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Urteil Verwaltungsrekurskommission (SG - I/1-2006/67)

Zusammenfassung des Urteils I/1-2006/67: Verwaltungsrekurskommission

P. und C. W.-S. wurden für die Jahre 2002 und 2003 ohne steuerbares Einkommen und Vermögen veranlagt. Später wurden sie für 2004 mit steuerbarem Einkommen veranlagt und Steuerbeträge wurden eingefordert. P. W. beantragte einen Steuererlass, der jedoch vom kantonalen Steueramt abgelehnt wurde. P. W. legte daraufhin einen Rekurs ein, der jedoch ebenfalls nicht akzeptiert wurde, da keine ordentlichen Rechtsmittel gegen die Verweigerung eines Steuererlasses vorgesehen sind. Die Verwaltungsrekurskommission ist daher nicht zuständig. Die Kosten von Fr. 500.-- werden P. W. auferlegt.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts I/1-2006/67

Kanton:SG
Fallnummer:I/1-2006/67
Instanz:Verwaltungsrekurskommission
Abteilung:Abgaben und öffentliche Dienstpflichten
Verwaltungsrekurskommission Entscheid I/1-2006/67 vom 09.11.2006 (SG)
Datum:09.11.2006
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 224 Abs. 3 StG und Art. 167 Abs. 3 DBG: Der gesetzliche Ausschluss eines ordentlichen Rechtsmittels gegen den Erlassentscheid ist zulässig (Verwaltungsrekurskommission, I/1-2006/67, 9. November 2006).
Schlagwörter: Recht; Erlass; Bundessteuer; Rechtsmittel; Steueramt; Entscheid; Gemeinde; Eingabe; ürzt:; Staats; Steuererlass; Verwaltungsrekurskommission; Erlasse; Kanton; Gemeindesteuern; Erlassgesuch; Steuerrecht; Schweiz; Gallen; Steuergesetz; Entscheide; Verweigerung; Rechtsprechung; Kommentar; Zuständig; Verfahren; Verfassung
Rechtsnorm: Art. 13 EMRK ;Art. 132 DBG ;Art. 167 DBG ;Art. 168 DBG ;Art. 29a BV ;Art. 6 EMRK ;
Referenz BGE:122 I 373; 130 I 388;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts I/1-2006/67

Präsident Nicolaus Voigt, Mitglieder Erwin Müller und Fritz Buchschacher; Gerichtsschreiber Thomas Scherrer

In Sachen

P. W.,

Rekurrent, gegen

Kantonales Steueramt, Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen, Vorinstanz,

betreffend Erlass Sachverhalt:

A.- P. und C. W.-S. waren für 2002 und 2003 jeweils ohne steuerbares Einkommen und Vermögen veranlagt worden, da aus der selbständigen Tätigkeit des Ehemannes Verluste resultierten. Auf den 1. November 2004 trat P. W. eine Stelle als "Leiter

Konstruktion" in A. an. C. W.-S. hat eine 80 %-Stelle bei der C., Region Ostschweiz, inne.

P. und C. W.-S. wurden am 14. Dezember 2005 für 2004 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 70'400.-- und ohne steuerbares Vermögen für die Staats- und Gemeindesteuern und mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 64'900.-- für die direkte Bundessteuer veranlagt. Gleichzeitig wurden Steuerbeträge von Fr. 9'863.95 für die Staats- und Gemeindesteuern (abzüglich Verrechnungssteuer zuzüglich Ausgleichszinsen) und von Fr. 737.90 für die direkte Bundessteuer, insgesamt Fr. 10'601.85, in Rechnung gestellt. Mit Eingabe vom 28. Dezember 2005 an das Steueramt der Gemeinde X. ersuchte P. W. um einen Steuererlass für die Jahre 2004 und 2005. Die Veranlagung 2004 beanstandete er nicht. Das Steueramt X. übermittelte das Gesuch am 15. Februar 2006 dem kantonalen Steueramt. Der Gemeinderat unterstützte das Gesuch und das Gemeindesteueramt beantragte, es sei darauf einzutreten und wenn möglich ein Erlass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände zu gewähren. Das kantonale Steueramt wies das Gesuch mit Entscheid vom

23. Februar 2006 ab, stundete jedoch den Ausstand sowohl der Bundes- als auch der Staats- und Gemeindesteuern für 2004 unter Gewährung monatlicher Ratenzahlungen bis zum 30. September 2006.

B.- Mit Eingabe vom 7. März 2006 an das kantonale Steueramt "Verwaltungs- Rekurskommission" wandte sich P. W. gegen diesen Entscheid mit dem Antrag, die Steuern für das Jahr 2004 seien zu erlassen und für die provisorischen Steuern 2005 und 2006 ab 30. August 2006 monatliche Ratenzahlungen von Fr. 1'300.-- zu gewähren. Das kantonale Steueramt erachtete sich zur Behandlung der Eingabe als nicht zuständig und leitete sie samt Erlassakten am 21. März 2006 an die Verwaltungsrekurskommission weiter.

Die Verwaltungsrekurskommission nahm die Streitsache ins Geschäftsverzeichnis auf und wies P. W. in der verfahrensleitenden Verfügung vom 23. März 2006 unter Ansetzung einer Frist zum Rückzug des Rechtsmittels zur Leistung eines Kostenvorschusses bis zum 6. April 2006 darauf hin, der Entscheid über ein Erlassgesuch sei sowohl nach dem kantonalen Steuergesetz als auch nach dem Gesetz über die direkte Bundessteuer endgültig. Mit gleicher Frist wurde ihm deshalb

die Gelegenheit gegeben, die Zuständigkeit der Verwaltungsrekurskommission, über die vorab zu entscheiden sein werde, zu begründen. P. W. ergänzte das Rechtsmittel mit Eingabe vom 1. April 2006 und leistete den Kostenvorschuss.

Mit Vernehmlassung vom 29. Mai 2006 beantragte die Vorinstanz, auf das Rechtsmittel sei unter Kostenfolge nicht einzutreten. Zur vorinstanzlichen Vernehmlassung nahm P.

W. unter Einreichung weiterer Beweismittel mit Eingabe vom 16. Juni 2006 Stellung. Die Vorinstanz machte von der Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen mit Schreiben vom 6. Juli 2006 Gebrauch.

Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge wird, soweit notwendig, in den Erwägungen eingegangen.

Erwägungen:

1.- Die Eintretensvoraussetzungen sind von Amtes wegen zu prüfen. Vorab fragt sich, ob die Verwaltungsrekurskommission zum Sachentscheid zuständig ist. Dabei ist zu beachten, dass der angefochtene Entscheid der Vorinstanz (Abteilung Stundung und Erlass) vom 23. Februar 2006 sowohl die Staats- und Gemeindesteuern als auch die direkte Bundessteuer betrifft.

  1. aa) Gemäss Art. 194 Abs. 1 des Steuergesetzes (sGS 811.1, abgekürzt: StG) kann der Steuerpflichtige den Einspracheentscheid innert 30 Tagen bei der Verwaltungsrekurskommission anfechten. Das Steuergesetz erwähnt bei der Regelung des Einspracheverfahrens in Art. 180 StG lediglich die Veranlagungsverfügungen sowie die besonderen Verfügungen über die Grundstückwerte. Über Stundungs- und Erlassgesuche entscheidet demgegenüber das kantonale Steueramt gemäss Art. 224 Abs. 3 StG im Rahmen seiner Zuständigkeit (vgl. StB 224 Nr. 1) bei Einkommens- und Vermögenssteuern nach Anhören des Gemeinderates endgültig.

    bb) Bei der direkten Bundessteuer kann der Steuerpflichtige gegen den Einspracheentscheid der Veranlagungsbehörde innert 30 Tagen nach Zustellung bei der Verwaltungsrekurskommission Beschwerde erheben (vgl. Art. 140 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer; SR 642.11, abgekürzt: DBG; in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung zum Bundesgesetz über die direkte

    Bundessteuer, sGS 815.1, abgekürzt: Vo zum DBG). Auch im Recht der direkten Bundessteuer werden bei der Regelung des Einspracheverfahrens in Art. 132 DBG lediglich die Veranlagungsverfügungen genannt. Über Erlassgesuche entscheiden demgegenüber gemäss Art. 167 Abs. 3 DBG die Eidgenössische Erlasskommission für die direkte Bundessteuer die zuständige kantonale Amtsstelle im Rahmen ihrer Zuständigkeit (vgl. Art. 102 Abs. 4 Satz 1 DBG und Art. 4 der Verordnung über die Behandlung von Erlassgesuchen für die direkte Bundessteuer, SR 642.121) endgültig. Kantonale Erlassbehörde ist gemäss Art. 2 lit. f Vo zum DBG das kantonale Steueramt. Aus dem klaren Wortlaut von Art. 167 Abs. 3 DBG wird geschlossen, die Kantone dürften auch gegen dessen Entscheide kein Rechtsmittel vorsehen (vgl. M. Beusch, Auswirkungen der Rechtsweggarantie von Art. 29a BV auf den Rechtsschutz im Steuerrecht, in: ASA 73 S. 709 ff., S. 728).

    Dass gegen die Verweigerung des Erlasses der direkten Bundessteuer kein ordentliches Rechtsmittel offen steht, ergibt sich schliesslich auch aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und der Lehre zur Frage der zulässigen Rechtsmittel auf Bundesebene. Wie dargestellt ist gemäss Art. 167 Abs. 3 DBG der Entscheid über ein Erlassgesuch endgültig, unabhängig davon, ob er von der Eidgenössischen Erlasskommission für die direkte Bundessteuer von der zuständigen kantonalen Amtsstelle ergangen ist. Sowohl die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als auch die staatsrechtliche Beschwerde sind ausgeschlossen. Der Ausschluss der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergibt sich bereits aus Art. 99 Abs. 1 lit. g des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (SR 173.110, abgekürzt: OG). Die staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verweigerung des Erlasses durch die zuständige kantonale Amtsstelle ist ausgeschlossen, weil einerseits nicht angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber gegen die Entscheide der kantonalen Erlassbehörden einen ausserordentlichen Rechtsweg an das Bundesgericht eröffnen wollte, der gegen die Entscheide der eidgenössischen Erlasskommission zum vornherein nicht zur Verfügung steht, und weil es anderseits (auch) bei der direkten Bundessteuer an einem rechtlich geschützten Anspruch auf einen Steuererlass fehlt (vgl. BGE vom 8. Februar 1999, in: ASA 68 S. 77 sowie Sammlung BGE der Eidgenössischen Steuerverwaltung Nr. 839; Richner/Frei/ Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, N 37 zu Art. 167 DBG). Sowohl Entscheide der Eidgenössischen Erlasskommission für die direkte

    Bundessteuer als auch der zuständigen kantonalen Amtsstelle können damit nach herrschender Lehre und Rechtsprechung an keine andere Instanz weitergezogen werden (vgl. Lüdin, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, Basel 2000, N 22/23 zu Art. 167 DBG; Agner/Jung/Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, Zürich 1995, N 6 zu Art. 168 DBG, und Agner/Digeronimo/ Neuhaus/Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, Ergänzungsband, Zürich 2000, N 6a zu Art. 167 DBG). Diese gesetzliche Ordnung ist angesichts von Art. 191 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101, abgekürzt: BV) massgebend, selbst wenn sie sich als verfassungswidrig erweisen sollte (vgl. BGE vom 8. Februar 1999, a.a.O.).

    cc) Dementsprechend ergibt sich, dass sowohl das kantonale Steuergesetz für die Staats- und Gemeindesteuern als auch das DBG für die direkte Bundessteuer den Entscheid der zuständigen Verwaltungsbehörde als endgültig bezeichnet und dagegen kein ordentliches Rechtsmittel vorsieht. Damit ist die Verwaltungsrekurskommission jedenfalls aufgrund der gesetzlichen Ausgangslage weder zur Beurteilung eines Rekurses noch einer Beschwerde betreffend die abschlägigen Erlassentscheide zuständig (vgl. bezüglich den Erlass der kantonalen Handänderungssteuer gemäss früherem Steuerrecht GVP 1983 Nr. 25), so dass auf die Rechtsmittel nicht eingetreten werden kann.

  2. Gegen Entscheide, die als endgültig bezeichnet werden, bleiben die ausserordentlichen Rechtsmittel vorbehalten (vgl. für das aargauische Steuerrecht Klöti-Weber/ Siegrist/Weber, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Band 2, Muri- Bern 2004, N 11 zu § 231 StG/AG). Soweit kein Rechtsanspruch besteht, handelt es sich beim Steuererlass um eine sogenannte Rechtswohltat (vgl. Nefzger/Simonek/ Wenk, Kommentar zum Steuergesetz des Kantons Basel-Landschaft, Basel 2004, N 8 zu § 143 StG/BL).

    Nach kantonalem Recht kann, soweit kein ordentliches Rechtsmittel gegeben ist offen stand, gemäss Art. 88 Abs. 1 VRP die Rechtsverweigerungsbeschwerde erhoben werden. Damit kann nach Art. 88 Abs. 2 VRP geltend gemacht werden, dass eine Behörde sich weigere, eine vorgeschriebene Amtshandlung vorzunehmen sie ungerechtfertigt verzögere (lit. a), die Amtsgewalt missbrauche sich einer

    strafbaren Handlung Unterlassung schuldig gemacht habe (lit. b) bei Ausübung der Befugnisse sonst willkürlich gehandelt habe (lit. c). Zuständig zum Entscheid über Rechtsverweigerungsbeschwerden gegen untere Verwaltungsbehörden des Staates ist das zuständige Departement (Art. 89 Abs. 1 lit. b VRP). Für das kantonale Steueramt ist dies das Finanzdepartement des Kantons St. Gallen (vgl. Art. 24 lit. c des Geschäftsreglements der Regierung und der Staatskanzlei, sGS 141.3).

    Nach Bundesrecht kann im Sinn eines ausserordentlichen Rechtsmittels gemäss Art. 84 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (Bundesrechtspflegegesetz; SR 173.110, abgekürzt: OG) staatsrechtliche Beschwerde gegen kantonale Erlasse Verfügungen insbesondere wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger geführt werden. Das Bundesgericht verneint selbst die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Verweigerung eines Steuererlasses mangels rechtlich geschützten Interesses, soweit aus dem kantonalen Steuerrecht kein justiziabler Anspruch auf einen Steuererlass abzuleiten ist (vgl. BGE 122 I 373 mit Hinweisen auf weitere Rechtsprechung). Ob das kantonale Steuerrecht einen Rechtsanspruch auf Erlass der Staats- und Gemeindesteuern einräumt, ist vom Bundesgericht als Vorfrage zu prüfen.

    Da die Eingabe vom 7. März 2006 beim kantonalen Steueramt eingegangen ist, wird dieses - zweckmässigerweise nach Rücksprache mit den Steuerschuldnern - zu prüfen haben, ob die Eingabe als Rechtsverweigerungsbeschwerde als staatsrechtliche Beschwerde verstanden werden soll und gestützt auf Art. 11 Abs. 3 VRP an die zuständige Instanz weiterzuleiten ist.

  3. Schliesslich fragt sich, ob der Ausschluss ordentlicher Rechtsmittel gegen die Verweigerung eines Steuererlasses mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz (vgl. dazu nachfolgend E. 1c/aa) sowie mit dem kantonalen Verfassungsrecht und dem Bundesverfassungsrecht (vgl. dazu nachfolgend E. 1c/bb) vereinbar ist.

    aa) In Frage steht zunächst das Recht auf ein faires Verfahren gemäss Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (SR 0.101, abgekürzt: EMRK), dessen Geltungsbereich sich indessen auf strafrechtliche Anklagen und zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen beschränkt. Zu letzteren

    gehören weder öffentlich-rechtliche Verpflichtungen gegenüber dem Gemeinwesen im allgemeinen noch steuerrechtliche Verfahren im Besonderen (vgl. Haefliger/Schürmann, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl. 1999, S. 147 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Dementsprechend fällt bei Fragen des Steuererlasses eine Verletzung von Art. 6 EMRK ausser Betracht. Sodann garantiert Art. 13 EMRK jeder Person, die in ihren in der Konvention anerkannten Rechten Freiheiten verletzt worden ist, das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben. Damit sind auch gesetzlich nicht weiterziehbare Anordnungen unterer Verwaltungsbehörden als anfechtbar zu behandeln, soweit die Verletzung eines Konventionsrechts geltend gemacht wird (vgl. Y. Hangartner, Das Recht auf eine wirksame Beschwerde gemäss Art. 13 EMRK und seine Durchsetzung in der Schweiz, in: AJP 3/1994 S. 6). Der Rekurrent begründet nicht, inwieweit die Verweigerung des Steuererlasses Konventionsrechte verletzen sollte. Dass damit in der EMRK selbst in von der Schweiz ratifizierten Zusatzprotokollen garantierte Rechte Freiheiten betroffen sein könnten, ist auch nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr als selbst Art. 6 Ziff. 1 EMRK wie festgestellt auf das vorliegende Verfahren keine Anwendung findet. Damit steht aber auch keine Verletzung von Art. 13 EMRK in Frage.

    bb) Art. 77 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Kantons St. Gallen vom 10. Juni 2001 (sGS 111.1, abgekürzt: KV) sieht zwar im Sinn einer Rechtsweggarantie für Rechtsstreitigkeiten einen Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde vor. Gemäss Satz 2 der Bestimmung kann jedoch das Gesetz in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten die richterliche Beurteilung in besonderen Fällen ausschliessen. Der gesetzliche Ausschluss eines Rechtsmittels bei abschlägigen Erlassentscheiden widerspricht wie bereits festgestellt, auch nicht den Ansprüchen aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK, die sich auf strafrechtliche Anklagen und zivilrechtliche Streitigkeiten beschränken, und erweist sich damit auch verfassungsrechtlich als zulässig (vgl. dazu Verfassung des Kantons St. Gallen, Botschaft und Verfassungsentwurf der Verfassungskommission vom 17. Dezember 1999, in: ABl 2000 S. 165 ff., S. 360 f.).

    Aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die selbst das ausserordentliche Rechtsmittel der staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Abweisung von Erlassgesuchen betreffend kantonale Steuern nicht in allen Fällen als gegeben erachtet (vgl. dazu oben E. 1b), ist abzuleiten, dass auch das Bundesverfassungsrecht einem

    endgültigen Erlassentscheid einer Verwaltungsbehörde nicht entgegen steht. Die heute in Kraft stehende Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101, abgekürzt: BV) kennt trotz dem in Art. 5 Abs. 1 enthaltenen ausdrücklichen Bekenntnis zum Grundsatz der Herrschaft des Rechts keine allgemeine Rechtsschutzgarantie (vgl. BGE 130 I 388 E. 4). Ob die auf den 1. Januar 2007 in Kraft tretende Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV (AS 2002 S. 3148) auch für Erlassentscheide im Steuerrecht ein ordentliches Rechtsmittel verlangt, kann offen bleiben (vgl. dazu Beusch, a.a.O., S. 725 ff.).

  4. Zusammenfassend ergibt sich damit, dass auf die Eingabe vom 7. März 2006 gegen den Erlassentscheid des kantonalen Steueramtes vom 23. Februar 2006 mangels Zuständigkeit der Verwaltungsrekurskommission nicht eingetreten werden kann.

2.- Indem auf die Rechtsmittel nicht eingetreten werden kann, unterliegt P. W. im Ergebnis (vgl. dazu Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, St. Gallen 2003, Rz. 769 ff.). Dem Verfahrensausgang entsprechend sind ihm deshalb die amtlichen Kosten aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr.

500.-- ist angemessen (vgl. Ziff. 362 Gerichtskostentarif, sGS 941.12). Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.-- ist zu verrechnen.

Entscheid:

  1. Auf die Eingabe von P.W. vom 7. März 2006 gegen die Abweisung des Erlassgesuchs für die Staats- und Gemeindesteuern 2004 und für die direkte Bundessteuer 2004 durch das kantonale Steueramt (Abteilung Stundung und Erlass) vom 23. Februar 2006 wird nicht eingetreten.

  2. Das kantonale Steueramt hat abzuklären, ob die Eingabe vom 7. März 2006 allenfalls als Rechtsverweigerungsbeschwerde an das kantonale Finanzdepartement als staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht zu übermitteln ist.

  3. P. W. bezahlt die amtlichen Kosten von Fr. 500.-- unter Verrechnung des Kostenvorschusses von Fr. 500.--.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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