Zusammenfassung des Urteils I/1-2011/23: Verwaltungsrekurskommission
X und Y U sind Mitglieder einer Freikirche und haben freiwillige Zuwendungen deklariert, die von den Steuerbehörden nicht anerkannt wurden. Nachdem das kantonale Steueramt ihre Einsprache abgelehnt hat, haben sie Beschwerde eingereicht, um die Abzugsfähigkeit ihrer Spenden an die Missionszweige der Kirche zu klären. Das Gericht entscheidet, dass die Spenden nicht abzugsfähig sind, da die Kirche nur wegen Kultuszwecken und nicht wegen gemeinnütziger Zwecke steuerbefreit ist. Die Kosten des Verfahrens von CHF 600 werden den Beschwerdeführern auferlegt.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | I/1-2011/23 |
Instanz: | Verwaltungsrekurskommission |
Abteilung: | Abgaben und öffentliche Dienstpflichten |
Datum: | 20.10.2011 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 33a DBG (SR 642.11), Art. 46 Abs. 1 lit. c StG (sGS 811.1). Freiwillige Zuwendungen an eine Freikirche wurden zu Recht nicht zum Abzug zugelassen, da die Freikirche in ihrem Sitzkanton ausschliesslich aufgrund von Kultuszwecken, nicht aber aufgrund gemeinnütziger Zwecksetzung steuerbefreit wurde. Insbesondere lag auch keine teilweise Steuerbefreiung aufgrund gemeinnütziger Zwecksetzung vor (Verwaltungsrekurskommission, Abteilung I/1, 20. Oktober 2011, I/ |
Schlagwörter: | Steuer; Verfolgung; Zwecke; Zuwendung; Zuwendungen; Abzug; Leistung; Mission; Kultus; Veranlagung; Entscheid; Kultuszwecken; Kanton; Leistungen; Spende; Vorinstanz; Steuerverwaltung; Kantons; Steuerbefreiung; Spenden; Zwecken; Verfahrens; Bundessteuer; Verein; Verwaltungsrekurskommission; Steuerpflicht |
Rechtsnorm: | Art. 131 DBG ;Art. 144 DBG ;Art. 33a DBG ;Art. 56 DBG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Präsident Thomas Vögeli, Mitglieder Fritz Buchschacher und Markus Frei; Gerichtsschreiber Thomas Scherrer
X und Y U, Beschwerdeführer, vertreten durch X U,
gegen
Kantonales Steueramt, Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen, Vorinstanz,
und
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Abteilung
Recht, Eigerstrasse 65, 3003 Bern, Beschwerdebeteiligte,
betreffend
direkte Bundessteuer (Einkommen 2009)
Sachverhalt:
A.- X und Y U, wohnhaft in W, sind Mitglieder der Freikirche Gemeinde für Christus (GfC), vormals Evangelischer Brüderverein, mit Sitz in Bern. 2009 deklarierten sie ein steuerbares Einkommen von Fr. 96'070.--. Dabei machten sie freiwillige Zuwendungen von Fr. 26'830.-- abzüglich Selbstbehalt von Fr. 500.-- bzw. den maximalen Abzug von 20% des Nettoeinkommens, entsprechend Fr. 25'217.--, geltend. Die freiwilligen Zuwendungen gingen an die Schweizerische Rettungsflugwacht (Fr. 130.--), den Verein E (Fr. 600.--) sowie an die GfC (Fr. 26'100.--). Die Veranlagungsbehörde anerkannte die freiwilligen Zuwendungen an die GfC nicht und veranlagte die Steuerpflichtigen für die direkte Bundessteuer 2009 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 105'800.--. Eine gegen diese Veranlagung erhobene Einsprache wies das kantonale Steueramt mit Entscheid vom 1. Dezember 2010 ab.
B.- Mit Beschwerde vom 30. Dezember 2010 beantragten X und Y U, dass Klarheit zu schaffen sei, welche früheren und aktuellen Einzahlungen wirklich abzugsberechtigt seien. Damit beantragen sie sinngemäss die Zulassung der freiwilligen Zuwendungen an die Missionszweige der GfC zum Abzug. Die Vorinstanz beantragte mit Vernehmlassung vom 28. März 2011 die Abweisung der Beschwerde unter Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdeführer. Dazu nahmen die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 27. Mai 2011 Stellung. Die Verfahrensbeteiligte verzichtete stillschweigend auf
eine Stellungnahme. Die Verwaltungsrekurskommission zog die Verfügung der Steuerverwaltung des Kantons Bern über die Steuerbefreiung des Evangelischen Brüdervereins vom 6. Januar 2004 bei und gab den Verfahrensbeteiligten mit Schreiben vom 13. September 2011 Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Vorinstanz
verzichtete am 19. September 2011 auf eine Stellungnahme und hielt an ihren Anträgen fest. Die Beschwerdeführer liessen sich mit Eingabe vom 8. Oktober 2011 dazu vernehmen.
Auf die Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge wird, soweit notwendig, in den Erwägungen eingegangen.
Erwägungen:
1.- Die Eintretensvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen. Die Verwaltungsrekurskommission ist zum Sachentscheid zuständig. Die Befugnis zur Beschwerdeerhebung ist gegeben. Die Beschwerde vom 30. Dezember 2010 ist rechtzeitig eingereicht worden. Sie erfüllt in formeller und inhaltlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen (Art. 140 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer, SR 642.11, abgekürzt: DBG; Art. 7 der Verordnung zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, sGS 815.1; Art. 41 lit. h Ziff. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt: VRP).
Die Beschwerde enthält keinen förmlichen Antrag, jedoch ist inhaltlich ersichtlich, dass die Beschwerdeführer die Zulassung der freiwilligen Leistungen an die GfC zum Abzug anstreben. Dies ist daher als Antrag zu verstehen. Dabei richtet sich die Beschwerde gegen den von der Vorinstanz getroffenen Einsprache-Entscheid betreffend der Steuerperiode 2009, eine Überprüfung der Spenden an die GfC in den Jahren 2010 und 2011 kann daher nicht Streitgegenstand vor der Verwaltungsrekurskommission sein; ebenso wenig können die rechtskräftigen Veranlagungen der früheren Jahre überprüft werden. Auf die Beschwerde ist somit im Antrag zur Zulassung der freiwilligen Leistungen an die GfC 2009 zum Abzug einzutreten.
2.- Streitig ist, ob die freiwilligen Leistungen der Beschwerdeführer an den Verein GfC im Jahr 2009 zum Abzug zuzulassen sind.
a) Die Vorinstanz führt in der Veranlagungsbegründung, dem Einsprache-Entscheid sowie der Vernehmlassung im Wesentlichen aus, dass der Verein GfC gemäss Auskunft der Steuerverwaltung des Kantons Bern wegen Verfolgung von Kultuszwecken steuerbefreit sei, nicht wegen Verfolgung von gemeinnützigen Zwecken. Auch bei Zuwendungen für Missionszwecke müssten die allgemeinen Voraussetzungen der Freiwilligkeit und der Steuerbefreiung aufgrund gemeinnütziger Zweckverfolgung gegeben sein. Sei der Empfänger aufgrund der Verfolgung von Kultuszwecken wie auch aufgrund gemeinnütziger Zweckverfolgung steuerbefreit, so seien Zuwendungen zum Abzug zulässig, soweit getrennte Rechtsträger zumindest getrennte Rechnungen mit separaten Einzahlungskonti beständen und soweit der Steuerpflichtige den Nachweis erbringe, dass seine Zuwendung gemeinnützigen Zwecken diene.
Die Beschwerdeführer bringen vor, dass es um die Zuwendungen an die Mission des Vereins GfC gehe. Es sei ihnen bewusst, dass Zuwendungen an den Verein selbst sowie an die Schriftenmission nicht abzugsfähig seien, deshalb hätten sie diese auch nicht deklariert. Gemäss Steuerbuch 46 Nr. 6 würden missionarische Zwecke als gemeinnützig gelten; somit könnten Zuwendungen an die Mission abgezogen werden. Zudem hätten sie die Zuwendungen an die Mission 2007 und 2008 abziehen können. Im Übrigen sei SGE 2006 Nr. 8 massgebend, bei welchem ebenfalls Abzüge an die Mission einer Freikirche zugelassen worden seien.
b) Gemäss Art. 33a DBG werden die freiwilligen Leistungen von Geld und übrigen Vermögenswerten an juristische Personen mit Sitz in der Schweiz, die im Hinblick auf ihre öffentlichen gemeinnützigen Zwecke von der Steuerpflicht befreit sind, von den Einkünften abgezogen. Vorausgesetzt wird somit, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt und dass der Empfänger aufgrund der öffentlichen gemeinnützigen Zwecksetzung von der Steuerpflicht befreit ist.
aa) Freiwilligkeit bedeutet, dass keine Rechtspflicht zur Bezahlung dieser Leistungen bestehen darf. Das heisst nicht, dass die Freiwilligkeit dem zivilrechtlichen Schenkungsbegriff entspricht. Vielmehr liegt Freiwilligkeit vor, wenn die ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken dienende Leistung aus frei gewählter Opferbereitschaft heraus erfolgt (GVP 1973 Nr. 3). Diese Voraussetzung ist vorliegend unbestritten. Es sind keine Anzeichen irgendwelcher Verpflichtungen der Beschwerdeführer zur Leistung der zum Abzug geltend gemachten Geldleistungen gegenüber der GfC ersichtlich.
bb) Die Steuerbefreiung des Empfängers muss aufgrund seiner öffentlichen gemeinnützigen Zwecksetzung erfolgen. Diese hat die Veranlagungsbehörde, welche die Abzugsfähigkeit zu beurteilen hat, vorfrageweise zu prüfen. Hat die sachzuständige Behörde jedoch bereits entschieden, ist die Veranlagungsbehörde an diesen Entscheid gebunden (StE 2005 B 27.4 Nr. 16; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz 72). Nur dadurch kann die Gleichbehandlung aller Spenden an eine bestimmte Institution sichergestellt werden. Mit Verfügung vom
6. Januar 2005 hat die Steuerverwaltung des Kantons Bern festgehalten, dass die GfC wegen Verfolgung von Kultuszwecken von der Steuerpflicht befreit ist (act. 18). Die GfC
hat ihren Sitz in Herbligen im Kanton Bern. Damit ist die Steuerverwaltung des Kantons Bern die sachzuständige Behörde, deren Entscheid die Verwaltungsrekurskommission bindet. Es steht somit fest, dass die GfC wegen der Verfolgung von Kultuszwecken steuerbefreit ist. Die GfC wurde hingegen von der Steuerverwaltung des Kantons Bern nicht – auch nicht teilweise – wegen der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke steuerbefreit.
Die Beschwerdeführer führen an, SGE 2006 Nr. 8 sei massgebend zur Beurteilung ihrer Leistungen an die GfC. Die dort betroffene Schweizerische Pfingstmission wurde jedoch von der Finanzdirektion des Kantons Zürich (Sitzkanton) wegen Verfolgung von Kultus- und gemeinnützigen Zwecken von der Steuer befreit (sog. zweigeteilte Steuerbefreiung, vgl. SGE 2006 Nr. 8, E. 3c/bb; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N 91 zu Art. 56 DBG). Dies im Gegensatz zur GfC, welche allein wegen Verfolgung von Kultuszwecken von der Steuer befreit ist. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich somit in einem grundlegen Aspekt von demjenigen in SGE 2006 Nr. 8. Einzig wenn eine zweigeteilte Steuerbefreiung vorliegt, können Spenden an den wegen der Verfolgung von gemeinnützigen Zwecken befreiten Teil abgezogen werden (SGE 2006 Nr. 8 E. 3d). Liegt jedoch wie hier allein eine Befreiung wegen der Verfolgung von Kultuszwecken vor, so können Spenden an die Institution nicht abgezogen werden, unabhängig davon, an welchen Teil der Institution sie erfolgen.
Zutreffend sind die Ausführungen der Beschwerdeführer, dass missionarische Zwecke als gemeinnützig gelten (StB 46 Nr. 4 Ziff. 7). Dies ist vorliegend jedoch nicht ausschlaggebend, da die Empfängerin der Spende nur aufgrund der Verfolgung von Kultuszwecken steuerbefreit ist; wie oben ausgeführt liegt weder eine vollständige noch eine teilweise Befreiung wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke vor. Die Prüfung, ob die Verfolgung von missionarischen Zwecken im Fall der GfC als gemeinnützig einzustufen ist, ist von der sachzuständigen Behörde beim Entscheid über die (teilweise) Steuerbefreiung zu beurteilen und kann vorliegend von der Verwaltungsrekurskommission nicht erneut überprüft werden.
Die Duldung der Abzüge an die Missionen der GfC in den Jahren 2007 und 2008 binden die Steuerbehörde bei der Beurteilung des Jahres 2009 nicht. Die in einer
früheren Steuerperiode getroffenen Verfügungen entfalten grundsätzlich keine Verbindlichkeit für spätere Veranlagungen. Die Steuerbehörde kann vielmehr im Rahmen jeder Neuveranlagung eines Steuerpflichtigen sowohl die tatsächliche als auch die rechtliche Ausgangslage vollumfänglich überprüfen und, soweit erforderlich, abweichend würdigen (VRKE I/1 2010/67 vom 17. Februar 2011, in. www.gerichte.sg.ch, E. 3.c; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 6 zu Art. 131 DBG). Der Veranlagungsbehörde war es somit nicht verwehrt, die Spenden an die Missionen der GfC im Jahr 2009 anders zu beurteilen als in den Jahren 2007 und 2008.
c) Zusammenfassend sind somit die Spenden an die Missionen der GfC nicht zum Abzug zuzulassen. Zwar erfolgten die Leistungen freiwillig, jedoch ist die GfC einzig wegen der Verfolgung von Kultuszwecken steuerbefreit und nicht (auch nicht zumindest teilweise) wegen der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke. Der Abzug wurde von der Vorinstanz somit zu Recht verweigert und die Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
3.- Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Kosten des Verfahrens den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG). Eine Entscheidgebühr von Fr. 600.-- ist angemessen (vgl. Art. 144 Abs. 5 DBG in Verbindung mit Art. 7 Ziff. 122
der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12). Der Kostenvorschuss von Fr. 600.-- ist zu
verrechnen.
Entscheid:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
Die Beschwerdeführer bezahlen die Kosten des Verfahrens von
Fr. 600.-- unter Verrechnung des Kostenvorschusses von Fr. 600.--.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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