsanwaltschaft sei offensichtlich lediglich pro forma durchgeführt worden.

 

6. Am 7. November 2022 reichte der Vertreter des Beschuldigten seine Honorarnote zu den Akten; seitens des Beschwerdeführers ging innert der mit Verfügung vom 31. Oktober 2022 gesetzten Frist keine Honorarnote ein.

 

7. Auf die Ausführungen der Parteien wird, soweit für die Entscheidfindung wesentlich, im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

 

 

 

II.

 

1. Das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Einstellungs- und Beweisverfügung der Staatsanwaltschaft vom 12. Juli 2022 ist zulässig (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO). Der Beschwerdeführer hat als potentiell geschädigter Strafanzeiger ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung der Verfügung und ist deshalb zur Beschwerde legitimiert (Art. 382 Abs. 1 StPO). Die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 12. Juli 2022 ging dem Beschwerdeführer erst am 8. August 2022 ein, weswegen die Einreichung der Beschwerde am 18. August 2022 innert der 10-tätigen Rechtsmittelfrist und damit rechtzeitig erfolgte. Die weiteren Eintretensvoraus-setzungen geben – abgesehen von einer Ausnahme – zu keinen Bemerkungen Anlass: Soweit die Abweisung eines Beweisantrags angefochten wird, ist die Beschwerde nicht zulässig (Art. 394 lit. b StPO). Im Übrigen ist auf die rechtzeitig und formrichtig (Art. 396 Abs. 1 StPO) eingereichte Beschwerde einzutreten.

 

2. Nach Art. 319 Abs. 1 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) verfügt die Staatsanwaltschaft die vollständige teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt (lit. a), kein Straftatbestand erfüllt ist (lit. b), Rechtfertigungsgründe einen Straftatbestand unanwendbar machen (lit. c), Prozessvoraussetzungen definitiv nicht erfüllt werden können Prozesshindernisse aufgetreten sind (lit. d) nach gesetzlicher Vorschrift auf Strafverfolgung Bestrafung verzichtet werden kann (lit. e).

 

2.2. Der Entscheid über die Einstellung des Verfahrens richtet sich nach dem aus dem Legalitätsprinzip fliessenden Grundsatz «in dubio pro duriore». Danach darf eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft nur bei klarer Straflosigkeit, namentlich fehlendem Tatverdacht, bzw. offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen verfügt werden. Ist eine Verurteilung wahrscheinlicher als ein Freispruch, ist, sofern die Erledigung mit einem Strafbefehl nicht in Frage kommt, Anklage zu erheben. Dasselbe gilt in der Regel, wenn ein Freispruch ebenso wahrscheinlich wie eine Verurteilung erscheint. Der Grundsatz, dass im Zweifelsfall nicht eingestellt werden darf, ist unter Würdigung der im Einzelfall gegebenen Umstände anzuwenden. Bei zweifelhafter Beweis- bzw. Rechtslage hat mithin nicht die Untersuchungs- Anklagebehörde über die Stichhaltigkeit des strafrechtlichen Vorwurfs zu entscheiden, sondern das für die materielle Beurteilung zuständige Gericht. Jedoch sind Sachverhaltsfeststellungen unter Berücksichtigung des Grundsatzes «in dubio pro duriore» auch bei Einstellungen zulässig, soweit gewisse Tatsachen «klar» bzw. «zweifelsfrei» feststehen, so dass im Fall einer Anklage mit grosser Wahrscheinlichkeit keine abweichende Würdigung zu erwarten ist. Der Staatsanwaltschaft ist es mithin nur bei unklarer Beweislage untersagt, der gerichtlichen Beweiswürdigung vorzugreifen. Im Rahmen von Art. 319 Abs. 1 lit. b und c StPO sind Sachverhaltsfeststellungen der Staatsanwaltschaft in der Regel gar notwendig. Auch insoweit gilt aber, dass der rechtlichen Würdigung der Sachverhalt «in dubio pro duriore», d.h. der klar erstellte Sachverhalt, zugrunde gelegt werden muss (Urteil des Bundesgerichts 6B_1195/2019 vom 28.4.2020).

 

3.1. Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund ein falsches Gutachten abgibt falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Geldstrafe bestraft (Art. 307 Abs. 1 StGB). Art. 307 StGB schützt in erster Linie die Korrektheit von Beweisverfahren, somit die Ermittlung der Wahrheit in einem gerichtlichen Verfahren und nachrangig bzw. sekundär die konkret davon betroffenen Privatsubjekte mit ihren rechtlich geschützten, materiellen und immateriellen Interessen wie Freiheit, Ehre und Vermögen (Vera Delnon/Bernhard Rüdy, in: Marcel Alexander Niggli / Hans Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Strafrecht StGB / JStGB, 4. Auflage 2019 [nachfolgend BSK StGB], Art. 307 N 5 m.w.Verw.). Hat ein Sachverständiger ein Gutachten abzugeben, hat er vollständige Befunde abzugeben, in allen Bereichen, die für die Erstellung eines Sachverhalts und zur Ziehung schlüssiger Folgerungen von Bedeutung sein können. Werden nicht vorhandene Tatsachen festgestellt, ist das Gutachten genauso falsch, wie wenn aus richtigen Befunden wissenschaftlich ungenaue Schlussfolgerungen gezogen werden. Schlussfolgerungen sind so lange nicht falsch, als sie vertretbar sind. Sind klare Schlüsse nicht möglich, ist dies kenntlich zu machen (a.a.O., N 23 m.w.Verw.). In subjektiver Hinsicht wird Vorsatz verlangt, wobei Eventualvorsatz ausreicht. Der Vorsatz muss sich auf alle objektiven Strafbarkeitselemente erstrecken. Der Täter muss aber nicht um die Erheblichkeit einer Aussage wissen und auch nicht bewusst auf die Urteilsfindung einwirken wollen (a.a.O., N 31 u.a. m.Verw.a. BGE 93 IV 24).

 

3.2. Privatgutachten haben nach konstanter Praxis des Bundesgerichts nicht den gleichen Wert wie ein Gutachten, das von der Untersuchungsbehörde einem Gericht eingeholt wurde. Den Ergebnissen eines im Auftrag des Beschuldigten erstellten Privatgutachtens kommt lediglich die Bedeutung einer der freien Beweiswürdigung unterliegenden Parteibehauptung bzw. eines Bestandteils der Parteivorbringen zu, nicht die Qualität eines Beweismittels (BGE 141 IV 369 m.Verw.a. BGE 132 III 83, E. 3.4. und BGE 127 I 73, E. 3f/bb). Da Privatgutachten in der Regel nur eingereicht werden, wenn sie für den Auftraggeber günstig lauten, sind sie mit Zurückhaltung zu würdigen. Dies gilt auch, wenn das Privatgutachten durch eine erfahrene und etablierte Fachperson erstellt wird, die auch als Gerichtsgutachter beigezogen wird. Der Privatgutachter ist nicht unabhängig und unparteiisch wie der amtliche Sachverständige. Er steht vielmehr in einem Auftragsverhältnis zu der ihn beauftragenden privaten Partei und äussert seine Meinung, ohne von den juristischen Entscheidungsträgern in die Pflicht genommen worden zu sein. Es ist daher beim Privatgutachter vom Anschein einer Befangenheit auszugehen, zumal er vom Angeschuldigten nach dessen Kriterien ausgewählt worden ist, zu diesem in einem Vertrags- und Treueverhältnis steht und von ihm entlöhnt wird. Demgegenüber ist der amtliche Sachverständige Experte – gleichgültig, ob er von der Untersuchungsbehörde vom Gericht ernannt wurde – nicht Gutachter einer Partei, namentlich auch nicht des Untersuchungsrichters des Anklägers. Er ist vielmehr Entscheidungsgehilfe des Richters, dessen Wissen und Erfahrungen er durch besondere Kenntnisse auf seinem Sachgebiet ergänzt (BGE 141 IV 369 E. 6.2. m.w.Verw.).

 

Aus diesen Gründen ist ein privates Gutachten, auch wenn es durch eine anerkannte Fachperson erstellt wird, einem gerichtlich angeordneten Gutachten nicht gleichgestellt (BGE 141 IV 369 E. 6.2. m.Verw.a. Urteil des Bundesgerichts 6B_49/2011 vom 04.04.2011 E. 1.4.). Aus diesen Gründen ist zweifelhaft, ob ein Privatgutachten die Überzeugungskraft eines gerichtlich angeordneten Gutachtens zu erschüttern vermag (BGE 141 IV 369 E. 6.2. m.Verw.a. die Urteile des Bundesgerichts 6B_951/2009 vom 26.02.2010 E. 1.3. und 6B_283/2007 vom 05.10.2007 E. 2. mit Hinweisen). Immerhin kann ein Privatgutachten unter Umständen aber geeignet sein, Zweifel an der Schlüssigkeit eines Gerichtsgutachtens die Notwendigkeit eines (zusätzlichen) Gutachtens zu begründen. Ergibt sich aus ihm, dass entscheidrelevante Aspekte im amtlich bestellten Gutachten nicht rechtsgenügend geprüft sind dass erhebliche Zweifel an der Schlussfolgerung dieses Gutachtens bestehen, müssen diese abgeklärt bzw. ausgeräumt werden. Entscheide dürfen indes nicht ausschliesslich auf Parteigutachten abgestützt werden (BGE 141 IV 369 E. 6.2. m.Verw.a. Urteil des Bundesgerichts 6B_438/ 2011 vom 18.10.2011 E. 2.4.3.). Wie bei jeder substantiiert vorgebrachten Einwendung ist das Gericht deshalb verpflichtet zu prüfen, ob das Privatgutachten die Schlussfolgerungen des behördlich bestellten Gutachters derart zu erschüttern vermag, dass davon abzuweichen ist (BGE 125 V 351 E. 3b und 3c; Urteil des Bundesgerichts 6B_215/2013 vom 27.01.2014 E. 1.2.; Urteil des Bundesgerichts 6B_48/2009 vom 11.06.2009 E. 4.2. mit Hinweisen).

 

4.1. Am 24. Dezember 2021 ging bei der Staatsanwaltschaft die Anzeige des Beschwerdeführers vom 23. Dezember 2021 ein. Zusammengefasst wird vorgebracht, der Beschuldigte habe in seiner Funktion als [Funktion 1] im Auftrag der KESB Thal-Gäu/Dorneck-Thierstein ein kinder- und jugendpsychiatrisches Gutachten hinsichtlich der Regelung der elterlichen Sorge und des Besuchsrechts betreffend den Privatkläger und seine Kinder (C.___und D.___) erstellt. Das Gutachten datiere vom 7. Mai 2015, die Untersuchungen hätten zwischen dem 26. Februar 2015 und dem 29. April 2015 stattgefunden. Gemäss zweier Expertinnen – Dr. E.___, Rechtspsychologin FSP und F.___, em. Prof. FHNW, [Gesellschaft 1] – weise dieses Gutachten mehrere gravierende Mängel auf und sei «fachlich unzureichend und teilweise falsch», «weder objektiv noch neutral», gar «unbrauchbar». Selbst die Auftraggeberin spreche von einer «mittleren» Katastrophe», wenn sie in ihrer internen Korrespondenz Bezug auf das Gutachten nehme. Für den Beschwerdeführer habe dieses falsche Gutachten katastrophale Auswirkungen gehabt. So seien ihm das Sorgerecht für seinen Sohn entzogen und sein Antrag auf gemeinsames Sorgerecht für die Tochter blockiert worden. Hinzu trete, dass die Anwältin der Kindsmutter im Zeitpunkt der Begutachtung Vizepräsidentin des Verwaltungsrates der [Gesellschaft 2] und somit indirekt Vorgesetzte des Beschuldigten gewesen sei, weswegen der Beschuldigte das Mandat gar nie hätte annehmen dürfen. Sei ein Gutachten nicht lege artis erstellt worden und weise dieses zahlreiche, aus wissenschaftlicher Sicht geradezu unhaltbare Fehler auf, so dass die Schlussfolgerungen schlichtweg nicht mehr vertretbar seien, so könne dies einen massgeblichen äusseren Umstand darstellen, welcher darauf hindeuten könne, dass ein Gutachter die Falschheit des Gutachtens, wenn nicht willentlich, so doch zumindest in Kauf genommen habe. Gelange die Staatsanwaltschaft zur Auffassung, die von den Expertinnen angeführten gravierenden Mängel des Gutachtens würden noch nicht ausreichen, die Falschheit des Gutachtens nachzuweisen, werde beantragt, ein Obergutachten anzuordnen.

 

4.2. Mit Verfügung vom 17. Januar 2022 wurde seitens der Staatsanwaltschaft der Eingang der Anzeige festgestellt (Ziff. 1) und festgehalten, dass sich aus den gemachten Ausführungen und den eingereichten Urkunden keine Hinweise auf ein vorsätzliches Handeln des Beschuldigten ergeben würden (Ziff. 2). Dem Beschwerdeführer wurde Frist gesetzt, um darzulegen, inwiefern der Beschuldigte vorsätzlich gehandelt haben soll (Ziff. 3).

 

4.3. Mit Eingabe vom 25. Januar 2022 hielt der Beschwerdeführer fest, der objektive Tatbestand von Art. 307 Abs. 1 StGB müsse bejaht werden. Das Gutachten sei nicht lege artis erstellt worden, wobei die Vielzahl von Mängeln und Unzulänglichkeiten darauf hindeuteten, dass der Beschuldigte die Falschheit seines Gutachtens zumindest in Kauf genommen habe, wobei dies wiederum den Eventualvorsatz begründe. Wenn sich im beantragten Obergutachten bestätige, dass die gutachterliche Einschätzung des Beschuldigten tatsächlich an gravierenden Mängeln leide und schlicht nicht vertretbar sei, könne dies ein weiterer Anhaltspunkt sein für einen Eventualvorsatz. Dieses Vorgehen werde denn auch durch die Rechtsprechung geschützt. Dafür müsse aber der Sachverhalt seitens der Staatsanwaltschaft zwingend vertieft abgeklärt werden.

 

4.4. In der Einstellungsverfügung vom 12. Juli 2022 hielt die Staatsanwaltschaft diesbezüglich fest, es handle sich vorliegend um eine seit Jahren andauernde Streitigkeit um die Zuteilung der elterlichen Sorge. Wie sich aus den beigezogenen KESB-Akten ergebe, sei das vom Beschuldigten erstellte Gutachten vom 7. Mai 2015 immer wieder Thema in diversen vom Beschwerdeführer angestrengten Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der KESB gewesen. Dabei stimme die jeweilige Argumentation des Beschwerdeführers mit der von ihm im vorliegenden Verfahren vorgebrachten überein. Es gelte jedoch festzuhalten, dass keine einzige gerichtliche Instanz – nota bene bis zum Bundesgericht – Zweifel an der Seriosität an der fachlichen Qualität des Inhalts des fachlichen Gutachtens geäussert habe. Gegenteils sei das Gutachten sämtlichen Gerichtsentscheiden zugrunde gelegt worden. Hieraus erhelle, dass kein Raum für das vom Beschwerdeführer beanzeigte strafbare Handeln des Beschuldigten vorliege. Daran vermöchten auch die vom Beschwerdeführer ins Recht gelegten privaten Stellungnahmen nichts zu ändern.

 

4.5. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei diese Begründung der Staatsanwaltschaft, wonach sich die gerichtlichen Instanzen wiederholt auf das Gutachten abgestellt hätten, nicht bloss nicht schlüssig, sondern auch widersprüchlich und falsch. Es sei nicht zulässig, die Strafuntersuchung darüber, ob ein Experte den Behörden und Gerichten für die Urteilsfindung ein falsches Gutachten abgeliefert habe, mit der Begründung zu verweigern, dass dieses (eben falsche) Gutachten den Entscheidungen zugrunde gelegen habe. Ein falsches Gutachten sei und bleibe falsch; das darauf abgestützte Urteil ebenso. Aus rechtssoziologischer Sicht trete der Aspekt des Vertrauens hinzu. Gerade in heiklen Familienrechtssachen sei der Anspruch auf faire Urteile sehr zentral. Um diesem Anspruch überhaupt genügen zu können, müsse der betroffene Bürger in diese Urteile sowie in die Qualität der Rechtsprechung, die Glaubwürdigkeit der Justiz, in die Gewaltenteilung und in die Institutionen vertrauen können. In der Strafklage habe der Beschwerdeführer den Anfangsverdacht gegen den Beschuldigten nicht nur glaubhaft gemacht, sondern in signifikanter Weise erhärtet, weswegen sogar von einem dringenden Tatverdacht gesprochen werden müsse. Sei ein ausreichender Anfangsverdacht gegeben, hätten die Behörden dem Grundsatz nach alles Erforderliche zu unternehmen, den massgebenden Sachverhalt abzuklären; es gelte der Untersuchungsgrundsatz (Art. 6 StPO). Gemäss Art. 7 StPO bestehe Verfolgungszwang. Bezugnehmend auf die Akten des Verfahrens vor der KESB sei festzustellen, dass in jenem Verfahren teilweise das rechtliche Gehör betreffend die Erstellung des Gutachtens verletzt worden sei; zudem sei schliesslich sogar die KESB selbst den Ausführungen des Gutachters nicht gefolgt. Sei das Gutachten bislang vom Bundesgericht geprüft worden, sei dies einzig unter dem Aspekt der Willkür geschehen. Habe das Gericht entschieden, dass auf das Gutachten abgestellt werden dürfe, so sei festzustellen, dass es sich bei den Vertretern des Bundesgerichts um keine Fachpersonen handle; bei den Vertretern der KESB, die nicht auf das Gutachten abgestellt und dieses als «mittlere Katastrophe» bezeichnet hätten, dagegen schon. Auch bei den Richtern im Zivilverfahren handle es sich um keine medizinischen Fachpersonen. Allein schon aus dem Grundsatz «in dubio pro duriore» müsse deshalb ein Obergutachten in Auftrag gegeben werden.

 

4.6. Vorliegend ist demnach von zentraler Bedeutung, ob das Gutachten des Beschuldigten vom 7. Mai 2015 als inhaltlich falsch zu qualifizieren ist nicht. Diesbezüglich ist auszuführend was folgt:

 

4.6.1. Am 7. Mai 2015 hat der Beschuldigte im Auftrag der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Thal-Gäu / Dorneck-Thierstein ein Kinder- und jugendpsychiatrisches Gutachten betreffend C.___ und D.___ verfasst. Unter vorgängiger Darlegung der Fragestellung, der Informationsquellen, der Ausgangslage und Aktenauswertung, der Vorgeschichte, der Sichtweise der Betroffenen zum aktuellen Konflikt und zu den Fragen des Auftraggebers sowie den Angaben aus dem Umfeld (Ziff. 1 – 7 des Gutachtens) gelangte der Gutachter unter Ziffer 8 des Gutachtens zu den Befunden und diagnostischen Einordnungen der involvierten Familienmitglieder. So umfassen Ziff. 8.1. Beobachtungen und Befunde zum Sohn des Beschuldigten und Ziff. 8.2. Beobachtungen und Befunde zur Tochter des Beschuldigten. In den Ziff. 8.3. und 8.4. wird die Beziehung zwischen den Eltern und den Kindern geschildert (Gutachten S. 35 f. und S. 36 f.). Die vom Gutachter gemachten Feststellungen wurden unter dem Titel «Interaktionsbeobachtung» festgehalten, bevor schliesslich in Ziff. 8.5. bzw. 8.6. «Relevante Beobachtungen zur Persönlichkeit» der Mutter bzw. des Vaters festgehalten wurden (Gutachten S. 37 und S. 38). Schliesslich hält der Gutachter in Ziff. 8.7. das Elterngespräch vom 15. April 2017 fest (Gutachten S. 39 f.), bevor er unter Ziff. 9 zu den kriterienorientierten Erwägungen (Gutachten S. 41 ff.) gelangt) und Empfehlungen für das weitere Vorgehen abgibt.

 

Beim Studium dieser Ausführungen fällt auf, dass der Gutachter dort, wo er persönliche Feststellungen und Beobachtungen gemacht eine Anmerkung anzufügen hat, dies auch entsprechend gekennzeichnet («Kommentar» S. 36 und S. 37 auch an diversen Stellen mit «aus gutachterlicher Sicht») bzw. bereits entsprechend im Titel vermerkt hat («Relevante Beobachtungen S. 37 und S. 38»). Dem Gutachter war bewusst, dass mit Erstellung des Gutachtens kein Ende des Elternkonfliktes erreicht werden könne, weswegen er ein «konventionelles, kriterienorientiertes Vorgehen» unter dem «Leitkriterium des Kindeswohls» für die Ausarbeitung seines Gutachtens wählte. Bei der gutachterlichen Einschätzung ging es ihm nicht um einen Interessenausgleich zwischen den Kindseltern, sondern um den Schutz und die Bedürfnisse der Kinder (so ausdrücklich S. 51). Der Gutachter gelangt insgesamt zum Schluss, dass der unbewältigte Trennungs- und Verlustschmerz des Beschwerdeführers, zusammen mit seinen narzisstischen, dominanten und zwanghaften Persönlichkeitszügen und mit den tendenziell ängstlich-unsicheren, aber auch kontrollierenden Persönlichkeitszügen der Kindsmutter zu einer «malignen Kollusion» führe (S. 51). Es sei dem Beschwerdeführer dringend zu empfehlen, psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen (Gutachten S. 53).

 

Wenn auch diese Ausführungen des Gutachters in ihrer Berücksichtigung für den Beschwerdeführer negative Konsequenzen wie Entzug der elterlichen Sorge Sistierung des Besuchsrechts nach sich gezogen haben mögen und er sich mit diesen Folgen nicht einverstanden erklären kann, vermag er nicht darzulegen, weshalb die Ausführungen des Beschuldigten in seinem Gutachten vom 7. Mai 2015 nicht vertretbar und damit grundsätzlich inhaltlich falsch sein sollen.

 

Diesbezüglich ist vorab auf die bislang in dieser Sache ergangenen Entscheide der involvierten Gerichte zu verweisen.

 

4.6.2. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn stützt sich auf die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens. So hält es in seinem Entscheid vom 23. November 2015 hinsichtlich einer angeblichen Ungültigkeit des Gutachtens fest:

 

«Die vom Beschwerdeführer zahlreich aufgelisteten, aber sehr allgemein gehaltenen Gründe vermögen jedoch keine Zweifel an der Verwertbarkeit des Gutachtens vom 7. Mai 2015 zu erwecken. Der Beschwerdeführer übt rein appellatorische Kritik am Gutachten, bringt jedoch keine Gründe vor – wie zum Beispiel Befangenheit ungenügende Ausbildung des Gutachters – welche Zweifel an der Verwertbarkeit erwecken würden und eingehender zu prüfen wären (…). Eine abweichende Einschätzung der Situation durch den Beschwerdeführer hat keinen Einfluss auf die Verwertbarkeit des Gutachtens.»

 

4.6.3. Weiter hält auch das Bundesgericht in seinem Urteil vom 2. Mai 2016 (Urteil des Bundesgerichts 5A_89/2016 vom 02.05.2016, E. 3.) ausdrücklich fest:

 

«Falsch ist sodann die Aussage (des Beschwerdeführers), der Gutachter gebe hauptsächlich ungeprüft die Ausführungen der Kindsmutter wieder und das Verwaltungsgericht übernehme dies; im Gutachten werden die Aussagen des Vaters ebenso ausführlich dargestellt wie diejenigen der Mutter. Dass der Gutachter zu Schlussfolgerungen kommt, welche nicht der väterlichen Eigenwahrnehmung entsprechen, und das Verwaltungsgericht auf die Würdigung durch den Gutachter abstellt, begründet keine Willkür.»

 

4.6.4. Im Urteil vom 15. Mai 2017, E. 3.2., hält das Verwaltungsgericht erneut fest:

 

«Dem ist nicht viel beizufügen. Das Gutachten erfüllt auch heute noch und speziell für die Frage der Entwicklung resp. Regelung des Kontakt- und Besuchsrechts des Beschwerdeführers die Kriterien der Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit und der Schlüssigkeit (…), und beim Gutachter handelt es sich um einen unabhängigen, erfahrenen, fachlich bestens ausgebildeten und anerkannten Gutachter, der auch häufig kinder- und jugendpsychiatrische Gutachten erstellt. Der Beschwerdeführer bringt denn auch in seiner Beschwerde – im Gegensatz zum Verfahren bei der Vorinstanz – nichts Gegenteiliges mehr vor.»

 

4.6.5. Im Urteil des Bundesgerichts 5A_457/2017 vom 4. Dezember 2017, E. 3.2., hält das Bundesgericht erneut fest:

 

«Bereits im bundesgerichtlichen Urteil vom 2. Mai 2016 (Sachverhalt A.d.) wurde festgehalten, dass das 65-seitige Gutachten als sorgfältig und umfassend bezeichnet und darauf abgestützt werden kann, zumal die Darstellung des Gutachters mit derjenigen durch die Beiständin und die KESB übereinstimme und die Aussagen der Mutter ebenso ausführlich dargestellt werden wie die des Vaters (…). Wie damals festgehalten wurde, begründet es keine Willkür, wenn das Gutachten zu Schlussfolgerungen kommt, die nicht der väterlichen Eigenwahrnehmung entsprechen.»

 

4.6.6. Sämtliche involvierten Gerichtsbehörden haben sich demnach mehrfach und ausführlich mit dem Gutachten und seinem Inhalt auseinandergesetzt. Wäre von einem Gutachten mit falschem Inhalt auszugehen, wie dies der Beschwerdeführer geltend machen will, wäre dies festgestellt worden. Fordert der Beschwerdeführer die Beurteilung eines (jeden) Gutachtens durch medizinische Fachpersonen, so verkennt er grundlegend die Bedeutung der gerichtlichen Beweiswürdigung. Inwiefern die Ausführungen der Gerichte für den vorliegenden Fall nicht massgeblich sein sollen, vermag der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar zu belegen.

 

Das Gutachten ist damit nicht als inhaltlich falsch zu qualifzieren.

 

4.7. An dieser Auffassung vermögen auch die vom Beschwerdeführer eingereichten Stellungnahmen der Expertinnen Dr. E.___ und em. Prof. F.___ nichts zu ändern.

 

4.7.1. Wie vorstehend in Ziff. II.3.2. ausgeführt, ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ein privates Gutachten, auch wenn es durch eine anerkannte Fachperson erstellt wird, einem gerichtlich angeordneten Gutachten nicht gleichgestellt. Soll ein Privatgutachten grundsätzlich geeignet sein, Zweifel an der Schlüssigkeit eines Privatgutachtens die Notwendigkeit eines zusätzlichen Gutachtens zu begründen, muss sich aus ihm ergeben, dass entscheidrelevante Aspekte im amtlich bestellten Gutachten nicht rechtsgenügend geprüft wurden dass erhebliche Zweifel an der Schlussfolgerung dieses Gutachtens bestanden haben.

 

4.7.2. Dr. E.___ bringt unter Darlegung der methodischen Anforderungen an die Erstellung eines Gutachtens sowie unter Zusammenfassung der vom Beschuldigten gemachten Ausführungen in Ziffer III ihrer Beurteilung vor, der Beschuldigte habe sowohl hinsichtlich des methodischen Vorgehens als auch hinsichtlich seiner Schlussfolgerungen nur ungenügende Aufzeichnungen abgelegt. Es lasse sich nicht nachvollziehen, ob und wenn ja welche Struktur die vom Gutachter geführten Gespräche gehabt hätten, z.B. welche Fragen in welcher Formulierung gestellt worden seien, ob beide Elternteile die gleichen Fragen hätten beantworten müssen etc.. Auch die Interaktionsbeobachtungen würden jeweils einzig auf Bewertungen bzw. Interpretationen ohne überprüfbare Grundlage basieren. In dieser Sache sei das Gutachten als nicht fachgerecht zu bezeichnen (S. 13). Mit den Schilderungen des Verhaltens der Eltern beschränke sich der Gutachter zudem nicht auf die Darstellung konkreter Verhaltensweisen von Eltern im Hinblick auf den Umgang mit ihren Kindern, sondern begebe sich auf das Gebiet der Charakter- und Persönlichkeitsanalyse. Dies sei ein «krasser Kunstfehler»; bzw. mit der Verknüpfung von väterlichem Verhalten und Symptomen seines Kindes unterlaufe dem Gutachter ein «schwerer fachlicher Fehler» (S. 16). Die Grundforderung nach Neutralität und Objektivität sei «in eklatanter Weise verletzt» worden (S. 15).

 

Wenn auch Dr. E.___ dem Beschuldigten gewisse, teilweise angeblich gravierende Fehler in der Methodik vorzuwerfen vermag, so ist festzustellen, dass ihr das Gutachten entweder zu wenig weit geht (bspw. betr. Festhalten der Methodik) zu ausufernd ist (bspw. betr. Charakter- und Persönlichkeitsanalyse). Dass die vom Beschuldigten in seinem Gutachten gemachten Beobachtungen und getroffenen Feststellungen insb. hinsichtlich der negativen Charaktereigenschaften des Vaters und dessen im Vordergrund stehenden Beeinflussungsversuche des Sohnes objektiv nicht zutreffend wären gar gänzlich an den Haaren herbeigezogen wären, wird demgegenüber aber nicht geltend gemacht. Die Schlussfolgerung selbst sei zu wenig belegt; dass sie falsch wäre, ist aber nicht dargetan. Ebenso kommt man nicht umhin festzustellen, dass auch Frau Dr. E.___ nicht davor gefeit ist, in ihren Ausführungen negative Seiten eines Elternteils zu betonen – so bspw. mit der Feststellung, die Kindsmutter setze mit ihrer «Kommunikationsverweigerung» eine «Waffe» ein. Die Stellungnahme von Frau Dr. E.___ vermag demnach gewisse Unzulänglichkeiten darzulegen; es vermag aber nicht, die Überzeugungskraft bzw. Schlüssigkeit des erstellten Gutachtens zu erschüttern bzw. darzulegen, weswegen dieses als nicht mehr vertretbar erscheint und weswegen die Erstellung eines Obergutachtens angezeigt wäre.

 

4.7.3. Dasselbe gilt grundsätzlich für die Ausführungen von em. Prof. F.___. Verweist diese auf die fehlende Transparenz hinsichtlich des vom Gutachters gewählten Methoden, so schliesst sie sich inhaltlich den Ausführungen von Frau Dr. E.___ an. Gelangt sie zum Schluss, der Beschuldigte biete den Betroffenen keine «unabhängige, neutrale, fachliche Aussensicht der Dinge» an, wozu sie «ein Recht hätten», ist fraglich, wie die Expertin zu dieser Schlussfolgerung gelangt. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschuldigte seine Empfehlungen rein im Interesse der Kindsmutter getroffen haben und damit «parteiisch» gewesen sein soll. Dass Empfehlungen eines unabhängigen Gutachters auch einmal zu Gunsten einer Partei ausfallen können, liegt in der Natur der Sache und ist in der Praxis unumgänglich. Diesbezüglich ist zudem erneut vollumfänglich auf die bereits ergangene bundesgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen, wonach im monierten Gutachten durchaus beide Seiten genügend berücksichtigt worden seien. Nota bene ist auch hier festzustellen, dass die vom Beschwerdeführer zu Rate gezogene Expertin nicht zum Schluss gelangt, die vom Beschuldigten gemachten Ausführungen seien in ihrem Endergebnis tatsachenwidrig und damit falsch. Auch diese Stellungnahme vermag demnach nicht die Schlüssigkeit des Gutachtens des Beschuldigten als offenkundig nicht mehr vertretbar erscheinen zu lassen.

 

4.7.4. Zur genannten Thematik der abweichender Stellungnahmen hielt im Übrigen auch das Bundesgericht in seinem Urteil 5A_457/2017 vom 4. Dezember 2017, E. 3.3., fest:

 

«An dieser Einschätzung ändern auch die beiden vom Beschwerdeführer eingereichten Stellungnahmen von Prof. Dr. G.___ vom 12. Juli 2016 und von Dr. E.___ vom 6. Juni 2017 nichts, die beide zwar offenbar das Gutachten sahen, aber ansonsten ausschliesslich mit Informationen des Beschwerdeführers arbeiteten, also, soweit ersichtlich, weder mit den involvierten Fachpersonen und Behörden noch mit der Kindsmutter den Kindern selbst Kontakt hatten. Dr. E.___ kritisiert zwar das Gutachten als einseitig. Gleichzeitig erklärt sie aber als zutreffend, dass sich die Eltern in einem bisher unlösbaren Machtkampf befänden, wobei sich zunächst D.___ in einem Loyalitätskonflikt befinde, und dass ein gemeinsames Sorgerecht in einer so festgefahrenen Situation nur schwer durchzuführen sei.»

 

4.8. Auch die Tatsache, dass die Vertreterin der KESB das Gutachten als «mittlere Katastrophe» bezeichnet haben mag, vermag an der Ausgangslage nichts zu ändern. Wie der entsprechenden Korrespondenz von Frau H.___ mit I.___ vom 15. Juli 2015 entnommen werden kann, war bei der KESB trotz Vorliegen eines Gutachtens die Frage des Entzugs der elterlichen Sorge weiterhin strittig, u.a. da sich nicht einmal selbst die involvierten Juristen zu einer Einigung finden konnten. Dass das Gutachten damit auf persönlicher Ebene mit den vom Beschwerdeführer entsprechenden Worten kommentiert worden war, ändert nichts an der Frage, ob ein echtes, gültiges Gutachten gegeben ist nicht. Diese Frage wurde denn auch von der KESB nie angezweifelt. Wich die zuständige Behörde vom Gutachten ab, so einzig mit der Begründung, weswegen sie aus ihrer behördlichen Sicht der Sicht des Gutachters nicht zu folgen mag. Dies kann aber nicht per se mit einer Falschheit des Gutachtens gleichgesetzt werden. Diesbezüglich ist zudem darauf zu verweisen, dass das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn in seinem Urteil vom 16. Dezember 2015 schliesslich sogar so weit ging, festzustellen, dass vor dem Hintergrund des bestehenden Gutachtens «nicht nachvollziehbar» sei, dass die Vor-instanz (die KESB) zu einem davon abweichenden Schluss gelangte (s. Ziff. II.3.2.2.).

 

4.9. Im Sinne eines Zwischenfazits ist damit festzuhalten, dass das Gutachten des Beschuldigten nach Ansicht von zwei Fachfrauen zwar unter gewissen methodischen Mängeln zu leiden scheine; dass das Gutachten aber in seinen Schlussfolgerungen tatsachenwidrig und damit inhaltlich falsch sein soll, ist nicht erkennbar. Dass die Staatsanwaltschaft auch unter Einbezug der bislang erfolgten Rechtsprechung auf die Echtheit des Gutachtens verweist, ist demnach nicht zu beanstanden und zu schützen. Von einer reinen «pro-forma-Untersuchung», wie dies der Beschwerdeführer bemängelt, ist nicht auszugehen. Der objektive Tatbestand des falschen Gutachtens i.S.v. Art. 307 Abs. 1 StGB ist nicht erfüllt.

 

5. Abschliessend ist auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Ausstandsthematik einzugehen. Diesbezüglich ist auf die Ausführungen des Bundesgerichts in seinem Urteil 5A_457/2017 vom 4. Dezember 2017, E. 3.4., zu verweisen:

 

«Soweit der Beschwerdeführer weiter rügt, die Anwältin der Kindsmutter sei im Verwaltungsrat der [Gesellschaft 2], also eben dort wo der Gutachter angestellt sei, so hätte er gleich nach der Ernennung des Gutachters reagieren und allerspätestens in der Beschwerde an die Vorinstanz seine Kritik (noch einmal) vorbringen müssen. Da in der Beschwerde an die Vorinstanz vom 9. Januar 2017 mit keinem Wort ein Verdacht auf Befangenheit des Gutachters erwähnt wird, ist die Rüge in jedem Fall verspätet (…).»

 

Ebenso auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 22. Juli 2019, E. 7.1.:

 

«Im Übrigen ist zu erwähnen, dass auch kaum davon auszugehen ist, dass der Gutachter und die Gegenanwältin sich überhaupt kennen, verfügt doch die [Gesellschaft 2] über rund 4'000 Angestellte (…). Die Gegenanwältin bestätigt denn auch auf Seite 3 ihrer Beschwerdeantwort vom 27. Februar 2019, dass keinerlei persönliche Kontakte zwischen dem Gutachter und ihr bestanden hätten, und dass sie als Verwaltungsrätin dem Gutachter gegenüber auch keine Weisungsbefugnis habe. (…)»

 

Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

6. Demnach ist festzuhalten, dass es an den Voraussetzungen des objektiven Tatbestandes der Erstellung eines falschen Gutachtens i.S.v. Art. 307 Abs. 1 StGB fehlt. Selbst wenn dieser Auffassung nicht gefolgt werden und davon ausgegangen werden würde, das Gutachten des Beschuldigten sei inhaltlich falsch, so ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschuldigte bei der Erstellung des Gutachtens vorsätzlich vorgegangen bzw. die allfällige Falschheit des Gutachtens in Kauf genommen haben soll. Weder den Akten noch den Ausführungen des Beschwerdeführers lassen sich Hinweise irgendeiner Art entnehmen, welche diese Annahme rechtfertigen würde. Von (Eventual)Vorsatz ist damit ebenfalls nicht auszugehen. Auch der subjektive Tatbestand der Erstellung eines falschen Gutachtens ist nicht erfüllt.

 

7. Fehlt es sowohl am objektiven als auch am subjektiven Tatbestand der Erstellung eines falschen Gutachtens i.S.v. Art. 307 Abs. 1 StPO und ist damit kein Straftatbestand erfüllt, so ist der Erlass einer Einstellungsverfügung in Anwendung von Art. 319 Abs. 1 lit. b StPO angezeigt. Dass die Beschwerdegegnerin die Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten mit Verfügung vom 12. Juli 2022 demnach vollumfänglich einstellte und den vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf Einholung eines Obergutachtens abgewiesen hat, ist korrekt.

 

8. Zusammengefasst erweist sich die Beschwerde damit als unbegründet und ist entsprechend abzuweisen.

 

III.

 

1. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 800.00 gehen bei diesem Ausgang des Verfahrens zu Lasten des Beschwerdeführers und sind mit der geleisteten Sicherheit zu verrechnen. Entsprechend dem Verfahrensausgang ist ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen.

 

2.1. Beim vorliegenden Ausgang des Verfahrens steht dem Beschuldigten eine Parteientschädigung zu. Im Entscheid 147 IV 47 hat sich das Bundesgericht u.a. damit befasst, wer die Entschädigung an die beschuldigte Person im Rechtsmittelverfahren zu bezahlen hat. Es ist zum Schluss gekommen, im Berufungsverfahren betreffend Offizialdelikte werde die unterliegende Privatklägerschaft entschädigungspflichtig, im Beschwerdeverfahren hingegen der Staat. Gehe es um ein Antragsdelikt, werde sowohl im Berufungs- wie im Beschwerdeverfahren die Privatklägerschaft entschädigungspflichtig (Art. 436 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 432 Abs. 2 StPO).

 

Beim Tatbestand des falschen Gutachtens gemäss Art. 307 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein Offizialdelikt. Somit gehen die Aufwendungen des Beschuldigten zu Lasten des Staates.

 

2.2. Rechtsanwalt Ronnie Dürrenmatt beantragt mit Eingabe vom 7. November 2022 eine Entschädigung für einen Aufwand von insgesamt 6.40 Stunden, was grundsätzlich angemessen erscheint. Die einzelnen Positionen sind ausgewiesen und verhältnismässig. Der geltend gemachte Stundenansatz von CHF 300.00 (bzw. von CHF 220.00 für seine Substitutin RA Valérie Dätwyler) ist unter Berücksichtigung von § 158 Abs. 2 des Gebührentarifs des Kantons Solothurn (GT, BGS 615.11), wonach der Stundenansatz für die Bestimmung der Kosten der privat bestellten Verteidiger und Rechtsbeistände von Privatklägerin Dritten CHF 230.00 – CHF 330.00 zuzüglich Mehrwertsteuer beträgt, ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Entschädigung ist demnach antragsgemäss auf CHF 2'252.45 (6.30 Stunden à CHF 300.00 und 0.10 Stunden à CHF 220.00, zzgl. Auslagen von CHF 179.40 und MwSt. zu 7.7 % von CHF 161.05) festzusetzen.

 

 

Demnach wird beschlossen:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.    Die Kosten des Verfahrens von total CHF 800.00 gehen zu Lasten des Beschwerdeführers.

3.    Dem Beschwerdeführer ist keine Parteientschädigung zuzusprechen.

4.    Dem Beschuldigten, vertreten durch Rechtsanwalt Ronnie Dürrenmatt, [..], ist für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von CHF 2'252.45 (inkl. Auslagen und MwSt.) auszurichten, zahlbar durch den Staat Solothurn.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts

Die Vizepräsidentin                                                           Die Gerichtsschreiberin

Hunkeler                                                                           Schenker

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.