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Urteil Handelsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:HG.2007.51
Instanz:Handelsgericht
Abteilung:Handelsgericht
Handelsgericht Entscheid HG.2007.51 vom 07.04.2008 (SG)
Datum:07.04.2008
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 5 Ziff. 1, Art. 17 LugÜ (SR 0.275.11) und Art. 117 IPRG (SR 291). Eine
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 113 IPRG ; Art. 117 IPRG ; Art. 121 IPRG ; Art. 164 ZPO ; Art. 21 IPRG ; Art. 32 OR ; Art. 394 OR ;
Referenz BGE:117 II 87; 117 II 88; 124 III 189; 131 III 400; 131 III 401; 131 III 402; 131 III 82; 133 III 93;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
schriftliche Einigung der Parteien auf einen Gerichtsstand liegt insbesondere nur dann vor, wenn bei einem Austausch per E-Mail die inhaltliche Übereinstimmung beider Erklärungen aus ihnen hinreichend deutlich hervorgeht, was vorliegend nicht der Fall ist. Auf das vorliegende Vertragsverhältnis, bei welchem die Klägerin mit Sitz in St. Gallen die charakteristische Leistung erbringt, ist schweizerisches Recht anzuwenden. Erfüllungsort ist damit St. Gallen, womit das Handelsgericht örtlich zuständig ist (Handelsgericht St. Gallen, 7. April 2008, HG.2007.51).

Art. 5 Ziff. 1, Art. 17 LugÜ (SR 0.275.11) und Art. 117 IPRG (SR 291). Eine

schriftliche Einigung der Parteien auf einen Gerichtsstand liegt insbesondere nur dann vor, wenn bei einem Austausch per E-Mail die inhaltliche Übereinstimmung beider Erklärungen aus ihnen hinreichend deutlich hervorgeht, was vorliegend nicht der Fall ist. Auf das vorliegende Vertragsverhältnis, bei welchem die Klägerin mit Sitz in St. Gallen die charakteristische Leistung erbringt, ist schweizerisches Recht anzuwenden. Erfüllungsort ist damit St. Gallen, womit das Handelsgericht örtlich zuständig ist (Handelsgericht St. Gallen, 7. April 2008, HG. 2007.51).

I.

  1. Die A. AG (Klägerin) mit Sitz in St. Gallen wurde 1984 gegründet und bezweckt die Schulung und Beratung von Führungskräften aller Stufen in Wirtschaft und Staat, u.a. gestützt auf die Erkenntnisse der systemorientierten Management-Lehre in der Praxis

    (kläg.act. 2). Sie ist Inhaberin der Rechte an der Datenbasis "PIMS – Profit Impact of Market Strategy", u.a. zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Geschäften und Steigerung der Ertragskraft (kläg.act. 3). Als Geschäftsführer der B. GmbH (Beklagte 1) mit Sitz in Düsseldorf amtet T. H. Sie bezweckt die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere in der Form von Beteiligungen an Personen und Kapitalgesellschaften (kläg.act. 4). Die C. GmbH (Beklagte 2) hat ihren Sitz ebenfalls in Düsseldorf und bezweckt die schlüsselfertige Errichtung von Anlagen zur Herstellung biogener Treibstoffe (Biodiesel, Bioethanol), den Betrieb solcher Anlagen und den Handel mit diesen Treibstoffen. Ihr Geschäftsführer ist ebenfalls T. H. (kläg.act. 5). Unbestrittenermassen hält die Beklagte 1 eine Mehrheit an der Beklagten 2.

    Gemäss Vorbringen der Klägerin trat Ende Mai 2006 J. S., Inhaber und Geschäftsführer der S. F. O. GmbH (nachfolgend SFO) mit Sitz in Bonn, an die Klägerin heran, wobei es um ein Start-Up-Projekt von T. H., Geschäftsführer der Beklagten, ging. Gemäss eigenen Vorbringen beauftragten die Beklagten die SFO, vertreten durch J. S., Ende Juni 2006, bei der Projektierung mitzuwirken. Die Klägerin führt aus, zwischen J. S. und Mitarbeitern der Klägerin hätten verschiedene Gespräche stattgefunden. R. F., Partner bei der Klägerin, verfasste mit E-Mail vom 13. Juli 2006 "eine kurze Zusammenstellung unseres Angebotes für das Thema Biodiesel". Dabei ging er von einem Aufwand der Klägerin von ca. 30 – 40 Manntagen à € 2'500.-- zuzüglich "Reisezeiten, Spesen und Nebenkosten (siehe angehängte Dateien) aus". Er erklärte sich bereit, "auch gerne ein formelles Angebot" zu erstellen, sofern er ein "positives Signal" erhalte. Als Anhang zum E-Mail sandte R. F. die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (kläg.act.

    7) und die Aufstellung der Klägerin über "Nebenkosten und Spesen" (kläg.act. 8). R. F. hatte das E-Mail an T. B. gerichtet, bei welchem es sich gemäss unbestrittenen Angaben der Klägerin um den Assistenten von J. S. handelt (kläg.act. 6).

  2. Im August 2006 fanden Gespräche zwischen Mitarbeitern der Klägerin, so u.a.

    R. F., A. H. und M. H., sowie T. H. von den Beklagten statt. Mit E-Mail vom 3. Oktober 2006 fasste R. F. von der Klägerin gegenüber T. H. ein am Vortag geführtes Gespräche zusammen und hielt fest, dass die Klägerin für die Erstellung des Business Cases der Beklagten 1 eine Rechnung über € 100'000.-- stelle, zuzüglich Reisekosten, die sich auf ca. 15 % des Honorarbetrages belaufen würden. Die Klägerin offerierte weitere

    Leistungen unter Hinweis auf die anfallenden Honorare (kläg.act. 9). T. H. akzeptierte namens der Beklagten 1 gleichentags per

    E-Mail die klägerische Offerte vom 3. Oktober 2006 (kläg.act. 10).

    Die Klägerin erstellte für die Beklagten insbesondere einen "Business und Investment Case" (kläg.act. 11) und einen Geschäftsplan (kläg.act. 13), wobei diese Unterlagen in der Folge überarbeitet wurden (kläg.act. 12, 14).

    Im E-Mail vom 20. Oktober 2006 an T. H. hielt R. F. von der Klägerin fest, dass bisher die Rechnung an die Beklagte 1 zugestellt worden sei. Nunmehr hätten die Parteien vereinbart, die Rechnungsadressatin zu ändern. Er ersuchte T. H. um Mitteilung, "auf welche (…) GmbH die Rechnung lauten soll" (bekl.act. 1). In der Folge stellte die Klägerin zwischen dem 5. Oktober und 21. Dezember 2006 die Honorarrechnungen der Beklagten 2 zu (kläg.act. 15-18).

    Nach den Ausführungen der Beklagten kam es im Dezember 2006 zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien. T. H. von den Beklagten habe die Rechnungen der Klägerin vom 7. November, 6. und 21. Dezember 2006 (kläg.act. 16-18) mündlich zurückgewiesen. Mit E-Mail vom 12. Januar 2007 hielt der Rechtsvertreter der Beklagten in Deutschland gegenüber R. F. von der Klägerin fest, dass ihm "bislang keinerlei Beratungsverträge zwischen der A. AG und der Gruppe von T. H. vorliegen" würden (bekl.act. 4). Mit E-Mail vom 14. Januar 2007 hielt R. F. gegenüber dem Rechtsvertreter der Beklagten fest, die Klägerin habe "unser Vertragsverhältnis mit T.

    H. bisher auf Basis eines sehr starken Vertrauensverhältnisses verstanden und dementsprechend ohne grossartigen Vertrag arbeiten können (siehe hierzu auch angehängte E-Mail, die aus unserer Sicht unser Vertragsverhältnis mit T. H. begründet)" (bekl.act. 5). Die als Anhang beigefügte Vertragsregelung war auf den 2. August 2006 datiert (bekl.act. 6). Gemäss eigenen Vorbringen hätten die Beklagten diesen zurückdatierten Vertragsentwurf nicht unterzeichnet.

  3. Mit Klage vom 27. Juli 2007 verlangt die Klägerin, die Beklagten hätten unter solidarischer Haftung die nach ihrer Darstellung geschuldeten Honorare sowie Spesen und Reisekosten von insgesamt € 648'055.12 nebst Zins zu 5 % seit 14. Mai 2007 zu

bezahlen. Dabei geht die Klägerin davon aus, dass zwischen ihr und den Beklagten am

  1. Oktober 2006 ein Auftrag i.S.v. Art. 394 Abs. 3 OR über Beratungsdienstleistungen im Rahmen eines Start-Up's im Bereiche von biogenen Treibstoffen zustande gekommen war.

  2. Die Beklagten erhoben in der Klageantwort vom 25. September 2007 die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Schweizer Gerichts, nachdem die Beklagten ihren Sitz in Düsseldorf hätten. Sie bestritten eine vertragliche Gerichtsstandsregelung, insbesondere durch Vereinbarung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin (kläg.act. 7). Es bestehe auch keine besondere gesetzliche Gerichtsstandsregelung, nachdem der Erfüllungsort Düsseldorf sei.

Die Klägerin stellte mit Vorfrageantwort vom 23. Oktober 2007 insbesondere den Antrag, auf die Klage sei einzutreten. Die Parteien erstatteten am 12. November bzw.

12. Dezember 2007 die Vorfragereplik bzw. –duplik.

Die Parteien haben auf eine mündliche Verhandlung vor dem Handelsgericht verzichtet.

II.

  1. Die Beklagten reichten am 24. Dezember 2007 eine nachträgliche Eingabe

    inklusive Beilagen (bekl.act. 23-30) ein, mit welcher sie zu verschiedenen Ausführungen der Klägerin in der Vorfrageduplik Stellung nahmen. Die Klägerin stellte am 11. Januar 2008 den Antrag, die nachträgliche beklagtische Eingabe sei aus dem Recht zu weisen, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen unter solidarischer Haftung zu Lasten der Beklagten 1 und 2.

    Gemäss Art. 164 Abs. 1 lit. b ZPO ist eine nachträgliche Eingabe zulässig, wenn das rechtliche Gehör es erfordert. Das Gesuch um Zulassung einer nachträglichen Eingabe ist mit der Eingabe zu verbinden. Die gesuchstellende Partei hat dabei im Einzelnen darzutun, welche neuen Vorbringen der Gegenpartei eine Stellungnahme erfordern. Unterlässt sie dies, kann der Richter die Eingabe ohne weiteres aus dem Recht weisen

    (GVP 1993 Nr. 65; Leuenberger/Uffer-Tobler, Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, Bern 1999, N 3a, 3b zu Art. 164 ZPO). Die Beklagten haben in keiner Weise begründet, worauf sie ihre nachträgliche Eingabe stützen und welche Vorbringen der Klägerin sie zu einer weiteren Stellungnahme berechtigen. Nicht zuzulassen sind insbesondere ihre Ausführungen und die neu eingereichten bekl.act. 23-30 betreffend Wohnsitz von R. F. in D-Bergisch Gladbach, nachdem die Beklagten dazu bereits in der Klageantwort Ausführungen gemacht hatten (Klageantwort S. 5, Ziff. 2 Abs. 10) und die Klägerin in der Vorfrageantwort dazu Stellung genommen hatte (z.B.

    S. 8 ff.). Die nachträgliche Eingabe der Beklagten ist ohne weiteres aus dem Recht zu weisen. Damit ist auch die nachträgliche Eingabe der Klägerin, soweit sie sich nicht zur Zulässigkeit der nachträglichen Eingabe der Beklagten äussert, nicht zu berücksichtigen.

  2. Beide Parteien gehen davon aus, dass die Klägerin und die Beklagte 1 am

  1. Oktober 2006 an einer mündlichen Besprechung eine Vereinbarung über die Erbringung von Beratungsdienstleistungen im Zusammenhang mit einem Business und Investment Case und Vertragsverhandlungen trafen. Diese Vereinbarung bestätigte die Klägerin mit E-Mail vom 3. Oktober 2006 (kläg.act. 9), worauf sich die Beklagte 1 damit gleichentags per E-Mail einverstanden erklärte (kläg.act. 10). Zwischen den Parteien ist umstritten, ob die AGB der Klägerin (kläg.act. 7) und die Aufstellung Nebenkosten und Spesen (kläg.act. 8) Bestandteil des Vertrags vom 3. Oktober 2006 wurden.

    In Ziff. 7 der AGB der Klägerin wird unter dem Titel "Anwendbares Recht / Gerichtsstand" festgehalten, dass der Vertrag schweizerischem Recht untersteht und der Gerichtsstand St. Gallen ist.

    a) Da die Beklagten ihren Sitz in Deutschland haben, liegt ein internationaler Sachverhalt vor. Beide Parteien gehen davon aus, dass vorliegend das Lugano- Übereinkommen (LugÜ; SR 0.275.11) anwendbar ist (vgl. GVP 1998 Nr. 48 E.1). Haben die Parteien vereinbart, dass ein Gericht eines Vertragsstaats über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden soll, so ist dieses Gericht dieses Staates ausschliesslich zuständig (Art. 17 Abs. 1 Satz 1 LugÜ). Gemäss Art. 17 Abs. 1 Satz 2 lit. a LugÜ muss eine solche Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen werden

    1. schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung, oder

    2. in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den

    Parteien entstanden sind.

    Art. 17 LugÜ räumt den Parteien eines genau bestimmten Rechtsverhältnisses die Möglichkeit ein, für zwischen ihnen entstehende Streitigkeiten im Voraus – auf ausschliessliche Weise – das zuständige Gericht zu bestimmen (BGE 131 III 400 E.6 = Pra 2006 Nr. 9; Gerhard Walter, Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, 4.A., Bern 2007, S. 256f.). Da die Vereinbarung eines Gerichtsstandes eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz des Gerichtsstandes des Beklagten darstellt, sind die von Art. 17 LugÜ aufgestellten formellen Bedingungen streng auszulegen. Diese sollen verhindern, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung ohne Wissen einer der Vertragsparteien in den Text eines Vertrages eingefügt wird. Damit sich eine Partei auf eine solche Klausel berufen kann, muss das Vorliegen eines tatsächlichen Konsenses der Parteien der Gerichtsstandsvereinbarung bewiesen werden und zusätzlich, dass dieser Konsens entsprechend den formellen Anforderungen von Art. 17 LugÜ nachgewiesen ist (BGE 131 III 400 E.6; BGE vom 21.11.2007, 4A_272/2007 E.5.1; Jan Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, Kommentar zu EuGVO und Lugano- Übereinkommen, 7.A., Heidelberg 2002, N 25 zu Art. 23 EuGVO).

    1. aa) Eine schriftliche Vereinbarung gemäss Art. 17 Abs. 1 lit. a LugÜ liegt vor, wenn jede Vertragspartei ihre Willenserklärung schriftlich abgegeben hat, so etwa durch eine von beiden Parteien unterzeichnete Vertragsurkunde. Genügend ist aber auch ein Briefwechsel oder ein Austausch per Telefax oder E-Mail (vgl. Art. 23 Abs. 2 revLugÜ; Walter, a.a.O., S. 262; Kropholler, N 41 zu Art. 23 EuGVO), indem zwar getrennte Schriftstücke vorliegen, aber die Erklärung jeder Partei schriftlich ist und die inhaltliche Übereinstimmung beider Erklärungen aus ihnen hinreichend deutlich hervorgeht (Walter, a.a.O., S. 260; Kropholler, N 33 zu Art. 23 EuGVO). Dabei wird auch das Anbringen einer Unterschrift nicht verlangt (BGE 131 III 401 E.7.1.1; BGE vom 21.11.2007, 4A_272/2007 E.5.1).

      Im E-Mail vom 3. Oktober 2006 fasste R. F. gegenüber der Beklagten die Punkte, auf welche sie sich geeinigt hatten, zusammen (kläg.act. 9), worauf sich die Beklagte 1

      gleichentags damit einverstanden erklärte (kläg.act.10). Eine Gerichtsstandsvereinbarung wurde in den beiden E-Mails nicht erwähnt. Der von der Klägerin dem Rechtsvertreter der Beklagten am 14. Januar 2007 per E-Mail zugestellte Vertragsentwurf mit angefügten AGB, welche eine Gerichtsstandsklausel enthielten, wurde von den Beklagten nicht unterzeichnet (bekl.act. 5, 6). Eine ausdrückliche schriftliche Einigung der Parteien auf einen Gerichtsstand liegt somit nicht vor.

      bb) Eine schriftliche Vereinbarung ist ferner auch dann gegeben, wenn der Vertrag, der die Klausel über die Gerichtsstandsvereinbarung auf der Rückseite zwischen den von einer Vertragspartei vorgegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthält, von beiden Parteien unterzeichnet worden ist und einen ausdrücklichen Hinweis auf die AGB enthält (BGE 131 III 401 E.7.1.1). Hingegen genügt es nicht, die AGB ohne entsprechenden Hinweis im Vertrag, welcher von den Parteien unterzeichnet worden ist, beizufügen, indem etwa ein Auftrag durch ein Schreiben angenommen wird, auf dessen Rückseite die AGB abgedruckt sind (Walter, a.a.O., S. 261, insbes. Anm. 276 mit Hinweis auf Urteil des BGH vom 09.03.1994, RIW 1994, S. 508 ff.). Dem Schriftlichkeitsgebot wird auch nicht genügt, wenn sich eine Gerichtsstandsklausel als Teil von AGB auf der Rückseite des Geschäftspapiers findet, auf dem der Vertrag verfasst wurde. Nicht ausreichend ist auch eine mittelbare oder stillschweigende Verweisung auf einen vorangegangenen Schriftwechsel, da in diesem Fall keine Gewissheit darüber besteht, dass sich die Einigung über den Vertragsinhalt tatsächlich auf die Gerichtsstandsklausel erstreckt hat (Kropholler, N 35f. zu Art. 23 EuGVO).

      Am 13. Juli 2006 sandte R. F. von der Klägerin dem Assistenten von J. S., T. B., ein E- Mail, welches das geführte Gespräch zusammenfasste und "eine kurze Zusammenstellung unseres Angebotes für das Thema Biodiesel" enthielt (kläg.act. 6); dem E-Mail waren u.a. die AGB der Klägerin (kläg.act. 7) beigefügt. Weder T. B. noch J.

      S. selber haben zu diesem E-Mail Stellung genommen. Ihr Stillschweigen kann nicht als Annahme der AGB und der darin enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarung betrachtet werden. Im E-Mail von R. F. an die Beklagte 1 vom 3. Oktober 2006 werden weder die AGB der Klägerin beigefügt noch wird auf die T. B. am 13. Juli 2006 gesandten AGB hingewiesen (kläg.act. 9). Damit kann nicht eine stillschweigende Zustimmung der Beklagten zum Inhalt der AGB der Klägerin, insbesondere betreffend Gerichtsstandsklausel, angenommen werden. Aber auch wenn die AGB den Beklagten

      entsprechend dem E-Mail vom 13. Juli 2006 zugestellt worden wären, würde eine solche Zustellung der AGB der Klägerin ohne entsprechenden Hinweis auf den von den Parteien abgeschlossenen Vertrag nicht für die Annahme einer stillschweigenden Zustimmung der Beklagten zu einer Gerichtsstandsvereinbarung genügen. Im Übrigen hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass J. S. bzw. die SFO im Juli 2006 Vertreter der Beklagten 1 gemäss Art. 32 OR waren. Nicht nachgewiesen ist ferner, dass J. S. bzw. die SFO das E-Mail vom 13. Juli 2006 und insbesondere die AGB der Klägerin an die Beklagten weitergegeben haben. Insgesamt hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Beklagten der in ihren AGB enthaltenen Gerichtsstandsklausel schriftlich zugestimmt haben.

    2. Gemäss Art. 17 Abs. 1 lit. b LugÜ kann eine Gerichtsstandsvereinbarung auch "mündlich mit schriftlicher Bestätigung" geschlossen werden. Die Einhaltung der "halben Schriftlichkeit" setzt voraus, dass sich die Parteien im Rahmen eines mündlichen Vertragsschlusses für beide Seiten erkennbar wenigstens stillschweigend über die Zuständigkeitsregelung geeinigt haben und dies von einer Seite schriftlich bestätigt worden ist. Dabei muss sich eine mündliche Willenseinigung klar und deutlich auf die Gerichtsstandsklausel erstrecken, und es muss, sofern die Gerichtsstandsklausel in AGB enthalten ist, bei Vertragsschluss ausdrücklich auf diese Bezug genommen worden sein (BGE vom 21.11.2007, 4A_272/2007 E.5.1; Walter, a.a.O., S. 262 ff.; Kropholler, N 41 ff. zu Art. 23 EuGVO).

      Vorliegend geht die Klägerin davon aus, dass zwischen ihr und den Beklagten am 2./3. Oktober 2006 ein Auftrag über Beratungsdienstleistungen zustande kam. Dessen Inhalt wurde im E-Mail vom 3. Oktober 2006 (kläg.act. 9) bestätigt, wobei in keiner Weise auf eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien bzw. die AGB der Klägerin, welche eine Gerichtsstandsklausel enthalten, Bezug genommen wurde. Die Klägerin behauptete dabei selber nicht, dass sich die Klägerin und die Beklagte 1 an der Besprechung vom 2. Oktober 2006 klar und deutlich auf eine Gerichtsstandsvereinbarung geeinigt hätten bzw. die Beklagte 1 sich stillschweigend mit einer Übergabe der AGB der Klägerin, in welcher sich eine Gerichtsstandsklausel befindet, einverstanden erklärt hätte. Eine mündliche Einigung der Parteien auf eine Gerichtsstandsklausel mit nachträglicher schriftlicher Bestätigung ist damit nicht nachgewiesen.

    3. Nicht gegeben sind auch die Voraussetzungen gemäss Art. 17 Abs. 1 lit. b LugÜ, wonach es genügt, wenn die Form zwar nicht der von lit. a entspricht, aber den "Gepflogenheiten …, die zwischen den Parteien entstanden sind". Diese Situation entsteht, wenn zwischen den Parteien längere und im Verlauf der Zeit wiederholte Handelsbeziehungen bestanden haben, die geeignet sind, eine Art interner Praxis zu festigen (BGE 131 III 402 E.7.2; Walter, a.a.O., S. 264f.; Kropholler, N 50 zu Art. 23 EuGVO).

      Vorliegend behauptet die Klägerin nicht, bereits früher Geschäftsbeziehungen mit den Beklagten unterhalten zu haben, oder dass sich zwischen den Parteien eine Praxis entwickelt hätte, gemäss welcher das Schweigen auf die Zustellung der AGB der Klägerin an eine Drittpartei als Annahme des prorogierten Gerichtsstandes durch die Beklagte 1 verstanden werden konnte.

    4. Insgesamt hat die Klägerin somit eine den Anforderungen an Art. 17 LugÜ entsprechende Gerichtsstandsvereinbarung, insbesondere durch Vereinbarung der klägerischen AGB und der darin enthaltenen Gerichtsstandsklausel, nicht nachgewiesen.

  2. Die Klägerin beruft sich für den Fall, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht

nachgewiesen ist, auf den Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäss Art. 5 Ziff. 1 LugÜ

i.V.m. Art. 6 Ziff. 1 LugÜ i.V.m. Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR i.V.m. Art. 117 Abs. 2 und

Abs. 3 lit. c IPRG. Die Beklagten machen geltend, Erfüllungsort sei Düsseldorf.

  1. Nach der allgemeinen Zuständigkeitsvorschrift in Art. 2 LugÜ sind die Gerichte des Vertragsstaates zuständig, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz bzw. Sitz (Art. 53 LugÜ) hat. In einem anderen Vertragsstaat kann er nach den besonderen Zuständigkeiten gemäss Art. 5 LugÜ verklagt werden. Die Zuständigkeiten von Art. 5 LugÜ kommen im Verhältnis zu Art. 2 LugÜ nur zur Anwendung, wenn in einem anderen als dem Staat des Wohnsitzes bzw. Sitzes des Beklagten geklagt wird (BGE 131 III 82 E.3.4). Nachdem die Beklagten ihren Sitz in Deutschland haben, ist das Handelsgericht zuständig, wenn eine besondere Zuständigkeit gemäss Art. 5 LugÜ besteht.

  2. Wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Streitgegenstand bilden, kann der Kläger nach Art. 5 Ziff. 1 LugÜ den Beklagten nicht nur am Wohnsitz bzw. Sitz sondern auch vor dem Gericht des Ortes verklagen, an dem die Verpflichtung erfüllt werden soll oder zu erfüllen wäre. Während der Begriff des Vertrages bzw. der vertraglichen Ansprüche vertragsautonom auszulegen ist, richtet sich der Erfüllungsort nach dem auf den Vertrag anzuwendenden Recht. Bei synallagmatischen Verträgen ist für jede Verpflichtung ein gesonderter Erfüllungsort zu bestimmen (BGE 124 III 189 E. 4a; 122 III 45 E.3b; 122 III 299f. E.3a; GVP 1998 Nr. 48 E.6; Keller/Kren Kostkiewicz, Zürcher Kommentar, N 23f. zu Art. 113 IPRG). Vorliegend macht die Klägerin ein Honorar für erbrachte Leistungen geltend, womit zweifellos ein vertraglicher Anspruch im Sinne des Lugano-Übereinkommens vorliegt. Zu prüfen ist, wo diese Leistung zu erbringen ist.

  3. Nachdem die Parteien – wie erwähnt – keine Rechtswahl getroffen haben, untersteht der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt. In Art. 117 Abs. 2 und 3 IPRG ist für typische Fälle vorgesehen, worin vermutungsweise der engste Zusammenhang zu erblicken ist. Nach der "Vermutungsklausel" von Art. 117 Abs. 2 IPRG besteht der engste Zusammenhang mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringen soll, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder, wenn sie den Vertrag aufgrund einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit geschlossen hat, in dem sich ihre Niederlassung befindet. Als charakteristische Leistung gilt gemäss Art. 117 Abs. 3 lit. c IPRG bei Auftrag, Werkvertrag und ähnlichen Dienstleistungsverträgen die Dienstleistung. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob der vorliegende Beratungsvertrag als Auftrag oder als Werkvertrag zu qualifizieren ist. Nachdem sich in Bezug auf die Anknüpfung mittels charakteristischer Leistung in Bezug auf den Auftrag oder den Werkvertrag keine Unterschiede ergeben, kann vorliegend die Frage der Vertragsqualifikation offen gelassen werden.

    aa) Die "Vermutung" von Art. 117 Abs. 2 IPRG stellt eine methodische Vorgabe dar, indem sie eine bestimmte Reihenfolge des Vorgehens festlegt (Keller/Kren Kostkiewicz, N 50 zu Art. 117 IPRG; BSK IPRG-Amstutz/Vogt/Wang, Art. 117 N 11). Dabei ist bei jedem Vertrag primär die Anknüpfung mittels charakteristischer Leistung vorzunehmen. In zweiter Linie, d.h. sekundär, sind alternative Kriterien zu prüfen, insbesondere ob die

    Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt oder den Sitz des Erbringers der charakteristischen Leistung zu einem befriedigenden Ergebnis führt. Diese Regelung, dass für die Anknüpfung der Verträge primär nach der charakteristischen Leistung gesucht werden muss, soll eine weitgehende Rechtssicherheit schaffen und dem Bedürfnis des internationalen Handels nach Voraussehbarkeit des anwendbaren Rechts Rechnung tragen (Keller/Kren Kostkiewicz, N 51 und N 67 zu Art. 117 IPRG; BSK IPRG-Amstutz/Vogt/Wang, Art. 117 N 12; Vischer/Huber/Oser, Internationales Vertragsrecht, 2.A., Bern 2000, N 259).

    Entsprechend der Vermutung in Art. 117 Abs. 3 lit. c IPRG bestimmt sich das auf den einfachen Auftrag anwendbare Recht aufgrund der Leistung des Beauftragten. Somit ist das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes bzw. der Geschäftsniederlassung des Beauftragten anwendbar (BGE vom 21.12.2000, 4C.292/2000, E.4b; GVP 1998 Nr. 48 E.6c.bb; Keller/Kren Kostkiewicz, N 91 zu Art. 117 IPRG; BSK IPRG-Amstutz/Vogt/ Wang, Art. 117 N 33; Vischer/Huber/Oser, a.a.O., N 439). Auf den Werkvertrag ist das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes bzw. der Niederlassung des Unternehmers anwendbar, da die Werkleistung die charakteristische ist (Keller/Kren Kostkiewicz,

    N 126 zu Art. 117 IPRG; BSK IPRG-Amstutz/Vogt/Wang, Art. 117 N 43; Vischer/Huber/

    Oser, N 516).

    Beim vorliegenden Beratungsvertrag erbringt die Klägerin als Beauftragte bzw. Unternehmerin die charakteristische Leistung. Nachdem sie ihren Sitz in der Schweiz hat, ist grundsätzlich schweizerisches Recht anzuwenden. Unbestrittenermassen ist gemäss dem anwendbaren schweizerischen Recht Erfüllungsort des vertraglich geschuldeten Beratungshonorars St. Gallen (Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR). Damit ist das Handelsgericht des Kantons St. Gallen, sofern eine Anknüpfung nach der charakteristischen Leistung erfolgt, gemäss Art. 5 Ziff. 1 LugÜ am Erfüllungsort zuständig (vgl. Walter, a.a.O., S. 187).

    bb) Die Beklagten brachten vor, bei genauer Betrachtung führe die Vermutungsregel von Art. 117 Abs. 2 IPRG entgegen der Anknüpfung gemäss Art. 117 Abs. 3 lit. c IPRG zum deutschen Recht. Es handle sich vorliegend um einen rein innerdeutschen Vertrag. Die Klägerin habe die Leistungen nicht von ihrer Hauptniederlassung in St. Gallen aus erbracht, sondern direkt vor Ort in Deutschland. Sie verfüge neben ihren offiziellen

    Niederlassungen in St. Gallen, Zürich, Wien und London zusätzlich über eine Zweigniederlassung (ohne eigene Rechtspersönlichkeit) in Deutschland. Für die Klägerin habe ein Projektteam unter deutscher Leitung, d.h. R. F., welcher Rheinländer sei und auch im Rheinland wohne, gehandelt. Die Klägerin hielt fest, es liege kein innerdeutsches sondern ein internationales Verhältnis vor, da die Klägerin sowohl ihren Ursprung als auch ihren Sitz in St. Gallen habe. Auch wenn die Projektleitung bei R. F., Mitarbeiter der Klägerin, gelegen habe, sei die Projektsteuerung resp. Oberaufsicht von dessen Vorgesetzten L. A. wahrgenommen worden.

    aaa) Ist der berufliche oder gewerbliche Bezug des Vertragsschlusses gegeben, so ist die Lokalisierung aufgrund der Geschäftsniederlassung jener Partei vorzunehmen, welche die charakteristische Leistung erbringt. Dieser Begriff ist für Gesellschaften nach Art. 21 Abs. 4 IPRG zu bestimmen, wonach die Niederlassung einer Gesellschaft sich in dem Staat befindet, in dem der Sitz liegt, oder in einem der Staaten, in dem sich eine Zweigniederlassung befindet. Falls eine Partei mehrere Niederlassungen besitzt und diese der anderen Partei bekannt sind, ist auf diejenige abzustellen, mit welcher das vorliegende Vertragsverhältnis zusammenhängt (Keller/Kren Kostkiewicz, N 45 zu Art. 117 IPRG; BSK IPRG-Amstutz/Vogt/Wang, Art. 117 N 22; Vischer/Huber/Oser, a.a.O., N 243 ff.).

    Der in Art. 21 Abs. 3 IPRG umschriebene Begriff der Niederlassung einer Gesellschaft ist u.a. von Bedeutung für die Bestimmung des anwendbaren Rechts (z.B. Art. 117 Abs. 2 IPRG; vgl. Keller/Kren Kostkiewicz, N 7 zu Art. 121 IPRG; BSK IPRG-von Planta/ Eberhard, Art. 121 N 9). Der Begriff "Niederlassung" im IPRG erfasst immer auch denjenigen der "Zweigniederlassung". Das IPRG definiert den Begriff der Zweigniederlassung nicht. Unter Zweigniederlassung ist ein kaufmännischer Betrieb zu verstehen, der rechtlich Teil einer Hauptunternehmung (d.h. ohne eigene Rechtspersönlichkeit) ist und deren wirtschaftlichen Zweck er dient. Die Zweigniederlassung ist eine von der Hauptniederlassung räumlich getrennte Handelsniederlassung, die jedoch eine gleichartige Tätigkeit wie die Hauptniederlassung ausübt. Sie verfügt über eine eigene Organisation, insbesondere eine eigene Leitung (BGE vom 27.01.2005, 4C.333/2004 E.2.3), sowie über eine gewisse wirtschaftliche und geschäftliche Unabhängigkeit (BGE 117 II 87 E.3; 108 II 124; Keller/Kren Kostkiewicz, N 8 zu Art. 121 IPRG; BSK IPRG-von Planta/Eberhard,

    Art. 21 N 10; Vischer/Huber/Oser, a.a.O., N 247; vgl. Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 59 N 5 ff.).

    bbb) Unbestrittenermassen hat die Klägerin ihren Ursprung, was auch aus ihrer Firma hervorgeht, und ihren Sitz in St. Gallen. Für die Frage, ob eine Zweigniederlassung vorliegt, ist nicht von Bedeutung, dass insbesondere R. F. als einer der Projektverantwortlichen deutscher Staatsangehöriger ist und Beratungsdienstleistungen für die Beklagten in Deutschland erbrachte, nachdem die Beklagten selber nicht ausführen, es habe in Deutschland ein Geschäftsbetrieb der Klägerin mit einer gewissen Selbständigkeit bestanden. Die Beklagten behaupten auch nicht, dass eine solche Zweigniederlassung über eine eigene Leitung und eine "Autonomie nach aussen" verfügen würde, die sich in einem unmittelbaren Marktzugang in direkter Beziehung zur Kundschaft manifestieren würde (Forstmoser/ Meier-Hayoz/Nobel, a.a.O., § 59 N 20; BGE 117 II 88 E.4). Vielmehr fügte R. F. in seinen E-Mails an den Assistenten von J. S. und die Beklagte 1 vom 13. Juli und 3. Oktober 2006 (kläg.act. 6, 9) die Firma der Klägerin an, womit sich die Klägerin gegenüber den Beklagten nach aussen ausschliesslich mit der Firma ihres Hauptsitzes in St. Gallen manifestierte. Keinerlei rechtliche Bedeutung kommt der von R. F. insbesondere im E-Mail vom 3. Oktober 2006 (kläg.act. 9) verwendeten Grussformel "Grüsse aus dem Rheinland!" zu, nachdem dieses E-Mail – wie erwähnt – als Briefkopf die Adresse der Klägerin in St. Gallen als Arbeitgeberin von R. F. aufführt. Insgesamt gelingt den Beklagten somit der Nachweis nicht, dass die Klägerin über eine Zweigniederlassung in Deutschland verfügt, die sich gegenüber den Kunden auch als solche manifestiert, über einen Geschäftsbetrieb und ein Domizil verfügt, unter einer ständigen eigenen Leitung steht und als ein als nach kaufmännischer Art geleitetes Gewerbe eine gewisse Selbständigkeit hat. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihre Beratungsdienstleistungen als charakteristische Leistung i.S.v. Art. 117 Abs. 3 lit. c IPRG durch eine Zweigniederlassung in Deutschland erbracht hat.

    cc) Die Beklagten machen schliesslich für den Fall, dass die Voraussetzungen, die nach Schweizer Recht für das Bestehen einer Zweigniederlassung bestehen müssen, nicht erfüllt sind, geltend, die Vermutung von Art. 117 Abs. 2 IPRG gelte dann nicht, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergebe, dass der Vertrag engere Verbindungen

    mit einem anderen Staat aufweist. Es sei nach Art. 117 Abs. 1 IPRG das Recht des Staates zu ermitteln, mit dem der Vertrag die engste Verbindung aufweise. Vorliegend weise der Vertrag die engsten Verbindungen mit Deutschland auf, indem die Leistungen der Klägerin in Deutschland erbracht worden seien. Düsseldorf sei zum Projektsitz geworden, wobei sich das Arbeitszentrum in den Räumlichkeiten der Kanzlei S. & Partner in Düsseldorf befunden habe. Alle Meetings hätten in Deutschland stattgefunden und gemäss E-Mail vom 3. Oktober 2006 (kläg.act. 9) sei als Währung für die Honorarentschädigung "Euro" vereinbart worden. Die Klägerin bestritt insbesondere, dass Düsseldorf als Projektsitz vereinbart worden sei.

    aaa) Die in Art. 117 Abs. 1 IPRG verwendete Formel "engster Zusammenhang" stellt keinen Anknüpfungsbegriff dar und ist lediglich eine Richtschnur für die Einordnung derjenigen Vertragstypen, die in Art. 117 Abs. 3 und 119 – 122 IPRG nicht ausdrücklich erwähnt sind, bzw. für welche die Vermutung von Art. 117 Abs. 2 und 3 IPRG nicht zutrifft. Gegenüber den in Art. 117 Abs. 2 und 3 und 119 – 122 IPRG normierten Anknüpfungskriterien dient die Formel des engsten Zusammenhangs als Ausweichklausel, indem sich ergeben kann, dass ein Vertrag entweder unter keine gesetzlich vorgesehene Anknüpfungsregel fällt oder aufgrund besonderer Umstände mit einer anderen Rechtsordnung in einem noch engeren Zusammenhang steht (BGE 133 III 93 E.2.3; 94 II 355 ff. = Pra 1969 Nr. 77; Keller/Kren Kostkiewicz, N 19 und N 23 zu Art. 117 IPRG). Grundsätzlich ist also im Interesse der Rechtssicherheit die Anknüpfung primär aufgrund der charakteristischen Leistung vorzunehmen. Mithin besteht ein Vorrang der Anknüpfung an die charakteristische Leistung gegenüber derjenigen des engsten Zusammenhanges (BGE 133 III 93 E.2.4; Keller/Kren Kostkiewicz, N 51f. zu Art. 117 IPRG). Ausnahmen von der Regelanknüpfung der "charakteristischen Leistung" sind nur anzunehmen, wo im Rahmen eines Vergleiches zwischen der Ausnahmeanknüpfung und jener aufgrund der charakteristischen Leistung die Ausnahme kollisionsrechtlich deutlich überzeugender ist als die Regelanknüpfung und sie damit als "engerer" oder "engster" Zusammenhang vorgeht (Keller/Kren Kostkiewicz, N 63 zu Art. 117 IPRG; BSK IPRG-Amstutz/Vogt/Wang, Art. 117 N 14 m.w.H.).

    bbb) Wie erwähnt, gingen die Beklagten bewusst ein Vertragsverhältnis mit der

    Klägerin, welche in der Schweiz ihren Sitz hat und den Firmenbestandteil "St. Gallen"

    aufweist, ein. Damit bestünde auch bei Annahme des von den Beklagten behaupteten, aber nicht nachgewiesenen Umstandes, dass die Leistungen durch die Klägerin allesamt in Deutschland erbracht worden seien und Düsseldorf zum Projektsitz ernannt worden sei, kein hinreichender Grund, um von der Regelanknüpfung von Art. 117 Abs. 2 und 3 IPRG abzuweichen. Im Übrigen erfolgten der E-Mail-Verkehr (kläg.act. 9; bekl.act. 1-3, 5, 6), die Präsentationen der Klägerin (kläg.act. 11-14) sowie deren Honorarrechnungen (kläg.act. 15-19) mit dem Briefkopf der Klägerin. Auch wenn Mitarbeiter der Klägerin, insbesondere R. F., ihre Arbeitsstunden überwiegend in Deutschland erbracht hatten, wurden auch Leistungen von nicht unerheblichem Umfang in St. Gallen erbracht (kläg.act. 21-26). Nicht entscheidend ist, ob die Familie von R. F. in Deutschland wohnt, nachdem es sich bei diesem nicht um den einzigen Mitarbeiter handelt, welcher im Rahmen der Vertragserfüllung als Mitarbeiter der Klägerin tätig war. Damit braucht die Frage, ob R. F., wie die Beklagten behaupten, seinen Wohnsitz nicht in St. Gallen habe, nicht entschieden zu werden. Fest steht, dass er eine Aufenthaltsbewilligung B EG/EFTA für die Schweiz besitzt, wobei als sein Wohnort St. Gallen-Bruggen angegeben wird (kläg.act. 81). Insgesamt liegen damit keine hinreichenden Gründe dar, die ein Festhalten an der durch die Regelanknüpfung festgestellten Rechtsordnung der Schweiz als unverhältnismässig erscheinen lassen würden.

  4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass auf das vorliegende Vertragsverhältnis nach Art. 117 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 Abs. 3 lit. c IPRG schweizerisches Recht anzuwenden ist. Die örtliche Zuständigkeit des Handelsgerichts ergibt sich damit aus Art. 5 Ziff. 1 LugÜ i.V.m. Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR. Die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten ist zu verwerfen und auf die Klage einzutreten.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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