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Urteil Verwaltungsrekurskommission (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:I/1-2016/122
Instanz:Verwaltungsrekurskommission
Abteilung:Abgaben und öffentliche Dienstpflichten
Verwaltungsrekurskommission Entscheid I/1-2016/122 vom 28.02.2017 (SG)
Datum:28.02.2017
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 130 Abs. 2 lit. c und 131 Abs. 1 StG (sGS 811.1). Die St. Galler Pensionskasse veräusserte zwei Grundstücke an die Gebäudeversicherungsanstalt. Das Kantonale Steueramt veranlagte die Pensionskasse mit einem steuerbaren Grundstückgewinn, wobei sie auch diejenige Wertsteigerung als Gewinn erfasste, welche während der Haltedauer der Grundstücke durch den Kanton St. Gallen in derjenigen Zeit eingetreten war, als die Pensionskasse noch keine selbständige öffentlich- rechtliche Körperschaft war. Die Grundstücke waren jedoch nicht mit einer latenten Steuerlast an die Pensionskasse übertragen worden, weshalb eine Wertsteigerung vor der Verselbständigung der Pensionskasse nicht mit der Grundstückgewinnsteuer belastet werden darf (Urteil der Verwaltungsrekurskommission, Abteilung I/1, vom 28. Februar 2017, VRKE I/ 1-2016/122). Gegen dieses Urteil hat das Kantonale Steueramt Beschwerde beim Verwaltungsgericht erhoben. Das Verwaltungsgericht hat eine Beschwerde des Kantonalen Steueramts gegen dieses Urteil abgewiesen (B 2017/63).
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 181 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Präsident Thomas Vögeli, Richter Fritz Buchschacher und Markus Frei, Gerichtsschreiber Philipp Lenz

St. Galler Pensionskasse, Davidstrasse 35, 9001 St. Gallen, Rekurrentin,

vertreten durch lic.iur. Jürg Jakob, Rechtsanwalt, Rosenbergstrasse 42b, 9000 St.

Gallen, gegen

Kantonales Steueramt, Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen, Vorinstanz,

betreffend

Grundstückgewinnsteuer (Ref.Nrn. 142662 und 146545)

Sachverhalt:

A.- Die als öffentlich-rechtliche Stiftung ausgestaltete St. Galler Pensionskasse (nachfolgend: SGPK) mit Sitz in St. Gallen wurde am 25. Oktober 2013 ins Handelsregister eingetragen. Sie entstand aus der Zusammenführung der Versicherungskasse für das Staatspersonal und der kantonalen Lehrerversicherungskasse; beides waren unselbständige öffentlich-rechtliche Anstalten des Kantons St. Gallen. Die Zusammenführung war eine Folge der von den Eidgenössischen Räten am 17. Dezember 2010 verabschiedeten Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge. Um den Anforderungen des geänderten Bundesrechts zu genügen, war es in institutioneller Hinsicht notwendig, beide Versicherungskassen bis spätestens

1. Januar 2014 rechtlich, organisatorisch und finanziell aus der Verwaltungsstruktur herauszulösen und zu verselbständigen. Aktiven und Passiven des Kantons, welche diese beiden Versicherungskassen betrafen, einschliesslich der Grundstücke, gingen auf die SGPK über. Diese wies den Immobilienbestand in der Eröffnungsbilanz per

1. Januar 2014 mit Fr. … aus.

B.- Mit Tauschvertrag vom 6. Juni 2014 trat die SGPK die beiden im Grundbuchkreis Wittenbach gelegenen Grundstücke Nr. 780 (Ringstrasse 7, Wittenbach) und Nr. 781 (Ringstrasse 9, Wittenbach) an die Gebäudeversicherungsanstalt des Kantons

St. Gallen (heute Gebäudeversicherung des Kantons St. Gallen, nachfolgend: GVA) ab. Im Gegenzug übertrug die GVA das im Grundbuchkreis Gossau gelegene Grundstück Nr. 3239 (Lerchenstrasse 25 u. 25a, Gossau) auf die SGPK. Der Wert der in Wittenbach gelegenen Grundstücke Nrn. 780 und 781 wurde vertraglich auf Fr. … festgelegt und derjenige des Grundstückes Nr. 3239 auf Fr. … Der Tauschaufpreis zugunsten der SGPK von Fr. … war durch Banküberweisung zu tilgen. Der Besitzesantritt erfolgte per 1. Juli 2014.

C.- Hinsichtlich des mit Vertrag vom 6. Juni 2014 abgewickelten Grundstücktauschs teilte die SGPK dem kantonalen Steueramt mit Schreiben vom 22. September 2014 mit, die Steuerpflicht für die sie betreffende Grundstückgewinnsteuer habe per

1. Januar 2014 begonnen. Es sei deshalb sachgerecht, als Anlagewert für die Berechnung der Grundstückgewinnsteuer auf den Markt- bzw. Übertragungswert der Liegenschaften per 31. Dezember 2013 abzustellen und den ab diesem Zeitpunkt entstandenen Wertzuwachsgewinn zu versteuern. In der Steuererklärung für Grundstückgewinne vom 25. September 2014 deklarierte die SGPK den Veräusserungserlös und den Erwerbspreis mit je … Unter Berücksichtigung der Nebenkosten von Fr. … ergaben sich Anlagekosten von Fr. … und kein steuerbarer Grundstückgewinn. Das kantonale Steueramt vertrat dagegen den Standpunkt, massgebend für die Berechnung der Grundstückgewinnsteuer seien die ursprünglichen Erwerbspreise. Die Grundstücke Nr. 780 und Nr. 781 seien am 1. September 1977 einzeln zu … und Fr. … erworben worden. Für die Berechnung der Grundstückgewinnsteuer teilte es den Veräusserungserlös von Fr. … im Verhältnis der amtlichen Verkehrswerte (Nr. 780: 48,38% = Fr. … Nr. 781: 51,62% = Fr. …) und die deklarierten Nebenkosten von Fr. … im Verhältnis der ermittelten Verkaufserlöse

(Nr. 780: Fr. … Nr. 781: Fr. …) auf die beiden Grundstücke auf. Zudem berücksichtigte es wertvermehrende Aufwendungen von je Fr. … Mit Veranlagungsverfügungen vom

12. November 2014 wurde die Grundstückgewinnsteuer für den Verkauf des Grundstücks Nr. 780 auf Fr. … und diejenige für den Verkauf des Grundstücks Nr. 781 auf Fr. … festgelegt. Die dagegen erhobene Einsprache wies das kantonale Steueramt mit Entscheid vom 17. Juni 2016 ab. Am 29. Juni 2016 stellte es der SGPK zudem die entsprechenden Veranlagungsberechnungen zu, wobei es diese als "Einspracheentscheid für die Grundstückgewinnsteuer" bezeichnete.

D.- Mit Eingabe vom 7. Juli 2016 erhob die SGPK bei der Verwaltungsrekurskommission Rekurs. Sie beantragte, der Einsprache-Entscheid des kantonalen Steueramts vom 17. Juni 2016 betreffend die Grundstückgewinnsteuern aus der Veräusserung der Liegenschaften Nr. 780 und Nr. 781, Ringstrasse 7 und 9, Grundbuch Wittenbach, sowie die gestützt auf den Einsprache-Entscheid bereits neu ergangenen Grundstückgewinnsteuerveranlagungen vom 29. Juni 2016 seien aufzuheben; unter Kosten und Entschädigungsfolge.

Das kantonale Steueramt verwies mit Stellungnahme vom 14. September 2016 auf die Erwägungen im Einsprache-Entscheid und beantragte die Abweisung des Rekurses.

Auf die Ausführungen der Parteien zur Begründung ihrer Anträge wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

Erwägungen:

1.- Die Verwaltungsrekurskommission ist zum Sachentscheid zuständig. Die Befugnis der Rekurrentin zur Ergreifung des Rechtsmittels ist gegeben. Der Rekurs vom 7. Juli 2016 ist rechtzeitig eingereicht worden und erfüllt in formeller und inhaltlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen (Art. 194 Abs. 1 des Steuergesetzes [sGS 811.1, abgekürzt: StG]; Art. 48 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [sGS 951.1, abgekürzt: VRP]). Auf den Rekurs ist daher einzutreten.

2.- Der Kanton und seine Anstalten sind nach Art. 80 Abs. 1 lit. b StG vollständig steuerbefreit (Zigerlig/Oertli/Hofmann, Das st. gallische Steuerrecht, 7. Aufl. 2014,

S. 220). Gemäss Art. 80 Abs. 1 lit. e StG sind ebenso die Einrichtungen der beruflichen Vorsorge von Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in der Schweiz und von ihnen nahestehenden Unternehmen sowie die Einrichtungen des öffentlichen Rechts, sofern deren Mittel dauernd und ausschliesslich der Personalvorsorge dienen, von der Steuerpflicht (Gewinn und Kapitalsteuern) befreit.

Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen die Gewinne, die aus Veräusserung von Grundstücken des Privatvermögens oder von Anteilen an solchen erzielt werden (Art. 130 Abs. 1 StG). Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen ausserdem Gewinne aus Veräusserung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke natürlicher Personen

(Abs. 2 lit. a) und Gewinne aus Veräusserung von Grundstücken juristischer Personen, die nach Art. 80 Abs. 1 lit. e bis h und j StG von der Steuerpflicht befreit sind (lit. c). Als Veräusserung gelten jeder Eigentumswechsel und jede Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsgewalt über ein Grundstück (Art. 131 Abs. 1 StG). Der Steueranspruch entsteht mit der Veräusserung und wird mit der Eröffnung der

Veranlagungsverfügung fällig (Art. 133 Abs. 3), wobei der Veräusserer steuerpflichtig ist

(Abs. 1).

3.- Bei der Rekurrentin handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Stiftung (Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Pensionskasse [sGS 864.1, abgekürzt: PKG]). Sie entspricht damit den Vorgaben von Art. 48 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.40, abgekürzt: BVG), wonach registrierte Vorsorgeeinrichtungen die Rechtsform einer Stiftung haben oder

eine Einrichtung des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit sein müssen. Als Einrichtung des öffentlichen Rechts, deren Mittel dauernd und ausschliesslich der Personalvorsorge dienen, ist die Rekurrentin von der Steuerpflicht – soweit sie die Gewinn- und Kapitalsteuern betrifft – befreit (Art. 80 Abs. 1 lit. e StG). Hingegen unterliegen die von ihr erzielten Gewinne aus der Veräusserung von Grundstücken der Grundstückgewinnsteuer (Art. 130 Abs. 2 lit. c StG). Beim Verkauf der Grundstücke

Nr. 780 und Nr. 781 an die GVA (Besitzesantritt: 1. Juli 2014) zum Preis von insgesamt Fr. … handelte es sich folglich um eine steuerbegründende Veräusserung im Sinne von Art. 131 StG. Dies ist unter den Parteien zu Recht nicht streitig. Uneinigkeit besteht jedoch darüber, ob ein steuerbarer Grundstückgewinn anfiel bzw. ob die Vorinstanz sich bei der Berechnung der Grundstückgewinnsteuer auf die vom Kanton im Jahre 1997 bezahlten Erwerbspreise stützen durfte.

a) Die Vorinstanz erwog, die Rekurrentin sei nicht von Grund auf neu aufgebaut worden. Vielmehr habe sie die beiden Vorsorgeeinrichtungen, die zusammengelegt worden seien, übernommen und führe sie nun in rechtlich selbständiger Form weiter. Die bisherigen Einrichtungen seien nicht liquidiert, sondern in die SGPK ausgegliedert und damit umstrukturiert worden. Letztere sei in die Rechte und Pflichten des Kantons eingetreten, soweit diese die Versicherungskasse für das Staatspersonal und die kantonale Lehrerversicherungskasse betroffen hätten. Aktiven und Passiven dieser Kassen seien auf die Rekurrentin übergegangen. Die Regierung habe das Finanzdepartement mit Beschluss vom 5. November 2013 ermächtigt, den zuständigen Grundbuchämtern den Übergang des Eigentums an den in einer Liste bezeichneten Grundstücken direkt gestützt auf Art. 9 Abs. 2 PKG anzumelden. Im Tauschvertrag vom 6. Juni 2014 bezüglich der Grundstücke Nr. 780 und Nr. 781 stehe denn auch beim Erwerbstitel "Übergang 17.01.2014 Beleg 16". Der Rechtsgrund für den

Eigentumserwerb sei gemäss Beleg Nr. 16 kein Kaufvertrag, sondern Art. 9 PKG gewesen. Beim Eigentumsübergang im Januar 2014 habe es somit keinen Kaufpreis gegeben. Zivilrechtlich sei die SGPK hinsichtlich der Grundstücke vollumfänglich in die Rechtsstellung des Kantons als früherer Eigentümer eingetreten. Damit sei die SGPK so zu behandeln, als hätte sie die Grundstücke am 1. September 1977 erworben.

Im Rekurs wird vorgebracht, die Versicherungskasse für das Staatspersonal und die Lehrerversicherungskasse seien per 31. Dezember 2013 durch einfache Addition der Bilanzpositionen im Rahmen einer Fusion zusammengeführt worden. Per 1. Januar 2014 sei die neu gegründete Rekurrentin gestützt auf Art. 8 Abs. 2 PKG in die Rechte und Pflichten des Kantons eingetreten, was für eine lückenlose Fortführung der beruflichen Vorsorge unabdingbar gewesen sei. Ganz wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass der Eintritt der Rekurrentin in die Rechte und Pflichten ihrer Vorgängerinnen gemäss Art. 8 Abs. 2 PKG nichts mit der Vermögensabtretung zu tun gehabt habe, weshalb die Übertragung von Aktiven und Passiven in Art. 9 PKG explizit habe geregelt werden müssen. Im Gegensatz zu den Passiven, deren Übernahme gemäss Art. 181 OR (SR 220) gesamthaft möglich gewesen sei, habe die Überführung der Vermögenswerte zivilrechtlich mittels Singularsukzession erfolgen müssen. Die Rekurrentin habe die Liegenschaften, wie auch die übrigen vom Kanton übernommenen Aktiven, am 17. Januar 2014 entgeltlich erworben, indem der Kanton St. Gallen ihr nicht nur die Vermögenswerte der bisherigen Vorsorgeeinrichtungen, sondern auch deren Verpflichtungen gegenüber Destinatären und Drittpersonen übertragen habe. Die Liegenschaften seien zu Verkehrswerten per 31. Dezember 2013 übertragen worden. Um zu vermeiden, dass jede Liegenschaft einzeln mit einem Vertrag und einer Grundbuchanmeldung auf die SGPK habe übertragen werden müssen, sei der Regierung in Art. 9 Abs. 2 PKG die Kompetenz erteilt worden, die zu übertragenden Grundstücke in einer Liste zu benennen. Dies habe es zwar ermöglicht, den Eigentumswechsel direkt gestützt auf das Gesetz vorzunehmen, aber nichts daran geändert, dass eigentumsrechtlich alle Grundstücke einzeln auf dem Weg der Singularsukzession zum Verkehrswert per 31. Dezember 2013 vom Kanton auf die SGPK übertragen worden seien. Im Gegenzug habe die SGPK Verbindlichkeiten in gleicher Höhe übernommen. Indem der Kanton die Unterdeckung ausgeglichen habe, hätten die übernommenen Verbindlichkeiten exakt den Verkehrswerten der Aktiven entsprochen. Die Übernahme von Verbindlichkeiten anstelle der Bezahlung eines

Kaufpreises in bar komme einer finanziellen Abgeltung gleich. Der Bewertung der Versicherungskasse für das Staatspersonal zufolge habe der Verkehrswert der Liegenschaften Nrn. 780 und 781 insgesamt Fr. … betragen. Zu diesem Wert seien sie später mit der GVA getauscht worden. Ein Wertzuwachs zwischen Erwerb und Veräusserung liege somit nicht vor.

b) Die Frage, ob die beiden Grundstücke Nr. 780 und Nr. 781 mit einer latenten Grundstückgewinnsteuerschuld belastet an die Rekurrentin weitergegeben wurden, beschäftigte bereits die Regierung. An der Sitzung vom 5. November 2013 hielt sie dazu fest, die vom kantonalen Steueramt vertretene Meinung, die Rekurrentin sei als Rechtsnachfolgerin des Gemeinwesens nicht nur vorsorgerechtlich, sondern auch steuerrechtlich so zu behandeln, wie wenn sie damals das Grundstück gekauft hätte, würde dazu führen, dass sich die SGPK den vor der Verselbständigung entstandenen Wertzuwachs anrechnen lassen müsse und mit der Übernahme der Liegenschaften zwangsläufig eine latente Grundstückgewinnsteuerpflicht übernehme. Die Regierung verzichtete jedoch auf die Quantifizierung der latenten Steuer, weil sie davon ausging, dass das Liegenschaften-Portefeuille keiner weiteren Bereinigung bedürfe, und liess die nun vorliegend zu klärende Frage nach dem Übergang latenter Grundstückgewinnsteuern offen (vgl. act. 9-II/4).

aa) Die Grundstückgewinnsteuer knüpft an eine steuerbegründende Veräusserung an. Als solche gelten jeder Eigentumswechsel und jede Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsgewalt über ein Grundstück (Art. 131 Abs. 1 StG), wobei der Steueranspruch mit der Veräusserung entsteht (vgl. Art. 133 Abs. 3 StG). Der Begriff der Veräusserung umfasst neben der Übertragung des Eigentums in den Formen des Zivilrechts, wie bspw. den Verkauf, jede Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein Grundstück (Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Band I, 9. Aufl. 2001, S. 569). Ausschlaggebend ist deshalb, wie der Übergang der Grundstücke vom Kanton auf die SGPK steuerrechtlich zu qualifizieren ist.

bb) Wie die Rekurrentin zu Recht vorbrachte, stellte ihre Gründung keine Umstrukturierung im Sinne des Bundesgesetzes über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung (SR 221.301, abgekürzt: FusG) dar. Das FusG regelt gesellschaftsrechtliche Strukturanpassungen unter Beteiligung ausschliesslich

öffentlich-rechtlicher Institute nicht. Es dient höchstens als subsidiäres öffentliches Recht zur Füllung gesetzlicher Lücken (vgl. Zürcher Kommentar zum FusG, B. Wagner Pfeifer, 2. Aufl. 2012, Vor Art. 99-101 N 3). Eine solche liegt indessen nicht vor. Die SGPK wurde am 1. Juli 2013 gestützt auf das PKG als rechtlich selbständige öffentlich- rechtliche Stiftung errichtet (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 24 lit. a PKG). Solche Institute des öffentlichen Rechts sind dadurch charakterisiert, dass sie ein Stück verselbständigtes und vom allgemeinen Vermögen des Gemeinwesens getrenntes Zweckvermögen darstellen (vgl. Tschannen/Zimmerli/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, S. 72; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016,

Rz. 1685 ff.). Am 1. September 2013 wurde der erste Stiftungsrat eingesetzt (Art. 16 und 17 i.V.m. Art. 24 lit. b PKG), und am 25. Oktober 2013 erfolgte der Eintrag im Handelsregister. Per 1. Januar 2014 gingen schliesslich die Aktiven und Passiven des Kantons, welche die Versicherungskasse für das Staatspersonal und die kantonale Lehrerversicherungskasse betrafen, einschliesslich den Grundstücken, beschränkt dinglichen Rechten sowie den vor- und angemerkten Rechtsverhältnissen, auf die SGPK über. Es erfolgte demnach keine vorgängige Fusion der beiden Versicherungskassen, wie die Rekurrentin vorbrachte. Vielmehr wurde das Sondervermögen, namentlich auch die beiden Liegenschaften Nr. 780 und Nr. 781, gestützt auf das PKG in die SGPK eingebracht. Durch diese spezialgesetzliche Vermögens- bzw. Eigentumsüberführung wurde die ansonsten für die Übertragung von Eigentum massgebende sachenrechtliche Regelung des Privatrechts zurückgedrängt. Dies ermöglichte es, anstelle der grundsätzlich notwendigen Singularsukzessionen – die zu einem unverhältnismässigen Aufwand geführt hätten – die Gesamtnachfolge nach Art. 9 PKG anzuordnen (vgl. Wiegand/Wichtermann, Die Überleitung von Rechtsverhältnissen, in: Rechtliche Probleme der Privatisierung, Berner Tage für die juristische Praxis, BTJP 197, S. 108 f.).

cc) Mit dem Übergang der Grundstücke Nr. 780 und Nr. 781 auf die SGPK per

1. Januar 2014, spätestens aber mit der am 17. Januar 2014 ins Grundbuch Wittenbach eingetragenen Eigentumsübertragung (act. 9-II/5), verlor der Kanton die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die beiden Grundstücke; diese ging auf die SGPK über. Dieser Vorgang hätte nach den klaren gesetzlichen Regelungen von

Art. 131 Abs. 1 und Art. 133 Abs. 3 StG grundsätzlich einen Steueranspruch entstehen

lassen, wäre der Kanton nicht von der Steuerpflicht befreit. Der Übergang der

Liegenschaften ist demnach als Veräusserung im Sinne von Art. 131 Abs. 1 StG zu qualifizieren. Dass der Gesetzgeber ebenfalls von einer steuerbegründenden Veräusserung ausging, ergibt sich daraus, dass er in Art. 9 Abs. 3 PKG ausdrücklich auf die Erhebung von Handänderungssteuern bei der SGPK verzichtete. Diese Steuer wird nur bei Eigentumswechsel und Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsgewalt beim Erwerber erhoben, wenn nicht eine Steuerbefreiung nach Art. 244 StG in Frage kommt. Von einer solchen wäre bspw. auszugehen gewesen, wenn die Errichtung der PKSG als Umstrukturierung nach Art. 88 StG zu qualifizieren gewesen wäre (Art. 244 lit. f StG), also ein Umstrukturierungstatbestand der Fusion,

Spaltung, Umwandlung, Quasifusion oder Ausgliederung (nach Art. 88 Abs. 1 lit. d StG) vorgelegen hätte (vgl. Oesterhelt/Martin, in Zweifel/Beusch (Hrsg.), 3. Aufl. 2017, Art. 24 StHG N 448). Dies war jedoch nicht der Fall. Demnach konnte die Grundstückgewinnsteuer aufgrund der umfassenden Steuerbefreiung des Kantons (Art. 80 Abs. 1 lit. b StG) nicht erhoben werden; es fehlte an der subjektiven Steuerpflicht (vgl. Höhn/Waldburger, a.a.O., S. 221). Zudem besteht keine gesetzliche Grundlage,

die es ermöglichen würde, die Steuerlast ohne weiteres auf ein anderes Steuersubjekt zu übertragen. So führte die Vorinstanz zutreffend aus, dass im Falle eines Verkaufs der Liegenschaften durch den Kanton keine Grundstückgewinnsteuer angefallen wäre.

dd) Die Vorinstanz begründet ihren Entscheid unter anderem auch mit dem Gleichbehandlungsgebot. Ein zentrales Anliegen der BVG-Revision sei es gewesen, die Gleichbehandlung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen anzustreben. Wenn die SGPK bei Grundstückverkäufen nur den seit dem 1. Januar 2014 entstandenen Wertzuwachs versteuern müsse, wäre sie gegenüber den privatrechtlichen Einrichtungen massiv privilegiert, da bei diesen der früher bezahlte effektive Kaufpreis massgebend sei. Hinsichtlich Gründung der SGPK trifft dies gerade nicht zu. Im Gegenteil würde sie durch die Übernahme der latenten Grundstückgewinnsteuern benachteiligt. Die SGPK wurde mit Aktiven in der Höhe der Passiven ausgestattet, um sicherzustellen, dass sämtliche Verpflichtungen durch Vorsorgevermögen gedeckt sind. Die vor dem Vermögensübergang entstandenen Mehrwerte auf Grundstücken wurden – soweit aus den Akten ersichtlich – im Rahmen der Vermögensbewertung nicht berücksichtigt. Die Betrachtungsweise der Vor-instanz würde deshalb zu einer Schmälerung des Vorsorgevermögens und damit zur

Verletzung des Grundsatzes der Vollkapitalisierung führen (vgl. dazu Botschaft zum

Gesetz über die St. Galler Pensionskasse, ABl 2012 S. 3047).

c) Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich die Rekurrentin bei der Berechnung der Grundstückgewinnsteuer den während der Haltezeit durch den Kanton angefallenen Wertzuwachs auf den Liegenschaften Nr. 780 und Nr. 781 nicht anrechnen lassen muss.

4.- Der Grundstückgewinn entspricht dem Betrag, um den der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und Aufwendungen) übersteigt (Art. 134 StG). Als Erwerbspreis gilt der durch die Grundbuchbelege ausgewiesene Kaufpreis mit allen weiteren Leistungen des Erwerbers oder der tatsächlich bezahlte niedrigere Preis (Art. 136 Abs. 1 StG). Liegt kein Kaufpreis vor, wird der Erwerbspreis nach dem Verkehrswert im Zeitpunkt des Erwerbs bestimmt (Abs. 2).

Die beiden Grundstücke Nr. 780 und Nr. 781 gingen, soweit aus den Akten ersichtlich, zu Marktwerten auf die SGPK über. In der Objektliste der Versicherungskasse für das Staatspersonal mit Bewertung per 31. Dezember 2013 wurde der Marktwert mit total Fr. … eingesetzt. Der Tauschwert der Grundstücke belief sich gemäss dem öffentlich beurkundeten Tauschvertrag vom 6. Juni 2014 ebenfalls auf insgesamt Fr. … Da der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und Aufwendungen) nicht überstieg, ergab sich durch das Tauschgeschäft kein Grundstückgewinn. Der Rekurs ist somit gutzuheissen und der Einspracheentscheid vom 17. Juni 2016 sowie die Veranlagungsverfügungen vom 12. November 2016 sind aufzuheben.

5.- Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des Rekursverfahrens dem Staat aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 2'000.– ist angemessen (Art. 7 Ziff. 122 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12).

Die Rekurrentin hat Anspruch auf eine ausseramtliche Entschädigung (Art. 98 Abs. 2 VRP). Sie reichte keine Kostennote ein. Für die Bemessung der Entschädigung ausseramtlicher Kosten gilt die Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten (sGS 963.75, abgekürzt: HonO). Angemessen erscheint eine Entschädigung in der

Höhe von Fr. 2'000.–, inklusive Barauslagen, zuzüglich Mehrwertsteuer (vgl. Art. 19, 22

Abs. 1 lit. b und 28 HonO). Kostenpflichtig ist der Staat (kantonales Steueramt).

Entscheid:

  1. Der Rekurs wird gutgeheissen, und der angefochtene Einsprache-Entscheid des kantonalen Steueramts vom 17. Juni 2016 sowie die Veranlagungsverfügungen vom 12. November 2014 werden aufgehoben.

  2. Die Verfahrenskosten von Fr. 2'000.– trägt der Staat.

  3. Der Staat (kantonales Steueramt) entschädigt die Rekurrentin mit Fr. 2'000.– (inklusive Barauslagen, zzgl. MWST).

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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