Zusammenfassung des Urteils BKBES.2020.148: Verwaltungsgericht
Die Beschwerdekammer des Obergerichts hat entschieden, dass die Strafanzeige gegen den Beschuldigten nicht an die Hand genommen wird. Der Beschwerdeführer hatte Beschwerde gegen die Nichtanhandnahmeverfügung des Staatsanwaltes eingereicht. Die Staatsanwaltschaft sah keinen ausreichenden Anfangsverdacht für strafbare Handlungen und begründete die Nichtanhandnahme. Der Beschwerdeführer argumentierte jedoch, dass genügend Hinweise für strafbare Handlungen vorlägen. Letztendlich wurde die Beschwerde abgewiesen, die Kosten von CHF 800.00 gehen zu Lasten des Beschwerdeführers, der einen Teil der Sicherheit von CHF 700.00 zurückerstattet bekommt.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | BKBES.2020.148 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Beschwerdekammer |
Datum: | 22.01.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Staatsanwalt; Konkurs; Staatsanwaltschaft; Beschuldigte; Nichtanhandnahme; Anzeige; Verfahren; Konkursamt; Investor; Hinweise; Anfang; Akten; Polizei; Tatverdacht; Beschwerdeführers; Anfangsverdacht; Anlage; Anzahlung; Nichtanhandnahmeverfügung; Verdacht; Verfahren; Untersuchung |
Rechtsnorm: | Art. 158 StGB ;Art. 194 StPO ;Art. 285 KG ;Art. 306 StPO ;Art. 307 StPO ;Art. 309 StPO ;Art. 310 StPO ;Art. 319 StPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | BKBES.2020.148 |
Instanz: | Beschwerdekammer |
Entscheiddatum: | 22.01.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_BK.2021.22 |
Titel: | Nichtanhandnahmeverfügung des Staatsanwaltes |
Resümee: |
Obergericht Beschwerdekammer Beschluss vom 22. Januar 2021 Es wirken mit: Oberrichterin Hunkeler Oberrichter Frey Gerichtsschreiberin Ramseier In Sachen A.___, vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Freudiger,
Beschwerdeführer
1. Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, 4502 Solothurn,
Beschwerdegegnerin
Beschuldigter
betreffend Nichtanhandnahmeverfügung des Staatsanwaltes zieht die Beschwerdekammer des Obergerichts in Erwägung: I.
Mit Verfügung vom 27. Oktober 2020 nahm die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige der [...] GmbH, vertreten durch C.___, und von A.___ gegen B.___ wegen Veruntreuung, Betrugs, ungetreuer Geschäftsbesorgung und betrügerischen Konkurses nicht an die Hand.
2. Gegen diese Verfügung liess A.___ am 10. November 2020 Beschwerde erheben mit den Anträgen auf deren Aufhebung sowie auf Anweisung der Staatsanwaltschaft, ein Strafverfahren zu eröffnen und durchzuführen.
3. B.___ beantragte mit Schreiben vom 2. Dezember 2020 sinngemäss die Abweisung der Beschwerde.
4. Mit Eingabe vom 3. Dezember 2020 beantragte die Staatsanwaltschaft ebenfalls die Abweisung der Beschwerde.
5. Für die Standpunkte der Parteien wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, wird nachfolgend darauf eingegangen.
II.
1. Der Beschwerdeführer lässt zunächst vorbringen, es sei nicht erkennbar, ob vor Eröffnung der Nichtanhandnahmeverfügung überhaupt die erforderliche Genehmigung durch den Oberstaatsanwalt erfolgt sei.
Nach Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) können Bund und Kantone bestimmen, dass die Nichtanhandnahme- resp. Einstellungsverfügung durch die Ober- Generalstaatsanwaltschaft zu genehmigen ist. Im Kanton Solothurn sieht § 22 des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Strafprozessordnung und zur Schweizerischen Jugendstrafprozessordnung (EG StPO, BGS 321.3) vor, dass Nichtanhandnahme-, Sistierungs- und Einstellungsverfügungen im Vorverfahren gegen erwachsene beschuldigte Personen der Genehmigung durch den Oberstaatsanwalt die Oberstaatsanwältin bedürfen. Er sie kann mit Zustimmung des Regierungsrates diese Aufgabe in einer Weisung an die Leitenden Staatsanwälte und Leitenden Staatsanwältinnen delegieren. Gestützt auf diese Bestimmung hat der Oberstaatsanwalt am 10. August 2010 die Weisung betreffend die Genehmigung von Nichtanhandnahme-, Sistierungs- und Einstellungsverfügungen erlassen. Der Regierungsrat hat der Weisung mit Regierungsratsbeschluss vom 14. September 2010 zugestimmt (RRB 2010/1654). Gemäss der Weisung können die Verfügungen in Abwesenheit Ausstand der Leitenden Staatsanwälte durch ihre Stellvertretung genehmigt werden.
Vorliegend erging die angefochtene Nichtanhandnahmeverfügung durch Staatsanwalt D.___. Genehmigt wurde der Entscheid von Jan Gutzwiller, dem Leitenden Staatsanwalt der Abteilung Wirtschaftsdelikte und organisierte Kriminalität (vgl. Organigramm der Staatsanwaltschaft). Die Nichtanhandnahmeverfügung wurde folglich korrekt genehmigt.
2. Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, durch den Umstand, dass die Staatsanwaltschaft das Konkursamt dahingehend um Auskunft ersucht habe, ob bei der Liquidierung der E.___ Unregelmässigkeiten aufgefallen seien, die einen Verdacht auf strafbare Handlungen begründen könnten, habe sie bereits Untersuchungshandlungen vorgenommen und damit ein Verfahren eröffnet, sodass sich eine Nichtanhandnahme verbiete.
Die Staatsanwaltschaft eröffnet eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt (Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO), sie Zwangsmassnahmen anordnet (lit. b) sie im Sinne von Art. 307 Abs. 1 durch die Polizei informiert worden ist (lit. c). Sie kann polizeiliche Berichte und Strafanzeigen, aus denen der Tatverdacht nicht deutlich hervorgeht der Polizei zur Durchführung ergänzender Ermittlungen überweisen (Abs. 2). Wurden bereits Untersuchungshandlungen vorgenommen, die grundsätzlich nach der Eröffnung des Strafverfahrens zu tätigen sind, hat die Staatsanwaltschaft, wenn sie zur Überzeugung kommt, dass kein Straftatbestand erfüllt ist, das Verfahren durch Einstellung nach Art. 319 StPO und nicht durch Nichtanhandnahme nach Art. 310 StPO abzuschliessen. Dies ist zum Beispiel bei einem Aktenbeizug im Sinne von Art. 194 StPO der Fall. Anders verhält es sich bei der blossen Erteilung eines Ermittlungsauftrags an die Polizei nach Art. 307 Abs. 2 StPO. Die Nichtanhandnahme des Strafverfahrens ist nach einem polizeilichen Ermittlungsverfahren im Sinne von Art. 306 f. StPO noch zulässig. Eine Strafuntersuchung ist auch (noch) nicht zu eröffnen, wenn der Tatverdacht bei Eingang einer Strafanzeige nicht hinreichend erscheint und die Staatsanwaltschaft die Akten deshalb für ergänzende Ermittlungen nach Art. 309 Abs. 2 StPO an die Polizei überweist (Urteil des Bundesgerichts 6B_469/2017 vom 20. Februar 2018 mit Hinweisen).
Der Staatsanwaltschaft kann vorliegend nicht vorgehalten werden, eine Nichtanhandnahme- statt einer Einstellungsverfügung erlassen zu haben. Die blosse Anfrage an das Konkursamt, ob dieses noch über Geschäftsunterlagen der E.___ über anderweitige Akten verfüge, die über die Geschäftstätigkeit der genannten Gesellschaft ab 2018 Auskunft geben könnten und ob dem Konkursamt bei der Prüfung der Geschäftsunterlagen der E.___ Hinweise aufgefallen seien, die auf Unregelmässigkeiten bei der Geschäftsführung hindeuteten, stellt noch keine Untersuchungshandlung dar, die grundsätzlich nach der Eröffnung des Strafverfahrens zu tätigen ist. Es ging nicht um einen Aktenbeizug, sondern nur um das Einholen einer Auskunft. Die Staatsanwaltschaft stellt sich zu Recht auf den Standpunkt, dass solche Abklärungen zulässig sind und auch ohne formelle Verfahrenseröffnung getätigt werden können. Denn wie erwähnt, ist eine Strafuntersuchung nur zu eröffnen, wenn sich u.a. aus der Strafanzeige aus eigenen Feststellungen der Staatsanwaltschaft ein hinreichender Tatverdacht ergibt. Ein solcher war aufgrund der Strafanzeige und der Eingabe des Beschwerdeführers vom 11. September 2020 nicht ausreichend ersichtlich (vgl. auch die nachfolgenden Erwägungen).
3. Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme der Untersuchung, sobald aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind (lit. a) wenn Verfahrenshindernisse bestehen (lit. b). Ein Strafverfahren kann mithin in sachverhaltsmässig und rechtlich klaren Fällen gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO durch Nichtanhandnahme erledigt werden. Dies ist der Fall bei offensichtlicher Straflosigkeit, wenn der Sachverhalt mit Sicherheit nicht unter einen Straftatbestand fällt, bei eindeutig fehlenden Prozessvoraussetzungen. Ein Straftatbestand gilt nur dann als eindeutig nicht erfüllt, wenn kein zureichender Verdacht auf eine strafbare Handlung besteht der zu Beginn der Strafverfolgung gegebene Anfangsverdacht sich vollständig entkräftet hat. Ergibt sich indes aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus den eigenen Feststellungen der Staatsanwaltschaft ein hinreichender Tatverdacht, so eröffnet sie eine Untersuchung (Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO). Die zur Eröffnung einer Strafuntersuchung erforderlichen tatsächlichen Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen allerdings erheblich und konkreter Natur sein. Blosse Gerüchte Vermutungen genügen nicht. Der Anfangsverdacht muss auf einer plausiblen Tatsachengrundlage beruhen, aus welcher sich die konkrete Möglichkeit der Begehung einer Straftat ergibt. Im Zweifelsfall, wenn die Nichtanhandnahmegründe nicht mit absoluter Sicherheit gegeben sind, muss das Verfahren eröffnet werden. Der Grundsatz «in dubio pro duriore» gelangt erst dann zur Anwendung, wenn gestützt auf die Aktenlage zweifelhaft ist, ob ein hinreichender Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt bzw. eine Verurteilung wahrscheinlich macht (Urteil 6B_834/2019 vom 11. Dezember 2019 mit Hinweisen).
3.1 Der Beschuldigte erbrachte über die von ihm gegründete E.___ verschiedene Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb von [...]anlagen. Der Beschwerdeführer beabsichtigte, im leerstehenden Schweinestall eine [...]anlage zu erstellen und nahm deswegen Kontakt mit dem Beschuldigten auf. In der Folge kam es zwischen den Parteien zu verschiedenen Verträgen und der Beschwerdeführer leistete eine Anzahlung an die E.___ von CHF 75'000.00.
Als der Beschuldigte ihm im Februar 2019 mitteilte, es käme beim Bau der Zuchtanlage zu erheblichen Kostenüberschreitungen, erklärte der Beschwerdeführer seinen Rücktritt von den getroffenen Vereinbarungen und verlangte die Rückerstattung der Anzahlung. Der Beschuldigte erklärte sich dazu grundsätzlich bereit, wollte aber Auslagen von CHF 6'526.60 abziehen und bat um Ratenzahlungen für die Dauer von 4 Monaten (März bis Juni 2019; AS 2.1 39 f.). Mit diesem Angebot konnte sich der Beschwerdeführer nicht einverstanden erklären (AS 2.1 44), worauf der Beschuldigte mit ihm wieder Kontakt aufnahm, um eine Lösung zu suchen (Schreiben vom 20. März 2019, AS 2.1. 45). Am 26. März 2019 unterbreitete der Beschuldigte dem Beschwerdeführer einen neuen Vorschlag, mit dem der Beschwerdeführer – mit Ausnahme der Ratenzahlungen – einverstanden war (E-Mail vom 26. März 2019, Beschwerdebeilage 17; Schreiben vom 28. März 2019, Beschwerdebeilage 18). Am [...] 2019 teilte der Beschuldigte dem Beschwerdeführer mit, es habe sich unterdessen bei der E.___ viel getan und leider nicht zum Positiven. Seit einigen Monaten sei klar, dass ihr junges Start-up einen Investitionsschub benötige, um den nächsten Wachstumsschritt zu machen. Ein Investor sei rasch in Aussicht gestanden und sie hätten in den vergangenen Tagen noch die letzten Details verhandelt. Leider sei der Investor nun aber sehr kurzfristig abgesprungen, was sie per sofort daran hindere, den Betrieb der E.___ weiterzuführen. Sie bedauerten die Umstände aufs Äusserste und bäten ihn, allfällige Forderungen an das Konkursamt Solothurn zu stellen (Beschwerdebeilage 19).
Am [...] 2019 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Am [...] 2019 wurde das Konkursverfahren mangels Aktiven eingestellt (Beschwerdebeilage 10). Das Konkursverfahren wurde am [...] 2020 definitiv abgeschlossen (Beschwerdebeilage 20).
3.2 Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtanhandnahme der Strafanzeige im Wesentlichen damit, es liege kein Anfangsverdacht in Bezug auf die Vorwürfe des Betrugs, der ungetreuen Geschäftsbesorgung, der Veruntreuung des betrügerischen Konkurses vor (bezüglich der Begründung der Vorhalte im Detail vgl. angefochtene Verfügung S. 3 ff.). Der Auffassung der Anzeigeerstatter, wonach es Aufgabe der Staatsanwaltschaft sei, von sich aus in den Geschäftsbüchern der E.___ nach verdachtsbegründenden Hinweisen zu forschen, könne nicht gefolgt werden. Art. 309 StPO setze einen hinreichenden Anfangsverdacht bereits bei der Eröffnung einer Strafuntersuchung voraus. Damit solle verhindert werden, dass die Strafverfolgungsbehörden ohne Anlass sogenannte «fishing expeditions» betrieben. Es wäre den Anzeigeerstattern unbenommen gewesen, zuerst die zivilrechtlichen Möglichkeiten für die Geltendmachung ihrer Forderungen zu prüfen. Insbesondere hätten sie die beim Konkursamt hinterlegten Geschäftsakten der E.___ dahingehend durchsehen können, ob sich daraus Grundlage für eine paulianische Anfechtungsklage nach Art. 285 ff. SchKG ergeben könnten. Indem sie dies unterlassen hätten, dem Konkursamt aber keine Unregelmässigkeiten aufgefallen seien, fehle es an einem hinreichenden Anfangsverdacht, weshalb keine Strafuntersuchung anhand zu nehmen sei.
3.3. A.___ liess dagegen vorbringen, bei der ausgesprochen engen zeitlichen Abfolge zwischen Vertragsabschluss, Einforderung der Anzahlung, Nichterbringung von Vertragsleistungen verbunden mit Mehrforderungen und Konkurs müsse entgegen den Beteuerungen eines Rückzahlungswillens des Beschuldigten zumindest derzeit davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte durch Annahme von Anzahlungen bestehende finanzielle Löcher gestopft habe aufgrund anderer Projekte und nie ernsthaft beabsichtigt habe, das Projekt des Beschwerdeführers zu vollenden. Der bestehende konkrete Verdacht liesse sich bei Sichtung der Geschäftsbücher und Prüfung der Geldflüsse anhand der Buchführungs- und Kontounterlagen – wohlverstanden durch eine Strafverfolgungsbehörde – überprüfen. Ein simpler Brief an das Konkursamt reiche nicht. Von Arglist sei bis auf Weiteres auszugehen. Der Sachverhalt liefere auch durchaus konkrete verdachtsbegründende Hinweise für das Vorliegen eines Treuebruchs mit Strafbarkeit nach Art. 158 StGB. Gegebenenfalls sei die E.___ auch bereits seit Längerem sträflich unterdotiert gewesen, was anhand der Buchführungsunterlagen zu prüfen sein werde. Im Strafverfahren sei abzuklären, ob Verzögerungen beim Vorgehen bei Überschuldung bestanden hätten. Die Staatsanwaltschaft überbinde die Beweislast betreffend innere Tatsachen in unzulässiger Weise auf den Beschwerdeführer.
Bezüglich Veruntreuung sei festzuhalten, dass ein Anfangsverdacht bestehe, wonach der Beschuldigte Geld auch für andere Projekte und/oder Gesellschaften zweckentfremdet habe. Die Anzahlung des Beschwerdeführers habe rund das 3,5-fache des Stammkapitals der E.___ ausgemacht. Er habe erwartet, dass Anzahlungen auch wirklich für das eigene Projekt verwendet würden. Schliesslich sei auch hinsichtlich von Konkursdelikten zu erwähnen, dass die Staatsanwaltschaft das Wesen eines strafprozessualen Vorverfahrens verkenne. Es bestehe keine Behauptungslast des Beschwerdeführers im zivilprozessualen Sinn. Er habe in der Anzeige hinreichende Verdachtsmomente genannt, aus denen sich dieser konkrete Verdacht gegebenenfalls verdichtet habe.
3.4 Der Beschuldigte führte dazu aus, er versuche aufzuzeigen, wie die Situation entstanden sei. Es könne sein, dass Fehler passiert seien, jedoch nie mit einer betrügerischen Absicht, dies möchte er weit von sich weisen. Überhaupt sei es nie Sinn und Zweck gewesen, Straftaten zu begehen. Er befasse sich seit dem Jahr 2010 mit landwirtschaftlicher [...]zucht, er habe sich um Bewilligungen gekümmert, habe die erste bewilligte landwirtschaftliche [...]anlage geplant und gebaut und Anpassungen an funktionierende Systeme vorgenommen (z.B. für kleinere Anlagen). Keine neugeplante [...]anlage funktioniere indessen auf Anhieb.
Ende 2017 habe er sich entschieden, ein Unternehmen zum Anlagenbau zu gründen und er habe keine Mühen gescheut, den Aufbau auch richtig zu machen (Beizug einer Unternehmensberatung, Analyse der Situation). Dass die Finanzierung eines Start-ups einer der schwierigsten Punkte sein werde, sei ihm bewusst gewesen. Er habe sein persönliches Vermögen, plus private Vorsorge, inkl. kleiner Handelsfirma und – wie sich herausstellen sollte – seine Gesundheit in den Aufbau gesteckt. Ab dem ersten Tag seien sie auch auf der Suche nach industriellen Investoren gewesen. Es seien nie Entscheide in böser Absicht gefällt worden; das Ziel habe eine langfristige gemeinsame Zukunft sein sollen.
Bis Juli 2018 seien sie zuversichtlich unterwegs gewesen. Dann habe er einen Herzinfarkt erlitten und sei von einem Tag auf den anderen für 3 Monte weg vom Fenster gewesen. Die Mitarbeiter hätten mit viel Herz und Einsatz das Schlimmste abgewendet. Auch die Bank und die möglichen Investoren seien immer informiert worden. Wegen seines Gesundheitsrisikos hätten sich bis auf einen fast alle Investoren zurückgezogen. Als er wieder habe arbeiten dürfen, habe er sich mit dem Investor zusammengesetzt und dieser habe ihm persönlich zugesichert, dass er dem Unternehmen helfen werde. Sie hätten für diesen im November und Dezember auch Arbeiten getätigt.
In der Zeit von August 2018 bis März 2019 hätten verschiedene Personen regelmässig Kontakt mit Herrn A.___ gehabt. Dieser sei von Beginn an zögerlich gewesen. Das hätten sie berücksichtigt und ihn auch immer offen informiert. Mehrere Male sei das Projekt auch sistiert worden. Dann sei Herr A.___ aber an die E.___ herangetreten und habe gesagt, dass er weitermachen wolle. Lediglich über die Verhandlungen mit dem Investor hätten sie ihn nicht informiert. Herr A.___ habe von Anfang an gewusst, dass das ganze Projekt eine Start-up-Firma mit Pilotanlagen sei und Pioniergeist verlangt werde. Es treffe nicht zu, dass sich Herr A.___ in einem «engen Korsett» aus Verträgen befunden habe. Dieser Vorwurf sei nicht haltbar, was aus den Verträgen klar ersichtlich sei. Als Herr A.___ sein Geld habe zurückhaben wollen, habe er mit dem Investor gesprochen, welcher ihm empfohlen habe, mit diesem eine Ratenzahlung zu vereinbaren und ihn aus dem Vertrag zu entlassen. In einem persönlichen Gespräch habe er das mit Herrn A.___ geklärt und schriftlich festgehalten. Danach habe er umgehend den Investor informiert. Am [...] 2019 habe ihn dieser morgens um 7.00 Uhr informiert, dass er per sofort seinen Einsatz beende und ihnen nicht mehr helfen werde. Danach hätten sich die Ereignisse überstürzt. Er könne es noch heute nicht fassen. Er könne nachvollziehen, dass Herr A.___ frustriert und enttäuscht sei. Das sei er auch. Aber ihm all diese Vorwürfe zu machen und eine Strafverfolgung zu verlangen, sei nicht fair. Er leide sehr unter dieser Situation, habe einen Berg an Schulden, seine Altersvorsorge sei weg und die Situation hindere ihn daran, dass er seinen Beruf ausüben könne. Er sei dem Konkursamt immer Rede und Antwort gestanden, damit alles lückenlos geklärt werden könne.
4. Es ist verständlich, dass der Beschwerdeführer aufgrund des Ausgangs der geschäftlichen Beziehung mit dem Beschuldigten enttäuscht ist und sich «betrogen» fühlt. Dennoch erweist sich die Nichtanhandnahme der Strafanzeige vorliegend als korrekt.
Aus der Strafanzeige und deren Ergänzung vom 11. September 2020 gehen in der Tat keine ausreichenden Hinweise auf eine strafbare Vorgehensweise seitens des Beschuldigten hervor. Zur Begründung kann im Wesentlichen auf die entsprechenden Ausführungen in der Nichtanhandnahmeverfügung verwiesen werden. So fehlen in der Strafanzeige tatsächlich ausreichende Hinweise darauf, dass der Beschuldigte nicht willens befähigt gewesen wäre, die Bauführung von [...]anlagen zu übernehmen. Der Beschwerdeführer war bereits längere Zeit in diesem Geschäftsbereich tätig und verfügte über Erfahrungen (vgl. auch Beilagen 1 und 2 zur Eingabe vom 2. Dezember 2020, Schreiben des Amtes für [...] des Kantons Bern betreffend Erarbeitung des [...], Schreiben der [...]schule betreffend die Zusammenarbeit mit dem Beschuldigten).
Ebenso wenig gibt es Anhaltspunkte, dass der Beschuldigte Vermögenswerte der E.___ für sich andere unrechtmässig verwendet hätte. Derartige Vermögensverschiebungen hätten aus den Konkursakten hervorgehen müssen, was offensichtlich nicht der Fall war. So hat eine Nachfrage beim Konkursamt seitens der Staatsanwaltschaft ergeben, dass der damalige Sachbearbeiter des Konkursamtes inzwischen zwar pensioniert ist, das Konkursamt hat aber ausgeführt, aus den Konkursakten sei nicht zu entnehmen, dass dem zuständigen Sachbearbeiter damals anlässlich der Prüfung der Akten etwas aufgefallen wäre (anzufügen ist diesbezüglich, dass es sich beim fraglichen Sachbearbeiter um einen langjährigen und erfahrenen Mitarbeiter des Konkursamtes handelte). Dass zwei ehemalige Mitarbeiter der E.___ luxuriöse Ferienfotos gepostet haben, begründet ebenfalls noch keinen Tatverdacht dahingehend, dass der Beschuldigte Gelder der E.___ zweckentfremdet hätte.
Aus den Eingaben des Beschwerdeführers sind auch keine ausreichenden Hinweise zu entnehmen, dass der Beschuldigte vorsätzlich Vermögensfürsorgepflichten verletzt hätte, die einen Vermögensschaden bei der E.___ verursacht hätten dass er anvertraute Gelder unrechtmässig verwendet hätte. Schliesslich begründet der Umstand, dass die E.___ [...] nach der Anzahlung der CHF 75'000.00 in Konkurs ging, noch keinen Anfangsverdacht hinsichtlich eines Konkursdelikts.
Dass noch andere Gläubiger geschädigt worden sind, heisst ebenfalls nicht, dass vorliegend strafbare Handlungen begangen wurden. Dies ist in einem Konkurs der Regelfall. Bei den Strafverfolgungsbehörden hat sich auch kein weiterer Gläubiger gemeldet.
Vorliegend geht es in erster Linie um eine zivilrechtliche Angelegenheit. Die Staatsanwaltschaft erwähnt zu Recht, dass es nicht ihre Aufgabe sein kann, von sich aus in den Geschäftsbüchern der E.___ nach verdachtsbegründenden Hinweisen zu suchen. Dies würde in der Tat bedeuten, dass die Strafverfolgungsbehörden bei jedem Konkurs einer juristischen Person, bei dem Gläubiger einen Forderungsausfall erleiden, ein Strafverfahren eröffnen müssten, was nicht mit Art. 309 StPO in Einklang stehen würde. Dies bedeutet nicht, dass ein Beschwerdeführer die Strafanzeige ähnlich einem Zivilprozess substantiieren muss, konkrete Hinweise auf eine Straftat müssen aus der Anzeige aber zu entnehmen sein.
Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass der zeitliche Ablauf zwischen dem Einverständnis für Ratenzahlungen und der Mitteilung, der Betrieb müsse eingestellt werden, vorliegend tatsächlich Fragen aufwarf. Diese Frage konnte der Beschuldigte aber nachvollziehbar erklären. So führte er wie erwähnt aus, er habe mit dem Investor Kontakt aufgenommen, als Herr A.___ sein Geld habe zurückhaben wollen. Dieser habe ihm empfohlen, Ratenzahlungen zu vereinbaren und Herrn A.___ aus dem Vertrag zu entlassen. In einem persönlichen Gespräch habe er das mit Herrn A.___ geklärt und schriftlich festgehalten. Danach habe er umgehend den Investor informiert. Am [...] 2019 habe ihn dieser morgens um 7.00 Uhr aber informiert, dass er per sofort seinen Einsatz beende und ihnen nicht mehr helfen werde. Darauf hätten sich die Ereignisse überstürzt.
Aus der Eingabe des Beschuldigten geht hervor, dass es vorliegend wohl tatsächlich so gewesen sein dürfte, wie die Staatsanwaltschaft in der Vernehmlassung erwähnt, nämlich, dass die unternehmerischen Schwierigkeiten der E.___ mehr auf eine mangelnde Kapitalausstattung und ungenügende Liquiditätsplanung als auf strafrechtlich relevante Vermögensdispositionen zurückzuführen waren. Es kann gut zutreffen, dass der Beschuldigte bis zuletzt an den Investor und damit an das Weiterbestehen der Firma glaubte. Dass sich dies im Nachhinein als ein Fehler erwies, ist für die Gläubiger sehr bedauerlich, bedeutet aber nicht, dass dies strafbar wäre. Wie der Beschuldigte glaubhaft ausführte, ist er selber durch den Konkurs der Firma hoch verschuldet, seine Altersvorsorge sei weg und durch die Beschädigung seines Rufs sei es schwierig, beruflich wieder Tritt zu fassen.
5. Zusammenfassend hat die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige somit zu Recht nicht an die Hand genommen. In einer zu eröffnenden Strafuntersuchung wäre mit grösster Wahrscheinlichkeit ein Freispruch zu erwarten, weshalb sich eine solche nicht rechtfertigt. Die Beschwerde erweist sich folglich als unbegründet und ist abzuweisen.
6. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 800.00 gehen bei diesem Ausgang des Verfahrens zu Lasten des Beschwerdeführers und sind mit der geleisteten Sicherheit zu verrechnen. Die über diese Kosten hinaus geleistete Sicherheit von CHF 700.00 ist dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen.
Demnach wird beschlossen:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens von total CHF 800.00 zu bezahlen. Die über diesen Betrag bezahlten CHF 700.00 sind dem Beschwerdeführer zurückzuerstatten. 3. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich. Im Namen der Beschwerdekammer des Obergerichts Der Präsident Die Gerichtsschreiberin Müller Ramseier |
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