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Urteil Versicherungsgericht (SG - KV 2016/6)

Zusammenfassung des Urteils KV 2016/6: Versicherungsgericht

Die Beschwerdegegnerin muss die Kosten für die Fusspflege des an Diabetes leidenden Beschwerdeführers nicht erstatten, da diese bereits durch den pauschalen Beitrag abgedeckt sind. Die Beschwerde wurde abgewiesen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 21. August 2017, KV 2016/6). Der Richter war Joachim Huber, die Gerichtskosten betrugen CHF 0, die verlierende Partei war die KPT Krankenkasse AG , und die Beschwerdegegnerin ist eine Firma. Die Fusspflege wurde nicht übernommen, da die Podologin keine zugelassene Leistungserbringerin war. Der Beschwerdeführer hatte keinen Anspruch auf Kostenübernahme durch die Beschwerdegegnerin. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben, und der Staat entschädigte den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit CHF 3'026.15.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts KV 2016/6

Kanton:SG
Fallnummer:KV 2016/6
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:KV - Krankenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid KV 2016/6 vom 21.08.2017 (SG)
Datum:21.08.2017
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 25 Abs. 2 KVG. Art. 35 KVG. Art. 46 KVV. Art. 7 f. KLV. Die
Schlagwörter: Fusspflege; Leistung; Pflege; Leistungen; Leistungserbringer; Pflegeheim; Behandlung; Verfahren; Administrativvertrag; Einsprache; Podologen; Krankenpflege; Podologin; Diabetiker; Beschwerdeführers; Anspruch; Kostenübernahme; Versicherung; Diabetes; Verfahrens; Einspracheentscheid; Parteien; Beigeladene; ürden
Rechtsnorm: Art. 25 KVG ;Art. 35 KVG ;Art. 89 KVG ;
Referenz BGE:110 V 51; 129 V 169;
Kommentar:
-, ATSG- 3. Aufl. Zürich, Basel, Genf, Art. 61 ATSG, 2015

Entscheid des Verwaltungsgerichts KV 2016/6

Beschwerdegegnerin hat die Kosten der Fusspflege für den an Diabetes leidenden Beschwerdeführer nicht zu erstatten, da diese bereits durch den pauschalen Beitrag an die Pflegekosten gedeckt sind. Zudem sind Fusspfleger bzw. Podologen keine zugelassenen Leistungserbringer. Abweisung der Beschwerde (Entscheid des Versicherungsgerichts des KantonsSt. Gallen vom 21. August 2017, KV 2016/6).

Entscheid vom 21. August 2017

Besetzung

Präsident Joachim Huber, Versicherungsrichterinnen Christiane Gallati Schneider und Miriam Lendfers; Gerichtsschreiberin Katja Meili Geschäftsnr.

KV 2016/6

Parteien

  1. ,

    Beschwerdeführer,

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Felix Schmid, Oberer Graben 42, 9000 St. Gallen,

    gegen

    KPT Krankenkasse AG, Tellstrasse 18, Postfach 8624, 3001 Bern,

    Beschwerdegegnerin, am Verfahren beteiligt Z. ,

    Beigeladene, Gegenstand Versicherungsleistungen Sachverhalt

    A.

    1. A. , wohnhaft im Alters- und Pflegeheim B. , ist bei der KPT Krankenkasse AG (nachfolgend: KPT) im Rahmen der obligatorischen Krankenpflege versichert (act. G12.1). Er leidet an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 2 (act. G12.12).

    2. Mit Schreiben vom 4. März 2015 fragte der Versicherte die KPT an, ob diese ihm die monatliche Fusspflege, durchgeführt von Podologin C. , für Fr. 55.-- sowie die “Accu Chekk (Messstäbli)“ bezahle (act. G12.4). Die KPT teilte ihm am 27. März 2015 mit, die Fusspflege von einer diplomierten Podologin werde nicht übernommen, da es sich dabei nicht um eine anerkannte Leistungserbringerin handle. Die Teststreifen für Blut¬zuckerbestimmungen würden hingegen übernommen (act. G12.5). Der Versicherte führte darauf aus, C. sei nicht diplomierte Podologin, sondern “diplomierte Pedicure und Fusspflegerin“. Der Betrag von Fr. 55.-- sei ihm immer auf der Monatsrechnung des B. als persönliche Ausgabe verrechnet worden (Schreiben vom 13. April 2016; act. G12.6). Für die Kosten der Teststreifen zur Blutzuckerbestimmung stellte das B. dem Versicherten am 12. Mai 2015 eine Rückerstattung in Aussicht (act. G12.7). Nach einem weiteren Briefwechsel (act. G12.9

      f.) hielt die KPT am 22. Juli 2015 unter anderem erneut fest, an die Fusspflege würden keine Leistungen erbracht (act. G12.11).

    3. PD Dr. D. , Chefarzt der Geriatrischen Klinik St. Gallen, beurteilte am 30. Juli 2015, aus internistisch/geriatrischer Sicht qualifiziere sich der Versicherte für eine podologische Behandlung. Eine neue Stellungnahme des Bundesrates weise darauf hin, dass Institutionen bzw. Leistungserbringer Podologen für diese Leistung engagieren könnten. Dies sei im B. eindeutig der Fall. Er bitte daher die KPT die Kosten für die podologische Behandlung zu übernehmen (act. G12.12).

    4. Am 7. August 2015 hielt die KPT fest, aufgrund des Administrativvertrags zwischen Z. Schweiz und den HSK-Versicherern seien sämtliche krankenversicherungsrechtlichen Leistungen für Pflegemassnahmen seitens der Krankenversicherer mit der Bezahlung der pauschalen Beiträge (Pflegestufe 2) abgegolten. Weitere zusätzliche Pflegeleistungen würden nicht übernommen, auch nicht, wenn die Fussbehandlung in Zukunft von einer externen, gesetzlich anerkannten Leistungserbringerin durchgeführt würde (act. G12.13). Der Versicherte beantragte mit Schreiben vom 25. August 2015 die Rückerstattung von Fr. 2‘080.-- für die Fusspflege im Zeitraum vom 9. November 2011 bis 31. Juli 2015 (act. G12.14).

    5. Mit Verfügung vom 17. September 2015 wies die KPT den Anspruch auf Kostenvergütung für die Behandlungen vom 9. November 2011 bis 31. Juli 2015 ab, da Podologen keine anerkannten Leistungserbringer seien (act. G12.2, zugestellt am 19. November 2015; vgl. act. G9.3).

B.

    1. Dagegen erhob der Versicherte am 14. Dezember 2015 Einsprache und beantragte die Vergütung von Fr. 2‘080.-- für die Fusspflege, die er vom 9. November 2011 bis 31. Juli 2015 bezahlt habe. Die Fusspflege bei Diabetikern sei unbestritten eine Pflichtleistung der Krankenversicherung. Seine Behandlung sei von PD Dr. D. angeordnet worden und das B. habe diese dann an die diplomierte Fusspflegerin

      C. delegiert (act. G12.15).

    2. Mit Entscheid vom 30. März 2016 wies die KPT die Einsprache ab und hielt an der Ablehnung der Kostenübernahme für die Behandlungen der Fusspflege vom 9. November 2011 bis 31. Juli 2015 fest. Sie führte aus, C. sei keine anerkannte Pflegefachfrau und auch nicht bei der E. tätig, so dass sie keine Leistungen zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erbringen könne. Zwischen dem B. , in welchem der Versicherte sich aufhalte, und der KPT bestehe ein Vertrag, welcher vorsehe, dass durch die Bezahlung der pauschalen Beiträge sämtliche krankenversicherungsrechtlichen Leistungen für Pflegemassnahmen seitens der Krankenversicherer abgegolten seien. Die Fusspflege bei Diabetes stelle eine solche Pflegemassnahme dar, so dass die KPT – sollte die Fusspflege durch das Pflegeheim erbracht werden – diese nicht zusätzlich bezahlen müsse (act. G12.3).

C.

    1. Mit Beschwerde vom 25. April 2016 beantragt der Versicherte (nachfolgend: Beschwerdeführer) die Aufhebung der Verfügung bzw. des Einspracheentscheids. Die “Kostenbehandlung“ für die Fusspflege durch die obligatorische Krankenversicherung ab 9. November 2011 sei zuzusprechen und für die Zeitspanne vom 8. November 2011 bis 31. März 2016 sei dem Beschwerdeführer unter diesen Titeln Fr. 2‘520.-- zu bezahlen. Weiter sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und -verbeiständung zu gewähren. Das Verfahren sei vorläufig zu sistieren, eventualiter sei ihm eine Frist zur Beschwerdeergänzung einzuräumen; unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Er macht geltend, der betagte Beschwerdeführer sei als Diabetiker auf regelmässige Fusspflege angewiesen, und es werde bestritten, dass die behandelnde Podologin die gesetzlichen Kriterien nicht erfülle. Er hoffe auf eine praktikable einvernehmliche Lösung mit der Beschwerdegegnerin (act. G1).

    2. Mit Schreiben vom 28. April 2016 entsprach die Verfahrensleitung dem Gesuch um Sistierung des Verfahrens, um das Erzielen einer einvernehmlichen Lösung zwischen den Parteien zu versuchen (act. G3).

    3. Mit Eingabe vom 31. Oktober 2016 beantragt der Beschwerdeführer ergänzend, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass die KPT (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) die angefallenen und in Zukunft anfallenden

      Podologiekosten zu tragen habe. Das betroffene B. sei als Verfahrensbeteiligte beizuladen. Er führt aus, wie der beigelegten Korrespondenz entnommen werden könne (vgl. act. G9.6 ff.), sei es nicht zu einer einvernehmlichen Lösung mit der Beschwerdegegnerin gekommen. Diese stelle sich auf den Standpunkt, die Kosten der Fusspflege seien mit ihren Pauschalzahlungen an das B. abgegolten. De facto wolle die Beschwerdegegnerin die Leistungserbringung an das B. delegiert haben. Das entbinde sie aber nicht von der Pflicht sicherzustellen, dass der Beschwerdeführer seine gesetzlichen Leistungen erhalte. Der Administrativvertrag könne nicht quasi als “Vertrag zu Lasten Dritter“ die Ansprüche des Beschwerdeführers gegenüber der Beschwerdegegnerin aufheben. Auch Pflegeheime seien anerkannte Leistungserbringer. Wer intern im Pflegeheim die Aufgabe der Fusspflege wahrnehme, liege in dessen Verantwortungsbereich. Wenn die interne Organisation das Personal ungenügend sei, stelle das keinen Ausschlussgrund für den Anspruch der Patienten auf Leistungen dar. Es sei überspitzt formalistisch, nur auf die Papierform der leistungserbringenden Person abzustellen und nicht auf die wirkliche Fachkompetenz. Die Leistung sei nicht C. selbst, sondern dem B. zuzurechnen, womit die Voraussetzungen der Deckung durch die Beschwerdegegnerin erfüllt seien. Die Beschwerdegegnerin habe zudem ihre Aufklärungs- und Beratungspflicht verletzt. Schon vor Einleiten des Gerichtsverfahrens wäre es ihre Aufgabe gewesen, den Beschwerdeführer darüber zu beraten, wie er zu den als Pflichtleistung anerkannten Pflegeleistungen komme, ohne selbst dafür zu bezahlen (act. G9).

    4. Die Verfahrensleitung entsprach dem Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege am 7. November 2016 (act. G10).

    5. Mit Beschwerdeantwort vom 5. Dezember 2016 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde, sofern darauf einzutreten sei; unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Sie macht geltend, auf das Feststellungsbegehren des Beschwerdeführers sei nicht einzutreten, da dieser bereits ein Leistungsbegehren gestellt habe. Der angefochtene Einspracheentscheid stecke den Rahmen des Streitgegenstands ab (vergangene Podologiekosten bis 31. Juli 2015). Da aber ein enger sachlicher Zusammenhang bestehe, scheine es aus prozessökonomischen Gründen sinnvoll, den Streitgegenstand auf die Kosten bis zum Einspracheentscheid vom 30. März 2016 zu erweitern. Die Kosten der Fusspflege bei

Diabetikern seien bereits durch den Beitrag ans B. abgegolten. Auch wenn die Leistung nicht durch das B. erbracht würde, müssten die Voraussetzungen erfüllt sein. Die eingesetzte Podologin sei kein anerkannter Leistungserbringer, weshalb keine Pflichtleistung vorliege. Die Beratungs- und Aufklärungspflicht sei nicht verletzt worden (act. G12).

C.f Die Verfahrensleitung lud das B. , vertreten durch die Z. am 23. März 2017

zum Verfahren bei (act. G13).

    1. Die Z. (nachfolgend: Beigeladene) führt mit Schreiben vom 13. April 2017 aus, sie erachte eine Beiladung nicht als sinnvoll, zumal die zu Grunde liegende Rechtsfrage nicht eine Entgeltungspflicht des B. an sich, sondern die Zuständigkeit der Finanzierung dieses medizinischen Eingriffs respektive pflegerischen Vorganges betreffe. Materiell macht sie geltend, zwischen der “normalen Fusspflege“ und den “Podologie-Leistungen“ bestehe ein grosser Leistungsunterschied. Während erstere

      als übliche Pflegehandlungen von in Pflegeheimen angestellten Fachpersonen auch bei Diabetes-Patienten durchgeführt würden und Teil der Pflegeheimpauschale darstellten, seien letztere medizinisch meist invasive Leistungen, die deutlich tiefer gingen. Diese Leistungen lägen klar in der Verantwortung und Abrechnungsmöglichkeit zwischen Podologen und Krankenversicherern und seien damit Teil des Vertrages zwischen Patient und Versicherung. Pflegeheime müssten als Leistungserbringer nur die “normale Fusspflege“ auf eigene Rechnung erbringen. Vor der Weiterführung des Verfahrens stelle sich die grundsätzliche Frage, ob dieses nicht infolge Erledigung der Streitsache eingestellt werden sollte, nachdem sich der Beschwerdeführer mit dem

      B. geeinigt habe (act. G15). Sie legte ihrer Stellungnahme ein Schreiben des Beschwerdeführers vom 1. Oktober 2016, mit welchem dieser dem B. “aus kulanten Gründen ohne Präjudiz“ vorschlug, ab 1. Oktober 2016 die Fusspflege selbst zu bezahlen (act. G15.1), sowie eine Vereinbarung bezüglich Rückvergütung von Teststreifen vom 6. Oktober 2016 (act. G15.2) bei.

    2. Der Beschwerdeführer verzichtete am 28. April 2017 auf das Einreichen einer Replik und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (act. G17).

C.i Die Beschwerdegegnerin reichte am 22. Mai 2017 eine Stellungnahme zur Eingabe der Beigeladenen ein und führte aus, sie erachte die Beiladung als sinnvoll. Das Schreiben des Beschwerdeführers vom 1. Oktober 2016 (vgl. act. G15.1) beziehe sich auf die Fusspflege ab Oktober 2016, nicht auf den vorliegend relevanten Zeitraum ab November 2011. Es könne somit nicht davon gesprochen werden, dass die Grundlage des Beschwerdeverfahrens hinfällig geworden wäre. Sie halte daher an ihren Ausführungen fest (act. G18).

Erwägungen

1.

Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen und zu beurteilen, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung genommen hat (BGE 110 V 51 E. 3b). Vorliegend hat die Beschwerdegegnerin im Einspracheentscheid vom 30. März 2016 (act. G12.3), welcher auf der Verfügung vom

17. September 2015 (act. G12.2) basiert, lediglich über den Anspruch auf Kostenübernahme für die Behandlungen der Fusspflege vom 9. November 2011 bis 31. Juli 2015 befunden. Wie die Beschwerdegegnerin jedoch richtig ausführt (act. G12), scheint es beim vorliegenden engen sachlichen Zusammenhang aus prozessökonomischen Gründen sinnvoll, den Streitgegenstand wie vom Beschwerdeführer beantragt (act. G1), auf die Kosten der Fusspflege bis zum 31. März 2016 auszudehnen (vgl. THOMAS LOCHER/THOMAS GÄCHTER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 4. Aufl. Bern 2014, § 75 N 18, mit weiteren Hinweisen). Rechtsprechungsgemäss bildet das Datum des streitigen Einspracheentscheids die zeit-liche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis (vgl. BGE 129 V 169 E. 1; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. Zürich/Basel/Genf 2015, N 99 zu Art. 61). Allfällige Ansprüche auf eine Kostenübernahme der Fusspflege nach dem angefochtenen Einspracheentscheid vom 30. März 2016 sind damit nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die vom Beschwerdeführer signalisierte Bereitschaft, die Kosten der Fusspflege ab 1. Oktober 2016 selbst zu bezahlen (vgl. act. G15.1), macht das Verfahren nicht gegenstandslos. Nicht Streitgegenstand sind sodann Kostenübernahmen für andere Leistungen, so insbesondere für die in den Akten

erwähnten Teststreifen und Alkoholtupfer (vgl. act. G12.4 ff., G12.14). Zu beurteilen ist schliesslich nur ein Anspruch auf Kostenübernahme gegenüber der Beschwerdegegnerin, nicht gegenüber der Beigeladenen.

2.

Zwischen den Parteien umstritten und nachfolgend zu prüfen ist damit einzig der Anspruch des Beschwerdeführers auf Kostenübernahme der Fusspflegebehandlungen vom 9. November 2011 bis 31. März 2016. Der Beschwerdeführer ist unbestritten Diabetiker Typ II und die Fusspflegebehandlungen wurden ärztlich angeordnet (act. G12.12).

    1. Laut Art. 25 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen. Zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung sind die in Art. 35 Abs. 2 KVG abschliessend aufgezählten Leistungserbringer zugelassen. Art. 25 Abs. 2 KVG enthält einen Katalog von Leistungen, die unter die Übernahmepflicht der Krankenversicherer fallen. Als Pflichtleistung aufgeführt sind unter anderem die stationär in einem Pflegeheim durchgeführten Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen. Diese Leistungen müssen von Ärzten Chiropraktoren auf deren Anordnung bzw. in deren Auftrag durch eine andere Person erbracht werden (lit. a Ziff. 1). Als Personen, die auf ärztliche Anordnung hin Leistungen erbringen, werden Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Pflegefachpersonen, Logopäden und Ernährungsberater zugelassen, die ihren Beruf selbständig und auf eigene Rechnung ausüben (Art. 46 Abs. 1 der Verordnung über die Krankenversicherung [KVV; SR 832.102]).

    2. Gemäss Art. 33 lit. b KVV bezeichnet das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) nach Anhören der zuständigen Kommission die nicht von Ärzten Chiropraktoren erbrachten Leistungen nach Art. 25 Abs. 2 KVG. Gestützt darauf wurden die Art. 5 ff. der Verordnung des EDI über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (KLV; SR 832.112.31) erlassen. Demgemäss gelten Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen, die auf ärztliche Anordnung

      hin im ärztlichen Auftrag von Pflegefachpersonen, von Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause von Pflegeheimen erbracht werden als Leistungen nach Art. 33 lit. b KVV (Art. 7 Abs. 1 KLV). Zu diesen Leistungen zählt u.a. die Fusspflege bei Diabetikern (Art. 7 Abs. 2 lit. b Ziff. 10 KLV). Die Versicherung übernimmt für von Pflegeheimen i.S.v. Art. 7 Abs. 1 und 2 KLV erbrachte Leistungen je nach Pflegebedarf tägliche pauschale Beiträge an die Kosten der Leistungen (Art. 7a Abs. 3 KLV). Das B. ist als Leistungserbringerin dem Administrativvertrag vom 29. April 2013 zwischen Z. Schweiz und den HSK-Versicherern, zu denen die Beschwerdegegnerin gehört, angeschlossen (act. G12.16, vgl. Anschlussvertrag zum Administrativvertrag vom 1. November 2013; act. G12.17). Gemäss Art. 7.3 des Administrativvertrags sind mit der Bezahlung der Beiträge gemäss Art. 7a Abs. 3 KLV sämtliche krankenversicherungsrechtliche Leistungen für Pflegemassnahmen nach Art. 7 Abs. 2 KLV abgegolten. Entstehen bei der Anwendung des Vertrages Differenzen, sollen diese grundsätzlich von den Betroffenen bereinigt werden. Bei Nichteinigung richtet sich das weitere Vorgehen bei Streitigkeiten nach Art. 89 KVG (Art. 13.1 f. des Administrativvertrags).

    3. Vorerst ist zu prüfen, ob die Kosten der Fusspflege, wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht, bereits durch den von ihr unstreitig bezahlten Pauschalbeitrag i.S.v. Art. 7a Abs. 3 KLV gedeckt sind (vgl. Auszug für die Steuererklärung vom 26. Januar 2016 und Rechnung vom 15. September 2016 in act. G 9.3). C. , welche beim Beschwerdeführer die Fusspflege durchführte, ist soweit aktenkundig nicht vom B. angestellt, wurde jedoch von diesem mit der Behandlung betraut (act. G9, G12.12), weshalb die Leistung grundsätzlich unter Art. 7 Abs. 1 lit. c KLV fällt. Strittig ist, ob die beim Beschwerdeführer durchgeführte Behandlung als Fusspflege bei Diabetikern i.S.v. Art. 7 Abs. 2 lit. b Ziff. 10 KLV gilt oder, wie die Beigeladene ausführt, als fachpodologische, invasive Leistung davon nicht erfasst ist (act. G15, vgl. act. G9.7, G9.9). Es erscheint dem Sinn und Zweck des genannten Artikels entsprechend, dass mit “Fusspflege bei Diabetikern“ gerade die spezifisch von Diabetikern benötigte Fusspflege gemeint ist, welche über die auch bei nicht an Diabetes erkrankten Bewohnern eines Pflegeheims erforderliche hinausgeht. Dies, zumal die Hilfe bei der Körperpflege, worunter auch die Fusspflege zu verstehen ist, bereits als Massnahme der Grundpflege in Art. 7 Abs. 2 lit. c KLV aufgeführt ist. Wie der Bundesrat bezugnehmend auf eine Motion vom 8. März 2012 zur

      Kostenübernahme für die Fusspflege durch Podologinnen und Podologen festhielt, macht die KLV keine Vorgaben bezüglich der Qualifikation, welche die Pflegefachpersonen bzw. Mitarbeitenden der Organisationen der Krankenpflege und Pflegeheimen erfüllen müssen, um Fusspflege bei Patienten mit Diabetes vornehmen zu können (Stellungnahme vom 23. Mai 2012, abrufbar unter www.parlament.ch/de/ ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20123111, eingesehen am 12. Juli 2017). Mit Stellungnahme vom 18. Februar 2015 bezüglich Kostenübernahme für die Fusspflege durch Podologinnen und Podologen bei ärztlicher Anordnung (act. G12.12; Volltext abrufbar unter www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche curia-vista/geschaeft? AffairId=20144013, eingesehen am 12. Juli 2017) führte der Bundesrat aus, es sei den Leistungserbringern freigestellt, für Fusspflegeleistungen bei Diabetes Podologinnen und Podologen zu engagieren. Daraus ist zu schliessen, dass auch die tiefer gehende, teilweise invasive Fusspflege durch einen Fusspfleger Podologen (vgl. zur Tätigkeit von Podologen Art. 50 der Verordnung über die Ausübung von Berufen der Gesundheitspflege; sGS 312.1) von Art. 7 Abs. 2 lit. b Ziff. 10 KLV erfasst ist. Der Beschwerdeführer brachte in seiner Einsprache vom 14. Dezember 2015 selbst vor, die Fusspflege beschränke sich auf das Schneiden der Nägel und Eincremen der Füsse. Zudem würden seine Füsse periodisch von einer Fachpflegefrau begutachtet (act. G9.2). Die von C. durchgeführte Fusspflege scheint demnach keinen invasiven Charakter zu haben und damit nicht über eine Behandlung i.S.v. Art. 7 Abs. 2 lit. b Ziff. 10 KLV hinauszugehen. Allenfalls könnte sie gar als Massnahme der Grundpflege i.S.v. Art. 7 Abs. 2 lit. c KLV interpretiert werden (vgl. den diesbezüglichen Hinweis in act. G9.15, wonach die Füsse unbedenklich seien und die Fusspflege durch das Personal des B. gemacht werden könne). Schliesslich enthält die Auflistung der ausserhalb der Pauschale zu verrechnenden speziellen Pflege in Art. 5.1.7 des Anschlussvertrags zum Administrativvertrag (act. G12.17) und im Anhang 4 zum Administrativvertrag keine Fusspflegeleistungen, was dafür spricht, dass sie bereits in den pauschalen Beiträgen enthalten sind. Wie die nachfolgende Erwägung zeigt, muss die Frage der Unterstellung der durchgeführten Fusspflege unter Art. 7 Abs. 2 lit. b Ziff. 10 KLV und daraus folgend die Frage, ob die Leistungen in den von der Beschwerdegegnerin geleisteten pauschalen Beiträgen enthalten sind, vorliegend nicht abschliessend beurteilt werden. Die rechtsverbindliche Auslegung des zwischen der Beschwerdegegnerin und der Beigeladenen umstrittenen Art. 7.3 des

      Administrativvertrags ist vorliegend nicht Streitgegenstand (vgl. Art. 13.1 f. des Administrativvertrags) und die Frage, ob und durch wen medizinisch invasive Massnahmen zu entschädigen sind, stellt sich hier gar nicht. Soweit die Voraussetzung von Art. 7 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 7 Abs. 2 lit. b Ziff. 10 KLV bejaht wird, sind die Kosten jedenfalls durch den Beitrag der Beschwerdegegnerin i.S.v. Art. 7a Abs. 3 KLV gedeckt und müssen aufgrund des Art. 7.3 des Administrativvertrags von ihr nicht zusätzlich vergütet werden.

    4. Selbst wenn die genannten Voraussetzungen verneint würden, hätte der Beschwerdeführer gegenüber der Beschwerdegegnerin keinen Anspruch auf Vergütung der geltend gemachten Kosten. Unabhängig davon, ob es sich bei C. um eine Fusspflegerin (act. G9, act. G9.2, act. G12.3, G12.6) eine Podologin (act. G1, G12.2, G12.3, G12.4) handelt, gilt sie nach derzeit geltender Rechtslage nicht als zugelassene Leistungserbringerin, die selbständig auf ärztliche Anordnung hin Leistungen zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erbringen kann (Art. 35 Abs. 2 KVG, Art. 46 Abs. 1 KVV). Auch ist sie soweit aktenkundig weder für eine Organisation der Krankenpflege und Hilfe zu Hause tätig, noch eine anerkannte Pflegefachfrau (act. G12.3; vgl. Art. 7 Abs. 1 lit. a und b KLV), welche anerkannte Leistungen erbringen könnte.

    5. Zusammenfassend hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf die beantragte Kostenvergütung durch die Beschwerdegegnerin. Das im Sozialversicherungsrecht geltende Legalitätsprinzip schliesst die Erbringung von “Kulanzleistungen“, wie sie der Beschwerdeführer sinngemäss erwähnt (act. G9.2, G9.4 f.), aus.

3.

Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Beschwerdegegnerin habe ihre Aufklärungs- und Beratungspflicht verletzt, da sie ihn nicht darüber beraten habe, wie er die für Diabetiker grundsätzlich von der Krankenkasse zu bezahlende Pflichtleistung der Fusspflege erhalten könne, ohne selbst dafür zu bezahlen (act. G9). Wie die Beschwerdegegnerin jedoch richtig vorbringt (act. G12), hat sie dem Beschwerdeführer mehrfach mitgeteilt, es müsse ein anerkannter Leistungserbringer beigezogen werden und ihm empfohlen, sich mit dem B. in Kontakt zu setzen, da die Leistungen bereits

durch den Pauschalbetrag gedeckt seien (vgl. act. G12.2, G12.5, G12.13). Es liegt damit keine Verletzung der Beratungs- und Aufklärungspflicht i.S.v. Art. 27 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) vor.

4.

    1. Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist der Einspracheentscheid vom 30. März

      2016 nicht zu beanstanden und die dagegen erhobene Beschwerde abzuweisen.

    2. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

    3. Als Versicherungsträger hat die obsiegende Beschwerdegegnerin praxisgemäss keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, soweit - wie vorliegend - die Prozess- führung der Gegenpartei nicht als mutwillig leichtsinnig zu bezeichnen ist (vgl. KIESER, a.a.O., N 199 zu Art. 61). Ihr diesbezüglicher Antrag (act. G12) ist abzuweisen.

    4. Der Staat bezahlt zufolge unentgeltlicher Rechtsverbeiständung die Kosten der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers. Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG). In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b der Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten (HonO; sGS 963.75) pauschal Fr. 1'000.- bis Fr. 12'000.-. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers reichte am 21. Juni 2017 eine Honorarnote im Umfang von Fr. 3‘755.15 (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer), wovon Fr. 3‘375.-- Aufwand für 13.5 Stunden à Fr. 250.-- sowie Fr. 102.--Barauslagen, ein (act. G 21). Mit Blick auf vergleichbare Fälle erscheint der geltend gemachte Aufwand als angemessen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass dem unentgeltlichen Rechtsbeistand lediglich ein um 20% reduziertes Honorar zusteht (vgl. Art. 31 Abs. 3 des Anwaltsgesetzes, sGS 963.70), weshalb eine Kürzung auf Fr. 3‘026.15 ([13.5 x Fr. 200.-- + Fr. 102.--] + 8.0%) zu erfolgen hat. Somit hat der Staat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Fr. 3‘026.15 (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.

    5. Eine Partei, der die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde, ist zur Nachzahlung verpflichtet, sobald sie dazu in der Lage ist (Art. 123 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO; SR 272] i.V.m. Art. 99 Abs. 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRP; sGS 951.1]).

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.

Der Antrag der Beschwerdegegnerin auf Zusprache einer Parteientschädigung wird abgewiesen.

4.

Der Staat entschädigt den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Fr. 3'026.15 (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer).

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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