Zusammenfassung des Urteils UV 2016/40: Versicherungsgericht
Der Beschwerdeführer war als Elektromonteur bei einer Firma angestellt und hatte einen Unfall am 23. November 2015, bei dem er eine Bizepssehnenruptur erlitt. Die Suva lehnte die Leistungsübernahme ab, da nach ihren Untersuchungen kein Unfallereignis im Sinne des Gesetzes vorlag. Der Versicherte erhob Einspruch und führte an, dass er während der Arbeit den Bizeps gerissen habe, aber nicht sicher sei, ob er ausgerutscht sei. Trotzdem wies die Suva den Einspruch ab. Das Gericht entschied, dass kein ungewöhnlicher äusserer Faktor nachgewiesen wurde und somit weder ein Unfall noch eine unfallähnliche Körperschädigung vorliegt. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und es wurden keine Gerichtskosten erhoben.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | UV 2016/40 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | UV - Unfallversicherung |
Datum: | 23.08.2017 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 4 ATSG; Art. 9 Abs. 2 UVV.Aussage der ersten Stunde. Änderung der Angaben zum Ablauf des Ereignisses nach Erhalt des Einspracheentscheids. Das Vorliegen eines ungewöhnlichen äusseren Faktors (Unfall) oder eines sinnfälligen Ereignisses (unfallähnliche Körperschädigung) im Zusammenhang mit einer erlittenen Bizepssehnenruptur wurde bezugnehmend auf diese Beweismaxime verneint (Entscheid des Versicherungsgerichts des KantonsSt. Gallen vom 23. August 2017, UV 2016/40). |
Schlagwörter: | Unfall; UV-act; Körper; Faktor; Körpers; Körperschädigung; Quot; Kabeltrasse; Einsprache; Schmerz; Faktors; Gerüst; Ereignis; Recht; Knacken; Arbeit; Monteur; Aussage; Voraussetzung; Sachverhalt; Kantonsspitals; Frauenfeld; Sinne; Vorliegen; Ungewöhnlichkeit |
Rechtsnorm: | Art. 118 UVG ;Art. 4 ATSG ;Art. 6 UVG ; |
Referenz BGE: | 114 V 305; 116 V 140; 121 V 47; 129 V 466; 129 V 467; 134 V 72; |
Kommentar: | - |
Besetzung
Präsident Joachim Huber, Versicherungsrichterin Christiane Gallati Schneider und
Miriam Lendfers; Gerichtsschreiberin Marilena Gnesa Geschäftsnr.
UV 2016/40
Parteien
,
Beschwerdeführer,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, Postfach 4358, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin, Gegenstand Versicherungsleistungen Sachverhalt
A.
A. ist seit 16. Februar 2015 bei der B. AG als Elektromonteur angestellt und dadurch bei der Suva obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 23. November 2015 hörte er beim Montieren einer Kabeltrasse ein Knacken im linken Arm. Die Erstbehandlung erfolgte ambulant in der Chirurgischen Klinik des Kantonsspitals Frauenfeld (vgl. Schadenmeldung UVG vom 26. November 2015, UV-act. 1; ärztliches Zeugnis vom 23. November 2015, UV-act. 2). Diagnostiziert wurde eine Ruptur der langen Bizepssehne links ohne ossäre Läsionen, die analgetisch behandelt wurde. Es wurde eine 100 %ige Arbeitsunfähigkeit vom 24. November bis 3. Dezember 2015 attestiert (Notfallbericht vom 23. November 2015, UV-act. 3; Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit bis 13. Dezember 2015 gemäss Unfallschein UVG, UV-act. 7). Anlässlich einer Verlaufskontrolle in der Klinik für Orthopädie und Traumatologie des Kantonsspitals Frauenfeld am 27. November 2015 wurde ferner der Verdacht auf eine Rotatorenmanschetten-Läsion (Supraspinatus) geäussert; es wurde empfohlen, ein Arthro-MRI der linken Schulter durchzuführen. Der in der Schweiz tätige und in C. wohnhafte Patient wolle sich bei einem heimatnahen Orthopäden zur weiteren Diagnostik und Therapie vorstellen. Ausserdem plane er in ca. 10 Tagen nach D. zu reisen. Die Behandlung werde daher abgeschlossen (Sprechstundenbericht des Kantonsspitals Frauenfeld vom 27. November 2015, ausgefertigt am 1. Dezember 2015, UV-act. 6).
Am 25. Januar 2016 beantwortete der Versicherte per E-Mail einen Fragebogen
der Suva. Er gab an, er sei auf dem Gerüst gestanden und habe eine Kabeltrasse nach
oben gehoben. Dabei habe er ein Knacken und einen starken Schmerz im linken Arm verspürt. Die Frage, ob sich etwas Besonderes (Ausgleiten, Sturz, Anschlagen, usw.) ereignet habe, verneinte er (UV-act. 12). Die Suva gab dem Versicherten gleichentags bekannt, auf Grund des von ihm geschilderten Geschehens habe sich kein Unfallereignis im Sinne des Gesetzes ereignet. Auch seien die Voraussetzungen zur Übernahme des Schadenfalls als unfallähnliche Körperschädigung nicht erfüllt (UV-act. 13 f.).
Mit E-Mail vom 3. Februar 2016 teilte der Versicherte der Suva mit, er sei mit dem ablehnenden Entscheid nicht einverstanden. Er habe während der Arbeitszeit auf der Baustelle einen Bizeps abgerissen; ob er dabei gerutscht sei, wisse er nicht, er habe aber die Kabeltrasse festgehalten, damit der untenstehende Monteur nicht verletzt werde (UV-act. 15). Daraufhin verfügte die Suva die Leistungsabweisung (Verfügung vom 18. Februar 2016, UV-act. 18).
Am 14. März 2016 erhob der Versicherte Einsprache gegen die Verfügung der Suva vom 18. Februar 2016 (UV-act. 21). Er wisse nicht, ob er ausgerutscht sei; er sei bedacht gewesen, die Trasse nicht fallen zu lassen und sei mit dem Arm auf dem Geländer des Gerüstes gehangen. Die Suva habe bisher keine Zeugenbefragung vorgenommen. Auf Grund der Verfügung habe er mit dem Zeugen E. , bauleitender Monteur, Rücksprache genommen. Der Einsprache legte er dessen Erklärung vom 14. März 2016 bei, in welcher ein Ausrutschen festgehalten wird, sowie den Sprechstundenbericht des Kantonsspitals Frauenfeld vom 1. Dezember 2015.
Mit Einspracheentscheid vom 11. Mai 2016 (UV-act. 24) wies die Suva die Einsprache ab. Sie verneinte, indem sie auf die Aussage der ersten Stunde abstellte, sowohl das Vorliegen eines Unfalls als auch einer unfallähnlichen Körperschädigung. Der Versicherte habe gemäss Schadenmeldung vom 26. November 2015 angegeben, am 23. November 2015 beim Montieren einer Kabeltrasse ein Knacken in seinem Arm gehört zu haben. Im Sprechstundenbericht der Klinik für Orthopädie und Traumatologie des Kantonsspitals Frauenfeld vom 27. November 2015 sei vermerkt worden, beim Heben von schweren Lasten (Kabelziehen) am 23. November 2015 sei es zu einem stechenden Schmerz im Bereich des linken ventralen Schultergelenks gekommen. Am
25. Januar 2016 habe der Versicherte im Fragebogen der Suva ergänzt, er sei auf dem
Gerüst gestanden und habe eine Kabeltrasse nach oben gehoben, dabei habe er ein Knacken und einen starken Schmerz im linken Arm verspürt. Nachdem er die Leistungsablehnung der Suva erhalten habe, habe der Versicherte im E-Mail vom 3. Februar 2016 ausgeführt, er wisse nicht, ob er ausgerutscht sei. Dies habe er auch in seiner Einsprache vom 14. März 2016 angegeben. Er habe sodann auf ein vom bauleitenden Monteur E. unterzeichnetes Schreiben vom gleichen Tag verwiesen; dieser habe darin angegeben, dass er unten am Gerüst gestanden sei und dem Versicherten eine Eckkabeltrasse nach oben gereicht habe. Als dieser die Trasse nach oben habe ziehen wollen, sei er ausgerutscht und mit den Armen auf das Geländer des Gerüstes gefallen, wobei die Trasse ca. 50 cm nach unten gerutscht sei; der Versicherte habe sich aber festhalten können. Er, E. , sei sofort auf das Gerüst gegangen, um zu helfen. Der Versicherte habe dann über Schmerzen am linken Arm geklagt und angegeben, ein Knacken im linken Arm gehört zu haben. Auf Grund der eigenen Angaben des Versicherten bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass beim Ereignis vom 23. November 2015 etwas Programmwidriges wie ein Anschlagen, ein Ausgleiten, ein Sturz etc. vorgefallen sei. Es müsse gestützt auf diese Aussagen vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Versicherte während ihm gewohnter Arbeiten als Elektromonteur bzw. beim Hochziehen und Halten einer Kabeltrasse einen einschiessenden Schmerz bzw. ein Knacken im Bereich des linken Schultergelenkes/ Oberarms verspürt habe. Soweit der Versicherte in seinem Schreiben an die Suva Zentralschweiz vom 3. Februar 2016 und in seiner Einsprache geltend mache, er wisse nicht, ob er ausgerutscht sei, sei ein ungewöhnlicher äusserer Faktor nicht mit dem im Sozialversicherungsrecht erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgewiesen. Allein auf Grund des eingetretenen Gesundheitsschadens lasse sich nicht auf eine Programmwidrigkeit schliessen. Für die Prüfung der Ungewöhnlichkeit sei nämlich ohne Belang, ob der äussere Faktor allenfalls schwerwiegende, unerwartete Folgen nach sich ziehe. Der äussere Faktor sei vielmehr nur dann ungewöhnlich, wenn er den Rahmen des im jeweiligen Lebensbereich Alltäglichen Üblichen überschreite, was grundsätzlich nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Des Weiteren frage sich insbesondere auf Grund der Angaben in der Schadenmeldung, wonach der Versicherte vermute, dass er den Arm von der Arbeit von der vorangegangenen Woche (Kabelziehen) überanstrengt habe, wie auch dessen Angaben
im E-Mail-Schreiben an die Suva vom 3. Februar 2016, wonach er bereits am Freitag zuvor auf Grund schwerer Kabelzüge etwas Muskelkater gehabt habe, ob die Voraussetzung der Plötzlichkeit bejaht werden könne. Dies könne letztlich jedoch offen gelassen werden. Schliesslich bestehe kein Anlass, um nicht auf die Angaben der ersten Stunde des Versicherten abzustellen. Insbesondere bestehe kein Grund, um auf die vom bauleitenden Monteur unterzeichneten Angaben vom gleichen Tag die Einsprache, welche den eigenen Angaben des Versicherten widersprächen, abzustellen. Dabei könne offen bleiben, wer genau diese Angaben verfasst habe, und es könne im Sinne einer antizipierten Beweiswürdigung auch auf weitere Abklärungen wie Zeugenbefragungen verzichtet werden, würden solche Beweismassnahmen am feststehenden Ergebnis doch nichts mehr zu ändern vermögen. Zusammenfassend müsse vorliegend der ungewöhnliche äussere Faktor und damit ein Unfall im Sinne des Gesetzes verneint werden. Auf Grund der massgebenden Angaben der ersten Stunde vermöge das Ereignis vom 23. November 2015 bzw. das blosse Hochziehen und Halten einer Kabeltrasse auch keinen äusseren objektiv feststellbaren, sinnfälligen, unfallähnlichen Vorfall darzustellen. Auf die später ergangenen Angaben in der vom bauleitenden Monteur unterzeichneten "Zeugenaussage" könne nicht abgestellt werden. Darüber hinaus stelle sich für die Bejahung einer unfallähnlichen Körperschädigung die Frage, ob beim vorliegenden, wiederholt ausgeführten beruflichen Vorgang (Hochziehen und Halten von Kabeltrassen) die notwendige Voraussetzung der Plötzlichkeit erfüllt wäre, was jedoch mangels sinnfälligen, unfallähnlichen Vorfalls offen gelassen werden könne.
B.
Die vorliegende Beschwerde vom 8. Juni 2016 (act. G 1) richtet sich gegen den Einspracheentscheid vom 11. Mai 2016. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Fragebogen der Beschwerdegegnerin sei ihm per E-Mail nach D. gesandt worden; diesen habe er dann nur "aufs wesentliche (…) ohne Umschweife" ausgefüllt. Den bauleitenden Monteur habe er aufgesucht, weil die Suva den Unfall abgelehnt habe. Seit April 2016 sei er nach einer Ruhepause in seinem Beruf wieder voll einsatzfähig, mit Einschränkungen, da er im linken Arm etwas weniger Kraft habe.
Mit Beschwerdeantwort vom 12. Juli 2016 (act. G 3) beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Zum Sachverhalt und zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den angefochtenen Einspracheentscheid. Eine Leistungspflicht bestehe in Ermangelung eines Unfalles und einer unfallähnlichen Körperschädigung nicht.
Mit Replik vom 12. September 2016 (act. G 5) macht der Beschwerdeführer geltend, durch das Ausrutschen auf dem Gerüst sei er mit beiden Armen auf die Brüstung gefallen, habe sich aber auf das "Halten" der Kabeltrasse konzentriert, um niemanden zu verletzten. Er nehme keine Dopingmittel, habe keine Vorerkrankungen, kein Rheuma und auch sonst keine Rücken- Schulterschmerzen. Beim Ausfüllen des Fragebogens habe er nur das Wesentliche ausgefüllt, da er gedacht habe, es gebe sowieso eine Unfalluntersuchung. Leider habe diese nicht stattgefunden, nicht einmal eine Zeugenanhörung, obwohl es mehrere Zeugen gebe. Eine von ihm (dem Beschwerdeführer) erbetene Zeugenaussage habe das Gericht ja erhalten.
Mit Duplik vom 13. Oktober 2016 (act. G 7) hält die Beschwerdegegnerin an ihrem Abweisungsantrag fest. Für die Beurteilung der Frage, ob die Bizepssehnenruptur des Beschwerdeführers auf einen Unfall eine unfallähnliche Körperschädigung zurückzuführen sei, seien ausschliesslich die Aussagen der ersten Stunde massgebend. Allen späteren Behauptungen zum Ereignishergang, welche der Beschwerdeführer nach dem ablehnenden Schreiben der Beschwerdegegnerin vom
25. Januar 2016 (UV-act. 13) aufgestellt habe, komme kein beweismässig relevantes Gewicht zu, weil diese bewusst unbewusst von nachträglichen Überlegungen versicherungsrechtlicher anderer Art beeinflusst sein könnten. Dies gelte insbesondere für die Behauptung in der Replik, er sei auf dem Gerüst ausgerutscht und mit beiden Armen auf die Brüstung gefallen. In dieser Hinsicht sei bemerkenswert, dass der Beschwerdeführer in der Einsprache vom 14. März 2016 (UV-act. 21) erklärt habe, er wisse nicht, ob er ausgerutscht sei. Die Beschwerdegegnerin habe ihre Verpflichtung zur richtigen und vollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts erfüllt. In diesem Fall sei der Unfallversicherer nicht gehalten, die versicherte Person zur weiteren Substantiierung des gemeldeten Geschehnisses aufzufordern.
Erwägungen
1.
Streitig und in der Folge zu prüfen ist die Frage, ob die Beschwerdegegnerin zu Recht einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Versicherungsleistungen der obligatorischen Unfallversicherung verneint hat.
Am 1. Januar 2017 ist die Änderung vom 25. September 2015 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) in Kraft getreten. Durch diese Gesetzesänderung ist die abschliessende Aufzählung der Körperschädigungen aus Art. 9 Abs. 2 der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV; SR 832.202) in der bis 31. Dezember 2016 geltenden Fassung gestrichen und in Art. 6 Abs. 2 UVG integriert worden. Die Änderung ist aber vorliegend ohnehin nicht relevant, denn gemäss den in Art. 118 Abs. 1 UVG verankerten Übergangsbestimmungen werden Versicherungsleistungen für Unfälle, die sich vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung ereignet haben, nach bisherigem Recht gewährt. Somit sind für die Beurteilung des vorliegenden Falles, wo sich das fragliche Ereignis am 23. November 2015 zugetragen hat, das UVG und die UVV in der bis 31. Dezember 2016 geltenden Fassung massgebend.
Die Beschwerdegegnerin hat im Einspracheentscheid vom 11. Mai 2016 (UV-act.
24) den Unfallbegriff (Art. 4 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]) sowie die Rechtsprechung zum Unfallbegriffsmerkmal der Ungewöhnlichkeit des äusseren Faktors (BGE 134 V 72, 130 V 117) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt betreffend den Begriff der unfallähnlichen Körperschädigungen, die auch ohne ungewöhnliche äussere Einwirkung Unfällen gleichgestellt sind (Art. 9 Abs. 2 UVV), wobei am Erfordernis des äusseren Faktors festzuhalten ist (BGE 129 V 466; Urteil 8C_532/2007 vom 9. Juni 2008 E. 5, aufgeführt in SZS 2009 S. 153 f.). Darauf wird verwiesen.
Im Unfallversicherungsrecht herrscht, wie allgemein im Sozialversicherungsrecht, der Untersuchungsgrundsatz. Der Unfallversicherer und im Streitfall das Gericht haben den Sachverhalt von Amtes wegen zu ermitteln. Indessen ist die leistungsansprechende Person gesetzlich verpflichtet, dabei mitzuwirken. Sie muss die Umstände des Unfalls glaubhaft machen. Kommt sie dieser Forderung nicht nach,
indem sie unvollständige, ungenaue widersprüchliche Angaben macht, die das Bestehen eines unfallmässigen Schadens als unglaubwürdig erscheinen lassen, besteht keine Leistungspflicht der Unfallversicherung. Im Streitfall obliegt es dem Gericht zu beurteilen, ob die einzelnen Voraussetzungen des Unfallbegriffs erfüllt sind. Der Untersuchungsmaxime entsprechend hat es von Amtes wegen die notwendigen Beweise zu erheben und kann zu diesem Zweck auch die Parteien heranziehen. Wird auf Grund dieser Massnahmen das Vorliegen eines Unfallereignisses nicht wenigstens mit Wahrscheinlichkeit erstellt - die blosse Möglichkeit genügt nicht -, so hat dieses als unbewiesen zu gelten, was sich zu Lasten der den Anspruch erhebenden Person auswirkt (BGE 116 V 140 E. 4b; RKUV 1990 Nr. U 86 S. 50). Bei sich widersprechenden Angaben der versicherten Person über den Unfallhergang kann praxisgemäss auf die Beweismaxime abgestellt werden, wonach die sogenannten spontanen "Aussagen der ersten Stunde" in der Regel unbefangener und zuverlässiger sind als spätere Darstellungen, die bewusst unbewusst von nachträglichen Überlegungen versicherungsrechtlicher anderer Art beeinflusst sein können. Wenn die versicherte Person ihre Darstellung im Lauf der Zeit wechselt, kommt den Angaben, die sie kurz nach dem Unfall gemacht hat, in der Regel grösseres Gewicht zu als jenen nach Kenntnis einer Ablehnungsverfügung des Versicherers (BGE 121 V 47 E. 1a mit Hinweisen). Das Gericht stellt auf jene Sachverhaltsdarstellung ab, die es von allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigt. Der Untersuchungsgrundsatz schliesst eine Beweislast im Sinn einer Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Die Parteien tragen aber eine Beweislast insofern, als im Fall der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten will. Diese Beweisregel kommt zur Anwendung, wenn im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes kein wahrscheinlicher Sachverhalt ermittelt werden kann (BGE 114 V 305 E. 2b).
2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, am 23. November 2015 einen Unfall eine unfallähnliche Körperschädigung erlitten zu haben (vgl. act. G 1). Es sei an diesem Tag zum plötzlichen Abriss des Bizeps am linken Arm gekommen, weshalb er die Notaufnahme des Kantonsspitals Frauenfeld aufgesucht habe, wo er arbeitsunfähig geschrieben worden sei. Er sei nicht dorthin gegangen, weil er krank gewesen sei,
sondern er sei auf Grund des Arbeitsunfalls in die Notaufnahme geschickt worden (act. G 5). Die Beschwerdegegnerin bestreitet sowohl das Vorliegen eines Unfalls als auch einer unfallähnlichen Körperschädigung (vgl. UV-act. 24 sowie act. G 3 und 7). Zu prüfen ist zunächst, ob das Ereignis vom 23. November 2015 als Unfall zu qualifizieren ist. Strittig ist insbesondere die Voraussetzung des Vorliegens eines ungewöhnlichen äusseren Faktors im Sinne von Art. 4 ATSG.
Der äussere Faktor ist gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts
ungewöhnlich, wenn er - nach einem objektiven Massstab - nicht mehr im Rahmen dessen liegt, was für den jeweiligen Lebensbereich alltäglich und üblich ist. Nach Lehre und Rechtsprechung kann das Merkmal des ungewöhnlichen äusseren Faktors in einer unkoordinierten Bewegung bestehen. Bei Körperbewegungen gilt dabei der Grundsatz, dass das Erfordernis der äusseren Einwirkung lediglich dann erfüllt ist, wenn ein in der Aussenwelt begründeter Umstand den natürlichen Ablauf einer Körperbewegung gleichsam "programmwidrig" beeinflusst hat. Bei Schädigungen, die sich auf das Körperinnere beschränken, unterliegt der Nachweis eines Unfalls indessen insofern strengen Anforderungen, als die unmittelbare Ursache der Schädigung unter besonders sinnfälligen Umständen gesetzt werden muss. Denn ein Unfallereignis manifestiert sich in der Regel in einer äusserlich wahrnehmbaren Schädigung, während bei deren Fehlen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit rein krankheitsbedingter Ursachen besteht. Der äussere Faktor ist zentrales Begriffscharakteristikum eines jeden Unfallereignisses; er ist Gegenstück zur - den Krankheitsbegriff konstituierenden - inneren Ursache. Die Bezeichnung der massgebenden Genese wird aber erst durch die weiter erforderliche Ungewöhnlichkeit des äusseren Faktors ermöglicht. Das Merkmal des Ungewöhnlichen macht den alltäglichen Vorgang zum einmaligen Vorfall. Einwirkungen, die aus alltäglichen Vorgängen resultieren, taugen in aller Regel nicht als Ursache einer Gesundheitsschädigung. Liegt der Grund allein im Innern des Körpers, ist Krankheit gegeben. Daran ändert die blosse Auslösung des Gesundheitsschadens durch einen äusseren Faktor nichts. Unfall setzt vielmehr begrifflich voraus, dass das exogene Element so ungewöhnlich ist, dass eine endogene Verursachung ausser Betracht fällt. Das Begriffsmerkmal der Ungewöhnlichkeit bezieht sich nicht auf die Wirkung des äusseren Faktors, sondern nur auf diesen selber. Ohne Belang für die Prüfung der Ungewöhnlichkeit ist insoweit, dass der äussere Faktor allenfalls schwerwiegende, unerwartete Folgen nach sich zog. Ausschlaggebend ist also, dass
sich der äussere Faktor vom Normalmass an Umwelteinwirkungen auf den menschlichen Körper abhebt. Ungewöhnliche Auswirkungen allein begründen keine Ungewöhnlichkeit (Urteile des Bundesgerichts 8C_835/2013 vom 28. Januar 2014 E 5.1; 8C_718/2009 vom 30. November 2009 E. 6.1, beide mit weiteren Hinweisen). Die Tatsache, dass die betroffene Person sich einem mehreren operativen Eingriffen unterziehen musste, spricht nach der erwähnten Rechtsprechung entgegen der vom Beschwerdeführer implizit geäusserten Ansicht für sich allein noch nicht für das Vorliegen eines ungewöhnlichen äusseren Faktors bzw. eines Unfalles.
In den Akten finden sich mehrere und teils widersprüchliche Beschreibungen des fraglichen Ereignisses (vgl. vorstehende Erwägung A.e). In der Unfallmeldung der Arbeitgeberin vom 26. November 2015 (UV-act. 1) wird angegeben, beim Montieren einer Kabeltrasse habe der Beschwerdeführer "es in seinem Arm knacken" gehört. Er vermute, dass er den Arm bei der Arbeit in der Woche zuvor (Kabelziehen) überanstrengt habe. Im Notfallbericht vom 23. November 2015 des Kantonsspitals Frauenfeld (UV-act. 3) wird berichtet, beim Heben von schweren Lasten habe der Patient einen Knick gehört und habe seither Schmerzen. Anlässlich einer am 27. November 2015 durchgeführten Verlaufskontrolle im Kantonsspitals Frauenfeld (Sprechstundenbericht vom 1. Dezember 2015, UV-act. 6) wurde festgehalten, es sei beim Heben einer schweren Last (Kabelziehen) am 23. November 2015 zu einem stechenden Schmerz im Bereich des linken ventralen Schultergelenkes gekommen. Sodann gab der Beschwerdeführer im Fragebogen vom 25. Januar 2015 zuhanden der Beschwerdegegnerin an, er sei auf dem Gerüst gestanden und habe eine Kabeltrasse nach oben gehoben. Dabei habe er ein Knacken und einen starken Schmerz im linken Arm verspürt. Die Frage, ob sich etwas Besonderes (Ausgleiten, Sturz, Anschlagen usw.) ereignet habe, verneinte der Beschwerdeführer (UV-act. 12).
Erst nachdem die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom
25. Januar 2016 (UV-act. 13) bekannt gegeben hatte, dass die Voraussetzungen für die Übernahme des Schadenfalles als Unfall unfallähnliche Körperschädigung nicht erfüllt seien, kam der Beschwerdeführer auf den Ereignisverlauf zurück. So teilte er der Beschwerdegegnerin mit E-Mail vom 3. Februar 2016 (UV-act. 15) mit, er habe sich während der Arbeitszeit auf der Baustelle einen Bizeps abgerissen; ob er dabei ausgerutscht sei, wisse er nicht. Er habe aber die Kabeltrasse festgehalten, damit der
untenstehende Monteur nicht verletzt werde. Am Freitag zuvor hätten schwere Kabelzüge gemacht werden müssen, wodurch er etwas Muskelkater gehabt habe. Solange er in der Schweiz sei, sei er noch nie krank und noch bei keinem Arzt gewesen und habe er noch nie einen Unfall gehabt. Auch in seiner Einsprache vom 14. März 2016 (UV-act. 21) wiederholte er, er wisse nicht, ob er ausgerutscht sei; er sei bedacht gewesen, die Trasse nicht fallen zu lassen, und sei mit dem Arm auf dem Geländer des Gerüsts gehangen. Der Beschwerdeführer legte seiner Einsprache eine Stellungnahme des bauleitenden Monteurs E. vom 14. März 2016 bei; dieser gab an, der Beschwerdeführer sei ausgerutscht und sei mit den Armen auf das Geländer des Gerüstes gefallen (was sich nicht mit der eigenen Aussage des Beschwerdeführers deckt). Der Beschwerdeführer habe über Schmerzen am linken Arm geklagt und angegeben, ein Knacken im linken Arm gehört zu haben.
Die Beschwerdegegnerin wendet zu Recht ein, die späteren Schilderungen stünden mit den früheren im Widerspruch, sodass bezüglich des Geschehens praxisgemäss von der Aussage der ersten Stunde und somit von den in vorstehender Erwägung 2.3 erwähnten Sachverhaltsschilderungen auszugehen sei. Die Angaben des Beschwerdeführers, er habe den Fragebogen, der ihm während des Aufenthalts nach D. zugestellt worden sei, "nur aufs wesentlichste" und "ohne Umschweife" ausgefüllt (act. G 1), ändern nichts daran, dass er im Fragebogen ausdrücklich angegeben hat, es habe sich nichts Besonderes ereignet (UV-act. 12). Die späteren Aussagen des Beschwerdeführers, er wisse nicht, ob er ausgerutscht sei, bzw. jene des bauleitenden Monteurs, er (der Beschwerdeführer) sei ausgerutscht (UV-act. 21), stellen nicht bloss eine Ergänzung der anfänglichen Aussage dar, sondern bringen ein neues, wesentliches Element ins Spiel. Ein Ausrutschen ist geeignet, als eindrückliches Ereignis in Erinnerung zu bleiben, das ohne weiteres in der Unfallmeldung erwähnt würde. Nachdem die nachträglichen Präzisierungen betreffend Ereignisablauf (UV-act. 15, 21, G 1 und 5) erst im Nachgang an die Leistungsablehnung durch die Beschwerdegegnerin erfolgten, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die neue Darstellung von versicherungsrechtlichen Überlegungen beeinflusst ist, was diese wenig glaubwürdig macht. Selbst wenn die nachträgliche Aussage des Beschwerdeführers, er wisse nicht, ob er ausgerutscht sei, zutreffen sollte, so wäre damit ein ungewöhnlicher äusserer Faktor bloss möglich, nicht aber mit dem im Sozialversicherungsrecht erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit ausgewiesen, wie die Beschwerdegegnerin zutreffend festhält (UV- act. 24 S. 9). Wie sie zu Recht weiter betont (UV-act. 24 S. 9), lässt sich allein auf Grund des eingetretenen Gesundheitsschadens nicht auf eine Programmwidrigkeit schliessen. Denn für das Vorliegen einer Ungewöhnlichkeit ist - wie erläutert - ohne Belang, ob der äussere Faktor allenfalls schwerwiegende, unerwartete Folgen mit sich bringt (vgl. A. RUMO-JUNGO/A. P. HOLZER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Unfallversicherung, 4. Aufl., Zürich 2012, S. 31 mit Hinweisen).
Zusammenfassend ist es vorliegend beim Ereignis vom 23. November 2015 nicht zur schädigenden Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den Körper des Beschwerdeführers gekommen, und es mangelt damit an einer für die Erfüllung des Unfallbegriffes unabdingbaren Voraussetzung. Da bereits diese Voraussetzung fehlt, entfällt die Leistungspflicht des Unfallversicherers aus Art. 4 ATSG und die übrigen weiteren Voraussetzungen sind nicht weiter zu prüfen.
Im Weiteren stellt sich die Frage, ob das Ereignis vom 23. November 2015 als unfallähnliche Körperschädigung zu qualifizieren ist. Als unbestritten hat zu gelten, dass die vom Beschwerdeführer am 23. November 2015 erlittene Bizepssehnenruptur an der linken Schulter (vgl. UV-act. 3 und 6) eine unfallähnliche Körperschädigung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. f UVV (Sehnenrisse) ist. Die Leistungspflicht des Unfallversicherers ist jedoch - auch bei Vorliegen einer Listenverletzung - nur gegeben, wenn die Verletzung, wie in Art. 4 ATSG vorgesehen, auf eine plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines äusseren Faktors zurückzuführen ist. Bei den unfallähnlichen Körperschädigungen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 UVV entfällt im Vergleich zu den eigentlichen Unfällen nach Art. 4 ATSG einzig das Tatbestandselement der Ungewöhnlichkeit des auf den Körper einwirkenden äusseren Faktors. Alle übrigen Begriffsmerkmale eines Unfalles müssen hingegen auch bei unfallähnlichen Körperschädigungen erfüllt sein. Dies gilt namentlich für das Erfordernis des auf den menschlichen Körper einwirkenden äusseren Faktors, worunter ein ausserhalb des Körpers liegender, objektiv feststellbarer, sinnfälliger - eben unfallähnlicher - Einfluss auf den Körper zu verstehen ist. Die schädigende Einwirkung kann auch in einer körpereigenen Bewegung bestehen, doch gilt das Auftreten von Schmerzen allein noch nicht als äusserer Faktor im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 9
Abs. 2 UVV. Ein solcher ist also nicht gegeben, wenn die versicherte Person einzig das (erstmalige) Auftreten von Schmerzen angibt, aber keine gleichzeitig mitwirkende äussere Komponente zu benennen vermag (vgl. BGE 129 V 467 E. 2.2; Urteil des Bundesgerichts 8C_850/2015 vom 19. April 2016 E. 3.2 f. mit Hinweisen).
Für die Annahme der schädigenden Einwirkung eines äusseren Faktors auf den menschlichen Körper ist ein Geschehen erforderlich, das sich in einer allgemein gesteigerten Gefahrenlage abspielt und welchem überdies ein erhöhtes Gefährdungspotenzial innewohnt (vgl. vorstehender Erwägung 2.2). Vorliegend hat der Beschwerdeführer beim Montieren einer Kabeltrasse (UV-act. 1) bzw. beim Heben von schweren Lasten (UV-act. 3) ein Knacken in seinem Arm gehört und danach Schmerzen verspürt. Er verneinte ausdrücklich, dass sich etwas Besonderes abgespielt habe (UV-act. 12), bzw. war sich nachträglich nicht sicher, ob er ausgerutscht sei (UV- act. 15; vgl. dazu vorstehende Erwägung 2.5). Das beschriebene Geschehen allein schafft noch keine allgemein gesteigerte Gefahrenlage, wie die Beschwerdegegnerin zutreffend festhält, umso weniger beim Beschwerdeführer, der von Berufs wegen solche mit den erwähnten Tätigkeiten verbundenen Bewegungsabläufe täglich bei der Arbeit durchzuführen hat. Diese können nicht als mit einem besonderen Risiko behaftet betrachtet werden, sondern sind als durchaus übliche Alltagsverrichtung im Rahmen seiner gewohnten Arbeit einzustufen. Ferner deutet auch das blosse Hören Spüren eines Knackens im Arm nicht daraufhin, dass sich ein erhöhtes Gefährdungspotenzial verwirklicht hat. Ein Geschehen, dem ein gewisses gesteigertes Gefährdungspotential innewohnt bzw. das mit einer plötzlichen, erhöhten Krafteinwirkung auf den menschlichen Körper verbunden ist, ist damit nicht rechtsgenüglich nachgewiesen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_850/2015 vom 19. April 2016 E. 3.3). Damit besteht auch keine Leistungspflicht für eine unfallähnliche Körperschädigung.
Zusammenfassend lässt sich das Vorliegen eines leistungsbegründenden Unfalls einer ebensolchen unfallänlichen Körperschädigung nicht bejahen, weshalb nicht zu beanstanden ist, dass die Beschwerdegegnerin ihre Leistungspflicht verneint hat.
3.
Im Sinne der vorstehenden Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist deshalb abzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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