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Urteil Verwaltungsrekurskommission (SG - I/1-2013/102, 103)

Zusammenfassung des Urteils I/1-2013/102, 103: Verwaltungsrekurskommission

Die Kollektivgesellschaft Y und die Z gründeten 2003 das Joint Venture X, um metall- und mineralhaltige Stoffgemische aufzubereiten. Die Y führte Transporte und Arbeiten für die X durch und liess ihre Guthaben als Darlehen stehen, die nur bei finanzieller Möglichkeit der X verzinst werden sollten. Das kantonale Steueramt erachtete die Darlehenszinsen als periodenfremd und nahm eine Aufrechnung vor. Die X erhob Einspruch, da sie den Zinsaufwand als geschäftsmässig begründet ansah. Die Verwaltungsrekurskommission gab der X recht und hob die Einspracheentscheide auf. Der Zinsaufwand wurde als geschäftsmässig begründet betrachtet, weshalb die X mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 155'000.– veranlagt wurde.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts I/1-2013/102, 103

Kanton:SG
Fallnummer:I/1-2013/102, 103
Instanz:Verwaltungsrekurskommission
Abteilung:Abgaben und öffentliche Dienstpflichten
Verwaltungsrekurskommission Entscheid I/1-2013/102, 103 vom 18.02.2014 (SG)
Datum:18.02.2014
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 58 DBG (SR 642.11), Art. 82 StG (sGS 811.1). Geschäftsmässig begründeter Aufwand, Periodizitätsprinzip. Aufgrund einer Vereinbarung, wonach ein Darlehen erst verzinst werden muss, wenn die Schuldnerin dazu in der Lage ist, ist eine nachgeholte Zinszahlung steuerlich zulässig, solange die gesetzliche Frist für die Verlustverrechnung nicht ausgedehnt und keine ungerechtfertigten Steuervorteile erzielt werden (Urteil der Verwaltungsrekurskommission, Abteilung I/1, 18. Februar 2014, I/1-2013/102, 103)
Schlagwörter: Steuer; Rekurrentin; Gewinn; Recht; Gesellschaft; Entscheid; Rückstellung; Einkommen; Aufwand; Vorinstanz; Rekurs; Kanton; Verwaltungsgericht; Periodizität; Darlehen; Periode; Rechnungsabschluss; Bundessteuer; Rechnungsabschlusses; Besserung; Periodizitätsprinzip; Verwaltungsgerichts; Holung; Rückstellungen
Rechtsnorm: Art. 144 DBG ;Art. 210 DBG ;Art. 58 DBG ;Art. 59 DBG ;Art. 64 DBG ;Art. 67 DBG ;Art. 718b OR ;Art. 725 OR ;Art. 814 OR ;Art. 820 OR ;
Referenz BGE:130 II 509; 135 II 260;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts I/1-2013/102, 103

Präsident Thomas Vögeli, Mitglieder Fritz Buchschacher und Markus Frei; Gerichtsschreiberin Susanne Schmid Etter

X, Rekurrentin und Beschwerdeführerin,

vertreten durch OBT AG, Rorschacherstrasse 63, 9004 St. Gallen,

gegen

Kantonales Steueramt, Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen, Vorinstanz,

und

Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Abteilung

Recht, Eigerstrasse 65, 3003 Bern, Beschwerdebeteiligte,

betreffend

Kantonssteuern und direkte Bundessteuer aufgrund des Rechnungsabschlusses per

31. Dezember 2010

Sachverhalt:

A.- Die Kollektivgesellschaft Y mit Sitz in A bezweckt die Ausführung von Warentransporten und die Metallrückgewinnung. Gesellschafter sind C und D Y. Im Jahr 2003 vereinbarten die Y und die Z mit Sitz in B, bei der Aufbereitung und dem Vertrieb von Roh- und Wertstoffen zusammenzuarbeiten. Zu diesem Zweck gründeten sie am 27. November 2003 als Joint-Venture die X mit Sitz in A. Diese bezweckt die Aufbereitung von metall- und/oder mineralhaltigen Stoffgemischen. Als deren Gesellschafter amten die Z sowie C Y. Die Y führte für die X seit deren Gründung Transporte und weitere Arbeiten durch. Aufgrund der schlechten Ertragslage konnte die Auftraggeberin die Rechnungen nicht vollumfänglich bezahlen. Die Y und die Z vereinbarten daher im Hinblick auf die weitere Zusammenarbeit mündlich, dass die Y ihre Guthaben jeweils als Darlehen stehen lässt und diese nur dann verzinst werden müssen, wenn die X dazu finanziell in der Lage ist.

B.- Aufgrund des Rechnungsabschlusses per 31. Dezember 2010 deklarierte die X für 2010 einen Gewinn von Fr. 155'029.– und ein Kapital von Fr. 175'029.–. Als Aufwand wurde unter anderem die Verzinsung der Darlehen der Y für die Jahre 2005 bis 2010 in der Höhe von Fr. 116'899.– verbucht. Das kantonale Steueramt erachtete die Darlehenszinsen für die Jahre 2005 bis 2009 als periodenfremd und nahm beim Gewinn eine Aufrechnung von Fr. 80'000.– (Fr. 100'000.– abzüglich Fr. 20'000.– darauf anfallende Steuer) vor. Mit Verfügung vom 25. Februar 2013 wurde die X für das Jahr 2010 mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 235'000.– veranlagt. Das steuerbare Eigenkapital für die Kantonssteuer 2010 wurde auf Fr. 175'000.– festgelegt. Die gegen die Veranlagungsverfügungen aufgrund des Rechnungsabschlusses per Ende 2010 erhobenen Einsprachen wies das kantonale Steueramt mit Entscheiden vom 14. Mai 2013 ab.

C.- Mit Eingabe ihrer Vertreterin vom 11. Juni 2013 erhob die X gegen die Einspracheentscheide bei der Verwaltungsrekurskommission Rekurs bzw. Beschwerde. Sie beantragte, die Einspracheentscheide seien aufzuheben und die Rekurrentin bzw. Beschwerdeführerin sei mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 155'000.-- zu veranlagen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Die Vorinstanz beantragte in ihrer Vernehmlassung vom 8. August 2013 die kostenfällige Abweisung

der Rechtsmittel. Die Rekurrentin und Beschwerdeführerin nahm dazu mit Schreiben vom 28. August 2013 Stellung. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat stillschweigend auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde verzichtet.

Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung der Anträge sowie auf weitere Einzelheiten wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.

Erwägungen:

1.- Angefochten sind die Einspracheentscheide hinsichtlich der Veranlagungen der Kantonssteuer und der direkten Bundessteuer aufgrund des Rechnungsabschlusses per 31. Dezember 2010. Zwar müssen für Rekurs und Beschwerde verschiedene Entscheide ergehen; sie können indessen in einem einzigen Dokument mit Verweisungen und einem gemeinsamen Dispositiv, das die beiden Steuern allerdings ausdrücklich auseinanderhält, enthalten sein (vgl. BGE 130 II 509 = Pra 2005 Nr. 114 E. 8.3, BGE 135 II 260 = Pra 2010 Nr. 37 E. 1.3.1).

2.- Die Eintretensvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen. Die Verwaltungsrekurskommission ist zum Sachentscheid zuständig. Die Befugnis zur Rekurs- sowie zur Beschwerdeerhebung ist gegeben. Der Rekurs sowie die Beschwerde vom 11. Juni 2013 sind rechtzeitig eingereicht worden. Sie erfüllen in formeller und inhaltlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen (Art. 194 Abs. 1 des St. Galler Steuergesetzes, sGS 811.1, abgekürzt: StG; Art. 140 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer, SR 642.11, abgekürzt: DBG; Art. 7 der Verordnung zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, sGS 815.1; Art. 41 lit. h Ziff. 1 und Art. 48 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt: VRP). Auf den Rekurs sowie auf die Beschwerde ist einzutreten.

3.- Streitig ist, ob die im Jahr 2010 von der Rekurrentin für ihre Darlehensschulden bezahlten Zinsen für die Jahre 2005 bis 2009 in der Höhe von Fr. 100'000.– geschäftsmässig begründeten Aufwand darstellen.

a) aa) Die Rekurrentin und Beschwerdeführerin macht zur Hauptsache geltend, es liege ein Besserungsschein vor. Bei Wiederaufleben der Forderung könnten gemäss Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung sowohl der Forderungsbetrag,

sofern die Abschreibung echter Sanierungserfolg gewesen sei, als auch die Zinsen als Aufwand geltend gemacht werden. Die Y als Darlehensgläubigerin habe unter Vorbehalt der Besserung der Vermögenslage der Rekurrentin und Beschwerdeführerin auf die Zinsforderung verzichtet. Im Jahr 2005 sei die Rekurrentin und Beschwerdeführerin überschuldet gewesen. Daher habe die Y auf Guthaben in der Höhe von Fr. 213'000.– den Rangrücktritt erklärt. Im Jahr 2009 habe der Rangrücktritt wegen erneuter Überschuldung auf Fr. 425'000.– erhöht werden müssen. Erst im Jahr 2010 habe sich die Rekurrentin finanziell erholt, weshalb die Rangrücktritte hätten aufgehoben werden können. Es seien somit Sanierungsmassnahmen ergriffen worden, was auch für die Vorinstanz erkennbar gewesen sei. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz sei die Kollektivgesellschaft Y als Gläubigerin nicht an der Rekurrentin und Beschwerdeführerin beteiligt. Die Y habe im Interesse der weiteren Zusammenarbeit und nicht als Gesellschafterin vorläufig auf die Zinsen verzichtet. Da es sich nicht um einen Vertrag mit dem Vertreter der Gesellschaft handle, komme die Formvorschrift von Art. 718b OR nicht zur Anwendung. Für den Entscheid über den Zinsverzicht sei sowohl die Zustimmung der Gesellschafterin Z bzw. von deren Vertreter E als auch jene des zweiten Gesellschafters der Y, D Y, nötig gewesen.

In den entsprechenden Jahren 2005 bis 2009 sei kein Zinsaufwand verbucht worden. Die Zinsforderung sei erst nach Eintreten der finanziellen Besserung im Jahr 2010 entstanden. Es liege daher kein periodenfremder Aufwand vor. Da sowohl bei der Gläubigerin (Y) als auch bei der Schuldnerin (Rekurrentin und Beschwerdeführerin) Drittpersonen zu je 50% beteiligt seien, sei der Zins zwischen Drittpersonen vereinbart worden und stelle somit geschäftsmässig begründeten Aufwand dar. Andernfalls würde eine geldwerte Leistung vorliegen, was von der Vorinstanz jedoch verneint werde. Indem die Vorinstanz den Zinsaufwand bei der Rekurrentin und Beschwerdeführerin als periodenfremd ansehe, gleichzeitig aber den Zinsertrag bei der Y besteuere, handle sie widersprüchlich.

Im Kanton St. Gallen werde das Periodizitätsprinzip nicht strikt angewendet. Regelmässig würden nachträgliche Verbuchungen von Erträgen, nachträgliche Wertberichtigungen sowie Verbuchungen von periodenfremden Aufwendungen zugelassen. Falls die Schuldzinsen in den vorangegangenen Perioden entstanden wären, hätten sie in jenen Jahren verbucht werden müssen. Die früheren Abschlüsse

wären demnach handelsrechtswidrig. Das Verwaltungsgericht habe entschieden, das Totalgewinnprinzip sei dort anzuwenden, wo die Bildung einer Rückstellung in den nach dem Periodizitätsprinzip massgeblichen und rechtskräftig veranlagten Steuerperioden handelsrechtswidrig unterlassen worden sei, sofern dies nicht steuerlich motiviert sei. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. Es seien keine Gewinne in eine Bemessungslücke verschoben worden und es sei mit der Periodenverschiebung keine grössere Verlustverrechnung erreicht worden. Auch unter Berücksichtigung der gesunkenen Steuersätze für juristische Personen per 1. Januar 2013 sei der geringe Steuervorteil auf Ebene der Gesellschaft durch die Nachteile auf Ebene der Gesellschafter ausgeglichen worden. Dass die Vorinstanz jegliche Leistungen der Gesellschaft an Beteiligte nahestehende Dritte als steuerlich motiviert klassiere, sei sachlich nicht gerechtfertigt. Vorliegend sei nicht erkennbar, weshalb eine steuerliche Motivation fingiert werden solle, wenn keine geldwerte Leistung zur Diskussion stehe. Da für die Rekurrentin und Beschwerdeführerin in den fraglichen Jahren keine Zinspflicht bestanden habe und das Eintreten der Bedingung nicht erkennbar gewesen sei, habe der Zinsaufwand erst bei Eintritt der Bedingung verbucht werden können.

bb) Dem hält die Vorinstanz im Wesentlichen entgegen, bei der Rekurrentin und Beschwerdeführerin seien in den vergangenen Jahren für die Steuerbehörden keine Sanierungsmassnahmen erkennbar gewesen, die gestützt auf Art. 820 OR in Verbindung mit Art. 725 OR eingeleitet worden seien. Im Gegenteil sei offenbar alles unternommen worden, um eine Sanierung zu vermeiden. Auf die Verzinsung des Kontokorrentdarlehens gegenüber Nahestehenden Beteiligten sei verzichtet und die Kontokorrentschulden in nachrangige Darlehen umgewandelt worden. Da es an einer Sanierung fehle, könne auch kein Besserungsschein vorliegen. Obschon der Besserungsschein an keine Formvorschrift gebunden sei, müssten Verträge zwischen der Gesellschaft und ihrem Vertreter nach Art. 814 Abs. 4 OR in Verbindung mit Art. 718b OR schriftlich abgefasst werden, was vorliegend nicht der Fall sei. C Y sei zu 50% an der Darlehensgläubigerin beteiligt. Zudem amte er als Geschäftsführer bei der Y und als Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Rekurrentin und Beschwerdeführerin. Demnach verfüge er für beide Gesellschaften über entsprechende Kompetenzen, weshalb ein Besserungsschein gemäss Kreisschreiben nicht möglich sei.

Da zwischen der adäquaten Zinszahlung von 3% und der Hingabe des Kapitals kein Missverhältnis bestehe, liege keine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die Aufrechnung der Zinsen der Jahre 2005 bis 2009 sei denn auch wegen periodenfremder Verbuchung erfolgt. Der Vorwurf des widersprüchlichen Verhaltens im Zusammenhang mit der Besteuerung der Zinserträge bei den Empfängern schlage fehl. Bei der Rekurrentin und Beschwerdeführerin handle es sich um eine juristische Person, welche nach dem zweiten Abschnitt des StG und dem dritten Teil des DBG veranlagt werde. Steuerliche Fragen von anderen Steuersubjekten seien daher für die Beurteilung nicht entscheidend und nur zurückhaltend einfliessen zu lassen. Die Überprüfung eines geschäftsmässig begründeten Aufwands erfolge in erster Linie auf Basis der Gesellschaft. Die Steuerbehörden seien dabei nicht verpflichtet, Abklärungen über die steuerliche Behandlung einer Zahlung beim Empfänger vorzunehmen. Nicht jeder geschäftsmässig begründete Aufwand beim Empfänger gelange zur Besteuerung und nicht jeder geschäftsmässig nicht begründete Aufwand werde beim Empfänger nicht besteuert. Die Besteuerung der Zinszahlungen beim Ehepaar Y im Jahr 2010 sei zu Recht erfolgt. Die in den Vorjahren nicht erfolgten Zahlungen stellten nach dem geltenden Handelsrecht bei der Kollektivgesellschaft Y noch nicht realisierte Erträge dar, welche nach dem Imparitätsprinzip nicht als Ertrag hätten verbucht werden dürfen.

Gemäss Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen sei die steuerwirksame Nachholung von nicht verbuchten Aufwendungen aus früheren Steuerperioden in Abweichung vom Periodizitätsprinzip nur statthaft, wenn der Grund der Zahlung immer noch gegeben sei, die Nachholung innerhalb der Verlustperiode erfolge und die nachträgliche Verbuchung nicht missbräuchlich sei. Bei der Anwendung dieser Ausnahmeregelung habe es sich jedoch stets um Zahlungen an staatliche Gläubiger gehandelt. Das Totalgewinnprinzip müsse dort seine Schranken finden, wo einmalige Nachzahlungen von periodischen Leistungen nachträglich auf einen Schlag an Beteiligte Nahestehende erfolgten. Da das Verwaltungsgericht von Missbräuchlichkeit und nicht von Steuerumgehung spreche, sei es legitim, die Erfordernisse tiefer anzusetzen. Die Steuerbehörden seien daher unbefangen, bei periodenfremden Zahlungen an Beteiligte Nahestehende grundsätzlich von einer steuerlichen Motivierung auszugehen und das Periodizitätsprinzip in solchen Fällen über das Totalgewinnprinzip zu stellen. Ansonsten stünde der ungehemmten Steuerplanung Tür und Tor offen. Die Nichtverbuchung von Kontokorrentzinsen sei

weder handels- noch steuerrechtswidrig. Auch daher gelange das Totalgewinnprinzip nicht zur Anwendung.

b) Der steuerbare Gewinn setzt sich gemäss Art. 58 Abs. 1 DBG zusammen aus dem Saldo der Erfolgsrechnung unter Berücksichtigung des Saldovortrags des Vorjahres; allen vor Berechnung des Saldos der Erfolgsrechnung ausgeschiedenen Teilen des Geschäftsergebnisses, die nicht zur Deckung von geschäftsmässig begründetem Aufwand (vgl. auch Art. 59 DBG) verwendet werden, wie insbesondere Kosten für die Anschaffung, Herstellung Wertvermehrung von Gegenständen des Anlagevermögens, geschäftsmässig nicht begründete Abschreibungen und Rückstellungen, Einlagen in die Reserven, Einzahlungen auf das Eigenkapital aus Mitteln der juristischen Person, soweit sie nicht aus als Gewinn versteuerten Reserven erfolgen, offene und verdeckte Gewinnausschüttungen und geschäftsmässig nicht begründete Zuwendungen an Dritte sowie den der Erfolgsrechnung nicht gutgeschriebenen Erträgen, mit Einschluss der Kapital-, Aufwertungs- und Liquidationsgewinne, vorbehältlich Art. 64 DBG (Ersatzbeschaffungen). Auf kantonaler Ebene besteht mit Art. 82 und 84 StG eine nahezu identische Regelung (vgl. auch

Art. 24 f. des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, SR 642.14). Die steuerliche Erfolgsermittlung knüpft an die handelsrechtliche an, sofern die handelsrechtlichen Vorschriften eingehalten wurden (sog. Massgeblichkeitsprinzip). Folglich entfällt die steuerliche Verbindlichkeit nur insoweit, als diese offensichtlich den zwingenden Vorschriften des Handelsrechts zuwiderläuft als steuerliche Korrekturvorschrift zu beachten sind (Urteil des Bundesgerichts 2A.44/2007 vom 6. Juni 2007 E. 4.1).

Das schweizerische Einkommenssteuerrecht beruht auf dem Gedanken der Periodizität. Es wird dasjenige Einkommen besteuert, das einer steuerpflichtigen Person während einer bestimmten Periode zufliesst (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N 38 der VB zu Art. 16–39 DBG). Das Periodizitätsprinzip besagt, dass es die Steuerpflichtigen nicht in der Hand haben zu bestimmen, wann sie die Steuern entrichten, sondern dass die Besteuerung in jener Periode erfolgen soll, in welcher das Einkommen wirtschaftlich erzielt wird (Höhn/ Waldburger, Steuerrecht Band 1, 9. Aufl. 2001, § 18 N 15). Die Ergebnisse der Geschäftsperioden dürfen folglich nicht untereinander ausgeglichen werden.

Unzulässig ist es, die Ergebnisse einer bestimmten Periode zugunsten zulasten einer anderen zu vermindern zu erhöhen. Nach dem Grundsatz der Periodizität sind auch Aufwände grundsätzlich derjenigen Periode zuzuweisen, in der sie entstanden sind (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2C_392/2009 vom 23. August 2010

E. 2.1). Fehlt der Periodenbezug eines Aufwandes, so ist dieser nicht geschäftsmässig begründet und darf nicht vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Wird das Periodizitätsprinzip offensichtlich verletzt, so ist dies steuerlich zu korrigieren (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2011/200 vom 12. April 2012, E. 2.2.2 mit Hinweisen, unter: www.gerichte.sg.c h).

Das Gesetz regelt nicht, wann der steuerpflichtigen Person Einkommen zugeflossen Ausgaben abgeflossen sind. Der Einkommenszufluss ist ein faktischer Vorgang, der damit abgeschlossen ist, dass der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die zugeflossenen Vermögenswerte innehat. Voraussetzung des Zuflusses ist somit ein abgeschlossener Rechtserwerb, der Forderungs- Eigentumserwerb sein kann (sog. Soll-Methode; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 19 ff. zu Art. 210 DBG). Grundsätzlich sind nur unbedingte Leistungsansprüche als realisiertes Einkommen zu betrachten. Bei aufschiebend bedingten Rechtsgeschäften bleibt deshalb der Erwerb von Einkommen bis zum Eintritt eines künftigen Ereignisses in der Schwebe, so dass der Einkommenszufluss erst in dem Zeitpunkt erfolgt, in welchem der Schwebezustand wegfällt und feststeht, dass der Empfänger das fragliche Einkommen ohne weitere Gegenleistung behalten kann (Richner/Frei/ Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 29 f. zu Art. 210 DBG). Die zeitliche Abgrenzung des Abflusses von Einkommen muss nach den gleichen Kriterien vorgenommen werden wie jene des Zuflusses von Einkommen. Aufwendungen fliessen somit grundsätzlich zu dem Zeitpunkt ab, in welchem die steuerpflichtige Person zur Zahlung verpflichtet ist.

Relativiert wird das Periodizitätsprinzip durch das Totalgewinnprinzip, welches besagt, dass die Summe aller Periodeneinkünfte den totalen Einkünften entsprechen soll. Eine Anwendung dieses Prinzips stellt die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Verlustverrechnung für die der Steuerperiode vorangegangenen sieben Geschäftsjahre (vgl. Art. 67 DBG und Art. 86 StG) dar. Im Unternehmenssteuerbereich stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit unterlassene Rückstellungen in späteren Steuerperioden nachgeholt werden können. Die verwaltungsgerichtliche

Rechtsprechung erachtet es als zulässig, dass die handelsrechtswidrig unterlassene Bildung einer Rückstellung in einer Handelsbilanz, die Grundlage einer rechtskräftigen Veranlagung gebildet hat, steuerwirksam in einer späteren Steuerperiode, die noch innerhalb der Verlustverrechnungsperiode liegt, nachgeholt werden kann, sofern der Rückstellungsgrund noch besteht und die Unterlassung nicht missbräuchlich erfolgt ist (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2011/200 vom 12. April 2012, E. 2.2.4 mit Hinweisen, unter: www.gerichte.sg.ch). Ferner wird die Nachholung unterlassener Abschreibungen als zulässig erachtet, sofern diese mangels steuerbarer Einkünfte nicht vorgenommen werden konnten, sofern darin keine Steuerumgehung liegt und sofern die Schranken der Verlustverrechnung beachtet werden (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2011/261 vom 3. Juli 2012, E. 2.3.2 mit Hinweisen, unter www.gerichte.sg.c h).

c) Da die Rekurrentin und Beschwerdeführerin ihren Verbindlichkeiten gegenüber der Kollektivgesellschaft Y nicht nachkommen konnte, häuften sich auf dem Kontokorrentkonto Nr. 2160 seit 2004 grössere Schuldbeträge an (act. 9/3-3). In den Jahren 2004 bis 2009 wurden darauf keine Zinszahlungen verbucht. Gemäss unbestrittener Darstellung der Rekurrentin und Beschwerdeführerin vereinbarten die involvierten Parteien mündlich, dass die Y diese Guthaben als Darlehen stehen lässt und diese erst und nur dann verzinst werden müssen, wenn die Rekurrentin und Beschwerdeführerin dazu finanziell in der Lage ist. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft. Bevor die Rekurrentin und Beschwerdeführerin zur Leistung von Zinszahlungen finanziell nicht in der Lage war, entstand für diese keine Zinsschuld. Mangels Eintretens dieser Bedingung in den Jahren 2005 bis 2009 durfte die Rekurrentin und Beschwerdeführerin folglich aus handelsrechtlicher Sicht gar keinen Zinsaufwand verbuchen, denn eine Verpflichtung zur Zinszahlung bestand in den fraglichen Jahren nicht. Erst mit Erzielung des ansehnlichen Gewinns im Jahr 2010 trat die Bedingung für die Entstehung der Zinspflicht sowohl für das laufende Geschäftsjahr als auch für die Geschäftsjahre 2005 bis 2009 ein.

Es stellt sich einzig noch die Frage, ob die Rekurrentin und Beschwerdeführerin handelsrechtlich verpflichtet gewesen wäre, in den Rechnungsabschlüssen der Jahre 2005 bis 2009 entsprechende erfolgswirksame Rückstellungen zu bilden. Ob für eine

bedingte Verbindlichkeit eine Rückstellung zu bilden ist, entscheidet sich nach der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme. Wird mit der Inanspruchnahme ernsthaft gerechnet, so sind dafür Rückstellungen zu bilden (J. Stoll, Die Rückstellung im Handels- und Steuerrecht, Zürich 1992, S. 108 und 181). Da jedoch für den Fall, dass solche Rückstellungen von der Rekurrentin und Beschwerdeführerin handelsrechtswidrig unterlassen worden wären, deren Nachholung ohnehin handelsrechtlich geboten und auch steuerlich anzuerkennen wäre, kann diese Frage offen bleiben (vgl. Stoll, a.a.O., S. 155 f. und 246 f.). Die Nachholung läge zeitlich innerhalb der siebenjährigen Verlustverrechnungsperiode und Anzeichen für eine steuerlich motivierte Unterlassung sind nicht ersichtlich. Massgebend ist nach der Praxis des Verwaltungsgerichts, dass die Frist für die Verlustverrechnung gegenüber der gesetzlichen Ordnung nicht ausgedehnt und keine ungerechtfertigten Steuervorteile erzielt werden (Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2011/261 vom 3. Juli 2012, E. 2.3.2, unter: www.gerichte.sg.ch). Auch eine Beschränkung der Nachholung von Rückstellungen auf Forderungen staatlicher Gläubiger, wie sie die Vorinstanz geltend macht, ist der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht zu entnehmen (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2011/200 vom 12. April 2012,

E. 2.2.4 mit Hinweisen, unter: www.gerichte.sg.c h).

d) Die Verbuchung des gesamten Zinsaufwandes von Fr. 116'899.– per 31. Dezember 2010 – sei es nun als gesamthaft in der Steuerperiode 2010 entstandene Verbindlichkeit als teilweise Nachholung unterlassener Rückstellungen (für die Jahre 2005 bis 2009) – erfolgte damit periodengerecht. Der Zinssatz von 3% ist zudem nicht überhöht. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob ein Besserungsschein vorliegt.

e) Zusammenfassend erweist sich der von der Rekurrentin und Beschwerdeführerin im Rechnungsabschluss per 31. Dezember 2010 verbuchte Zinsaufwand von

Fr. 116'899.– als geschäftsmässig begründet, weshalb Rekurs und Beschwerde gutzuheissen sind. Die angefochtenen Einspracheentscheide vom 14. Mai 2013 sind daher aufzuheben. Die Rekurrentin und Beschwerdeführerin ist für die Kantonssteuer und direkte Bundessteuer aufgrund des Rechnungsabschlusses per 31. Dezember 2010 mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 155'000.– zu veranlagen. Das steuerbare Kapital bleibt unverändert bei Fr. 175'000.–.

4.- a) Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Verfahrenskosten dem Staat aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und Art. 95 Abs. 1 VRP). Da Rekurs und Beschwerde in ein und demselben Entscheid beurteilt werden, ist eine Gebühr von Fr. 1'500.-- angemessen (Art. 144 Abs. 5 DBG i.V.m. Art. 7 Ziff. 122 Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12). Der Rekurrentin und Beschwerdeführerin ist der Kostenvorschuss von Fr. 2'000.-- zurückzuerstatten.

b) Die vertretene Rekurrentin und Beschwerdeführerin hat Anspruch auf eine ausseramtliche Entschädigung (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren, SR 172.021, und Art. 98 Abs. 2 VRP). Eine Kostennote ist nicht eingereicht worden. Die Rekurrentin wird durch ein Treuhandbüro vertreten. Auch wenn ein Vertreter desselben Rechtsanwalt ist, wird in der Praxis eine gegenüber dem Anwaltstarif reduzierte Entschädigung zugesprochen (R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, St. Gallen 2004, S. 198 f.). Angesichts der nicht sehr umfangreichen Akten, des ersichtlichen Aufwands für die Rekurs- und die Beschwerdeeingabe und der zulässigen zusätzlichen Stellungnahme erscheint eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- inkl. Mehrwertsteuer als angemessen (vgl. Art. 19, 22 Abs. 1 lit. b und 28 der Honorarordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten; sGS 963.75). Kostenpflichtig ist der Staat (kantonales Steueramt).

Entscheid:

  1. Der Rekurs wird gutgeheissen und der angefochtene Einsprache-Entscheid vom

    14. Mai 2013 wird aufgehoben.

  2. Die Rekurrentin wird für die Kantonssteuer aufgrund des Rechnungsabschlusses

    per

    31. Dezember 2010 mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 155'000.– und einem steuerbaren Kapital von Fr. 175'000.– veranlagt.

  3. Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Einsprache-Entscheid

    vom

    14. Mai 2013 wird aufgehoben.

  4. Die Beschwerdeführerin wird für die direkte Bundessteuer aufgrund des Rechnungsabschlusses per 31. Dezember 2010 mit einem steuerbaren Gewinn von Fr. 155'000.– veranlagt.

  5. Der Staat trägt die Verfahrenskosten von Fr. 1'500.–.

  6. Der Rekurrentin und Beschwerdeführerin wird der Kostenvorschuss von Fr. 2'000.– zurückerstattet.

  7. Der Staat (kantonales Steueramt) entschädigt die Rekurrentin und

Beschwerdeführerin

ausseramtlich mit Fr. 1'500.– (inkl. MWSt).

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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