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Urteil Verwaltungsgericht (SO - BKBES.2021.193)

Zusammenfassung des Urteils BKBES.2021.193: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdekammer des Obergerichts hat in einem Fall von Nichteintreten auf Einsprache entschieden. Der Beschwerdeführer A.___ wurde wegen rechtswidrigen Aufenthalts verurteilt und erhob Einspruch gegen den Strafbefehl. Die Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern trat jedoch aufgrund verspäteter Einreichung nicht auf die Einsprache ein. Der Beschwerdeführer legte daraufhin Beschwerde ein, argumentierte jedoch erfolglos gegen die Entscheidung. Das Gericht entschied, dass die Beschwerde abgewiesen wird und die Kosten von CHF 100.00 zu Lasten des Beschwerdeführers gehen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts BKBES.2021.193

Kanton:SO
Fallnummer:BKBES.2021.193
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Beschwerdekammer
Verwaltungsgericht Entscheid BKBES.2021.193 vom 18.01.2022 (SO)
Datum:18.01.2022
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Einsprache; Befehl; Gültigkeit; Gericht; Solothurn; Verfügung; Beschwerdeführers; Befehls; Verfahren; Beschwerdekammer; Frist; Gericht; Obergericht; Solothurn-Lebern; Staatsanwaltschaft; Urteil; Recht; Nichteintreten; Amtsgerichtsstatthalterin; Obergerichts; Eingabe; Verfahrens; Kantons; Gültigkeitsprüfung; Beurteilung; Vorinstanz; Prüfung; Gehör; Ungültigkeit
Rechtsnorm: Art. 353 StPO ;Art. 354 StPO ;Art. 356 StPO ;Art. 89 StPO ;Art. 90 StPO ;Art. 91 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts BKBES.2021.193

 
Geschäftsnummer: BKBES.2021.193
Instanz: Beschwerdekammer
Entscheiddatum: 18.01.2022 
FindInfo-Nummer: O_BK.2022.14
Titel: Nichteintreten auf Einsprache

Resümee:

 

Obergericht

Beschwerdekammer

 


Beschluss vom 18. Januar 2022        

Es wirken mit:

Präsident Müller

Oberrichter Frey

Oberrichterin Hunkeler    

Gerichtsschreiber Wiedmer

In Sachen

A.___, vertreten durch Rechtsanwalt Konrad Jeker,

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern,

 

Beschwerdegegnerin

 

betreffend     Nichteintreten auf Einsprache


zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:

 

I.

 

1. Mit Strafbefehl vom 27. Juli 2021 wurde A.___ wegen rechtswidrigen Aufenthalts, begangen in der Zeit vom 30. März 2021 bis 29. Mai 2021 in […], schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je CHF 10.00, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 3 Jahren, und Verfahrenskosten von CHF 500.00 verurteilt. Der Strafbefehl wurde A.___ gemäss unterzeichnetem Rückschein sowie Sendungsverfolgung der Post am 4. August 2021 an dessen Adresse [...] zugestellt.

 

2. Mit Eingabe vom 18. Oktober 2021 erhob A.___ Einsprache gegen den Strafbefehl bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn.

 

3. In der Folge überwies die Staatsanwaltschaft die Einsprache zur Gültigkeitsprüfung an das Richteramt Solothurn-Lebern.

 

4. Mit Verfügung vom 16. November 2021 trat die Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) auf die Einsprache wegen verspäteter Einreichung nicht ein.

 

5. Innert Frist erhob A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) mit Eingabe vom 29. November 2021 Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Solothurn.

 

 

II.

 

1. Die Verfügung der Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern kann mit Beschwerde angefochten werden (Art. 322 Abs. 2 Schweizerische Strafprozessordnung [StPO, SR 312.0]). Die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Solothurn ist zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig (§ 33bis Abs. 1 lit. a Gerichtsorganisationsgesetz [GO, BGS 125.12]).

 

2.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die Staatsanwaltschaft die Sache mit Verfügung vom 12. November 2021 an die Beschwerdegegnerin überwiesen habe. Diese habe mit der angefochtenen Verfügung ohne Anhörung des Beschwerdeführers entschieden. Die Gültigkeit des Strafbefehls habe die Vorinstanz nicht geprüft, diejenige der Einsprache ohne Anhörung des Beschwerdeführers entschieden. Damit habe sie den Gehörsanspruch verletzt und sei zudem mangels Prüfung der Gültigkeit des Strafbefehls in Rechtsverweigerung verfallen, was zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung führen müsse.

 

2.2 Die Beschwerdegegnerin macht geltend, dass es auf der Hand liege, dass bei der Prüfung der Gültigkeit der Einsprache die Grundsätze der Anklageprüfung herangezogen werden müssten. Die Beschwerdegegnerin habe das rechtliche Gehör des Beschuldigten nicht verletzt, indem sie in einem summarischen Verfahren die Ungültigkeit der Einsprache festgestellt habe, ohne dem Beschuldigten vorgängig Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Der Beschwerdeführer sei es unbenommen gewesen, sich gegenüber dem Strafgericht vernehmen zu lassen, sei ihm die Verfügung betreffend Gültigkeitsprüfung doch ebenfalls zugestellt worden. Ausserdem gebe es keinen Grund, an der Gültigkeit des Strafbefehls zu zweifeln.

 

3. Gemäss Art. 354 Abs. 1 lit. a StPO kann die beschuldigte Person gegen einen Strafbefehl bei der Staatsanwaltschaft innert 10 Tagen schriftlich Einsprache erheben. Die Einsprache ist, mit Ausnahme derjenigen der beschuldigten Person, zu begründen (Art. 354 Abs. 2 StPO). Bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer Einsprache gegen einen Strafbefehl gelten die allgemeinen Vorschriften zu den Fristen und Terminen gemäss Art. 89 ff. StPO (Riklin, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 354 StPO N 1). Die Einsprachefrist beginnt demnach am Tag nach der Mitteilung des Entscheides zu laufen (Art. 90 Abs. 1 StPO). Die Frist gilt nach Art. 91 Abs. 2 StPO als gewahrt, wenn die betreffende Eingabe spätestens am letzten Tag der Frist der Schweizerischen Post der Strafbehörde übergeben wird.

 

4. Über die Gültigkeit der Einsprache entscheidet das Gericht (Art. 356 Abs. 2 StPO). Die Gültigkeit ist als Prozessvoraussetzung von Amtes wegen zu prüfen. Erweist sich die Einsprache als ungültig, hat das Gericht einen Nichteintretensentscheid zu fällen und der Strafbefehl wird zum rechtskräftigen Urteil (Riklin, a.a.O., Art. 356 StPO N 2; Schmid/Jositisch, StPO Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 356 StPO N 2 f.). Das Gericht hat in der Folge im Rahmen von Art. 329 Abs. 1 lit. b bzw. Art. 339 Abs. 2 lit. b StPO vorfrageweise über die Gültigkeit der Einsprache (und des Strafbefehls) zu befinden (Art. 356 Abs. 2 StPO), da es sich (je) um Prozessvoraussetzungen handelt. Bei Ungültigkeit der Einsprache (z.B. wegen verspäteter Einreichung) bleibt es beim Strafbefehl, der – wie vorerwähnt – jedoch die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils erlangt (Art. 354 Abs. 3 StPO) bzw. zum rechtskräftigen Urteil wird (Riklin, a.a.O., Art. 356 StPO N 2; Schmid/Jositisch, a.a.O., Art. 356 StPO N 2 f. und Art. 354 StPO N 18 ff.). Strafbefehl und gerichtliche Beurteilung bilden im Fall der Einsprache eine Einheit, die insgesamt als Verfahren erster Instanz bezeichnet werden kann.

 

5. Vorliegend wurde der Strafbefehl vom 27. Juli 2021 am 4. August 2021 zugestellt. Die 10-tägige Einsprachefrist lief am 16. August 2021 ab. Die am 18. Oktober 2021 aufgegebene Einsprache erfolgte somit weit verspätet, weshalb die Amtsgerichtsstatthalterin von Solothurn-Lebern auf diese zu Recht nicht eingetreten ist.

 

6. Die Einwände des Beschwerdeführers vermögen nicht zu überzeugen. Der Strafbefehl vom 27. Juli 2021 beinhaltet die in Art. 353 Abs. 1 StPO aufgelisteten Kriterien und wurde gemäss Art. 353 Abs. 3 StPO formgerecht eröffnet. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, an der Gültigkeit des Strafbefehls zu zweifeln; im Übrigen macht der Beschwerdeführer im vorliegenden Beschwerdeverfahren auch keine geltend. Die Prüfung der Gültigkeit des Strafbefehls erfolgt eben gerade nicht in einem formalisierten Verfahren, das mit einem Zulassungs- Nichtzulassungsentscheid zu enden hat. Dass die Vorinstanz sich in der Verfügung vom 16. November 2021 dazu nicht geäussert hat, verletzt kein Bundesrecht. Wäre die Vorinstanz von einer Ungültigkeit des Strafbefehls ausgegangen, so hätte sie keinen Nichteintretensentscheid gefällt, sondern den Strafbefehl aufgehoben und an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Sie hat auch das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers nicht verletzt, denn die Anklageprüfung ist summarischer Natur und den Parteien keine ausdrückliche Gelegenheit einzuräumen, Stellung zu nehmen. Es wäre dem Beschwerdeführer aber unbenommen gewesen, sich mittels Eingaben zu den von der Verfahrensleitung zu prüfenden Punkten zu äussern, ist ihm die Verfügung betreffend Gültigkeitsprüfung doch ebenfalls zugestellt worden.

 

7. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.

 

 

III.

 

Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 100.00 zu Lasten des Beschwerdeführers. Eine Parteientschädigung wird nicht ausgerichtet.

Demnach wird beschlossen:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    Die Kosten des vorliegenden Verfahrens von total CHF 100.00 gehen zu Lasten des Beschwerdeführers.

3.    Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Der Gerichtsschreiber

Müller                                                                                Wiedmer



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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