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Urteil Versicherungsgericht (SG - KV-Z 2013/4)

Zusammenfassung des Urteils KV-Z 2013/4: Versicherungsgericht

Die A. AG hat die AXA Versicherungen AG verklagt, um Taggelder für einen versicherten Mitarbeiter einzufordern, der seit Januar 2009 vollständig arbeitsunfähig war. Die Beklagte wehrte sich mit dem Argument, dass die Klage aufgrund von Verjährung und fehlender Aktivlegitimation abgewiesen werden sollte. Das Gericht entschied, dass die Klägerin keine Aktivlegitimation hatte, um die Klage einzureichen, und wies die Klage daher ab. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben, aber die Klägerin wurde verpflichtet, der Beklagten eine Parteientschädigung von Fr. 6'330.65 zu zahlen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts KV-Z 2013/4

Kanton:SG
Fallnummer:KV-Z 2013/4
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:KV - Krankenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid KV-Z 2013/4 vom 12.11.2013 (SG)
Datum:12.11.2013
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 87 und 73 Abs. 1 VVG. Abweisung der Klage mangels Aktivlegitimation der Klägerin (Arbeitgeberin des Versicherten).(Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 12. November 2013, KV-Z 2013/4)
Schlagwörter: Versicherung; Klage; Recht; Anspruch; Person; Arbeitgeber; Forderung; Versicherer; Aktivlegitimation; Arbeitnehmer; Leistung; Forderungs; Versicherungsvertrag; Parteien; Versicherungsnehmer; Forderungsrecht; Versicherungsleistungen; Anspruchs; Taggeld; Verjährung; Beklagten; Versicherungsgericht; Krankenversicherung; Gericht; Gallen; Winterthur; Klageantwort; Prozessthema
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ;Art. 114 ZPO ;Art. 73 VVG ;Art. 87 VVG ;
Referenz BGE:120 V 38; 127 V 81; 137 III 47;
Kommentar:
Peter, Kommentar zum VVG, Art. 87 VVG, 2001

Entscheid des Verwaltungsgerichts KV-Z 2013/4

Vizepräsidentin Miriam Lendfers, Versicherungsrichterin Christiane Gallati Schneider, Versicherungsrichter Joachim Huber; Gerichtsschreiberin Della Batliner

Entscheid vom 12. November 2013

in Sachen

  1. AG,

    Klägerin,

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Armin Linder, Haus Washington,

    Rosenbergstrasse 22, 9000 St. Gallen,

    gegen

    AXA Versicherungen AG, General Guisan-Strasse 40, Postfach 357, 8401 Winterthur,

    Beklagte,

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Christoph D. Studer, LL.M., Probst

    Rechtsanwälte, Bahnhofplatz 18, 8401 Winterthur,

    betreffend

    Leistungen aus Krankentaggeldversicherung (B. ) Sachverhalt:

    A.

    1. B. (nachfolgend: Versicherter) ist aufgrund eines Unfalls mit Personenwagen vom 16. Februar 1979 kompletter Paraplegiker ab Niveau Th 4/5 (vgl. MV-act. 15ff. und 26f. zum mutmasslichen Unfallhergang sowie MV-act. 2, 5, 8f., 23f., 47, 54a und 68 zur medizinischen Erstdiagnose und -behandlung). Seit 21. Januar 1980 war er – abgesehen von der Vorbereitungsphase auf die Rechtsagentenprüfung, welche er im Januar 1983 erfolgreich abgeschlossen hatte, und auf die Anwaltsprüfung, welche er am 18. Mai 1989 bestanden hatte – kontinuierlich zu 40-60% bei verschiedenen Arbeitgebern angestellt gewesen (IV-act. 24f., 27, 29, 54f., 60-5, 68, 73, 94, 96, 99; MV-

      act. 62, 83, 88, 94, 113ff., 201, 215, 218, 287, 289, 298f., 326, 338, 347, 339f., 356,

      367ff., 386, 424f., 497, 540, 552). Seit September 1999 war er in der (von ihm

      gegründeten) A. AG arbeitstätig (IV-act. 170, 173).

    2. Mit Kollektiver Krankentaggeldversicherung, Police Nr. 12. . 0, wurde am

2. August 1999 rückwirkend ab 16. Juli 1999 ein Versicherungsschutz bei der AXA Versicherungen AG, Winterthur, (nachfolgend: AXA) vereinbart, der bei Krankheit ein Taggeld von 80% des versicherten Lohnes bei einer Leistungsdauer von 730 Tagen abzüglich Wartefrist von 30 Tagen umfasste (act. G 1.3, 1.24).

B.

    1. Mit Klage vom 27. Februar 2013 (act. G 1) liess die A. AG (nachfolgend: Klägerin) durch Rechtsanwalt lic. iur. Armin Linder, St. Gallen, beantragen, die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin aus dem Versicherungsvertrag KKVT 12.052.370/5 für den versicherten Mitarbeiter B. die vertraglich geschuldeten Taggelder aus gänzlicher Arbeitsunfähigkeit für die Zeit ab Januar 2009 auszurichten, nämlich total

      Fr. 198'674.--, zuzüglich 5% Verzugszins ab gewichtetem mittlerem Verfall; unter

      Kosten- und Entschädigungsfolgen.

    2. Mit Klageantwort vom 6. Juni 2013 (act. G 8) liess die Beklagte durch Rechtsanwalt Dr. iur. Christoph D. Studer, Probst & Partner AG, Winterthur, folgende Rechtsbegehren stellen:

      1. Es sei das Prozessthema zunächst auf die Frage der Verjährung der eingeklagten Forderung und der Aktivlegitimation zu beschränken, und der Beklagten sei die Frist zur Stellungnahme zu den weiteren materiellen Fragen einstweilen abzunehmen.

      2. Die Klage sei aufgrund der eingetretenen Verjährung vollumfänglich abzuweisen.

      3. Eventualiter, d.h. bei Abweisung des Antrags 2, sei die Klage mangels Aktivlegitimation vollumfänglich abzuweisen.

      4. Subeventualiter, d.h. bei Abweisung der Anträge 1, 2 und 3, sei der Beklagten eine erstreckbare, angemessene Nachfrist, mindestens aber 30 Tage, zur Einreichung der vollständigen Klageantwort anzusetzen und ihr die Möglichkeit zur Ergänzung des Rechtsbegehrens einzuräumen.

      5. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (inkl. 8% MwSt) zulasten der Klägerin.

    3. Mit Schreiben vom 14. Juni 2013 (act. G 9) forderte das Versicherungsgericht St. Gallen den Rechtsvertreter der Klägerin auf, zu den in der Klageantwort aufgeworfenen Fragen der Verjährung und Aktivlegitimation Stellung zu nehmen.

    4. Mit Stellungnahme vom 9. Juli 2013 (act. G 12) liess die Klägerin beantragen, der Antrag auf Beschränkung des Prozessthemas sei abzuweisen, es sei der Beklagten entsprechend ihrem Subeventualbegehren eine Nachfrist zur Einreichung der vollständigen Klageantwort anzusetzen und es sei diese Nachfrist grundsätzlich nicht erstreckbar und unter Berücksichtigung der Gerichtsferien auf den 20. August 2013 anzusetzen.

    5. Mit Schreiben vom 12. Juli 2013 (act. G 13) wies das Versicherungsgericht

      St. Gallen darauf hin, dass durch die einstweilige Beschränkung des Prozessthemas

      ein bedeutender Zeit- Kostenaufwand gespart werden könne. Dem

      Rechtsvertreter der Klägerin wurde nochmals eine Frist gesetzt, um sich zu den Fragen der Verjährung und der Aktivlegitimation zu äussern.

    6. Mit Stellungnahme vom 17. Juli 2013 (act. G 14) äusserte sich der Rechtsvertreter der Klägerin zu den beiden Prozessthemen. Er stellte sich auf den Standpunkt, die Aktivlegitimation sei gegeben und die Forderung rechtzeitig geltend gemacht.

    7. Mit Duplik vom 12. September 2013 (act. G 18) liess die Beklagte folgende

      (angepasste) Rechtsbegehren anbringen:

      1. Es sei das Prozessthema zunächst auf die Frage der Verjährung der eingeklagten Forderung und der Aktivlegitimation zu beschränken, und der Beklagten sei die Frist zur Stellungnahme zu den weiteren materiellen Fragen einstweilen abzunehmen;

      2. Die Klage sei mangels Aktivlegitimation vollumfänglich abzuweisen;

      3. Eventualiter anerkennt die Beklagte einen grundsätzlichen Taggeldanspruch des Versicherten für Februar 2011; darüber hinaus sei die Klage abzuweisen;

      4. Bei Abweisung des Antrags 1 bzw. bei Abweisung der Anträge 2 und 3, sei der Beklagten eine erstreckbare, angemessene Nachfrist, mindestens aber 30 Tage, zur Einreichung der vollständigen Klageantwort anzusetzen und ihr die Möglichkeit zur Ergänzung des Rechtsbegehrens einzuräumen;

      5. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (inkl. 8% MwSt) zulasten der Klägerin.

    8. Anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2013 hielten beide Parteien an ihren bisherigen Standpunkten fest (act. G 22f., 27). Der Rechtsvertreter der Klägerin reichte die Anwaltsvollmacht (act. G 27.2) sowie einen Handelsregisterauszug der Klägerin (act. G 27.3) ein.

B.i Auf die weiteren Vorbringen der Parteien in den Rechtsschriften und an Schranken

wird – soweit erforderlich – in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Erwägungen:

1.

Das vorliegende Verfahren beschlägt Leistungen aus einer Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung. Gemäss F7 der Allgemeinen Vertragsbedingungen der Krankentaggeldversicherung für das Personal, Ausgabe 07.2006 (AVB; act. G 1.26) kann der Versicherungsnehmer der Anspruchsberechtigte wahlweise Klage an seinem schweizerischen Wohnort, an seinem schweizerischen Arbeitsort in Winterthur erheben. Die Klägerin hat ihren Sitz in St. Gallen. Die örtliche Zuständigkeit ist somit gegeben. Das Versicherungsgericht entscheidet gemäss Art. 9 des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (EGZPO; sGS 961.2) in Verbindung mit Art. 7 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) als einzige kantonale Instanz über Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG, SR 832.10). Damit ist auch die sachliche Zuständigkeit gegeben. Auf die Klage ist einzutreten.

2.

Es stellt sich vorweg die Frage, ob die Klägerin als Arbeitgeberin des Versicherten überhaupt zur vorliegenden Klage aktivlegitimiert ist, was von der Beklagten bestritten wird.

3.

3.1 Gemäss Art. 87 des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG;

SR 221.229.1) steht demjenigen, zu dessen Gunsten die Versicherung abgeschlossen worden ist, mit dem Eintritt der Krankheit aus der kollektiven Krankenversicherung ein selbständiges Forderungsrecht gegen den Versicherer zu. Nach C1 Ziff. 1 der AVB hat der Versicherte Anspruch auf Leistungen, wenn er nach ärztlicher Feststellung zu mindestens 25% arbeitsunfähig ist.

3.2 Anspruchsberechtigter ist dem Wortlaut dieser Bestimmungen nach grundsätzlich die versicherte Person. Zu klären ist, ob das in Art. 87 VVG festgehaltene selbständige Forderungsrecht des Anspruchsberechtigten dahingehend auszulegen ist, dass dieser eine ausschliessliche Klageberechtigung hat und damit eine parallele Klagelegitimation

der Arbeitgeberin als Versicherungsnehmerin ausschliesst. Im Urteil vom 20. Januar 1994 (BGE 120 V 38, E. 3a/bb) hat das Bundesgericht festgehalten, dass der versicherte Arbeitnehmer als grundsätzlich Begünstigter des Vertrags auch alleinigen Anspruch auf die Versicherungsleistungen hat. Insoweit dem Arbeitnehmer ein direktes Forderungsrecht gegenüber dem Versicherer zusteht, sei der Arbeitgeber von einer Lohnfortzahlungspflicht befreit und könne keine selbständigen Ansprüche aus dem zugunsten seiner Arbeitnehmer geschlossenen Versicherungsvertrag geltend machen. Der Arbeitgeber entledige sich durch Abschluss eines Kollektiv- Krankenversicherungsvertrags seiner Lohnfortzahlungspflicht und habe daher keinen eigenen Anspruch auf Versicherungsleistungen. Gemäss Urteil des Bundesgerichts vom 18. März 1996 (BGE 127 V 81) kann sich die Kollektiv-Krankentaggeldversiche­ rung von ihrer Leistungspflicht gegenüber der versicherten Person nicht befreien, indem sie die Taggelder unter Verrechnung mit ausstehenden Beiträgen dem Arbeitgeber ausrichtet. Im Urteil des Sozialversicherungsgerichts Zürich vom

28. Januar 2009 (KK.2008.00031) wird ein ausschliesslicher Versicherungsanspruch des anspruchsberechtigten Arbeitnehmers statuiert. Daraus ergebe sich, dass nur die versicherte Person persönlich Taggeld- andere Leistungsansprüche aus der fraglichen Erwerbsausfallversicherung einklagen könne (E. 3.2). Auch in der Lehre ist mitunter die Rede vom Erwerb eines eigenen, direkten Anspruchs gegen den Versicherer ipso iure mit dem Versicherungsfall und einem ausschliesslich dem Anspruchsberechtigten zustehenden Versicherungsanspruch, weshalb der Versicherer mit befreiender Wirkung nur an den Anspruchsberechtigten, nicht aber an den Versicherungsnehmer zahlen kann. Der Zweck des selbständigen Forderungsrechts besteht gemäss Stein einerseits im Schutz vor leistungsgefährdendem Verhalten des Versicherungsnehmers (z.B. Verletzung von Obliegenheiten), andererseits in der Erleichterung der Verfolgung der Ansprüche gegenüber dem Versicherer. Zudem bezwecke das selbständige Forderungsrecht des Arbeitnehmers auch, dass sein Anspruch nicht durch eine missbräuchliche Verwendung der Versicherungsleistungen durch den Versicherungsnehmer gefährdet werde (Peter Stein, Kommentar zum VVG, Basel 2001, N 15, 18, 22f. zu Art. 87). Der anspruchsberechtigte Versicherte ist auch dann selber gehalten, seine Rechte gegenüber dem Versicherer zu wahren und seine Forderung direkt gegenüber diesem geltend zu machen, wenn der Versicherungsvertrag die Leistung an den Arbeitgeber vorsieht, soweit die

Vertragsauslegung ergibt, dass die versicherten Arbeitnehmer, und nicht der Arbeitgeber, Begünstigte der Versicherungsleistungen sind (Christoph Frey/Natalie Lang in: BSK Versicherungsvertragsgesetz, Nachführungsband, Honsell/Vogt/ Schnyder/Grolimund (Hrsg.), Basel 2012, adN7 und 18 zu Art. 87 mit Hinweis). Aus den Materialien ist ferner ersichtlich, dass eine Totalrevision des VVG ansteht. Gemäss Botschaft zur Totalrevision des Versicherungsvertragsgesetzes vom 7. September

2011 (BBl 2011 7705) erwirbt die versicherte Drittperson nach geltendem Recht bei Eintritt des befürchteten Ereignisses in der kollektiven Krankenversicherung ipso iure einen eigenen, direkten Anspruch gegen den Versicherer und wird damit anspruchsberechtigt. Versicherungsleistungen der kollektiven Krankentaggeldversicherung sollen auch weiterhin zwingend an die versicherte Drittperson bezahlt werden.

3.3 Eine Auslegung des Art. 87 VVG ergibt, dass bereits der Wortlaut kein explizites Forderungsrecht des Arbeitgebers bzw. des Versicherungsnehmers vorsieht, indem ein solches in dieser Bestimmung nicht erwähnt wird. Bei der systematischen Auslegung ist nicht klar, weshalb dem Versicherten im Unterschied zur Kollektivunfall- - krankenversicherung bei der Kollektiv-Lebensversicherung kein direktes Forderungsrecht gegenüber dem Versicherer zusteht (Frey/Lang, a.a.O. adN12 zu

Art. 87). Andererseits würde die restriktive Regelung zur Abtretung des Anspruchs aus Versicherungsvertrag in Art. 73 Abs. 1 VVG (vgl. E. 4.1) durch ein paralleles Klagerecht des Arbeitgebers sinnentleert, was wiederum für ein ausschliessliches Klagerecht der versicherten Person spricht. Auch Rechtsprechung und herrschende Lehre gehen von einer ausschliesslichen Klageberechtigung der anspruchsberechtigten versicherten Person bzw. des Arbeitnehmers aus (wobei das Bundesgericht diese Frage bis anhin soweit ersichtlich zumindest nicht explizit entschieden hat). Daran ändert auch eine allfällige Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers nichts. Sinn und Zweck eines ausschliesslichen Klagerechts der versicherten Person ist im Schutz des (regelmässig schwächeren) Arbeitnehmers zu sehen; dieser soll vor einem leistungsgefährdenden Verhalten des Versicherungsnehmers einer missbräuchlichen Verwendung der Versicherungsleistungen geschützt werden. Eine solche Regelung dient auch dazu, die Verfolgung der Ansprüche gegenüber dem Versicherer zu erleichtern. Dass im vorliegenden Fall eine solche Gefährdung – wie die Klägerin geltend macht – ausgeschlossen sein soll, da der Arbeitnehmer in der von ihm gegründeten

Aktiengesellschaft angestellt sei, vermag an diesem Auslegungsergebnis nichts zu ändern. Tatsache ist, dass es sich bei der versicherten Person um eine natürliche Person handelt, während die Aktiengesellschaft als juristische Person von dieser rechtlich zu unterscheiden ist. Schliesslich äussert auch der Gesetzgeber in der Botschaft zur Totalrevision seinen bisherigen und auch weiterhin bestehenden Willen, dass eine befreiende Leistung nur gegenüber der versicherten Person erfolgen soll, indem er eine Bezahlung der Versicherungsleistungen an diese als zwingend ansieht.

3.4 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Klägerin von Gesetzes wegen kein selbständiges Forderungs- und Klagerecht zusteht. Dem Arbeitgeber steht es frei, seine prozessuale Position gegenüber der Versicherung zu stärken, indem er sich die Ansprüche der versicherten Person gegenüber der Versicherung abtreten lässt. Dies kann beispielsweise bereits im Arbeitsvertrag, aber freilich auch zu einem späteren Zeitpunkt geschehen.

4.

4.1 Es bleibt zu prüfen, ob die Klägerin den Leistungsanspruch und damit das Klagerecht durch Abtretung erworben hat.

    1. Art. 73 Abs. 1 VVG sieht vor, dass der Anspruch aus einem Personenversicherungsvertrag weder durch Indossierung noch durch einfache Übergabe der Police abgetreten verpfändet werden kann. Abtretung und Verpfändung bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form und der Übergabe der Police sowie der schriftlichen Anzeige an den Versicherer.

    2. Der Arbeitgeberin liegt die Police des Versicherten vor und eine schriftliche Anzeige an den Versicherer liesse sich in der Klage erblicken (vgl. das Urteil des Sozialversicherungsgerichts Zürich vom 12. Juli 2006 KK.2005.0008, E. 2.5). Zwar ist gemäss der zitierten Zürcher Rechtsprechung eine Abtretung auch nach Klageeinreichung möglich und unproblematisch. Eine schriftliche Abtretungserklärung wurde von der Klägerin jedoch weder im Schriftenwechsel noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegt. Somit besteht seitens der Klägerin keine Aktivlegitimation zur Klage gegen die AXA.

5.

5.1 Nach dem Gesagten ist die Klage mangels Aktivlegitimation der Klägerin abzuweisen. Damit erübrigt sich die Frage, ob die im vorliegenden Prozess eingeklagten Taggeldleistungen verjährt sind.

5.2 Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 114 lit. e ZPO).

5.3 Die unterliegende Klägerin hat ausgangsgemäss keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die obsiegende Beklagte beantragte ebenfalls eine Parteientschädigung (act. G 8). Art. 114 ZPO betrifft nur die Gerichtskosten und steht der Zusprache einer Parteientschädigung an die obsiegende berufsmässig vertretene (Art. 95 Abs. 3 lit. b ZPO) beklagte Versicherung nicht entgegen (BGE 137 III 47 [= Urteil des Bundesgerichts vom 17. November 2010, 4A_194/2010] nicht publizierte E. 2.2.1). Das Gericht spricht die Parteientschädigung nach den kantonalen Tarifen zu (Art. 105 Abs. 2 i.V.m. 96 ZPO). Eine Honorarnote hat die Beklagte nicht eingereicht. Bei einem Streitwert von Fr. 100'000.-- bis

Fr. 500'000.-- beträgt das mittlere Honorar im Zivilprozess Fr. 9'100.-- + 3.3% des Streitwerts (Art. 14 Abs. 1 lit. e der st. gallischen Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten [sGS 963.75; HonO]). Vorliegend resultiert bei einem Streitwert von Fr. 198'674.-- ein mittleres Honorar von Fr. 15'656.24 (Fr. 9'100.-- + [Fr. 198'674.-- x 0.033]. Da das Versicherungsgericht in Streitigkeiten betreffend die Krankenzusatzversicherung anstelle des Kantonsgerichts als erste Instanz im Sinne von Art. 15 HonO entscheidet, ist die Parteientschädigung um einen Fünftel zu erhöhen, womit sich ein Betrag von Fr. 18'787.49 ergibt. Gemäss Art. 27 Abs. 2 HonO wird das Honorar ausserhalb des ordentlichen Zivilprozesses bei einem unvollständigen Prozess angemessen gekürzt. Da vorliegend das vereinfachte Verfahren zur Anwendung gelangt, sich das Prozessthema auf die Fragen der Aktivlegitimation und der Verjährung beschränkte und sich die Beklagte ausschliesslich zu diesen beiden Prozessthemen äusserte, erscheint eine Kürzung um 70% auf

Fr. 5'636.25 gerechtfertigt. Die pauschalen Barauslagen betragen gemäss Art. 28bis

Abs. 1 HonO Fr. 225.45 (Fr. 5'636.25 x 0.04). Zuzüglich der Mehrwertsteuer von 8% (Art. 25 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer [MWSTG; SR 641.20]) ergibt sich ein zu entschädigender Betrag von Fr. 6'330.65.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht gemäss Art. 14 Abs. 2 der sankt-gallischen Verordnung über die Organisation und den Geschäftsgang des Versicherungsgerichts (OrgV; sGS 941.114)

entschieden:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  3. Die Klägerin hat die Beklagte mit Fr. 6'330.65 (einschliesslich 4% Barauslagen­

pauschale und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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