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Urteil Verwaltungsrekurskommission (SG - V-2017/133 P)

Zusammenfassung des Urteils V-2017/133 P: Verwaltungsrekurskommission

Die Mutter X hat einen Sohn namens G, dessen Vater Z ist. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Y hat eine Beistandschaft für Z eingerichtet, um das Besuchsrecht mit seinem Sohn zu überwachen. X wurde aufgefordert, die Beistandsentschädigung zu zahlen, was sie ablehnte. Es kam zu einer Beschwerde bei der Verwaltungsrekurskommission, da X die Kosten der Beistandschaft nicht alleine tragen wollte. Die Kommission entschied, dass die Kosten gerechterweise zwischen den Eltern aufgeteilt werden sollten, da beide für den Unterhalt des Kindes verantwortlich sind. Die Beschwerde von X wurde teilweise gutgeheissen, und die Entscheidung wurde an die Vorinstanz zurückgewiesen, um die Kosten gerechter zu verteilen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts V-2017/133 P

Kanton:SG
Fallnummer:V-2017/133 P
Instanz:Verwaltungsrekurskommission
Abteilung:Kindes- und Erwachsenenschutz
Verwaltungsrekurskommission Entscheid V-2017/133 P vom 11.01.2018 (SG)
Datum:11.01.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 5 Abs. 1 VESB (sGS 912.51) in Verbindung mit Art. 308 Abs. 2 ZGB (SR 210). Kostentragung einer Besuchsrechtsbeistandschaft. Die Kosten für Kindesschutzmassnahmen tragen nach der klaren gesetzlichen Regelung von Art. 276 Abs. 1 ZGB die Eltern. Unterhaltspflichtig sind Vater und Mutter, die persönlich, unter sich solidarisch, primär und bei ausreichender Leistungsfähigkeit ausschliesslich für den gesamten Unterhalt aufzukommen haben Folglich beurteilt sich die Frage, wer für die Kosten einer Beistandschaft nach Art. 308 ZGB aufzukommen hat nach Art. 276 ff. ZGB. Die Eltern schulden Unterhalt unabhängig von der konkreten Familiensituation. Nicht ausschlaggebend ist, wer die elterliche Sorge innehat. Die in Art. 5 Abs. 1 VESB statuierte Verpflichtung der Inhaberin oder des Inhabers der elterlichen Sorge zur Übernahme der Beistandskosten erweist sich insofern als bundesrechtswidrig, als damit einseitig und anders als in Art. 276 Abs. 1 ZGB vorgesehen, nur ein Elternteil in die Pflicht genommen wird bzw. werden soll (Verwaltungsrekurskommission, Abteilung V, 11. Januar 2018, V-2017/133 P
Schlagwörter: Beistand; Beistands; Kindes; Entschädigung; Sorge; Beistandschaft; Person; Inhaber; Eltern; Spesen; Spesenersatz; Recht; Vorinstanz; Beiständin; Vermögens; Inhaberin; Berufsbeistand; Erwachsenenschutzbehörde; Verfügung; Besuch; Unterhalt; Besuchs; Berufsbeistandschaft; Vater; Ziffer; Kostenauflage; Inhabers; Kostentragung; Ausführung
Rechtsnorm: Art. 275 ZGB ;Art. 276 ZGB ;Art. 289 ZGB ;Art. 307 ZGB ;Art. 308 ZGB ;Art. 310 ZGB ;Art. 327c ZGB ;Art. 328 ZGB ;Art. 360 ZGB ;Art. 404 ZGB ;Art. 450 ZGB ;
Referenz BGE:141 III 401;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts V-2017/133 P

X, Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr.iur. Urs Peter Cavelti, Poststrasse 23, Postfach 1936, 9001 St. Gallen,

gegen

Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Y,

Vorinstanz

und

Z, Beschwerdebeteiligter,

Genehmigung des Berichts (Auferlegung der Kosten der Beistandschaft) betreffend

Der Präsident hat festgestellt:

A.- X ist die Mutter von G (geb. 2008). Der Vater des Kindes, Z, ist verheiratet und lebt zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern in B. Mit Verfügung der Vormundschaftsbehörde M vom 23. Mai 2008 wurde für Z im Sinne von aArt. 273 und aArt. 275 ZGB das Recht eingeräumt, seinen Sohn G während insgesamt 10 Stunden pro Monat zu sich zu Besuch zu nehmen. Die Dauer eines einzelnen Besuchs wurde auf maximal drei Stunden festgelegt. Im Weiteren wurde zur Überwachung und Begleitung des väterlichen Besuchsrechts eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 2 ZGB angeordnet und C, Amtsvormundschaft S, zum Beistand ernannt. Am 28. Juli 2014 ernannte die inzwischen zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Y P, Berufsbeistandschaft S, zur Beiständin. Diese Behörde genehmigte am

  1. Juli 2015 den Beistandsbericht für den Zeitraum vom 1. Februar 2013 bis

  2. Dezember 2014 und verpflichtete X, die Beistandsentschädigung von insgesamt Fr. 2'060.– zu bezahlen. Dagegen wurde kein Rechtsmittel erhoben. Per 1. September 2016 übernahm R, Berufsbeistandschaft S, das Beistandsmandat.

B.- Am 24. Februar 2017 reichte R den Rechenschaftsbericht über die Periode vom

1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2016 ein. Sie beantragte eine Entschädigung von Fr. 2'060.–. Die KESB Y gewährte X und Z mit Schreiben vom 16. März 2017 das

rechtliche Gehör zum Bericht und dem Entschädigungsbegehren. X teilte der Behörde am 26. März 2017 mit, sie sei nicht bereit, die Kosten der Beistandschaft alleine zu tragen. Der Kindsvater habe sich in all den Jahren an keiner Beistandsrechnung beteiligt. Mit Verfügung vom 11. Mai 2017 genehmigte die KESB Y den Bericht der Beiständin für die Periode vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2016 (Ziffer 1 des Rechtsspruchs) und sprach der Beiständin eine Entschädigung von Fr. 2'060.– zu, wobei die Berufsbeistandschaft ermächtigt wurde, diese Kosten X direkt in Rechnung

zu stellen (Ziff. 2). Die Gebühr von Fr. 100.– wurde den Kindeseltern je zur Hälfte auferlegt. Der Rechtsvertreter von X wandte sich daraufhin an die KESB Y und machte geltend, er gehe davon aus, dass der Vater von der Massnahme ebenfalls betroffen sei und die Kosten der Beistandschaft nicht nur von der Mutter verursacht worden seien. In solchen Fällen sei es üblich, die Kosten unabhängig von der Frage der elterlichen Sorge je zur Hälfte auf die Eltern zu verteilen. Die KESB Y bestätigte, dass auch der Vater von der Beistandschaft betroffen sei, hielt jedoch unter Berufung auf die Verordnung über die Entschädigung und den Spesenersatz an der Kostenauflage fest.

C.- Mit Eingabe vom 12. Juni 2017 erhob X durch ihren Rechtsvertreter Beschwerde bei der Verwaltungsrekurskommission. Sie beantragte, Ziffer 2, zweiter Satz des Beschlusses der KESB Y vom 11. Mai 2017 sei aufzuheben, und die Berufsbeistandschaft sei zu ermächtigen, ihr höchstens die hälftigen Kosten der Mandatsführung der Beiständin in Rechnung zu stellen, eventualiter sei Ziffer 2 des Beschlusses der KESB Y vom 11. Mai 2017 vollständig aufzuheben, und es sei die Angelegenheit zu einer neuen Kostenverfügung an die Vorinstanz zurückzuweisen; unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Auf die Ausführungen zur Begründung der Anträge wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

Die KESB Y beantragte mit Schreiben vom 11. Juli 2017 unter Verweis auf die Akten die kostenfällige Abweisung der Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin teilte am 28. August 2017 mit, nachdem weder der Kindsvater noch die KESB Y zur Beschwerde Stellung genommen hätten, verzichte sie auf weitere Ausführungen.

erwogen:

1.- Die Eintretensvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen. Der Einzelrichter der Verwaltungsrekurskommission ist zum Sachentscheid zuständig (Art. 450 Abs. 1 ZGB und Art. 27 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Kindes- und Erwachsenenschutzrecht [sGS 912.5, abgekürzt: EG-KES] sowie Art. 41ter des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [sGS 951.1, abgekürzt: VRP). Die

Beschwerde vom 11. Mai 2017 ist rechtzeitig eingereicht worden und erfüllt die gesetzlichen Anforderungen in formeller Hinsicht (Art. 450 Abs. 3 und 450b ZGB). Die Befugnis zur Rechtsmittelerhebung ist gegeben (Art. 450 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.- Angefochten ist die Verfügung der Vorinstanz vom 11. Mai 2017, mit der der Bericht der Beiständin über die Periode vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2016 genehmigt wurde. Streitig ist einzig, ob die Beistandsentschädigung von Fr. 2'060.– zu Recht der Beschwerdeführerin, die unbestrittenermassen alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge ist, auferlegt wurde.

  1. Die Vorinstanz erwog, die Entschädigung und der Spesenersatz würden gemäss

    Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung über die Entschädigung und den Spesenersatz bei Beistandschaften (sGS 912.51, abgekürzt: VESB) aus dem Vermögen der betroffenen Person der Inhaberin des Inhabers der elterlichen Sorge dem Kindesvermögen bezogen, bis die Vermögensfreibeträge erreicht seien. Das Vermögen der Inhaberin der elterlichen Sorge liege über dem Vermögensfreibetrag alleinstehender Personen, weshalb die Entschädigung für die Jahre 2015 und 2016 von der Beschwerdeführerin zu tragen sei.

    Die Beschwerdeführerin hält dem zusammengefasst entgegen, bei der fraglichen Beistandschaft handle es sich um eine typische Besuchsrechtsbeistandschaft nach Art. 308 Abs. 2 ZGB. Im vorliegenden Fall werde die Arbeit der Beiständin nicht in besonderer Weise von einem Elternteil verursacht, weshalb kein Anlass bestehe, die Kosten der Beistandschaft einseitig einem Elternteil aufzuerlegen. Vielmehr erscheine eine solche Kostenauflage bereits unter dem Gesichtspunkt des Verursacherprinzips ungerechtfertigt. Im Hinblick auf die Beistandschaften als Kindesschutzmassnahme ergebe sich zudem die primäre Kostenträgerschaft aus Art. 276 Abs. 2 ZGB. Kostenträger sei das Vermögen der Eltern. Art. 276 Abs. 3 ZGB halte ergänzend fest, dass die Eltern in dem Masse von der Kostentragung entlastet werden könnten, als dem Kind bzw. dessen Vermögen selbst eine Kostenbeteiligung zugemutet werden könne. Es sei nicht ersichtlich, weshalb in der VESB der Inhaber der elterlichen Sorge als Kostenträger bei Beistandschaften für Minderjährige aufgeführt sei, denn anstelle

    des Inhabers der Inhaberin der elterlichen Sorge hätten gestützt auf Art. 276 Abs. 2 ZGB die Eltern erwähnt werden müssen.

  2. aa) Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die KESB dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt (Art. 308 Abs. 1 ZGB). Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs (Abs. 2). Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden (Abs. 3). Der Beistand die Beiständin hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung und auf Ersatz der notwendigen Spesen aus dem Vermögen der betroffenen Person. Bei einem Berufsbeistand einer Berufsbeiständin fallen die Entschädigung der Spesenersatz an den Arbeitgeber (Art. 404 Abs. 1 ZGB). Die Erwachsenenschutzbehörde legt die Höhe der Entschädigung fest. Sie berücksichtigt dabei insbesondere den Umfang und die Komplexität der dem Beistand der Beiständin übertragenen Aufgaben (Abs. 2). Die Kantone erlassen Ausführungsbestimmungen und regeln die Entschädigung und den Spesenersatz, wenn diese nicht aus dem Vermögen der betroffenen Person bezahlt werden können (Abs. 3).

bb) Die Kantone wurden durch Art. 404 Abs. 3 ZGB von Bundesrechts wegen verpflichtet, Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Dabei ging es dem Bundesgesetzgeber im Wesentlichen darum, Grundsätze für die Entschädigung und den Spesenersatz zu erlassen, die unabhängig davon anwendbar sind, ob es sich um einen Privat- einen Berufsbeistand handelt und ob der Kostenträger die betroffene Person das Gemeinwesen ist. Zum anderen wurde mit Art. 404 Abs. 3 ZGB zum Ausdruck gebracht, dass die Kantone von Bundesrechts wegen festlegen müssen, welches Gemeinwesen bei fehlendem nicht ausreichendem Vermögen der verbeiständeten Person für die Entschädigung und den Spesenersatz verantwortlich ist. Mit anderen Worten hat der Beistand von Bundesrechts wegen grundsätzlich Anspruch auf eine angemessene Entschädigung und Spesenersatz, auch wenn die verbeiständete Person über kein wesentliches Vermögen verfügt. Wer dagegen für die Kosten letztlich aufkommt, richtet sich nach kantonalem Recht (BSK ZGB I-

R. E. Reusser, 5. Aufl., Art. 404 N 43).

cc) Die Regierung erliess in Ausführung von Art. 32 EG-KES, wonach sie die Grundsätze der Entschädigung und des Spesenersatzes der Beiständin des Beistandes durch Verordnung zu regeln hat, und Art. 404 Abs. 3 ZGB die VESB und regelte darin die Kostentragung (Art. 5 ff. VESB): Die Entschädigung und der Spesenersatz werden aus dem Vermögen der betroffenen Person der Inhaberin des Inhabers der elterlichen Sorge dem Kindesvermögen bezogen, bis die Vermögensfreibeträge erreicht sind (Art. 5 Abs. 1 VESB). Die politische Gemeinde am zivilrechtlichen Wohnsitz der betroffenen Person bevorschusst die Entschädigung und den Spesenersatz, wenn das Vermögen der betroffenen Person der Inhaberin des Inhabers der elterlichen Sorge unter den Vermögensfreibeträgen liegt. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde legt die Kostentragungspflicht der politischen Gemeinde nach Massgabe dieses Erlasses fest (Abs. 2). Die politische Gemeinde kann die von ihr bevorschussten Kosten für Entschädigung und Spesenersatz zurückfordern, wenn das Vermögen der verbeiständeten Person den Vermögensfreibetrag übersteigt (Art. 6 Abs. 1 VESB). Die Rückforderung ist beschränkt auf die in den zehn Jahren vor Geltendmachung der Rückforderung bevorschussten Kosten (Abs. 2). Die Vermögensfreibeträge belaufen sich auf Fr. 10'000.– bei alleinstehenden Personen

(Art. 7 Abs. 1 lit. a VESB) und Fr. 20'000.– bei verheirateten Personen sowie bei minderjährigen Kindern (lit. b). Die betroffene Person die Inhaberin der Inhaber der elterlichen Sorge legt gegenüber der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Vermögensverhältnisse offen (Abs. 2). Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde teilt der für die Kostentragung zuständigen politischen Gemeinde massgebliche Veränderungen der Vermögensverhältnisse der verbeiständeten Person mit (Abs. 3).

c) aa) Art. 5 VESB, mit dem die Vorinstanz die Kostentragungspflicht der Beschwerdeführerin begründete, wurde gestützt auf die Vorgaben des neuen Erwachsenenschutzrechts (Art. 360 ff. ZGB) geschaffen. Dieses steht in einer stetigen Wechselbeziehung zum Kindesschutzrecht. So erklärt Art. 327c Abs. 2 ZGB im Zusammenhang mit der Minderjährigenvormundschaft die Bestimmungen des Erwachsenenschutzes, namentlich über die Ernennung des Beistands, die Führung der Beistandschaft und die Mitwirkung der Erwachsenenschutzbehörde, sinngemäss für anwendbar. Die Bestimmungen des Erwachsenenschutzrechts sind jedoch nur dann analog anwendbar, wenn das Kindes(schutz)recht die entsprechende Frage nicht

eigenständig regelt (BSK ZGB I-Lienhard/Affolter, 5. Aufl., Art. 327c N 68). Es ist

demnach zu prüfen, ob hinsichtlich der streitigen Frage eine solche Regelung besteht.

bb) Die ursprünglich von der KESB Y angeordnete und von der Vorinstanz fortgeführte Beistandschaft zur Überwachung und Begleitung des väterlichen Besuchsrechts nach Art. 308 Abs. 2 ZGB gehört zu den Kindesschutzmassnahmen nach Art. 307 ff. ZGB. Die möglichen Massnahmen reichen dabei in mehreren Stufen von der blossen Ermahnung bis zur Entziehung der elterlichen Sorge. Massnahmen nach Art. 307, 308 und Art. 310 ZGB setzen voraus, dass der Minderjährige unter elterlicher Sorge steht (vgl. BSK ZGB I-P. Breitschmid, 5. Aufl., Art. 307 N 1; Y. Biderbost, Die Erziehungsbeistandschaft [Art. 308 ZGB], Freiburg 1996, S. 58). Die Kosten für solche Massnahmen tragen nach der klaren gesetzlichen Regelung von Art. 276 Abs. 1 ZGB die Eltern. Sie haben für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, inbegriffen der Kosten von Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen. Unterhaltspflichtig sind Vater und Mutter, die persönlich, unter sich solidarisch, primär – d.h. vor Verwandten gemäss Art. 328 ZGB und anderen Leistungsträgern wie dem Gemeinwesen nach Art. 289 Abs. 2 ZGB – und bei ausreichender Leistungsfähigkeit ausschliesslich für den gesamten Unterhalt aufzukommen haben (Breitschmid, a.a.O., Art. 276 N 8; BGE 141 III 401 E. 4 und 116 II 401 E. 4b/aa = Pra 1991 Nr. 201). Folglich

beurteilt sich die Frage, wer für die Kosten der Beistandschaft nach Art. 308 ZGB aufzukommen hat nach Art. 276 ff. ZGB. Darauf wies auch die Regierung in der Botschaft zur Bundesgesetzgebung über das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht vom 18. Oktober 2011 hin. Sie hielt fest, im Zusammenhang mit den Kindesschutzmassnahmen sei auf Art. 276 ZGB zu verweisen, wonach die Eltern gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig seien (S. 2870).

cc) Die Eltern schulden Unterhalt unabhängig von der konkreten Familiensituation. Verheiratete Eltern tragen die Kosten nach den Bestimmungen des Eherechts, unverheiratete nach stillschweigender ausdrücklicher individueller Absprache, die sich entweder lediglich auf den Unterhalt des Kindes bezieht in den Rahmen eines ihre Lebensgemeinschaft umfassend regelnden Konkubinatvertrags eingebettet sein kann. Immer setzt aber die Verbindlichkeit der Absprache für das minderjährige Kind voraus, dass diese gerichtlich durch die KESB genehmigt wurde, wobei Letztere nur dann zuständig ist, wenn aussergerichtlich eine Vereinbarung über die

Unterhaltspflicht getroffen wurde (Breitschmid, a.a.O., Art. 276 N 9 und Art. 279 N 9). Nicht ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang demnach, wer die elterliche Sorge innehat. Letztere umfasst die Gesamtheit der elterlichen Verantwortlichkeiten und Befugnisse in Bezug auf das Kind, das heisst Bestimmung des Aufenthaltsorts, Erziehung und gesetzliche Vertretung des Kindes sowie die Verwaltung seines Vermögens (vgl. BSK ZGB I- Schwenzer/Cottier, 5. Aufl., Art. 296 N 2). Vor diesem Hintergrund erweist sich die in Art. 5 Abs. 1 VESB statuierte Verpflichtung der Inhaberin des Inhabers der elterlichen Sorge zur Übernahme der Beistandskosten insofern als bundesrechtswidrig, als damit einseitig und anders als in Art. 276 Abs. 1 ZGB vorgesehen, nur ein Elternteil in die Pflicht genommen wird bzw. werden soll. Insbesondere ist auch zu berücksichtigen, dass seit dem 1. Juli 2014 die gemeinsame elterliche Sorge den Regelfall bildet, unabhängig vom Zivilstand der Eltern (vgl. Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Elterliche Sorge] vom

16. November 2011, BBl 2011, S. 9092 ff.). Die einseitige Kostenauflage lässt sich deshalb nicht alleine gestützt auf Art. 5 Abs. 1 VESB rechtfertigen.

dd) Die Vorinstanz führte zur Begründung der Kostenauflage einzig Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 VESB an. Da es bei den über die üblichen Kosten für die Besuchsrechtsausübung (Reisekosten, Kosten für die Unterkunft und Verpflegung) hinausgehenden Kosten jedoch darauf ankommt, wer sie zu vertreten hat (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich PQ160099 vom 23. Dezember 2016 E. 5), wäre zu prüfen gewesen, ob das begleitete Besuchsrecht durch das Verhalten der Beschwerdeführerin allein verursacht wurde. Nur in diesem Fall hätte sich eine einseitige Kostenauflage rechtfertigen lassen. Andernfalls wäre es grundsätzlich Sachgerecht gewesen, die Kosten beiden Elternteilen je zur Hälfte aufzuerlegen (vgl. Schwenzer/Cottier, a.a.O., Art. 273 N 28). Dies kann im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden, da der Instanzenzug sonst in unzulässiger Weise verkürzt würde. Die Angelegenheit ist deshalb an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie wird unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips neu über die Verteilung der Beistandskosten zu entscheiden haben.

d) Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde teilweise gutzuheissen ist. Die Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung vom 11. Mai 2017 ist aufzuheben, soweit damit die Berufsbeistandschaft ermächtigt wird, der Beschwerdeführerin die Kosten der

Beistandschaft direkt in Rechnung zu stellen (2. Satz). Die Sache ist zur weitergehenden Prüfung und zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

3.- […]

und entschieden:

  1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und die Ziffer 2 des Rechtspruchs der angefochtenen Verfügung vom 11. Mai 2017 aufgehoben, soweit die Berufsbeistandschaft darin ermächtigt wird, der Beschwerdeführerin die Kosten der Beistandschaft direkt in Rechnung zu stellen (2. Satz).

  2. Die Sache wird zur weiteren Abklärung und neuer Verfügung im Sinne der

Erwägungen

an die Vorinstanz zurückgewiesen. 3. […]

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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