E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:OH 2009/8
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:OH - Opferhilfe
Versicherungsgericht Entscheid OH 2009/8 vom 12.08.2010 (SG)
Datum:12.08.2010
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 12 Abs. 2 aOHG: Bemessung der Genugtuung für die Eltern eines Tötungsopfers. Massgeblich bei der Bemessung der Genugtuung ist das nach objektiven Kriterien feststellbare, durch die Straftat erlittene Leid. Dabei ist die finanzielle Situation der ansprechenden Person grundsätzlich nicht zu beachten (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 12. August 2010, OH 2009/8).
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 124 BV ; Art. 43 OR ; Art. 47 OR ;
Referenz BGE:121 II 373; 121 III 255; 123 III 14; 125 II 265; 125 II 268; 125 II 555; 127 IV 219; 132 II 120; 132 II 126; 135 II 418;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Marie Löhrer und Marie- Theres Rüegg Haltinner; a.o. Gerichtsschreiber Adrian Thomann

Entscheid vom 12. August 2010

in Sachen

  1. S. ,

  2. F. ,

Rekurrenten,

beide vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Walter Wagner, Poststrasse 23, 9001 St.

Gallen, gegen

Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons

St. Gallen, Moosbruggstrasse 11, 9001 St. Gallen,

Vorinstanz, betreffend Genugtuung (Eltern) Sachverhalt:

A.

    1. Die Tochter von S. und F. , O. (geb. 1978), wurde am 26. Oktober 2005 Opfer eines Tötungsdelikts. Am 27. Oktober 2005 wurde der Lebensgefährte der Getöteten, A. , verhaftet und in Untersuchungshaft gesetzt. Im Rahmen der ersten Befragung am Tag der Verhaftung gestand A. seine Täterschaft dem Grundsatz nach ein. Am 6. Februar 2006 beging der mutmassliche Täter in Untersuchungshaft Suizid, worauf das Strafverfahren wegen vorsätzlicher Tötung, versuchter Vergewaltigung und weiterer Delikte mit Verfügung vom 27. Juni 2006 definitiv eingestellt wurde (act. G 3.1/1.1a).

    2. Am 26. September 2006 reichte Rechtsanwalt Walter Wagner, St. Gallen,

      beim Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen Gesuche um Genugtuung nach dem Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG; SR 312.5) in noch zu beziffernder Höhe ein für den gemeinsamen Sohn der Getöteten und A. sel., K. , für die Eltern sowie für den Bruder der Getöteten. Im Falle von S. wurde zudem eine Entschädigung in noch zu beziffernder Höhe geltend gemacht (act.

      G 3.1/1.1,1.2, 1.3,1.4).

    3. Mit Schreiben vom 1. September 2009 ersuchte Rechtsanwalt Wagner das Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen im Namen des Kindes der Getöteten um eine Genugtuung nach OHG in der Höhe von Fr. 100'000.-- zuzüglich 5% Zins ab dem 26. Oktober 2005 (act. G 3.1/4). Mit separatem Schreiben, ebenfalls datierend vom 1. September 2009, wurde für die Eltern eine Genugtuung nach OHG von je Fr. 30'000.-- zuzüglich 5% Zins ab dem 26. Oktober 2005 beantragt. Der Antrag auf eine Entschädigung nach OHG für den Vater der Getöteten wurde demgegenüber zurückgezogen (act. G 3.1/5). In einem dritten Schreiben vom 1. September 2009

      stellte der Rechtsvertreter den Antrag auf eine opferhilferechtliche Genugtuung für den Bruder der Getöteten von Fr. 20'000.-- zuzüglich 5% Zins ab dem 26. Oktober 2005 (act. G 3.1/6). Als Begründung wurde in den Schreiben angeführt, bei der Tötung von O. sel. durch A. sel. habe es sich um eine eigentliche Hinrichtung gehandelt. Der bei der Tat anwesende Bruder der Getöteten sei ebenfalls unmittelbar mit dem Tod bedroht gewesen, als A. sel. die Tatwaffe auf ihn gerichtet habe. Bereits vor dem Tötungsdelikt habe A. sel. die Getötete mehrfach bedroht und geschlagen, teils in Anwesenheit von K. . Sowohl der Bruder als auch die Eltern hätten zu der Getöteten einen engen Kontakt gepflegt. Bezüglich der Genugtuung für die Eltern sei von einer Basisgenugtuung von Fr. 20'000.-- bis Fr. 25'000.-- auszugehen. Durch das Tötungsdelikt hätten sich einschneidende Veränderungen in ihrem Leben ergeben, als sie die Pflegeelternschaft für ihren zum Vollwaisen gewordenen Enkel übernommen hätten. Angesichts dieser langfristigen Auswirkungen der Straftat und der engen Beziehung zur Getöteten erscheine eine Genugtuung von je Fr. 30'000.-- für die Eltern der Getöteten gerechtfertigt (act. G 3.1/5).

    4. Zur Beurteilung des Genugtuungsanspruchs zog die Vorinstanz die Akten des Strafverfahrens gegen A. sel. bei (vgl. act. G 3.1/7-10). Weiter ersuchte sie mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 den Rechtsvertreter um Auskunft über deren aktuelle Steuerfaktoren betreffend die Eltern der Getöteten, da gemäss den beigezogenen Strafakten Hinweise auf überdurchschnittlich gute finanzielle Verhältnisse bestünden, welche bei der Bemessung der Genugtuung zu berücksichtigen wären (act. G 3.1/11). In seinem Antwortschreiben vom 5. November 2009 hielt der Rechtsvertreter fest, es gebe keinen Anlass, die Steuerdaten der Gesuchsteller mitzuteilen. Bei der Bemessung der Genugtuung seien die finanziellen Verhältnisse ausser Acht zu lassen; massgeblich seien vielmehr die Schwere der Beeinträchtigung und des erlittenen Leides (act.

      G 3.1/12).

    5. Mit Verfügung vom 27. November 2009 sprach die Vorinstanz dem Kind der Getöteten eine opferhilferechtliche Genugtuung von Fr. 50'000.--, den Eltern eine solche von je Fr. 5'000.-- und dem Bruder von Fr. 10'000.-- zu. Im Mehrbetrag wurden die Genugtuungsbegehren abgewiesen. Bezüglich der Genugtuung für die Eltern wurde in Erwägung gezogen, dass die geltend gemachte Basisgenugtuung von je

Fr. 20'000.-- bis Fr. 25'000.-- mit Blick auf Hütte / Ducksch - welche für den Verlust

eines Kindes von einer opferhilferechtlichen Basisgenugtuung von Fr. 22'000.-- bis

Fr. 25'000.-- ausgehen würden - als angemessen erscheine. Weiter sei glaubhaft, dass zwischen der Getöteten und deren Eltern aufgrund der Umstände eine ausserordentlich enge Beziehung bestanden habe. Ebenfalls genugtuungserhöhend würden sich die beantragten Verzugszinsen sowie die Tatsache auswirken, dass die Gesuchsteller mit der Betreuung ihres Enkels auf gewisse Annehmlichkeiten des Ruhestandes verzichten müssten. Genugtuungsreduzierend sei demgegenüber die überdurchschnittlich gute finanzielle Situation der Gesuchsteller zu berücksichtigen. Unter Würdigung dieser Faktoren erscheine eine Genugtuung von je Fr. 5'000.- als angemessen (act. G 1.1).

B.

    1. Gegen die Verfügung vom 27. November 2009 haben die Eltern der Getöteten am

      12. Dezember 2009 Rekurs erhoben mit dem Rechtsbegehren, die angefochtene Verfügung sei in Ziffer 2 des Dispositivs aufzuheben und den Rekurrenten sei eine opferhilferechtliche Genugtuung von je Fr. 30'000.-- auszurichten, unter Entschädigungsfolge zu Lasten des Staates, respektive der Vorinstanz. Nicht angefochten werden demgegenüber die Ziffern 1 und 3 des Dispositivs betreffend die Genugtuung für das Kind und den Bruder der Getöteten. Bestritten wird die Sachverhaltsdarstellung der Vorinstanz, wonach die Rekurrenten in überdurchschnittlich guten finanziellen Verhältnissen leben. Diese Annahme sei durch nichts belegt und ohnehin nicht relevant, da es sich diesbezüglich um einen unzulässigen Reduktionsgrund handle (act. G 1).

    2. Die Vorinstanz beantragt in ihrer Stellungnahme vom 1. Februar 2010 die Abweisung des Rekurses unter Kostenfolge. Die Annahme, dass die Rekurrenten in überdurchschnittlich guten finanziellen Verhältnissen lebten, sei nicht blosse Spekulation, sondern ergebe sich aus verschiedenen Anhaltspunkten. Zudem hätten die Rekurrenten ihre Mitwirkungspflicht verletzt, indem sie ihre finanziellen Verhältnisse nicht wie gefordert offengelegt hätten. Die Vorinstanz sei deshalb berechtigterweise von überdurchschnittlich guten finanziellen Verhältnissen der Rekurrenten ausgegangen. Weiter wird an der Auffassung festgehalten, dass bei der Bemessung der opferhilferechtlichen Genugtuung die finanzielle Situation der gesuchstellenden Person zu berücksichtigen sei (act. G 3).

    3. Mit Replik vom 5. März 2010 bestätigen die Rekurrenten ihren Standpunkt (act.

G 5). Die Vorinstanz verzichtete in der Folge auf die Einreichung einer Duplik (act. G 7).

Erwägungen:

1.

Am 1. Januar 2009 ist das totalrevidierte Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten (revOHG; SR 312.5) in Kraft getreten. Nach den Übergangsbestimmungen von dessen Art. 48 lit. a gilt das bisherige Recht für Ansprüche auf Entschädigung oder Genugtuung für Straftaten, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes verübt worden sind. Weil vorliegend Genugtuungsansprüche für bis und mit 26. Oktober 2005 verübte Straftaten im Streit liegen, gelangen die materiellen Vorschriften des am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen revOHG nicht zur Anwendung. Bei den im Folgenden zitierten Gesetzesbestimmungen handelt es sich deshalb - soweit nichts anderes vermerkt wird

- um die Fassungen, wie sie bis Ende 2008 in Kraft gewesen sind.

2.

    1. Hilfe nach dem OHG erhält jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Opfer), und zwar unabhängig davon, ob der Täter ermittelt worden ist und ob er sich schuldhaft verhalten hat (Art. 2 Abs. 1 OHG). Die Beeinträchtigung muss von einem gewissen Gewicht und unmittelbare Folge einer Straftat sein. Dies setzt voraus, dass der objektive Tatbestand einer Strafnorm erfüllt ist und kein Rechtfertigungsgrund vorliegt (BGE 125 II 268 E. 4.a.aa mit Hinweisen). Bezüglich der Geltendmachung von Entschädigung und Genugtuung sind dem Opfer dessen Ehegatte, Kinder und Eltern sowie dem Opfer in ähnlicher Weise nahe stehende Personen gleichgestellt, soweit ihnen Zivilansprüche gegenüber dem Täter zustehen (Art. 2 Abs. 2 lit. c OHG). Sowohl das Vorliegen einer Straftat als auch die Opfereigenschaft der beiden Rekurrenten sind vorliegend unstrittigerweise gegeben.

    2. Gemäss Art. 12 Abs. 2 OHG kann einem Opfer unabhängig von dessen Einkommen eine Genugtuung ausgerichtet werden, wenn es schwer betroffen ist und besondere Umstände es rechtfertigen. Trotz des offen gehaltenen Wortlauts handelt es

sich bei der opferhilferechtlichen Genugtuung gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht um eine freiwillige staatliche Leistung; vielmehr hat das Opfer einen Rechtsanspruch auf Genugtuung, wenn die gesetzlich vorgegebenen Bedingungen erfüllt sind (BGE 121 II 373 E. 3.c; Peter Gomm / Dominik Zehntner, OHG-Kommentar, 2. Auflage, Bern 2005, N. 13 zu Art. 12 OHG). Vorliegend wurde ein

Anspruch auf Genugtuung richtigerweise bejaht, ist doch sowohl von einer besonderen Betroffenheit der Rekurrenten als auch von besonderen Umständen auszugehen, welche eine Genugtuung rechtfertigen (vgl. Gomm / Zehntner, a.a.O., N. 16 zu Art. 12 OHG).

3.

    1. Zu prüfen bleibt die Höhe der Genugtuung. Die Vorinstanz hat diesbezüglich in Erwägung gezogen, dass das OHG selbst keine einschlägigen Bestimmungen enthalte, weshalb die Bemessungsgrundsätze zu Art. 47 und 49 OR heranzuziehen seien (act. G 1.1/S. 5). Die Rekurrenten haben in ihrer Stellungnahme an die Vorinstanz vom 5. November 2009 festgehalten, es sei zutreffend, dass für die Bemessung der Genugtuung die von den Zivilgerichten entwickelten Grundsätze sinngemäss anwendbar seien (act. G 3.1/12). In der Rekursschrift vom 14. Dezember 2009 wird zudem angemerkt, bereits aus dem Wortlaut von Art. 12 Abs. 2 OHG selbst, ebenso wie aus der Botschaft zum OHG ergebe sich, dass die finanziellen Verhältnisse der Gesuchsteller bei der Bemessung der Genugtuung nicht zu berücksichtigen seien (act.

      G 1). Demgegenüber bringt die Vorinstanz in ihrer Stellungnahme zur Rekursschrift vom

      1. Februar 2010 vor, dass dem Wortlaut von Art. 12 Abs. 2 OHG nicht entnommen werden könne, dass die finanziellen Verhältnisse für die Bemessung der Genugtuung bedeutungslos seien. Die besagte Norm regle nur die Anspruchsvoraussetzungen und sage nichts über die Bemessung der Genugtuung aus (act. G 3). In der Replik vom

      5. März 2010 wird von den Rekurrenten festgehalten, dass im Wortlaut von Art. 12

      Abs. 2 OHG und in der Lehre keine Unterscheidung zwischen Anspruchsvoraussetzung und Bemessungsgrundlagen vorgenommen werde. Die finanzielle Lage der Gesuchsteller könne darum bezüglich beider Aspekte nicht massgeblich sein. Diese Auffassung werde auch durch das revidierte OHG bestätigt, gemäss welchem die Genugtuung nach der Schwere der Beeinträchtigung zu bemessen sei (Art. 23 Abs. 1

      revOHG) und die gute finanzielle Situation der ansprechenden Person keinen Herabsetzungsgrund darstelle (Art. 27 revOHG; act. G 5).

    2. Zu untersuchen ist, ob sich aus der Auslegung von Art. 12 Abs. 2 OHG eine Klärung der im Streit stehenden Frage ergibt. Ausgangspunkt der Auslegung einer Norm bildet der Wortlaut derselben (grammatikalisches Element). Ist dieser nicht ganz klar oder sind verschiedene Auslegungen möglich, so ist anhand weiterer Auslegungselemente nach der wahren Tragweite zu suchen. Dabei zu berücksichtigen ist die Entstehungsgeschichte der Norm (historisches Element), deren Zweck (teleologisches Element) sowie die Bedeutung, welche der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt (systematisches Element; BGE 135 II 418 E. 2.2 mit Hinweisen).

    3. Art. 12 Abs. 2 OHG lautet: Dem Opfer kann unabhängig von seinem Einkommen eine Genugtuung ausgerichtet werden, wenn es schwer betroffen ist und besondere Umstände es rechtfertigen. (Une somme peut être versée à la victime à titre de réparation morale, indépendamment de son revenu, lorsque celle-ci a subi une atteinte grave et des circonstances particulières le justifient. / Una riparazione morale può essere accordata alla vittima, indipendentemente dal suo reddito, quando la gravità dell'offesa e circostanze particolari lo giustificano.) Während sich aus der Satzstellung der deutschen Fassung ergibt, dass die Einkommenssituation insbesondere nicht als Anspruchsvoraussetzung zu prüfen ist, sind im französischen und italienischen Gesetzestext die vorliegend interessierende Passage als Einschub ausgestaltet, so dass sich "unabhängig vom Einkommen" sowohl auf die Anspruchsberechtigung als solche, als auch auf die Genugtuungsbemessung beziehen kann. Insbesondere mit Blick auf die in allen drei Sprachfassungen sinngleiche Marginalie ("Voraussetzungen") ist jedoch mit der Vorinstanz (vgl. G 3/S. 2) und entgegen der Auffassung der Rekurrenten (vgl. act. G 1/S. 7) davon auszugehen, dass Art. 12 Abs. 2 OHG dem Wortlaut nach nicht regelt, ob die finanziellen Verhältnisse bei der Bemessung der Genugtuung zu berücksichtigen sind.

    4. Anlass zur Schaffung des OHG gab Art. 64ter der alten Bundesverfassung (aBV; mit redaktionellen Änderungen heute: Art. 124 BV), gemäss welchem der Bund und die Kantone dafür zu sorgen haben, dass die Opfer von Straftaten gegen Leib und Leben

      Hilfe erhalten. Dazu gehört eine angemessene Entschädigung, wenn die Opfer infolge der Straftat in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten (Art. 64 ter Satz 2 aBV). Der Bundesrat hält in seiner Botschaft zum OHG fest, dass es sich bei der Genugtuung nicht um eine Entschädigung im Sinn von Art. 64ter aBV handle und sie daher grundsätzlich unabhängig von der wirtschaftlichen Situation ausgerichtet werden könne. Die finanzielle Situation des Opfers werde indessen nicht bedeutungslos sein. Die Genugtuung solle die Möglichkeit geben, gewisse Härten zu lindern, die sich bei der Anwendung der Bestimmungen über die Entschädigung ergeben, insbesondere bei jener über die obere Einkommensgrenze (BBl 1990 II 968 und 991). Ähnlich wurde in den Beratungen des Parlaments hervorgehoben, dass eine Genugtuung auch in jenen Fällen ausgerichtet werden könne, in welchen das Opfer keinen Anspruch auf Entschädigung hat, weil seine anrechenbaren Einnahmen den massgebenden Höchstbetrag übersteigen (AB 1991 N 9 f.: Berichterstattung NR Stamm und NR

      Béguelin, ähnlich: Votum NR Wyss; AB 1991 S 582: Berichterstattung SR Miville). Zusammenfassend ergibt sich, dass der historische Gesetzgeber der opferhilferechtlichen Genugtuung eine andere Funktion - als einer aus Billigkeitsüberlegungen im Einzelfall erbrachten Geldleistung (vgl. BBl 1990 II 976) - zuerkannte, als sie durch die Praxis nachfolgend erhalten sollte (vgl. vorangehende

      E. 2.2). Dementsprechend ergeben sich aus den Materialien keine Hinweise darauf, wie

      die Genugtuung zu bemessen ist.

    5. Auch die systematische Auslegung von Art. 12 Abs. 2 OHG bringt für die zu klärende Rechtsfrage keinen Erkenntnisgewinn. Zusammen mit der Vorinstanz und der Lehre ist festzuhalten, dass sich mit Art. 13 OHG zwar eine Regelung über die Bemessung des Schadenersatzes findet, betreffend die Genugtuung eine entsprechende Norm oder ein gesetzlicher Verweis jedoch fehlt (act. G 3/S. 2; Gomm / Zehntner, a.a.O., N. 14 zu Art. 12 OHG; Franziska Windlin, Grundfragen staatlicher Opferentschädigung, Diss. Bern 2005, S. 168). Eine analoge Anwendung von Art. 13 OHG für die Bemessung der opferhilferechtlichen Genugtuung ist ausgeschlossen, weil Letztere gemäss historischem Gesetzgeber und Gesetzeswortlaut gerade auch für jene Fälle vorgesehen ist, in welchen kein opferhilferechtlicher Schadenersatz gewährt wird (E. 3.3 und 3.4).

    6. Anhand des teleologischen Elements lässt sich ebenfalls nicht bestimmen, ob Art. 12 Abs. 2 OHG bei der Genugtuungsbemessung einen Einbezug der finanziellen Verhältnisse vorsieht, sind doch die Zweckvorgaben des OHG zu mannigfaltig und zu unbestimmt.

    7. Zusammenfassend ist unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente festzuhalten, dass das OHG weder die Bemessung der Genugtuung im Allgemeinen, noch die vorliegend zu klärende Frage, ob die finanzielle Situation der Gesuchsteller bei der Genugtuungsbemessung zu berücksichtigen ist, regelt.

4.

    1. Die Vorinstanz hat in der angefochtenen Verfügung erwogen, dass nach der Rechtsprechung zur opferhilferechtlichen Genugtuung die Bemessungsgrundsätze zu Art. 47 und 49 OR sinngemäss heranzuziehen seien. Bei der Bemessung zu berücksichtigen seien vor allem die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und Dauer der Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen, der Grad des Verschuldens des Haftpflichtigen, ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten sowie die Aussicht auf Linderung durch die Zahlung eines Geldbetrages (act. G 1.1, S. 5). Insoweit wird die Auffassung von den Rekurrenten nicht bestritten und deckt sich mit der Lehre und der Bundesgerichtspraxis (Gomm / Zehntner, a.a.O., N. 14 zu Art. 12 OHG; Windlin, a.a.O., S. 168; vgl. Eva Weishaupt, Finanzielle Ansprüche nach Opferhilfegesetz, SJZ 2002 322 ff. 355; BGE 125 II 555 f. E. 2.a mit Hinweisen).

    2. Strittig und nachfolgend zu prüfen bleibt, ob im Rahmen der Bemessung der opferhilferechtlichen Genugtuung eine Kürzung wegen überdurchschnittlich guten finanziellen Verhältnissen zulässig ist, wie sie von der Vorinstanz in der angefochtenen Verfügung vorgenommen wurde.

4.2.1 Wie die Rekurrenten und die Vorinstanz festhalten, herrschen in der Zivilrechtslehre bezüglich der zu klärenden Frage zwei massgebliche Auffassungen. Ein Teil der Lehre spricht sich dafür aus, die Genugtuung im Falle der Beeinträchtigung einer wohlhabenden Person zu erhöhen, da nur so die gleiche Ausgleichswirkung einer Geldzahlung erzielt werden könne (vgl. Roland Brehm, Berner Kommentar, Band VI.

1.3.1; 2. Auflage, Bern 1998, N. 9 f. zu Art. 47 OR). Demgegenüber führt etwa Stark an, in ihrer Funktion als Anerkennung eines Unrechts müsse die Genugtuung unabhängig von der finanziellen Situation der geschädigten Person erfolgen (Karl Oftinger / Emil Stark; Schweizerisches Haftpflichtrecht, Band I, § 8 N. 29). Vom Bundesgericht war die Frage bis anhin nicht zu klären, jedoch hat dieses festgestellt, dass abweichende Lebenshaltungskosten am ausländischen Wohnsitz des Genugtuungsberechtigten bei der Bemessung nicht zu berücksichtigen sind. Die Genugtuung stelle im Unterschied zur Schadenersatzleistung nicht einen Ausgleich für eine Vermögensverminderung dar, sondern solle vielmehr den Schmerz durch eine Geldsumme aufwiegen. Diese Geldsumme sei nach dem am Gerichtsstand geltenden Recht zu bemessen, ohne Rücksicht darauf, wo der Kläger leben und was er mit dem Geld machen werde (BGE 121 III 255 f. E. 2.b.). Bezüglich der identischen Rechtsfrage hat das Bundesgericht in BGE 123 III 14 E. 4.c.bb wörtlich erwogen: Allfällige Unterschiede in den Lebenshaltungskosten zwischen der Schweiz und dem ausländischen Wohnort des Berechtigten rechtfertigen […] ebensowenig eine unterschiedliche Bemessung der Genugtuungssumme wie ungleiche Einkommens- oder Vermögensverhältnisse der Berechtigten. Denn dass der eine Berechtigte vermögend ist und von daher für einen gleichwertigen Ausgleich der erlittenen Beeinträchtigungen einen höheren Betrag beanspruchen könnte als ein in bescheideneren Verhältnissen lebender Kläger, erlaubt nach überwiegender Auffassung keine unterschiedliche Bemessung der Genugtuungssumme (mit Hinweisen). Ausnahmsweise sei jedoch eine Anpassung der Genugtuungssumme an die geringere Kaufkraft der ausländischen Berechtigten möglich, wenn diese sonst krass bessergestellt wären und das Ergebnis nach Abwägung aller Interessen mit sachlichen Gründen nicht mehr zu rechtfertigen und daher unbillig wäre.

      1. In der höchstrichterlichen Praxis zum OHG wurde die Frage, ob bei der Genugtuungsbemessung die finanzielle Situation der gesuchstellenden Person zu berücksichtigen ist, bis anhin ebenfalls nicht erörtert. Jedoch hat das Bundesgericht wiederholt festgestellt, dass die vorangehend aufgezeigte Praxis zu Art. 47 OR, wonach die abweichende Kaufkraft am Wohnort der gesuchstellenden Person nur zu berücksichtigen ist, wenn sich daraus eine krasse Besserstellung der gesuchstellenden Person ergeben würde, auch bei der Bemessung der opferhilferechtlichen Genugtuung zu berücksichtigen ist (vgl. etwa Urteil des Bundesgerichts vom 24. September 2008 i/

        S A. [1C_106/2008] E. 4.2). Auch in der Lehre wird im Allgemeinen der

        Reduktionsgrund der geringeren Lebenshaltungskosten im Ausland angeführt und nicht weitergehend untersucht, ob die finanzielle Gesamtsituation des Opfers bei Bemessung der Genugtuung zu berücksichtigen ist (Gomm / Zehntner, a.a.O., N. 28 f. zu Art. 12 OHG; Eva Weishaupt, Finanzielle Ansprüche nach Opferhilfegesetz, SJZ

        2002 S. 322 ff., S. 356.). Immerhin weist Beatrice Gurzeler in ihrer Dissertation auf die Ansicht von Pierre Tercier hin, wonach ein ungewöhnlich hohes Einkommen der geschädigten Person in analoger Anwendung von Art. 43 Abs. 1 OR einen Reduktionsgrund darstellen könne (Beatrice Gurzeler, Beitrag zur Bemessung der Genugtuung, Diss. Bern, Zürich 2005, S. 284). Voraussetzung für eine Reduktion wäre aber, dass die schädigende Person nicht vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt hätte.

      2. Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass in der Privatrechtslehre meist nur die Erhöhung, nicht aber eine Minderung der Genugtuung aufgrund der finanziellen Verhältnisse diskutiert wird. In einem obiter dictum hat sich das Bundesgericht gegen diese Auffassung gestellt und festgehalten, dass unterschiedliche Vermögensverhältnisse von Berechtigten keine unterschiedliche Bemessung der Genugtuung erlauben würden. Von Bedeutung ist, dass diese Erwägung im Kontext einer Kürzung der Genugtuungssumme wegen erheblich geringerer Lebenskosten im Ausland erfolgte und dass diese Praxis auch im Bereich der opferhilferechtlichen Genugtuung Anwendung findet. Das Bundesgericht geht demnach in beiden Rechtsgebieten davon aus, dass die finanzielle Situation - wovon die Kaufkraft am Wohnsitz einen Teilaspekt darstellt - der ansprechenden Person nur zu berücksichtigen ist, wenn sich ansonsten eine stossende Ungleichbehandlung gegenüber anderen Berechtigten ergeben würde. Demnach findet die Auffassung der Vorinstanz in der höchstrichterlichen Praxis keine Stütze.

      3. Die Vorinstanz zieht weiter in Erwägung, es sei bei der Bemessung der opferhilferechtlichen Genugtuung die Besonderheit zu berücksichtigen, dass nicht eine Leistung aus Verantwortlichkeit, sondern eine staatliche Hilfeleistung zur Diskussion stehe. Dieser Tatsache ist allenfalls de lege ferenda Rechnung zu tragen, indem entsprechende Genugtuungsrahmen festgelegt werden (siehe Art. 23 Abs. 2 revOHG). Es geht aber nicht an, in Einzelfällen bei finanziell überdurchschnittlich gut gestellten

Opfern eine Genugtuungsreduktion vorzunehmen, mit dem Argument, diese würden vom Staat keine monetäre Hilfe benötigen (act. G 1.1, S. 5 und 8 f.). Gleich wie der zivilrechtlichen Genugtuung kommt auch der opferhilferechtlichen Genugtuung die Funktion zu, in einem wirtschaftlich nicht messbaren Bereich einen Ausgleich zu schaffen, und nicht jene, die materielle Not eines Opfers zu lindern. Weil das seelische Leid eines Opfers als innere Tatsache nicht erfasst werden kann, muss sich die Bemessung der Genugtuung auf die äusseren Umstände der Tat und deren zu erwartende Wirkung auf den typisierten Durchschnittsmenschen stützen, wobei den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung zu tragen ist. Dabei kommt der Anerkennung des Leides durch die zuerkannte Genugtuungssumme eine zentrale Funktion zu, da ein eigentlicher Ausgleich der immateriellen Unbill durch Geld nicht erzielt werden kann. Bei dieser Betrachtungsweise ist das Leid einer wohlhabenden und einer wenig begüterten Person grundsätzlich gleich zu gewichten. Folglich ist bei vergleichbaren Umständen eine gleich hohe Genugtuung zu gewähren (vgl. zum Ganzen: Beatrice Gurzeler, a.a.O., S. 164 ff. und 205 f. mit Hinweisen; Windlin, a.a.O.,

S. 166 f.). Eine Minderung der opferhilferechtlichen Genugtuung wegen überdurchschnittlich guter finanzieller Verhältnisse ist demnach nicht statthaft. Damit kann offen bleiben, in welchen finanziellen Verhältnissen die Opfer leben.

5.

    1. Es bleibt die Höhe der opferhilferechtlichen Genugtuung zu bemessen, unter Ausschluss der finanziellen Situation der Rekurrenten. Die Vorinstanz ist in Anlehnung an Hütte / Duksch von einer Basisgenugtuung von je Fr. 22'000.-- bis 25'000.-- ausgegangen und hat als genugtuungserhöhende Faktoren die ausserordentlich intensive emotionale Beziehung der Rekurrenten zu der Getöteten berücksichtigt sowie die Tatsache, dass die Rekurrenten aufgrund der umfassenden Erziehungs- und Betreuungsaufgaben für ihren zum Vollwaisen gewordenen Enkel auf gewisse Annehmlichkeiten des Ruhestandes verzichten müssen (act. G 1.1/S. 7 f.). Die Rekurrenten führen an, mit der Erziehung ihres Enkels würden sie nicht bloss auf gewisse Annehmlichkeiten des Ruhestandes verzichten, sondern für mindestens 15 Jahre ein völlig anderes Leben als das geplante führen. Weiter seien gemäss neuester Rechtsprechung die Verzugszinsen genugtuungserhöhend zu berücksichtigen. Mit

      Blick auf wahrscheinlich vergleichbare Fälle erscheine deshalb eine Genugtuung von je

      Fr. 30'000.- als angemessen (act. G 1/S. 6).

    2. Die Genugtuung ist nicht nach festen Tarifen festzulegen, sondern muss den Umständen des Einzelfalles in angemessener Weise Rechnung tragen, was aber den Rückgriff auf Präjudizien als Richtwerte nicht ausschliesst (BGE 127 IV 219 E. 2.e). Das Bundesgericht hat insbesondere die von Hütte / Duksch vertretene Zweiphasenmethode als zulässig erachtet, gemäss welcher zuerst als Orientierungspunkt eine Basisgenugtuung festgelegt wird und anschliessend die Besonderheiten des Einzelfalles bei der Genugtuungsbemessung berücksichtigt werden (BGE 132 II 120 E. 2.2.3). In Anlehnung an die Zweiphasenmethode wird nachfolgend unter Beizug ähnlich gelagerter Präjudizien in einem ersten Schritt ein Genugtuungsrahmen festgelegt, anhand welchem in einem zweiten Schritt die Genugtuungssumme mit Blick auf die massgebenden Kriterien bemessen wird.

    3. Die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern hat in sieben Fällen der Jahre 1998 bis 2001 Elternteilen bei Tötung ihres Kindes eine opferhilferechtliche Genugtuung von Fr. 25'000.-- oder Fr. 30'000.- zugesprochen (Gomm / Zehntner, a.a.O., N. 38 zu Art. 12 OHG). Die selbe Instanz hat in zwei Fällen der Jahre 2003 und 2004 Genugtuungen von Fr. 30'000.-- und Fr. 22'500.-- (zzgl. Zins) an Mütter von Gewaltopfern gesprochen, respektive eine solche von Fr. 25'000.- an den Stiefvater (Klaus Hütte et al., Die Genugtuung, 3. Auflage, Zürich 2005, Austausch 8/05, Zeitraum 2003 - 2005, III/1). Im Anschluss an den Anschlag auf den Zuger Kantonsrat im Jahre 2001 hat die Zuger Sicherheitsdirektion eine Richtlinie für die Ausrichtung von opferhilferechtlichen Genugtuungsleistungen an die Hinterbliebenen erarbeitet, gemäss welcher jedem Elternteil für ein nicht im gleichen Haushalt lebendes

      Opfer eine Genugtuung von Fr. 30'000.-- gewährt wird (Max Sidler, Die Bemessung der Genugtuung bei Todesfällen, in: recht 2/2003 S. 58). Das Bundesgericht hat im Falle einer durch ihren Freund getöteten Schwangeren festgestellt, die der Mutter zugesprochene Genugtuung von Fr. 25'000.-- liege im Rahmen der Fr. 20'000.-- bis Fr. 30'000.--, welche den Eltern der Opfer von Luxor ausgerichtet werde (Urteil des BGer vom 17. Januar 2000 i/S W.X. [1A.120/1999] E. 2.g). In zwei weiteren Entscheiden hat das Bundesgericht festgestellt, eine Genugtuung von Fr. 15'000.-- (in einem Fall zzgl. 5% Zins ab dem Tatzeitpunkt) erscheine unter Einbezug der in beiden Fällen

      vorliegenden Herabsetzungsfaktoren nicht als geradezu unbillig (Urteile des BGer vom

      7. November 2002 i/S A. und B. [6S.700/2001] E. 2.4 und vom 7. Februar 2002 i/S V. [1A.169/2001] E. 5.2). Unter Berücksichtigung dieser Praxis ist vorliegend von einem Genugtuungsrahmen von Fr. 20'000.-- bis Fr. 30'000.-- auszugehen.

    4. Bezüglich der Genugtuungsbemessung halten sowohl die Rekurrenten als auch die Vorinstanz fest, dass die enge Beziehung der Rekurrenten zur Getöteten zu berücksichtigen sei. Dem ist insoweit beizupflichten, als regelmässiger Kontakt bestand und die Getötete durch die Rekurrenten moralische und finanzielle Unterstützung erfuhr. Jedoch ist darin keine derart enge Beziehung zu erkennen, welche das Mass des Üblichen übersteigen würde, zumal die Tochter einen eigenen Haushalt führte (vgl. act. G 3.1/4.2 S. 3; G 3.1/4.8 und 4.9). Weiter ist die Auffassung der Rekurrenten zu relativieren, dass sich die Übernahme der Vormundschaft und die Erziehungsarbeit für den zum Vollwaisen gewordenen Enkel genugtuungserhöhend auswirke. Zwar dürften die Rekurrenten durch die Sorge um die Zukunft ihres Enkels zusätzlich belastet werden und auch die Anwesenheit des Enkels und mögliche Nachfragen von diesem selbst oder von Dritten Anlass wird für schmerzliche Erinnerungen geben. Aus dem täglichen Zusammenleben mit dem Enkel und der darob erforderlichen Zurückstellung der eigenen Interessen dürfte sich jedoch keine Verstärkung des seelischen Leides der Rekurrenten ergeben. Zudem ist es den Rekurrenten wie geplant möglich, den Grossteil ihrer Zeit im Süden zu verbringen. Gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung ist auf der opferhilferechtlichen Genugtuung kein Schadenszins geschuldet. Dieser ist aber als Bemessungsfaktor in die Genugtuung mit einzubeziehen. Dabei bleibt zu beachten, dass es sich bei der opferhilferechtlichen Genugtuung um eine staatliche Unterstützung und nicht eine Leistung aus staatlicher Verantwortlichkeit handelt, welche nicht automatisch die gleiche Höhe erreicht wie die zivilrechtliche Genugtuung (BGE 132 II 126 f. E. 3.3.3, vgl. Gomm / Zehntner, a.a.O., N. 15 zu Art. 12 OHG mit Hinweisen). Unter

Berücksichtigung der aufgeführten Faktoren und mit Blick auf verwandte Fälle (vgl.

E. 5.3) erscheint eine opferhilferechtliche Genugtuung von je Fr. 25'000.-- angemessen. 6.

    1. Nach dem Gesagten ist der Rekurs teilweise gutzuheissen und die Vorinstanz ist

      zu verpflichten, den Rekurrenten eine opferhilferechtliche Genugtuung von je

      Fr. 25'000.- zu leisten.

    2. Das Verfahren betreffend Entschädigung und Genugtuung aus OHG (einschliesslich Rechtsmittelverfahren) ist von Bundesrechts wegen kostenlos (Art. 16 Abs. 1 OHG; BGE 125 II 265 E. 3b), weshalb keine Gerichtskosten zu erheben sind.

    3. In der vorliegenden Streitsache erscheint der Beizug eines Rechtsvertreters notwendig und angemessen, weshalb den Rekurrenten ihre Parteikosten zu entschädigen sind (Art. 98 Abs. 2 VRP). Angesichts des Verfahrensausgangs, welcher einem vollem Obsiegen praktisch gleichkommt, besteht ein Anspruch auf volle Parteientschädigung (vgl. Urs Peter Cavelti / Thomas Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, 2. Auflage, St. Gallen 2003, N. 832

i.V.m. N. 763). Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und der Schwierigkeit des Prozesses bemessen. In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar für das Verfahren vor Versicherungsgericht pauschal Fr. 1'000.-- bis Fr. 12'000.-- (vgl. Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO; sGS 963.75). Der Rechtsvertreter hat keine Kostennote eingereicht, so dass die Parteientschädigung ermessensweise festzusetzen ist. In Anbetracht der singulären Rechtsfrage - welche jedoch Abklärungen von erheblichem Umfang erforderlich machte - und des unstrittigen Sachverhaltes ist eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) angemessen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

entschieden:

  1. In teilweiser Gutheissung des Rekurses wird Ziffer 2 des Verfügungsdispositivs vom 27. November 2009 aufgehoben und die Vorinstanz verpflichtet, den Rekurrenten eine Genugtuung von je Fr. 25'000.-- zu zahlen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  3. Die Vorinstanz hat den Rekurrenten eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.--

(einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz