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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:OH 2012/2
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:OH - Opferhilfe
Versicherungsgericht Entscheid OH 2012/2 vom 08.05.2013 (SG)
Datum:08.05.2013
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 11, 12 und 13 aOHG. Überfall mit Schutzgelderpressung und Körperverletzung. Bestätigung der von der Vorinstanz zugesprochenen Entschädigungs- und Genugtuungssummen samt Zinsen infolge der erlittenen Verletzungen an Augen, Zähnen und Kopf (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St.Gallen vom 8. Mai 2013, OH 2012/2).
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 41 OR ; Art. 44 OR ; Art. 45 OR ; Art. 46 OR ; Art. 47 OR ; Art. 73 OR ;
Referenz BGE:121 II 373; 125 II 169; 125 II 265; 125 II 268; 125 II 555; 128 II 49; 129 II 159; 129 II 49; 130 III 591; 131 II 121; 131 II 227; 131 III 12; 132 II 127;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Marie Löhrer und Marie- Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiberin Jeannine Bodmer

Entscheid vom 8. Mai 2013

in Sachen A. ,

Rekurrent,

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Jeannette Fischer, Vincenz & Partner,

Masanerstrasse 40, 7000 Chur,

gegen

Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen, Vorinstanz,

betreffend

Entschädigung und Genugtuung Sachverhalt:

A.

A.a A. stellte am 4. Oktober 2010 ein Gesuch um Ausrichtung einer Entschädigung von Fr. 2'937.36, eines Vorschusses der Entschädigung von Fr. 2'500.-- und einer Genugtuung nach Opferhilfegesetz (OHG). Infolge eines Raubüberfalls mit Schutzgelderpressung durch unbekannte Täterschaft am 12. März 2007 in B. habe er eine schwere Körperverletzung mit schwerer Hirnerschütterung, eventuell einer Schädelfraktur sowie einem Dreifach-Riss der Augenhöhle erlitten. Seither sei sein linkes Auge defekt, sein Sehfeld sei eingeschränkt und es bestehe der Verdacht auf Tinnitus (act. G 7.1.1.1 und 7.1.1.2).

    1. Am 29. November 2010 verfügte das Sicherheits- und Justizdepartement des

      Kantons St. Gallen eine Vorschusszahlung an den Versicherten in Höhe von

      Fr. 5'000.--. Gleichzeitig forderte es ihn zur Einreichung einer vollständigen Übersicht über die aufgelaufenen Schadenspositionen sowie zur weiteren Begründung des Entschädigungs- und Genugtuungsanspruchs auf (act. G 7.1.9).

    2. In der Eingabe vom 12. Oktober 2011 präzisierte der Versicherte sein Rechtsbegehren in dem Sinn, als ihm eine Entschädigung in Höhe von Fr. 37'880.05, zuzüglich 5% Zins auf 2'937.-- seit 16. März 2007, zuzüglich 5% Zins auf 5'788.20 seit

      1. Mai 2007, zuzüglich 5% Zins auf Fr. 8'264.35 seit 7. August 2007, zuzüglich 5% Zins

      auf Fr. 418.-- ab 15. April 2009, zuzüglich 5% Zins auf Fr. 792.50 seit 24. November

      2010, zuzüglich 5% Zins auf Fr. 10'000.-- ab 12. April 2007, zuzüglich 5% Zins auf

      Fr. 1'680.-- ab 29. März 2007 und zuzüglich 5% Zins auf Fr. 8'000.-- ab 1. Januar 2011 zuzusprechen sei. Zudem sei ihm eine Genugtuung in Höhe von Fr. 30'000.-- zuzüglich 5% Zins seit 12. März 2007 zuzusprechen. Schliesslich sei in der Verfügung davon Vormerk zu nehmen, dass sich das Schadensquantitativ und die Genugtuung auf Grund der aktuellen gesundheitlichen Situation nicht abschliessend beurteilen liessen und entsprechende Nachforderungen bzw. weitergehende Forderungen bezüglich Schadenersatz und Genugtuung explizit vorbehalten blieben (act. G 7.1.24).

    3. Mit Verfügung vom 12. Juni 2012 hiess das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen das Gesuch des Versicherten in dem Sinn teilweise gut, als es ihm eine Entschädigung von Fr. 6'981.50 (einschliesslich Zins) sowie eine Genugtuung von Fr. 11'500.-- (einschliesslich Zins) zusprach. Zufolge Anrechnung der mit Verfügung vom 29. November 2010 geleisteten Vorschusszahlung sei ihm als Entschädigung noch ein Betrag von Fr. 1'981.50 (einschliesslich Zins) auszurichten. Im Mehrbetrag wurden die Entschädigungs- und Genugtuungsbegehren abgewiesen.

B.

    1. Gegen diese Verfügung richten sich der vorliegende Rekurs vom 4. Juli 2012 sowie die Rekursergänzung vom 10. September 2012 mit dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Ausrichtung einer Entschädigung von insgesamt

      Fr. 27'500.95, zuzüglich Zins von 5% ab dem Zeitpunkt der finanziellen Auswirkung auf das Vermögen des Rekurrenten, sowie einer Genugtuung von Fr. 30'000.-- zuzüglich eines den Verzugszins berücksichtigenden Betrages. Zudem sei Vormerk zu nehmen, dass sich das Schadensquantitativ und die Genugtuung auf Grund der aktuellen gesundheitlichen Situation nicht abschliessend beurteilen liessen und entsprechende Nachforderungen bzw. weitergehende Forderungen bezüglich Schadenersatz und Genugtuung explizit vorbehalten blieben. Schliesslich sei dem Rekurrenten die unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung zu bewilligen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Der Rekurrent begründete den Rekurs damit, dass seine Entschädigungs- und Genugtuungsbegehren erheblich reduziert worden seien, was sich nicht auf die konkreten Umstände abstützen lasse und unangemessen sei (act.

      G 1, 5).

    2. In der Rekursantwort vom 4. Oktober 2012 beantragte die Vorinstanz die Abweisung des Rekurses. Zur Begründung verwies sie grundsätzlich auf die Ausführungen in der angefochtenen Verfügung vom 12. Juni 2012 (act. G 7).

    3. Mit Replik vom 8. November 2012 hielt der Rekurrent an seinen Anträgen fest. Betreffend die aktuellen Sehstörungen und deren Auswirkungen werde ein Gutachten der Augenklinik des KSSG eingereicht. Der Untersuchungstermin sei auf den 26. November 2012 festgelegt (act. G 10).

    4. In der Duplik vom 29. November 2012 hielt die Vorinstanz an ihrem

Abweisungsbegehren und der Begründung dazu fest (act. G 12).

Erwägungen:

1.

Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt ereignete sich am 12. März 2007, weshalb die Vorinstanz mit Blick auf die Übergangsbestimmung von Art. 48 lit. a des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG; SR 312.5; in der seit 1. Januar 2009 gültigen Fassung) zu Recht von der Anwendbarkeit der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen Bestimmungen (aOHG) ausging, mit Ausnahme der Verwirkungsfrist (vgl. nachfolgend E. 2.2).

2.

    1. Zwischen den Parteien ist vorliegend die Höhe des opferhilferechtlichen

      Entschädigungs- und Genugtuungsanspruchs strittig.

    2. Für Gesuche um Entschädigung oder Genugtuung für Ansprüche aus Straftaten, die weniger als zwei Jahre vor dem Inkrafttreten des totalrevidierten OHG verübt worden sind, gelten die Fristen nach Art. 25 OHG. Danach muss das Gesuch innert fünf Jahren nach der Straftat oder nach Kenntnis der Straftat eingereicht werden; andernfalls sind die Ansprüche verwirkt (Art. 25 Abs. 1 i.V.m. Art. 48 lit. a OHG). Nachdem die betreffende Straftat vorliegend am 12. März 2007 geschah und das Gesuch des Rekurrenten um Opferhilfe am 4. Oktober 2010 (act. G 7.1.1) eingereicht wurde, ist die Fünfjahresfrist zur Geltendmachung gewahrt.

    3. Hilfe nach dem Opferhilfegesetz erhält jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Opfer), und zwar unabhängig davon, ob der Täter ermittelt worden ist und ob er sich schuldhaft verhalten hat (Art. 2 Abs. 1 aOHG). Die Beeinträchtigung muss von einem gewissen Gewicht und unmittelbare Folge einer Straftat sein. Dies setzt voraus, dass der objektive Tatbestand einer Strafnorm erfüllt ist und kein Rechtfertigungsgrund vorliegt (BGE 125 II 268 E. 4a/aa mit Hinweisen).

    4. Gemäss Art. 11 Abs. 3 aOHG kann eine Person, die im Ausland Opfer einer Straftat wurde, wenn sie das Schweizer Bürgerrecht und Wohnsitz in der Schweiz hat, im Kanton ihres Wohnsitzes eine Entschädigung oder eine Genugtuung verlangen, wenn sie nicht von einem ausländischen Staat eine genügende Leistung erhält. Die Entschädigung, die höchstens Fr. 100'000.-- beträgt (Art. 13 Abs. 3 aOHG; Art. 4 Abs.

      1 der bis 31. Dezember 2008 gültigen Verordnung vom 18. November 1992 über die Hilfe an Opfer von Straftaten [aOHV; SR 321.51]) wird nach der Höhe des erlittenen Schadens und den Einnahmen des Opfers bemessen; sie kann herabgesetzt werden, wenn das Opfer den Schaden wesentlich mitverschuldet hat (Art. 13 Abs. 1 und 2 aOHG).

    5. Auf Grund des Subsidiaritätsprinzips setzt der Anspruch auf finanzielle Opferhilfe voraus, dass das Opfer nicht von dritter Seite ausreichende Leistungen erhält. Die Opferhilfe erbringt grundsätzlich nur dann finanzielle Leistungen endgültig, wenn und insoweit kein anderer für die Kosten bzw. den Schaden aufkommt. Im Opferhilfeverfahren hat das Opfer deshalb glaubhaft zu machen, dass es keine oder nur ungenügende Leistungen des Täters und/oder anderer Dritter erhalten kann (Eva Weishaupt, Finanzielle Ansprüche nach Opferhilfegesetz, SJZ 98 [2002] Nr. 13, S. 329 mit Hinweis).

3.

    1. Vorliegend ist der Anspruch des Rekurrenten auf eine Entschädigung nach Art. 11ff. aOHG unstrittig. Zu prüfen ist jedoch deren Höhe. Das Opferhilfegesetz umschreibt nicht näher, für welche Schädigungen der Staat Ersatz leistet. Opfer werden gegenüber den übrigen Geschädigten auf Grund ihrer besonderen Betroffenheit in der eigenen Person privilegiert. Daraus wird in Praxis und Literatur geschlossen, dass in der Opferhilfe nur diejenigen Auslagen oder Einbussen von Bedeutung sein können, die im Zusammenhang mit der die Opfereigenschaft begründenden Straftat bzw. mit der dadurch bewirkten Beeinträchtigung der körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität stehen. Opferrechtlich relevant ist deshalb grundsätzlich allein der Personenschaden. Sachschäden und so genannte "reine Vermögensschäden" werden von der Opferhilfe nicht übernommen. Als reiner Vermögensschaden wird eine Einkommens- oder Vermögenseinbusse bezeichnet, die

      sich weder aus einer Körperverletzung oder Tötung noch aus der Beschädigung oder Zerstörung einer Sache ergibt (Eva Weishaupt, a.a.O., S. 326 mit Hinweisen). Das Bundesgericht verwies bereits für den Schadensbegriff nach Art. 12 Abs. 1 und 13 aOHG auf Art. 45 Abs. 3 OR (BGE 129 II 49 E. 2) bzw. auf Art. 46 OR (BGE 128 II 49 E.

      3.2). Mit der Totalrevision des OHG wurde diese Rechtsprechung ausdrücklich übernommen und in den Text von Art. 19 Abs. 2 OHG überführt (Gomm/Zehntner, OHG-Kommentar, 3. Aufl. Bern 2009, N4 zu Art. 19).

    2. Liegt ein entschädigungsberechtigter Schaden vor, ist gestützt auf die finanziellen Verhältnisse des Opfers zu prüfen, inwieweit dieser opferhilferechtlich zu ersetzen ist. Voraussetzung zur Ausrichtung einer Entschädigung ist nach Art. 12 Abs. 1 aOHG, dass die anrechenbaren Einnahmen des Opfers nach dem Bundesgesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG; SR 831.30) das Vierfache des massgebenden Höchstbetrags für den allgemeinen Lebensbedarf nicht übersteigen. Massgebend sind die Einnahmen nach der Straftat, wobei die finanziellen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verfügung gemeint sind (BGE 129 II 159 E. 3.5.3, Peter Gomm/ Dominik Zehntner, OHG-Kommentar, Bern 2005, N 9 zu Art. 12). Liegen diese unter dem massgebenden Höchstbetrag für den allgemeinen Lebensbedarf nach ELG, so erhält das Opfer vollen Schadenersatz; übersteigen die Einnahmen diesen Betrag, so wird die Entschädigung herabgesetzt (Art. 13 Abs. 1 aOHG).

4.

    1. Der Rekurrent macht im Rahmen seines Rekurses folgende Schadenspositionen geltend (die Nummerierung folgt grundsätzlich den ursprünglich geltend gemachten Schadenspositionen, wie sie auch in der angefochtenen Verfügung wiedergegeben ist):

      1.

      Dolmetscher Chefportier C.

      Fr. 100.--

      2.

      D. Chauffeurkosten inkl. Rückfahrt mit Zug nach Budapest

      Fr. 363.--

      5.

      Fahrkosten Wien West Bhf.-Feldkirch

      Fr. 220.65

      6.

      Taxi Budapest 14.03.07

      Fr. 14.65

      7.

      Taxi Budapest 14.03.07

      Fr. 12.20

      8.

      Fahrt mit Jeep Polizeistation Dabas und zurück 13.03.07

      Fr. 107.90

      9.

      Fahrt mit Jeep Augenklinik Budapest und zurück 13.03.07

      Fr. 138.60

      10.

      Fahrt mit Jeep CT Tomographie St. Rokas Klinik Budapest und zurück 14.03.07

      Fr. 145.31

      11.

      Lesebrille zerschlagen

      Fr. 47.--

      13.

      Diverse Verpflegungen

      Fr. 64.05

      14.

      Schutzgeldzahlung, EUR 250.--

      Fr. 412.50

      15.

      Tel. Kosten Ungarn Forint 24'000.--

      Fr. 146.40

      16.

      Tel. Kosten Ausland Suisse EUR 297.--

      Fr. 655.05

      17.

      Infolge Fahrverbot Chauffeurkosten in B. , Dabas und Budapest

      Fr. 313.50

      18.

      Kosten Fahrt zur Augenklinik Kantonsspital St. Gallen Fr. 5'788.20

      19.

      Zahnbehandlung Dr. med. dent. E.

      Fr. 4'188.65

      20.

      Zahnbehandlung Dr. med. dent. F.

      Fr. 2'334.95

      21.

      Implantat Krone (KV Dr. med. dent. G. /H. /Dental labor I. )

      Fr. 1'740.75

      22.

      Brillenanpassung/Rezept Augenklinik Kantonsspital St. Gallen 11. Juni 2008

      Fr. 418.--

      23.

      Rechnung Fielmann 24. November 2010

      Fr. 792.50

      24.

      Einkommensausfall 13.03 - 11.04.07 sowie Konsultation St. Gallen Fr. 10'000.--

      25.

      Haushaltsschaden

      Fr. 1'680.--

      26.

      Anwaltskosten Total

      Fr. 29'683.85

    2. Die Schadenspositionen Nr. 1, 2, 5 - 11 und 21 - 23 wurden von der Vorinstanz als Schaden nach OHG anerkannt. Da diese unbestritten sind und sich aus den Akten keinerlei Hinweise ergeben, wonach sie nicht als entschädigungspflichtig einzustufen wären, ist darauf abzustellen.

    3. Umstritten und zu prüfen sind schliesslich nachfolgende Positionen, welche nur

teilweise oder gar nicht als entschädigungspflichtiger Schaden behandelt wurden:

4.3.1 Zur Schadensposition Nr. 13 (diverse Verpflegungen, Fr. 64.05): Wie die Vor­ instanz zu Recht ausführte, ist vorliegend nicht nachgewiesen, dass es sich bei den geltend gemachten Verpflegungskosten um unfallbedingte Mehrkosten handelt. Lediglich die Tatsache, dass sich der Rekurrent auf dem Weg zur Augenklinik unterwegs habe verpflegen müssen, rechtfertigt keine Entschädigung.

      1. Zur Schadensposition Nr. 14 (Schutzgeldzahlung, Fr. 412.50): Hierbei handelt es sich um einen reinen Vermögensschaden, der nicht der opferhilferechtlichen Entschädigungspflicht untersteht (vgl. Erwägung 3.1). Zwar schwieg sich das aOHG darüber aus, ob bei Verletzung oder Tötung eines Menschen der entstandene

        Vermögensschaden mitzuberücksichtigen und in die Berechnung des Gesamtschadens miteinzubeziehen sei. In der Botschaft zum aOHG vom 25. April 1990 (BBl 142/1990, Band II, S. 991) wurde jedoch davon ausgegangen, dass die Behörde bei der Bestimmung des Schadens die Regeln des Privatrechts analog anzuwenden habe. Allgemein galt, dass Schäden, die aus Eingriffen in die psychische oder physische Integrität oder aus anderen Persönlichkeitsverletzungen, also Eingriffen in so genannte absolut und gegen jedermann geschützte Rechtsgüter, resultierten, prinzipiell als ersatzfähig betrachtet wurden (vgl. OHG-Kommentar, a.a.O., N 6 zu Art. 13). Weiter hielt die Expertenkommission im erläuternden Bericht zur Totalrevision des OHG vom

        25. Juni 2002 fest (vgl. S. 35), dass mit der vorgeschlagenen Neuformulierung der Gesetzesbestimmung (endlich) klargestellt werde, dass nur Personenschäden, nicht aber Sach- und reine Vermögensschäden entschädigt würden. Dadurch sollten Ungleichbehandlungen vermieden werden. Schliesslich könne es nicht sein, dass einer bestohlenen Person der Wert des gestohlenen Gutes ersetzt werde, weil sie anlässlich des Diebstahls auch verletzt worden sei, während bei einem Diebstahl ohne Verletzungsfolgen das OHG nicht anwendbar sei. Diesen Überlegungen ist zu folgen und die Schutzgeldzahlung unabhängig davon, ob der Rekurrent sie J. zurückbezahlte oder nicht, nicht als entschädigungsrelevant zu erachten.

      2. Zu den Schadenspositionen Nr. 15 und 16 (Telefonkosten Ungarn und Ausland Suisse, Fr. 801.45): Der Rekurrent macht geltend, er habe auf Grund der Umstände seiner Verletzungen und des erlittenen Schocks schnellstmöglich die bestmögliche medizinische Versorgung erhalten wollen, weshalb er sich entgegen die Begründung der Vorinstanz nicht zusätzlich noch um eine günstigere Telefonmöglichkeit habe kümmern können. Der Rekurrent, der in Ungarn jedoch Z. zu vertreiben suchte, war nicht zum ersten Mal in diesem Land und auch nicht auf sich allein gestellt, sondern in Begleitung von J. . Da er gemäss eigenen Angaben erst am Tag nach dem Überfall ein Spital aufsuchte (vgl. act. G 7.1.24 S. 4f.), ist trotz nachgewiesener Verletzungen nicht von einer derartigen Dringlichkeit auszugehen, welche die Inanspruchnahme "günstigerer" Telefonmöglichkeiten als unzumutbar erscheinen liess. Damit wäre es ihm gestützt auf seine Schadenminderungspflicht (vgl. analog zum Privatrecht Heierli/ Schnyder, Balsler-Kommentar, 5. Aufl. Basel, N 13 zu Art. 44 OR) zuzumuten gewesen, den hohen Roaming-Gebühren teilweise auszuweichen und eine günstigere Telefonmöglichkeit zu nutzen. Der von der Vorinstanz als Schaden anerkannte Betrag

        von Fr. 200.-- erscheint unter den gegebenen Umständen als angemessen und ist

        damit nicht zu beanstanden.

      3. Zur Schadensposition Nr. 17 (Chauffeurkosten in B. , Dabas und Budapest, Fr. 313.50): Die Vorinstanz hielt hierzu fest, dass der undifferenzierte Schadensbetrag im Unterschied zu den Schadenspositionen Nr. 2 sowie 5 - 10 nicht glaubhaft nachgewiesen sei. Dagegen brachte der Rekurrent vor, dass für die Rückfahrt seines PWs von B. via Budapest nach Wien ein Chauffeur habe einspringen müssen, da er selber auf Grund seiner Verletzungen nicht habe Auto fahren dürfen. Nach dem in der Eingabe vom 12. Oktober 2011 geschilderten Sachverhalt sei ohne Weiteres ersichtlich, aus welchen Fahrten sich die Chauffeurkosten zusammensetzten. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Während die Chauffeurkosten für den Rücktransport des Autos des Rekurrenten in Höhe von Fr. 363.-- bereits durch die Anerkennung der Schadensposition Nr. 2 berücksichtigt worden sind (vgl. Gesuch des Rekurrenten vom 12. Oktober 2011, Ziff. 10, S. 11, act. G 7.1.24 und Verfügung vom

        12. Juni 2012, S. 6, act. G 7.1.60), sind die Kosten für weitere Chauffeurdienste vorliegend zu wenig konkretisiert bzw. ausgewiesen und nachvollziehbar. In analoger Anwendung von Art. 42 Abs. 2 des Obligationenrechts (OR; SR 220) anerkannte die Vorinstanz dennoch einen Schaden, welchen sie auf Fr. 150.-- schätzte. Dieser Betrag hält einer Ermessensprüfung stand und ist daher zu bestätigen.

      4. Zur Schadensposition Nr. 18 (Fahrtkosten zur Augenklinik des KSSG,

Fr. 5'788.20): Der Rekurrent macht geltend, dass es ihm nicht zumutbar gewesen sei, seine Konsultationen in der Augenklinik des KSSG mehrheitlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln wahrzunehmen. Dies, weil die eingriffsbedingten Sichteinschränkungen beträchtlich und die Postautoverbindungen praktisch nicht umsetzbar gewesen seien. Seine Argumente halten einer Prüfung jedoch nicht stand. Gemäss Auskunftsschreiben von Dr. med. K. , Oberärztin an der Augenklinik des KSSG, vom 16. Februar 2012 habe bei jeder Untersuchung oder Behandlung des Rekurrenten eine Pupillen­ erweiterung stattgefunden. Zu dieser Zeit habe er keine präzisen Aufgaben erledigen können (act. G 7.1.45). Zwar erfolgte diese Antwort mit Blick auf die Fragen der Haushaltsbesorgung. Es lässt sich aber auch für die hier umstrittene Zumutbarkeit der Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsmittel ableiten, dass es dem Rekurrenten unabhängig davon, ob nur das beschädigte linke oder auch das rechte Auge jeweils

eine Pupillenerweiterung erfuhren, möglich und zumutbar war, sich nach den Untersuchungen in der Augenklinik alleine mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen. Was die Postautoverbindung betrifft, hat die Vorinstanz in der Verfügung vom 12. Juni 2012 zu Recht anerkannt, dass für einzelne Fahrten zu den Bahnhöfen Taxifahrten in Anspruch genommen werden konnten. Die insgesamt zu berücksichtigenden Kosten belaufen sich damit auf Fr. 1'106.80 (vgl. Verfügung vom

12. Juni 2012 S. 9, act. G 7.1.26ff.). Diese sind als entschädigungsberechtigter

Schaden anzuerkennen.

      1. Zu den Schadenspositionen Nr. 19 und 20 (Zahnbehandlungen durch Dr. E. und Dr. F. , Fr. 6'523.60): Die Vorinstanz verweigerte eine Entschädigung für Zahnarztkosten aus den Behandlungen durch Dr. E. und Dr. F. , da der Rekurrent diese bisher nicht bezahlt habe und die Ärzte ihre Forderungen abgeschrieben hätten. Gemäss Aktennotiz der Vorinstanz zur telefonischen Auskunft von Dr. E. vom 24. Januar 2012 gab diese an, beim Rekurrenten den Zahn 14 entfernt und ein vorübergehendes Implantat angebracht zu haben. Das definitive Implantat sei von Dr. G. eingesetzt worden. Da der Rekurrent jedoch weder ihre Kosten noch diejenigen von Dr. G. bezahlt habe, habe sie die Kosten inzwischen abgeschrieben (act.

        G 7.1.36, 38). Auch Dr. F. liess durch seine Praxisassistentin am 1. Mai 2012 ausrichten, er habe in dieser Sache bereits auf Fr. 2'334.95 Honorarforderung verzichtet (act. G 7.1.50). Ob bei diesen beiden Forderungen tatsächlich von einem Verzicht im Rechtssinne auszugehen ist, kann vorliegend jedoch offen bleiben. Da jedenfalls keine verjährungsunterbrechenden Handlungen (vgl. OR 135) durch die beiden Ärzte dokumentiert sind, sind die beiden Forderungen gemäss Art. 128 Ziff. 3 OR inzwischen, d.h. auf Grund des Ablaufs von fünf Jahren ab Rechnungsdatum, sowieso verjährt. Folglich ist beim Rekurrenten kein Schaden ausgewiesen, weshalb diese Position bei der Entschädigung auch keine Berücksichtigung findet.

      2. Zur Schadensposition Nr. 24 (Einkommensausfall, Fr. 10'000.--): Für die Berechnung des Einkommensausfalls stützte sich die Vorinstanz zu Recht auf die Einkommenssituation ab, die gemäss ihren Abklärungen beim Steueramt anzunehmen sind (vgl. act. G 7.1.39). Da der Rekurrent keine Steuererklärung einreichte, veranlagte die Steuerbehörde für 2007 ein "Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit" von Fr. 12'000.--; daher hat die Steuerbehörde die Einkommenssituation des Vorjahres

        übernommen. Ein höheres Einkommen ist weder belegt noch plausibel. Auch die zusätzlich zur ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit von 30 Tagen (13. März bis 11. April 2007, vgl. act. G 7.1.24.18ff.) beantragten fünf Tage für die Besuche der Augenklinik sind nicht als Schaden anerkennbar, da es dem Rekurrenten als selbständig Erwerbendem zumutbar war, seine Arztkonsultationen, insbesondere als es sich lediglich um Kontrolluntersuchungen handelte, in der Freizeit vorzunehmen. Schliesslich ist auch nicht nachgewiesen, dass der sich im AHV-Alter befindende Rekurrent immer noch täglich 8.5h gearbeitet hätte bzw. er genau während der Kontrolluntersuchungen einkommensrelevante Arbeiten oder Termine hätte ausführen bzw. wahrnehmen müssen. Demzufolge legte die Vorinstanz der Schadensposition "Einkommensausfall" zu Recht das Einkommen des Vorjahres von Fr. 12'000.-- zu Grunde, welches sie auf die dreissig Arbeitsunfähigkeitstage umrechnete. Dadurch resultiert ein Schadensposten von Fr. 986.-- ([Fr. 12'000.-- / 365d] x 30d). Würde statt der 365 Tage pro Jahr lediglich mit den üblichen Arbeitstagen gerechnet (21.7 Arbeitstage pro Monat [vgl. Art. 40a der Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIV; SR 837.02)]) und der Tagesverdienst auf die effektiven Arbeitstage zwischen 13. März und 11. April 2007 (total 20 Arbeitstage) umgerechnet, so würde ein Schaden von lediglich Fr. 921.70

        (Fr. 12'000.-- : 12 : 21.7 x 20) resultieren. Die eher grosszügigere Berechnung der

        Vorinstanz lässt sich damit nicht beanstanden.

      3. Zur Schadensposition Nr. 25 (Haushaltsschaden, Fr. 1'680.--): Nach der Rechtsprechung zum aOHG war der Haushaltsschaden normativ nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu entschädigen. Dies bedeutete, dass die gesundheitliche Einbusse, die sich auf die Arbeitsfähigkeit im Haushalt auswirkte, unabhängig davon, ob eine Fremdhilfe angestellt wurde und dafür Kosten entstanden, als haftpflichtrechtlicher Schaden zu entschädigen war (Gomm/Zehntner, a.a.O. 3. Aufl., N 25 zu Art. 19). Die Vorinstanz klärte mit Schreiben vom 27. Januar 2012 bei der Augenklinik des KSSG ab, ob es glaubhaft sei, dass der alleinstehende Rekurrent in der Zeit vom 16. März bis 11. April 2007 nicht fähig gewesen sei, seinen Haushalt ganz oder teilweise selber zu erledigen (act. G 7.1.40). Mit Schreiben vom 16. Februar 2012 nahm Dr. K. dahingehend Stellung, als beim Rekurrenten bei jeder Untersuchung oder Behandlung in der Augenklinik eine Pupillenerweiterung stattgefunden habe. Zu dieser Zeit habe er keine präzisen Aufgaben erledigen können. Ansonsten sei er aus ophthalmologischer

Sicht in der Lage gewesen, den Haushalt zu erledigen (act. G 7.1.45). Trotz der Bestreitung dieser ärztlichen Bestätigung durch den Rekurrenten mit E-Mail vom 13. April 2012, wonach es ihm unmöglich gewesen sei, auf Grund von Doppelt- und Dreifach-Sehens den Haushalt vernünftig zu erledigen (act. G 7.1.49a), muss mit der Vorinstanz geschlossen werden, dass die Ausführungen von Dr. K. durchaus überzeugen, zumal auch lediglich das linke Auge von einem Mehrfachsehen betroffen gewesen war. Somit ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seinen Haushalt grundsätzlich selbständig erledigen konnte, selbst wenn er vor allem an den Tagen der augenärztlichen Kontrolluntersuchungen wohl einen gewissen Mehraufwand auf sich nehmen musste. Ein Haushaltsschaden ist damit jedenfalls nicht ausgewiesen.

4.3.9 Zur Schadensposition Nr. 26 (Anwaltskosten): Zum Institut der unentgeltlichen Rechtspflege sind opferrechtliche Ansprüche subsidiär. Kommt das Opfer nach kantonalem Recht in den Genuss umfassender unentgeltlicher Rechtspflege, besteht kein Raum für die Übernahme von Anwaltskosten durch die Opferhilfe (vgl. Eva Weishaupt, a.a.O., S. 330 mit Hinweis auf Pra 1996 Nr. 110 S. 347 E. 3b u.a.). Vorliegend wurde dem Rekurrenten die unentgeltliche Rechtsverbeiständung am 9. Oktober 2012 bewilligt (act. G 8). Damit besteht kein Anspruch zur Übernahme der Anwaltskosten aus Opferhilfe, wie auch der Rekurrent für das vorinstanzliche Verfahren anerkannt hat (act. G 5 S. 12).

    1. Zusammengezählt ergeben die schadensberechtigen Beträge eine Gesamtsumme von Fr. 6'543.36. Massgebend für die Frage der Entschädigungshöhe sind wie erwähnt (vgl. Erwägung 3.2) die finanziellen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verfügung vom

      12. Juni 2012. Da die Einnahmen des Rekurrenten (Fr. 35'982.--, vgl. Berechnungsblatt für die Ergänzungsleistung zur AHV-Rente ab 1. Januar 2011, act. G 7.1.24.8, Art. 3c Abs. 1 lit. d aELG [in der im März 2007 geltenden Fassung]) in diesem Zeitpunkt höher als der ELG-Wert (im Jahr 2012) von Fr. 19'050.--, aber geringer als der vierfache ELG- Wert (OHG-Höchstbetrag im Jahr 2012 von Fr. 76'200.--) sind, ist die Entschädigung gemäss Art. 3 Abs. 3 aOHV nach folgender Formel herabzusetzen (Art. 13 Abs. 1 aOHG):

      (Einkommen - ELG-Wert) x Schaden

      Entschädigung = Schaden - ---------------------------------------------------

      (OHG-Höchstbetrag - ELG-Wert)

      (Fr. 23'321.30 - Fr. 19'050.--) x Fr. 6'543.36

      Fr. 6'054.40 = Fr. 6'543.36 - ------------------------------------------------------ (Fr. 76'200.-- - Fr. 19'050.--)

      Damit resultiert unter Berücksichtigung der EL-Höchstwerte von 2012 eine Entschädigung zu Gunsten des Rekurrenten in Höhe von Fr. 6'054.40, was 92.5% des Schadens entspricht, und von der Vorinstanz zutreffend berechnet worden ist.

    2. Im Weiteren beantragt der Rekurrent die Verzinsung der Entschädigung. Nach der Rechtsprechung ist der Begriff des Schadens im Opferhilferecht der gleiche wie im Haftpflichtrecht (BGE 131 II 121 E. 2.1; BGE 129 II 49 E. 4.3.2). Zum Schaden gemäss Art. 41 OR gehört der Zins vom Zeitpunkt an, in dem das schädigende Ereignis sich finanziell ausgewirkt hat. Der Schadenszins bezweckt, den Anspruchsberechtigten so zu stellen, wie wenn er für seine Forderung am Tag des Schadenseintritts befriedigt worden wäre (BGE 131 III 12 E. 9.1; BGE 130 III 591 E. 4 S. 599, mit Hinweisen). Nach Art. 73 Abs. 1 OR gilt der Zinsfuss von 5%. Gehört der Schadenszins zum Schaden, hat das Opfer Anspruch auf die Vergütung dieses Zinses im Rahmen der opferhilferechtlichen Entschädigung (vgl. BGE 131 II 227 E. 4.2 mit Hinweisen).

      1. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Vorinstanz dem Rekurrenten mit Ver­ fügung vom 29. November 2010 (7.1.9) einen Vorschuss von Fr. 5'000.-- zugesprochen und ausgerichtet hat. Demnach ist auf diesen Vorschuss für die Zeit vom 12. März 2007 (Zeitpunkt des Überfalls) bis 29. November 2010 ein Zins von 5% geschuldet, was einen Betrag von Fr. 927.10 (Fr. 5'000.-- x 0.05 / 12 Monate x 44.5 Monate) ergibt.

      2. Nach Abzug des Vorschusses ergibt sich ein Restbetrag von Fr. 1'054.40

(Fr. 6'054.40 - Fr. 5'000.--). Auf eine Verzinsung dieses Betrags kann jedoch - wie die Vorinstanz bereits ausführte - verzichtet werden. Der Schadensposten Nr. 21 (Kronenimplantat) von Fr. 1'740.75 hat sich finanziell noch nicht ausgewirkt, weil das Implantat noch gar nicht gesetzt wurde. Auf der darauf entfallenden Entschädigung von Fr. 1'610.-(92.5% x Fr. 1'740.75) ist daher auch kein Zins geschuldet. Unter

Berücksichtigung dieser Tatsache entfällt folglich die Verzinsung des Restbetrags von

Fr. 1'054.40.

4.6 Zusammenfassend hat der Rekurrent Anspruch auf eine Entschädigung inklusive Zinsen von Fr. 6'981.50 (Fr. 6'054.40 + Fr. 927.10). Nach Abzug der bereits erfolgten Vorschusszahlung von Fr. 5'000.-- sind ihm noch Fr. 1'981.50 (Fr. 6'981.50 -

Fr. 5'000.-) auszurichten. Im Mehrbetrag hat die Vorinstanz zu Recht das

Entschädigungsgesuch abgewiesen. 5.

    1. Gemäss Art. 12 Abs. 2 aOHG kann einem Opfer unabhängig von dessen Einkommen eine Genugtuung ausgerichtet werden, wenn es schwer betroffen ist und besondere Umstände es rechtfertigen. Trotz des offen gehaltenen Wortlauts handelt es sich bei der opferhilferechtlichen Genugtuung gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht um eine freiwillige staatliche Leistung; vielmehr hat das Opfer einen Rechtsanspruch auf Genugtuung, wenn die gesetzlich vorgegebenen Bedingungen erfüllt sind (BGE 121 II 373 E. 3.c; Gomm/Zehntner, a.a.O., 2005, N. 13 zu Art. 12 OHG). Vorliegend wurde ein Anspruch auf Genugtuung zu Recht bejaht, ist doch sowohl von einer besonderen Betroffenheit des Rekurrenten als auch von besonderen Umständen auszugehen, welche eine Genugtuung rechtfertigen (vgl. Gomm/Zehntner, a.a.O., N. 16 zu Art. 12 OHG).

    2. Zu prüfen bleibt die Höhe der Genugtuung. Die Vorinstanz hat diesbezüglich in Erwägung gezogen, dass das OHG selbst keine einschlägigen Bestimmungen enthalte, weshalb die Bemessungsgrundsätze zu Art. 47 und 49 OR heranzuziehen seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind im Bereich der Opferhilfe die von den Zivilgerichten entwickelten Grundsätze zur Bemessung der Genugtuung sinngemäss heranzuziehen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es sich bei der opferrechtlichen Genugtuung um eine staatliche Leistung handelt. Das Entschädigungs- und Genugtuungssystem des Opferhilfegesetzes entspringt dem Gedanken der Hilfeleistung und nicht der Staatshaftung (BGE 125 II 555f. E. 2a mit Hinweisen). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung muss sie daher nicht automatisch dieselbe Höhe erreichen wie die zivilrechtliche, sondern kann unter Umständen davon

      abweichen (BGE 125 II 169ff.). Insbesondere kann berücksichtigt werden, dass die Genugtuung nicht vom Täter, sondern der Allgemeinheit bezahlt wird, was v.a. dort zu einer Reduktion gegenüber der zivilrechtlichen Genugtuung führen kann, wo diese auf Grund von subjektiven, täterspezifischen Merkmalen erhöht worden ist (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [EVG; seit 1. Januar 2007: sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts] vom 29. Oktober 2002, 1A. 136/2002, E. 2.1).

    3. Bei der Bemessung der Genugtuung hat die Behörde in erster Linie die Schwere der Beeinträchtigung zu gewichten. Unter Beeinträchtigung ist dabei, wie im Zivilrecht, die Verletzung der persönlichen Verhältnisse bzw. das konkrete Ausmass des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte zu verstehen. Das Gericht stellt auf die objektive Schwere und die subjektiven Auswirkungen des Eingriffs in das verletzte Rechtsgut ab. Es berücksichtigt dabei die Umstände des den Genugtuungsanspruch auslösenden Ereignisses und des Einzelfalls. Im Unterschied zur Bemessung der Integritätsentschädigung nach dem Unfallversicherungsrecht geht es nicht nur darum, die medizinisch-theoretische Invalidität zu ermitteln; es geht um die Schätzung erlittener immaterieller Unbill. Die Höhe der Summe, die als Abgeltung immaterieller Unbill in Frage kommt, lässt sich naturgemäss nicht errechnen, sondern nur schätzen. Die Festsetzung der Höhe der Genugtuung ist eine Entscheidung nach Billigkeit und lässt den kantonalen Behörden einen weiten Ermessensspielraum (Gomm/Zehntner, a.a.O., 3. Aufl., N5 zu Art. 23).

    4. Der Rekurrent macht einen Genugtuungsanspruch von Fr. 30'000.-- zuzüglich eines Zinses von 5% geltend. Dieser beruhe auf der Grundlage, dass die Augenärztin Dr. Spina auf Grund der unfallbedingten Schwankungen der Sehschärfe von einem Integritätsschaden von 14% ausgehe, er unter Tinnitus, Kopfschmerzen und Schwindel leide. Bei letzteren Beschwerden sei von einem Integritätsschaden von 5% auszugehn. Aus diesem Grund sei die zugesprochene Genugtuung von Fr. 10'000.-- offensichtlich nicht angemessen (act. G 5 S. 15). Zur Bemessung der Genugtuungssumme seien zum einen vielmehr der Überfall auf den Rekurrenten, die dadurch verursachten Schmerzen und der Heilungsverlauf, zum anderen aber auch die heute noch immer vorhandenen Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf Beruf, Freizeit und Familienleben sowie eine mögliche Drittabhängigkeit zu berücksichtigen. Der Rekurrent sei Opfer einer brutalen Gewalttat geworden. Er sei mit dem Kopf gegen eine Glasvitrine

      geschlagen und danach rücklings zu Boden geworfen worden. Der Täter habe sich auf seinen Bauch gesetzt und seinen Kopf immer wieder auf den Boden geschlagen, bevor er ihn mit Faustschlägen ins Gesicht geschlagen habe. Erst nach einigen Minuten der Bewusstlosigkeit sei er wieder zu sich gekommen. Als Folge habe er schwere Sehstörungen, Schmerzen im Schädel- und Augenbereich, Nacken-, Kopfschmerzen und Tinnitus erlitten. Zu den starken Schmerzen sei die Panik hinzugekommen, auf einem Auge möglicherweise zu erblinden. Später seien auf Grund des Angriffs zahlreiche Augenoperationen und Augenbehandlungen sowie eine Zahnbehandlung nötig geworden. Selbst fünf Jahre nach der Schutzgelderpressung seien die Beeinträchtigungen überaus schwer und das linke Auge sei dauerhaft geschädigt. Die Sehstörungen beeinträchtigten den Rekurrenten in seinen Alltagsverrichtungen massiv, denn sie wirkten sich nicht nur allgemein einschränkend aus, sondern führten zu schneller Ermüdbarkeit und Gereiztheit. Sodann wirkten sie sich auch auf die Freizeitaktivitäten und das Familienleben negativ aus.

    5. Gestützt auf die vorliegenden Akten ist augenärztlich bestätigt, dass der Rekurrent auf Grund einer Glaskörperdestruktion des linken Auges unter einer Schwankung der Sehschärfe sowie unter störenden Mouches volantes auf der linken Seite leidet (act.

      G 7.1.24.51). Dadurch müsse er Einschränkungen in seiner Lebensqualität hinnehmen,

      sei in seinen Alltagsverrichtungen jedoch nur unwesentlich eingeschränkt (act.

      G 7.1.52). Daher ist die Behauptung des Rekurrenten, in seinen Alltagsverrichtungen massiv eingeschränkt zu sein, nicht glaubhaft. Auch hinsichtlich des Tinnitus geht aus den Akten eine relativierende Aussage des Rekurrenten selber hervor, wonach der Tinnitus nicht so schlimm sei, er etwa zweimal pro Monat solche Anfälle habe, welche je etwa einen Tag und eine Nacht dauerten (act. G 7.1.47). Sein Hausarzt Dr. med.

      L. bestätigte zwar ebenfalls, dass der Rekurrent über Kopfschmerzen, Tinnitus und Schwindel geklagt habe, er jedoch davon ausgehe, dass diese Beschwerden nicht konstant seien. Zudem sei der Rekurrent jetzt vor allem wegen anderen Beschwerden in seiner Behandlung (act. G 7.1.54).

    6. Mit Blick auf ähnlich gerichtete Fälle bzw. Betroffenheiten der Augen oder des Kopfes wurden Opfern von Straftaten nach altem Recht beispielhaft folgende Genugtuungssummen zugesprochen (vgl. Aufstellung bei Gomm/Zehntner, a.a.O., 3. Aufl., N 13 zu Art. 23): Fr. 10'680.-- nach einer Körperverletzung mit massiven

Gesichtsverletzungen und Ausfall des nervus infraorbitalis, entspricht der Integritätsentschädigung nach UVG (DISC LU 2005/62); Fr. 10'000.-- an das 80-jährige Opfer eines Entreissdiebstahls, das dabei ein Auge verlor (GEF BESCHWERDE

2144.05 vom 15.3.2005); Fr. 8'000.-- nach schwerer Körperverletzung mit Mittelgesichtsfraktur und Beschädigung des Nervs, der durch den Augenhöhlenboden verläuft, mit Einschränkungen der Mimik und Gefühlreduktion in der Wange sowie Schlaf- und Angststörungen (DDI SO vom 27.2.2007). Vor diesem Hintergrund hält die von der Vorinstanz zugesprochene Genugtuung in Höhe von Fr. 10'000.-- einer Ermessensprüfung stand. Mit Sicht auf den Ereignisverlauf des Überfalls sowie die glaubhaft gemachten Beeinträchtigungen ist sie demnach keineswegs als gering einzustufen.

5.7 Wie das Bundesgericht in BGE 132 II 127 E. 3.3.3 festhielt, ist es Praxis der kantonalen Opferhilfestellen, im Allgemeinen eine ex aequo et bono bemessene Pauschalsumme als Genugtuung zuzusprechen, welche auch die Nebenrechte abdeckt. Mit der Anerkennung eines Zinsanspruchs über diese Pauschalsumme hinaus würde unter Umständen in den Ermessensspielraum der kantonalen Behörden eingegriffen, ohne dass die Voraussetzungen dafür erfüllt wären. Daher rechtfertige es sich ohne Weiteres, der Verzinsung einer Genugtuungsforderung im Opferhilferecht die Bedeutung eines Bemessungsfaktors einzuräumen. Die gestützt auf diese mögliche pauschale Zinsberechnungsweise von der Vorinstanz angewandte Zinsfestlegung wurde vom Rekurrenten dem Grundsatz nach auch nicht beanstandet. Somit kann der Genugtuungsbetrag samt Zinsen von Fr. 11'500.-- (Fr. 10'000.-- + Fr. 1'500.--) bestätigt werden. Die Mehrforderung in Höhe von Fr. 30'000.-- plus Zinsen ist mit der Vorinstanz folglich abzuweisen.

6.

    1. Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist der Rekurs abzuweisen.

    2. Das Verfahren betreffend Entschädigung und Genugtuung aus OHG (einschliesslich Rechtsmittelverfahren) ist von Bundesrechts wegen kostenlos (Art. 16 Abs. 1 aOHG; BGE 125 II 265 E. 3b), weshalb keine Gerichtskosten zu erheben sind.

    3. Dem Rekurrenten wurde am 9. Oktober 2012 die unentgeltliche Rechtsverbeiständung bewilligt (act. G 8). Sofern es die wirtschaftlichen Verhältnisse des Rekurrenten gestatten, kann er zur Rückzahlung verpflichtet werden. Die Rechtsvertreterin des Rekurrenten machte am 10. September 2012 bzw. 8. November 2012 ein Honorar von gesamthaft Fr. 6'525.-- (26.10 h à Fr. 250.--) geltend (act. G 5). Der geltend gemachte Stundenaufwand erscheint im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen betreffend die Opferhilfe als überhöht, zumal der zufolge des nicht begründeten Anwaltswechsels entstandene Mehraufwand nicht zu Lasten der unentgeltlichen Prozessführung bzw. des Staates gehen kann. In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b der Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten (sGS 963.75) pauschal Fr. 1'000.-- bis Fr. 12'000.--. Mit Blick auf die Anforderungen und Komplexität der Streitsache erscheint in der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit eine pauschale Parteientschädigung von mehr als Fr. 4'500.-- nicht mehr angemessen. Diese ist um einen Fünftel zu kürzen (Art. 31 Abs. 3 des Anwaltsgesetzes [AnwG; sGS 963.70]). Somit hat der Staat die Rechtsvertreterin des Rekurrenten pauschal mit Fr. 3'600.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP entschieden:

  1. Der Rekurs wird abgewiesen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  3. Der Staat entschädigt die Rechtsvertreterin des Rekurrenten für das Rekursverfahren mit Fr. 3'600.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer).

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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