E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Verwaltungsrekurskommission (SG - IV-2019/195)

Zusammenfassung des Urteils IV-2019/195: Verwaltungsrekurskommission

X, männlich

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts IV-2019/195

Kanton:SG
Fallnummer:IV-2019/195
Instanz:Verwaltungsrekurskommission
Abteilung:Verkehr
Verwaltungsrekurskommission Entscheid IV-2019/195 vom 30.04.2020 (SG)
Datum:30.04.2020
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:EntscheidHöchstgeschwindigkeit innerorts um 26 km/h. Es gibt keine Gründe, vom
Schlagwörter: Quot; Rekurrent; Strasse; Führerausweis; Höchstgeschwindigkeit; Strassen; Recht; Widerhandlung; Strassenverkehr; Verfügung; Verwaltungs; Strassenverkehrs; Signal; Fahrzeug; Rekurs; Administrativ; Führerausweisentzug; Sachverhalt; Vorinstanz; Ausland; Sicherungsentzug; Verfügung; Liechtenstein; Geschwindigkeit; Administrativmassnahme; Fürstentum; Ortschaft
Rechtsnorm: Art. 16 SVG ;Art. 16b SVG ;Art. 16c SVG ;Art. 7 VRV ;
Referenz BGE:124 II 103; 132 II 234; 141 II 220; 141 II 256;
Kommentar:
Weissenberger, Kommentar SVG und OBG, Art. 16 OR OBG SVG, 2015

Entscheid des Verwaltungsgerichts IV-2019/195

Sachverhalt, wie er im liechtensteinischen Strafverfahren bestimmt wurde, abzuweichen. Da der Führerausweis in den vergangenen acht Jahren bereits dreimal wegen mittelschwerer Widerhandlungen entzogen war, hat die Vorinstanz den Führerausweis nach der schweren Widerhandlung (Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausland) zu Recht auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre, entzogen. Hierbei handelt es sich um einen Sicherungsentzug (Verwaltungsrekurskommission, Abteilung IV, 30. April 2020, IV-2019/195).

Präsident Urs Gmünder, Richter Urs Früh und Beat Fritsche, Gerichtsschreiber Philipp Lenz

X, Rekurrent,

vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. Manfred Dähler, Kreuzacker-strasse 9, 9000 St.

Gallen, gegen

Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt, Abteilung Administrativmassnahmen,

Frongartenstrasse 5, 9001 St. Gallen, Vorinstanz

betreffend

Führerausweisentzug (Sicherungsentzug)

Sachverhalt:

A.- X besitzt den Führerausweis der Kategorie B seit dem 29. April 1985. Am

8. April 2010 verwarnte ihn das Strassenverkehrsamt wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts um 17 km/h. In den Jahren 2012 bis 2016 wurde X der Führerausweis dreimal wegen mittelschwerer Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften entzogen: vom 26. Juni bis 25. Juli 2012 (einen Monat wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ausserorts von 80 km/h um 29 km/h; Verfügung vom 26. März 2012), vom 22. Mai bis 21. September 2014 (vier Monate wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts von

50 km/h um 21 km/h; Verfügung vom 22. November 2013) und vom 11. Januar bis

10. Mai 2017 (vier Monate wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h um 22 km/h; Verfügung vom 11. Juli 2016).

B.- Am Mittwoch, 15. August 2018, 14.24 Uhr, war X mit seinem Personenwagen innerorts auf der Haldenstrasse in der liechtensteinischen Gemeinde Gamprin-Bendern unterwegs, als er von einem mobilen Radar-Geschwindigkeitsmessgerät erfasst wurde. Die Auswertung der Messung ergab eine rechtlich relevante Überschreitung von 26 km/

h. Das Fürstliche Landgericht stellte in der Strafverfügung vom 5. Oktober 2018 fest, X habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge in Ortschaften von 50 km/h (nach Abzug der Messtoleranz von 5 km/h) um 26 km/h überschritten. Es verurteilte ihn wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln zu einer Busse von Fr. 1'150.–. Dagegen wurde kein Rechtsmittel ergriffen. In administrativmassnahmerechtlicher Hinsicht aberkannte die liechtensteinische Motorfahrzeugkontrolle (MFK/FL) den schweizerischen Führerausweis mit Verfügung vom 24. Oktober 2018 für die Dauer eines Monats (Vollzug vom 1. bis 31. Dezember 2018). Das Strassenverkehrsamt des Kantons St. Gallen erhielt davon Kenntnis und entzog den Führerausweis am

31. Oktober 2018 vorsorglich, widerrief diese Verfügung jedoch am 8. November 2018, weil X gegen die liechtensteinische Aberkennungsverfügung Beschwerde erhoben hatte. Nachdem diese von der Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten des Fürstentums Liechtenstein (VBK) am 20. Dezember 2018 abgewiesen worden war, entzog das Strassenverkehrsamt des Kantons

St. Gallen X den Führerausweis am 7. Januar 2019 erneut vorsorglich ab sofort und stellte gleichzeitig einen Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre in Aussicht. X erhob gegen den vorsorglichen Führerausweisentzug Rekurs bei der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen (VRK) und gegen deren Abweisungsentscheid IV-2019/9 vom 5. März 2019 erfolglos Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen (Entscheid des Verwaltungsgerichts [VerwGE] B 2019/59 vom 7. Juni 2019). Gegen die Entscheidung der VBK vom

20. Dezember 2018 führte X ebenfalls Beschwerde, welche der Verwaltungsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein mit Urteil vom 8. März 2019 abwies und den Beginn der einmonatigen Aberkennungsdauer auf den 1. April 2019 festlegte. Dagegen reichte X am 9. April 2019 eine Individualbeschwerde beim Staatsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein ein, wobei er im Wesentlichen eine Verletzung des Rechts auf wirksame Beschwerdeführung bzw. auf rechtsgenügliche Begründung, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, eine Verletzung des Verbots der Rechtsverweigerung und eine Verletzung des Willkürverbots rügte.

C.- Am 15. Juli 2019 setzte das Strassenverkehrsamt das Verfahren hinsichtlich des in Aussicht gestellten Führerausweisentzugs auf unbestimmte Zeit fort. X nahm dazu mit Schreiben seines neuen Rechtsvertreters vom 18. November 2019 Stellung. Am

19. November 2019 ging beim Strassenverkehrsamt das Urteil des Staatsgerichtshofs des Fürstentums Liechtenstein vom 3. September 2019 ein. Danach wurde der Individualbeschwerde vom 9. April 2019 keine Folge geleistet und festgestellt, dass X in seinen verfassungsmässig gewährleisteten Rechten nicht verletzt worden sei. Mit Verfügung vom 20. November 2019 entzog das Strassenverkehrsamt den Führerausweis für unbestimmte Zeit (mindestens für zwei Jahre ab dem 7. Januar

2019) und einem allfälligen Rekurs die aufschiebende Wirkung. Die Wiedererteilung des Führerausweises wurde von einem positiv lautenden verkehrspsychologischen Gutachten abhängig gemacht.

D.- Mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 5. Dezember 2019 erhob X Rekurs bei der VRK. Er beantragte, die Verfügung des Strassenverkehrsamts vom 20. November 2019 sei aufzuheben, dem Rekurs sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen und der Führerausweis sei ihm unverzüglich wieder auszuhändigen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Am 1. Januar 2020 ergänzte der Rechtsvertreter den Rekurs.

Den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zog er am 30. März 2020 zurück. Auf die Ausführungen zur Begründung der Anträge wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen. Das Strassenverkehrsamt verzichtete mit Schreiben vom 3. Januar 2020 auf eine Vernehmlassung. Am 23. Januar 2020 wies der Verfahrensleiter das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab (ZV-2020/9).

Erwägungen:

1.- Die Eintretensvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen. Die VRK ist zum Sachentscheid zuständig. Die Befugnis zur Rekurserhebung ist gegeben. Der Rekurs vom 5. Dezember 2019 ist rechtzeitig eingereicht worden. Er erfüllt zusammen mit der Ergänzung vom 1. Januar 2020 in formeller und inhaltlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen (Art. 41 lit. gbis, 45, 47 und 48 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt: VRP).

2.- Es ist unbestritten, dass der Rekurrent am 15. August 2018, 14.24 Uhr, auf der Haldenstrasse in Gamprin-Bendern/FL ein Fahrzeug mit einer rechtlich relevanten Geschwindigkeit von 76 km/h lenkte. Die Vorinstanz warf ihm vor, auf dieser Fahrt innerorts die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 26 km/h überschritten zu haben, und verfügte aufgrund früherer Einträge im Informationssystem über die Verkehrszulassung (IVZ) gestützt auf Art. 16c Abs. 2 lit. d des Strassenverkehrsgesetzes (SR 741.01, abgekürzt: SVG) einen Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre. Gemäss der bundesgerichtlichen

Rechtsprechung handelt es sich dabei um einen Sicherungsentzug (vgl. BGE 141 II 220

E. 3.2). Der Rekurrent brachte dagegen vor, die Geschwindigkeitsbegrenzung sei für ihn nicht erkennbar gewesen. Vielmehr habe er aufgrund der Signalisation und der örtlichen Gegebenheiten davon ausgehen dürfen, dass er sich im Ausserortsbereich befunden und die zulässige Höchstgeschwindigkeit demnach 80 km/h betragen habe. Zudem sei zu beachten, dass eine im Ausland begangene Widerhandlung gegen dortige Strassenverkehrsvorschriften in der Schweiz keinen Sicherungsentzug gemäss Art. 16b Abs. 2 lit. e Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG auszulösen vermöge. Zu klären ist deshalb in einem ersten Schritt, ob dem Rekurrenten aufgrund der Geschwindigkeitsüberschreitung vom 15. August 2018 eine schwere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften vorzuwerfen ist (nachfolgend E. 3). Sollte dies

zu bejahen sein, wird anschliessend die Rechtmässigkeit der von der Vorinstanz verfügten Administrativmassnahme (Entzug auf unbestimmte Zeit, mindestens für zwei Jahre) zu prüfen sein (E. 4).

3.- a) In tatsächlicher Hinsicht ging das Fürstliche Landgericht in der Strafverfügung vom 5. Oktober 2018 davon aus, dass der Rekurrent am 15. August 2018 die zulässige Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge in Ortschaften von 50 km/h um 26 km/h überschritten habe. Diese Strafverfügung wurde vom Rekurrenten nicht angefochten, weshalb auch die Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten, der Verwaltungsgerichtshof und der Staatsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein von diesem Sachverhalt ausgingen. Letzterer erwog im Urteil vom 3. September 2019

(E. 4.2), der Verwaltungsgerichtshof habe sich in verfassungskonformer Weise durch den Sachverhalt der vom Beschwerdeführer nicht angefochtenen Strafverfügung gebunden gesehen und auf eigene Abklärungen verzichtet (act. 3/210). Auch die Vorinstanz legte ihrer Verfügung diesen Sachverhalt zugrunde.

Der Rekurrent machte dagegen zusammengefasst geltend, die Strafverfügung vom

14. November 2018 (richtig: 5. Oktober 2018) sei ohne seine Kenntnis in Rechtskraft erwachsen, weil die Busse von seiner Ehefrau unbesehen bezahlt worden sei. Zudem hätten ihn weder die MFK/FL noch eine andere liechtensteinische Behörde rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass materielle Einwände gegen die Feststellungen in der Strafverfügung nicht erst im Administrativmassnahmeverfahren, sondern bereits im Strafverfahren hätten vorgebracht werden müssen. Mangels Kenntnissen der schweizerischen und der ausländischen Gesetzgebungen habe er dies nicht wissen können. Ohnehin sei die Strafverfügung auf dem Rechtshilfeweg erheblich später zugestellt worden als die Mittelung der MFK/FL. Seine Vorbringen seien von den liechtensteinischen Verwaltungs- und Gerichtsinstanzen nicht gehört und abschlägig behandelt worden. Dies mit der sinngemässen Begründung, dass die Verwaltungsbehörden an die Strafverfügung gebunden seien und der Führerausweis deshalb zwingend zu entziehen sei. Die Instanzen im Fürstentum Liechtenstein hätten es unterlassen, eine materielle Prüfung durch Beweisaufnahme vorzunehmen. Vielmehr hätten sie pauschal festgehalten, dass er (der Rekurrent) den Sachverhalt durch die Nichtanfechtung der Strafverfügung anerkannt habe, weshalb dieser für die Behörden im Administrativmassnahmeverfahren verbindlich sei. Es sei jedoch mit

schweizerischem Recht unvereinbar, dass einem Laien eine rechtliche Unachtsamkeit angelastet werde, obgleich die Strafverfügung zu einem offensichtlich falschen Resultat geführt habe. Der Sicherungsentzug sei ohne gültige Gesetzesgrundlage verfügt worden. Selbst wenn von einer solchen auszugehen wäre, könne ihm kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorgeworfen werden, da sein Verschulden wegen der verschiedenen irreführenden Sachverhaltselemente – insbesondere der örtlichen Gegebenheiten und der fehlenden Signalisation der zulässigen Höchstgeschwindigkeit

  • so gering sei, dass die Anwendung von Art. 16b Abs. 2 lit. e Art. 16c Abs. 2 lit. d

    SVG nicht in Frage komme.

    b) Ein Strafurteil vermag die Verwaltungsbehörde grundsätzlich nicht zu binden. Allerdings gebietet der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung, widersprüchliche Entscheide im Rahmen des Möglichen zu vermeiden, weshalb die Verwaltungsbehörde beim Entscheid über die Massnahme von den tatsächlichen Feststellungen des Strafrichters nur abweichen darf, wenn (1) sie Tatsachen feststellt und ihrem Entscheid zugrunde legt, die dem Strafrichter unbekannt waren, wenn (2) sie zusätzliche Beweise erhebt, wenn (3) der Strafrichter bei der Rechtsanwendung auf den Sachverhalt nicht alle Rechtsfragen abgeklärt, namentlich die Verletzung bestimmter Verkehrsregeln übersehen hat, (4) wenn die Beweiswürdigung des Strafrichters eindeutig im Widerspruch zur Tatsachenlange stand. In der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts

  • namentlich auch des Verschuldens – ist die Verwaltungsbehörde demgegenüber frei, ausser die rechtliche Qualifikation hängt stark von der Würdigung von Tatsachen ab, die der Strafrichter besser kennt, etwa, weil er den Beschuldigten persönlich einvernommen hat (vgl. Ph. Weissenberger, Kommentar SVG und OBG, 2. Aufl. 2015, Vorbemerkungen zu Art. 16 ff. SVG N 10; Urteil des Bundesgerichts [BGer] 1C_413/2014 vom 30. März 2015 E. 2.2; VerwGE B 2015/108 vom 17. Dezember 2015

E. 3.3.2). Hängt die rechtliche Würdigung sehr stark von der Würdigung von Tatsachen ab, die der Strafrichter besser kennt als die Verwaltungsbehörde (was etwa dann der Fall ist, wenn er den Beschuldigten persönlich einvernommen hat), so ist die Verwaltungsbehörde auch in Bezug auf die Rechtsanwendung an die rechtliche Qualifikation des Sachverhalts durch das Strafurteil gebunden (vgl. BGE 124 II 103

E. 1c/aa).

c) Die Strafverfügung datiert von 5. Oktober 2018, nicht vom 14. November 2018, wie im Rekurs vorgebracht. Sie wurde dem Rekurrenten offenbar rechtzeitig zugestellt, denn nach der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs ist die vom Landgericht verhängte Busse bereits am 19. Oktober 2018 einbezahlt worden (vgl. act. 3/104). Eine direkte Zustellung der Strafverfügung an den Rekurrenten war zulässig (vgl. Art. 41 Abs. 1 des Vertrags zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit vom 4. Juni 2012, SR 0.360.163.1). Aus dem Umstand, dass die Ehefrau die Verfügung in Empfang nahm, kann der Rekurrent nichts zu seinen Gunsten ableiten, insbesondere nicht, dass er davon nichts erfahren habe. Gemäss Art. 85 Abs. 3 der Schweizerischen Strafprozessordnung (SR 312.0, abgekürzt: StPO) ist die Zustellung erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin dem Adressaten von einer angestellten im gleichen Haushalt lebenden, mindestens sechzehn Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Dieselbe Zustellungsregelung gilt auch im Fürstentum Liechtenstein (§ 36 Abs. 1 der liechtensteinischen Strafprozessordnung [LR 312.0], § 87 Abs. 1 der liechtensteinischen Zivilprozessordnung [LR 271] und Art. 18 Abs. 2 des liechtensteinischen Zustellgesetzes [LR 172.023]). Ebenfalls am

5. Oktober 2018 eröffnete die MFK/FL das Administrativmassnahmeverfahren (vgl.

act. 3/104). Aus der liechtensteinischen Aberkennungsverfügung geht hervor, dass der Rekurrent dazu am 19. Oktober 2018 Stellung nahm (act. 3/15), somit noch vor dem Ablauf der 14-tägigen Rechtsmittelfrist der Strafverfügung. Der Rekurrent musste sich demnach darüber im Klaren sein, dass auch das Fürstentum Liechtenstein die Zweispurigkeit (Dualismus) von Straf- und Administrativmassnahmeverfahren kennt. Der Staatsgerichtshof des Fürstentums Liechtenstein hielt zu Recht fest, dass selbst bei Laien, denen die Überschneidungen zwischen Administrativ- und Strafverfahren nicht offensichtlich erschienen, vorausgesetzt werden könne, dass sich diese entsprechend über ihre Handlungsmöglichkeiten bei den zuständigen Stellen bei einer Anwältin einem Anwalt informierten, insbesondere dann, wenn Einwendungen zum Sachverhalt bestünden (act. 3/213). Vor diesem Hintergrund hätte der Rekurrent sich über die Bedeutung des Strafurteils und die Folgen des Verzichts auf eine Einsprache erkundigen müssen, zumal in der Strafverfügung darauf hingewiesen wurde, dass der Vorinstanz eine Kopie zugestellt werde. Zu berücksichtigen ist vor allem auch, dass der Rekurrent bereits in den Jahren 2012 bis

2016 in der Schweiz in ähnliche Verfahren verwickelt war und jeweils über die administrativmassnahmerechtlichen Folgen von Widerhandlungen gegen die Verkehrsregeln aufgeklärt wurde. Wäre der verfahrensgewohnte Rekurrent von seiner Unschuld überzeugt gewesen, hätte er sich gegen die Strafverfügung wehren müssen, denn ihm musste bewusst sein, dass eine erneute Verurteilung ernstliche Konsequenzen haben würde (vgl. Th. Scherrer, Administrativrechtliche Folgen von "Auslandtaten", in: Jahrbuch zum Strassenverkehrsrecht 2003, S. 244 f.). Namentlich wurde er in der vorinstanzlichen Verfügung vom 17. Juli 2016 (Führerausweisentzug von vier Monaten) ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass im Falle einer weiteren Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsordnung mit erheblich strengeren Massnahmen zu rechnen sei (act. 3/13). Dessen ungeachtet anerkannte er in der rechtshilfeweisen Befragung durch die Kantonspolizei St. Gallen den Tatbestand ("Ich habe nicht auf den Tacho geschaut.", act. 3/20).

Dass er keine Einsprache erhob und die Strafverfügung zum rechtskräftigen Urteil wurde, hat er folglich selbst zu verantworten. Allerdings fiel die Darstellung des Sacherhalts in der Strafverfügung sehr kurz aus, weshalb die Beweiswürdigung des Strafrichters im Einzelnen nicht nachvollziehbar ist. Es ist deshalb zu prüfen, ob das Ergebnis seiner Beurteilung im Widerspruch zur Tatsachenlage stand, wie der Rekurrent geltend machte (vgl. Scherrer, a.a.O., S. 245).

  1. aa) Der Rekurrent dokumentierte seine Fahrt mittels eines von ihm kommentierten Videos, das dem Gericht vorliegt. Danach habe er sein Fahrzeug über die Ruggeller Strasse (zulässige Höchstgeschwindigkeit 80 km/h) in Richtung Gamprin-Bendern gelenkt und sei von dort nach links in die Mühlegasse eingebogen, wo der Beginn einer Tempo-30-Zone signalisiert sei (Video 03:15). Am Ende der Mühlegasse sei er nach rechts in die Stelzgasse abgebogen und bis zur Haldenstrasse weitergefahren. Dort habe die Tempo-30-Zone geendet (Video 05:03). Er habe sein Fahrzeug nach rechts gelenkt, sei erneut in Richtung Gamprin-Bendern bis zur Fallsbretscha-Strasse gefahren und dort nach rechts abgebogen, um einen Kunden zu besuchen. Auch diese Strasse liege in einer Tempo-30-Zone (Video 05:38). Nach dem Kundenbesuch sei er zurück zur Haldenstrasse und auf dieser in Richtung Schellenberg gefahren. Ungefähr auf der Höhe der Bushaltestelle Stelzgasse (Video 06:25) sei er vom Radar erfasst worden. Der Rekurrent machte geltend, auf der ganzen Strecke sei nirgends ein

    Tempolimit von 50 km/h signalisiert gewesen. Zudem habe er sich nicht in einem dicht überbauten Gebiet befunden, was ebenfalls gegen eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gesprochen habe.

    bb) Gemäss Art. 6 Abs. 1 der liechtensteinischen Verkehrsregelnverordnung (LR 741.11, LGBl 1978.019, abgekürzt: VRV-FL) beträgt die allgemeine Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge unter günstigen Strassen-, Verkehrs-und

    Sichtverhältnissen in Ortschaften 50 km/h und ausserhalb von Ortschaften 80 km/h. Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gilt im ganzen dichtbebauten Gebiet der Ortschaft; sie beginnt beim Signal "Höchstgeschwindigkeit 50 generell" und endet beim Signal "Ende der Höchstgeschwindigkeit 50 generell". Für Fahrzeugführer, die aus unbedeutenden Nebenstrassen (wie Strassen, die nicht Ortschaften Ortsteile direkt verbinden, landwirtschaftliche Erschliessungsstrassen, Waldwege u. dgl.) in eine Ortschaft einfahren, gilt sie auch ohne Signalisation, sobald die dichte Überbauung beginnt (Abs. 2). Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h gilt ab dem Signal "Ende der Höchstgeschwindigkeit 50 generell" "Ende der Höchstgeschwindigkeit" (Abs. 3). Abweichende signalisierte Höchstgeschwindigkeiten gehen den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten gemäss Abs. 1 vor, ebenso niedrigere Höchstgeschwindigkeiten für einzelne Fahrzeugarten nach Art. 7 VRV-FL

    und für einzelne Fahrzeuge nach Anordnung des Amts für Strassenverkehr (Abs. 4). Der Beginn der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h (Art. 6 Abs. 1 lit. a VRV- FL) wird mit dem Signal "Höchstgeschwindigkeit 50 generell" dort angezeigt, wo die dichte Überbauung auf einer der beiden Strassenseiten beginnt. Das Ende der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h wird mit dem Signal "Ende der Höchstgeschwindigkeit 50 generell" angezeigt; es steht dort, wo keine der beiden Strassenseiten mehr dicht bebaut ist (Art. 22 Abs. 3 der liechtensteinischen Strassensignalisationsverordnung (LR 741.21, LGBl 1980.065, abgekürzt: SSV-FL). Gemäss Art. 49 Abs. 1 SSV-FL stehen auf Hauptstrassen Ortschaftstafeln mit weisser Schrift auf blauem Grund ("Ortsbeginn auf Hauptstrassen"; "Ortsende auf Hauptstrassen"). Auf Nebenstrassen stehen Ortschaftstafeln mit schwarzer Schrift auf weissem Grund ("Ortsbeginn auf Nebenstrassen"; "Ortsende auf Nebenstrassen"). Die Signale "Ortsbeginn auf Hauptstrassen" und "Ortsbeginn auf Nebenstrassen" werden aufgestellt, wo das locker überbaute Ortsgebiet beginnt; sie dürfen nicht nach dem Signal stehen, das die allgemeine Höchstgeschwindigkeit innerorts anzeigt (Abs. 4). Wo

    sich zwei Ortschaften berühren, zeigt die Ortschaftstafel auf beiden Seiten das Signal "Ortsbeginn auf Hauptstrassen" "Ortsbeginn auf Nebenstrassen" (Abs. 5). Dies entspricht der schweizerischen Strassenverkehrsgesetzgebung (vgl. entsprechende Artikel in der Verkehrszulassungsverordnung [SR 741.51] und der Signalisationsverordnung [SR 741.21]).

    cc) Aus der Videosequenz ist einerseits ersichtlich, dass die Haldenstrasse, zumindest auf dem hier relevanten Abschnitt, als Nebenstrasse signalisiert ist; die weisse Ortstafel ist schwarz beschriftet. Dass diese Klassierung nicht dem Landesstrassennetz-Plan des Amtes für Bau und Infrastruktur, Vaduz/FL, entspreche, wie im Rekurs geltend gemacht wurde, ist nicht entscheidend. Für den Fahrzeugführer ist sowohl nach der liechtensteinischen als auch nach der schweizerischen Gesetzgebung die aktuelle Signalisation massgebend (vgl. Art. 2 Abs. 1 SSV-FL und Art. 2 Abs. 1 SSV). Ebenso ist erkennbar, dass die beiden Orte Bendern und Gamprin zusammengewachsen sind, denn die dortige Ortstafel zeigt auf beiden Seiten den Ortsbeginn an. Der Rekurrent befand sich folglich nach dem Abbiegen in die Mühlegasse immer im Innerortsbereich, insbesondere auch auf seiner Fahrt auf der Haldenstrasse. Das war für ihn erkennbar, fuhr er doch, wie er selbst ausführte, in beiden Richtungen an der Ortstafel vorbei (vgl. Video 05:29 und 05:60). Somit galt grundsätzlich die allgemeine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h (Art. 6 Abs. 1 lit. a VRV-FL), wobei sich innerhalb dieser 50er-Zone die zwei vom Rekurrenten befahrenen Tempo-30-Zonen ("Mühlegass/Stelzgass" und "Fallsbretscha") befanden. Es handelte sich um sogenannte geschachtelte Zonen. In einem solchen Fall ist der Signalisation besondere Bedeutung zu schenken. Das Ende-Signal einer Zonensignalisation zeigt an, dass wieder die allgemeinen Verkehrsregeln gelten. Das bedeutet, dass beispielsweise nach dem Signal "Ende der Tempo-30-Zone" wieder die allgemeine Höchstgeschwindigkeit 50 km/h gilt (vgl. Bundesamt für Strassen [ASTRA], Broschüre "Verkehrsberuhigung innerorts", Bern 2003, S. 21, im Internet abrufbar unter: www.astra.admin.ch).

    dd) Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Rekurrent die Überschreitung der signalisierten Geschwindigkeit von 50 km/h um 26 km/h am 11. September 2018 gegenüber der Kantonspolizei St. Gallen eingestand. Auf dem von ihm unterzeichneten Protokoll wurde notiert: "Anerkenne den Tatbestand. Ich habe nicht auf den Tacho geschaut. Von der Anzeige an die zuständige Amtsstelle wurde in Kenntnis

    gesetzt" (act. 3/20). Der Rekurrent hätte dies rund einen Monat nach dem Vorfall und somit nach ausreichender Bedenkzeit wohl kaum unterschrieben, wenn er von seiner Unschuld überzeugt gewesen wäre. Hinzu kommt, dass der Rekurrent offensichtlich ortskundig war. So hatte er mindestens einen Kunden in diesem Gebiet, den er am

    15. August 2018 nach eigenen Angaben besuchte (Video 05:09), und er kannte gemäss Videokommentar den schnellsten Weg nach Schellenberg (Video 03:27). Im Übrigen hätte der Beschwerdeführer auch bei unklarer Signalisation nicht einfach im eigenen Interesse mit einer höheren Geschwindigkeit fahren dürfen, weil er dadurch in Kauf nahm, andere Verkehrsteilnehmer – insbesondere auch Fussgänger und Radfahrer – unnötig zu gefährden (vgl. BGer 6S.510/1999 vom 19. Januar 2000 E. 2b).

  2. Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus den Akten keine offensichtlich widersprüchliche Beweiswürdigung durch den liechtensteinischen Strafrichter. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz ihre Verfügung auf dessen tatsächliche Feststellungen abstellte und davon ausging, der Rekurrent habe die zulässige Geschwindigkeit innerorts von 50 km/h um 26 km/h überschritten.

4.- a) Für Geschwindigkeitsüberschreitungen hat das Bundesgericht im Interesse der Rechtssicherheit Grenzwerte festgelegt, um besonders leichte, leichte, mittelschwere und schwere Widerhandlungen voneinander zu unterscheiden. Demnach liegt ungeachtet der konkreten Umstände objektiv eine schwere Widerhandlung vor, wenn die signalisierte allgemeine Höchstgeschwindigkeit innerorts um mindestens 25 km/h, ausserorts um mindestens 30 km/h und auf Autobahnen um mindestens 35 km/h überschritten wird (vgl. BGE 132 II 234 E. 3.1; Weissenberger, a.a.O., Art. 16c SVG

N 6). Dieser Schematismus entbindet die rechtsanwendenden Behörden indessen nicht von jeglicher Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. So ist etwa denkbar, dass es am subjektiven Tatbestand der schweren Widerhandlung mangelt, wenn der Lenker sich aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr im Bereich einer bestimmten Geschwindigkeitsbeschränkung wähnte (Weissenberger, a.a.O., Art. 16c SVG N 8). Nach einer schweren Widerhandlung wird der Lernfahr- Führerausweis nach Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre entzogen, wenn in den vorangegangenen zehn Jahren der Ausweis zweimal wegen schwerer Widerhandlungen dreimal wegen mindestens mittelschwerer Widerhandlungen entzogen war; auf diese Massnahme wird verzichtet, wenn die

betroffene Person während mindestens fünf Jahren nach Ablauf eines Ausweisentzugs keine Widerhandlung, für die eine Administrativmassnahme ausgesprochen wurde, begangen hat. Es handelt sich beim Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit bei wiederholtem Rückfall um einen Sicherungsentzug, da dieser auf der unwiderlegbaren gesetzlichen Vermutung der fehlenden Fahreignung nach Art. 16d Abs. 1 lit. c SVG beruht (BGE 141 II 220 E. 3.2; BGer 1C_381/2019 vom 16. Oktober 2019 E. 4.1; vgl. zum sog. Kaskadensystem des SVG die Botschaft vom 31. März 1999 zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes, BBl 1999, 4474 und zur Rückfallregelung BGer 1C_89/2017 vom 22. Dezember 2017 E. 2.4.2).

b) Der Führerausweis war dem Rekurrenten in den vergangenen acht Jahren (2012 bis 2016) dreimal wegen mittelschwerer Widerhandlungen entzogen, was im Rekurs unbestritten blieb. Da er sich am 15. August 2018, mithin innert weniger als fünf Jahren seit dem Ende der letzten Administrativmassnahme (act. 3/186: Ablauf am 10. Mai 2017), erneut eine Widerhandlung zu Schulden kommen liess, und zwar eine schwere, verfügte die Vorinstanz zu Recht gestützt auf Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG einen Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre. Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands wurde bereits dargelegt (vorne E. 3d), dass keine Entlastungsgründe ersichtlich sind, die zu einer anderen Beurteilung führen. Insbesondere konnte der Rekurrent nicht glaubhaft darlegen, dass er sich in einer Tempo-80-Zone wähnte. Auch der Umstand, dass er die Grenze zur mittelschweren Widerhandlung von 24 km/h "nur" um 2 km/h überschritt, genügt nicht zur Annahme besonderer Umstände, die mit Blick auf die Verhältnismässigkeit bei der Festlegung der Administrativmassnahme zu berücksichtigen gewesen wären (vgl. BGer 1C_520/2016 vom 16. Februar 2016 E. 4.2), zumal unter den gegebenen Umständen (drei mittelschwere Widerhandlungen in den vergangenen zehn Jahren) auch eine weitere mittelschwere Widerhandlung gemäss Art. 16b Abs. 2 lit. e SVG mit einem Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre, zu sanktionieren gewesen wäre.

  1. aa) Der Rekurrent machte geltend, der Wortlaut von Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG lasse keinen Sicherungsentzug als Folge eines ausländischen Warnungstatbestandes zu. Allein der Umstand, dass bei belastetem Leumund die Auslandtat dazu führen könne, dass die Mindestentzugsdauer in der Schweiz nicht mehr analog der ausländischen

    Massnahme gegebenenfalls unterschritten werden müsse, enthalte keine Ermächtigung, vom Auslandstrafmass derart nach oben abzuweichen, dass dies zu einem zeitlich unbefristeten Sicherungsentzug führe. Da die Verurteilung im Fürstentum Liechtenstein zu Unrecht erfolgt sei, liege ohnehin keine Gefährdung der schweizerischen Verkehrssicherheit vor, weshalb ein Führerausweisentzug gestützt auf

    Art. 16cbis SVG unzulässig sei. Selbst wenn eine Verkehrsgefährdung angenommen

    werde, verkenne die Vorinstanz, dass gemäss dem Willen des Gesetzgebers und den Ansichten der Lehre der Führerausweis für Widerhandlungen im Ausland nur zwecks eines Warnungsentzugs gestützt auf Art. 16b und 16c SVG entzogen werden könne.

    bb) Es ist unbestritten, dass die MFK/FL den Führerausweis des Rekurrenten wegen der Widerhandlung vom 15. August 2018 für die Dauer eines Monats aberkannte (Vollzug vom 1. bis 30. April 2019; act. 3/15). Nach einer Widerhandlung im Ausland wird der Lernfahr- der Führerausweis entzogen, wenn im Ausland ein Fahrverbot verfügt wurde (Art. 16cbis Abs. 1 lit. a SVG) und die Widerhandlung nach den Artikeln 16b und 16c als mittelschwer schwer zu qualifizieren ist (lit. b). Bei der Festlegung der Entzugsdauer sind die Auswirkungen des ausländischen Fahrverbotes auf die betroffene Person angemessen zu berücksichtigen. Die Mindestentzugsdauer darf unterschritten werden. Die Entzugsdauer darf bei Personen, zu denen im IVZ keine Daten zu Administrativmassnahmen enthalten sind, die am Begehungsort im Ausland verfügte Dauer des Fahrverbots nicht überschreiten (Abs. 2). Von dieser Begrenzung nach oben profitieren gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung indes nur Personen, die im IVZ nicht verzeichnet sind, also Ersttäter. Das Bundesgericht hielt dazu fest, bei Rückfalltätern dürfe die schweizerische Behörde die Dauer des am Begehungsort verfügten Fahrverbots überschreiten. Der Grund hierfür liege darin, dass die ausländische Behörde von früher in der Schweiz gegen den Fehlbaren verfügten Administrativmassnahmen regelmässig keine Kenntnis habe. Dürfte die schweizerische Behörde die Dauer des am Begehungsort verfügten Fahrverbots nicht überschreiten, könne sie die bei Rückfalltätern gemäss Art. 16b Abs. 2 und Art. 16c Abs. 2 SVG vorgesehenen Massnahmeverschärfungen nicht zur Anwendung bringen, was zu einer unhaltbaren Privilegierung führen würde (vgl. BGE 141 II 256 E. 2.4; BGer 1C_541/2019 vom 10. März 2020 E. 4.1). Im Falle des Rekurrenten hiesse dies, dass die nicht widerlegbare gesetzliche Vermutung fehlender Fahreignung (vgl. BGE 141 II 220 E. 3.2) nur deshalb nicht greifen könnte, weil die Wiederholungstat im Ausland begangen

    wurde. Dies würde den Bestrebungen des Gesetzgebers, ungeeignete Fahrzeuglenker vom Strassenverkehr fernzuhalten, zuwiderlaufen. So entschied das Parlament nach der Beratung der bundesrätlichen Botschaft zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes (BBl 2007 7617 ff.), dass die Dauer des ausländischen Fahrverbots nur bei Ersttätern, also bei Personen, die im IVZ nicht verzeichnet sind, die Obergrenze für die Entzugsdauer in der Schweiz bilde. Auf diese Weise werde verhindert, dass Wiederholungstäter wie Ersttäter behandelt würden und Wiederholungstäter, die im Ausland zum Beispiel die Geschwindigkeitsvorschriften krass missachteten, gegenüber Wiederholungstätern in der Schweiz privilegiert behandelt würden (vgl. Amtl. Bull. SR, Frühjahrssession 2008, Zehnte Sitzung, 18.03.08, 08h15, 07.079 [Votum Bieri]; Entscheid der Verwaltungsrekurskommission [VRKE] IV-2017/2 vom 29. Juni 2017 E. 4a, im Internet abrufbar unter: www.gerichte.sg.ch und dort unter Rechtsprechung). Die gesamte Kaskadenordnung in Art. 16b Abs. 2 SVG und Art. 16b Abs. 2 SVG kommt dann zur Anwendung, wenn der betroffene Fahrzeuglenker wiederum eine mittelschwere eine schwere Widerhandlung begeht, und die im Gesetz vorgesehenen Rückfallfristen, welche zwischen 2 und 10 Jahren dauern und nach dem Vollzug des Führerausweisentzugs beginnen, noch nicht abgelaufen sind. Ob es dann zu einem weiteren Warnungsentzug (Art. 16c Abs. 2 lit. a bis c SVG) zu einem Sicherungsentzug (Art. 16c Abs. 2 lit. d und e SVG) kommt, spielt nach dem klaren Willen des Gesetzgebers keine Rolle (vgl. VRKE IV-2017/2 vom 29. Juni 2017 E. 4a; BSK SVG-Rütsche/Weber, Basel 2014,

    Art. 16cbis N 12). Entgegen den Ausführungen im Rekurs (act. 6 Ziff. 35) hält auch

    Schaffhauser (HB SVR, § 4 N 94) ausdrücklich dafür, dass die Anordnung gemäss Art. 16cbis Abs. 1 SVG zwingend für Warnungsentzüge und für diejenigen

    Sicherungsentzüge wegen mehrfacher Rückfälligkeit (Art. 16b Abs. 2 lit. e und f sowie Art. 16c Abs. 2 lit. d und e SVG) gelte.

    cc) Die vom Rekurrenten geltend gemachte erhöhte Sanktionsempfindlichkeit im Sinn einer beruflichen Angewiesenheit kann nicht berücksichtigt werden. Ein Sicherungsentzug bezweckt die Fernhaltung ungeeigneter Fahrzeugführer vom Verkehrsgeschehen, und zwar bis der Mangel als geheilt zu betrachten ist (BGer 6A. 77/2003 vom 22. März 2004 E. 2.5.2). Die Sanktionsempfindlichkeit ist im Übrigen, insofern zu relativieren, als der Rekurrent mit einem 80 %-Pensum bei einer anderen

    Firma angestellt ist, wie er gegenüber der Vorinstanz ausführte (act. 3/185). Zudem ist

    er kein Berufschauffeur, der sein Einkommen mit dem Lenken von Fahrzeugen erzielt.

  2. Zusammenfassend erweist sich der von der Vorinstanz gestützt auf Art. 16c Abs. 2 lit. d SVG verfügte Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre, als rechtmässig. Der Rekurs ist abzuweisen. Der Beginn der zweijährigen Mindestentzugsdauer (7. Januar 2019) wurde zu Recht nicht beanstandet, denn seit jenem Tag war der Führerausweis vorsorglich entzogen und der Rekurrent nicht mehr fahrberechtigt.

5.- Die Massnahme des Sicherungsentzugs soll sicherstellen, dass der Rekurrent zum Schutz der Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer vom Strassenverkehr ferngehalten wird. Dieser Zweck wäre gefährdet, wenn der Rekurrent während eines Rechtsmittelverfahrens als Motorfahrzeugführer zum Strassenverkehr zugelassen würde. Einer allfälligen Beschwerde ist deshalb die vom Gesetz vorgesehene aufschiebende Wirkung zu entziehen (Art. 64 und Art. 51 VRP).

6.- Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten dem Rekurrenten aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 1'500.–, worunter die Kosten von Fr. 200.– für die Zwischenverfügung zur aufschiebenden Wirkung vom

23. Januar 2020, erscheint angemessen (vgl. Art. 7 Ziffn. 111 und 122 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12). Der Kostenvorschuss von Fr. 1'500.– ist damit zu verrechnen.

Bei diesem Verfahrensausgang besteht kein Anspruch auf Entschädigung der

ausseramtlichen Kosten (Art. 98bis VRP).

Entscheid:

  1. Der Rekurs wird abgewiesen.

  2. Einer allfälligen Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung entzogen.

  3. Der Rekurrent hat die amtlichen Kosten von Fr. 1'500.– zu bezahlen, unter Verrechnung des Kostenvorschusses in gleicher Höhe.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.