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Urteil Verwaltungsrekurskommission (SG - II/1-2010/10)

Zusammenfassung des Urteils II/1-2010/10: Verwaltungsrekurskommission

Die Beschwerde betrifft die Zerstückelung eines landwirtschaftlichen Grundstücks in der Gemeinde A. Der Eigentümer Y beabsichtigt, einen Teil des Grundstücks abzutrennen und zu verkaufen. Nachdem das Landwirtschaftsamt die Zerstückelung bewilligt hat, legt die kantonale Aufsichtsbehörde Beschwerde ein. Es wird über die Zulässigkeit der Abtrennung und die Grösse des Umschwungs diskutiert. Die Beschwerde wird letztendlich abgewiesen, da die Zerstückelung mit den gesetzlichen Bestimmungen vereinbar ist.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts II/1-2010/10

Kanton:SG
Fallnummer:II/1-2010/10
Instanz:Verwaltungsrekurskommission
Abteilung:Schätzungen, Landwirtschaft und Jagd
Verwaltungsrekurskommission Entscheid II/1-2010/10 vom 02.03.2011 (SG)
Datum:02.03.2011
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 6 Abs. 1, Art. 58 Abs. 2, Art. 60 Abs. 1 lit. a und d BGBB (SR 211.412.11). Bei der Abtrennung von nicht mehr benötigten, ursprünglich landwirtschaftlich gebrauchten Wohn- und Ökonomiegebäuden beträgt das Richtmass für den Umschwung 1000 m2. Nicht zu dieser Fläche dürfen jene Grundstücksteile gerechnet werden, die nicht als Umschwung genutzt werden können. Die Zulässigkeit der Abtrennung eines Umschwungs in der Grössenordnung von 1'000 m2 ist aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei sind die Bedeutung des Landes einerseits für die zonenfremde Wohnnutzung und andererseits für die Landwirtschaft gegeneinander abzuwägen (Verwaltungsrekurskommission, Abteilung II/1, 2. März 2011, II/1-2010/10).
Schlagwörter: Grundstück; Fläche; Grundstücks; Umschwung; Gebäude; Arrondierung; Landwirtschaft; Zerstückelung; Flächen; Vorinstanz; Recht; Strasse; Arrondierungsfläche; Bodenrecht; Abtrennung; Wohnnutzung; Raumplanung; Wohnhaus; Grösse; Sitzplatz; Bedürfnisse; Kanton; Gemüse; Kantons
Rechtsnorm: Art. 19 LwG ;
Referenz BGE:121 II 307;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts II/1-2010/10

Präsident Urs Gmünder, Fachrichter Pius Hager und Robert Bischofberger; Gerichtsschreiber Thomas Scherrer

Aufsichtsbehörde BGBB, Beschwerdeführerin, gegen

Landwirtschaftsamt des Kantons St. Gallen, Unterstrasse 22, 9001 St. Gallen,

Vorinstanz, und

  1. Y

  2. Z, Verfahrensbeteiligte,

betreffend

Zerstückelung eines landwirtschaftlichen Grundstücks

Sachverhalt:

A.- Y ist Eigentümer des landwirtschaftlichen Grundstücks Nr. 001, J, mit einer Fläche von 1'100 Aren und dem Wohnhaus Vers.-Nr. 002 samt drei Garagen und Schopf in der politischen Gemeinde A. Er beabsichtigt, von diesem Grundstück eine Fläche von 90,08 Aren als neues Grundstück Nr. 003 abzutrennen und das verbleibende Grundstück Nr. 001 mit einer Fläche von 19,92 Aren und dem Gebäude zum Preis von Fr. 880'000.-- zu je hälftigem Miteigentum an M zu verkaufen. Das Amt für Raumentwicklung und Geoinformation des Kantons St. Gallen stimmte am 24. Februar 2010 der Umnutzung des Wohnhauses mit dem angebauten Schopf zu. Am 25. Mai 2010 bewilligte das Landwirtschaftsamt die Zerstückelung gemäss Plan vom 17. Mai 2010 nach bäuerlichem Bodenrecht.

B.- Dagegen erhob die kantonale Aufsichtsbehörde mit Eingabe vom 25. Juni 2010 Beschwerde bei der Verwaltungsrekurskommission mit dem Antrag, die angefochtene Bewilligung sei aufzuheben. Die Vorinstanz beantragte mit Vernehmlassung vom 1. Juli 2010 die Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 26. Juli 2010 liessen sich die Erwerber des verbleibenden Grundstückes Nr. 001 unaufgefordert vernehmen. Der Veräusserer beantragte mit Eingabe vom 5. August 2010 sinngemäss die Abweisung der Beschwerde. Der Pächter und künftige Eigentümer des neuen Grundstücks Nr. 003 liess sich nicht vernehmen.

C.- Die Verwaltungsrekurskommission führte am 2. März 2011 auf dem Grundstück Nr. 001, J, einen Augenschein durch. Es nahmen ein Vertreter der Aufsichtsbehörde

und der Vorinstanz sowie Y als Veräusserer und Z als Pächter und künftiger Eigentümer des neuen Grundstücks Nr. 003 teil. Anwesend war auch M. Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge und das Ergebnis des Augenscheins wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

Erwägungen:

1.- Die Eintretensvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen. Die Verwaltungsrekurskommission ist zur Behandlung von Beschwerden gegen

Verfügungen über Bewilligungen zur Zerstückelung landwirtschaftlicher Grundstücke zuständig (Art. 80 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 1 und Art. 88 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht; SR 211.412.11, abgekürzt: BGBB; Art. 41 lit. d Ziff. 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt: VRP). Die Beschwerdeführerin ist zur Erhebung von Beschwerden gegen die Erteilung einer Ausnahmebewilligung vom Zerstückelungsverbot befugt (Art. 83 Abs. 3 BGBB und Art. 90 Abs. 1 lit. b BGBB in Verbindung mit Art. 21 des Landwirtschaftsgesetzes, sGS 610.1, abgekürzt: LwG; Regierungsbeschluss vom

27. Mai 2008). Die Eingabe vom 25. Juni 2010 erfolgte innerhalb der Rechtsmittelfrist (vgl. Art. 88 Abs. 1 BGBB). Sie erfüllt in formeller und inhaltlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen (vgl. Art. 48 VRP). Auf die Beschwerde ist deshalb einzutreten.

2.- Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist unbestritten, dass das Grundstück Nr. 001, J, als landwirtschaftliches Grundstück im Sinn von Art. 6 Abs. 1 BGBB in den Geltungsbereich des bäuerlichen Bodenrechts gemäss Art. 2 Abs. 1 BGBB fällt. Für das Gebäude Vers.-Nr. 002 ist entsprechend der Verfügung des Amtes für Raumentwicklung und Geoinformation vom 24. Februar 2010 eine Nutzung, die nicht im Zusammenhang mit einem Landwirtschaftsbetrieb steht, zulässig. Die Verfahrensbeteiligten sind sich deshalb zu Recht auch darüber einig, dass das bäuerliche Bodenrecht einer Abtrennung des Gebäudes Vers.-Nr. 002 nicht grundsätzlich entgegensteht. Umstritten ist einzig das Ausmass der Fläche, die als Umschwung zum Gebäude geschlagen werden darf.

a) Die Vorinstanz hat die Zerstückelung mit einer Fläche von 1'992 m2 bewilligt. Die Beschwerdeführerin macht geltend, diese Fläche sei grundsätzlich zu hoch und auch nicht durch besondere Umstände zu begründen. Das Raumplanungsrecht verlange eine haushälterische Nutzung des Bodens und die Erhaltung genügender Flächen geeigneten Kulturlandes für die Landwirtschaft. Ein Anhaltspunkt für die Grösse einer abzutrennenden Fläche zur Wohnnutzung ergebe sich aus den Grundstücksgrössen für Einfamilienhäuser in ländlichen Bauzonen, die heute meistens unter 1'000 m2 lägen. Dies entspreche auch dem Richtwert der Literatur aus dem Jahr 1995. Seither habe eine starke Entwicklung zu verdichtetem Bauen und damit kleineren Parzellen stattgefunden. Der überdurchschnittliche Anteil befestigter Fläche und das zusätzliche

Bauvolumen der ehemaligen Viehscheune rechtfertigten eine angemessene Erhöhung, nicht aber die überrissene Ausdehnung der Fläche gegen Norden um rund 1'000 m 2 in gutes Landwirtschaftsland hinein. Hier müsse die Ausdehnung auf moderat erhöhte normale Gebäudegrenzabstände des Baurechts reduziert werden, worin durchaus ein Gemüsegarten, ein angemessener Sitzplatz ähnliche Bedürfnisse zu berücksichtigen seien. Es sei auch nicht ersichtlich, warum die Abtrennung über die Strasse hinaus in südöstlicher Richtung ausgedehnt worden sei. Das sei allerdings von

etwas geringerer Bedeutung, weil es sich dort nicht um gutes Agrarland handle.

Die Vorinstanz hält diesen Ausführungen entgegen, sie habe bei der Bewilligung der Fläche auch berücksichtigt, dass das abzutrennende Wohnhaus über drei Wohnungen verfüge. Wenn sich verschiedene Parteien den Umschwung teilen möchten, brauche es mehr Platz. Bei der Festlegung der Grundstücksgrenzen seien die Bedürfnisse der künftigen Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Teils berücksichtigt worden. Der Veräusserer führt aus, er könne sich gut vorstellen, dass in absehbarer Zeit wieder zehn Personen im Wohnhaus leben würden. Jede Partei habe Anrecht auf einen Sitzplatz. Die Zufahrt zu den Wohnungen und zum Abstellplatz sei auf der Nordseite. Die Strasse vor dem Haus diene als Zubringer und Güterstrasse für die Bewirtschaftung des Landes und des Waldes. Das Land südöstlich zwischen Strasse und Bach diene nur der Landschaftspflege; das wolle eigentlich keiner. Im Übrigen handle es sich bei einer Neigung von teilweise 30-45° nicht um gutes Ackerland.

b) aa) Nach Art. 58 Abs. 2 BGBB dürfen landwirtschaftliche Grundstücke nicht in Teilstücke unter 25 Aren aufgeteilt werden (Zerstückelungsverbot). Der Kanton St. Gallen hat keine grössere Mindestfläche festgelegt (vgl. Art. 19 ff. LwG). Gestützt auf Art. 60 Abs. 1 lit. a BGBB wird eine Ausnahme bewilligt, wenn das landwirtschaftliche Grundstück in einen Teil innerhalb und in einen Teil ausserhalb des Geltungsbereichs des bäuerlichen Bodenrechts aufgeteilt wird.

bb) Bei der Abtrennung von nicht mehr benötigten, ursprünglich landwirtschaftlich gebrauchten Wohn- und Ökonomiegebäuden geht die Literatur von einem Richtmass von 1'000 m2 aus. Dabei wird an Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB angeknüpft, wonach ein nichtlandwirtschaftliches Grundstück ausserhalb der Bauzone zur einmaligen Arrondierung höchstens um 1'000 m2 vergrössert werden darf (vgl. Ch. Bandli,

Kommentar zum BGBB, Brugg 1995, N 8 zu Art. 60 BGBB). Bei der Anwendung von Art. 60 Abs. 1 lit. a BGBB erhöht sich dieser Wert insbesondere um Gebäudefläche und Vorplatz des abzutrennenden nichtlandwirtschaftlichen Grundstücksteils. Die bei einer Bereinigung des Geltungsbereichs abtrennbare Fläche ergibt sich deshalb aus der tatsächlich überbauten Fläche und einer "Arrondierungsfläche" von etwa 1'000 m 2 (vgl. Bandli, a.a.O., N 28 zu Art. 2 BGBB und N 8 zu Art. 60 BGBB).

cc) Praxis und Rechtsprechung zur Frage des zulässigen Umschwungs haben sich unterschiedlich entwickelt. Nach der aargauischen Praxis kann nichtlandwirtschaftlichen Wohn- und Gewerbeliegenschaften eine Fläche von 12 bis 15 Aren Gebäudeplatz und Umschwung gegeben werden, bei Kleinbauten entsprechend weniger (vgl. Departement des Innern des Kantons Aargau/Finanzdepartement des Kantons Aargau, Kreisschreiben zum Vollzug des BGBB, Aarau 1994, S. 10).

Nach der bernischen Rechtsprechung dürfen zur überbauten Fläche nicht – nebst den eigentlichen Gebäudeflächen – Zufahrtsbereiche, Gemüsegarten, Vor- und Sitzplätze, Rasengitter- und Abstellflächen sowie Sträucher und Baumgruppen gerechnet werden. Deshalb statuiere Art. 60 Abs. 1 lit. a BGBB selbst unter Berücksichtigung der "Arrondierungsfläche" von Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB keinen Anspruch der Grundeigentümer darauf, bei der Abtrennung des nichtlandwirtschaftlichen Grundstückteils zusätzlich zu allen bereits nichtlandwirtschaftlich genutzten Flächen eine weitere Fläche von 1'000 m2 zu erhalten. Vielmehr solle die pauschalierte "Arrondierungsfläche" gerade ermöglichen, nebst den eigentlichen Gebäudeflächen über einen angemessenen Umschwung für ihre nichtlandwirtschaftliche Nutzung zu verfügen. Dazu gehöre etwa die Errichtung Beibehaltung eines Gemüse- Blumengartens, einer Rasenfläche, von Bäumen und Sträuchern, von Sitz- und Abstellflächen von garten- bzw. umgebungsgestaltenden Massnahmen. Solche Nutzungen ausserhalb der eigentlichen Gebäudeflächen seien im Rahmen der dazu bestimmten "Arrondierungsfläche" zu realisieren und gäben im Licht von Art. 60 Abs. 1 lit. a BGBB keinen Anspruch auf eine zusätzliche abzutrennende Fläche, ansonsten die für solche Nutzungen zur Verfügung stehende Fläche doppelt angerechnet würde (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 25. Oktober 2002, in: Blätter für Agrarrecht 36/2002 S. 209 ff., E. 4d/bb und cc).

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist der Begriff der Arrondierung in Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB nicht eng im Sinn einer Grenzbereinigung zu verstehen. Als Beispiele zulässiger Arrondierungen werden das Restaurant in der Landwirtschaftszone, das einen Anbau einen erweiterten Parkplatz realisieren muss, und der Gemüsegarten genannt. Die Ausnahmebestimmung ist auch mit Blick auf das Raumplanungsgesetz (SR 700, abgekürzt: RPG) auszulegen. Raumplanungsrecht und bäuerliches Bodenrecht haben zumindest teilweise gleichlaufende Zielsetzungen (BGE 121 II 307 E. 5b). Insbesondere mit dem

Realteilungs- und Zerstückelungsverbot des BGBB hat der Gesetzgeber im bäuerlichen Bodenrecht das auch dem Raumplanungsrecht zugrunde liegende Gebot der haushälterischen Bodennutzung für den Bereich des landwirtschaftlich genutzten Landes konkretisiert (Urteil des Bundesgerichts 1A.107/1994 vom 15. August 1995, in: ZBl 97/1996 S. 321, E. 2c). Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB gibt keinen Anspruch darauf,

unbesehen des konkreten Verwendungszweckes bis 1'000 m2 zu arrondieren; im

Bedarfsfall kann ein neues Gesuch eingereicht werden (vgl. Urteil des Bundesgerichts

5A.32/2004 vom 4. Februar 2005, E. 4.1 und 4.2).

c) aa) Die Vorinstanz hat die Abtrennung einer Fläche von knapp 2'000 m2 bewilligt. Vorab ist zu klären, welcher Anteil dieser Fläche als "Arrondierung", die entsprechend der analogen Anwendung von Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB höchstens 1'000 m2 umfassen darf, zu behandeln ist. Nach der dargestellten strengen bernischen Rechtsprechung (vgl. dazu oben E. 2b/cc) wären einzig die Gebäudegrundflächen nicht zur Arrondierungsfläche zu rechnen. Diese Auffassung erscheint allerdings im Widerspruch zum Wortlaut von Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB zu stehen. Nach dieser Bestimmung wird eine Ausnahme vom Realteilungs- und Zerstückelungsverbot bewilligt, wenn der abzutrennende Teil der einmaligen Arrondierung eines nichtlandwirtschaftlichen Grundstücks ausserhalb der Bauzone dient, wobei das nichtlandwirtschaftliche Grundstück dadurch höchstens um 1'000 m2 vergrössert werden darf. Da das zu arrondierende nichtlandwirtschaftliche Grundstück regelmässig nicht bloss die Gebäudegrundfläche, sondern auch Flächen für die Zufahrt und Umschwung aufgrund baurechtlicher Grenzabstandsvorschriften umfasst, könnte bei Anwendung der bernischen Praxis die vom Gesetz vorgesehene maximale Fläche zur Vergrösserung von 1'000 m2 nie ausgeschöpft werden. Allerdings darf Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB angesichts der Verpflichtung zum haushälterischen Umgang mit dem

landwirtschaftlichen Nutzland auch nicht dazu führen, dass die Arrondierungsfläche unabhängig vom Ausmass des bereits bestehenden Umschwungs des nichtlandwirtschaftlichen Grundstücks bestimmt wird. Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB geht insoweit davon aus, dass ein nichtlandwirtschaftliches Grundstück, welches bereits über einen gewissen Umschwung verfügt, um höchstens 1'000 m 2 vergrössert werden darf.

Für die Auslegung und Anwendung von Art. 60 Abs. 1 lit. a BGBB folgt daraus, dass zur Bestimmung der Fläche von 1'000 m2 jedenfalls jene Teile des Grundstücks nicht gerechnet werden dürfen, die nicht als Umschwung genutzt werden können. So ist nach der st. gallischen Rechtsprechung zur Auslegung und Anwendung von Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB bei der Bestimmung der Fläche zur Vergrösserung des nichtlandwirtschaftlichen Grundstücks von Bedeutung, in welchem Verhältnis die Gebäudegrund- und Verkehrsflächen zur gesamten Grundstücksfläche stehen. Je grösser die Gebäudegrund- und Verkehrsflächen sind, desto grösser darf die Arrondierungsfläche sein (vgl. VRKE II/1-6/94 vom 19. Dezember 1994 in Sachen Ch.W.M., E. 4a/aa). Nebst den von den Gebäuden beanspruchten Flächen sind auch jene Teile nicht als Umschwung zu berücksichtigen, denen für das Grundstück kein Wert zukommt und die eher eine Belastung darstellen. Dazu gehören beispielsweise öffentliche Strassen und Wege, Bäche und Bachböschungen, Fels- und Steilhänge (vgl. dazu Fachdienst für Grundstückschätzung, Richtlinien und Weisungen 2008, Ziff. 4.1.1). Diese Flächen sind zur Befriedigung der üblicherweise mit einer Wohnnutzung verbundenen Bedürfnisse nicht geeignet.

Das Wohnhaus Vers.-Nr. 002 samt Schopf beansprucht eine Grundfläche von rund 250 m2. Ebensowenig können zum Umschwung die östlich verlaufende J-Strasse, die als Gemeindestrasse 3. Klasse eingeteilt ist und der westlich entlang des Gebäudes verlaufende Weg mit Flächen von je rund 130 m2 zum Umschwung gerechnet werden. Bei der Fläche von knapp 300 m2 zwischen J-Strasse und Grundstücksgrenze, die entlang eines Gewässers verläuft, handelt es sich um eine steile Böschung, die für eine übliche Nutzung der Umgebung bei Wohnbauten und aufgrund der Gewässernähe auch als Weideland für Kleintiere ungeeignet ist. Da die Fläche lediglich und zudem unter erschwerten Bedingungen gemäht werden kann, kommt ihr auch aus landwirtschaftlicher Sicht kein bedeutender Wert zu. Deshalb ist es gerechtfertigt, sie

ebenfalls nicht als Umschwung des nichtlandwirtschaftlichen Grundstücks zu berücksichtigen. Damit verbleibt eine Fläche in der Grössenordnung von 1'200 m 2, die als Umschwung nutzbar ist. Wenn bei der Bestimmung des abtrennbaren Umschwungs auf die in Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB zulässige Fläche zur Arrondierung eines bestehenden nicht landwirtschaftlichen Grundstücks abgestellt wird, ist zu berücksichtigen, dass das arrondierte Grundstück regelmässig mehr als die blosse Gebäudegrundfläche samt Zufahrten umfasst. Unter diesen Umständen dürfen auch

die Abstellflächen vor den gegen Norden orientierten Garagen sowie der gegen Westen zwischen Gebäude und J-Strasse gelegene Hausvorplatz von insgesamt über 200 m2 abgezogen werden. Angesichts der unmittelbar vor dem Haus verlaufenden Strasse ist dieser Raum insbesondere weder zur Nutzung als Sitzplatz noch als Kinderspielplatz geeignet. Die zur Deckung der üblichen Bedürfnisse im Zusammenhang mit einer Wohnnutzung zur Verfügung stehende Grundstücksfläche übersteigt damit die gemäss Art. 60 Abs. 1 lit. d BGBB höchstens zulässige Arrondierungsfläche von 1'000 m2 nicht.

bb) Sodann ist die Zulässigkeit einer Abtrennung eines Umschwunges in der Grössenordnung von 1'000 m2 anhand der Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei sind die Bedeutung des Landes einerseits für die zonenfremde Wohnnutzung (vgl. dazu nachfolgend E. 2c/cc) und anderseits für die Landwirtschaft (vgl. dazu nachfolgend E. 2c/dd) gegeneinander abzuwägen (vgl. dazu nachfolgend

E. 2c/ee).

cc) Bei der Bemessung des Umschwungs sind vorab die mit einer Wohnnutzung üblicherweise verbundenen Bedürfnisse, wie Sitzplatz, Spielflächen für Kinder, Pflege von Zier- und Nutzpflanzen, zu berücksichtigen. Dazu können im ländlichen Raum – anders als in der Regel in Agglomerationsgebieten mit dichter Überbauung – aber auch Flächen für einen Nutzgarten (beispielsweise Gemüse und Beeren mit dem für eine ökologische Bewirtschaftung erforderlichen Fruchtwechsel), Kompostierung, Büsche und Hecken gerechnet werden (vgl. VRKE II/1-6/94 vom 19. Dezember 1994 in Sachen Ch.W.M., E. 4a/bb). Insoweit ist eine Orientierung an einem Umschwung in der Grössenordnung von deutlich weniger als 1'000 m2, wie er in Quartieren mit Reiheneinfamilienhäusern mittlerweile üblich sein mag, nicht gerechtfertigt.

Die freie im Norden und Westen des Grundstücks gelegene Fläche liegt an einem Hang, dessen Neigung gegen das Gebäude hin zunimmt. Der unmittelbar an den westlich des Gebäudes verlaufenden Weg angrenzende Landstreifen ist deshalb als Umschwung für eine herkömmliche Nutzung mit einem Sitzplatz wenig geeignet. Aber auch im weiteren Hangverlauf ist die Einrichtung eines Sitzplatzes mit erheblichen Terrainverschiebungen verbunden. Vergleichbares gilt auch für die Nutzung der Fläche als Gemüsegarten. Der Erwerber, der aus einer Bauernfamilie stammt, jedoch den elterlichen Betrieb nicht übernehmen konnte, beabsichtigt denn auch, die Fläche teilweise für die Haltung von Kleintieren zu nutzen. Eine solche mit der Landwirtschaftszone konforme Nutzung des Grundstücks wäre tatsächlich möglich, da

das Gebäude neben dem Wohn- auch einen Ökonomieteil mit einer Remise von 68 m2

und einem Lager im Obergeschoss von 35 m2 umfasst (vgl. die amtliche Ertragswertschätzung vom 18. März 2009, act. 7/7), und raumplanungsrechtlich grundsätzlich auch zulässig (vgl. Art. 24d Abs. 1bis des Bundesgesetzes über die Raumplanung, SR 700; Botschaft, in: BBl 2005 S. 7102; Art. 42b der Raumplanungsverordnung, SR 700.1; Art. 77quinquies des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht, sGS 731.1). Die – raumplanungsrechtlich geförderte – Möglichkeit, auf dem Grundstück hobbymässig Kleintiere unterzubringen, lässt es jedenfalls innerhalb der bodenrechtlichen Höchstgrenze, wie sie sich aus der Anwendung von Art. 60 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit lit. d BGBB ergibt, auch zu, Weideflächen auszuscheiden. Für die Berücksichtigung solcher Flächen bei der Arrondierung nichtlandwirtschaftlicher Grundstücke spricht, dass das für die hobbymässige Kleintierhaltung erforderliche Wies- und Weideland der berufsmässigen Landwirtschaft unabhängig davon entzogen wird, ob die Fläche durch den Hobbytierhalter gepachtet erworben wird. Schliesslich und vor allem ist bei der Bemessung des Umschwungs zu berücksichtigen, dass der Wohnteil nach den Angaben des Erwerbers am Augenschein zurzeit von sechs Personen verteilt auf drei Wohnungen, nämlich eine 4 ½-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss, eine 5 ½-Zimmer- Wohnung im Obergeschoss und eine 2 ½-Zimmer-Wohnung im Dachgeschoss (vgl. auch die amtliche Ertragswertschätzung vom 18. März 2009, act. 7/7), genutzt wird. Bei einem Mehrfamilienhaus ist es gerechtfertigt, bei der Ermittlung der abzutrennenden Fläche zu beachten, dass der Umschwung durch die Bewohner dreier

Wohnungen genutzt wird, mithin Sitzplätze in der erforderlichen Zahl Grösse zum üblichen Umschwung gehören.

dd) Hinsichtlich der möglichen landwirtschaftlichen Nutzung der abzutrennenden Fläche fällt ins Gewicht, dass Letztere insbesondere dem östlich verlaufenden Weg entlang aufgrund der erheblichen Hangneigung schwierig zu bewirtschaften ist. Auch die weiter gegen Westen und Norden gelegene Fläche ist geneigt und ausschliesslich zur Nutzung als Wies- und Weideland geeignet. Anlässlich des Augenscheins hat sich ergeben, dass der bisherige Pächter der landwirtschaftlichen Nutzfläche des früheren Grundstücks Nr. 001 das nach der Abtrennung entstehende neue Grundstück Nr. 003 erwirbt. Da er gleichzeitig Eigentümer des westlich angrenzenden Grundstücks Nr. 004 ist, ergibt sich für ihn eine zusammenhängende Fläche, die aufgrund der vieleckigen Form des verbleibenden Grundstücks Nr. 001 auch mit Landwirtschaftsmaschinen gut befahren werden kann. Da die abzutrennende Fläche gegen Norden und Westen ausgedehnt wurde und stattdessen nicht die gegen Südwesten gerichtete Spitze des Grundstücks umfasst, erübrigt sich – nach den unbestrittenen Ausführungen des Bewirtschafters, der auf dem angrenzenden Grundstück wohnt, anlässlich des Augenscheins – die Vereinbarung eines Näherbaurechts. Diese Umstände haben die Vorinstanz zu Recht bewogen, die Zerstückelung des landwirtschaftlichen Grundstücks in der von den künftigen Eigentümern nach Absprache mit dem Bewirtschafter der angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen beantragten Form zu bewilligen.

ee) Bei der Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen der Landwirtschaft einerseits und der zonenfremden Wohnnutzung anderseits sind im konkreten Fall insbesondere die folgenden Umstände von Bedeutung. Der zur zonenfremden Wohnnutzung geschlagene und zur Deckung der damit verbundenen Bedürfnisse tatsächlich nutzbare Umschwung bewegt sich in der gemäss Art. 60 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit lit. d BGBB zulässigen Grössenordnung von 1'000 m2. Das Wohnhaus wird als Mehrfamilienhaus mit entsprechend grösserem Bedarf an Umschwung genutzt. Die Topographie des Grundstücks mit der teilweise beträchtlichen Hangneigung führt dazu, dass herkömmliche Nutzungen wie Sitzplätze und Spielflächen für Kinder nur mit besonderem baulichem Aufwand und mit mehr Flächenbedarf realisiert werden können. Demgegenüber entgeht der Landwirtschaft keine Nutzfläche, die besonders einfach zu bewirtschaften ist. Entsprechend erscheint

die von der Vorinstanz bewilligte Zerstückelung des landwirtschaftlichen Grundstücks Nr. 001 mit dem Gebäude Vers.-Nr. 002 und einer Fläche von 1'992 m 2 mit Art. 60 Abs. 1 lit. a BGBB vereinbar.

3.- Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde damit als unbegründet und ist abzuweisen. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten dem Staat aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 1'500.-- ist angemessen (vgl. Art. 7 Ziff. 122 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12).

Entscheid:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Der Staat trägt die amtlichen Kosten von Fr. 1'500.--.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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