Kanton: | SG |
Fallnummer: | KV-Z 2012/3 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | KV - Krankenversicherung |
Datum: | 28.03.2013 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 7 ZPO in Verbindung mit Art. 9 EGZPO. Anspruch auf Krankentaggeld aus Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung nach KVG. Zulässigkeit einer Observation. Ersatz der Observationskosten (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St.Gallen vom 28. März 2013, KV-Z 2012/3). |
Zusammenfassung: | Zusammenfassung: Der Kläger war als Bauführer bei der AXA Winterthur versichert und meldete Rücken- und Bandscheibenprobleme an. Der Hausarzt attestierte eine Arbeitsunfähigkeit, jedoch stellte sich später heraus, dass die Angaben des Klägers bezüglich seiner Tätigkeit als Eisenleger nicht stimmten. Nach einer Observation und medizinischen Untersuchungen wurde festgestellt, dass keine durchgehende Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen werden konnte. Lediglich für den Zeitraum vom 11. bis 23. Juni 2011 wurde eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Die Beklagte forderte die bisher gezahlten Taggeldleistungen zurück, da der Kläger die Versicherung mutmasslich getäuscht hatte. Das Gericht entschied, dass der Kläger die Taggelder für den genannten Zeitraum zurückzahlen muss, jedoch keine weiteren Gerichtskosten anfallen und keine Parteientschädigung gewährt wird. |
Schlagwörter: | Arbeit; Arbeitsunfähigkeit; Observation; Versicherung; Taggeld; Klägers; Eisenleger; Rücken; Zeitraum; Beklagten; Arbeitsfähigkeit; Winterthur; Bauführer; Einschränkung; Zusammenhang; Höhe; Bericht; Untersuchung; Beurteilung; Arztzeugnis; Beschwerden; Taggelder; Betrag; Klage; Widerklage; Übrigen |
Rechtsnorm: | Art. 109 OR ; Art. 14 ZPO ; Art. 219 ZPO ; Art. 247 ZPO ; Art. 28 ZGB ; Art. 31 OR ; Art. 40 VVG ; Art. 6 ATSG ; Art. 62 OR ; |
Referenz BGE: | 114 II 152; 125 V 351; 127 III 481; 129 III 529; 129 V 323; 135 I 169; 138 III 558; |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 28. März 2013
in Sachen A. ,
Kläger, gegen
AXA Versicherungen AG, General Guisan-Strasse 40, Postfach 357, 8401 Winterthur,
Be betreffend
Taggeldleistungen Sachverhalt:
A.
A. war als Angestellter der B. GmbH bei der AXA Winterthur im Rahmen einer Kollektiv-Krankentaggeldversicherung nach VVG für ein Taggeld von 80% des versicherten Lohns ab dem 8. Krankheitstag versichert. Im August 2010 machte der Versicherte gegenüber seinem damaligen Hausarzt, Dr. C. , FMH Innere Medizin, seit Jahren bestehende Rückenschmerzen geltend. In letzter Zeit würden die Schmerzen verstärkt auftreten. Ein MRI, welches am 13. August 2010 durchgeführt wurde, ergab folgende Beurteilung: Mittelgradiges sacrum acutum; mässiggradige etwas linksakzentuierte Spondylarthrose L4-S1; Degeneration und Dehydratation der Bandscheibe L5/S1; kleine lokale Bandscheibenprotrusion ohne Nervenkompression; mässiggradige Streckfehlhaltung des thoracolumbalen Übergangs; ansonsten normales lumbales vertebrospinales Kernspintomogramm ohne Spinalkanalstenose, foraminale Enge mechanische Nervenkompression (act. G 10.1.4). Dr. C. hielt in seinem Bericht vom 13. November 2010 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit, beginnend ab 9. August 2010, fest. Die Arbeit als Eisenleger sei ungünstig (act. G 10.1.3). Die AXA Winterthur richtete ab dem 16. August 2010 Krankentaggelder aus (vgl. act. G 10.5). Mit Zwischenbericht vom 1. April 2011 diagnostizierte Dr. C. beim Versicherten ein chronisches lumbo-vertebrales Schmerzsyndrom bei persistierenden Schmerzen. Die Arbeitsfähigkeit habe per 1. Februar 2011 50% betragen, bevor ab dem 1. März 2011 wieder eine volle Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Per 1. April 2011 wurde erneut eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit angegeben (act. G 10.1.8 - 8). Ab dem 8. April 2011 sei der Versicherte wieder voll arbeitsunfähig gewesen (act. G 10.1.8 - 9). Am 11. April 2011 wurde in der Klinik Stephanshorn eine abdomino-pelvine Computertomographie durchgeführt. Die Indikation lautete: Seit zwei Wochen Hitzegefühle, roter Kopf, heller Stuhlgang, Schmerzen im rechten Unterbauch und Ausstrahlung gegen Umbilicus. Ausschluss eines endokrin aktiven Tumors, Raumforderung im rechten Unterbauch? Bekannte kleine Leberzyste? Die Computertomographie habe folgende Auffälligkeiten gezeigt: Diskrete pleuro-pulmonale narbige Strukturalterationen dorso-basal rechts akzentuierter als links bei ansonsten normal zur Darstellung kommenden basalen Lungenanteilen, Zwerchfellhochstand rechts (DD: am ehesten im Sinn einer partiellen Relaxatio) sowie in der Leber mehrere scharf begrenzte hypointense fokale Strukturalterationen mit einem Durchmesser von 9 und 19 mm in den Segmenten II, III, IVa und IVb sowie caudal im Segment V (DD: vereinbar mit Leberzysten; act. G
10.1.18). Dr. D. , FMH Innere Medizin, führte am 26. April 2011 eine Oesophago- Gastro-Duodenoskopie durch. Als wahrscheinliche Ursache der Beschwerden gab er eine Hiatushernie mit Reflux-Oesophagitis Stadium Ia an (Beilagen zu act. G 10.12).
Im Rahmen einer Revision stellte die AXA Winterthur der B. GmbH am 21. April 2011 einen Katalog mit Fragen zu. In dem Schreiben wies sie darauf hin, dass bis zur Klärung der betreffenden Punkte keine weiteren Taggeldzahlungen erfolgen würden (act. G 10.10). Die B. GmbH nahm am 2. Mai 2011 zu den Fragen Stellung und reichte ergänzende Unterlagen ein (act. G 10.11).
Am 9. Mai 2011 fand eine Besprechung zwischen der AXA Winterthur und dem Versicherten als Vertreter der B. GmbH statt. Dabei erklärte der Versicherte u.a., seine Ex-Frau E. sei Geschäftsinhaberin. Er sei Bevollmächtigter der Firma und Bauführer. Die AXA Winterthur zahlte auch in der Folge keine weiteren Taggelder aus (act. G 10.12).
Vom 11. bis 23. Juni 2011 war der Versicherte im Kantonsspital St.Gallen hospitalisiert. Der Kurzaustrittsbericht vom 22. Juni 2011 erwähnt folgende Diagnosen: Osmotische Diarrhoe (DD: Laktoseintoleranz; Fruktoseintoleranz; Magnesium, Laxantien); Refluxoesophagitis Stadium Ia; Hiatushernie; Kolonschleimhautadenom mit leichter und mittelschwerer glandulärer Dysplasie; Adipositas; Status nach Duodenalulcus 1990-2009 (act. G 10.1.12).
Am 27. Juli 2011 nahm der neue Hausarzt des Versicherten, Dr. F. , St.Gallen, zu Fragen der AXA Winterthur betreffend die erneute Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers ab 18. Mai 2011 Stellung. Dr. F. hielt als Diagnosen eine Migräne und eine "psychosomatische Fixation" fest. Der Grund, dass beim Versicherten nach einem Tag bereits wieder eine volle Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, seien ein plötzlicher akuter Kopfschmerz, Hitze, cardiale Palpationen und Panikattacken (act. G 10.1.15).
A.f Am 2. September 2011 wurde der Versicherte einer versicherungsmedizinischen Untersuchung unterzogen. Der untersuchende Arzt, Dr. G. , FMH Innere Medizin, hielt in seinem Bericht vom 6. September 2011 als Diagnosen fest: Verdacht auf
chronifiziertes lumbovertebrales bis lumbospondylogenes Syndrom bei Wirbelsäulen-L- Form (Torsionsskoliose) sowie degenerativen Veränderungen im Bereich LWS; unklare gastrointestinale Symptomatik mit anamnestischer Gewichtsabnahme von 10kg; Status nach komplexer arbeitsbedingter Armverletzung linksseitig mit Defektzustand. Die bisherige Tätigkeit auf dem Bau sei dem Versicherten angesichts der ungeklärten Diarrhoe kaum mehr zumutbar. Zumutbar seien jedoch körperlich leichte Tätigkeiten, die vorwiegend im Sitzen ausgeübt werden könnten und bei denen Toiletten gut erreichbar seien. Dem Versicherten müssten im Zusammenhang mit den Toilettengängen auch vermehrt Pausen eingeräumt werden (act. G 10.1.20).
Mit Arztbericht vom 21. September 2011 hielt Dr. D. fest, die Bauchschmerzen des Patienten seien nach wie vor unklar, sie würden am ehesten noch zu einem Kolon irritabile passen (act. G 10.1.29).
Vom 14. Juli bis 2. September 2011 liess die AXA Winterthur den Versicherten durch die Firma H. observieren (vgl. zum Ganzen den Ermittlungsbericht vom 2. September 2011; act. G 10.20). Nachdem der Versicherungsmediziner Dr. G. mit den Ergebnissen der Observation konfrontiert worden war, hielt er in seinem Bericht vom 27. September 2011 fest, zwischen den betreffenden Abklärungen und den subjektiv angegebenen Einschränkungen des Versicherten bestünden massive Diskrepanzen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass im Zeitraum bereits vor der medizinischen Untersuchung keine Einschränkungen durch das vorbestehende Rückenleiden mehr vorhanden gewesen seien. Auch bezüglich der gastrointestinalen Beschwerden seien im Rahmen der offenbar über mehrere Stunden durchgeführten Beobachtungen keine Einschränkungen bemerkbar gewesen. Es dränge sich eine neue versicherungsmedizinische Beurteilung auf. Eine rein planerische, organisatorische Tätigkeit auf dem Bau wäre dem Versicherten vollumfänglich zumutbar; ebenso bestünden keine Einschränkungen hinsichtlich einer leidensadaptierten Tätigkeit grösseren Umfangs (act. G 10.1.21).
Am 3. Oktober 2011 fand eine Besprechung zwischen dem Versicherten und der AXA Winterthur statt. Dieses Gespräch wurde auf Video aufgezeichnet (act. G 10.22).
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 teilte die AXA Winterthur dem Versicherten mit, sie fordere die bis Ende März 2011 geleisteten Taggeldzahlungen in der Höhe von Fr. 32'322.-- zurück. Darüber hinaus seien ihr die Observationskosten im Betrag von Fr. 12'022.45 zu ersetzen (act. G 10.23).
Am 11. Oktober 2011 teilte der Versicherte, vertreten durch die I. AG, gegenüber der AXA Winterthur mit, er anerkenne deren Forderungen nicht. Die Feststellungen des Versicherungsmediziners würden nicht akzeptiert. Die Beobachtungen beim angeblichen Arbeitseinsatz seien völlig falsch interpretiert worden. Er habe geholfen, obwohl er medizinisch in keiner Art und Weise dazu in der Lage gewesen sei (act. G 10.27). Die AXA Winterthur hielt in der Folge an ihrer Forderung fest (act. G 10.28-30).
A.l In einer Stellungnahme vom 17. August 2012 hielt der beratende Arzt der Beklagten, Dr. J. , Innere Medizin und Rheumatologie FMH, fest, es seien vorliegend keine medizinischen Krankheitszustände nachgewiesen worden, welche eine Arbeitsunfähigkeit rechtfertigten. Sowohl bezüglich des Rückens, dessen normale Funktionalität anlässlich einer Observation habe objektiviert werden können, als auch von Seiten des Dickdarms (lediglich Colon irritabile, ein häufig vorkommender Reizzustand des Darms), liege kein Grund für eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit vor (act. G 10.1.30).
B.
Nachdem ein Vermittlungsversuch beim Vermittleramt St.Gallen scheiterte, liess der Versicherte am 19. April 2012 durch die I. AG die vorliegende Klage beim kantonalen Versicherungsgericht einreichen. Das Rechtsbegehren lautet, dem Ver sicherten seien für die Monate Mai bis Dezember 2011 Taggeldleistungen in der Höhe von Fr. 41'000.-- nachzuzahlen, ergänzt durch Forderungen bis Ende April 2012 im Betrag von Fr. 20'000.-- (act. G 1).
Am 27. August 2012 reichte die Beklagte ihre Klageantwort ein. Sie beantragt, die Klage vom 19. April 2012 sei vollumfänglich abzuweisen; es sei der Kläger widerklageweise zur Bezahlung des Betrages von Fr. 44'344.45 zu verpflichten; unter
Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung führt die Beklagte aus, die Dres. med. G. und J. hätten überzeugend dargelegt, dass beim Kläger keine Arbeitsunfähigkeit vorliege, wie sie in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen definiert werde. Folglich bestehe keine Grundlage für die Bezahlung weiterer Taggeldleistungen. Darüber hinaus habe der Kläger in objektiver und subjektiver Hinsicht den Tatbestand des Versicherungsbetrugs erfüllt, weshalb er einerseits die bisher geleisteten Taggelder in der Höhe von Fr. 32'322.-- zurückzubezahlen und andererseits die Observationskosten zu übernehmen habe (act. G 10).
Mit Replik vom 11. September 2012 bestätigt der Kläger seinen Standpunkt. Er weist darauf hin, die Arbeitsunfähigkeit sei aufgrund der Einschätzungen der behandelnden Ärzte ausgewiesen und es sei unzutreffend, dass er während der vollen Arbeitsunfähigkeit gearbeitet habe (act. G 12).
In ihrer Duplik vom 29. November 2012 hält die Beklagte ebenfalls an ihrer Sicht der Dinge fest. Dabei legt sie nochmals eingehend dar, dass die subjektiven Angaben des Klägers betreffend Rückenschmerzen sehr diskrepant seien zu seinem im Rahmen der Observation gezeigten Verhalten. Eine Arbeitsunfähigkeit sei zu verneinen. Folglich seien von ihrer Seite keine weiteren Taggelder geschuldet bzw. habe der Kläger die bisher erhaltenen Taggelder zurückzuleisten (act. G 25).
Auf die weiteren Begründungen in den einzelnen Rechtsschriften wird - soweit erforderlich - in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen eingegangen.
Erwägungen: 1.
Das vorliegende Verfahren beschlägt Leistungen aus einer Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung. Gemäss Art. F 7 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beklagten (Kollektive Krankentaggeldversicherung; Ausgabe Juli 2006) kann die versicherte Person an ihrem schweizerischen Wohnsitz Klage erheben. Der Kläger hat seinen Wohnsitz in Wittenbach, womit die örtliche Zuständigkeit des kantonalen Versicherungsgerichts gegeben ist. Das Versicherungsgericht entscheidet gemäss Art. 9 des
Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (EGZPO; sGS 961.2) in Verbindung mit Art. 7 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) als einzige kantonale Instanz über Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung nach dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG, SR 832.10). Die sachliche Zuständigkeit ist damit ebenfalls gegeben. Gemäss Art. 14 Abs. 1 ZPO kann sodann beim für die Hauptklage örtlich zuständigen Gericht Widerklage erhoben werden, wenn die Widerklage mit der Hauptklage in einem sachlichen Zusammenhang steht. Das kantonale Versicherungsgericht ist demzufolge
auch für die Beurteilung der Widerklage örtlich und sachlich zuständig. Anzumerken ist, dass im vorliegenden Fall ein Schlichtungsversuch nicht notwendig gewesen wäre (vgl. BGE 138 III 558).
Klagen aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung sind gemäss Art. 243 Abs. 2 lit. f ZPO ohne Rücksicht auf den Streitwert im vereinfachten Verfahren zu behandeln, wobei gemäss Art. 219 ZPO die Bestimmungen über das ordentliche Verfahren sinngemäss gelten (vgl. Christoph Leuenberger / Beatrice Uffer-Tobler, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Bern 2010, N 11.154, N 11.157). Art. 247 Abs. 2 ZPO sieht vor, dass das Gericht in solchen Streitigkeiten den Sachverhalt von Amtes wegen feststellt.
2.
Die Beklagte begründet die Abweisung der Forderung des Klägers bzw. ihre Widerklage mit den Ergebnissen der Observation, gestützt auf welche die Dres. G. und J. festgehalten hätten, das Verhalten des Klägers im Alltag stehe in massivem Widerspruch zu den von ihm subjektiv angegebenen Beschwerden. Wenn auch der Kläger in seinen Eingaben nicht geltend macht, die Observation sei unzulässig gewesen und deren Ergebnisse seien entsprechend aus den Akten zu entfernen, ist aufgrund der in diesem Verfahren geltenden Untersuchungsmaxime doch von Amtes wegen zu prüfen, ob die Observation zulässig war.
Durch die privatdetektivliche Observation einer versicherten Person sollen Tatsachen, die sich im öffentlichen Raum verwirklichen und von jedermann wahrgenommen werden können (beispielsweise Gehen, Treppensteigen, Autofahren,
Tragen von Lasten Ausüben sportlicher Aktivitäten), systematisch gesammelt und erwahrt werden (BGE 135 I 169 E. 4.3). Die Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit derartiger Observationen stellt sich in der Praxis häufig im Zusammenhang mit der Verwertbarkeit der Obervationsergebnisse als Beweismittel in einem Rechtsstreit um Versicherungsleistungen (BGE 135 I 169 E. 5.7, 132 V 241 E. 2.5, 129 V 323 E. 3.3.3). Die Frage stellt sich aber vergleichbar im Bereich des privatrechtlichen Persönlichkeitsschutzes. Der privatrechtliche Schutz der Persönlichkeit gegen Verletzungen ist in Art. 28 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB; SR 210) geregelt. Wer danach in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen. Widerrechtlich ist eine Verletzung, wenn sie nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates öffentliches Interesse durch Gesetz gerechtfertigt ist (Art. 28 Abs. 2 ZGB). Eine Persönlichkeitsverletzung durch Observation der versicherten Person kann im überwiegenden privaten und öffentlichen Interesse liegen, d.h. dadurch gerechtfertigt sein, dass weder die Versicherung noch die dahinter stehende Versichertengemeinschaft zu Unrecht Leistungen erbringen müssen (BGE 129 V 323 E. 3.3.3). Dieses Interesse an einer wirksamen Missbrauchsbekämpfung und der Aufdeckung bzw. Verhinderung von Versicherungsbetrug ist gegen das Interesse des von der Observation Betroffenen auf Unversehrtheit seiner Persönlichkeit abzuwägen (BGE 127 III 481 E. 3a/bb, 132 III 641
E. 5.2). Die Interessenabwägung beruht auf gerichtlichem Ermessen (BGE 129 III 529 E. 3.1). Zu berücksichtigen ist dabei, dass der von der Observation Betroffene gegenüber der Versicherung einen Anspruch erhebt und deshalb verpflichtet ist, an Abklärungen seines Gesundheitszustands, seiner Arbeitsfähigkeit usw. mitzuwirken, und zu dulden hat, dass allenfalls auch ohne sein Wissen von der Versicherung die objektiv gebotenen Untersuchungen durchgeführt werden (BGE 129 V 323 E. 3.3.3, 135 I 169 E. 5.1; Urteil des Bundesgerichts 5C.187/1997 E. 2b). Die Zulässigkeit der Observation hängt weiter davon ab, wie schwer und in welche Persönlichkeitsrechte eingegriffen wird. Dafür entscheidend kann insbesondere sein, inwiefern die Observation durch die Art der Ver sicherungsleistungen gerechtfertigt ist (z.B. Höhe der Forderung, Pilot- Bagatellfall usw.), wo die Observation stattfindet (z.B. in der Öffentlichkeit), wie lange die Observation dauert (z.B. nur tagsüber, befristet über eine Woche), welchen Inhalt die Observation hat (z.B. von jedermann wahrnehmbare Vorgänge) und ob die zur
Observation eingesetzten Mittel (z.B. Filme) zur Erreichung ihres Zwecks geeignet und notwendig sind (Urteil des Bundesgerichts vom 2. Juli 2010 [5A_57/2010 E.2.2.3 mit Hinweisen]).
Die Anordnung einer Observation setzt zunächst einen konkreten Anfangsverdacht voraus. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass seitens der Beklagten nicht dokumentiert wurde, aufgrund welcher Überlegungen sie sich zur Durchführung einer Observation veranlasst sah. Auf Seiten des Klägers sind indes einige Ungereimtheiten auszu machen. So ist zu beachten, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. C. vom 13. November 2011 den Kläger als Eisenleger ausweist. Dieser Umstand kann seine Erklärung nur darin haben, dass der Kläger sich anlässlich der Erstkonsultation im August 2010 gegenüber Dr. C. als Eisenleger ausgegeben hat (act. G 10.1.3). Dem Protokoll betreffend das Gespräch zwischen dem Kläger und der Beklagten vom
9. Mai 2011 ist hingegen zu entnehmen, dass der Kläger damals angegeben hatte, er arbeite als Bauführer und arbeite sonst zu 100%. Ebenso hatte er erklärt, er könne wegen seines Unfalls keine schweren Arbeiten mehr erledigen, sondern nur noch leichte, weshalb er in der GmbH auch nur die Koordination und Organisation mache. Er beziehe von der Suva eine 60%-Rente wegen seiner früheren Tätigkeit. Eine leichtere Tätigkeit könne er auch zu mehr als 40% ausüben (act. G 10.12). Die Frage nach der konkreten Tätigkeit des Klägers ist deshalb von Interesse, weil ein Eisenleger eine in körperlicher Hinsicht wesentlich anspruchsvollere Arbeit ausübt als ein lediglich mit Koordinations- und Organisationsaufgaben beschäftigter Bauführer. Die Ausführungen des Klägers vom 9. Mai 2011 stehen offensichtlich im Widerspruch zu den Arztzeugnissen von Dr. C. . Sodann fällt auch auf, dass die B. GmbH - bei welcher der Kläger wie dargelegt eine leitende Funktion inne hat - für weiteres Büro- und Chefpersonal Arbeitsunfähigkeiten geltend macht, währenddem die übrigen Arbeiter des Betriebs, welche in körperlicher Hinsicht bedeutend schwerere Arbeiten verrichten als das Büro- und Chefpersonal, offenbar voll arbeitsfähig sind; dieser Umstand hatte offenbar auch zur Einleitung der Revision im April 2011 geführt. Schliesslich wirft die neuerliche Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab dem 18. Mai 2011 Fragen auf. Der Kläger hatte sich anlässlich der Besprechung mit der Beklagten vom Montag, 9. Mai 2011, dahingehend geäussert, er könne ab nächster Woche wieder 100% arbeiten. Der neue Hausarzt der Klägers, Dr. F. , hatte sodann auch mit Arztzeugnis vom 19. Mai 2011 eine volle Arbeitsfähigkeit per 17. Mai 2011 bescheinigt.
Am 30. Mai 2011 hatte Dr. F. indes wieder eine volle Arbeitsunfähigkeit, rückwirkend auf den 18. Mai 2011, angegeben. Nachdem der Kläger also anlässlich der Konsultation vom 19. Mai 2011 von Dr. F. als voll arbeitsfähig erachtet wurde, erscheint die rückwirkende Festlegung der Arbeitsunfähigkeit auf den 18. Mai 2011 fragwürdig. Gesamthaft ist festzuhalten, dass sich die Beklagte durch sachliche Umstände zur Observation veranlasst sah. Das Erfordernis eines konkreten Anfangsverdachts ist erfüllt. Was die Durchführung der Observation betrifft, fand diese an zwei Tagen im Juli (14. und 15. Juli 2011), an fünf Tagen im August (12., 15., 16., 17. und 24. August 2011) sowie an einem Tag im September (2. September 2011) statt. Die Beobachtungen konzentrierten sich somit auf einen relativ beschränkten Zeitraum. Auch erfolgten diese allesamt im öffentlichen Raum. Zu berücksichtigen ist sodann die erhebliche Höhe der eingeklagten Forderungen, macht doch der Kläger Leistungen im Betrag von rund Fr. 60'000.-- geltend bzw. stehen Rückforderungen der Beklagten im Umfang von rund Fr. 45'000.-- im Raum. In Anbetracht der genannten Kriterien ist die Observation des Klägers somit nicht als schwerwiegender Eingriff in dessen Persönlichkeitsrechte zu werten. Es ist grundsätzlich von der Zulässigkeit der Observation auszugehen. Deren Ergebnisse können im vorliegenden Verfahren verwertet werden.
Im Folgenden ist die medizinische Aktenlage zu würdigen.
Hinsichtlich des Beweiswerts eines Arztberichts ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten bzw. der Anamnese abgegeben worden ist, in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen der Fachperson begründet sind (BGE 125 V 351, E. 3a mit Hinweis). Erachtet das Gericht die rechtserheblichen tatsächlichen Entscheidgrundlagen bei pflichtgemässer Beweiswürdigung als schlüssig, darf es den
Prozess ohne Weiterungen - insbesondere ohne Anordnung eines Gerichtsgutachtens -
abschliessen (RKUV 1997 Nr. U 281 S. 281 E. 1a).
Der Kläger hatte sich im August 2010 wegen Rücken- und
Bandscheibenproblemen in ärztliche Behandlung begeben. Die Abklärung mittels MRI
vom 13. August 2010 hatte als Auffälligkeiten eine linksakzentuierte Spondylarthrose L4-S1 und Dehydratation der Bandscheibe L5/S1 ergeben. Dr. C. hielt in seinem Bericht vom 13. November 2010 fest, seit dem 9. August 2010 bestehe eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit. Die Behandlung habe zunächst Spritzen mit Analgetika, Tabletten und Salben umfasst. Später sei ein Physiotherapeut beigezogen worden. Es stehe noch eine Beurteilung durch den Rückenorthopäden bevor. Bisher habe noch keine entscheidende Schmerzreduktion erreicht werden können. Die Schmerzen seien immer noch so intensiv, dass an eine Wiederaufnahme der Arbeit als Eisenleger nicht zu denken sei (act. G 10.1.3). Eine weitere Phase einer Arbeitsunfähigkeit von 100% wurde von Dr. C. mit Arztzeugnis vom 17. Januar 2011 bescheinigt (act. G 10.1.5). Zwischen dem 1. und 28. Februar 2011 habe die Arbeitsunfähigkeit 50 % betragen (act. G 10.1.6), ab dem 1. März 2011 wieder 100 % (act. G 10.1.7). Die Beklagte hatte die vom Hausarzt attestierten Arbeitsunfähigkeiten bis 31. März 2011 jeweils anerkannt und Taggelder in der Höhe von total Fr. 32'322.-- ausgerichtet (vgl. die Übersicht vom 13. August 2012; act. G 10.37).
Im Hinblick auf die Widerklage der Beklagten stellt sich die Frage, inwieweit auf die Einschätzungen von Dr. C. zur Arbeitsfähigkeit betreffend den Zeitraum 9. August 2010 bis 31. März 2011 abgestellt werden kann. Diesbezüglich wurde oben darauf hingewiesen, dass der Bericht des Hausarztes vom 13. November 2010 im Widerspruch zu den Angaben des Klägers im Rahmen der Besprechung vom 9. Mai 2011 steht; das nämliche Gesprächsprotokoll legt wie erwähnt den Schluss nahe, dass sich der Kläger gegenüber Dr. C. unzutreffend als Eisenleger ausgegeben hatte. Der Kläger selber führte in seiner Replik zwar aus, er sei Eisenleger und übe daneben weitere Funktionen aus. Zuverlässige Anhaltspunkte, welche belegen, dass der Kläger im Zeitpunkt der Krankenmeldung im August 2010 tatsächlich eine Eisenlegertätigkeit ausgeübt hat, finden sich in den Akten indes keine. Im Anmeldeformular zum Taggeldbezug hatte die Arbeitgeberin bei der Frage nach der aktuellen Tätigkeit keine Angaben gemacht (vgl. act. G 10.1). Der Arztbericht von Dr. G. vom 6. September 2011 deckt sich bezüglich der Angaben zur beruflichen Tätigkeit mit dem Protokoll vom
9. Mai 2011, hatte doch der Kläger im Rahmen der versicherungsmedizinischen Untersuchung vom 2. September 2011 anscheinend erklärt, er habe "zuletzt" als Bauführer gearbeitet (act. G 10.1.20, Seite 3). Hinzuweisen ist sodann ebenfalls auf eine "Vereinbarung" vom 7. Januar 2010, welche der Kläger damals mit seiner Ex-Frau
als Geschäftsinhaberin der B. GmbH geschlossen hatte. Gemäss diesem Vertrag wurde dem Kläger die Vollmacht erteilt, als Bauführer der Gesellschaft zu amten. Von einer Eisenlegertätigkeit ist demgegenüber auch hier nicht die Rede (act. G 1.18). Letztlich muss auch in Frage gestellt werden, ob der Kläger überhaupt noch in der Lage ist, als Eisenleger zu arbeiten, hatte er doch im Rahmen der Besprechung vom 9. Mai 2011 wie erwähnt ausgeführt, es sei ihm aufgrund einer Armverletzung, welche er im Jahr 1987 erlitt, nicht mehr möglich, schwere Arbeiten zu verrichten.Gesamthaft ist festzustellen, dass das Arztzeugnis vom 13. November 2011 einzig eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers als Eisenleger belegt. Eine Arbeitsunfähigkeit in der von ihm tatsächlich ausgeübten Tätigkeit als Bauführer ist hingegen nicht ausgewiesen. Es ist an dieser Stelle nochmals zu betonen, dass die Arbeit, welche ein Eisenleger verrichtet, in körperlicher Hinsicht bedeutend anspruchsvoller ist als jene des lediglich Koordinations- und Organisationsaufgaben wahrnehmenden Bauführers. Im Übrigen muss mangels anders lautender Angaben davon ausgegangen werden, dass sich auch die weiteren von Dr. C. bis Ende März 2011 attestierten Arbeitsunfähigkeiten auf die Tätigkeit des Eisenlegers beziehen. Mithin ist festzuhalten, dass für die gesamte Zeitspanne zwischen dem 9. August 2010 und dem 31. März 2011, für welche die Beklagte bereits Taggelder entrichtete, aufgrund der hausärztlichen Arztzeugnisse eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers in seiner Tätigkeit als Bauführer nicht nachgewiesen ist.
Es stellt sich die Frage, ob eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers zwischen dem 9. August 2010 und dem 31. März 2011 anderweitig belegt ist. Der Vertrauensarzt Dr. G. gelangte am 27. September 2011, bezugnehmend auf die Ergebnisse der
Observation zum Schluss, der Kläger sei in seiner bisherigen sowie in einer adaptierten Tätigkeit voll arbeitsfähig. Im Zusammenhang mit dem Rückenleiden hatte er ausgeführt, es müsse davon ausgegangen werden, dass im Zeitraum bereits vor der versicherungsmedizinischen Untersuchung keine Einschränkung mehr vorhanden gewesen sei. Für sich betrachtet lässt diese Beurteilung zwar nicht darauf schliessen, dass in der Zeitspanne August 2010 bis März 2011 keine Einschränkung bzw. keine Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Indes geht die fehlende Auswirkung des Rückenleidens auf die Arbeitsfähigkeit aus dem Bericht von Dr. G. vom 6. September 2011 hervor. Der beratende Arzt der Beklagten erörterte, dass der Kläger massivste Rückenschmerzen angebe, jedoch weise er dadurch offensichtlich wenige funktionelle Einschränkungen auf und er führe aktuell auch keine gezielte medizinische
Therapie durch. Der Arzt erachtete die bisherige Tätigkeit als nicht mehr zumutbar, diese Beurteilung stand jedoch ausschliesslich im Zusammenhang mit der gastrointestinalen Symptomatik, welche der Kläger ebenfalls geltend machte, und deren Ursache bis dahin ungeklärt war. Hinsichtlich der vom Kläger als massiv bezeichneten Rückenbeschwerden ist aus den Ausführungen des Arztes hingegen zu schliessen, dass angesichts kaum vorhandener funktioneller Einschränkungen die Ausübung der bisherigen Tätigkeit nach wie vor zumutbar sei. Was nun den fraglichen Zeitraum August 2010 bis März 2011 betrifft, stand damals ausschliesslich eine Rückenproblematik zur Diskussion. Der Kläger hatte gegenüber seinem Hausarzt ebenfalls sehr intensive Schmerzen geltend gemacht. Stehen nun gemäss Auffassung von Dr. G. die vom Kläger geklagten Rückenbeschwerden angesichts kaum vorhandener funktioneller Einschränkungen der Ausübung einer Tätigkeit als Bauführer nicht entgegen, so ist diese Beurteilung auch für den Zeitraum August 2010 bis März 2011 als gültig anzusehen. Im Übrigen werden die Einschätzungen von Dr. G. von Dr. C. gestützt, dieser hatte in seinem Bericht vom 13. November 2011 eine - im Vergleich zu einer Eisenlegertätigkeit - leidensadaptierte Tätigkeit als "denkbar" erachtet. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für den Zeitraum August 2010 bis März 2011 eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht nachgewiesen ist.
Im Folgenden stellt sich die Frage, inwieweit eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab 1. April 2011 ausgewiesen ist. Dr. C. erstattete am 1. April 2011 einen Zwischenbericht zuhanden der Beklagten, in welchem er ein lumbo-vertebrales
Schmerzsyndrom diagnostizierte und eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % ab 1. April 2011 bescheinigte (act. G 10.1.8). Mit Arztzeugnis vom 18. April 2011 hielt Dr. C. sodann rückwirkend auf den 8. April 2011 und bis auf weiteres wieder eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit fest (act. G 10.1.9). Der neue Hausarzt Dr. F. bescheinigte am 19. Mai 2011 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 4. und 16. Mai 2011 (act. G 10.1.10). Zu beachten ist wie schon erwähnt, dass der Kläger ab April 2011 auch wegen einer gastrointestinalen Symptomatik in ärztlicher Behandlung stand. Aufgrund des Arztzeugnisses von Dr. C. vom 18. April 2011, gemäss welchem ab 8. April 2011 und bis auf weiteres eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit bestehe, ist unklar, ob die neuerliche volle Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit dem Rückenleiden der gastrointestinalen Symptomatik steht. Indes wurde bereits erwähnt, dass die Rückenproblematik keine Auswirkungen auf die Arbeitsunfähigkeit hat (E. 3.4).
Bezüglich der gastrointestinalen Beschwerden ist wie erwähnt zu beachten, dass deren Ursache offenbar zunächst ungeklärt blieb. Der Versicherte selber erlebte sie als Reaktion auf die Infiltrationen, die er im Zusammenhang mit seinem Rückenleiden erhielt. Am 21. September 2011 hatte sich der Gastroenterologe Dr. D. indes dahingehend geäussert, die Symptomatik sei am ehesten auf ein Reizdarmsyndrom zurückzuführen. Der beratende Arzt der Beklagten, Dr. J. , hatte sodann in seiner Stellungnahme vom 17. August 2012 erklärt, ein Reizdarm sei eine häufig vorkommende neurovegetative Störung, welche keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit zur Folge habe (act. G 10.1.30). Mit der Beurteilung von Dr. D. erscheint mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt, dass als Ursache für die geäusserten Beschwerden ein Reizdarmsyndrom anzusehen ist. Gemäss den überzeugenden Einschätzungen von Dr. J. ist festzuhalten, dass eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund der gastrointestinalen Symptomatik nicht anerkannt werden kann. Gesamthaft kann den Einschätzungen von Dr. C. , wonach beim Kläger aufgrund der Rückenbeschwerden und/oder der gastrointestinalen Symptomatik von 1. April bis 16. Mai 2011 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, somit nicht gefolgt werden. Für den fraglichen Zeitraum ist vielmehr eine volle Arbeitsfähigkeit anzunehmen.
Alsdann sind die Angaben zur Arbeitsunfähigkeit des Klägers nach dem 16. Mai 2011 zu prüfen. In den Akten findet sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Kantonsspitals St.Gallen, Fachbereich Gastroenterologie. Demgemäss sei der Kläger dort vom 11. bis 23. Juni 2011 hospitalisiert gewesen, die Arbeitsunfähigkeit habe während diesem Zeitraum 100% betragen (vgl. act. G 10.1.13 sowie den Kurzaustrittsbericht vom 22. Juni 2011, act. G 10.1.14). Die Hospitalisierung stand offenbar im Zusammenhang mit der dazumal noch ungeklärten Diarrhoe und den Abdominalbeschwerden. Zufolge des Spitalaufenthalts erscheint eine vollständige Arbeitsunfähigkeit für die Zeitspanne 11. bis 23. Juni 2011 hinreichend belegt. Zu beachten ist sodann weiter, dass von Dr. F. für den Zeitraum 18. Mai bis 31. August 2011 durchgehend eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wird (vgl. act. G 10.1.11; act. G 10.1.14; act. G 10.1.16). In dem bereits erwähnten Bericht von Dr. F. vom 27. Juli 2011 betreffend die Gründe für die neuerliche vollständige Arbeitsunfähigkeit nach nur einem Tag sind die Diagnosen "Migräne" und "psychosomatische Fixation" angegeben. Der Beweiswert dieses Schreibens muss in
Frage gestellt werden. Symptome und Diagnosen sind nur stichwortartig aufgeführt. Es fehlt eine Begründung, wie sich die geltend gemachten Leiden auf die Arbeitsfähigkeit auswirken sollen. Eine solche wäre insbesondere deshalb zu erwarten gewesen, weil kein Zusammenhang ersichtlich ist zwischen den genannten Diagnosen und den Beschwerden, mit welchen eine Arbeitsunfähigkeit zwischen 9. August 2010 und 16. Mai 2011 geltend gemacht worden war. Der Bericht vermag deshalb eine rund dreimonatige 100%ige Arbeitsunfähigkeit nicht zu belegen. Im Übrigen ist auch zu beachten, dass Dr. F. eine vertrauensärztliche Untersuchung befürwortete (act. G 10.1.15). Zuverlässige Hinweise für eine durchgehende volle Arbeitsunfähigkeit vom 18. Mai bis 31. August 2011 finden sich auch sonst nicht. Da sich die gastrointestinalen Beschwerden letztlich als Reizdarmsyndrom entpuppten, welches gemäss der Stellungnahme von Dr. J. vom 17. August 2012 keine Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit hat, lässt sich über den Zeitraum der Hospitalisierung vom 11. bis 23. Juni 2011 hinaus keine Arbeitsunfähigkeit begründen. Eine psychische Problematik etwa, wie sie in der Replik im Zusammenhang mit den dannzumal noch ungeklärten gastrointestinalen Beschwerden geltend gemacht wird, findet in den Akten keine ausreichende Stütze. Gesamthaft ist festzustellen, dass im Zeitraum 18. Mai bis 31. August 2011 nur während der Hospitalisierung vom 11. bis 23. Juni 2011 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit belegt ist; im Übrigen ist von einer vollen Arbeitsfähigkeit auszugehen.
Was die Arbeitsfähigkeit des Klägers ab September 2011 betrifft, ist auf Art. B4 Abs. 1 AVB hinzuweisen. Gemäss dieser Bestimmung ist Arbeitsunfähigkeit eine ärztlich attestierte durch eine Krankheit bedingte Unfähigkeit im bisherigen Beruf Aufgabengebiet zumutbare Arbeit zu leisten. Berücksichtigt wird dabei auch die zumutbare Tätigkeit in einem anderen Beruf Aufgabengebiet (act. 10.14). Wie die Beklagte zutreffend feststellte, stellt sich die Frage nach einem anderen Beruf indes nur bei langer Dauer der Arbeitsunfähigkeit in der angestammten Tätigkeit. Diese Regelung stimmt vom Wortlaut her mit derjenigen von Art. 6 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) überein. Für die Handhabung der AVB-Bestimmung erscheint es sachgerecht, die Rechtsprechung zu Art. 6 ATSG mit einzubeziehen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass eine lange Dauer vorliegt, wenn diese mehr als sechs Monate dauert. Vorliegend hatte sich der Kläger im August 2010 zum Taggeldbezug angemeldet. Selbst wenn - entgegen dem
bisher Gesagten - bis Ende August 2011 durchgehend von einer vollen Arbeitsunfähigkeit im angestammten Beruf ausgegangen würde, ist festzuhalten, dass eine Arbeitsunfähigkeit von rund einem Jahr jedenfalls als von "langer Dauer" im Sinn der vertraglichen Bestimmungen zu qualifizieren wäre. Demzufolge wäre die Aufnahme einer anderen, dem Leiden des Klägers angepassten Tätigkeit zu prüfen. Der Kläger wurde von Dr. G. gemäss Arztberichten vom 6. und 27. September 2011 in einer adaptierten Tätigkeit als voll arbeitsfähig eingestuft. Darauf ist abzustellen. Im Ergebnis wäre ab September 2011 also ohnehin von einer 100%igen Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit auszugehen, womit sich die Frage nach einem Taggeldanspruch ab diesem Zeitpunkt nicht mehr stellt.
4.
4.1 Zusammenfassend ist im vorliegenden Fall einzig vom 11. bis 23. Juni 2011 eine Arbeitsunfähigkeit (in der Höhe von 100%) anzunehmen. Der Kläger hat nach Mass gabe der erstellten Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankentaggelder. Den Leistungen, welche die Beklagte dem Kläger bisher erbrachte, liegt ein Taggeld in der Höhe von Fr.
112.78 zugrunde. Auf diesen Betrag ist abzustellen, zumal dieser vom Kläger nie bestritten wurde. Nachdem die Arbeitsunfähigkeit am 11. Juni 2011 begann und der Kläger zunächst die vertragliche siebentägige Wartefrist zu bestehen hat, ist das Taggeld ab dem 18. Juni 2011 geschuldet. Vom 18. bis 23. Juni 2011 errechnet sich gesamthaft ein Taggeldanspruch von Fr. 676.68 (6 Tage à Fr. 112.78).
Die Beklagte erbrachte dem Kläger zwischen dem 16. August 2010 und dem 31. März 2011 Taggeldleistungen in der Höhe von Fr. 32'322.--. Nachdem für den fraglichen Zeitraum keine Arbeitsunfähigkeit hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers als Bauführer nachgewiesen werden konnte, ist festzuhalten, dass für diese Leistungen keine Grundlage bestand. Es stellt sich die Frage nach einem Rückforderungsanspruch. Art. 40 VVG bestimmt für den Fall, dass der Anspruchsberechtigte sein Vertreter Tatsachen, welche die Leistungspflicht des Versicherers ausschliessen mindern würden, zum Zwecke der Täuschung unrichtig mitgeteilt verschwiegen hat, der Versicherer gegenüber dem Anspruchsberechtigten an den Vertrag nicht gebunden ist. Die Anwendung dieser Norm setzt somit dreierlei voraus: Erstens müssen Fakten vom Anspruchsberechtigten
unrichtig mitgeteilt verschwiegen werden, zweitens ist erforderlich, dass diese Fakten geeignet sind, die Leistungspflicht des Versicherers auszuschliessen zu mindern bzw. zu begründen zu erhöhen und drittens muss der Anspruchsberechtigte beabsichtigen, die Versicherung mit seinem Vorgehen zu täuschen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass ein Täuschungserfolg eintritt. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist der Versicherer an den Vertrag nicht gebunden; er kann den Vertrag durch eine entsprechende Willenserklärung - also durch Ausübung eines Gestaltungsrechts - rückwirkend dahinfallen lassen. Dieser vom Versicherer erklärte Rücktritt zieht sodann bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche nach sich, da nach dem Dahinfallen erfolgte Leistungen ohne Grund erbracht worden sind. Die herrschende Meinung, nach welcher ein versicherungsrechtlicher Rücktritt gemäss Art. 40 VVG gegebenenfalls bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche nach sich ziehe, stützt sich meist auf allgemeine obligationenrechtliche Grundsätze, wonach der Rücktritt (gemäss Art. 109 OR auch gemäss Art. 31 OR) das bestehende Vertragsverhältnis ex tunc beseitige, mit der Folge, dass bereits erbrachte Leistungen nach Art. 62 OR zurückerstattet werden müssen. Diese herkömmliche Auffassung zu Art. 109 OR gilt heute indes als überholt und wurde auch vom Bundesgericht zugunsten eines vertraglichen Rückabwicklungsverhältnisses aufgegeben (vgl. dazu BGE 114 II 152 ff.). Die Rückabwicklungsansprüche sind mit anderen Worten vertraglicher Natur (vgl. zum Ganzen Martin Sarbach, Vertragsrechtliche Folgen der betrügerischen Begründung des Versicherungsanspruchs gemäss Art. 40 VVG; recht 2006, Heft 5, S. 180 ff.). Vorliegend hatte der damalige Hausarzt des Klägers, Dr. C. , dem Kläger am 13. November 2010 rückwirkend ab 9. August 2010 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit als Eisenleger attestiert. Die Berufsbezeichnung entsprach indes, wie oben dargelegt, nicht den Tatsachen, da der Kläger damals eine Tätigkeit als Bauführer ausübte. Es wurde ebenso bereits darauf hingewiesen, dass der Umstand, wonach das Arztzeugnis eine Arbeitsunfähigkeit als Eisenleger ausweist, seinen Grund nur darin haben kann, dass sich der Kläger gegenüber Dr. C. fälschlicherweise als Eisenleger ausgegeben hat. Es muss hier von einer mit Wissen und Willen erfolgten Falschangabe ausgegangen werden. Indem der Kläger also im Wissen um die falschen Tatsachen, auf welchen das Arztzeugnis beruhte, dieses sowie die weiteren von Dr.
C. erstellten Arbeitsunfähigkeitsatteste der Beklagten zur Auszahlung von Taggeldern vorlegte, erscheint erwiesen, dass der Kläger beabsichtigte, die
Versicherung mit seinem Vorgehen zu täuschen bzw. sie zur Ausrichtung einer ungerechtfertigten Vermögensleistung zu veranlassen. Damit ist der Tatbestand der betrügerischen Begründung des Versicherungsanspruchs in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt. Die Beklagte hatte dem Kläger mit Schreiben vom 4. Oktober 2011 mitgeteilt, sein Verhalten sei als Täuschungsabsicht zu werten, weshalb sie nicht mehr an den Vertrag gebunden sei. Mit dieser Erklärung hat sie rechtswirksam ihren Rücktritt vom Versicherungsvertrag mit dem Kläger kundgetan. Die Beklagte hat nach dem Gesagten gestützt auf Art. 109 OR einen vertraglichen Rückforderungsanspruch bezüglich der von ihr im Zeitraum August 2010 bis März 2011 erbrachten Leistungen. Der Kläger ist demgemäss zu verpflichten, der Beklagten Taggelder in der Höhe von Fr. 32'322.-- zurückzuerstatten.
Die Beklagte macht sodann geltend, der Kläger habe ihr nebst der Rückerstattung der Taggelder auch die Kosten für die Observation in der Höhe von Fr. 12'022.45 zu ersetzen. Die Überwälzung von Überwachungskosten auf die versicherte Person fällt einzig dann in Betracht, wenn die Observation aus Sicht des Versicherers notwendig ist. Die Notwendigkeit der Observation erscheint hier - auch wenn deren Zulässigkeit grundsätzlich bejaht wurde (vgl. E. 2.3) - fraglich. Gemäss vorstehenden Erwägungen (E. 3) fällt vorliegend vor allem ins Gewicht, dass für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Klägers ab August 2010 die Berücksichtigung des Observationsmaterials an sich gar nicht erforderlich ist. Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf den Zeitraum August 2010 bis März 2011, für welchen die Beklagte ihre Widerklage erhebt. Im Übrigen ist der Widerspruch zwischen den von Dr. C. erstellten Arztzeugnissen und dem Protokoll vom 9. Mai 2011 offenkundig. Nachdem der Kläger gegenüber seinem behandelnden Arzt angab, er sei Eisenleger, gegenüber der Beklagten hingegen erklärte, er arbeite als Bauführer und gleichzeitig darauf hinwies, er sei nicht in der Lage schwere Arbeiten (zu welchen auch eine Eisenlegertätigkeit zählt) zu erledigen, wäre es wohl angezeigt gewesen, den Kläger mit diesen widersprüchlichen Angaben zu konfrontieren. Dies zumal im Zusammenhang mit der Krankenmeldung eine weitere Ungereimtheit auffällt, hatte doch die Arbeitgeberin damals bei der Frage nach der aktuellen Tätigkeit des Klägers keine Angaben gemacht (act. G 10.1). Des Weiteren stellt sich auch die Frage, ob die Durchführung einer (erstmaligen) vertrauensärztlichen Untersuchung nicht schon vor der Observation geboten gewesen wäre. Der Versicherungsmediziner erscheint grundsätzlich am besten geeignet, zu beurteilen, ob
mit Blick auf bestimmte geltend gemachte gesundheitliche Einschränkungen bzw. eine behauptete Arbeitsunfähigkeit eine Überwachung erfolgen soll. Weshalb die Beklagte es vorzog, statt einer vertrauensärztlichen Untersuchung sogleich eine Observation anzuordnen, geht aus den Akten nicht hervor. Gesamthaft ist die Notwendigkeit der Überwachung zu verneinen. Entsprechend hat die Beklagte gegenüber dem Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten.
5.
Zusammenfassend ist die Klage teilweise gutzuheissen und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger den Betrag von Fr. 676.68 zu bezahlen. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Der Kläger ist demgegenüber verpflichtet, der Beklagten den Betrag von Fr. 32'322.-- zu bezahlen. Im Übrigen ist die Widerklage abzuweisen.
Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 114 lit. e ZPO). Ein Anspruch auf Parteientschädigung besteht nicht.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht entschieden:
In teilweiser Gutheissung der Klage wird die Beklagte verpflichtet, dem Kläger den Betrag von Fr. 676.88.-- zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
In teilweiser Gutheissung der Widerklage wird der Kläger verpflichtet, der Beklagten den Betrag von Fr. 32'322.-- zu bezahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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