Zusammenfassung des Urteils IV 2016/219 + IV 2016/220: Versicherungsgericht
Der Versicherte A. erhielt 2005 eine ganze Invalidenrente, eine Zusatzrente für die Ehefrau und Kinderrenten. Nach einer Neuberechnung wurden Rückforderungen an A. gestellt, die mit den Nachzahlungen an seine Ehefrau verrechnet wurden. A. legte Beschwerde ein, da er die Verfügungen als unklar und nicht überprüfbar empfand. Er argumentierte, dass die Neuberechnung unrechtmässig sei und eine grosse Härte bedeute. Das Gericht entschied, dass die Neuberechnung gerechtfertigt war und die Verrechnung korrekt erfolgte. Die Beschwerden wurden abgewiesen, und A. wurde verpflichtet, die Gerichtskosten von CHF 600 zu tragen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2016/219 + IV 2016/220 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 30.04.2018 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 59 ATSG, Art. 29quinquies Abs. 3 und 4 AHVG, Art. Art. 35 AHVG, Art. 36 Abs. 2 IVG, Art. 38 Abs. 1 IVG. Beschwerdelegitimation. Neuberechnung IV- Rente und Kinderrente bei zweitem Rentenfall eines verheirateten aber gerichtlich getrennten Ehepaares. Unrechtmässig bezogene Rentenbetreffnisse. Rückforderung und deren Tilgung durch Verrechnung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 30. April 2018, IV 2016/219 und IV 2016/220). |
Schlagwörter: | Rente; Kinder; Kinderrente; Ehefrau; Renten; IV-Rente; Rückforderung; Kinderrenten; Verfügung; Beschwerdeführers; Zahlung; Verfahren; Gemeinde; I-act; Neuberechnung; Verfügungen; Invalidenrente; Rückforderungen; Interesse; Anspruch; Recht; Verrechnung; Kürzung; IV-Renten; Ehegatten |
Rechtsnorm: | Art. 25 ATSG ;Art. 35 AHVG ;Art. 41 AHVG ;Art. 59 ATSG ; |
Referenz BGE: | 123 V 215; 133 V 191; 134 V 15; |
Kommentar: | - |
Versicherungsrichterinnen Michaela Machleidt Lehmann (Vorsitz), Miriam Lendfers und Marie Löhrer; Gerichtsschreiberin Anina Gubser Geschäftsnr.
IV 2016/219, IV 2016/220
Parteien
A. ,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Adrian Fiechter, Anwalt
und Beratung GmbH, Poststrasse 6, Postfach 239, 9443 Widnau,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand
Rente / Rückforderung (Kinderrente und IV-Rente) Sachverhalt
A.
A. (nachfolgend Versicherter) erhielt mit Verfügungen vom 20. Oktober und 15. Dezember 2005 eine ganze Invalidenrente, eine ordentliche Zusatzrente für die Ehefrau sowie ordentliche Kinderrenten für die drei gemeinsamen Kinder mit Wirkung ab 1. April 2003 zugesprochen (AV I-act. 62 und 63). Der IV-Grad des Versicherten von 100% blieb in der Folge unverändert (AV I-act. 76 und 113).
Auf Gesuch um Rentenauszahlung an eine Drittperson Behörde vom 22. August 2011 erfolgte die Auszahlung der Kinderrenten ab September 2011 an die Gemeinde B. (AV I-act. 81). Mit Eheschutzentscheid des Kreisgerichts C. vom
23. August 2011 wurde das Getrenntleben des Versicherten von seiner Ehefrau verfügt (act. G 9.1 in IV 2016/219 und IV 2016/220).
Mit Verfügung vom 26. Mai 2016 wurde der Ehefrau des Versicherten rückwirkend per 1. August 2012 eine ganze IV-Rente zugesprochen. Ein Teil der Nachzahlung werde direkt mit der Rückforderung gegenüber dem Versicherten von Fr. 5'619.-- verrechnet (AV IV-act. 7). Mit separater, an den Versicherten adressierter Verfügung ebenfalls vom
26. Mai 2016 wurde diesem mitgeteilt, seine Rentenleistung sei aufgrund des Anspruchs der Ehefrau auf eine ganze Invalidenrente rückwirkend per 1. August 2012 neu festgesetzt worden. Die Rückforderung von Fr. 5'619.-- werde vollumfänglich mit der Nachzahlung der Ehefrau verrechnet (AV I-act. 128).
Mit weiterer Verfügung vom 26. Mai 2016 teilte die IV-Stelle der Ehefrau des
Versicherten mit, die Anspruchsvoraussetzungen für Kinderrenten zu ihrer ganzen
Invalidenrente seien erfüllt. Ein Teil der Nachzahlung werde direkt mit der Rückforderung der Kinderrente zur Invalidenrente des Versicherten verrechnet (AV IV- act. 11). Mit separater, an den Versicherten gerichteter Verfügung gleichen Datums wurden, wiederum aufgrund des Anspruchs der Ehefrau auf eine ganze Invalidenrente, auch die Kinderrenten zur ganzen IV-Rente des Versicherten neu festgesetzt. Dabei werde die Rückforderung vollumfänglich mit der Nachzahlung der Kinderrenten zur Invalidenrente der Mutter verrechnet. Die Gemeinde B. werde verpflichtet, den Betrag von Fr. 5'531.-- zurückzuzahlen (AV I-act. 114).
B.
Gegen die zwei an den Versicherten (nachfolgend: Beschwerdeführer) gerichteten Verfügungen vom 26. Mai 2016 betreffend rückwirkende Neuberechnung seiner IV- Rente und der dazugehörigen Kinderrenten sowie die damit zusammenhängenden Rückforderungen richten sich die durch den Rechtsvertreter eingereichten beiden Beschwerden vom 27. Juni 2016. Er beantragt, die angefochtenen Verfügungen seien vollumfänglich aufzuheben, die Renten seien in bisheriger Höhe weiter auszurichten und auf die Rückforderungen gegenüber dem Beschwerdeführer in der Höhe von Fr. 5'619.-- und Fr. 5'531.-- sei vollumfänglich zu verzichten. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Verfügungen seien nicht übersichtlich und nicht überprüfbar, weshalb sie nicht hinreichend begründet seien. Aus der Verfügung gehe zudem nicht klar hervor, weshalb eine Kürzung der IV-Rente erfolge und für wen die Nachzahlung der IV-Rente bestimmt sei. Des Weiteren wäre eine Nachzahlung von IV-Renten an die Ehefrau separat zu verfügen. Ebenso sei nicht bekannt, ab welchem Datum der Ehefrau eine IV- Rente zugesprochen worden sei (act. G 1 Ziff. IV/1. in IV 2016/220). Betreffend die Kinderrenten macht der Beschwerdeführer geltend, es sei nicht nachvollziehbar, dass die Rückforderung der Kinderrenten mit der Nachzahlung der Invalidenrente der Mutter verrechnet werde. Weiter führt der Beschwerdeführer aus, auch diese Verfügung sei nicht übersichtlich und nicht überprüfbar, weshalb sie nicht hinreichend begründet sei. Eine Nachzahlung von IV-Renten (Kinderrenten) an die Ehefrau des Beschwerdeführers sei auch hier separat zu verfügen (act. G 1 Ziff. IV/1 f. in IV 2016/219). In der Beschwerdeergänzung vom 10. Oktober 2016 führt der Beschwerdeführer aus, er lebe seit Sommer 2011 getrennt von seiner Ehefrau und pflege keinen Kontakt zu ihr. Es könne nicht abschliessend geprüft werden, ob die Rückforderung innert Jahresfrist
erfolgt sei, da aus den angefochtenen Verfügungen nicht hervorgehe, seit wann die Beschwerdegegnerin Kenntnis von der Rentenberechtigung der Ehefrau des Beschwerdeführers hatte. Zudem sei es nicht gerechtfertigt, die Rente rückwirkend neu zu berechnen, da der Beschwerdeführer seine Meldepflicht nie verletzt habe. Eine Neuberechnung der Rentenleistungen wäre auch aufgrund der Besitzstandsgarantie nur für die zukünftigen Rentenleistungen vorzunehmen gewesen. Die Leistungen seien gutgläubig empfangen worden und die Rückforderung bedeute zusätzlich eine grosse Härte, da der Beschwerdeführer Ergänzungsleistungen erhalte (act. G 9 S. 2 in IV 2016/219 und IV 2016/220).
Mit Beschwerdeantwort vom 6. Januar 2017 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerden. Die IV-Rente des Beschwerdeführers habe aufgrund der Rentenzusprache an dessen Ehefrau ebenfalls per 1. August 2012 von Amtes wegen rückwirkend neu berechnet werden müssen. Mit separater, an die Ehefrau des Beschwerdeführers adressierter Verfügung vom 26. Mai 2016 sei der von ihm zurückgeforderte Betrag von Fr. 5'619.-- mit der Nachzahlung an die Ehefrau verrechnet worden. Unrechtmässig bezogene Leistungen seien zurückzuerstatten, unabhängig von der gesetzlichen Mitwirkungspflicht. Zuletzt seien die Voraussetzungen, die von einer Rückerstattung abzusehen gestatten, erst im Erlassverfahren zu prüfen. Des Weiteren verweist die Beschwerdegegnerin auf die Stellungnahme des Fachbereichs vom 22. November 2016 (act. G 17 in IV 2016/219 und IV 2016/220; AV I-act. 130).
Mit Replik vom 17. Februar 2017 macht der Beschwerdeführer geltend, es verstosse gegen das Prinzip von Treu und Glauben, wenn der bestehende Fehlbetrag von Fr. 5'619.-- vom Beschwerdeführer zurückverlangt werde, aber mit der Nachzahlungsforderung der Ehefrau verrechnet werde. Die der Ehefrau rückwirkend berechnete Rente müsse so festgelegt werden, dass sich diese nicht mit der bereits verfügten Rente des Beschwerdeführers überschneide. Eine notwendige Rückforderung müsse bei der Ehefrau geltend gemacht werden, habe doch diese die zusätzlichen Renten bezogen. Dasselbe gelte auch für die IV-Kinderrenten, seien diese doch nicht vom Beschwerdeführer bezogen worden. Die Gemeinde B. sei mit Verfügung vom 26. Mai 2016 verpflichtet worden, den Fehlbetrag von Fr. 5'531.-- infolge Rückforderung aufgrund der Neuberechnung der Beschwerdegegnerin
zurückzuerstatten. Da die Gemeinde B. diesen Betrag wahrscheinlich beim Beschwerdeführer zurückfordern werde, habe er ein rechtlich geschütztes Interesse an der Anfechtung dieser Verfügung (act. G 20 in IV 2016/219 und IV 2016/220).
Die Beschwerdegegnerin hat auf das Einreichen einer Duplik verzichtet (act. G 22
in IV 2016/219 und IV 2016/220).
Aufgrund von Unklarheiten betreffend die Rückforderungen und deren Verrechnung tätigte die Verfahrensleitung am 24. April 2018 eine Rückfrage bei der SVA. Mit gleichem Datum reichte die SVA daraufhin je einen Kontoauszug des Beschwerdeführers und der Gemeinde B. und den Auszug des Dossiers Verrechnung ein. Aus diesen sei ersichtlich, dass die beiden Rückforderungen (Fr. 5'619.-- Versicherter; Fr. 5'531.-- Gemeinde B. ) vollumfänglich mit der Nachzahlung der Ehefrau verrechnet wurden (act. G 25 und G 25.1-25.3).
Erwägungen
1.
Grundsätzlich bildet jeder vorinstanzliche Entscheid ein selbständiges Anfechtungsobjekt und ist deshalb einzeln anzufechten und einzeln zu beurteilen. Es ist gerechtfertigt, von diesem Grundsatz abzuweichen und die Anfechtung in einem gemeinsamen Verfahren mit einem einzigen Urteil zuzulassen, wenn die einzelnen Sachverhalte in einem engen inhaltlichen Zusammenhang stehen, sich in allen Fällen gleiche ähnliche Rechtsfragen stellen und sich dieselben Parteien gegenüberstehen (vgl. BGE 123 V 215 E. 1). Ein solches Vorgehen dient der Verfahrensökonomie und liegt im Interesse aller Beteiligten (ANDRÉ MOSER, in André Moser/ Peter Uebersax, Prozessieren vor eidgenössischen Rekurskommissionen, Basel und Frankfurt am Main 1998, Rz 3.12).
Es stehen sich in den Verfahren IV 2016/219 und IV 2017/220 dieselben Parteien gegenüber. Zur Beurteilung stehen Leistungen der IV, namentlich eine IV-Rente und die dazugehörigen Kinderrenten. Im Verfahren IV 2016/219 ist die Verfügung vom 26. Mai 2016 zu beurteilen, mit welcher die Kinderrenten des Beschwerdeführers neu berechnet wurden, weil die getrennt lebende Ehefrau neu auch eine ganze IV-Rente
erhält. Im Verfahren IV 2016/220 ist die Verfügung betreffend die Neuberechnung der IV-Rente des Beschwerdeführers Thema. Der Beschwerdeführer beantragt im Verfahren IV 2016/219 den Verzicht auf eine Rückforderung in der Höhe von Fr. 5'531.-- und im Verfahren IV 2016/220 den Verzicht auf eine Rückforderung von Fr. 5'619.--. Es stellen sich überschneidend gleiche und ähnliche damit ebenfalls
zusammenhängende Rechtsfragen, womit die Sachverhalte in einem engen inhaltlichen Zusammenhang stehen. Auch stellen die Parteien eine Vereinigung nicht in Frage. Mit Einreichen einer Kostennote für beide Beschwerdeverfahren und gemäss seinen Ausführungen geht der Beschwerdeführer bereits von einer Vereinigung der beiden Beschwerdeverfahren aus (act. G 23 in IV 2016/219). Auch die Beschwerdegegnerin reichte für beide Verfahren nur eine Beschwerdeantwort im Doppel ein (act. G 17 in IV 2016/219 und IV 2016/220). Die Voraussetzungen für eine Vereinigung der Verfahren sind folglich erfüllt. Die Beschwerdefahren IV 2016/219 und IV 2016/220 werden hiermit vereinigt.
2.
Gemäss Art. 59 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) ist zur Beschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung Änderung hat.
Als schutzwürdiges Interesse im legitimationsrechtlichen Sinn von Art. 59 ATSG gilt jedes praktische rechtliche Interesse, das eine von einer Verfügung betroffene Person an deren Änderung Aufhebung geltend machen kann. Das schutzwürdige Interesse besteht somit im praktischen Nutzen, den die Gutheissung der Beschwerde dem Verfügungsadressaten verschaffen würde, - anders ausgedrückt - im Umstand,
einen Nachteil wirtschaftlicher, ideeller, materieller anderweitiger Natur zu vermeiden, den die angefochtene Verfügung mit sich bringen würde. Das rechtliche auch bloss tatsächliche Interesse braucht somit mit dem Interesse, das durch die von der beschwerdeführenden Person als verletzt bezeichnete Norm geschützt wird, nicht übereinzustimmen. Immerhin wird verlangt, dass die Person durch die
angefochtene Verfügung stärker als jedermann betroffen ist und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht (BGE 133 V 191 f. E. 4.3.1 mit Hinweisen).
3.
Der Beschwerdeführer beanstandet die rückwirkende Neuberechnung seiner IV-Rente sowie der dazugehörigen Kinderrenten. Betreffend seine eigene Rente ist er ohne weiteres beschwerdelegitimiert. Dies gilt auch für die dazugehörigen Kinderrenten, da es sich beim Anspruch auf Kinderrenten um einen strikt akzessorischen Anspruch des Rentners und nicht des Kindes handelt (vgl. BGE 134 V 15 E. 2.3.3 mit Hinweisen). Betreffend die Neuberechnungen der IV-Rente sowie der Kinderrenten zur IV-Rente des Beschwerdeführers ist auf die Beschwerde einzutreten und als erstes zu klären, ob diese gerechtfertigt waren und korrekt durchgeführt wurden.
Gemäss Art. 36 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) sind für die Berechnung der ordentlichen IV-Renten die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG; SR 831.10) sinngemäss anwendbar. Sind beide Ehegatten rentenberechtigt, werden nach Art. 29quinquies Abs. 3 lit. a AHVG Einkommen, welche die Ehegatten während der Kalenderjahre der gemeinsamen Ehe erzielt haben, geteilt und je zur Hälfte den beiden Ehegatten angerechnet (sogenanntes Splitting). Gemäss Art. 35 Abs. 1 AHVG i.V.m. Art. 37 Abs. 1bis IVG beträgt die Summe der beiden Renten eines Ehepaares maximal 150% des Höchstbetrages der Rente, wenn beide Ehegatten Anspruch auf eine Rente haben. Eine Kürzung der IV-Renten entfällt nach Art. 35 Abs. 2 AHVG i.V.m. Art. 37 Abs. 1bis IVG bei Ehegatten, deren gemeinsamer Haushalt richterlich aufgehoben wurde. Für die Kinderrenten gilt dies nach Art. 35 AHVG i.V.m. Art. 38 Abs. 1 IVG nicht. Gemäss Art. 38 Abs. 1 IVG beträgt die Kinderrente 40% der dem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen entsprechenden Invalidenrente. Haben beide Elternteile einen Anspruch auf eine Kinderrente, sind die beiden Kinderrenten zu kürzen, soweit ihre Summe 60% der maximalen Invalidenrente übersteigt. Für die Durchführung der Kürzung ist Art. 35 AHVG sinngemäss anwendbar. Nach dem Wortlaut von Art. 38 Abs. 1 Satz 2 IVG wird nicht unterschieden, ob die Eltern verheiratet sind nicht, wenn beidseits die Kinderrenten gekürzt werden. In Satz 3
wird für die Durchführung der Rentenkürzung auf Art. 35 AHVG verwiesen. Damit ist lediglich die Kürzungsberechnung gemeint, nicht die Berechtigung an sich. Die Plafonierung ist nicht abhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind nicht (Urteil des Bundesgerichts vom 22. Oktober 2009, 9C_143/2009, E. 5.1 mit Hinweisen). Des Weiteren werden Kinderrenten nach Art. 41 Abs. 1 AHVG gekürzt, soweit sie zusammen mit der Rente des Vaters derjenigen der Mutter 90 Prozent des für diese Rente jeweils massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens übersteigen.
Mit Beschluss vom 27. April 2016 sprach die Beschwerdegegnerin der Ehefrau des Beschwerdeführers rückwirkend per 1. August 2012 eine ganze IV-Rente zu (AV IV-act. 22). Wie oben (Ziff. 3.1) ausgeführt, erfolgt eine Teilung des Einkommens, auch bei getrennt lebenden Ehegatten, sobald beide Ehegatten Anspruch auf eine IV-Rente haben, somit rückwirkend bis zum Eintritt des ersten Rentenfalls (Art. 29quinquies Abs. 4 lit. a AHVG). Der richterlich aufgehobene gemeinsame Haushalt ist bei einer allfälligen Kürzung der IV-Renten des Beschwerdeführers nach Art. 35 AHVG zu berücksichtigen. Nach der Durchführung dieses Splittings reduzierte sich das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen des Beschwerdeführers somit von anfänglichen Fr. 64'500.-- im Jahr 2005 (AV I-act. 62 f.) auf Fr. 54'990.-- (AV I-act. 114 und 128). Auf
dessen Grundlage setzte die Beschwerdegegnerin die Renten des Beschwerdeführers (IV-Rente und dazugehörige Kinderrenten) rückwirkend auf den 1. August 2012 neu fest. Die Details sind dem Rentenberechnungsblatt zu entnehmen (vgl. AV IV-act. 20-7).
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe seine Meldepflicht nie verletzt und aufgrund der Besitzstandsgarantie wäre eine Neuberechnung auch nur für die zukünftigen Rentenleistungen vorzunehmen gewesen (act. G 9 in IV 2016/219 und IV 2016/220). Des Weiteren müsse die IV-Rente der Ehefrau, wenn sie rückwirkend zugesprochen werde, so festgelegt werden, dass sich diese nicht mit der bereits verfügten IV-Rente des Beschwerdeführers überschneide. Zuletzt erhebt der Beschwerdeführer vorsorglich die Verjährungseinrede (act. G 20 in IV 2016/219 und IV 2016/220).
Die Kürzung des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens und somit der Renten erfolgt von Amtes wegen, beruht auf dem Eintreten des zweiten Rentenfalls und steht in keinem Zusammenhang mit einer allfälligen Meldepflichtverletzung. Auch
eine Besitzstandsgarantie sieht der Gesetzgeber unter diesen Umständen nicht vor. Möglicherweise denkt der Beschwerdeführer bei seiner Argumentation, die Rentenherabsetzung könne mangels Meldepflichtverletzung nicht rückwirkend erfolgen, an die Regelung des Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV. Diese Bestimmung darf jedoch nicht isoliert nach ihrem Wortlaut angewendet werden, sondern ist im Kontext zu betrachten. Die Bestimmungen zur Rentenrevision in den Art. 86ter bis 88bis IVV beziehen sich ausschliesslich auf Revisionen bei Sachverhaltsveränderungen, die den IV-rechtlichen Teil der Rente betreffen. Ändert sich nicht der Invaliditätsgrad, sondern liegt die Änderung des Rentenbetrags im AHV-rechtlichen, also quasi im versicherungstechnischen Teil begründet (wie es vorliegend der Fall ist), so gelangen die genannten Revisionsnormen der IVV nicht zur Anwendung. Vielmehr hat die Korrektur auf den Zeitpunkt der effektiven Sachverhaltsveränderung, vorliegend des Rentenbezugsbeginns der Ehefrau, hin zu erfolgen. Damit war die Neuberechnung gerechtfertigt und es ergeben sich keine Anhaltspunkte für Fehler in der Neuberechnung der IV-Rente des Beschwerdeführers und der dazugehörigen Kinderrenten.
4.
Weiter beantragt der Beschwerdeführer, auf die Rückforderungen im Betrag von Fr. 5'619.-- (IV-Rente) und Fr. 5'531.-- (Kinderrente) sei zu verzichten. Bezüglich die Rückforderung der Kinderrenten führt der Beschwerdeführer aus, er habe ein rechtlich geschütztes Interesse an der Anfechtung der Verfügung. Die Gemeinde B. sei verpflichtet worden, den Fehlbetrag von Fr. 5'531.-- zurückzuerstatten. Die Gemeinde werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit diesen Betrag, nach Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils in dieser Angelegenheit, vom Beschwerdeführer zurückfordern (act. G 20 in IV 2016/219). Aufgrund eines Drittauszahlungsgesuchs wurden die Kinderrenten an die Gemeinde B. ausgezahlt (AV I-act. 81).
Die Rückforderung unrechtmässig bezogener Rentenbetreffnisse resultiert in erster Linie aus der splittingbedingten Verringerung des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens des Beschwerdeführers (Art. 29quinquies Abs. 3 lit. a AHVG). Die daraus resultierten Rückforderungen von Fr. 5'619.-- (aus IV-Rente Beschwerdeführer) und Fr. 5'531.-- (aus Kinderrenten des Beschwerdeführers) wurden mit den
Nachzahlungen an die Ehefrau des Beschwerdeführers vollumfänglich und in zulässiger Weise verrechnet (vgl. AV I-act. 114 und 128; AV IV-act. 7 und 11). Das Einkommenssplitting, welches zu einer rückwirkenden Herabsetzung der vom Beschwerdeführer vormals bezogenen Renten (IV-Rente und Kinderrenten) führte, war notwendigerweise mit der rückwirkend zugesprochenen - zur Verrechnung herangezogenen - Invalidenrente seiner Ehefrau verbunden. Unter diesen Umständen bejaht die Rechtsprechung die erforderliche, versicherungstechnisch rechtlich enge Beziehung zwischen den zu verrechnenden Forderungen ohne weiteres (Urteil des Bundesgerichts vom 6. Februar 2013, 9C_149/2012, E. 4 mit Hinweisen). Nach dem Gesagten steht der verfügten Verrechnung der Rückforderung mit der Nachzahlung an die Ehefrau des Beschwerdeführers nichts entgegen. Diese Verrechnung verstösst somit nicht, wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht (vgl. act. G 20 Ziff. III/3. in IV 2016/219 und IV 2016/220), gegen das Prinzip von Treu und Glauben und geschah überdies auch nicht zu seinem Nachteil. Sie ist folglich nicht zu beanstanden.
Die SVA hat am 24. April 2018 zuhanden des Gerichts bestätigt, dass die Forderungen gegenüber dem Beschwerdeführer sowie gegenüber der Gemeinde B. vollumfänglich mit den Nachzahlungen der Ehefrau verrechnet wurden. Dies ist aus dem Abrechnungssystem ersichtlich, wird auf den Verfügungen jedoch aus technischen Gründen lediglich in der Einleitung wiedergegeben. Weder der Beschwerdeführer noch die Gemeinde B. haben folgerichtig eine Abrechnung mit Einzahlungsschein erhalten (vgl. Beilage Mailverkehr vom 24. April 2018, Konto Beschwerdeführer, Konto Gemeinde B. und Dossier Verrechnung; act. G 25 und G 25.1-25.-3 in IV 2016/219). Damit besteht kein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers, die gegen ihn gerichtete Rückforderung über Fr. 5'531.-- vom 26. Mai 2016 sowie die bei der Gemeinde B. vorgenommene Rückforderung der Kinderrenten über Fr. 5'619.-- anzufechten. In diesem Punkt ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
5.
Des Weiteren bemängelt der Beschwerdeführer die Übersichtlichkeit und die
Überprüfbarkeit der angefochtenen Verfügungen vom 26. Mai 2016. Es gehe nicht klar
aus den Verfügungen hervor, weshalb eine Kürzung der IV-Renten des Beschwerdeführers erfolgt sei und für wen die Nachzahlung der IV-Rente bestimmt sei. Eine Nachzahlung von IV-Renten an die Ehefrau des Beschwerdeführers wäre separat zu verfügen, solche Verfügungen befänden sich aber nicht bei den Unterlagen. Es sei auch nicht bekannt, ab welchem Datum der Ehefrau des Beschwerdeführers eine IV- Rente zugesprochen worden sei (act. G 1 Ziff. IV/2. in IV 2016/219 und act. G 1 Ziff. IV/
1. in IV 2016/220). Des Weiteren sei die Rückforderung bei der Ehefrau geltend zu machen, da diese doch die zusätzlichen Renten bezogen habe (act. G 20 in IV 2016/219 und IV 2016/220). Im Übrigen macht der Beschwerdeführer noch geltend, er habe die Rentenleistungen gutgläubig erhalten. Zudem bedeute die Rückforderung für den Beschwerdeführer eine grosse Härte, weil er Ergänzungsleistungen erhalte (act. G 9 in IV 2016/219 und IV 2016/220).
Aus den angefochtenen Verfügungen vom 26. Mai 2016 ist ersichtlich, dass die Neuberechnung aufgrund des Eintritts des zweiten Rentenfalls vorgenommen wurde und die so entstandenen Rückforderungen mit den Nachzahlungen an die Ehefrau verrechnet wurden (vgl. AV I-act. 114 und 128; AV IV-act. 7 und 11). Da die Rückforderungen mit den Nachzahlungen an die Ehefrau vollumfänglich getilgt sind, kann kein Erlass der Rückforderung geltend gemacht werden. Zudem wären die Voraussetzungen, ob von einer Rückerstattung abgesehen werden könne, erst nach Rechtskraft des Entscheids im Erlassverfahren zu prüfen (Art. 25 Abs. 1 ATSG i.V.m. Art. 4 Abs. 6 ATSV). Zuletzt ist festzuhalten, dass die IV-Rente der Ehefrau und die dazugehörigen Kinderrenten von der Beschwerdegegnerin mit Datum vom 25. Mai 2016 verfügt wurden (AV IV-act. 7 und 11). Der Beschwerdeführer hat diese seine von ihm getrennt lebende Ehefrau betreffende Verfügung zu diesem Zeitpunkt aus datenschutzrechtlichen Gründen zu Recht nicht in Kopie erhalten. Dem Rechtsvertreter wurde auf Nachfrage hin das entsprechende Berechnungsblatt am 5. Oktober 2016 zugestellt (AV II-act. 10 f.)
6.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sowohl die rückwirkende Neuberechnung der IV-Rente des Beschwerdeführers und der dazugehörigen Kinderrenten gesetzmässig war und richtig durchgeführt wurde als auch die daraus resultierenden
Rückforderungen und deren Verrechnung korrekt und gerechtfertigt waren. Betreffend die Rückforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch aufgrund der vollumfänglichen Verrechnung nicht beschwert. Demnach sind die Beschwerden, soweit auf diese eingetreten werden kann, abzuweisen.
Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig und die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-- bis Fr. 1'000.-- festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Der in beiden Beschwerdeverfahren unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu bezahlen. Da der Verfahrensaufwand für das vereinigte Verfahren als durchschnittlich zu qualifizieren ist, ist die Gerichtsgebühr gesamthaft auf Fr. 600.-- festzusetzen. Der vom Beschwerdeführer im Verfahren IV 2016/219 geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-- wird daran angerechnet. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Der Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten von Fr. 600.-- zu bezahlen. Der von ihm geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-- aus IV 2016/219 wird ihm daran angerechnet.
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