Zusammenfassung des Urteils HG.2002.40: Handelsgericht
Der Fall handelt von einem Rechtsstreit zwischen einer Klägerin aus dem Kanton St. Gallen und ihrer ehemaligen Agentin aus Frankreich, die Ansprüche aus der Auflösung eines Agenturvertrages geltend macht. Die Klägerin fordert, dass die Beklagte keine Ansprüche hat, während die Beklagte die Zuständigkeit des Handelsgerichts bestreitet. Die Parteien haben vereinbart, den Streit den schweizerischen Gerichten vorzulegen, was gemäss dem Lugano-Übereinkommen respektiert werden muss. Die Schweiz hat die Verpflichtung, in solchen Fällen einen innerstaatlichen Gerichtsstand bereitzustellen, um die Lücke im Gesetz zu füllen. Der Richter muss den Parteiwillen und den Sachzusammenhang berücksichtigen, um die fehlende Regelung zu ergänzen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | HG.2002.40 |
Instanz: | Handelsgericht |
Abteilung: | Handelsgericht |
Datum: | 12.11.2004 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 21 LugÜ (SR 0.275.11) / Art. 27 EuGVO; Art. 17 f. LugÜ; Art. 1 Abs. 2, 3 |
Schlagwörter: | Schweiz; Gerichtsstand; LugÜ; Schweizer; Gerichte; Verpflichtung; Verfügung; Parteien; Handelsgericht; Zuständigkeit; Parteiwille; Kriterium; Lücke; Anlehnung; Möglichkeit; EuGVO; LugÜ; Erwägungen; Kanton; Gallen; Frankreich; Agentin; Ansprüche; Auflösung; Agenturvertrages; Handelsgerichts |
Rechtsnorm: | Art. 1 IPRG ;Art. 1 ZGB ;Art. 3 IPRG ;Art. 78 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
210). Verpflichtung der Schweiz einen innerstaatlichen Gerichtsstand zur Verfügung zu stellen, wenn die Parteien nach Art. 17 LugÜ zulässigerweise nur den internationalen Gerichtsstand (Schweizer Gerichte) vereinbart haben (Handelsgericht, 12. November 2004, HG.2002.40).
Art. 21 LugÜ (SR 0.275.11) / Art. 27 EuGVO; Art. 17 f. LugÜ; Art. 1 Abs. 2, 3 und 16
Abs. 1 IPRG (SR 291); Art. 78 ZPO (sGS 961.2); Art. 1 Abs. 2 ZGB (SR 210).
Verpflichtung der Schweiz einen innerstaatlichen Gerichtsstand zur Verfügung zu stellen, wenn die Parteien nach Art. 17 LugÜ zulässigerweise nur den internationalen Gerichtsstand (Schweizer Gerichte) vereinbart haben (Handelsgericht, 12. November 2004, HG.2002.40).
Aus den Erwägungen
Die im Kanton St. Gallen ansässige Klägerin begehrte, es sei festzustellen, dass ihre in Frankreich ansässige ehemalige Agentin (Beklagte) keine Ansprüche aus Auflösung des Agenturvertrages habe. Die Beklagte bestritt u.a. die Zuständigkeit des Handelsgerichts.
II. 6. c) (...) In Bezug auf die innerstaatliche örtliche Zuständigkeit gilt es zu berücksichtigen, dass die Parteien in Übereinstimmung mit den Möglichkeiten nach LugÜ vereinbart haben, einen Streit den schweizerischen Gerichten zur Entscheidung vorzulegen. Dieser Parteiwille ist zu respektieren. Durch Ratifizierung des LugÜ wurde
diese Form der Gerichtsstandsklausel auch von der Schweiz als im internationalen Verhältnis zulässig anerkannt. Damit hat die Schweiz aber auch die Verpflichtung, für solche Fälle einen innerstaatlichen Gerichtsstand zur Verfügung zu stellen, zumal nach Art. 1 Abs. 2 IPRG die völkerrechtlichen Verträge explizit vorbehalten bleiben. Damit besteht eine echte Lücke im Gesetz, welche in Anlehnung an Art. 3 IPRG vom Richter zu füllen ist (Art. 1 Abs. 2 ZGB [Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907; SR 210]). Als Anknüpfungs- und Zuordnungskriterium ist für die Lückenfüllung einerseits der Parteiwille (vorliegend örtliche Zuständigkeit der Schweizer Gerichte) und andererseits - in Anlehnung an Art. 3 IPRG - das Kriterium des Sachzusammenhangs heranzuziehen, dahingegen spielt das Kriterium der Zumutbarkeit Möglichkeit, in einem anderen Staat den Prozess zu führen, für diese Fallkonstellationen keine Rolle, da dieses Kriterium aufgrund des Vorrangs des Völkerrechts und der im Privatrecht zu respektierenden Privatautonomie dem überreinstimmenden Parteiwillen unterliegen muss.
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