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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:BV 2013/11
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:BV - berufliche Vorsorge
Versicherungsgericht Entscheid BV 2013/11 vom 11.03.2014 (SG)
Datum:11.03.2014
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Konstitutiver Charakter einer, in einem Vorsorgereglement vorgesehenen, schriftlichen Meldepflicht für einen Anspruch auf eine Hinterlassenenrente im überobligatorischen Bereich bei Konkubinatsverhältnissen. Für die Anrechnung einer vor der Ehe bzw. eingetragenen Partnerschaft bestehenden Lebenspartnerschaft ist keine explizite schriftliche Meldung an die Kasse erforderlich, sofern die Tatsache der Ehe bzw. der eingetragenen Partnerschaft der Kasse bekannt war (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. März 2014, BV 2013/11).Bestätigt durch Urteil des Bundesgerichts 9C_345/2014Präsident Joachim Huber, Versicherungsrichterinnen Miriam Lendfers und Marie Löhrer; Gerichtsschreiber Peter Wohnlich
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 18 BV ; Art. 19 BV ; Art. 19a BV ; Art. 20a BV ; Art. 73 BV ; Art. 8 BV ;
Referenz BGE:133 V 314; 136 V 127; 136 V 131;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
Entscheid vom 11. März 2014

in Sachen

  1. ,

    Kläger,

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Marco Cottinelli, Rosenbergstrasse 60, Postfach 116, 9001 St. Gallen,

    gegen

    Pensionskasse der St. Galler Gemeinden, St. Gallerstrasse 89, 9230 Flawil,

    Beklagte,

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Marta Mozar, Seestrasse 6, Postfach 1544, 8027 Zürich,

    betreffend Lebenspartnerrente Sachverhalt:

    A.

    1. B. (nachfolgend: Versicherter) und A. (nachfolgend: Anspruchsberechtigter) lebten seit dem 30. September 2009 in einer eingetragenen Partnerschaft (act. G 1.4). Per 1. April 2012 trat der Versicherte eine neue Arbeitsstelle beim C. an und war ab diesem Zeitpunkt bis zu seinem Tod am 16. Februar 2013 bei der Pensionskasse St. Galler Gemeinden Genossenschaft (nachfolgend: Pensionskasse) vorsorgeversichert. In der am 3. April 2012 von der vorgängigen Vorsorgeeinrichtung, der AXA Stiftung berufliche Vorsorge (nachfolgend: AXA), erstellten Freizügigkeitspolice Nr. 518061 wurde für das Jahr 2012 ein Todesfallkapital des Versicherten von Fr. 203'391.00 bestätigt (act. G. 1.8). Mit Schreiben vom 23. August 2012 teilte die Pensionskasse dem Versicherten mit, dass ihr von der AXA, zu seinen Gunsten eine Freizügigkeitsleistung über Fr. 202'227.65 überwiesen worden sei (act. G. 1.7).

    2. Mit Schreiben vom 27. Februar 2013 informierte die Pensionskasse den Anspruchsberechtigten dahingehend, dass ihm ein Todesfallkapital von Fr. 54'626.20, ein Sparkassenguthaben von Fr. 1'500.20 sowie ein Überschussguthaben von Fr. 25'260.45, gesamthaft somit Fr. 81'386.85 zustehen würden (act. G 1.12). Mit Datum vom 5. März 2013 eröffnete das Amtsnotariat St. Gallen die Verfügung von Todes wegen vom 27. Februar 1998, in welcher der Anspruchsberechtigte als eingesetzter Alleinerbe des Versicherten aufgeführt ist (act. G 1.10).

    3. Der Anspruchsberechtigte liess der Pensionskasse durch Rechtsanwalt lic. iur. Marco Cottinelli, St. Gallen, mit Schreiben vom 12. März 2013 mitteilen, dass ihm gemäss seiner Auffassung gestützt auf das Reglement der Pensionskasse eine Witwerrente zustehen würde (act. G 1.13).

    4. Die Pensionskasse bezog mit Schreiben vom 18. März 2013 zu den Vorbringen des Anspruchsberechtigten Stellung (act. G 1.14). Darin brachte sie vor, dass die eingetragene Partnerschaft nicht fünf Jahre gedauert habe, sowie, dass der Pensionskasse zu Lebzeiten des Versicherten keine Lebenspartnerschaft schriftlich angemeldet worden sei. Aus diesem Grund bestehe kein Anspruch auf eine Hinterlassenenrente.

B.

    1. Mit Klage vom 14. Mai 2013 stellte Rechtsanwalt Cottinelli für den Anspruchsberechtigten das Rechtsbegehren, die Beklagte (Pensionskasse) sei zu verpflichten, dem Kläger – unter Vorbehalt der erneuten Eingehung einer eingetragenen Partnerschaft oder der Verheiratung – eine lebenslange jährliche Lebenspartnerrente in durch das Gericht zu bestimmender Höhe, mindestens aber in Höhe von jährlich Fr. 19'119.15 zu leisten. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beklagten. Zur Begründung brachte der Kläger im Wesentlichen vor, gemäss Art. 14 Ziff. 1 lit. b des ab dem 1. Januar 2010 gültigen Reglements der Pensionskasse (act. G 1.18; nachfolgend: Reglement) habe der überlebende Ehepartner beim Tod eines Versicherten Anspruch auf eine Ehepartnerrente, sofern er zu diesem Zeitpunkt das 45. Altersjahr vollendet und die Ehe mindestens 5 Jahre gedauert habe. Art. 15 des Reglements gewähre einem vom Versicherten bezeichneten Lebenspartner unter den gleichen Voraussetzungen einen Anspruch auf eine Hinterlassenenrente in Höhe der Ehepartnerrente. Der Kläger sei im Jahr 19 geboren und habe das 45. Altersjahr im Zeitpunkt des Todes des Versicherten überschritten. Die Partnerschaft des Klägers und des Versicherten sei seit dem 30. September 2009 im schweizerischen Zivilstandsregister eingetragen. Gemäss Art. 14 Ziff. 1 lit. b i.V.m. Art. 15 des Reglements sei zudem die zeitliche Anrechnung einer der eingetragenen Partnerschaft vorangehenden Lebenspartnerschaft vorgesehen. Gemäss Art. 28 Ziff. 1 des Reglements könne zudem in besonderen Fällen von den Bestimmungen des Reglements abgewichen werden, wenn deren Anwendung eine Härte für den Betroffenen bedeute und die Abweichung dem Sinn und Zweck der Kasse entspreche. Durch die Verweigerung der Leistung verstosse die Beklagte zusätzlich gegen Art. 28 Ziff. 1 des Reglements.

    2. Mit Klageantwort vom 28. Juni 2013 beantragte Rechtsanwältin lic. iur. Marta Mozar, Zürich, für die Beklagte die vollumfängliche Abweisung der Klage unter Entschädigungsfolgen. Zur Begründung brachte sie im Wesentlichen vor, die Ehe bzw. eingetragene Partnerschaft habe im Zeitpunkt des Todes des Versicherten nicht fünf Jahre gedauert. Die Dauer einer vorangehenden Lebenspartnerschaft werde der Dauer einer eingetragenen Partnerschaft angerechnet, sofern die Voraussetzungen gemäss Art. 15 Ziff. 1 lit. a – d des Reglements erfüllt seien. Die Lebenspartnerschaft des Versicherten mit dem Kläger sei der Beklagten zu Lebzeiten des Versicherten nie schriftlich angezeigt worden. Demzufolge sei die Voraussetzung des Art. 15 Ziff. 1 lit. c des Reglements nicht erfüllt. In Bezug auf Art. 28 des Reglements sei festzuhalten, dass der Kläger nie ein Gesuch um Härtefallleistungen gestellt habe und die Beklagte keinen Grund gehabt habe, eine Ermessensleistung gestützt auf Art. 28 Ziff. 1 des Reglements zu prüfen.

    3. Mit Replik vom 30. August 2013 bestätigte der Rechtsvertreter des Klägers seinen Standpunkt und brachte ergänzend vor, von einem Versicherten zu fordern, dass dieser der Pensionskasse einen Sachverhalt melde, der ihr bereits bekannt gewesen sei, sei willkürlich und überspitzt formalistisch. Der Versicherte sei durch die Beklagte zudem nicht bzw. nicht genügend über die Meldepflicht des Art. 15 Ziff. 1 lit. c des Reglements informiert worden. Die in eingetragener Partnerschaft lebenden Versicherten würden zudem gegenüber den in einer ehelichen Lebensgemeinschaft lebenden Versicherten durch das Reglement benachteiligt. Es liege somit ein Verstoss gegen das Rechtsgleichheitsgebot sowie gegen das Diskriminierungsverbot vor.

    4. In ihrer Duplik vom 8. Oktober 2013 hält die Rechtsvertreterin der Beklagten an ihrem Standpunkt fest und bringt ergänzend vor, der Versicherte habe seit seinem Beitritt zur Beklagten am 1. April 2012 bis zu seinem Tod am 16. Februar 2013 Zeit gehabt, eine dem Reglement entsprechende Begünstigung des Klägers auszudrücken, wenn dies sein Wille gewesen wäre. Sämtliche notwendigen Informationen liessen sich dem Reglement entnehmen. Eine Verletzung der Informationspflicht liege nicht vor. Es sei nicht die Aufgabe der Vorsorgeeinrichtung, nachzuforschen, ob die Anforderungen an eine Ehepartnerrente erfüllt seien, und von sich aus den Versicherten auf allfällige Vorsorgelücken aufmerksam zu machen und Lösungsvorschläge vorzulegen.

Erwägungen:

1.

Nach Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) bezeichnet jeder Kanton als letzte kantonale Instanz ein Gericht, das über Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten entscheidet. Gerichtsstand ist der schweizerische Sitz oder Wohnsitz der beklagten Partei oder der Ort des Betriebs, bei dem die versicherte Person angestellt war (Art. 73 Abs. 3 BVG). Sowohl der Sitz der Beklagten als auch der Ort des Betriebes, in dem der Versicherte zuletzt angestellt war, liegen im Kanton D. . Für Klagen nach Art. 73 BVG ist im D. das Versicherungsgericht sachlich zuständig und es findet das öffentlich-rechtliche Klageverfahren Anwendung (Art. 65 Abs. 1 lit. ebis des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRP; sGS 951.1]).

2.

    1. Die Hinterlassenenleistungen sind in den Art. 18 ff. BVG bundesgesetzlich normiert. Gestützt auf Art. 19 Abs. 1 BVG hat der überlebende Ehegatte Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente, wenn er beim Tod des Ehegatten für den Unterhalt eines Kindes aufkommen muss oder älter als 45 Jahre ist und die Ehe mindestens fünf Jahre gedauert hat. Überlebende eingetragene Partnerinnen und Partner sind dabei den Witwern gleichgestellt (Art. 19a BVG). Unbestritten ist, dass der Kläger die Voraussetzungen für einen Anspruch auf die obligatorischen Leistungen aus Art. 19

      i.V.m. Art. 19a BVG nicht erfüllt. Der Kläger muss nicht für den Unterhalt eines Kindes aufkommen und die eingetragene Partnerschaft hatte im Zeitpunkt des Todes des Versicherten die vorgeschriebene Mindestdauer von fünf Jahren noch nicht erreicht.

    2. Über den in Art. 19 BVG gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanspruch hinaus können die Vorsorgeeinrichtungen in ihrem Reglement für weitere, in Art. 20a Abs. 1 lit. a - c BVG aufgeführte Personen einen Anspruch auf Hinterlassenenleistungen vorsehen. Unter anderem für die Person, die mit dem Versicherten in den letzten fünf Jahren bis zu seinem Tod ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat (Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG). Eine solche Begünstigung sieht die in Art. 14 des Reglements geregelte Ehepartnerrente vor. Denn gemäss Art. 14 Ziff. 1 lit. b des Reglements wird

die Dauer einer der Ehe vorangehenden Lebenspartnerschaft bei der Ehedauer angerechnet. Gemäss Art. 15 des Reglements erhalten unter den gleichen Voraussetzungen wie Ehepartner die vom Versicherten bezeichneten Lebenspartner verschiedenen oder gleichen Geschlechts einen Anspruch auf eine Hinterlassenenrente in Höhe der Ehepartnerrente, sofern die in Art. 15 Ziff. 1 lit. a - d aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind. Somit enthält das Reglement keine explizite Gleichstellung der in eingetragener Partnerschaft mit den in einer Ehe lebenden Versicherten. Von der Beklagten wird jedoch explizit anerkannt, dass der eingetragene Lebenspartner dem Ehegatten gleichgestellt ist. Der Gleichstellungsanspruch ergibt sich sodann aus der bundesrechtlichen Normierung in Art. 19a BVG sowie Art. 8 Abs. 2 BV. Somit ist der in einer eingetragenen Partnerschaft lebende Versicherte auch im Reglement der Beklagten dem Ehegatten gleichzustellen. Für den Anspruch des Klägers auf eine Hinterlassenenrente ist somit Art. 14 des Reglements massgebend.

3.

    1. Zur Begründung seines Anspruchs bringt der Kläger unter anderem vor, Art. 14 Ziff. 1 lit. b des Reglements sehe die zeitliche Anrechnung einer der Ehedauer vorangehenden Lebenspartnerschaft unabhängig von den Voraussetzungen des Art. 15 des Reglements vor. Die Anrechnung einer vorbestehenden Lebenspartnerschaft habe gestützt auf Art. 14 Ziff. 1 lit. b des Reglements auch zu erfolgen, wenn die Voraussetzungen in Art. 15 des Reglements nicht erfüllt seien. Dass eine der eingetragenen Partnerschaft vorangehende Lebenspartnerschaft bestanden habe, bestätige der mit Datum vom 27. Februar 1998 abgeschlossene, öffentlich beurkundete Erbvertrag (act. G 1.3). Die Beklagte bringt hierzu vor, die Anrechnung im Sinne von Art. 14 Ziff. 1 lit. b setze eine Lebenspartnerschaft im Sinne von Art. 15 des Reglements voraus. Massgebend für die Anrechnung einer vor der Eintragung bestehenden Lebenspartnerschaft seien somit die Voraussetzungen in Art. 15 Ziff. 1 lit. a – d des Reglements.

    2. Unbestritten ist, dass der Kläger nicht für den Unterhalt eines oder mehrerer Kinder aufkommen muss und die eingetragene Partnerschaft im Todeszeitpunkt noch nicht fünf Jahre gedauert hat. Art. 14 Ziff. 1 lit. b des Reglements sieht darüber hinaus eine zeitliche Anrechnung der Dauer einer vorangehenden Lebenspartnerschaft an die

Ehedauer vor. Es ist somit in Auslegung der Bestimmung in Art. 14 Ziff. 1 lit. b des Reglements zu prüfen, ob eine allenfalls bestehende, der eingetragenen Partnerschaft vorangehende, anrechenbare Lebenspartnerschaft bestand.

4.

4.1 Die Bestimmung in Art. 14 Ziff. 1 lit. b lautet wörtlich: "(….) Die Dauer der Lebenspartnerschaft (vgl. Art. 15) wird bei der darauf folgenden Ehedauer angerechnet." (act. G 1.18). Vorab ist dabei die Frage zu klären, ob aufgrund des expliziten Verweises auf Art. 15 des Reglements, gestützt auf Art. 15 Ziff. 1 lit. c eine Meldung des Lebenspartners an die Beklagte zu Lebzeiten des Versicherten hätte erfolgen müssen.

    1. Im Entscheid BGE 136 V 127 befasste sich das Bundesgericht unter anderem mit der Frage, ob eine reglementarische Bestimmung, die für einen Anspruch auf eine Hinterlassenenrente eine schriftliche Begünstigungserklärung vorschreibt, in einem Widerspruch zu Art. 20a BVG steht. Das Bundesgericht zog dabei in Erwägung, dass es sich um ein legitimes Interesse der Vorsorgeeinrichtungen handle, mittels einer entsprechenden Erklärung Klarheit über die begünstigten Personen zu erhalten. Dies insbesondere in den Fällen, in denen sich die Berechtigung aus einer über einen gewissen Zeitraum gelebten Lebenspartnerschaft ergebe. Die Anspruchsberechtigung richte sich dabei nicht nach feststehenden rechtlichen Kriterien, sondern nach faktischen Umständen, deren Vorliegen häufig unklar und umstritten sei (vgl. ebenso BGE 133 V 314). Vor dem Hintergrund dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die in Art. 15 Ziff. 1 lit. c des Reglements vorausgesetzte Meldepflicht zulässig.

    2. Unbestritten ist, dass der Beklagten die Tatsache, dass der Kläger in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, bekannt war. Dies ergibt sich schon allein aus dem Versicherungsausweis 2012 (act. G 1.15). Ebenfalls ist festzuhalten, dass der Kläger bereits bei seinem Eintritt in die Beklagte in der eingetragenen Partnerschaft lebte. Bei der Frage, ob darüber hinaus noch eine explizite schriftliche Meldung, wie von der Beklagten gefordert, erforderlich gewesen wäre, ist insbesondere auch der Zweck der in Art. 15 Ziff. 1 lit. c des Reglements enthaltenen Meldepflicht zu berücksichtigen. Art. 15 des Reglements bezieht sich primär auf den Anspruch auf eine Hinterlassenenrente

      von Lebenspartnern, die nicht mit dem Versicherten verheiratet sind und soll diese den Ehegatten und eingetragenen Partnern gleichstellen. Art. 15 des Reglements dient somit primär der Gleichstellung der Konkubinatspartner mit Ehepartnern und eingetragenen Partnern. Bei Konkubinatspartnern erscheint es auch angezeigt, die Begünstigung an eine explizite schriftliche Meldung zu knüpfen und dieser konstitutiven Charakter zuzuerkennen. Auch in den vorerwähnten bundesgerichtlichen Entscheiden BGE 136 V 127 und BGE 133 V 314 ging es um die Beurteilung der Begünstigung eines Konkubinatspartners. Zudem wird in den diesen Entscheiden zu Grunde liegenden Reglementen eine schriftliche Begünstigungserklärung oder ein Unterstützungsvertrag verlangt. So lautet die Formulierung des für die Pensionskasse des Bundes (PUBLICA) massgebenden Art. 39 Abs. 4 der Verordnung über die Versicherung im Kernplan der Pensionskasse des Bundes (PKBV; SR 172.222.034.1): "Die Lebenspartnerschaft muss PUBLICA in Form eines Unterstützungsvertrages der Pensionskasse schriftlich gemeldet worden sein. Dieser Unterstützungsvertrag ist PUBLICA zu Lebzeiten der beiden Lebenspartner von beiden unterzeichnet zuzustellen" (vgl. BGE 133 V 314 E. 3.1). Die Formulierung im Reglement der Beklagten lautet hingegen: "(….) hat der vom Versicherten, Alters- oder Invalidenrentner bezeichnete Lebenspartner verschiedenen oder gleichen Geschlechts Anspruch auf eine Hinterlassenenrente in Höhe der Ehepartnerrente, sofern der Partner der Kasse vom Versicherten, Alters- oder Invalidenrenter zu Lebzeiten schriftlich gemeldet wurde (….)" (vgl. Art. 15 Ziff. 1 lit. c des Regelements; act. G 1.15). Das Reglement der Beklagten fordert damit keine eigentliche Begünstigungserklärung, sondern lediglich eine schriftliche Meldung des Lebenspartners. Die in den vorerwähnten bundesgerichtlichen Entscheiden enthaltene Praxis kann somit nicht unbesehen auf den vorliegenden Sachverhalt angewendet werden.

    3. Die Rechtsprechung in BGE 136 V 127 sowie BGE 133 V 314 stützt sich auf die Begründung, dass der Anspruch der in Art. 20a BVG genannten Personen nicht von Gesetzes wegen besteht, sondern nur, wenn das Reglement der Vorsorgeeinrichtung einen solchen statuiert. Es erscheine daher folgerichtig, dass das Reglement diese Begünstigung auch von einer entsprechenden Erklärung des Versicherten abhängig machen könne. Es entspreche auch der Natur der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, dass im Unterschied zur gesetzlich geregelten Ehe die Beziehungen zwischen den Personen vollumfänglich deren Autonomie überlassen werde. Die Begründung des

      Bundesgerichts bezieht sich somit ebenfalls auf Konkubinatspartner sowie auf eine von einem Reglement explizit geforderte Begünstigungserklärung. Massgebend erscheint für das Bundesgericht, dass mit der schriftlichen Meldung des Lebenspartners an die Pensionskasse der Wille der Begünstigung zum Ausdruck kommt. Diese Begründung kann jedoch nicht ohne Weiteres von Konkubinatspartner auf Ehepartner oder eingetragene Partner übertragen werden. Wie das Bundesgericht in BGE 136 V 131 in

      E. 4.5 festhält, entspricht es gerade der Natur der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, dass im Unterschied zur gesetzlich geregelten Ehe die Beziehungen zwischen den Partnern vollumfänglich deren Autonomie überlassen werde. Bei einer bestehenden Ehe oder eingetragenen Partnerschaft ist hingegen davon auszugehen, dass der Begründung der Ehe bzw. der eingetragenen Partnerschaft der Begünstigungswille als wesentliches gesetzliches Merkmal dieser Institution (Ausfluss der gegenseitigen Beistands- und Unterhaltspflicht) innewohnt und eine ausdrückliche Begünstigungserklärung überhaupt keinen Sinn ergeben würde.

    4. Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist im vorliegenden Fall somit nicht von einer zwingend konstitutiven Wirkung der in Art. 15 Ziff. 1 lit. c statuierten Meldepflicht auszugehen. Gerade in Fällen, wie dem vorliegenden, in denen die Tatsache der eingetragenen Partnerschaft der Kasse bekannt ist, erschiene es auch überspritzt formalistisch und wider Treu und Glauben, vom Versicherten zusätzlich eine ausdrückliche schriftliche Meldung des Lebenspartners zu verlangen, wenn der Kasse der Zivilstand der eingetragenen Partnerschaft bereits bekannt ist. Dies hat zur Folge, dass für die gestützt auf Art. 14 Ziff. 1 lit. b des Reglements erfolgende Anrechnung einer vorbestehenden Lebenspartnerschaft an die eingetragene Partnerschaft, der Lebenspartner der Versicherung zu Lebzeiten nicht ausdrücklich gemeldet werden muss. Dem hinterbliebenen eingetragenen Partner muss vielmehr auch ohne explizite schriftliche Meldung zu Lebzeiten, nach dem Tod des Versicherten die Möglichkeit zum Nachweis einer an die Dauer der eingetragenen Partnerschaft anrechenbaren vorangehenden Lebenspartnerschaft offen stehen. Dies muss umso mehr gelten, wenn der Kasse bereits bekannt ist, dass der Versicherte in einer eingetragenen Partnerschaft oder einer Ehe lebt. Der Kläger durfte davon ausgehen, dass durch die Tatsache, dass er in einer eingetragenen Partnerschaft lebt und diese der Beklagten auch gemeldet worden war, er seinem Lebenspartner die mögliche Begünstigung auch tatsächlich zukommen liess.

5.

    1. Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Tatsache, dass der Versicherte den Kläger nicht ausdrücklich als Lebenspartner der Beklagten zu Lebzeiten schriftlich gemeldet hat, einen Anspruch auf Hinterlassenenrente nicht ausschliesst. Es ist somit zu prüfen, ob eine an die eingetragene Partnerschaft anrechenbare Lebenspartnerschaft bestand, sodass gestützt auf Art. 14 Ziff. 1 lit. b ein Anspruch auf eine Hinterlassenenrente besteht. Hierfür müsste die Lebenspartnerschaft zwischen dem Versicherten und dem Kläger spätestens seit dem 16. Februar 2008 bestanden haben.

    2. Aus den im Recht liegenden Meldebescheinigungen des Einwohneramtes D. vom 26. Februar 2013 (act. G 1.9) sowie vom 29. August 2013 (act. G 7.1) geht hervor, dass der Versicherte und der Kläger seit dem 7. Januar 1988 in der Gemeinde D. gemeldet und an der Adresse E. wohnhaft waren. Der Kläger ist dies heute noch. Sodann geht bereits aus dem Personenübersichtsblatt wincoLink-pro der Axa Winterthur vom 1. August 2008 hervor, dass der Versicherte in einer eingetragenen Partnerschaft lebte (act. G 1.16). Ebenfalls liegt der zwischen dem Kläger und dem Versicherten abgeschlossene Erbvertrag vom 27. Februar 1998 im Recht, worin jede der Vertragsparteien seinen überlebenden Partner als Universalerben einsetzt (act. G 1.3). Aus diesem Erbvertrag geht hervor, dass der Versicherte und der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt in einer Lebensgemeinschaft lebten. So wird auf Seite 2 explizit ausgeführt: "Soweit unsere Lebensgemeinschaft andauert…". Diese Tatsache wurde von der Beklagten denn auch nie bestritten. Es kann somit als erwiesen angesehen werden, dass der Versicherte und der Kläger am 16. Februar 2008 bereits in einer Lebenspartnerschaft lebten. Diese wird auf die Dauer der eingetragenen Partnerschaft angerechnet und es steht dem Kläger somit gestützt auf Art. 14 Ziff. 1 lit. b des Reglements ein Anspruch auf eine Hinterlassenenrente zu.

    3. Gemäss Art. 14 Ziff. 2 des Reglements beträgt die Hinterlassenenrente 70% der im Zeitpunkt des Todes versicherten Altersrente bzw. der laufenden Invaliden- oder Altersrente. Erstmals wird sie für den auf den Tod folgenden Monat ausgerichtet. Im vorliegenden Fall ist somit ab dem 1. März 2013 eine Hinterlassenenrente geschuldet. Zur Bestimmung der genauen Höhe wird die Sache an die Beklagte überwiesen.

5.4 Es erübrigt sich damit, auf die weiteren Vorbringen des Klägers einzugehen.

6.

    1. Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist die Klage gutzuheissen und dem Kläger

      - unter Vorbehalt der erneuten Eingehung einer eingetragenen Partnerschaft oder der Verheiratung - eine lebenslange Hinterlassenenrente ab dem 1. März 2013 in der Höhe von 70% der im Zeitpunkt des Todes versicherten Altersrente zuzusprechen. Zur genauen Bestimmung der Höhe der auszurichtenden Hinterlassenenrente wird die Angelegenheit an die Beklagte überwiesen.

    2. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 73 Abs. 2 BVG). Bei diesem Verfahrensausgang hat der Kläger Anspruch auf eine Parteientschädigung. Es rechtfertigt sich, diese unter den gegebenen Umstände auf pauschal Fr. 3'500.00 (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) festzulegen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

entschieden:

  1. Die Klage wird gutgeheissen und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger - unter Vorbehalt der erneuten Eingehung einer eingetragenen Partnerschaft oder der Verheiratung - ab dem 1. März 2013 eine lebenslange jährliche Hinterlassenenrente in der Höhe von 70% der im Zeitpunkt des Todes versicherten Altersrente zu leisten.

  2. Die Angelegenheit wird zur genauen Bestimmung der Höhe der auszurichtenden

    Hinterlassenenrente an die Beklagte überwiesen.

  3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  4. Die Beklagte hat dem Kläger eine Parteientschädigung von pauschal Fr. 3'500.00

(inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) auszurichten.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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