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Urteil Versicherungsgericht (SG - IV 2006/83)

Zusammenfassung des Urteils IV 2006/83: Versicherungsgericht

Die IV-Rente des Beschwerdeführers wurde ab Oktober 2005 eingestellt, da er sich in Untersuchungshaft befand. Eine Beschwerde wurde eingereicht, um die Rentenauszahlung rückwirkend zu fordern. Das Versicherungsgericht entschied, dass die Rentensistierung während der Untersuchungshaft gerechtfertigt war. Die Frage, ob die Rente während des vorzeitigen Strafvollzugs eingestellt werden sollte, wurde diskutiert. Es wurde festgestellt, dass eine teilweise Auszahlung der Rente während des Strafvollzugs gerechtfertigt sein könnte, insbesondere wenn der Versicherte invaliditätsbedingt nicht arbeiten kann. Die Angelegenheit wurde zur weiteren Klärung an die IV-Stelle zurückverwiesen. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben, aber dem Beschwerdeführer wurde eine Pauschalentschädigung von CHF 3000.- für die Prozessführung zugesprochen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts IV 2006/83

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2006/83
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2006/83 vom 27.02.2007 (SG)
Datum:27.02.2007
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 21 Abs. 5 ATSG. Sistierung einer IV-Rente bei Untersuchungshaft und vorzeitigem Strafvollzug. Eine Untersuchungshaft von gewisser Dauer ist als Grund für eine Rentensistierung zu betrachten; dasselbe gilt für den vorzeitigen Strafvollzug [Erw. 3 und Erw. 4].(Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 27. Februar 2007, IV 2006/83). Art. 21 Abs. 5 ATSG stellt eine "Kann-Vorschrift" dar. Es ist im Einzelfall zu prüfen, inwiefern eine gänzliche oder teilweise Sistierung der IV- Rente während der Untersuchungshaft oder des (vorzeitigen) Strafvollzugs gerechtfertigt ist [Erw. 5] Aufgehoben durch Urteil des Bundesgerichts 8C_176/2007.
Schlagwörter: Rente; Vollzug; Untersuchung; Untersuchungs; Renten; Recht; Rentensistierung; Untersuchungshaft; Massnahme; Massnahmevollzug; Sicherheit; Sicherheitshaft; Quot; Rechtsprechung; Arbeit; Vollzug; IV-Rente; Begründung; Regel; Entscheid; Sistierung; Verfügung; Einstellung; Person; Vollzuges; Wortlaut; Freiheitsentzug; Vollzugs; Untersuchungsoder
Rechtsnorm: Art. 13 MVG;Art. 21 ATSG ;Art. 29 BV ;Art. 32 BV ;Art. 35 VwVG ;Art. 37 ATSG ;Art. 380 StGB ;Art. 43 MVG;Art. 49 ATSG ;Art. 75 StGB ;Art. 8 BV ;Art. 81 StGB ;Art. 83 StGB ;
Referenz BGE:110 V 284; 113 V 273; 114 V 143; 116 V 20; 116 V 22; 116 V 232; 116 V 323; 117 Ia 72; 123 I 238; 125 V 201; 126 I 16; 126 I 172; 129 II 504; 133 V 1;
Kommentar:
-, Kommentar zum ATSG, Zürich, Art. 49 ATSG, 2003

Entscheid des Verwaltungsgerichts IV 2006/83

Vizepräsidentin Karin Huber-Studerus, Versicherungsrichterin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichter Franz Schlauri; a.o. Gerichtsschreiber Bernhard Isenring

Entscheid vom 27. Februar 2007 In Sachen

Z. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Emil Nisple, Oberer Graben 26, 9000 St. Gallen, gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen, Beschwerdegegnerin,

betreffend

Rente (Sistierung)

hat das Versicherungsgericht in Erwägung gezogen: I.

A.- Der 1953 geborene Z. bezieht seit November 1998 eine halbe und seit Oktober 2002 eine ganze IV-Rente (IV-act. 28 und 55). Am 18. Oktober 2005 teilte die Staatsanwaltschaft des Kantons X. der IV-Stelle mit, dass der Versicherte am 12. Oktober 2005 von der Polizei festgenommen und von der Haftrichterin am 14. Oktober 2005 in Untersuchungshaft versetzt worden sei (IV-act. 58). Mit Verfügung vom 28. Oktober 2005 sistierte die IV-Stelle die Invalidenrente des Versicherten ab sofort, da er sich seit dem 14. Oktober 2005 in Untersuchungshaft befinde (IV-act. 61).

B.- Gegen diese Verfügung erhob der Rechtsvertreter des Versicherten am 28. November 2005 und – im Sinne einer Ergänzung – am 20. Januar 2006 Einsprache mit den Anträgen, die Verfügung vom 28. Oktober 2005 sei aufzuheben; die IV-Rente sei rückwirkend bis zu einer allfälligen rechtsgültigen Verurteilung vollständig auszurichten; es sei dem Einsprecher für das Einspracheverfahren die unentgeltliche Rechtsverbeiständung zu gewähren; dies alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der verfügenden Instanz. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht, die Verfügung der IV-Stelle vom 28. Oktober 2005 genüge in keinster Weise der Begründungspflicht und nenne nicht einmal die gesetzliche Grundlage für die Rentensistierung. Art. 21 Abs. 5 ATSG spreche von der Einstellung der Auszahlungen während dem sich die versicherte Person im Straf- Massnahmevollzug befinde. Es sei nicht zu bestreiten, dass eine Untersuchungshaft nicht zu diesen zwei Kategorien gehören könne, nur schon der Sinn und Zweck derselben verbiete es, in eine der zwei Kategorien gepresst zu werden. Auch die neuere Literatur nehme die Untersuchungshaft von der Regelung in Art. 21 Abs. 5 ATSG explizit aus, im Übrigen gelte während der Untersuchungshaft noch die Unschuldsvermutung (IV-act. 62 und 68).

C.- Mit Verfügung vom 26. Januar 2006 ordnete die Staatsanwaltschaft des Kantons X. per 30. Januar 2006 die Entlassung des Versicherten aus der Untersuchungshaft und dessen Einweisung in den vorzeitigen Strafvollzug an (IV-act. 71).

D.- Mit Entscheid vom 27. März 2006 bewilligte der Rechtsdienst der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen die unentgeltliche Rechtsverbeiständung des Versicherten, wies aber gleichzeitig die Einsprache vom 28. November 2005 bzw. 20. Januar 2006 ab. Gemäss Praxis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (EVG) werde mit der Rentensistierung berücksichtigt, dass eine versicherte Person aus invaliditätsfremden Gründen nicht mehr eine Erwerbstätigkeit ausüben könne und demnach als nichterwerbstätig zu betrachten sei. Gemäss EVG sei daher die Sistierung einer IV-Rente auch im Fall einer Untersuchungshaft gerechtfertigt. Zwar stütze sich die erwähnte Rechtsprechung des EVG noch auf die Rechtslage vor der positivrechtlichen Regelung der Rentensistierung im ATSG ab, aus den Gesetzesmaterialien sei jedoch ersichtlich, dass die Regelung in Art. 21 Abs. 5 ATSG die bisherige Rechtsprechung des EVG abbilden sollte, obwohl die Untersuchungshaft vom Wortlaut von Art. 21 Abs. 5 ATSG nicht erfasst werde, weil sie nicht zum Straf- und Massnahmevollzug gehöre. Im vorliegenden Fall komme allerdings noch dazu, dass sich der Einsprecher seit dem 30. Januar 2006 im vorzeitigen Strafvollzug befinde. Der Versicherte sei mithin seit diesem Datum auch nach dem Wortlaut von Art. 21 Abs. 5 ATSG im Strafvollzug, weshalb weiterhin eine Rentensistierung gerechtfertigt sei (IV-act. 72).

E.- Gegen diesen Entscheid richtet sich die Beschwerde vom 9. Mai 2006 mit den Anträgen, sowohl der Einspracheentscheid der Sozialversicherungsanstalt St. Gallen vom 27. März 2006 als auch die Verfügung der Sozialversicherungsanstalt St. Gallen vom 28. Oktober 2005 seien aufzuheben; die IV-Rente sei rückwirkend bis zu einer allfälligen rechtsgültigen Verurteilung des Beschwerdeführers auszurichten; eventualiter sei die IV-Rente rückwirkend für die Dauer der Untersuchungshaft, d.h. bis und mit Januar 2006, vollständig auszurichten; es sei dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtsverbeiständung zu gewähren; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates. Zur Begründung wird vorgebracht, die Verfügung vom 28. Oktober 2005 genüge in keinster Weise der Begründungspflicht. So werde nicht einmal die gesetzliche Grundlage für die

Rentensistierung genannt. Es sei ferner unbestritten, dass durch eine rein grammatikalische Auslegung von Art. 21 Abs. 5 ATSG die Untersuchungshaft und auch der vorzeitige Strafvollzug nicht miterfasst seien. Der Wortlaut des Art. 21 Abs. 5 ATSG sei eindeutig und unmissverständlich. Eine weitergehende Auslegung desselben erübrige, ja verbiete sich. Durch Umkehrschluss ergebe sich aus Art. 21 Abs. 5 ATSG eindeutig, dass sowohl die Untersuchungshaft als auch der vorzeitige Strafvollzug nicht Grundlage einer Rentensistierung sein könnten. Darüber hinaus sei der Sinn von Art. 21 Abs. 5 ATSG zu beachten. Dieser bestehe darin, eine selbstverschuldete Erwerbsunfähigkeit nicht durch Rentenzahlungen zu unterstützen. Bevor sich aber ein Angeschuldigter nicht im ordentlichen Strafvollzug befinde, könne er per definitionem nicht selbstverschuldet erwerbsunfähig sein, da dieser noch nicht rechtsgültig von einem ordentlichen Gericht zu einer Strafe verurteilt worden ist. Sowohl bei der Untersuchungshaft wie auch im vorzeitigen Strafvollzug sei (noch) kein rechtskräftiges Urteil ergangen und der Angeschuldigte gelte als unschuldig. Der Beschwerdeführer sei demnach seit Oktober 2005 vorerst unschuldig in Haft, zwecks Untersuchung einer möglichen Straftat. Der sich in Untersuchungshaft im vorzeitigen Strafvollzug befindende Invalide dürfe somit nicht schlechter gestellt werden als jener Invalide, der sich nicht mit einer solchen staatlichen Zwangsmassnahme konfrontiert sehe, da es für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit nicht darauf ankomme, ob derselbe zu Untersuchungszwecken – vorerst unschuldig – in Haft sei sich frei bewegen

könne. Die Vorinstanz nehme schliesslich Bezug auf den Bericht der nationalrätlichen Kommission vom 26. März 1999 zum ATSG, wonach die Regelung in Art. 21 Abs. 5 ATSG die bisherige Rechtsprechung des EVG abbilden sollte. Die hier zu beurteilende Frage betreffend IV-Rentensistierung finde sich in BGE 116 V 232, welcher weit vor Inkrafttreten des ATSG die Untersuchungshaft dem Strafvollzug gleichgestellt habe. Die nationalrätliche Kommission nehme jedoch nicht Bezug auf dieses Urteil. Vielmehr gehe aus dem von der Vorinstanz zitierten Bericht hervor, dass sich Art. 21 Abs. 5 ATSG an Art. 13 MVG anlehnen soll, womit Untersuchungs- und Sicherheitshaft nicht zum Straf- und Massnahmevollzug zählen würden, was auch die neuere Lehre bestätige. In Übereinstimmung mit der Entstehungsgeschichte des vorliegend anwendbaren Art. 21 Abs. 5 ATSG und der Lehre sei eine Sistierung der Invalidenrente während der Untersuchungshaft nicht zu rechtfertigen; dasselbe gelte für den

vorzeitigen Strafvollzug, der vom Wortlaut der fraglichen Bestimmung ebenfalls nicht erfasst werde.

F.- Mit Zuschrift vom 12. Mai 2006 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde und verweist zur Begründung auf den Einspracheentscheid vom 27. März 2006 (act. G 1). Der Beschwerdeführer verzichtete sinngemäss auf die Einreichung einer Replik.

II.

1.- Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers beantragt für das vorliegende Beschwerdeverfahren die Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung. Diesem Gesuch ist in Anwendung von Art. 37 Abs. 4 ATSG stattzugeben. Den zur Verfügung stehenden Unterlagen zufolge ist der Beschwerdeführer in finanzieller Hinsicht bedürftig (act. G. 1.3, 1.4 und 1.5), die Beschwerde erscheint in Anbetracht der massgeblichen Rechtslage nicht als aussichtslos, und die Vertretung des Beschwerdeführers ist – nicht zuletzt infolge seiner Inhaftierung – auch als erforderlich zu qualifizieren.

2.- a) Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers macht in formeller Hinsicht zunächst geltend, die Sistierungsverfügung der IV-Stelle vom 28. Oktober 2005 genüge in keinster Weise der Begründungspflicht und nenne nicht einmal die gesetzliche Grundlage für die Rentensistierung.

  1. Dass jede schriftliche Verfügung zu begründen ist, ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Gemäss Art. 49 Abs. 3 ATSG sind Verfügungen mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zu begründen, wenn sie den Begehren der Parteien nicht voll entsprechen. Diese Regelung folgt Art. 35 Abs. 3 VwVG, welcher besagt, dass die Behörde auf Begründung und Rechtsmittelbelehrung verzichten kann, wenn sie den Begehren der Parteien voll entspricht und keine Partei eine Begründung verlangt. Die Begründung muss wenigstens kurz die Überlegungen nennen, von denen sich die Behörde leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (UELI KIESER, Kommentar zum ATSG, Zürich 2003, Art. 49 Rz. 23). Da die Sozialversicherungsorgane

    eine Vielzahl von Verfügungen zu erlassen haben, sind an die Begründungsdichte allerdings keine hohen Anforderungen zu stellen (THOMAS LOCHER, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Auflage, Bern 2003, § 69 Rz. 21, S. 459). Die nachträgliche Heilung einer mangelhaften Begründung ist möglich und zulässig, sofern die Rechtsmittelinstanz über volle Kognition verfügt, die Begründung im Beschwerdeverfahren nachgeschoben und die Partei dazu angehört wird (ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Auflage, Zürich 1998, Rz. 366 m.w.H.; vgl. auch das Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 27. April 2006 i/S Z. [I 400/05], Erw. 1.3 m.w.H.).

  2. Es ist nicht zu verkennen, dass die Verfügung der IV-Stelle vom 28. Oktober 2005 nur sehr knapp begründet ist. Selbst wenn aber zufolge fehlender Begründung

oder mangelhafter Begründungsdichte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen werden müsste (vgl. BGE 129 II 504 Erw. 2.2, 127 I 56 Erw. 2b, 127 III 578 Erw. 2c, 126 V 131 Erw. 2b sowie die zu Art. 4 Abs. 1 aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung in BGE 126 I 16 Erw. 2a/aa, 124 V 181 Erw. 1a, 375 Erw. 3b, je mit Hinweisen), wäre eine Heilung des Mangels durch den Einspracheentscheid vom

27. März 2006 erfolgt, der in Erwägung 2 für die von der IV-Stelle verfügte Rentensistierung unter Nennung der gesetzlichen Grundlage eine einlässliche Begründung nachliefert.

3.- a) Gemäss Art. 21 Abs. 5 ATSG kann die Auszahlung von Geldleistungen mit Erwerbsersatzcharakter ganz teilweise eingestellt werden, solange sich die versicherte Person im Straf- Massnahmevollzug befindet; ausgenommen sind die Geldleistungen für Angehörige im Sinne von Art. 21 Abs. 3 ATSG. Im Streite liegt vorliegend die Frage, ob die Auszahlung einer IV-Rente gestützt auf Art. 21 Abs. 5 ATSG auch dann eingestellt werden kann, wenn sich der Versicherte in Untersuchungshaft im vorzeitigen Strafvollzug befindet. Es fragt sich mithin, ob diese Formen des Freiheitsentzuges einen Grund für eine Rentensistierung gemäss Art. 21 Abs. 5 ATSG darstellen.

  1. Vor Inkrafttreten des ATSG war die Frage der Rentenberechtigung im Falle des Strafvollzuges abgesehen vom Bundesgesetz über die Militärversicherung (Art. 43 MVG vom 20. September 1949; Art. 13 MVG vom 19. Juni 1992) nicht ausdrücklich geregelt. Nach der bis Dezember 1987 geltenden Rechtsprechung war die Invalidenrente eines Versicherten, dessen Invalidität durch einen Einkommensvergleich im Sinne von Art. 28 Abs. 2 IVG ermittelt worden ist, gestützt auf Art. 41 IVG (aufgehoben auf den 31. Dezember 2002) zu revidieren, wenn er sich für eine gewisse Dauer in Untersuchungshaft im Strafvollzug befand, weil dieser Freiheitsentzug eine Änderung des rechtlichen Status des Versicherten bewirkte. Der Versicherte wurde alsdann als Nichterwerbstätiger betrachtet, da er in der Regel keine Erwerbstätigkeit ausüben könnte. In seinem üblichen Aufgabenbereich, der in der Strafverbüssung bestünde, wäre er aber nicht behindert, so dass er keine Rente beanspruchen könnte. Müsste in diesem Sinne die Rente eines Versicherten revidiert bzw. aufgehoben werden, so zöge dies auch die Aufhebung der Zusatzrente für die Ehefrau und der Kinderrente (Art. 34 und 35 IVG) nach sich (BGE 110 V 284 und 107 V 219). In BGE 113 V 273 hat das EVG die dargelegte Rechtsprechung überprüft und befunden, der Umstand, dass ein Versicherter sich im Strafvollzug befinde, sei kein Grund, um seine Rente in Anwendung von Art. 41 IVG zu revidieren. Einerseits werde der Gesundheitszustand durch den Freiheitsentzug offensichtlich nicht geändert und andererseits könne auch nicht von einer wirklichen Änderung des rechtlichen Status des Versicherten gesprochen werden. Im Übrigen sei der Verurteilte während des Vollzugs einer Gefängnis- Zuchthausstrafe zu einer Arbeit verpflichtet, die seinen Fähigkeiten entspreche und ihm ermögliche, nach Beendigung des Freiheitsentzugs für seinen Unterhalt aufzukommen (Art. 37 Ziff. 1 Abs. 2 [alt] StGB). Aus dieser Sicht sei die Auffassung, dass ein Gefangener als Nichterwerbstätiger behandelt werden müsse, dessen üblicher Aufgabenbereich nur in der Strafverbüssung bestehe, mit der erzieherischen Wirkung, welche die Massnahme ebenfalls bezwecke, nicht vereinbar. Daraus hat das Eidgenössische Versicherungsgericht den Schluss gezogen, dass die Inhaftierung jede andere Art eines von einer Strafbehörde angeordneten Freiheitsentzugs – einschliesslich Aufenthaltes in einer Arbeitserziehungsanstalt – nicht einen Grund zur Revision des Rentenanspruchs, sondern lediglich einen Sistierungsgrund darstellt. Aus dem Umstand, dass der Rentenanspruch als solcher bestehen bleibt, hat das Gericht ferner gefolgert, dass der Strafantritt nicht mehr wie

    bisher zu einer Einstellung der Zusatzrenten führt, sondern dass diese im Gegenteil weiter ausgerichtet werden müssen (BGE 113 V 273; unveröffentlichte Urteile i/S N. vom 2. Februar 1988 und i/S B. vom 20. Januar 1988; vgl. auch ZAK 1988 S. 224 ff.). In

    BGE 114 V 143, Erw. 2 und 116 V 323 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht diese Rechtsprechung bestätigt. In der Regeste zu BGE 116 V 323 wurde ausdrücklich festgehalten, dass eine Untersuchungshaft von gewisser Dauer in gleicher Weise Anlass zur Rentensistierung biete, wie jede andere Form des von einer Strafbehörde angeordneten Freiheitsentzugs.

  2. Dabei ist unter dem vom EVG verwendeten und auch in der Lehre anzutreffenden Begriff der "Sistierung" bzw. "Rentensistierung" ein eigentlicher Auszahlungsstopp zu verstehen. Das bedeutet, dass die Ausrichtung der Rente für eine gewisse Zeit – vorliegend für die Dauer eines Freiheitsentzuges – ganz teilweise ausgesetzt wird, wobei dem Versicherten nach Aufhebung des Auszahlungsstopps kein Anspruch auf Nachzahlungen zusteht, sondern die Rentenauszahlungen mit Wirkung ex nunc wieder aufgenommen werden.

  3. Mit Urteil vom 5. Dezember 2005 i/S R. [I 540/2005] hat das EVG in Erwägung 2 sinngemäss festgehalten, dass die bis zum In-Kraft-Treten des ATSG am 1. Januar 2003 ergangene Praxis zur damals auf der Rechtsprechung beruhenden Sistierung von Geldleistungen während des Straf- Massnahmevollzugs auch unter Geltung des Art. 21 Abs. 5 ATSG zu beachten sei. Namentlich wird auf BGE 116 V 22 f. und BGE 114 V 143 Erw. 2 verwiesen. Auch in der Lehre wird festgehalten, dass die Bestimmung von Art. 21 Abs. 5 ATSG die bisherige Rechtsprechung zur Rentensistierung aufgreife (KIESER, a.a.O., Art. 21 Rz. 76); allerdings wird die Meinung vertreten, Untersuchungs- und Sicherheitshaft würden – ungeachtet der anders lautenden, vor In-Kraft-Treten des ATSG ergangenen Rechtssprechung bezüglich IV-Leistungen (BGE 116 V 323 ff.) – keinen Sistierungsgrund gemäss Art. 21 Abs. 5 ATSG darstellen (KIESER, a.a.O., Art. 21 Rz. 79; LOCHER, a.a.O., § 40 Rz. 39, S. 271). Begründet wird diese Ansicht damit, dass Art. 21 Abs. 5 ATSG die bisherige Regelung von Art. 13 Abs. 1 MVG übernehme und für die Militärversicherung (MV) vor In-Kraft-Treten des ATSG die Untersuchungshaft und die Sicherheitshaft keinen Anlass zur Sistierung der Leistungen ergeben hätten (KIESER, a.a.O, Art. 21 Rz. 76, 79; JÜRG MAESCHI, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung (MVG) vom 19. Juni 1992, Bern 2000, Art.

    13 Rz. 13). Allerdings sind zu Art. 13 MVG in der Fassung vom 19. Juni 1992 keine publizierten EVG-Entscheide bekannt; folglich kann diesbezüglich nicht auf eine höchstrichterliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

  4. Im IV-Rundschreiben Nr. 225 vom 19. September 2005 hat sich das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) mit der Frage befasst, ob auch unter Geltung des Art. 21 Abs. 5 ATSG an der bisherigen Rechtsprechung zur Rentensistierung während der Untersuchungshaft festgehalten werden könne. Dabei wird unter Verweis auf die Materialien zum ATSG ausgeführt, dass in Art. 21 Abs. 5 ATSG lediglich der Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 [alt] MVG übernommen worden sei, die Handhabung der Norm jedoch weiter nach bisheriger IV-Rechtsprechung erfolgen sollte. Die Untersuchungshaft biete damit auch unter der Herrschaft des ATSG in gleicher Weise Anlass zur Rentensistierung wie jede andere Form des von einer Strafbehörde angeordneten Freiheitsentzuges (BGE 116 V 323).

  5. Zu prüfen ist, ob sich aus den im soeben zitierten IV-Rundschreiben Nr. 225 vom 19. September 2005 genannten Materialien zum ATSG tatsächlich der Schluss ziehen lässt, dass die Handhabung von Art. 21 Abs. 5 ATSG weiterhin der bisherigen IV- Rechtsprechung zur Rentensistierung bei Untersuchungs- Sicherheitshaft folgen soll. Einzugehen ist mithin auf die Entstehungsgeschichte des Art. 21 Abs. 5 ATSG. Im Bericht der Kommission des Nationalrates für Soziale Sicherheit vom 26. März 1999 heisst es zur vorliegend interessierenden Bestimmung (BBl 1999 V 4567) lediglich: "Inhaltlich kann sich die Kommission dem Vorschlag des Bundesrates zur Einfügung einer Kürzungsregelung im Falle des Straf- Massnahmevollzugs anschliessen, denn das MVG kennt heute in Artikel 13 eine entsprechende Regel und es würde der neueren Rechtsprechung entsprechen, eine solche Klausel generell aufzunehmen: nach der neueren Rechtsprechung des EVG muss bei Strafgefangenschaft der Rentenanspruch sistiert werden, während die für die Deckung des Unterhaltsbedarfs der Angehörigen bestimmten Zusatzrenten weiter ausgerichtet werden (BGE 113 V 273, BGE 114 V 143, BGE 116 V 20). Klargestellt wird mit dem Verweis auf Absatz 2bis auch, dass der Anteil für Angehörige nicht gekürzt werden kann." Auch die vertiefte bundesrätliche Stellungnahme vom 17. August 1994 zum Bericht der Kommission des Ständerates vom 27. September 1990 über den Allgemeinen Teil Sozialversicherung nimmt Bezug auf die neuere Rechtsprechung bzw. Art. 13 MVG, heisst es doch in BBl

    1994 V 937: "Der von uns vorgeschlagene Wortlaut hat seine Grundlage im Einklang mit der Rechtsprechung (BGE 113 V 273, 114 V 143) in Artikel 13 des neuen MVG vom 19. Juni 1992."

  6. Den zitierten Materialien zum ATSG ist zu entnehmen, dass mit Art. 21 Abs. 5 ATSG zum einen die Bestimmung von Art. 13 Abs. 1 alt MVG für das gesamte Sozialversicherungsrecht übernommen und zum andern die in BGE 113 V 273, 114 V 143 und 116 V 20 ergangene Rechtsprechung zur Rentensistierung bei Straf- und Massnahmevollzug berücksichtigt werden sollte. Immerhin wird auf die zuletzt erwähnten Entscheide in BBl 1994 V 937 und BBl 1999 V 4567 ausdrücklich hingewiesen. Diese Rechtsprechung besagt, dass Untersuchungshaft von gewisser Dauer in gleicher Weise Anlass zur Rentensistierung biete, wie jede andere Form des von einer Strafbehörde angeordneten Freiheitsentzuges. Ob sich der Gesetzgeber dieser Konsequenz allerdings tatsächlich bewusst war und die Untersuchungs- Sicherheitshaft als Grund für eine Rentensistierung betrachtete, lässt sich angesichts der in den Materialen gewählten Formulierungen nicht mit Sicherheit sagen und erscheint zumindest fraglich. In BBl 1999 V 4567 heisst es nämlich wörtlich: "[…] nach der neueren Rechtsprechung des EVG muss bei Strafgefangenschaft der Rentenanspruch sistiert werden, […]." Vom Ausdruck "Strafgefangenschaft" wird die Untersuchungs- und Sicherheitshaft an sich nicht erfasst. Eine in Untersuchungs- Sicherheitshaft versetzte Person ist kein Strafgefangener, sondern von einer strafprozessualen Zwangsmassnahme betroffen. In den Materialien zu Art. 21 Abs. 5 ATSG wird überdies immer wieder auf Art. 13 Abs. 1 MVG hingewiesen, was an sich nicht weiter zu erstaunen vermag, war doch diese Bestimmung bis zum In-Kraft-Treten des Art. 21 Abs. 5 ATSG die einzige innerhalb der sozialversicherungsrechtlichen Gesetzgebung, welche sich mit der Frage der Rentensistierung bei Straf- und Massnahmevollzug befasste (MAESCHI, a.a.O., Art. 13 Rz. 6). Zu dieser Bestimmung ergingen indes – soweit ersichtlich – keine publizierten Entscheide des EVG. Vielmehr basiert die in der Lehre vertretene Ansicht, für die MV sei bezüglich Rentensistierung bei Untersuchungshaft anders entschieden worden als für die IV (KIESER, a.a.O., Art. 21 Rz. 79), im Wesentlichen auf der Aussage von MAESCHI, der zu Art. 13 Abs. 1 MVG folgendes ausführt: "Im Gegensatz zur Praxis in der IV (BGE 116 V 323 ff.) geben die Untersuchungshaft und Sicherheitshaft keinen Anlass zur Sistierung der Leistungen nach MVG 13, auch wenn sie an eine spätere Freiheitsstrafe angerechnet werden […]".

    (MAESCHI, a.a.O, Art. 13 Rz. 13). Auch in der Literatur zu Art. 43 MVG vom 20. September 1949 wird die Ansicht vertreten, die Untersuchungs- Sicherheitshaft gestatte die Anwendung von Art. 43 nicht, selbst wenn sie vom Richter verfügt wurde (B. SCHATZ, Kommentar zur Eidgenössischen Militärversicherung, Zürich 1952, S. 215). Die Verweise in den Materialien zum ATSG auf Art. 13 Abs. 1 MVG und die einschlägigen, allerdings allesamt schon älteren Urteile des EVG zur Frage der Rentensistierung bei Straf- und Massnahmevollzug lassen aufgrund des Dargelegten keine eindeutige Antwort auf die Frage zu, ob nach dem Willen des Gesetzgebers auch gemäss Art. 21 Abs. 5 ATSG die Untersuchungshaft und die Sicherheitshaft von gewisser Dauer einen Grund für eine Rentensistierung darstellen sollen. Offensichtlich wurde diese Problematik während der Gesetzgebungsarbeiten nicht eingehend diskutiert (vgl. auch BGE 133 V 1, Erw. 4.2.2, wonach sich aus den Materialien lediglich ergebe, dass der Gesetzgeber an alt Art 13 MVG und die Rechtsprechung zum IVG anknüpfen wollte, sich dabei aber offenbar nicht bewusst gewesen sei, dass der Gesetzeswortlaut der Militärversicherungsbestimmung bezüglich Untersuchungshaft mit der IVG-Praxis nicht übereinstimmte. Eine bewusste Haltung des historischen Gesetzgebers sei weder für die eine noch die andere Position erkennbar).

  7. Vor diesem Hintergrund erscheint es angezeigt, für die Frage, ob auch die Untersuchungs- Sicherheitshaft einen Grund für die Einstellung der Auszahlung einer IV-Rente darstellen, in einem ersten Schritt auf den klaren und eindeutigen Wortlaut von Art. 21 Abs. 5 ATSG abzustellen, welcher als Sistierungsgrund einzig den Straf- Massnahmevollzug nennt. Voraussetzung für den Vollzug von Strafen und Massnahmen ist der Eintritt der formellen Rechtskraft des anordnenden Entscheids (NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts – Dargestellt am Beispiel des Kantons St. Gallen, 2. Auflage, Bern 2005, Rz. 1863), d.h. das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Strafe bzw. das Vorliegen einer rechtskräftigen Anordnung einer Massnahme. Weder die Untersuchungs- noch die Sicherheitshaft bilden Teil des Straf- Massnahmevollzuges, geht es doch dabei nicht darum, die durch einen formell rechtskräftigen Entscheid ausgefällte Strafe Massnahme zu vollziehen. Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind vielmehr als reine strafprozessuale Zwangsmassnahmen zu qualifizieren, wobei für den davon Betroffenen bis zu einer allfälligen rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt. Sie lassen sich –

da sie sich von ihrer Rechtsnatur, aber auch von ihrer praktischen Ausgestaltung her

vom Straf- und Massnahmevollzug deutlich unterscheiden – aufgrund der grammatikalischen Auslegung nicht unter die in Art. 21 Abs. 5 ATSG genannten Sistierungsgründe subsumieren (so auch BGE 133 V 1, Erw. 4.2.1). Hätte nach Ansicht des Gesetzgebers auch die Untersuchungs- und die Sicherheitshaft einen Grund für eine Einstellung der Ausrichtung von Rentenleistungen darstellen sollen, so wäre an sich zu erwarten gewesen, dass eine entsprechende Formulierung im Gesetzestext erschienen dann aber zumindest ein eindeutiger Hinweis in den Materialien angebracht worden wäre; umso mehr, als diese Frage vor In-Kraft-Treten des ATSG in der MV offensichtlich anders beurteilt wurde als in der IV.

  1. Während die Entstehungsgeschichte des Art. 21 Abs. 5 ATSG – und damit die historische Auslegung der Bestimmung – keinen eindeutigen Schluss zulässt, ob die Untersuchungs- Sicherheitshaft einen Grund für die Einstellung der Ausrichtung von Rentenleistungen darstellen, spricht die grammatikalische Auslegung von Art. 21 Abs. 5 ATSG eindeutig dagegen. Zu untersuchen bleibt, ob eine teleologische Auslegung der Bestimmung – mithin eine, die nach deren Sinn und Zweck fragt – allenfalls zu einem anderen Ergebnis führt. Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat jedenfalls unter einem teleologischen Blickwinkel – verbunden mit der Forderung nach rechtsgleicher Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV) – einer vom Wortlaut des Art. 21 Abs. 5 ATSG abweichenden Betrachtungsweise den Vorzug gegeben (vgl. BGE 133 V 1, Erw. 4.2.4.1). Als ratio legis von Art. 21 Abs. 5 ATSG ist nach Ansicht des EVG die Gleichbehandlung der invaliden mit der validen inhaftierten Person, welche durch einen Freiheitsentzug ihr Erwerbseinkommen verliert, anzusehen. Damit sei der Rentenanspruch einer Person, die sich in Untersuchungshaft befinde, grundsätzlich zu sistieren, da auch eine gesundheitlich unbeeinträchtigte Person während dieser Zeit in der Regel einen Erwerbsausfall zu gewärtigen habe. Dies könne allerdings aus Praktikabilitätsgründen lediglich für Untersuchungshaft gelten, welche eine gewisse Zeit angedauert habe, wobei die "gewisse Dauer", während der die Rente noch

    auszurichten sei, bis zu drei Monaten betragen dürfte; dies in Anlehnung an die gemäss Art. 88a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 IVV rentenrevisionsrechtlich massgebliche Zeitspanne der anspruchsbeeinflussenden Änderung der Verhältnisse (a.a.O., Erw. 4.2.4.2). Eine teleologische und die Rechtsgleichheit miteinbeziehende Betrachtungsweise zeige damit den Rechtssinn des Art. 21 Abs. 5 ATSG auf, weshalb vom Wortlaut der Bestimmung abzuweichen sei. Der Umstand, dass die Bestimmung

    als Grund für eine Rentensistierung lediglich den Straf- Massnahmevollzug nenne, könne kein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers im Sinne einer bewusst negativen Antwort darstellen. Vielmehr sei eine auf dem Auslegungsweg ermittelte stillschweigende Anordnung desselben anzunehmen (a.a.O., Erw. 4.3).

  2. Der Beschwerdeführer befand sich vom 14. Oktober 2005 bis zum 30. Januar 2006 – und damit knapp vier Monate – in Untersuchungshaft. Die von der IV-Stelle gestützt auf Art. 21 Abs. 5 ATSG verfügte Einstellung der Rentenausrichtung während dieser Zeitspanne erweist sich – insbesondere mit Blick auf BGE 133 V 1 ff. – als

grundsätzlich zulässig. Die für die grundsätzliche Zulässigkeit einer Rentensistierung während der Untersuchungshaft rechtsprechungsgemäss vorausgesetzte "gewisse Dauer" derselben ist vorliegend jedenfalls gegeben.

4.- a) Im Streite liegt desweitern die Frage, ob der vorzeitige Strafvollzug, in dem sich der Beschwerdeführer seit dem 30. Januar 2006 befindet (IV-act. 71), ebenfalls einen Grund zur Rentensistierung gemäss Art. 21 Abs. 5 ATSG darstellt.

  1. Der vorzeitige Strafvollzug kann gemäss Art. 75 Abs. 2 StGB und Art. 132 Abs. 1 des Strafprozessgesetzes des Kantons St. Gallen (sGS 962.1; abgekürzt: StP) vom Untersuchungsrichter angeordnet werden, wenn der Angeschuldigte, der eine längere, unbedingte Freiheitsstrafe zu erwarten hat, sein ausdrückliches Einverständnis gibt und es der Stand der Untersuchung erlaubt. Der vorzeitige Straf- und Massnahmevollzug stellt dabei seiner Natur nach eine Vorkehr auf der Schwelle zwischen Strafverfolgung und Strafvollzug dar. Er soll ermöglichen, dass dem Angeschuldigten bereits vor der (rechtskräftigen) Urteilsfällung verbesserte Chancen auf Resozialisierung im Rahmen des Strafvollzuges geboten werden können (BGE 117 Ia 72, Erw. 1 c). Dabei handelt es sich aber nach wie vor um eine Form der strafprozessualen Freiheitsentziehung, die sich auf kantonales Strafverfahrens- und Strafvollzugsrecht stützt. Es gelten mithin die Verfahrensregeln des strafprozessualen Haftrechts, und der Angeschuldigte steht – wie auch während der Untersuchungs- Sicherheitshaft – nach wie vor unter dem Schutz der Unschuldsvermutung gemäss Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK (BGE 126 I 172, Erw. 3 a).

  2. Die Beschwerdegegnerin hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Beschwerdeführer befinde sich seit Anordnung des vorzeitigen Strafvollzuges – mithin seit dem 30. Januar 2006 – auch nach dem Wortlaut von Art. 21 Abs. 5 ATSG im Strafvollzug, weshalb eine Rentensistierung gerechtfertigt sei (IV-act. 72/3). Dabei verkennt sie, dass auch der vorzeitige Strafvollzug ein strafprozessuales Instrument darstellt und sich vom Strafvollzug nach rechtskräftiger Verurteilung folglich von seiner Rechtsnatur her unterscheidet. Dies ergibt sich beispielsweise auch aus Art. 132 Abs. 2 StP, wonach der Angeschuldigte dem Untersuchungsrichter jederzeit ein Gesuch um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug stellen kann – ein Recht, das einer Person, die sich im Strafvollzug nach rechtskräftiger Verurteilung befindet, in dieser Form selbstverständlich nicht zusteht. In den bereits genannten Materialien zu Art. 21 Abs. 5 ATSG (BBl 1994 V 937 und BBl 1999 V 4567) wird die Frage der Zulässigkeit einer Rentensistierung während eines vorzeitigen Strafvollzugs nicht beantwortet, ja nicht einmal thematisiert. Zu dieser Problematik sind – soweit ersichtlich – weder vor noch nach Inkrafttreten des ATSG publizierte Entscheide des EVG ergangen. Auch im bereits mehrfach erwähnten BGE 133 V 1 ff. äussert sich das EVG nicht zur Frage der Rentensistierung während des vorzeitigen Straf- Massnahmevollzuges. An dieser Stelle lässt sich immerhin festhalten, dass der vorzeitige Straf- und Massnahmevollzug aufgrund des soeben Dargelegten vom klaren und eindeutigen Wortlaut des Art. 21 Abs. 5 ATSG nicht erfasst wird, sofern man einzig auf die Rechtsnatur des Freiheitsentzuges abstellt.

  3. Es fragt sich allerdings, ob aufgrund einer teleologischen Auslegung des Art. 21 Abs. 5 ATSG der vorzeitige Strafvollzug dem eigentlichen Strafvollzug nach rechtskräftiger Verurteilung bezüglich Auszahlungssistierung von Renten gleichgestellt werden kann und damit – über den Wortlaut von Art. 21 Abs. 5 ATSG hinaus – als Grund für eine Rentensistierung zu betrachten wäre. Obwohl der vorzeitige Strafvollzug von seiner Rechtsnatur her ein strafprozessuales Instrument darstellt, und eine sich im vorzeitigen Strafvollzug befindende Person nach wie vor als unschuldig gilt, ist er – wie es das Bundesgericht in BGE 117 Ia 72, Erw. 1. c) formuliert hat – auf der Schwelle des eigentlichen Strafvollzuges anzusiedeln und unterscheidet sich von der

Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft insofern, als aufgrund des Untersuchungsstandes damit gerechnet werden kann, dass der Angeschuldigte eine längere, unbedingte Freiheitsstrafe zu erwarten hat. Der vorzeitige Strafvollzug ist somit insgesamt – wenn

auch nicht von seiner Rechtsnatur, so doch von seiner Ausgestaltung bzw. vom Ergebnis her – näher beim Strafvollzug nach rechtskräftiger Verurteilung denn bei der Untersuchungs- Sicherheitshaft anzusiedeln. Insbesondere gilt während des vorzeitigen Strafvollzugs grundsätzlich auch bereits das normale Vollzugsregime (OBERHOLZER, a.a.O., Rz. 1127). Beispielsweise bestimmt § 20 Abs. 2 der zürcherischen Justizvollzugsverordnung (JVV; LS 331.1), dass der vorzeitige Strafantritt in einer geschlossenen Vollzugsanstalt nach den Regeln und Zuständigkeiten für den Vollzug rechtskräftiger Entscheide erfolgt – unter Vorbehalt besonderer einschränkender Anordnungen der Strafverfolgungsbehörde. Im Anwendungsbereich von Art. 21 Abs. 5 ATSG rechtfertigt es sich daher, den vorzeitigen Strafvollzug dem eigentlichen Strafvollzug nach rechtskräftiger Verurteilung gleichzustellen und diesen als Grund für eine Rentensistierung zu betrachten. Zu demselben Ergebnis gelangt man im Übrigen auch in Anwendung des Grundsatzes "a minore (minori) ad maius". Wenn gemäss BGE 133 V 1 ff. bereits die Untersuchungshaft von gewisser Dauer einen Grund für die Einstellung der Auszahlung von Geldleistungen mit Erwerbsersatzcharakter darstellt, muss dies umso mehr für den vorzeitigen Straf- Massnahmevollzug gelten.

5.- a) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Einstellung der Ausrichtung der IV-Rente des Beschwerdeführers grundsätzlich ab Oktober 2005 möglich ist. Zu beachten gilt es dabei allerdings, dass es sich bei Art. 21 Abs. 5 ATSG um eine "Kann-Vorschrift" handelt. Das bedeutet, dass die vollständige partielle Einstellung einer Rentenzahlung während der Untersuchungs- Sicherheitshaft sowie während des vorzeitigen ordentlichen Straf- Massnahmevollzugs nicht in jedem Fall zwingend anzuordnen ist.

  1. Die Einstellung Einschränkung einer Rentenzahlung während der Untersuchungs- Sicherheitshaft bzw. während des (vorzeitigen) Straf- Massnahmevollzugs lässt sich hauptsächlich durch die Tatsache rechtfertigen, dass ein invalider Gefangener keinen wirtschaftlichen Vorteil aus dem Vollzug ziehen soll, da der nichtinvalide Gefangene ebenfalls in der Regel sein Erwerbseinkommen verliert (vgl. BGE 133 V 1, Erw. 4.2.4.1). Mit anderen Worten soll mit einer gestützt auf Art. 21 Abs. 5 ATSG angeordneten Rentensistierung eine Leistungsausrichtung unterbunden werden, welche zu einer stossenden Besserstellung des Versicherten führt; einer

    stossenden Besserstellung gegenüber nichtinvaliden Inhaftierten bzw. Strafgefangenen, aber auch gegenüber invaliden Versicherten, welche sich nicht im Straf- Massnahmevollzug bzw. in Untersuchungs- Sicherheitshaft befinden. Ob eine vollständige partielle Rentensistierung für die Dauer der Untersuchungshaft des (vorzeitigen) Straf- Massnahmevollzugs angezeigt ist, bedarf somit einer einzelfallbezogenen Prüfung der konkreten Umstände. Die Weiterausrichtung eines Teils der ganzen Rente dürfte jedenfalls dann gerechtfertigt sein, wenn eine stossende Besserstellung des Versicherten gar nicht eintreten kann. Dies gilt umso mehr als die Rentenberechtigung im Allgemeinen nicht davon abhängen kann, wie der Rentner lebt, ob als Gefangener, Privatier Erwerbstätiger im Rahmen der verbleibenden Erwerbsmöglichkeit.

  2. Nach der Ansicht von MAESCHI steht die Einstellung der Rentenzahlungen nicht im freien Ermessen der (Militär-) Versicherung. Sofern die im Gesetz genannten Tatbestände gegeben sind, sei von einer Sistierung nur ausnahmsweise abzusehen, wenn hierfür besondere Gründe vorlägen. Diese könnten nebst dem Strafvollzug in Form der Halbgefangenschaft Halbfreiheit etwa darin liegen, dass der Versicherte für die Kosten eines Massnahmevollzugs aufzukommen hat (vgl. MAESCHI, a.a.O., Art. 13 Rz. 8 mit Hinweis auf ZAK 1989, S. 464). Gemäss BGE 133 V 1, Erw. 4.2.4.1, verbietet sich eine Sistierung des Rentenanspruchs nur dann, wenn die Vollzugsart der verurteilten versicherten Person die Möglichkeit bietet, eine Erwerbstätigkeit auszuüben und somit selber für die Lebensbedürfnisse aufzukommen.

d) Zu berücksichtigen gilt es diesbezüglich auch, dass ein Strafgefangener – nicht aber eine von Untersuchungs- Sicherheitshaft betroffene Person – gemäss Art. 81 Abs. 1 StGB (Art. 37 Ziff. 1 Abs. 2 alt StGB) zur Arbeit verpflichtet ist und gestützt auf Art. 83 Abs. 1 StGB für seine Arbeit ein von seiner Leistung abhängiges und den Umständen angepasstes Entgelt erhält. Gemäss Art. 83 Abs. 2 StGB kann der Gefangene während des Vollzuges nur über einen Teil seines Arbeitsentgeltes frei verfügen. Diese Bestimmung präzisiert Art. 28 Abs. 2 der st. gallischen Verordnung über die Gefängnisse und Vollzugsanstalten (sGS 962.14) insofern, als dem Gefangenen in der Regel die Hälfte der Arbeitsentschädigung zum persönlichen Verbrauch gutgeschrieben wird. Aus dem anderen Teil ist gemäss Art. 83 Abs. 2 StGB für die Zeit nach der Entlassung eine Rücklage zu bilden. Damit soll ein Startkapital für die Zeit

nach der Haftentlassung erspart werden (BBl 1999, 2117), das weder gepfändet noch mit Arrest belegt noch in eine Konkursmasse einbezogen werden darf (Art. 83 Abs. 2 StGB). Art. 28 Abs. 2 der st. gallischen Verordnung über die Gefängnisse und Vollzugsanstalten legt überdies fest, dass der Rest des Arbeitsentgelts – also jener Teil, der dem Gefangenen nicht zum persönlichen Verbrauch gutgeschrieben wird – zur Erfüllung von Unterstützungspflichten, zur Schuldentilgung, zur Deckung der Verfahrenskosten der Kosten der Heimschaffung verwendet wird. Damit darf allerdings die Bildung der bundesrechtlich vorgeschriebenen Rücklage für die Zeit nach der Entlassung nicht gänzlich unterlaufen werden. Zu berücksichtigen ist schliesslich, dass ein Verurteilter gemäss Art. 380 Abs. 2 StGB in angemessener Weise an den Kosten des Vollzuges zu beteiligen ist, entweder durch Verrechnung mit seiner Arbeitsleistung im Straf- Massnahmevollzug (lit. a); nach Massgabe seines Einkommens und Vermögens, wenn er eine ihm zugewiesene Arbeit verweigert, obwohl sie den Vorgaben der Artikel 81 90 Abs. 3 StGB genügt (lit. b); durch Abzug eines Teils des Einkommens, das er auf Grund einer Tätigkeit im Rahmen der Halbgefangenschaft, des Arbeitsexternats des Wohn- und Arbeitsexternats erzielt.

e) Bei der Entscheidung über die Rentensistierung während des (vorzeitigen) Straf- Massnahmevollzugs ist mithin zu berücksichtigen, inwiefern der Versicherte aufgrund seiner Invalidität in der Lage ist, eine Arbeit gemäss Art. 81 Abs. 1 StGB zu verrichten und sich damit ein Startkapital für die Zeit nach der Haftentlassung zu ersparen (Art. 83 Abs. 2 StGB). Weiter gilt es zu beachten, inwiefern er gemäss Art. 380 Abs. 2 StGB an den Kosten des Strafvollzuges beteiligt wird. Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, einen Teil der weiterhin ausgerichteten IV-Rente zur Deckung der Vollzugskosten zu verwenden. Ist ein Gefangener während des vorzeitigen ordentlichen Straf- Massnahmevollzuges invaliditätsbedingt nicht in der Lage, durch eine Arbeitsleistung für die Zeit nach seiner Entlassung eine Rücklage gemäss Art. 83 Abs. 2 StGB zu bilden, so wird sich eine gänzliche Einstellung der Ausrichtung seiner Rente in der Regel nicht rechtfertigen, birgt doch diese Konstellation keine Gefahr einer geradezu stossenden Besserstellung des Versicherten während des Vollzuges in sich – im Gegenteil. Der invalide Strafgefangene, der invaliditätsbedingt keiner Arbeit gemäss Art. 81 Abs. 1 StGB nachgehen kann, würde bei vollständiger Rentensistierung nach der Haftentlassung ohne Startkapital dastehen und wäre gegenüber dem nichtinvaliden Strafgefangenen, der während des Vollzugs gearbeitet

und sich damit ein Startkapital erspart und gegebenenfalls Schulden getilgt bzw. finanzielle Wiedergutmachung geleistet hat, insofern benachteiligt; mit Sicherheit aber nicht in stossender Weise besser gestellt. Eine gänzliche Einstellung einer IV-Rente während des Straf- Massnahmevollzuges rechtfertigt sich somit im Prinzip nur insoweit als der versicherte Strafgefangene gemäss Art. 81 Abs. 1 StGB einer Arbeit nachgehen und sich gemäss Art. 83 Abs. 2 StGB ein Startkapitel für die Zeit nach seiner Haftentlassung ersparen kann. Ist ein versicherter Strafgefangener dazu allerdings invaliditätsbedingt nicht nicht zu 100% in der Lage, so ist diese Einschränkung durch die gänzliche teilweise Ausrichtung der IV-Rente während des Straf- Massnahmevollzuges zu kompensieren. Dabei ist mit der Rente gemäss Art. 83 Abs. 2 StGB analog zu verfahren, mithin dem Versicherten nur ein Teil zur freien Verfügung auszubezahlen und mit dem anderen Teil für die Zeit nach der Entlassung eine Rücklage zu bilden. In die Rechnung einzubeziehen sind allerdings auch kantonalrechtliche Bestimmungen wie jene von Art. 28 Abs. 3 der st. gallischen Verordnung über die Gefängnisse und Vollzugsanstalten, wonach Strafgefangenen bei unverschuldeter Beschäftigungslosigkeit unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit ein Betrag nach Weisung des Justiz- und Polizeidepartements zum persönlichen Verbrauch gutgeschrieben wird jene von Art. 32 Abs. 2 der nämlichen Verordnung, wonach dem mittellosen Gefangenen das Nötige zur Tätigung des wöchentlichen Einkaufs zur Verfügung gestellt wird.

f) Während der Untersuchungshaft ist der Inhaftierte – im Unterschied zum Strafvollzugsgefangenen – nicht zur Arbeit verpflichtet (vgl. OBERHOLZER, a.a.O., N 1098 mit Hinweis auf BGE 123 I 238 f.; 106 Ia 287; 106 Ia 360 f.). Immerhin wird einem arbeitswilligen Untersuchungsgefangenen nach Möglichkeit eine geeignete Arbeit verschafft (Art. 27 Abs. 1 der st. gallischen Verordnung über die Gefängnisse und Vollzugsanstalten). Aufgrund der fehlenden Arbeitspflicht während der Untersuchungshaft ist bei fortlaufender Ausrichtung der IV-Rente eine stossende Besserstellung des Versicherten tendenziell eher anzunehmen als während des (vorzeitigen) Straf- Massnahmevollzuges und die Ausrichtung der IV-Rente wird während der Untersuchungs- und Sicherheitshaft in der Regel einzustellen sein.

6.- Zusammengefasst kann die Ausrichtung der IV-Rente des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 21 Abs. 5 ATSG grundsätzlich ab Oktober 2005 eingestellt werden,

allerdings hat die IV-Stelle zu prüfen, in welchem Ausmass die Rentensistierung auch tatsächlich gerechtfertigt ist. Dabei hat sie sich vom Grundgedanken leiten zu lassen, dass mit der Rentensistierung gemäss Art. 21 Abs. 5 ATSG eine Leistungsausrichtung unterbunden werden soll, die zu einer geradezu stossenden Besserstellung des von einem Freiheitsentzug betroffenen invaliden Versicherten führt, im Vergleich zu einer nichtinvaliden Person in der gleichen Situation. Ob bei Ausrichtung einer Rente während der Untersuchungshaft des (vorzeitigen) Straf- Massnahmevollzuges eine derartige stossende Besserstellung eintreten würde, ist anhand einer einzelfallbezogenen Prüfung zu bestimmen – wobei aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung des Vollzugs zwischen Untersuchungshaft und (vorzeitigem) Strafvollzug zu differenzieren ist. Im (vorzeitigen) Strafvollzug ist insbesondere zu berücksichtigen, inwiefern dem Versicherten eine Arbeit gemäss Art. 81 Abs. 1 StGB invaliditätsbedingt möglich ist und inwiefern er dadurch ein Startkapital für die Zeit nach der Haftentlassung ersparen kann (Art. 83 Abs. 2 StGB). In dem Ausmass, in dem ihm dies invaliditätsbedingt verunmöglicht wird, sollte die IV-Rente in der Regel weiterhin ausgerichtet werden, wobei mit der Rente gemäss den in Art. 83 Abs. 2 StGB dargelegten Grundsätzen zu verfahren ist. Zu berücksichtigen gilt es überdies, ob der Versicherte gemäss Art. 380 Abs. 2 StGB an den Vollzugskosten beteiligt wird. Demgegenüber besteht während der Untersuchungshaft für die inhaftierte Person keine Arbeitspflicht, womit die Gefahr einer stossenden Besserstellung des Versicherten bei fortlaufender Ausrichtung seiner IV-Rente tendenziell grösser ist als während des (vorzeitigen) Straf- Massnahmevollzuges und eine Rentensistierung in der Regel angezeigt sein dürfte.

7.- a) Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde unter Aufhebung des Einspracheentscheides vom 27. März 2006 teilweise gutzuheissen und die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen und zu neuer Entscheidung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben.

b) Hingegen hat der Beschwerdeführer gemäss Art. 61 lit. g ATSG Anspruch auf Ersatz der Kosten der Prozessführung und Vertretung nach gerichtlicher Festsetzung. Diese Vergütung ist pauschal auf Fr. 3000.-- festzulegen, einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer (BGE 125 V 201). Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Festsetzung eines Entschädigungsanspruchs aus bewilligter unentgeltlicher Rechtsverbeiständung.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht entschieden:

  1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der angefochtene Einspracheentscheid vom 27. März 2006 aufgehoben. Die Angelegenheit wird im Sinne der Erwägungen zu weiterer Abklärung und neuer Entscheidung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  3. Die Beschwerdegegnerin entschädigt den Beschwerdeführer an die Kosten der Prozessführung und Vertretung pauschal mit Fr. 3000.--.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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