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Urteil Verwaltungsgericht (SO - BKBES.2021.143)

Zusammenfassung des Urteils BKBES.2021.143: Verwaltungsgericht

Die Beschwerdekammer des Obergerichts hat entschieden, dass die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn rechtsfehlerhaft ist. Die Beschwerde wurde daher gutgeheissen und die Verfügung aufgehoben. Es wurde festgestellt, dass die Unterhaltspflichtige Person auch dann in der Schweiz strafrechtlich verfolgt werden kann, wenn die unterhaltsberechtigte Person im Ausland wohnt. Es wurden keine Kosten erhoben und die Akten wurden an die Staatsanwaltschaft zurückgeschickt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts BKBES.2021.143

Kanton:SO
Fallnummer:BKBES.2021.143
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Beschwerdekammer
Verwaltungsgericht Entscheid BKBES.2021.143 vom 07.10.2021 (SO)
Datum:07.10.2021
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter: Staatsanwaltschaft; Person; Bundesgericht; Beschwerdekammer; Nichtanhandnahmeverfügung; Schweiz; Unterlassung; Obergericht; Frist; Urteil; Bundesgerichts; Tatbestand; Recht; Staatsanwaltes; Präsident; Müller; Oberrichter; Gerichtsschreiber; Wiedmer; Solothurn; Obergerichts; Eingabe; Verfügung; Vernachlässigung; Unterhaltspflichten; Begründung; Ausland; Voraussetzungen; Gesetzbuch; Beschwerdeführers
Rechtsnorm: Art. 217 StGB ;Art. 3 StGB ;Art. 8 StGB ;
Referenz BGE:119 IV 250; 133 IV 171; 141 IV 10; 141 IV 205; 69 IV 126; 82 IV 65; 99 IV 180;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts BKBES.2021.143

 
Geschäftsnummer: BKBES.2021.143
Instanz: Beschwerdekammer
Entscheiddatum: 07.10.2021 
FindInfo-Nummer: O_BK.2021.112
Titel: Nichtanhandnahmeverfügung des Staatsanwaltes

Resümee:

 

Obergericht

Beschwerdekammer

 

Beschluss vom 7. Oktober 2021

Es wirken mit:

Präsident Müller

Oberrichter Flückiger

Oberrichterin Weber

Gerichtsschreiber Wiedmer

In Sachen

A.___,

 

Beschwerdeführer

 

 

gegen

 

 

1.    Staatsanwaltschaft, Barfüssergasse 28, Franziskanerhof, 4502 Solothurn

 

Beschwerdegegnerin

 

2.    B.___,

 

Beschuldigter

 

betreffend     Nichtanhandnahmeverfügung des Staatsanwaltes


zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung:

1. Mit Eingabe vom 1. September 2021 erhob das A.___, nachfolgend Beschwerdeführer genannt, Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 19. August 2021. In dieser Verfügung wurde die Strafanzeige gegen B.___ betreffend Vernachlässigung von Unterhaltspflichten nicht an die Hand genommen mit der Begründung, dass die unterhaltsanspruchsberechtigte Person im Ausland wohne und die Voraussetzungen von Art. 7 Strafgesetzbuch [StGB, SR 311.0] folglich nicht erfüllt seien, da es an der Strafrechtshoheit fehle.

 

2. Innert Frist nahm die Staatsanwaltschaft mit Eingabe vom 8. September 2021 Stellung und beantragte mit Verweis auf die Argumentation des Beschwerdeführers die Gutheissung der Beschwerde.

 

3. Laut Art. 3 Abs. 1 StGB ist dem Schweizerischen Strafgesetzbuch unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen ein Vergehen verübt. Nach Art. 8 Abs. 1 StGB gilt ein Verbrechen ein Vergehen als da begangen, wo der Täter es ausführt pflichtwidrig untätig bleibt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist. Als Ausführung der Tat gilt jedes einzelne tatbestandsmässige Verhalten. Dabei genügt bereits eine teilweise Erfüllung des Tatbestands auf schweizerischem Gebiet, nicht aber der blosse Entschluss zur Tat eine Vorbereitungshandlung (BGE 141 IV 205 E. 5.2 S. 209 f.; BGE 119 IV 250 E. 3c S. 253; Urteil des Bundesgerichts 6B_123/2014 vom 2. Dezember 2014 E. 2.3, nicht publ. in: BGE 141 IV 10). Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts in Bezug auf den Tatbestand der Vernachlässigung von Unterhaltspflichten im Sinne von Art. 217 StGB ist bei einem Wohnsitz der unterhaltsberechtigten Person im Ausland jeder Ort in der Schweiz, wo sich die unterhaltspflichtige Person, zur Zeit, da sie hätte erfüllen sollen, aufhielt, als Ausführungsort dieses Unterlassungsdelikts zu betrachten (BGE 99 IV 180 E. 1). Bereits in BGE 69 IV 126 kam das Bundesgericht zu demselben Ergebnis. Es erwog, dass am Ort, an welchem sich die unterhaltsberechtigte Person aufhalte, bloss eine Folge der Unterlassung eintrete, worauf es aber schon deshalb nicht ankomme, weil der Erfolg nicht zum Tatbestand des echten Unterlassungsdelikts gehöre (E. 1 S. 130). Auch nach BGE 82 IV 65 spielen sich die Unterlassung der unterhaltspflichtigen Person und der Wille, auf dem sie beruht, dort ab, wo Letztere sich im Zeitpunkt, da sie erfüllen sollte, befindet. An ihrem Aufenthaltsort fasst sie den massgebenden Entschluss und dort unterlässt sie das, was sie unternehmen müsste, um der unterhaltsberechtigten Person im Zeitpunkt der Fälligkeit am Erfüllungsort die geschuldete Leistung zu verschaffen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Unterhaltsansprüche auch zivilrechtlich vom schweizerischen Recht beherrscht sind (E. 2). Ferner erscheint es im internationalen Verhältnis zur Vermeidung negativer Kompetenzkonflikte grundsätzlich als geboten, auch in Fällen ohne engen Bezug zur Schweiz die schweizerische Zuständigkeit zu bejahen (BGE 141 IV 205 E. 5.2 S. 210; BGE 133 IV 171 E. 6.3).

 

4. Die Nichtanhandnahmeverfügung vom 19. August 2021 ist nach dem Gesagten rechtsfehlerhaft. Folglich ist die Beschwerde vom 1. September 2021 gutzuheissen. Die Akten sind umgehend an die Staatsanwaltschaft zu retournieren. Bei dieser Ausgangslage ist auf die Erhebung von Kosten zu verzichten.

 

Demnach wird beschlossen:

1.    Die Beschwerde wird gutgeheissen. Die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 19. August 2021 wird aufgehoben.

2.    Die Akten gehen zurück an die Staatsanwaltschaft zur Fortsetzung des Verfahrens.

3.    Es werden keine Kosten erhoben.

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts

Der Präsident                                                                    Der Gerichtsschreiber

Müller                                                                                Wiedmer

 



 
Quelle: https://gerichtsentscheide.so.ch/
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