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Urteil Versicherungsgericht (SG - KV 2018/2)

Zusammenfassung des Urteils KV 2018/2: Versicherungsgericht

Die Entscheidung betrifft die Ablehnung der Kostenübernahme für zahnärztliche Behandlungen im Zusammenhang mit einer Malariaerkrankung und einem Diabetes mellitus Typ II durch die SWICA Krankenversicherung AG. Der Beschwerdeführer beantragt die Kostenübernahme für mehrere zahnärztliche Behandlungen, die aufgrund von ausgedehnten, eitrigen Zahnbettinfekten im Rahmen der genannten Erkrankungen erfolgten. Die SWICA lehnte die Übernahme der Kosten ab, da die Behandlungen nicht unter die Bestimmungen der Krankenpflege-Leistungsverordnung fielen. Das Gericht prüfte die Voraussetzungen für eine Leistungspflicht gemäss den Bestimmungen der Verordnung und kam zu dem Schluss, dass die Kostenübernahme nicht gerechtfertigt war. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben, da der Beschwerdeführer nicht anwaltlich vertreten war. Die SWICA wurde angewiesen, weitere Abklärungen vorzunehmen und eine neue Verfügung zu erlassen. Der Richter, der den Entscheid getroffen hat, ist nicht namentlich genannt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts KV 2018/2

Kanton:SG
Fallnummer:KV 2018/2
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:KV - Krankenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid KV 2018/2 vom 02.09.2019 (SG)
Datum:02.09.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Prüfung der Subsumtion einer Malariaerkrankung des Beschwerdeführers unter die in Art. 18 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 KLV aufgeführte schwere aplastische Anämie und die in Art. 18 Abs. 1 lit. a Ziff. 4 KLV aufgelisteten MDS. Verneinung einer Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin gestützt auf Art. 18 KLV für einen Diabetes mellitus Typ II des Beschwerdeführers als für die Parodontalbehandlung kausale Krankheit. Art. 17 lit. a Ziff. 2 sowie Art. 17 lit. b Ziff. 1 und 2 KLV oder Art. 25 KVG: Prüfung der Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung für die Behandlungen bei einem Zahnarzt. Rückweisung zu weiteren Abklärungen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 2. September 2019, KV 2018/2).
Schlagwörter: Behandlung; Malaria; Leistung; Recht; SWICA; Verfügung; Malariaerkrankung; Erkrankung; Zahnbehandlung; Anämie; Behandlungen; Diabetes; Krankenpflegeversicherung; Krankheit; Versicherung; Kostenübernahme; Beschwerdeführers; Erkrankungen; Kausystem; Leistungspflicht; Einsprache; Abszess; Erwägung; Abszesse; Parodontitis
Rechtsnorm: Art. 25 KVG ;Art. 3 ATSG ;Art. 31 KVG ;Art. 33 KVG ;Art. 49 ATSG ;Art. 51 ATSG ;Art. 52 ATSG ;Art. 53 ATSG ;
Referenz BGE:117 V 13; 119 V 475; 120 V 195; 124 V 193; 124 V 194; 124 V 346; 127 V 332; 127 V 333; 128 V 135; 128 V 146; 128 V 63; 129 V 167; 129 V 172; 130 V 467; 134 V 149; 134 V 150; 134 V 152;
Kommentar:
Ueli Kieser, ATSG- 3. Aufl. Zürich, Basel, Genf , Art. 51 ATSG, 2015

Entscheid des Verwaltungsgerichts KV 2018/2

Entscheid vom 2. September 2019

Besetzung

Versicherungsrichterin Christiane Gallati Schneider (Vorsitz), Versicherungsrichter Joachim Huber und Versicherungsrichterin Miriam Lendfers; Gerichtsschreiberin Sabrina Bleile

Geschäftsnr. KV 2018/2

Parteien

A. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch B. , gegen

SWICA Krankenversicherung AG, Rechtsdienst, Römerstrasse 38, 8401 Winterthur,

Beschwerdegegnerin, Gegenstand Zahnpflege Sachverhalt

A.

A.a Mit Schreiben vom 26. Januar 2010 reichte Dr. med. C. , Allgemeine Medizin FMH, der SWICA Krankenversicherung AG (nachfolgend: SWICA) mit der Bitte um Prüfung der Kostenübernahme eine Rechnung von D. , Kant. Appr. Zahnarzt, für eine vom 12. November bis 16. Dezember 2009 bei A. (nachfolgend: Versicherter) durchgeführte zahnärztliche Behandlung eines ausgedehnten, eitrigen Zahnbettinfekts im Rahmen eines Diabetes mellitus ein, deren Kosten sich auf insgesamt Fr. 607.60 belaufen hatten (act. G 5.1, G 5.2).

A.b Mit Schreiben vom 4. Februar 2010 lehnte die SWICA ihre Leistungspflicht für die zahnärztliche Behandlung aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ab. Sie sprach lediglich eine Vergütung von maximal Fr. 100.-- aus einer Zusatzversicherung zu. In der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV; SR 832.112.31) seien die von den Krankenversicherern aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu übernehmenden zahnärztlichen Leistungen abschliessend aufgeführt. Die Zahnbehandlung des Versicherten lasse sich indessen nicht unter die entsprechenden Bestimmungen der KLV einordnen (act. G 5.3).

A.c Anlässlich eines Telefongesprächs vom 9. Februar 2010 teilte der Versicherte der SWICA mit, er habe einen Malariaschub erlitten. Wegen einer Vereiterung und einer

Zahnfleischschwellung habe ihn der Arzt an den Zahnarzt überwiesen. Die SWICA erhalte ein neues ärztliches Zeugnis, weil der Arzt "Diabetes" geschrieben habe (act. G 5.3).

A.d Mit Schreiben vom 12. März 2010 legte der Versicherte ein Schreiben von Dr. C. vom 17. Februar 2010 vor (act. G 5.6), worin dieser die SWICA um eine Kostenbeteiligung an einer zahnärztlichen Behandlung eines ausgedehnten, eitrigen Zahnbettinfekts im Rahmen eines Diabetes mellitus und eines Status nach Malaria durch Zahnarzt D. ersuchte (act. G 5.5). Die zahnärztliche Behandlung hatte laut beigefügter Rechnung vom 16. Februar 2010 im Januar und Februar 2010 stattgefunden und sich auf insgesamt Fr. 387.50 belaufen (act. G 5.4, G 5.6). Der Versicherte erklärte, die Zahnproblematik sei eine Begleiterscheinung der Malariaerkrankung. Bei einem Malariaschub würden jeweils innert weniger Stunden

extreme Vereiterungen im Mundbereich auftreten. Früher sei er bei solchen Schüben jeweils 3 bis 4 Tage im Spital gewesen. Um Geld zu sparen, habe er sich dieses Mal in zahnärztliche Behandlung begeben (act. G 5.6).

A.e Am 12. April 2010 beurteilte der Fachbereich Zahnmedizin der SWICA die beiden Kostenübernahmegesuche für zahnärztliche Behandlungskosten von insgesamt Fr.

995.10 (Fr. 607.60 + Fr. 387.50) bei Malariaerkrankung und Parodonitis des Versicherten und stellte fest, dass die Kriterien einer Pflichtleistung nicht erfüllt seien. Als Vorschlag wurde festgehalten, Fr. 400.-- auf freiwilliger Basis auszurichten (act. G 5.7).

    1. Mit Schreiben vom 16. September 2015 ersuchte Dr. med. E. , Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, die SWICA um Kostengutsprache für eine Zahnbehandlung des Versicherten durch Dr. med. dent. F. . Der Versicherte sei im Jahr 2010 an Diabetes Mellitus Typ II erkrankt. Es hätten bei ihm mehrere Eiterherde im Bereich der oberen und unteren Zahnleiste festgestellt werden können. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Abszessen und dem schwierig einstellbaren Diabetes sei bekannt (act. G 5.8).

    2. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2015 teilte die SWICA Dr. E. mit, dass sie für die

      Zahnbehandlung des Versicherten die Leistungsübernahme aus der obligatorischen

      Krankenpflegeversicherung mangels Vorliegens einer Listendiagnose der KLV ablehne. Gerne beteilige sie sich an den Behandlungskosten im Rahmen einer Zusatzversicherung mit 50 % bis maximal Fr. 100.-- pro Kalenderjahr (act. G 5.9).

    3. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2015 widersprach der Versicherte der Leistungsablehnung der SWICA vom 6. Oktober 2015 und ersuchte um eine erneute Prüfung des Kostengutsprachegesuchs. Es sei bekannt, dass die Blutzuckerwerte die Parodontitis beeinflussen würden. Die eigentliche Ursache liege in einer allgemeinen Immunschwäche. Die Erreger könnten nicht erfolgreich abgewehrt werden. Sei die Parodontitis einmal entstanden, so beeinträchtige diese den Verlauf des Diabetes (act. G 5.10).

    4. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 reichte der Versicherte eine Rechnung von Dr. F. für zahnärztliche Behandlungen vom 20. August bis 30. Oktober 2015 in der Höhe von insgesamt Fr. 6'276.60 ein und erklärte sich erneut darüber erstaunt, dass zwischen der Parodontitis und dem Diabetes kein Zusammenhang gesehen werde (act. G 5.12).

    5. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 teilte die SWICA dem Versicherten mit, dass es sich bei der Grunderkrankung Diabetes nicht um eine Listendiagnose gemäss KLV handle. Die Kosten der zahnärztlichen Behandlungen über Fr. 6'276.60 könnten damit nicht aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen werden. Sie erklärte sich jedoch bereit, eine einmalige freiwillige Leistung von Fr. 400.-- aus der Zusatzversicherung COMPLETA TOP zu leisten (act. G 5.13).

A.k Mit Schreiben vom 15. August 2017 wandte sich B. für den Versicherten an die SWICA. Dieser habe sich einer umfassenden Zahnbehandlung unterziehen müssen, welche - wie von Dr. F. festgestellt - in einem kausalen Zusammenhang mit seiner Diabeteserkrankung stehe. Die SWICA habe daher deren Kosten zu übernehmen (act. G 5.14). Dem Schreiben beigelegt wurde die Rechnung über Fr. 6'276.60 betreffend die zahnärztlichen Behandlungen vom 20. August bis 30. Oktober 2015 sowie eine weitere Rechnung von Dr. F. über Fr. 10'165.45 für zahnärztliche Behandlungen vom 9. Januar bis 17. Februar 2017 (act. G 5.14).

A.l Mit Schreiben vom 21. August 2017 lehnte die SWICA die Leistungsübernahme aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ab (act. G 5.15).

A.m Am 8. September 2017 betrieb der Versicherte, vertreten durch B. , die SWICA für nicht übernommene Zahnarztrechnungen vom 4. November 2015 bis 22. Februar 2017 im Betrag von 16'442.05 nebst Zins von 5 % seit 20. August 2015. Die SWICA erhob gegen den Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. XXXXXX des Betreibungsamtes G. Rechtsvorschlag (act. G 5.16).

A.n Mit Verfügung vom 5. Oktober 2017 teilte die SWICA dem Versicherten mit, dass sie an der Kostenablehnung für die Zahnbehandlungen festhalte, weil eine Diabeteserkrankung nicht in der KLV enthalten sei und somit nicht in den Leistungsbereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung falle (act. G 5.17).

B.

B.a Gegen diese Verfügung erhob B. für den Versicherten mit Eingabe vom 6. November 2017 Einsprache und beantragte: 1. Es sei die Verfügung vom 5. Oktober 2017 der SWICA aufzuheben. 2. Es seien die Kosten für die Zahnbehandlungen des Versicherten im Zusammenhang mit seiner Diabeteserkrankung vollumfänglich zu übernehmen. 3. Zur Einreichung weiterer Beweisunterlagen sei dem Versicherten ausreichend Zeit einzuräumen. 4. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Gegenpartei. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Parodontitis eine Nebenerscheinung des insgesamt angeschlagenen Gesundheitszustandes bzw. geschwächten Immunsystems gewesen sei. Die Zahnbehandlungen seien notwendig gewesen, um möglicherweise lebensbedrohliche Verschlechterungen des Gesundheitszustandes des Versicherten zu verhindern (act. G 5.20).

B.b Am 10. November 2017 fand vor dem Friedensrichteramt H. eine Schlichtungsverhandlung betreffend die Betreibung Nr. XXXXXX statt. Mit gleichentags erlassener Verfügung schrieb das Friedensrichteramt H. das Verfahren infolge Klagerückzugs als erledigt ab (act. G 5.22).

B.c Mit Schreiben vom 16. Dezember 2017 reichte B. für den Versicherten eine Einspracheergänzung ein. Es seien neue Erkenntnisse und erhebliche Tatsachen

aufgetreten, die eine Neubeurteilung der Angelegenheit erforderlich machten. Der Versicherte habe an einer sehr schweren Malariaerkrankung mit immer wiederkehrenden Schüben gelitten. Die Malariaschübe hätten jeweils ein Anschwellen und eine Entzündung des gesamten Rachenraums zur Folge gehabt. Die Entzündungen hätten letztlich dazu geführt, dass die Zahnbehandlungen notwendig geworden seien (act. G 5.23).

B.d Mit Einspracheentscheid vom 31. Januar 2018 wies die SWICA die Einsprache des Versicherten ab (act. G 5.24).

C.

C.a Gegen diesen Einspracheentscheid liess der Versicherte (nachfolgend: Beschwerdeführer) durch B. mit Eingabe vom 1. März 2018 Beschwerde erheben mit folgenden Anträgen: 1. Der Einspracheentscheid des Rechtsdienstes der SWICA (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) vom 31. Januar 2018 sei aufzuheben. 2. Die beklagte Partei sei zu verpflichten, dem Beschwerdeführer Fr. 16'442.05 nebst 5% Zins seit 20. August 2015 zu bezahlen. 3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung wurde sinngemäss ausgeführt, dass sich die Malariaerkrankung mit in der KLV erfassten Krankheiten - wie der schweren aplastischen Anämie, aber auch dem myelodysplastischen Syndrom - in Verbindung setzen lasse, was zur Folge habe, dass die Beschwerdegegnerin die Kosten der Zahnbehandlungen zu tragen habe (act. G 1).

C.b Mit Schreiben vom 6. März 2018 klärte das Versicherungsgericht B. darüber auf, dass die berufsmässige Vertretung vor Gericht im Kanton St. Gallen grundsätzlich Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten mit Anwaltspatent vorbehalten sei (act. G 2), worauf dieser am 8. März 2018 erklärte, auf eine Entschädigung zu verzichten und die Beschwerde für den Beschwerdeführer aus freundschaftlichen Gründen eingereicht zu haben (act. G 3).

C.c Mit Beschwerdeantwort vom 27. März 2018 beantragte die Beschwerdegegnerin die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Beschwerdeführers (act. G 5).

C.d Mit Replik vom 7. Mai 2018 hielt der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sinngemäss an seinen Beschwerdeanträgen fest. Weiter ersuchte er, dem Nichteintretensantrag sei nicht stattzugeben (act. G 7).

C.e Mit Schreiben vom 17. Mai 2018 verzichtete die Beschwerdegegnerin unter Verweis auf die Vorakten auf eine Duplik (act. G 9).

Erwägungen 1.

    1. Mit Schreiben vom 26. Januar 2010 hatte der Beschwerdeführer erstmals durch Dr. C. die Übernahme der Kosten für eine zahnärztliche Behandlung ausgedehnter, eitriger Zahnbettinfekte bzw. einer Parodontitis durch Zahnarzt Dr. D. vom 12. November bis 16. Dezember 2009 in der Höhe von Fr. 607.60 (act. G 5.1, G 5.2) beantragt. Mit Schreiben vom 12. März 2010 hatte er ein weiteres Kostenübernahmegesuch für eine zahnärztliche Behandlung von Zahnbettinfekten bzw. einer Parodontitis durch Zahnarzt D. vom 28. Januar bis 11. Februar 2010 in der Kostenhöhe von Fr. 387.50 eingereicht (act. G 5.6). Am 16. September 2015 war sodann ein Kostengutsprachegesuch für eine Behandlung von Abszessen durch Dr.

      F. im Zusammenhang mit einem schwer einstellbaren Diabetes eingegangen, wobei der Zeitraum der Behandlung und deren Kostenhöhe nicht aktenkundig sind (act. G 5.8).

    2. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 reichte der Beschwerdeführer ein Kostenübernahmegesuch für eine zahnärztliche Behandlung durch Dr. F. vom 20. August bis 30. Oktober 2015 in der Höhe von Fr. 6'276.60 ein (act. G 5.12).

    3. Mit Schreiben vom 15. August 2017 meldete der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine Zahnbehandlung durch Dr. F. vom 9. Januar bis 17. Februar 2017 in der Höhe von Fr. 10'165.45 an und ersuchte um entsprechende Kostengutsprache (act. G 5.14). Weiter ersuchte er erneut um eine Kostengutsprache für die Zahnbehandlung durch Dr. F. vom 20. August bis 30. Oktober 2015 in der Höhe von Fr. 6'276.60 (act. G 5.14; vgl. ferner act. G 5.12).

2.

Leistungen, Forderungen und Anordnungen, die nicht unter Art. 49 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) fallen, können in einem formlosen Verfahren behandelt werden (Art. 51 Abs. 1 ATSG). Die betroffene Person kann den Erlass einer Verfügung verlangen (Art. 51 Abs. 2 ATSG). Hat ein Versicherungsträger formlos und nicht mittels Verfügung in ablehnendem Sinn entschieden, kann Art. 51 ATSG, der sich nur auf das zulässige formlose Verfahren bezieht, keine direkte Anwendung finden. Das Gesetz enthält somit für den vorgenannten Fall - Entscheid im formlosen Verfahren nach Art. 51 ATSG, der laut Art. 49 Abs. 1 ATSG in Verfügungsform hätte ergehen müssen - keine ausdrückliche Regelung. Damit das Verfahren in die gesetzlich vorgesehenen Wege gelenkt und der versicherten Person der Rechtsweg geöffnet wird, ist jedoch der (bisher nicht erfolgte) Erlass einer formellen Verfügung notwendig. Dementsprechend drängt sich in Analogie zu Art. 51 Abs. 2 ATSG die Lösung auf, dass die versicherte Person einen Entscheid in Form einer Verfügung verlangen kann. In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere die Frage nach allfälligen zeitlichen Grenzen dieser Befugnis (BGE 134 V 149 E. 5.1). In BGE 134 V 152 E. 5.3.2 legte das Bundesgericht fest, dass der betroffenen Person im Regelfall eine Frist von einem Jahr zur Verfügung steht, um an den Versicherungsträger zu gelangen und den Erlass einer formellen Verfügung zu verlangen. Dies mit Blick auf das Gebot der Rechtssicherheit sowie den Verfassungsgrundsatz von Treu und Glauben (BGE 134 V 150 E. 5.2 und 5.3). Der im formlosen Verfahren nach Art. 51 ATSG erlassene Entscheid erwächst also nach einer einjährigen Frist - wie die Verfügung im Anwendungsbereich von Art. 49 ATSG nach 30 Tagen (vgl. Art. 52 Abs. 1 ATSG) - in der Regel in Rechtskraft. Damit ergibt sich eine Rechtslage, die mit derjenigen bei formellen Verfügungen übereinstimmt (Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. Zürich/Basel/Genf 2015, Art. 51 N 8 und N 26).

3.

Mit der Beschwerde vom 1. März 2018 beantragt der Beschwerdeführer die Ausrichtung von Versicherungsleistungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für die von Dr. F. vom 20. August bis 30. Oktober 2015 und vom 9. Januar bis 17. Februar 2017 durchgeführten zahnärztlichen Behandlungen, deren Kosten sich auf Fr. 6'276.60 bzw. Fr. 10'165.45, mithin auf insgesamt Fr.

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16'442.05, belaufen (act. G 1, vgl. auch act. G 5.12, G 5.14). Bereits die Betreibung vom 8. September 2017 beinhaltete den vorgenannten Betrag (act. G 5.16). Bezüglich der Zahnbehandlungen im Jahr 2009 und 2010 und denjenigen, um deren Kostenübernahme am 16. September 2015 ersucht worden war (vgl. Erwägung 1.1), und deren Übernahme die Beschwerdegegnerin mit formlosem Schreiben (act. G 5.3, G 5.7) gar nicht erkennbar abgelehnt hatte, hat der Beschwerdeführer während Jahren keine anfechtbare Verfügung verlangt und macht diesbezüglich offensichtlich auch im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens keine Ansprüche geltend. Vor diesem Hintergrund hat sich die Beschwerdegegnerin im angefochtenen Einspracheentscheid zu Recht nicht dazu geäussert, sodass die früheren Rechnungen nicht Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bilden.

4.

    1. Mit Beschwerdeantwort vom 27. März 2018 beantragt die Beschwerdegegnerin, es sei auf die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 1. März 2018 (act. G 1; vgl. Erwägung 3) nicht einzutreten (act. G 5). Dieser gehe davon aus, dass die zahnärztlich behandelten Zahninfekte auf eine Malariaerkrankung zurückzuführen seien, die erstmals im Jahr 1969 aufgetreten sei. Seither habe sie ihre Leistungspflicht abgelehnt, ohne dass der Beschwerdeführer reagiert habe. Es stelle sich somit die Frage, ob auf diesen unveränderten Sachverhalt zum heutigen Zeitpunkt einzutreten sei ob mangels Reaktion innert angemessener Frist - im Regelfall innert einem Jahr - die Ablehnung rechtskräftig geworden sei und mithin nicht erneut zur Diskussion gestellt werden könne. Die Beschwerdegegnerin geht somit davon aus, dass in Bezug auf den Anspruch auf Zahnbehandlung wegen Malaria mangels Intervention des Beschwerdeführers innerhalb eines Jahres von einer rechtskräftigen Ablehnung auszugehen sei und eine res iudicata vorliege.

    2. Die in Erwägung 1.1 angeführten, nicht Streitgegenstand der Beschwerde bildenden Kostengutsprachegesuche (vgl. Erwägung 3), bezogen sich auf andere Rechnungen für andere Behandlungen, als die in den Erwägungen 1.2 und 1.3 genannten und Gegenstand des Beschwerdeantrags bildenden Kostengutsprachgesuche, weswegen diesbezüglich eine res iudicata nicht in Betracht kommt.

    3. Auch aus dem Umstand, dass in den verschiedenen Kostenübernahmegesuchen des Beschwerdeführers uneinheitlich Malaria und/oder Diabetes als Ursache seiner Zahnbehandlungen angeführt wurde und der Behandlungsgrund allenfalls immer derselbe gewesen sein mochte, kann schliesslich nicht abgeleitet werden, dass über den Sachverhalt eines auf eine Malariaerkrankung zurückführenden Zahninfekts bereits rechtskräftig entschieden worden sei. Besagter Tatsache kommt keine rechtliche Bedeutung zu. In Anbetracht des Untersuchungsgrundsatzes sowie des Prinzips der Rechtsanwendung von Amtes wegen hat die Beschwerdegegnerin und im Beschwerdefall das Gericht einen Leistungsanspruch des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung aller in Frage kommenden, rechtserheblichen Sachverhalte zu prüfen (Urteile des Bundesgerichts vom 12. Dezember 2011, 9C_309/2011, E. 5.1, und 31. Dezember 2010, 9C_694/2009, E. 3.1; Kieser, a.a.O., Art. 43 N 10 ff.). In diesem Sinne hat denn auch die Beschwerdegegnerin im angefochtenen Einspracheentscheid vom

31. Januar 2018 (act. G 5.24) ihre Leistungspflicht in Bezug auf beide Erkrankungen geprüft.

4.4

      1. Am 21. Dezember 2015 war durch die Beschwerdegegnerin mit formlosem Schreiben (act. G 5.13) die Leistungsablehnung bezüglich des vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. Dezember 2015 eingereichten Kostenübernahmegesuchs für die zahnärztliche Behandlung durch Dr. F. vom 20. August bis 30. Oktober 2015 in der Höhe von Fr. 6'276.60 erfolgt (act. G 5.12). Der Beschwerdeführer hatte sich darauf während mehr als eineinhalb Jahren nicht mehr vernehmen lassen, womit die Leistungsablehnung vom 21. Dezember 2015 in formelle Rechtskraft erwachsen ist (vgl. Erwägung 2). Wie bereits erwähnt, hat der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 15. August 2017 erneut um eine Kostengutsprache für die obgenannte Zahnbehandlung ersucht (act. G 5.14). Die Beschwerdegegnerin leitet aus obigem Sachverhalt offenbar auch eine res iudicata betreffend das Leistungsgesuch über Fr. 6'276.60 ab (vgl. act. G 5 S. 4 Ziff. 3 am Ende).

      2. Angesichts der Ausführungen in Erwägung 2 und 4.4.1 muss das Gesuch vom 15. August 2017 (act. G 5.14) um Übernahme der Zahnarztkosten von Fr. 6'276.60 als Wiedererwägungsgesuch im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG interpretiert werden.

        Danach kann der Versicherungsträger auf formell rechtskräftige Verfügungen Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (Art. 53 Abs. 2 ATSG). Der Entscheid über die Vornahme einer Wiedererwägung ist in das Ermessen des Versicherungsträgers gestellt (Kieser, a.a.O., Art. 53 N 61). Tritt der Versicherungsträger auf das Begehren ein, lehnt hingegen in der Folge die Wiedererwägung ab, wird in einem gegen die Verfügung bzw. den Einspracheentscheid gerichteten Beschwerdeverfahren lediglich überprüft, ob die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung gegeben sind (BGE 117 V 13 E. 2a). Thema eines solchen Beschwerdeverfahrens bildet also einzig die Frage, ob der Versicherungsträger zu Recht die ursprüngliche Verfügung (nicht) als zweifellos unrichtig und/oder deren Korrektur als von erheblicher Bedeutung qualifiziert hat (SVR 2008 IV Nr. 54 [I 896/06], mit Hinweis auf BGE 119 V 475; zum Ganzen Kieser, a.a.O., Art. 53 N 74).

      3. Mit Verfügung vom 5. Oktober 2017 (act. G 5.17) hat die Beschwerdegegnerin zum einen formrichtig (vgl. Art. 49 Abs. 1 ATSG) und erstmalig über die neu angemeldete Zahnbehandlung mit Kosten von Fr. 10'165.45 entschieden, ist aber auch auf das Wiedererwägungsgesuch betreffend der in Rechtskraft erwachsenen Leistungsablehnung vom 21. Dezember 2015 (act. G 5.13) betreffend die Zahnbehandlung mit Kosten von Fr. 6'276.60 eingetreten und hat das entsprechende Kostengutsprachegesuch bzw. eine diesbezügliche Leistungspflicht materiell-rechtlich geprüft. Vor diesem Hintergrund kann also auch dem Nichteintretensantrag der Beschwerdegegnerin bezüglich des erneut eingereichten Kostenübernahmegesuchs über Fr. 6'276.60 nicht stattgegeben werden. Vielmehr ist nachfolgend zu prüfen, ob die Leistungsverweigerung im Zusammenhang mit der Rechnung über Fr. 6'276.60 zweifellos unrichtig war, was eine umfassende materiell-rechtliche Überprüfung erfordert.

4.5 Über das Kostenübernahmegesuch für die Zahnbehandlungen von Dr. F. vom 9. Januar bis 17. Februar 2017 in der Höhe von Fr. 10'165.45 hat die Beschwerdegegnerin erstmals mit Schreiben vom 21. August 2017 (act. G 5.15) bzw. formrichtig mit Verfügung vom 5. Oktober 2017 (act. G 5.17) befunden. Diesbezüglich liegt offensichtlich keine res iudicata vor, weshalb der Anspruch auf die Behandlungen vom Jahr 2017 ebenfalls umfassend zu überprüfen ist.

5.

Zwischen den Parteien umstritten und vorliegend zu prüfen ist mithin, ob die Beschwerdegegnerin im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für die Kosten von Fr. 6'276.60 bzw. Fr. 10'165.45 der vom 20. August bis 30. Oktober 2015 (act. G 1.3) sowie vom 9. Januar bis 17. Februar 2017 (act. G 1.4) durchgeführten zahnärztlichen Behandlungen aufzukommen hat.

6.

    1. Die Leistungen, deren Kosten von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bei Krankheit zu übernehmen sind, werden in Art. 25 des Bundesgesetztes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) in allgemeiner Weise umschrieben. Im Vordergrund stehen dabei die Leistungen der Ärzte und Ärztinnen, dann aber auch der Chiropraktoren und Chiropraktorinnen sowie der Personen, die im Auftrag von Ärzten und Ärztinnen Leistungen erbringen. Leistungen der Zahnärzte und Zahnärztinnen sind in der genannten Bestimmung nicht aufgeführt. Die Kosten dieser Leistungen sollen im Krankheitsfall der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nur in eingeschränktem Masse überbunden werden, nämlich wenn die zahnärztliche Behandlung durch eine schwere, nicht vermeidbare Erkrankung des Kausystems (Art. 31 Abs. 1 lit. a KVG) durch eine schwere Allgemeinerkrankung ihre Folgen bedingt (Art. 31 Abs. 1 lit. b KVG) zur Behandlung einer schweren Allgemeinerkrankung ihrer Folgen notwendig ist (Art. 31 Abs. 1 lit. c KVG).

    2. Gestützt auf Art. 33 Abs. 2 und 5 KVG in Verbindung mit Art. 33 lit. d der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV; SR 832.102) hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) in der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV; SR 832.112.31) zu jedem der Unterabsätze von Art. 31 Abs. 1 KVG einen eigenen Artikel erlassen, nämlich zu lit. a den Art. 17 KLV, zu lit. b den Art. 18 KLV und zu lit. c den Art. 19 KLV. In Art. 17 KLV werden die schweren, nicht vermeidbaren Erkrankungen des Kausystems aufgezählt, bei denen daraus resultierende zahnärztliche Behandlungen von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu übernehmen sind. In Art. 18 KLV werden die Allgemeinerkrankungen und ihre Folgen aufgelistet, die zu zahnärztlicher Behandlung führen können und deren Kosten von der obligatorischen

      Krankenpflegeversicherung zu tragen sind. In Art. 19 KLV schliesslich hat das Departement die schweren Allgemeinerkrankungen aufgezählt, bei denen die zahnärztlichen Massnahmen notwendiger Bestandteil der Behandlung darstellen.

    3. In BGE 124 V 193 E. 4 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) entschieden, dass die in Art. 17-19 KLV aufgelisteten Erkrankungen, welche von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu übernehmende zahnärztliche Behandlungen bedingen, als abschliessend zu verstehen sind. Daran hat es in ständiger Rechtsprechung festgehalten (BGE 127 V 332 E. 3a und 342 E. 3b, 128 V 61

E. 2). Liegt also kein Tatbestand im Sinne der Art. 17 - 19 KLV vor, besteht auch keine Kostenübernahmepflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für die betreffende zahnärztliche Behandlung (BGE 124 V 194 E. 4). Der Beschwerdeführer beantragt die Übernahme der zahnärztlichen Behandlungskosten als Folge einer Malariaerkrankung und/oder einem Diabetes mellitus Typ II, womit jedenfalls eine Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin gestützt auf Art. 18 KLV zu prüfen ist.

7.

Eine Wechselwirkung zwischen Parodontitis und Diabetes ist zwar in der Medizin bekannt (vgl. dazu https://www.swissdentaljournal.org/fileadmin/upload_sso/ 2_Zahnaerzte/2_SDJ/ SMfZ_2000/SMfZ_05_2000/smfz-00-05-acta5.pdf, abgerufen am

12. August 2019), doch hat das EVG bezüglich Diabetes - unerheblich welchen Typs - festgestellt, dass die Liste von Art. 18 KLV insoweit keine Lücke aufweise, als sie die Zuckerkrankheit nicht als schwere Krankheit aufführe, die eine zahnärztliche Behandlung bedingen könne, und demnach durch Diabetes bedingte Kausystemschäden keine zahnärztliche Pflichtleistung begründen könnten (BGE 124 V 346 E. 3b).

8.

    1. Von Art. 18 Abs. 1 lit. a KLV sind fünf konkrete Erkrankungen des Blutsystems erfasst, welche vom EDI damit als schwere Allgemeinerkrankungen erkannt worden sind. Die Malariaerkrankung ist in Art. 18 Abs. 1 lit. a KLV unbestrittenermassen nicht ausdrücklich aufgeführt.

    2. Die KLV und ihre Anhänge unterliegen an sich einer richterlichen Überprüfungsbefugnis, welche allerdings dem EDI einen weiten Gestaltungsspielraum vorzubehalten hat. Bei der richterlichen Ergänzung der KLV ist grosse Zurückhaltung geboten, weil deren Änderung und fortlaufende Anpassung an die Bedürfnisse der Praxis einfach ist und eine vorgängige Anhörung von Experten geraume Zeit in Anspruch nehmen würde und erst noch den Nachteil hätte, dass die Liste der Krankheiten nicht auf einheitlicher fachmännischer Beurteilung beruhen würde. Hiervon abzuweichen, in Bezug auf die Malariaerkrankung eine Lücke in der KLV anzunehmen und eine Aufnahme der Malariaerkrankung in die Liste der Krankheiten von Art. 18 KLV näher in Prüfung zu ziehen, besteht mit Blick auf das gesetzliche Listensystem (Art. 33 KVG; BGE 129 V 167) und die sich daraus ergebende Hauptverantwortung von Bundesrat bzw. EDI für die Ausgestaltung des Verordnungsrechts kein Anlass (vgl. dazu BGE 129 V 172 f. E. 3.4 f., 125 V 21, 125 V 283 f. E. 8, 124 V 195 E. 6; Gebhard

      Eugster, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum KVG, 2. Aufl. Zürich/Basel/Genf 2018, S. 225 [nachfolgend: Eugster I]). Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bringt ausserdem weder überzeugende Gründe für eine Praxisänderung vor, noch sind solche (anderweitig) ersichtlich.

    3. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers macht jedoch geltend, dass eine Malariaerkrankung in der Form, in welcher sie der Beschwerdeführer erlitten habe, insofern eine Erkrankung des Blutsystems darstelle, als sie mit der in Art. 18 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 KLV aufgeführten schweren aplastischen Anämie den in Art. 18 Abs. 1 lit. a Ziff. 4 KLV genannten Myelodysplastischen Syndromen (MDS) vergleichbar sei, und damit den vorgenannten Erkrankungen unterzuordnen sei (act. G 1 und G 7).

    4. Eine Kostenübernahme unter Art. 18 Abs. 1 lit. a Ziff. 4 KLV kommt nicht in Betracht. Die MDS sind zwar gemäss medizinischer Literatur - wie die Malaria - Erkrankungen des Knochenmarks mit der Folge einer Anämie, indem zu wenig funktionstüchtige Blutzellen gebildet werden (vgl. Roche Lexikon, Medizin, 5. Aufl. München/Jena 2003,

S. 1271). Dennoch handelt es sich um zwei unterschiedliche Erkrankungen ohne erkennbaren Zusammenhang, insbesondere hinsichtlich Ursächlichkeit. Es besteht mithin kein Grund, die Malaria allein aufgrund der obgenannten Parallele unter die in Art. 18 KLV aufgelisteten MDS zu subsumieren. Während die Krankheit bzw. Diagnose

Malaria, wie bereits erwähnt, unbestrittenermassen im abschliessenden Katalog von Art. 18 KLV nicht erfasst ist, hat das EDI bestimmt, die MDS in Art. 18 KLV als schwere Allgemeinerkrankung zu erfassen.

8.5

      1. Eine Unterordnung der Malariaerkrankung unter die schwere aplastische Anämie nach Art. 18 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 KLV bzw. deren Vergleichbarkeit mit der in Ziff. 2 aufgeführten Krankheit sieht der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers darin, dass es bei der Malariaform des Beschwerdeführers bei hoher Parasitenanzahl im Blut durch Auflösung (Lyse) der Erythrozyten (rote Blutkörperchen), den Abbau von befallenen Blutkörperchen in der Milz und Dämpfung der Erythropoese im Knochenmark durch die Zytokinfreisetzung (insbesondere durch den Tumornekrosefaktor-Alpha) zu einer Anämie komme. Der Vorgang und die Entwicklung der Erythrozyten sei also gestört bzw. gedämpft, was eine Anämie zur Folge habe (vgl. act. G 1 Ziff. 8., 8.1). Den Ausführungen des Beschwerdeführers ist grundsätzlich nichts entgegenzusetzen (vgl. dazu Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 267. Aufl. Berlin/Boston 2017, S. 1107; https://de.wikipedia.org/wiki/Malaria, abgerufen am 11. Februar 2019).

      2. Die in Art. 18 Abs. 1 lit. a KLV aufgeführte aplastische Anämie ist eine seltene Form der Knochenmarkinsuffizienz mit einer Störung der Zellreihen der Hämatopoese,

        d.h. der Blutbildung. Die Hämatopoese ist ein komplexer biologischer Prozess, der sich physiologischerweise zum grössten Teil im Knochenmark abspielt und die kontinuierliche, bedarfsgerechte Versorgung mit Blutzellen sicherstellt (Pschyrembel, a.a.O., S. 74, 708; Roche Lexikon, a.a.O., S. 68 f.). Während laut Pschyrembel (a.a.O.,

        S. 74) bei einer aplastischen Anämie eine Störung aller drei Zellreihen (Erythrozytopoese, Thrombozytopoese, Leukozytopoese) der Hämatopoese vorliegt, ist im Roche Lexikon (a.a.O. S. 69) zu lesen, dass nicht für jeden Fall die drei Zellreihen in gleicher Weise geschädigt sein müssten. Es könnten zunächst nur ein zwei Zellreihen betroffen sein.

      3. Eine Deckungsgleichheit zwischen der Malaria und der aplastischen Anämie besteht mithin zumindest im Befall bzw. der Zerstörung der im Knochenmark gebildeten Erythrozyten (vgl. dazu Pschyrembel, a.a.O., S. 1107; Roche Lexikon,

        a.a.O., S. 70). Laut Roche Lexikon (a.a.O., S. 69) bleibt ätiologisch etwa die Hälfte aller aplastischen Knochenmarksyndrome ungeklärt (idiopathisch), bei der anderen Hälfte kommen die verschiedensten Ursachen in Betracht. So wird auch die Malaria als Ursache einer aplastischen Anämie aufgeführt (Roche Lexikon, a.a.O., S. 70). Vor diesem Hintergrund kann in Bezug auf die aplastische Anämie nicht argumentiert werden, die Malariaerkrankung sei nicht explizit von Art. 18 KLV erfasst. Indem letztere als Ursache für eine aplastische Anämie in Frage kommt, steht bei Vorliegen einer Malaria auch eine aplastische Anämie in Frage.

      4. Art. 18 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 KLV verlangt jedoch für eine Leistungspflicht der Versicherung ausserdem eine schwere aplastische Anämie. Zwar tritt bei der Malariaerkrankung (nur) eine Zerstörung der Erythrozyten auf, während die aplastische Anämie zu einer Zerstörung aller drei Zellreihen führen kann. Ob jedoch dieser Umstand allein eine Subsumtion der Malariaerkrankung unter eine schwere aplastische Anämie verbietet, vermag das Gericht nicht zu beantworten. Laut medizinischer Literatur besteht bei einer unbehandelten aplastischen Anämie eine hohe Letalität (ca. 70%). Wird sie behandelt, sind die Behandlungen einschneidend (Stammzelltransplantation, immunsuppressive Therapie) und die Remission ist nicht gesichert (Pschyrembel, a.a.O., S. 74 f.). Doch auch in Bezug auf die schwerste Form der Malaria, der Malaria tropica, ist gemäss medizinischer Literatur ein tödlicher Ausgang bzw. eine geringe Rezidivquote möglich (Pschyrembel, a.a.O., S. 1108). Inwieweit dabei der Erkrankung des Blutsystems, d.h. der gestörten Entwicklung der Erythrozyten, die entscheidende Rolle zukommt, kann aus Sicht eines medizinischen Laien nicht beurteilt werden. Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass es dem Gericht nicht möglich ist, fachkundig zu beurteilen, ob bzw. in welchen Fällen die Zuordnung einer Malariaerkrankung einer schweren aplastischen Anämie in Frage kommt. Von weiteren Abklärungen bezüglich dieser Frage kann jedoch insofern abgesehen werden, als unabhängig von deren Beantwortung im konkreten Fall mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass - selbst wenn die Malariaerkrankung des Beschwerdeführers einer aplastischen Anämie gleichzusetzen wäre - diese nicht die erforderliche Schwere aufweisen würde. Zumindest sind den Akten keinerlei Anhaltspunkte für eine gegenteilige Beurteilung zu entnehmen. Der Beschwerdeführer leidet laut Schreiben von Dr. C. vom 17. Februar 2010 seit 1969, also seit Jahrzehnten, unter einer Malariaerkrankung (act. G 5.5). Der

        Beschwerdeführer beschreibt die Malariaerkrankung ausserdem in seinem Schreiben vom 12. März 2010 (act. G 5.6) als schubweise auftretend. Die Abstände zwischen den Ausbrüchen würden jedoch glücklicherweise immer länger. Der letzte Schub liege zehn Jahre zurück. Bezüglich Heilbehandlung (Ausmass bzw. Dauer, Inhalt, Notwendigkeit) der Malariaerkrankung sind den Akten gar keine Hinweise zu entnehmen. Jedenfalls spricht der Beschwerdeführer von einem jeweiligen Abklingen der Malariasymtome (act. G 5.6).

      5. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass eine Kostenübernahme auf der Basis von Art. 18 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 KLV ausscheidet.

9.

Zu prüfen bleibt eine Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin gestützt auf Art. 17 KLV Art. 25 KVG.

9.1 Art. 17 KLV zählt - wie bereits erwähnt - in einem Katalog "die schweren, nicht vermeidbaren Erkrankungen des Kausystems" auf, die eine zahnärztliche Behandlung erfordern und zu Lasten der Krankenversicherung gehen. Um solche handelt es sich beispielsweise bei Erkrankungen der Zähne wegen Verlagerung und Überzahl von Zähnen und Zahnkeimen mit Krankheitswert (z.B. Abszess, Zyste [Art. 17 lit. a Ziff. 2 KLV]) sowie bei Erkrankungen des Zahnhalteapparates (Parodontopathien) z.B. wegen präpubertärer Parodontitis (Art. 17 lit. b Ziff. 1 KLV) juveniler, progressiver Parodontitis (Art. 17 lit. b Ziff. 2 KLV). Unbestritten geblieben ist zu Recht die Leistungsablehnung der Beschwerdegegnerin basierend auf Art. 17 lit. b Ziff. 1 und 2 KLV. Die darin aufgeführten Erkrankungen fallen beim Beschwerdeführer mit Jahrgang 19 von vornherein ausser Betracht.

9.2

      1. Für eine Leistungspflicht gemäss Art. 17 KLV ist also vorausgesetzt, dass das Leiden Krankheitswert erreicht. Der Begriff der schweren Kausystemerkrankung setzt jedoch anders als in Art. 3 Abs. 1 ATSG eine qualifizierte Beeinträchtigung der Gesundheit voraus (BGE 127 V 333 f. E. 5, 130 V 467 E. 3.2). Nur schwere Erscheinungsformen erfüllen ihn (BGE 127 V 333 f. E. 5a f., 129 V 279 f. E. 4.2; Eugster

        I, a.a.O., S. 227 ff.). Dem qualifizierten Krankheitswert kommt eine Abgrenzungsfunktion zu, indem er die Behandlung nicht schwerer Erkrankungen der Zähne von der Leistungspflicht der sozialen Versicherung ausschliesst. Alle in Art. 17 lit. a-f KLV aufgezählten Erkrankungen des Kausystems gelten grundsätzlich als schwer im Sinn des Ingresses dieser Bestimmung. Bei feststehender Diagnose stellt sich die Frage der Schwere der Erkrankung grundsätzlich nicht. Insbesondere also auch bei den in Art. 17 lit. a Ziff. 2 KLV in Klammern aufgeführten Beispielen des Abszesses und der Zyste wird der qualifizierte Krankheitswert als erfüllt gesehen (zum Ganzen BGE 130 V 467 E. 3.2).

      2. Als weitere Voraussetzung der Leistungspflicht gemäss Art. 17 KLV ist sodann die Unvermeidbarkeit der Erkrankung des Kausystems verlangt. Vermeidbar ist alles, was durch eine genügende Mundhygiene vermieden werden könnte. Abzustellen ist dabei grundsätzlich auf eine objektive Vermeidbarkeit der Kausystemerkrankung. Massgebend ist demzufolge, ob beispielsweise Karies Parodontitis hätten vermieden werden können, wenn die Mundhygiene genügend gewesen wäre, dies ohne Rücksicht darauf, ob die versäumte Prophylaxe im Einzelfall als subjektiv entschuldbar zu betrachten ist (vgl. BGE 128 V 63 E. 4b).

      3. Liegt eine in Art. 17 KLV aufgelistete Erkrankung des Kausystems vor, ist eine Behandlung gleichwohl nur insoweit von der Versicherung zu übernehmen, wie es der Krankheitswert der Leiden notwendig macht.

    1. Bei von Zahnärztinnen und Zahnärzten vorgenommenen Behandlungen in der Mundhöhle, die nicht zahnärztliche Behandlungen im engeren Sinne darstellen, bestimmt sich die Kostenübernahme durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach Art. 25 KVG. Für die Abgrenzung solcher ärztlicher von zahnärztlichen Behandlungen im Sinne von Art. 31 Abs. 1 KVG und Art. 17-19 KLV sind in erster Linie der Ansatzpunkt und die therapeutische Zielsetzung der Vorkehr im konkreten Fall von Bedeutung. Vom Ansatzpunkt her betreffen zahnärztliche Behandlungen grundsätzlich das Kausystem. Die therapeutische Zielsetzung bestimmt sich danach, welcher Körperteil welche Funktion unmittelbar geheilt verbessert werden soll (BGE 128 V 135 und 143). Ist die Zuordnung nicht eindeutig, kommt der therapeutischen Zielsetzung das grössere Gewicht zu (Urteil des EVG vom

      29. April 2002, K 43/01, E. 5b in fine; vgl. auch BGE 128 V 146 E. 4b/cc; vgl. zum Ganzen Gebhard Eugster, Krankenversicherung, in: Ulrich Meyer [Hrsg.] Soziale Sicherheit, SBVR/Band XIV, 3. Aufl. 2015, N 497 ff. S. 561 f.). Die Behandlung eines Abszesses stellt im Allgemeinen eine ärztliche Behandlung nach Art. 25 KVG dar, deren Kosten von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu übernehmen sind. Die Behandlung eines Abszesses am Kausystem ist davon nicht ausgenommen. Die Frage, ob eine kostenpflichtige zahnärztliche Behandlung gemäss Art. 31 KVG vorliegt, beurteilt sich danach, ob die im Einzelfall angewandte therapeutische Methode der Odontologie aber einem anderen Gebiet der medizinischen Heilkunde zuzuordnen ist. Unerheblich sind aber die Ursache des Leidens und die Person des Leistungserbringers (RKUV 1986 Nr. K 684 S. 288; BGE 120 V 195; Urteil des EVG vom

      19. Dezember 2001, K 86/99, E. 5).

    2. Die Zuordnung einer Krankheitsbehandlung zu einer ärztlichen zahnärztlichen Krankheitsbehandlung im Sinne von Art. 25 Abs. 1 KVG respektive Art. 17 KLV ist insofern relevant, als der versicherten Person im Rahmen der Prüfung einer Kostenübernahme gestützt auf Art. 17 KLV - wie bereits erwähnt - die Vermeidbarkeit der schweren Kausystemerkrankung entgegengehalten werden kann, während im Rahmen der Prüfung einer Leistungspflicht gemäss Art. 25 KVG die Vermeidbarkeit der Erkrankung nicht geprüft werden muss.

    3. Die Rechnungen von Dr. F. vom 4. November 2015 über Fr. 6'276.60 (act. G 5.12) und vom 22. Februar 2017 über Fr. 10'165.45 (act. G 5.14) umfassen zwar nicht explizit eine Position "Abzesseröffnung". Allerdings wurden in den Akten im Zusammenhang mit den im vorliegenden Verfahren nicht streitigen Zahnbehandlungen ausgedehnte, eitrige Zahnbettinfekte (act. G 5.5), Eitersäcke (act. G 5.6) und Abszesse beschrieben (act. G 5.8). Dem Gericht ist eine abschliessende Würdigung des Sachverhalts bzw. eine Beantwortung der Fragen, ob beim Beschwerdeführer extraodontoparodontale odontoparodontale Abszesse, d.h. Abszesse innerhalb ausserhalb des Kausystems, therapiert worden sind, welche Massnahmen konkret durchgeführt worden sind und welche Behandlungen - im Falle eines odontoparodontalen Abszesses - aufgrund des Krankheitswerts notwendig waren, gestützt auf die vorliegenden Akten nicht möglich. Hat Dr. F. bei seinen Behandlungen vom 20. August bis 30. Oktober 2015 (act. G 5.12) und vom 9. Januar

bis 17. Februar 2017 (act. G 5.14) Behandlungen eines Abszesses im Sinne von Art. 25 Abs. 1 KVG respektive Art. 17 KLV vorgenommen, hätte die Beschwerdegegnerin deren Kosten gestützt auf die vorgenannten Bestimmungen zu übernehmen. In letzterem Fall nur bei Unvermeidbarkeit der Abszesse. Die Beschwerdegegnerin wäre gestützt auf den Untersuchungsgrundsatz (vgl. dazu Thomas Locher/Thomas Gächter, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 4. Aufl. Bern 2014, § 70 N 2 ff.; Kieser, a.a.O., Art. 43 N 13 ff.) zur Vornahme weiterer Abklärungen hinsichtlich einer Leistungspflicht gestützt auf Art. 25 KVG bzw. Art. 17 KLV verpflichtet gewesen. Die Angelegenheit ist mithin zur Veranlassung der besagten Abklärungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

10.

Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde vom 1. März 2018 (act. G 1) unter Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheids vom 31. Januar 2018 (act. G 5.24) teilweise gutzuheissen und die Streitsache zu ergänzenden Abklärungen im Sinn der Erwägungen und zu anschliessend neuer Verfügung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG). Eine Parteientschädigung fällt ausser Betracht, nachdem der Beschwerdeführer nicht anwaltlich vertreten ist.

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der Einspracheentscheid vom 31. Januar 2018 aufgehoben und die Streitsache zu ergänzenden Abklärungen im Sinn der Erwägungen und anschliessend neuer Verfügung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

2.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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