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Urteil Versicherungsgericht (SG - EL 2017/28)

Zusammenfassung des Urteils EL 2017/28: Versicherungsgericht

A. A. bezog eine Ergänzungsleistung zur AHV, die aufgrund des Erwerbseinkommens seiner Ehefrau ab August 2015 eingestellt wurde. Trotz kurzzeitiger Arbeitslosigkeit der Ehefrau wurde die Ergänzungsleistung ab November 2015 wieder gewährt, jedoch später erneut aufgehoben, als die Ehefrau selbständig tätig wurde. Die EL-Durchführungsstelle lehnte das Leistungsbegehren ab, da ein Einnahmenüberschuss vorlag. Der Beschwerdeführer legte Einspruch ein, der jedoch abgewiesen wurde. Er reichte daraufhin eine Beschwerde ein, um eine Ergänzungsleistung zu erhalten.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts EL 2017/28

Kanton:SG
Fallnummer:EL 2017/28
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:EL - Ergänzungsleistungen
Versicherungsgericht Entscheid EL 2017/28 vom 04.06.2018 (SG)
Datum:04.06.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG.Einkommensverzicht. Abmeldung vom RAV zwecks Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit. Die Frage, ob in einer solchen Konstellation eine hypothetische Arbeitslosenentschädigung auszurichten ist, ist anhand einer ökonomisch orientierten Abwägung zwischen den Chancen auf die Erzielung eines existenzsichernden Einkommens als Selbständigerwerbender und jenen als Angestellter zu beantworten (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 4. Juni 2018, EL 2017/28).
Schlagwörter: Ehefrau; Einnahme; Franken; EL-act; Erwerbstätigkeit; Einnahmen; Ergänzungsleistung; Beschwerdeführers; Arbeitslosenentschädigung; Anspruch; Pflegefachfrau; EL-Ansprecher; Ausgaben; EL-Durchführungsstelle; Verfügung; Einsprache; Entscheid; Anspruchsberechnung; Erwerbseinkommen; Anrechnung; Bezug; EL-Bezüger
Rechtsnorm: Art. 71a AVIG;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts EL 2017/28

Entscheid vom 4. Juni 2018

Besetzung

Präsident Ralph Jöhl, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Karin Huber-

Studerus; Gerichtsschreiber Tobias Bolt Geschäftsnr.

EL 2017/28

Parteien

  1. ,

    Beschwerdeführer,

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Nadeshna Ley,

    Bürgi Dahinden Ley, Blumenbergplatz 1, 9000 St. Gallen,

    gegen

    Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Ausgleichskasse, Brauerstrasse 54, Postfach, 9016 St. Gallen,

    Beschwerdegegnerin, Gegenstand Ergänzungsleistung zur AHV Sachverhalt

    A.

    1. A. bezog seit dem Jahr 2011 eine Ergänzungsleistung zu einer Altersrente der AHV, deren Betrag sich ab dem 1. Januar 2015 auf 722 Franken pro Monat belief (sog. Minimalgarantie; vgl. EL-act. 52). Bei der Anspruchsberechnung hatte die EL- Durchführungsstelle unter anderem ein Erwerbseinkommen der als Pflegefachfrau tätigen Ehefrau von brutto 63’654 Franken beziehungsweise netto 49’632 Franken berücksichtigt, was unter Berücksichtigung der sogenannten Privilegierung (nur zwei Drittel des einen Freibetrag von 1’500 Franken übersteigenden Betrages) einer anrechenbaren Einnahme von 32’088 Franken entsprach (EL-act. 50). Im August 2015 erfuhr die EL-Durchführungsstelle (EL-act. 49), dass die Ehefrau des EL-Bezügers ihre Arbeitsstelle verloren hatte und dass sie nun eine Arbeitslosenentschädigung bezog. Am 28. August 2015 reichte der EL-Bezüger unter anderem ein Kündigungsschreiben seiner Ehefrau vom 30. Juli 2015 (EL-act. 48–3) und eine Aufhebungsvereinbarung vom

      31. Juli 2015 betreffend den Arbeitsvertrag vom 7. Januar 2014 ein (EL-act. 48–4 f.). Bereits am 5. Oktober 2015 wurde die Ehefrau des EL-Bezügers aber wieder – mit Wirkung per 1. November 2015 – als Pflegefachfrau angestellt (EL-act. 45 f.). Mit einer Verfügung vom 3. Dezember 2015 hob die EL-Durchführungsstelle die laufende Ergänzungsleistung mit Wirkung ab dem 1. August 2015 zufolge eines Einnahmenüberschusses auf; gleichzeitig sprach sie dem EL-Bezüger mit Wirkung ab

      dem 1. November 2015 wieder eine Ergänzungsleistung zu (EL-act. 39). Den Berechnungsblättern zu dieser Verfügung liess sich entnehmen, dass die – nicht privilegierte – Anrechnung der Arbeitslosenentschädigung anstelle eines Erwerbseinkommens für die Monate August und September 2015 zu einem Einnahmenüberschuss geführt hatte (EL-act. 40 f.). Schon am 21. Januar 2016 – noch während der Probezeit – kündigte die Arbeitgeberin der Ehefrau das Arbeitsverhältnis wegen einer „erschwerten Teamintegration“ (EL-act. 33–3). Für die Zeit ab Februar 2016 rechnete die EL-Durchführungsstelle wieder anstelle eines Erwerbseinkommens eine Arbeitslosenentschädigung an (EL-act. 29), was zur Folge hatte, dass die laufende Ergänzungsleistung mit einer Verfügung vom 23. April 2016 per 31. Januar 2016 aufgehoben wurde (EL-act. 28).

    2. Im September 2016 meldete sich A. erneut zum Bezug von Ergänzungsleistungen an (EL-act. 21). Er gab an, sowohl er als auch seine Ehefrau seien selbständig erwerbstätig und verdienten je 12’000 Franken pro Jahr. Da die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel schlecht sei, entstünden beiden Ehegatten pro Jahr Kosten im Betrag von je 1’500 Franken für die Nutzung des eigenen Motorfahrzeuges für die Erwerbstätigkeit. Nebst diesen Einnahmen und der AHV-Rente erzielten sie keine weiteren Einkünfte. Im Oktober 2016 forderte die EL- Durchführungsstelle den EL-Ansprecher auf (EL-act. 19), eine Übersicht über sämtliche Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit seiner im März 2016 aufgenommenen selbständigen Erwerbstätigkeit, eine Übersicht über sämtliche Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit der von seiner Ehefrau im Juli 2016 aufgenommenen selbständigen Erwerbstätigkeit sowie Unterlagen zur „Höhe des monatlichen Raumaufwandes“ seiner Ehefrau für die Ausübung ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit einzureichen und anzugeben, ob das seiner Ehefrau bisher ausgerichtete Arbeitslosentaggeld (von maximal 400 × 170.50 Franken innert einer Rahmenfrist bis zum 27. August 2017; vgl. EL-act. 31) eingestellt worden sei. Am 23. Oktober 2016 reichte der EL-Ansprecher diverse Unterlagen ein (EL-act. 18): Das regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) hatte am 21. Juli 2016 die Abmeldung der Ehefrau von der Arbeitsvermittlung per 30. Juni 2016 zufolge der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit bestätigt (EL-act. 17); der EL-Ansprecher hatte mit seinem „Geschäft“ in der Zeit von März bis Oktober 2016 Einnahmen von 16’501 Franken bei Ausgaben von 13’249.19 Franken erzielt (EL-act. 15); die Ehefrau hatte mit

      ihrem „Geschäft“ Einnahmen von 1’742.50 Franken bei Ausgaben von 21’122.40 Franken (inkl. Raumaufwand von 200 Franken pro Monat) erzielt (EL-act. 14). Am 29. November 2016 forderte die EL-Durchführungsstelle den EL-Ansprecher auf (EL-act. 13), anzugeben, weshalb sich seine Ehefrau selbständig gemacht und nicht weiter versucht habe, in ein Angestelltenverhältnis zu kommen. Gleichzeitig wies sie den EL- Ansprecher darauf hin, dass sie unter Umständen bei der EL-Anspruchsberechnung die Anrechnung eines Verzichtes auf ALV-Taggelder prüfen werde. Daraufhin teilte der EL-Ansprecher mit (EL-act. 12), seine Ehefrau könne sich als selbständige Pflegefachfrau intensiver um die Probleme pflegebedürftiger Patienten kümmern und ihre Weiterbildungen so zielgerichtet anwenden, was in den Pflegeheimen meistens aus Zeitmangel nicht möglich sei. Die Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit sei schon seit einiger Zeit geplant gewesen. Mit einer Verfügung vom 31. Dezember 2016 wies die EL-Durchführungsstelle das Leistungsbegehren ab (EL-act. 7). Zur Begründung führte sie an, sie habe die kantonalen Durchschnittsprämien für die obligatorische Krankenpflegeversicherung, das gesetzliche Mietzinsmaximum sowie die Lebensbedarfspauschale als Ausgaben und den auf ein Jahr hochgerechneten Gewinn aus der selbständigen Erwerbstätigkeit des EL-Ansprechers, die AHV-Rente sowie eine hypothetische Arbeitslosenentschädigung der Ehefrau als Einnahmen berücksichtigt. Das habe einen Einnahmenüberschuss ergeben, der einen EL-Bezug ausschliesse.

    3. Am 23. Januar 2017 erhob der EL-Ansprecher eine Einsprache gegen die Verfügung vom 31. Dezember 2016 (EL-act. 5). Er machte geltend, er könne die Anrechnung von gar nicht bezogenen Arbeitslosentaggeldern nicht nachvollziehen. Zudem habe seine Ehefrau bis Ende Juni nur eine Arbeitslosenentschädigung von insgesamt 16’769 Franken erhalten; die EL-Durchführungsstelle habe aber 40’725 Franken angerechnet. Bei der Anspruchsberechnung sei ausserdem nicht berücksichtigt worden, dass das Ehepaar auf ein Motorfahrzeug angewiesen sei. Mit einem Entscheid vom 30. Mai 2017 wies die EL-Durchführungsstelle die Einsprache ab (EL-act. 2). Zur Begründung führte sie aus, die Ehefrau des EL-Ansprechers habe sich rund ein Jahr vor dem Ablauf der Rahmenfrist für den Bezug der Arbeitslosenentschädigung vom Leistungsbezug abgemeldet. Darin sei ein Verzicht auf den Weiterbezug der Arbeitslosenentschädigung zu erblicken, denn die Verdienstaussichten bei der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit seien in

aller Regel schlecht. Die Ehefrau hätte die Arbeitslosenentschädigung weiter beziehen und parallel eine selbständige Erwerbstätigkeit aufbauen können. Schliesslich sei es nicht der Sinn und Zweck der Ergänzungsleistungen, den Aufbau einer selbständigen Erwerbstätigkeit zu finanzieren.

B.

    1. Am 30. Juni 2017 liess der nun anwaltlich vertretene EL-Ansprecher (nachfolgend: der Beschwerdeführer) eine Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 30. Mai 2017 erheben (act. G 1). Seine Rechtsvertreterin beantragte die Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheides und der Verfügung vom 31. Dezember 2016 sowie die Zusprache einer Ergänzungsleistung von 11’590.35 Franken für die Zeit vom

      1. September 2016 bis zum 31. Dezember 2016 und einer jährlichen Ergänzungsleistung von 34’771 Franken ab dem 1. Januar 2017. Zur Begründung führte sie aus, das Vorhaben der Ehefrau, sich selbständig zu machen, sei beim zuständigen RAV auf „geradezu enthusiastische Unterstützung“ gestossen. Die Arbeitslosenversicherung habe deshalb weitere Taggelder zur Vorbereitung der selbständigen Erwerbstätigkeit ausgerichtet. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe also nicht auf Einnahmen verzichtet, sondern lediglich von ihrem Wahlrecht gemäss dem Art. 71a AVIG Gebrauch gemacht. Laut der gesetzlichen Regelung seien die noch nicht bezogenen Taggelder der Arbeitslosenversicherung nicht verloren. Falls die

      Ehefrau weiterhin kein ausreichendes Erwerbseinkommen erzielen könne, werde sie die selbständige Erwerbstätigkeit aufgeben. Dann werde sie die restlichen Taggelder noch beziehen können. Wenn die Taggeldleistungen bereits jetzt – als Verzichtseinkommen – bei der Anspruchsberechnung berücksichtigt würden, dürften sie später, beim effektiven Bezug, nicht mehr berücksichtigt werden, denn ein und derselbe Anspruch könne nicht zweimal als Einnahme angerechnet werden. Bei einer hypothetischen Anrechnung wäre der Taggeldanspruch ab Juli 2017 erschöpft. Eventualiter müsse dem Beschwerdeführer also spätestens ab Juli 2017 eine Ergänzungsleistung ausgerichtet werden.

    2. Die EL-Durchführungsstelle (nachfolgend: die Beschwerdegegnerin) beantragte am 5. September 2017 unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Einspracheentscheid die Abweisung der Beschwerde (act. G 5).

Erwägungen

1.

Der Gegenstand des mit der Verfügung vom 31. Dezember 2016 abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens und des mit dem angefochtenen Entscheid vom 30. Mai 2017 abgeschlossenen Einspracheverfahrens ist durch das im September 2016 vom Beschwerdeführer eingereichte Gesuch um die Zusprache einer Ergänzungsleistung definiert gewesen. Der Beschwerdeführer hatte zwar schon in einem früheren Zeitraum im Kanton B. und im Kanton St. Gallen Ergänzungsleistungen bezogen, aber im September 2016 ist er kein EL-Bezüger mehr gewesen, weshalb es sich beim Gesuch vom September 2016 um eine Neuanmeldung zum Leistungsbezug und nicht um ein Revisionsgesuch gehandelt hat. Die Beschwerdegegnerin hat folglich sämtliche Leistungsvoraussetzungen und Anspruchspositionen frei prüfen müssen. Da das vorliegende Beschwerdeverfahren die Überprüfung der Rechtmässigkeit des angefochtenen Einspracheentscheides bezweckt, muss sein Gegenstand zwingend jenem des im September 2016 eröffneten und am 31. Dezember 2016 mit dem Erlass der den Leistungsanspruch in der Zeit vom 1. September 2016 bis zum 31. Dezember 2016 und ab Januar 2017 beschlagenden Verfügung vom 31. Dezember 2016 abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens entsprechen.

2.

    1. Die jährliche Ergänzungsleistung entspricht dem Betrag, um den die anerkannten Ausgaben die anrechenbaren Einnahmen übersteigen (Art. 9 Abs. 1 ELG). Der Zweck der Ergänzungsleistung besteht also in der Deckung eines tatsächlichen finanziellen Bedarfs. Dementsprechend gilt der Grundsatz, dass bei der Anspruchsberechnung die tatsächlichen Ausgaben und Einnahmen zu berücksichtigen sind (Art. 10 f. ELG). Der Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG sieht eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor: Bei der Anspruchsberechnung sind auch Einnahmen und Vermögenswerte anzurechnen, auf die verzichtet worden ist. Das bedeutet, dass real nicht (mehr) vorhandene Vermögenswerte real nicht (mehr) erzielte Einnahmen so angerechnet werden, als wären sie (noch) vorhanden beziehungsweise als würden sie (noch) erzielt. Statt auf den tatsächlichen Sachverhalt (nicht vorhandenes Vermögen nicht erzielte

      Einnahme) wird also auf einen fiktiven Sachverhalt abgestellt, denn es wird fingiert, der fragliche Vermögenswert sei (noch) vorhanden respektive die fragliche Einnahme werde (noch) erzielt. In der Verwaltungspraxis wird eine entsprechende Fiktion als hypothetisches Vermögen als hypothetisches Einkommen bezeichnet. Mit der Anrechnung von hypothetischen Einnahmen kann verhindert werden, dass die Allgemeinheit (die die Ergänzungsleistung über die Steuern finanziert) einen Bedarf decken muss, der nur deshalb entstanden ist, weil der EL-Ansprecher der EL- Bezüger auf einen Vermögenswert auf eine Einnahme verzichtet hat, mit dem respektive mit der er diesen Bedarf aus eigenen Mitteln hätte decken können. Der Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG will also einen EL-spezifisch betrachtet rechtsmissbräuchlichen Bezug von Ergänzungsleistungen verhindern.

    2. Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat sich vor dem Ablauf der Rahmenfrist zum Leistungsbezug und vor der Erschöpfung ihres Taggeldanspruchs vom Bezug einer Arbeitslosenentschädigung abgemeldet, um eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Für die Beantwortung der Frage, ob darin eine Verzichtshandlung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG zu erblicken ist, ist entscheidend, ob dieser Schritt ökonomisch sinnvoll gewesen ist. Die Aussicht auf eine zukünftig erfolgreiche selbständige Erwerbstätigkeit als Pflegefachfrau könnte nämlich ein vorübergehendes Einnahmendefizit während der Aufbauphase unter Umständen rechtfertigen. Dieser Aussicht sind die Chancen, als angestellte Pflegefachfrau ein existenzsicherndes Einkommen erzielen zu können, gegenüberzustellen. Diese Chancen müssen grundsätzlich als gut bezeichnet werden, denn die Ehefrau des Beschwerdeführers ist gemäss ihren eigenen Angaben eine gut ausgebildete Pflegefachfrau mit einer langjährigen Berufserfahrung, und auf dem tatsächlichen Arbeitsmarkt besteht bekanntlich eine grosse Nachfrage nach ausgebildeten Pflegefachkräften. Jedoch scheinen Umstände vorzuliegen, die diese Chancen mindern: Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat im Juli 2015 eine Arbeitsstelle nach lediglich eineinhalb Jahren verloren (wobei die Gründe für die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses nicht bekannt sind); kurze Zeit später ist ein weiteres Arbeitsverhältnis noch während der Probezeit unter Hinweis auf eine „erschwerte Teamintegration“ gekündigt worden. Anschliessend hat die Ehefrau während mehreren Monaten keine neue Anstellung mehr gefunden. Die von ihr vorgebrachte Begründung für die Entscheidung, sich selbständig erwerbstätig zu machen, deutet darauf hin, dass sie in wesentlichen Punkten andere

      Ansichten als ihre bisherigen und potentielle zukünftige Arbeitgeber zu vertreten scheint, was ein Grund für die Stellenverluste und zugleich ein Indiz für eine erschwerte Vermittelbarkeit sein dürfte. Die Chancen der Ehefrau des Beschwerdeführers, eine Anstellung als Pflegefachfrau zu finden, haben im hier massgebenden Zeitraum also wohl schlechter als jene einer „durchschnittlich vermittelbaren“ Pflegefachfrau gestanden. Andererseits hat die Ehefrau des Beschwerdeführers als neu selbständig erwerbstätige Pflegefachfrau zuerst einmal einen neuen Kundenkreis erschliessen müssen. Die Taggelder der Arbeitslosenversicherung, die während der Aufbauphase der selbständigen Erwerbstätigkeit ausgerichtet worden sind, haben zum Vorneherein nicht für eine ausreichende Erschliessung eines genügend grossen Kundenkreises ausreichen können. Auch im Anschluss hat noch während einer längeren Zeit mit einem geringen Auftragsvolumen gerechnet werden müssen. In den ersten Monaten nach dem Ablauf der vom RAV subven¬tionierten Aufbauphase hat die Ehefrau des Beschwerdeführers nur einen Verlust erwirtschaftet. Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hat ein Jahr nach der Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit eingeräumt, dass es der Ehefrau bis dahin noch nicht gelungen war, einen ausreichenden Kundenkreis zu erschliessen. Zur Begründung hat sie angeführt, dass die strukturellen Begebenheiten in der Wohn- und Arbeitsregion der Ehefrau des Beschwerdeführers ungünstig sein könnten. Die Aussichten, mittels der selbständigen Erwerbstätigkeit ein existenzsicherndes Einkommen erzielen zu können, stehen demnach deutlich schlechter als die Chancen, eine Anstellung als Pflegefachfrau zu finden. Der Entscheid der Ehefrau des Beschwerdeführers, eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzubauen, ist unter diesen Umständen ökonomisch nicht sinnvoll gewesen. Entgegen der Behauptung der Rechtsvertreterin hat das RAV das entsprechende Gesuch der Ehefrau des Beschwerdeführers denn auch nicht „geradezu enthusiastisch“ bewilligt. Daraus kann also nichts anderes abgeleitet werden. Ergänzungsleistungsrechtlich ist der Entscheid, eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, folglich als eine Verzichtshandlung im Sinne des Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG zu qualifizieren, weshalb sich die Anrechnung einer hypothetischen Arbeitslosenentschädigung von 40’725 Franken pro Jahr als rechtmässig erweist.

    3. Die Frage, ob sich der Restanspruch auf weitere Taggeldleistungen der Ehefrau des Beschwerdeführers im Zuge der Fiktion des Weiterbezuges der Arbeitslosenentschädigung fiktiv reduziert, gehört nicht zum Gegenstand dieses

Beschwerdeverfahrens. Selbst wenn der entsprechenden Argumentation der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers gefolgt würde, wäre der Restanspruch im hier massgebenden Zeitraum bis Ende Januar 2017 nämlich noch nicht erschöpft gewesen. Im Sinne eines obiter dictum ist aber darauf hinzuweisen, dass keine Gründe ersichtlich sind, die gegen eine entsprechend konsequente Anwendung der Fiktion sprechen würden, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers ihren Restanspruch nahtlos verbrauche. Der fiktive Verbrauch des Restanspruchs könnte sich allerdings nur auf den Anspruch in dieser Rahmenfrist beziehen.

3.

    1. Als Einnahmen sind nebst der hypothetischen Arbeitslosenentschädigung die AHV-Rente des Beschwerdeführers und das Erwerbseinkommen anzurechnen, das dieser mit seiner selbständigen Erwerbstätigkeit erzielt. Massgebend ist dabei das Nettoeinkommen, also jener Teil der Einnahmen, der die Gewinnungskosten (unter anderem für die Benutzung des eigenen Fahrzeugs) übersteigt. Das Erwerbseinkommen ist privilegiert anzurechnen, das heisst es ist ein Freibetrag von 1’500 Franken vom Nettoeinkommen abzuziehen und vom Resultat ist nur ein Anteil von zwei Dritteln als Einnahme anzurechnen. Das von der Beschwerdegegnerin ermittelte Einnahmentotal von 59’273 Franken (inkl. eines Vermögensertrages von einem Franken) ist korrekt. Ihm haben als Ausgaben die kantonalen Durchschnittsprämien für die obligatorische Krankenpflegeversicherung, die

      Mietausgaben beziehungsweise der gesetzliche Maximalbetrag für die Mietkosten und die Lebensbedarfspauschale gegenüber gestanden, die sich gemäss der nicht zu beanstandenden Berechnung der Beschwerdegegnerin auf 52’887 Franken (für die Zeit von September bis und mit Dezember 2016) beziehungsweise auf 53’319 Franken (für die Zeit ab Januar 2017) belaufen haben. Die Fahrspesen der Ehefrau können natürlich nicht als Gewinnungskosten berücksichtigt werden, da ja fingiert wird, dass diese weiterhin eine Arbeitslosenentschädigung bezieht. Das Ausgabentotal ist also im gesamten massgebenden Zeitraum tiefer als das Einnahmentotal gewesen, weshalb kein Anspruch auf eine Ergänzungsleistung bestanden hat. Der angefochtene Einspracheentscheid erweist sich damit im Ergebnis als rechtmässig. Die Beschwerde ist folglich abzuweisen.

    2. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG). Der unterliegende

Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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