Zusammenfassung des Urteils I/1-2012/4: Verwaltungsrekurskommission
Die A AG schloss ihre Bücher am 31. Dezember 2007 und fusionierte rückwirkend zum 31. Dezember 2007 mit der R AG. Das kantonale Steueramt veranlagte die A AG für die Steuerperiode 2007, was von der b ag angefochten wurde. Die Verwaltungsrekurskommission entschied, dass die Fusion erst am 1. Januar 2008 vollzogen werden konnte, da die A AG ihre Bücher nicht früher abschloss. Die Frage der Steuerhoheit des Kantons St. Gallen wurde aufgeworfen, aber die Steuerbehörden des Kantons waren zuständig. Die Rekurrentin wurde verpflichtet, die Gerichtskosten zu tragen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | I/1-2012/4 |
Instanz: | Verwaltungsrekurskommission |
Abteilung: | Abgaben und öffentliche Dienstpflichten |
Datum: | 05.07.2012 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheidfusionierte Ende 2007 mit einer anderen AG. Da sie am 31. Dezember 2007 |
Schlagwörter: | Steuer; Fusion; Kanton; Steuerpflicht; Gesellschaft; Recht; Bücher; Rekurrentin; Gallen; Rekurs; Person; Vorinstanz; Verwaltung; Aktiven; ürzt:; Fusionsvertrag; Passiven; Steuerperiode; Veranlagung; Steuerrecht; Steuerhoheit; Übernahme; Handelsregister; Einsprache; Kantons; Grundstück |
Rechtsnorm: | Art. 54 DBG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Präsident Thomas Vögeli, Mitglieder Fritz Buchschacher und Markus Frei; Gerichtsschreiber Thomas Scherrer
R AG, Rekurrentin, vertreten durch b ag, gegen
Kantonales Steueramt, Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen, Vorinstanz,
betreffend
Steuerveranlagung 2007 - Ende der Steuerpflicht
Sachverhalt:
A.- Die A AG mit Sitz in N/ZH war Eigentümerin eines Grundstücks in K. Sie schloss ihre Bücher per 31. Dezember 2007. Gemäss Fusionsvertrag vom 23. Juni 2008 gingen die Aktiven und Passiven der Gesellschaft rückwirkend auf den 31. Dezember 2007 auf
die R AG mit Sitz in D/SG, die im Besitz aller Aktien der A AG war, über. Am 1. Juli 2008 wurde die Fusion im Handelsregister wie folgt eingetragen: "Übernahme der Aktiven und Passiven der A AG, in N (CH-…), gemäss Fusionsvertrag vom 23.06.2008 und Bilanz per 31.12.2007. Aktiven von CHF 497'437.14 und Passiven (Fremdkapital) von CHF 604'079.15 gehen auf die übernehmende Gesellschaft über." Die A AG wurde gelöscht.
B.- Gestützt auf die Bilanz der A AG per 31. Dezember 2007 und das von der R AG am
31. Dezember 2007 geführte "Fusionskonto A" wurde die A AG im Kanton St. Gallen für die Steuerperiode 2007 mit einer Minimalsteuer von 0,6 Promille des Verkehrswertes der Liegenschaft in K veranlagt (Fr. 851.--, einfache Steuer Fr. 254.--). Gegen diese Veranlagung erhob die b ag Einsprache mit der Begründung, die A AG sei per
31. Dezember 2007 von der R AG absorbiert und aufgelöst worden. Als Rechtsnachfolgerin trete die R AG in deren Rechte und Pflichten ein und sei dementsprechend inklusive das Ergebnis 2007 der A AG zu veranlagen. Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 1. Dezember 2011 ab mit der Begründung, Grundlage der Fusion habe die per 31. Dezember 2007 – dem letzten Tag der Steuerperiode 2007 – erstellte Bilanz gebildet, so dass die Fusion der beiden Gesellschaften in den Büchern der übernehmenden R AG frühestens am 1. Januar 2008 habe vollzogen werden können. Eine Fusion auf den 31. Dezember 2007 wäre möglich gewesen, wenn die A AG ihre Bücher per 30. Dezember 2007 abgeschlossen hätte.
C.- Gegen den Einspracheentscheid vom 1. Dezember 2011 erhob die b ag Rekurs bei
der Verwaltungsrekurskommission mit den Anträgen, die rückwirkende Fusion per
31. Dezember 2007 sei steuerlich anzuerkennen, so dass die beschränkte Steuerpflicht der A AG im Kanton St. Gallen am 30. Dezember 2007 geendet habe. Eventualiter sei zu prüfen, ob die Vorinstanz für die Verfügung betreffend Ende der Steuerpflicht überhaupt zuständig war, da der Sitz der A AG bis zur Fusion im Kanton Zürich gewesen sei.
Mit Vernehmlassung vom 1. März 2012 beantragte die Vorinstanz, der Rekurs sei unter Kostenfolge abzuweisen. Die b ag nahm am 30. April 2012 zur vorinstanzlichen
Vernehmlassung Stellung und reichte den Fusionsvertrag vom 23. Juni 2008 zu den
Akten.
Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
Erwägungen:
1.- Die Eintretensvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen. Die Verwaltungsrekurskommission ist zum Sachentscheid zuständig. Der angefochtene Einspracheentscheid betrifft die Veranlagung der A AG für die Steuerperiode 2007. Diese Gesellschaft wurde gemäss Fusionsvertrag vom 23. Juni 2008 mit der Übertragung ihrer Aktiven und Passiven auf die R AG entsprechend Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung (Fusionsgesetz; SR 221.301, abgekürzt: FusG) aufgelöst und am 1. Juli 2008 im Handelsregister gelöscht. Ihre verfahrensrechtlichen und materiellen steuerlichen Rechte und Pflichten gingen gestützt auf Art. 78 StG auf die Rekurrentin über. Die Befugnis zur Rekurserhebung ist gegeben. Die b ag, deren einziges einzelzeichnungsberechtigtes Mitglied des Verwaltungsrats die gleiche Funktion auch für die Rekurrentin ausübt, ist zur Vertretung der Rekurrentin ermächtigt. Der Rekurs vom 31. Dezember 2011 ist rechtzeitig eingereicht worden. Er erfüllt in formeller und inhaltlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen (Art. 194 Abs. 1 des Steuergesetzes, sGS 811.1, abgekürzt: StG; Art. 48 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt: VRP). Auf den Rekurs ist einzutreten.
2.- Die Rekurrentin wirft mit Hinweis auf den Sitz der A AG im Kanton Zürich die Frage auf, ob die Vorinstanz zur Prüfung der beschränkten Steuerpflicht im Kanton St. Gallen überhaupt zuständig war.
Solange die A AG mit Sitz und Hauptsteuerdomizil im Kanton Zürich als juristische Person bestand, war sie wegen ihres Grundeigentums in K entsprechend Art. 72 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit Art. 73 Abs. 2 StG aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit im Kanton St. Gallen beschränkt steuerpflichtig. Die Regelung der Steuerpflicht für die juristischen Personen im st. gallischen Steuerrecht entspricht den Vorgaben von Art. 21
Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (SR 642.14, abgekürzt: StHG). Da eine Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit in einem anderen Kanton als demjenigen des Sitzes der tatsächlichen Verwaltung gemäss Art. 22 Abs. 2 StHG für die gesamte Steuerperiode besteht, auch wenn sie während der Steuerperiode begründet, verändert aufgehoben wird, muss den kantonalen Steuerbehörden die Abklärung der Eigentumsverhältnisse an den in ihrem Kanton gelegenen Grundstücken ohne Weiteres möglich sein. Die Veranlagung von Steuerpflichtigen, welche der Steuerhoheit mehrerer Kantone unterstehen, erfolgt in jedem Kanton nach den Vorschriften des betreffenden Kantons über das Veranlagungsverfahren. Jeder Kanton, welcher die Steuerhoheit beansprucht, kann vom Steuerpflichtigen eine Steuererklärung verlangen, welche über dessen gesamtes Einkommen und Vermögen Auskunft gibt (vgl. Höhn/ Mäusli, Interkantonales Steuerrecht, 4. Aufl. 2000, § 30 Rz. 1). Bestreitet jedoch die betreffende Person die Steuerhoheit eines Kantons, so ist aufgrund von Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101, abgekürzt: BV) zuerst in einem Vorentscheid über die subjektive Steuerpflicht (Steuerhoheit) rechtskräftig zu entscheiden (vgl. Beusch/Mayhall, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Interkantonales Steuerrecht, Basel 2011, § 40 Rz. 3).
Die Frage nach der Steuerhoheit des Kantons St. Gallen wird erstmals im Rekurs aufgeworfen. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz zusammen mit der Veranlagung über die Steuerpflicht der A AG befunden hat. Zur Beurteilung der Frage der – beschränkten – Steuerpflicht der A AG im Kanton St. Gallen sind die st. gallischen Steuerbehörden aber jedenfalls zuständig. Dementsprechend erweist sich der Eventualantrag, mit welchem die Zuständigkeit der st. gallischen Steuerbehörden zur Klärung der Steuerpflicht der A AG für ihr Grundstück in K in Frage gestellt wird, als unbegründet und ist abzuweisen.
3.- In materieller Hinsicht ist umstritten, ob die A AG am Ende des Jahres 2007 als Steuersubjekt noch bestand. Gemäss Art. 77 Abs. 2 StG endet die Steuerpflicht der juristischen Personen mit dem Abschluss der Liquidation, mit der Verlegung des Sitzes und der tatsächlichen Verwaltung ausserhalb des Kantons mit der Aufgabe der im Kanton steuerbaren Werte. Gemäss Art. 78 StG treten für die durch Fusion, Vereinigung, Umwandlung Übernahme aufgelöste juristische Person die
Rechtsnachfolger in deren Rechte und Pflichten ein (Steuersukzession). Diese Regelungen entsprechen inhaltlich im Wesentlichen Art. 54 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (SR 642.11, abgekürzt: DBG; vgl. Totalrevision des Steuergesetzes, Botschaft und Entwurf der Regierung vom 13. Mai 1997, in: ABl 1997 S. 937 ff., S. 1027). Die Bestimmung zur Steuersukzession regelt nicht die Dauer der Steuerpflicht der übertragenden Gesellschaft den Beginn der Steuerpflicht der umgewandelten Gesellschaft (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N 39 zu Art. 54 DBG). Bei Auflösung juristischer Personen ohne privatrechtliche Liquidation (anlässlich von Fusionen, Spaltungen Umwandlungen) endet die subjektive Steuerpflicht am Stichtag, per welchem ihre Aktiven und Verbindlichkeiten auf die übernehmende juristische Person übertragen werden; massgebend ist somit nicht der Löschungseintrag im Handelsregister (vgl. M. Reich, Steuerrecht, 2. Aufl. 2012, § 19 Rz. 25). Unabhängig davon, ob die – partielle – Universalsukzession, wie sie mit einer Umstrukturierung im Sinn des Fusionsgesetzes verbunden ist, im Zeitpunkt des Eintrages des Fusionsbeschlusses der untergehenden Gesellschaft im Handelsregister wirksam wird der Vermögensübergang im Zeitpunkt der Genehmigung des Fusionsvertrags durch die Generalversammlungen der beiden Gesellschaften erfolgt, ist es zulässig, das Ende der Steuerpflicht rückwirkend festzulegen (vgl. P. Locher, Kommentar zum DBG, II. Teil, Therwil/Basel 2004, N 30 zu Art. 54 DBG). Die Steuerpflicht endet für die ohne zivilrechtliche Liquidation aufgelöste juristische Person per Übernahmestichtag,
d.h. im Zeitpunkt der Vermögensübertragung
Für die fusionsweise Übernahme von Aktiven und Passiven muss Klarheit über den übernommenen Vermögensstand bestehen. Werden die Bücher der zu übernehmenden Gesellschaft an einem bestimmten Datum geschlossen, muss deshalb davon ausgegangen werden, dass noch sämtliche Transaktionen dieses Tages darin erfasst wurden. Dies gilt insbesondere für den Abschluss per 31. Dezember, der regelmässig auch Stichtag beispielsweise für die Leistung von Zinsen ist. Deshalb können – wie die Vorinstanz zu Recht ausführt – der Abschluss der Bücher der zu übernehmenden Gesellschaft und die Übernahme als solche nicht auf den gleichen Tag fallen. Vielmehr schliesst die Fusion an das Ende der zu übernehmenden Gesellschaft an. Da die A AG ihre Bücher per 31. Dezember 2007 – und nicht, was ohne Weiteres möglich gewesen wäre, auf ein früheres Datum hin – abschloss, kann die Fusion und
der damit verbundene Untergang der A AG erst auf den 1. Januar 2008 gelegt werden. Der Abschluss der Bücher und der Vollzug der Fusion am gleichen Tag hätte Unklarheiten zur Folge, welcher der beiden beteiligten Gesellschaften die Geschäftsfälle dieses Tages zuzuordnen sind. Dass diesbezüglich Klarheit besteht, liegt nicht nur im Interesse der klaren Abgrenzung der Steuerpflichtigen, sondern ist beispielsweise auch von Bedeutung für Fragen der Zuständigkeit und der Verantwortlichkeit der Gesellschaftsorgane.
Unter den dargelegten Umständen ist die Vorinstanz deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsvorgängerin der Rekurrentin bis und mit 31. Dezember 2007 Bestand hatte und deshalb wegen ihres unbestrittenen Grundeigentums in K im Kanton St. Gallen aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit beschränkt steuerpflichtig war. Die Ermittlung der Steuerfaktoren, im Fall der A AG der Minimalsteuer auf ihrem Grundstück, ist unbestritten und unter Würdigung der vorliegenden Akten zutreffend. Dementsprechend ist der Rekurs abzuweisen.
4.- Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten der Rekurrentin aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 1'200.-- ist angemessen (vgl. Art. 7 Ziff. 122 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12). Der Kostenvorschuss von Fr. 1'200.-- ist zu verrechnen.
Entscheid:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Die Rekurrentin bezahlt die amtlichen Kosten von Fr. 1'200.-- unter Verrechnung des Kostenvorschusses von Fr. 1'200.--.
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