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Urteil Verwaltungsgericht (SG - B 2019/81)

Zusammenfassung des Urteils B 2019/81: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Beschwerdegegnerin, die lange Zeit Sozialhilfe bezogen hat, nicht in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt. Trotz der Bemühungen der Beschwerdegegnerin, sich von der Sozialhilfe zu lösen, wird ihr vorgeworfen, nicht genügend Anstrengungen unternommen zu haben, um die Sozialhilfeschulden zurückzuzahlen. Die Beschwerdeführerin argumentiert jedoch, dass die finanzielle Situation der Beschwerdegegnerin sich verbessert hat und sie seit über fünf Jahren nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen ist. Die Vorinstanz betont, dass die Schuldlosigkeit des Sozialhilfebezugs bei der Beurteilung berücksichtigt werden muss. Letztendlich wird festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin das Kriterium des Lebens in geordneten finanziellen Verhältnissen erfüllt und somit auch die Integrationsanforderungen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts B 2019/81

Kanton:SG
Fallnummer:B 2019/81
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2019/81 vom 25.05.2020 (SG)
Datum:25.05.2020
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Einbürgerung. Art. 14 lit. b aBüG, aArt. 14 BRG, aArt. 13 Abs. 1 lit. a BRG, aArt. 13 Abs. 1 lit. c BRG. Die Beschwerdegegnerin ist irakische Staatsbürgerin und lebt seit 1992 in der Schweiz. Nach der Scheidung im Jahr 2003 bezog sie für sich und ihre beiden Kinder Sozialhilfe. Seit 2013 arbeitet sie und konnte sich von der Sozialhilfe lösen. Der Einbürgerungsrat hatte Vorbehalte bezüglich der Integration und der Vertrautheit mit den kulturellen Begebenheiten und hielt der Beschwerdegegnerin den Sozialhilfebezug vor. Das Einbürgerungsgesuch wurde abgelehnt. Die Vorinstanz hob diesen Entscheid auf und wies die Angelegenheit zur Durchführung des Auflage- und Einspracheverfahrens zurück. Damit zeigte sich die Gemeinde nicht einverstanden. Die Beschwerdegegnerin ist ausreichend mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut (Art. 14 lit. b aBüG, aArt. 14 BRG) und hält sich an die rechtsstaatliche Ordnung sowie die Werte der Bundesverfassung (aArt. 13 Abs. 1 lit. a BRG). Der frühere Sozialhilfebezug ist aufgrund der anfänglichen Betreuungsaufgabe der minderjährigen Kinder als Alleinerziehende und der nachgewiesenen erfolglosen Stellenbemühungen als unverschuldet einzustufen. Zum jetzigen Zeitpunkt lebt sie insoweit in geordneten finanziellen Verhältnissen, als dass sie einer geregelten Arbeit nachgeht und weder ausstehende Steuerrückstände noch Betreibungen bestehen (aArt. 13 Abs. 1 lit. c BRG). Dementsprechend erfüllt die Beschwerdegegnerin die gesamten in aArt. 13 und aArt. 14 BRG vorausgesetzten Kriterien zur Einbürgerung. Abweisung der Beschwerde der Gemeinde (Verwaltungsgericht, B 2019/81). Auf eine gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil vom 3. Juli 2020 nicht ein (Verfahren 1D_5/2020).
Schlagwörter: Einbürgerung; Sozialhilfe; Recht; Entscheid; Gemeinde; Vorinstanz; Ermessen; Verwaltungsgericht; Integration; Verhältnisse; Kanton; Bürger; Cavelti; Einbürgerungsrat; Verfahren; Rekurs; Bürgerrecht; Person; Verhältnissen; Ermessens; Arbeit; Gesuch; Sozialhilfebezug; Gespräch; Protokoll; Sachverhalt
Rechtsnorm: Art. 14 B?G;Art. 15 B?G;Art. 38 BV ;Art. 50 B?G;
Referenz BGE:130 II 482; 134 I 49; 137 I 235; 138 I 242; 138 I 305; 139 I 280; 139 I 49; 140 I 99; 144 III 481;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2019/81

Entscheid vom 25. Mai 2020

Besetzung

Abteilungspräsident Eugster; Verwaltungsrichterin Reiter, Verwaltungsrichter Zogg; Gerichtsschreiberin Schambeck

Verfahrensbeteiligte

Politische Gemeinde X. , Gemeinderat,

Beschwerdeführerin,

gegen

Departement des Innern des Kantons St. Gallen, Regierungsgebäude, 9001 St.

Gallen, Vorinstanz, und

A. ,

Beschwerdegegnerin,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Fidel Cavelti, Cavelti & Wernli Rechtsanwälte,

Kasernenstrasse 1, 9100 Herisau,

Gegenstand

Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs

Das Verwaltungsgericht stellt fest:

A.

A.a.

A. wurde 1967 in Kuwait geboren und ist irakische Staatsbürgerin. Sie besuchte die Schulen in Kuwait und schloss ihr Studium mit einem Bachelor in Psychologie ab. Im Jahr 1992 reiste sie in die Schweiz ein und lebt seit dem 14. Juni 1993 in der Gemeinde X. . Sie hat zwei Kinder B. , geboren 1994, und C. , geboren 1998. Seit dem 26. August 2003 ist A. geschieden. Nach der Scheidung bezog sie für sich und ihre Familie Sozialhilfe. Sie arbeitet seit dem 1. Mai 2013 in einem Arbeitspensum von 70% im E. als Betreuerin/Therapeutin.

A.b.

Mit Eingabe vom 10. Februar 2016 reichte A. bei der Gemeindeverwaltung X. ein Gesuch um "Einbürgerung im Allgemeinen" ein. Die vom Einbürgerungsrat getätigten Abklärungen ergaben unter anderem, dass A. und ihre Kinder von Juni 2003 bis September 2013 durch die Sozialen Dienste unterstützt wurden und ein offener rückerstattungspflichtiger Betrag aus bezogenen Sozialhilfeleistungen von über

CHF 250'000 besteht. Mit Schreiben vom 27. Juni 2016 teilte der Einbürgerungsrat X. A. mit, dass sie jahrelang Sozialhilfe bezogen habe und Sozialhilfeschulden bestehen würden. Aus diesem Grund sei eine Einbürgerung nicht möglich.

A.c.

A. liess mit Schreiben vom 12. Dezember 2016 durch ihren Rechtsvertreter verlauten, dass ihr Sozialhilfebezug unverschuldet gewesen sei. Seit über drei Jahren sei sie nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen. Insofern stelle der frühere Sozialhilfebezug keinen Verweigerungsgrund für eine Einbürgerung dar. In der Folge wurde A. zu einem Einbürgerungsgespräch eingeladen, welches am 14. September 2017 stattfand. Dieses Gespräch und die anschliessende Beurteilung der Einbürgerungskommission wurden in einem Protokoll festgehalten und am 6. Dezember 2017 an den Einbürgerungsrat versandt. Dieser nahm mit Beschluss vom 19. Dezember 2017 davon Kenntnis und folgte der Empfehlung der Einbürgerungskommission auf Ablehnung des Gesuchs. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs verfügte der Einbürgerungsrat am 6. Februar 2018 die Abweisung des Gesuchs von A. auf Einbürgerung. Sie erfülle die grundlegenden Anforderungen wie Integration, Vertrautheit mit den kulturellen Gegebenheiten, Achtung der Rechtsordnung und die Wahrnehmung der staatsbürgerlichen Pflichten derzeit nicht. Den dagegen erhobenen Rekurs hiess das Departement des Innern mit Entscheid vom 2. April 2019 gut und wies die

Angelegenheit zur Durchführung des Auflage- und Einspracheverfahrens an den als Einbürgerungsrat amtierenden Gemeinderat der politischen Gemeinde X. zurück. Die Ablehnungsgründe des Einbürgerungsrates könnten nicht überzeugen, und damit habe dieser sein ihm zustehendes Ermessen missbräuchlich bzw. willkürlich gehandhabt.

B.

Die politische Gemeinde X. (Beschwerdeführerin), vertreten durch den Gemeinderat, reichte am 17. April 2019 und mit Ergänzung vom 24. Mai 2019 Beschwerde gegen den Entscheid des Departements des Innern (Vorinstanz) vom 2. April 2019 beim Verwaltungsgericht ein mit dem Rechtsbegehren auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

Die Vorinstanz schloss in ihrer Vernehmlassung vom 12. Juni 2019 auf Abweisung der Beschwerde und verwies auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid. Mit Eingabe vom 18. Juli 2019 ersuchte A. (Beschwerdegegnerin) ebenfalls um Abweisung der Beschwerde, unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung ihrer Vernehmlassung reichte die Beschwerdegegnerin diverse Unterlagen ein, unter anderem Nachweise über Bewerbungen in den Jahren 2009 bis 2013 und einen Mietvertrag mit Mietbeginn ab dem 1. April 2019. Dazu liess sich die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 9. September 2019 vernehmen. Die Beschwerdegegnerin nahm mit Eingabe vom 18. Oktober 2019 erneut zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin Stellung. Auf einen weiteren Schriftenwechsel verzichtete die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 4. November 2019 und verwies auf die bisherigen Anträge und Ausführungen.

Auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid und die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge sowie die Akten wird, soweit wesentlich, in den Erwägungen eingegangen.

Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

1.

Das Verwaltungsgericht ist zum Entscheid in der Sache zuständig (Art. 59bis Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege; sGS 951.1, VRP). Nach Art. 64 VRP in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 VRP ist zur Erhebung des Rekurses berechtigt, wer an der Änderung Aufhebung der Verfügung des Entscheides ein eigenes schutzwürdiges Interesse dartut. Zur Wahrung öffentlicher Interessen steht das Beschwerderecht auch der zuständigen Behörde einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft einer selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt zu (Art. 64 VRP in

Verbindung mit Art. 45 Abs. 2 VRP). Praxisgemäss setzt die Legitimation eines Gemeinwesens nach Art. 45 Abs. 2 VRP voraus, dass dieses den streitigen Entscheid durch Setzen eines Rechtsaktes im eigenen Aufgabenbereich erlassen und damit bestimmte öffentliche Interessen vertreten hat (GVP 1992 Nr. 43). Das ist nur der Fall, wenn es im Bereich einer ihm obliegenden Aufgabe tätig wurde und dabei lokale Interessen wahrgenommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um autonome Belange übertragene Befugnisse handelt. Der Aufgabenkreis der öffentlich- rechtlichen Körperschaften Anstalten ergibt sich aus der Zuständigkeitsordnung des kantonalen Rechts. Massgebend ist letztlich, ob der betreffenden Körperschaft Anstalt eigene Verfügungskompetenz zukommt (Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen – dargestellt an den Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, 2. Aufl. 2003, Rz. 453 f.). Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin von ihrer Verfügungskompetenz Gebrauch gemacht, und damit ist ihre Beschwerdebefugnis betreffend die Einbürgerung der Beschwerdegegnerin gegeben (vgl. VerwGE B 2019/117 vom 19. Dezember 2019 E. 1, B 2016/32 vom 14. Dezember 2017 E. 1.1). Die Beschwerde gegen den Entscheid der Vorinstanz vom 2. April 2019 wurde mit Eingabe vom 17. April 2019 rechtzeitig erhoben und erfüllt zusammen mit der Ergänzung vom 24. Mai 2019 formal wie inhaltlich die gesetzlichen Anforderungen (Art. 64 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 und 2 VRP). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

2.

Am 1. Januar 2018 sind das totalrevidierte Bundesgesetz über das Schweizer Bürgerrecht SR 141.0, BüG) sowie die entsprechenden Änderungen in der Verordnung über das Bürgerrecht (SR 141.01, BüV) in Kraft getreten. Auf diesen Zeitpunkt hin wurde auch das kantonale Einbürgerungsrecht mit dem Nachtrag zum Gesetz über das St. Galler Bürgerrecht (sGS 121.1, BRG) sowie dem Nachtrag zur Verordnung über das St. Galler Bürgerrecht (sGS 121.11, BRV) angepasst. Gemäss den übergangsrechtlichen Bestimmungen nach Art. 57 BRG und Art. 50 Abs. 2 BüG gelten für vor dem Inkrafttreten dieser Gesetze eingereichte Gesuche bis zum Entscheid über das Gesuch die Bestimmungen nach dem bisherigen Recht. Da das Gesuch um Einbürgerung am 10. Februar 2016 eingereicht wurde, ist die Angelegenheit nach bisherigem, bis zum 31. Dezember 2017 geltenden BüG (im Folgenden mit „aBüG“ bezeichnet) und BRG zu beurteilen.

3.

3.1.

Vorab ist auf die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwände formeller Natur

einzugehen. Sie macht geltend, dass nur der Einbürgerungsentscheid aufgrund der damals vorhandenen Unterlagen und Informationen Beschwerdegegenstand sei. Das Schreiben der Arbeitskollegen sowie weitere Schreiben von Bekannten der Beschwerdegegnerin, welche die Integration der Beschwerdegegnerin nachweisen sollen, seien erst nach dem Entscheid des Einbürgerungsrates eingereicht worden. Es sei nicht statthaft, dem Einbürgerungsrat entgegenzuhalten, diese Unterlagen nicht gewürdigt zu haben. Massgebend für den Entscheid seien die bis zum Entscheid vorliegenden Akten, Sachverhaltsabklärungen und das persönliche Gespräch. Stattdessen habe die Vorinstanz alle Einwände und nachträglich beigebrachten Argumente höher gewichtet als die von der Behörde korrekt vorgenommenen Sachverhaltsabklärungen. Diese Argumente würden aber im Widerspruch mit der Wahrnehmung am persönlichen Gespräch stehen. Indem die Vorinstanz diese Noven berücksichtigt habe, habe sie ihre Kognitionsbefugnis überschritten.

3.2.

Nach Art. 34 Abs. 2 BRG kann die gesuchstellende Person nebst der Rechtswidrigkeit die unrichtige unvollständige Feststellung des Sachverhalts als Rekursgründe geltend machen. Weiter richtet sich das Verfahren sachgemäss nach dem VRP. Das Rekursverfahren wird im VRP in den Bestimmungen ab Art. 40 ff. geregelt. Gemäss Art. 46 Abs. 3 VRP sind neue Begehren zulässig. Das bedeutet, dass die Rechtsbegehren grundsätzlich erweitert bzw. geändert werden können und dass eine Änderung des tatsächlichen Fundaments zulässig ist (Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 640). Aus der Zulässigkeit neuer tatsächlicher Vorbringen folgt, dass für die Beurteilung der Sachverhalt im Zeitpunkt des Entscheids massgebend ist. Im Rekursverfahren sind neue Tatsachen demnach bis zum Zeitpunkt des Entscheides zu berücksichtigen (Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 641, Looser/Looser-Herzog, in: Rizvi/Schindler/Cavelti [Hrsg.], Praxiskommentar über das Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Zürich/ St. Gallen 2020, N 25 zu Art. 46 VRP).

Zum einen stellte die Vorinstanz im vorliegenden Fall zu Recht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs fest, indem der Beschwerdegegnerin vor Verfügungserlass die Möglichkeit zur Einsicht in das Gesprächsprotokoll vom 14. September 2017 nicht gegeben worden war. Die Beschwerdegegnerin kannte damit vor Verfügungserlass den Protokollinhalt nicht und konnte weder Korrekturen noch allfällige Anmerkungen zum Protokoll anbringen noch weitergehende Unterlagen einreichen. Erst im Rekursverfahren war es der Beschwerdegegnerin möglich, sich umfassend zu äussern. Im Rahmen des Schriftenwechsels im Rekursverfahren wurde wiederum der Beschwerdeführerin die Möglichkeit gegeben, sich zu den Vorbringen und

eingereichten Beilagen der Beschwerdegegnerin zu äussern. Zum anderen ist – wie erwähnt – im Rekursverfahren die Rüge eines unvollständig festgestellten Sachverhalts möglich. Die von der Beschwerdegegnerin im Rekursverfahren eingebrachten Unterlagen musste die Vorinstanz auch aus diesem Grund berücksichtigen. Denn für die Entscheidfindung der Vorinstanz sind die gesamten bis zum Zeitpunkt des Entscheides aufgelaufenen Akten massgebend.

3.3.

Auch die im Beschwerdeverfahren von der Beschwerdegegnerin neu eingereichten Unterlagen stellen keine unzulässigen Noven dar. Nach Art. 61 Abs. 1 VRP können mit der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Rechtsverletzungen geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer kann sich auch darauf berufen, der angefochtene Entscheid beruhe auf einem unrichtig unvollständig festgestellten Sachverhalt (Art. 61 Abs. 2 VRP). Art. 61 Abs. 3 VRP regelt das sogenannte Novenverbot. Dieses besagt, dass im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht grundsätzlich keine neuen Begehren gestellt werden können. Neu ist ein Begehren, wenn im Verfahren vor Verwaltungsgericht eine gegenüber dem vorangegangenen Verfahren andere weitergehende Rechtsfolgebehauptung erhoben wird (Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 919). Ausdruck des Novenverbots ist ausserdem, dass das Verwaltungsgericht Tatsachen, die nach Abschluss des vorinstanzlichen Verfahrens eingetreten sind (echte Noven), grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt (Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 642). Demgegenüber dürfen neue Tatsachen, die sich vor Abschluss des vorinstanzlichen Verfahrens verwirklicht haben, die der Vorinstanz aber nicht bekannt waren von ihr nicht berücksichtigt wurden (unechte Noven), im Verfahren vor Verwaltungsgericht vorgebracht werden und sind zu würdigen (Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 643). Eine Schranke bei der Berücksichtigung unechter Noven besteht dann, wenn der dem vorinstanzlichen Entscheid zugrundeliegende Sachverhalt nicht ergänzt neu gewürdigt wird, sondern wenn dem Rechtsbegehren ein neues tatsächliches Fundament unterstellt wird. Eine solche Änderung des Klagefundaments ist nach der Praxis gestützt auf Art. 61 Abs. 3 VRP nicht zulässig (M. Looser/M. Looser-Herzog, a.a.O., N 14 zu Art. 61 VRP). Eine Einschränkung ergibt sich aber aus Art. 6 Ziff. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (SR 0.101, EMRK). Soweit die Vorinstanz des Verwaltungsgerichts – wie vorliegend – keine richterliche Behörde ist, garantiert

Art. 6 Ziff. 1 EMRK in ihrem Anwendungsbereich eine richterliche Überprüfung mit voller Kognition, d.h. inklusive (echter) Noven. Eine solche steht dem Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall also grundsätzlich zu (Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 645 mit Hinweis, VerwGE B 2018/225 vom 29. August 2019 E. 5.2, B 2016/192 vom 26. Oktober 2017 E. 1.2).

4.

Schweizerin Schweizer ist, wer das Bürgerrecht einer Gemeinde und das Bürgerrecht des Kantons besitzt (Art. 37 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [SR 101, BV]). Bezüglich Einbürgerungen von Ausländerinnen und Ausländern sind die Kompetenzen zur Rechtsetzung und Rechtsanwendung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden aufgeteilt (Art. 38 BV). Der Bund hat sich darauf beschränkt, Mindestvorschriften und die Voraussetzungen für die Erteilung der bundesrechtlichen Einbürgerungsbewilligung im aBüG zu umschreiben: Wer um Einbürgerung ersucht, muss während insgesamt zwölf Jahren in der Schweiz gewohnt haben (Art. 15 aBüG) und dazu geeignet sein (Art. 14 aBüG). Gemäss Art. 14 aBüG gehört zu den materiellen Voraussetzungen, dass die Bewerberin der Bewerber in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist (lit. a), mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist (lit. b), die schweizerische Rechtsordnung beachtet (lit. c) und die innere äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet (lit. d).

4.1.

Die Kantone sowie die Gemeinden – nach Massgabe des kantonalen Rechts – können zusätzliche materielle Einbürgerungsvoraussetzungen zu den bundesrechtlichen Mindestanforderungen aufstellen (Hafner/Buser, in: B. Ehrenzeller u.w. [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, N 8 zu Art. 38 BV, BGE 138 I 242 E. 5.3). Der Kanton St. Gallen hat dies bei der ordentlichen Einbürgerung sowohl in Bezug auf die Wohnsitzerfordernisse als auch hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen getan. Das BRG ergänzt und erläutert die bundesrechtlichen Eignungsvoraussetzungen, indem die Begriffe durch die Voraussetzungen der Integration und des Vertrautseins konkretisiert und auf die örtlichen Verhältnisse ausgedehnt werden (Botschaft zum Gesetz über das St. Galler Bürgerrecht vom 8. Dezember 2008, nachfolgend: Botschaft, Ziff. 4.2.3, S. 7, www.ratsinfo.sg.ch: Geschäftsnummer 22.09.12). Nach aArt. 9 BRG wird eine achtjährige Wohnsitzdauer im Kanton verlangt, wovon die Gesuchsteller die letzten vier Jahre ununterbrochen in der politischen Gemeinde gewohnt haben müssen. Die materiellen Voraussetzungen betreffend die Eignung wird in die Integration (aArt. 13 BRG) und die Vertrautheit (aArt. 14 BRG) aufgegliedert. Die einzelnen Integrationskriterien werden in aArt. 13 BRG aufgezählt. Nach dieser Bestimmung sind Ausländerinnen und Ausländer integriert, wenn sie die rechtsstaatliche Ordnung sowie die Werte der Bundesverfassung respektieren und dies in einer schriftlichen Erklärung bekunden (lit. a), den Willen zur Teilnahme am Wirtschaftsleben und zum Erwerb von Bildung bekunden (lit. b), in geordneten finanziellen Verhältnissen leben (lit. c), soziale

Beziehungen am Arbeitsplatz, in Nachbarschaft, Gemeinde, Ortsteil, Quartier, Kirche anderen Institutionen pflegen (lit. d), die Integration der Ehegattin beziehungsweise des Ehegatten der eingetragenen Partnerin beziehungsweise des eingetragenen Partners fördern und unterstützen (lit. e), ihre Erziehungsverantwortung gegenüber ihren minderjährigen Kindern wahrnehmen (lit. f) und über gute Deutschkenntnisse zur Verständigung mit den Behörden und der einheimischen Bevölkerung, welche mittels Test nachgewiesen werden müssen, verfügen (lit. g). Nach aArt. 14 BRG ist mit den schweizerischen und örtlichen Verhältnissen insbesondere vertraut, wer am öffentlichen Geschehen interessiert ist, darüber Bescheid weiss und sich daran beteiligt (lit. a) sowie die Grundsätze von Staatsaufbau und Geschichte kennt (lit. b). Eine einbürgerungswillige Person muss beide Voraussetzungen – die Integration und die Vertrautheit – erfüllen. Aus der gegenseitigen Verknüpfung resultiert gegenüber den bundesrechtlichen Mindestvorgaben eine Verschärfung der Einbürgerungskriterien (Botschaft, Ziff. 4.2.3, S. 12).

4.2.

Wer um Einbürgerung ersucht, hat ein Einbürgerungsgesuch mit Bewerbungsschreiben, Fotografie sowie den vom Einbürgerungsrat verlangten Unterlangen einzureichen (Art. 15 und 16 BRG und Art. 4 der Verordnung über das St. Galler Bürgerrecht (sGS 121.11, BRV). Der Einbürgerungsrat stellt die für die Einbürgerung massgebenden Sachverhalte fest und führt mit der gesuchstellenden Person das Einbürgerungsgespräch durch (Art. 17 BRG). Abschliessend entscheidet der Einbürgerungsrat über das Einbürgerungsgesuch. Sofern er eine Ablehnung des Einbürgerungsgesuchs beabsichtigt, gibt er der gesuchstellenden Person Gelegenheit zur Stellungnahme und zum Rückzug des Gesuchs (Art. 19 Abs. 1 und 2 BRG). Aufgrund der Kann-Formulierung in Art. 12 Abs. 1 BRG handelt es sich dabei um einen Ermessensentscheid. Der Einbürgerungsrat kann daher bei Vorliegen der formellen und der materiellen bundesrechtlichen Einbürgerungsvoraussetzungen eine Einbürgerung vornehmen, er ist dazu aber nicht verpflichtet. Denn selbst bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen besteht noch kein bundesrechtlicher Rechtsanspruch auf Einbürgerung (R. Kiener, in: Biaggini/Gächter/Kiener [Hrsg.], Staatsrecht, 2. Aufl. 2015, N 24 zu § 28 - § 29, VerwGE B 2019/132 vom 23. September 2019 E 2.1). Der Gemeinde kommt damit in diesem Bereich Autonomie zu (VerwGE B 2019/132 vom 23. September 2019 E. 2.1, B 2011/229 vom 31. Mai 2012 E. 3.1.2). Sie verfügt beim Entscheid über eine ordentliche Einbürgerung folglich über ein gewisses Ermessen. Obwohl diesem Entscheid auch eine politische Komponente innewohnt, ist das Einbürgerungsverfahren allerdings kein rechtsfreier Vorgang, wird doch darin über den

rechtlichen Status von Einzelpersonen entschieden. Zu beachten sind daher die einschlägigen Verfahrensbestimmungen. Die Gemeinde darf daher nicht willkürlich, rechtsungleich diskriminierend entscheiden und muss ihr Ermessen insgesamt pflichtgemäss ausüben (BGer 1D_4/2018 vom 11. Juli 2019 E. 2.5, BGE 140 I 99 E. 3.1,

BGE 138 I 305 E. 1.4.3).

4.3.

Vor Verwaltungsgericht können gemäss Art. 61 Abs. 1 und Abs. 2 VRP nur Rechtsverletzungen sowie die unrichtige Feststellung des Sachverhalts gerügt werden; die Rüge der Unangemessenheit ist – mit hier nicht einschlägigen Ausnahmen – ausgeschlossen. Im Rahmen von Ermessensentscheiden stellen der Missbrauch sowie die Überschreitung Unterschreitung des Ermessensspielraums Rechtsverletzungen dar. Demgegenüber stellt die bloss unzweckmässige Ausübung des Ermessens keine Rechtsverletzung dar und kann vor Verwaltungsgericht nicht gerügt werden. Eine Ermessensüberschreitung liegt vor, wenn die Behörde Ermessen ausübt, wo für dieses nach Gesetz kein Raum besteht. Eine Ermessensunterschreitung liegt vor, wenn sich eine Behörde gebunden fühlt, obwohl ihr Ermessen zusteht bzw. sie auf die Ausübung des ihr zustehenden Ermessens ganz teilweise verzichtet. Ermessensmissbrauch wird angenommen, wenn die Ermessensausübung nicht pflichtgemäss erfolgte, namentlich wenn sie von sachfremden Kriterien geleitet überhaupt unmotiviert ist. Die Ermessensbetätigung hat sich an den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, den verwaltungsrechtlichen Grundprinzipien und den (weiteren) verfassungsrechtlichen Schranken, insbesondere den Grundsätzen der Rechtsgleichheit, der Verhältnismässigkeit und am Verbot der Willkür, zu orientieren (vgl. zum Ganzen Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen,

2. Aufl. 2003, Rz. 739 ff. und M. Looser/M. Looser-Herzog, in: Rizvi/Schindler/Cavelti [Hrsg.], Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2020, N 10 ff. zu Art. 46 VRP und N 5 zu Art. 61 VRP). Hinsichtlich Einbürgerungsentscheiden hat dies zur Folge, dass das Verwaltungsgericht – sowie gemäss Art. 34 Abs. 2 BRG bereits das zuständige Departement – im Streitfall nur überprüfen kann, ob der Einbürgerungsrat sein Ermessen überschritten missbraucht und damit rechtswidrig gehandelt hat (VerwGE B 2011/229 vom 31. Mai 2012 E. 4.1). Wird der Ermessensentscheid anhand sachlicher Kriterien begründet, so hat es deshalb in der Regel für die Rechtsmittelinstanz – hier das Verwaltungsgericht – sein Bewenden. Die bloss unrichtige Handhabung des Ermessens kann nicht gerügt werden (vgl. BGer 1D_4/2008 vom 5. September 2008 E. 3.3).

5.

Unbestritten ist, dass die Beschwerdegegnerin das Kriterium der Wohnsitzdauer und

den grössten Teil der Integrationskriterien erfüllt. So gilt die Beschwerdegegnerin gemäss den Berichten des Einwohneramtes, des Zivilstandamtes, des Migrationsamtes, der Kantonspolizei, des Betreibungsamtes sowie des Steueramtes als unbescholten, sie geht einer Erwerbstätigkeit nach und konnte sich damit seit Mai 2013 von der Sozialhilfe lösen. Sie pflegt soziale Kontakte am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft und in der Gemeinde und verfügt über ausreichende Deutschkenntnisse. Im Bereich der Vertrautheit bewies sie ihr Wissen mit dem bestandenen Staatskundetest. Strittig ist, ob die Beschwerdegegnerin ausreichend mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist (Art. 14 lit. b aBüG, aArt. 14 BRG), sich an die rechtsstaatliche Ordnung sowie die Werte der Bundesverfassung hält (aArt. 13 Abs. 1 lit. a BRG) und sie trotz früheren Sozialhilfebezugs in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt (aArt. 13 Abs. 1 lit. c BRG).

5.1.

Die Vorinstanz kam zum Schluss, der Beschwerdegegnerin könne keine mangelnde Beachtung der Rechtsordnung vorgeworfen werden. Ebenso erfülle sie das Kriterium der Vertrautheit mit den schweizerischen Verhältnissen. Die Auseinandersetzung mit der Schule bezüglich des Tragens eines Kopftuches der Tochter der Beschwerdegegnerin liege mehrere Jahre zurück. Schlussendlich habe eine einvernehmliche Lösung betreffend Kleiderordnung und Unterrichtsbesuch der Tochter gefunden werden können. Überdies habe die Beschwerdegegnerin kein Problem, sich auch an christlichen Sitten und Gebräuchen aktiv zu beteiligen. Sie habe an verschiedenen christlichen Anlässen wie am Betrieb eines Standes am Weihnachtsmarkt mitgemacht, kreativ zur Ausgestaltung von Ostern und Pfingsten beigetragen und an weiteren kirchlichen Anlässen teilgenommen sowie das Projekt "Kochen international" mitinitiiert und aufgebaut und an lokalen Veranstaltungen wie Fasnacht, Grümpelturnieren und Viehschauen teilgenommen. Daraus lasse sich schliessen, dass sie über ein Wissen bezüglich Schweizer Traditionen und kulturellen Eigenarten verfüge. Weshalb sie ihr Wissen gegenüber der Einbürgerungskommission beim Gespräch nicht zu Protokoll habe geben können, sei nicht erklärbar. Dem Protokoll seien die diesbezüglich gestellten Fragen auch nicht zu entnehmen. Nachdem sie über ausreichende Deutschkenntnisse verfüge, könne ihr auch nicht vorgeworfen werden, dass sie sich mit ihren Kindern zu Hause nicht vornehmlich in deutscher Sprache unterhalte.

An diesem Entscheid beanstandet die Beschwerdeführerin unter anderem, dass keine zeitliche Einschränkung bestehe und auch Themen, welche einige Jahre zurücklägen,

relevant sein könnten. Für die Einbürgerungskommission bestehe im Verhalten der Beschwerdegegnerin gegenüber der Schule ein wesentlicher Indikator für die Einschätzung der Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten sowie der Wahrnehmung der staatsbürgerlichen Pflichten. Gemäss der Beschreibung der befragten Schulvertreter seien die Verhandlungen äusserst schwierig und zäh verlaufen und keineswegs so unkompliziert wie von der Beschwerdegegnerin suggeriert. Gerade in Anbetracht dieser Ereignisse wäre eine offene und klärende Diskussion von zentraler Bedeutung gewesen. Die Beschwerdegegnerin habe sich in diesem Punkt jedoch auf ihre Privatsphäre berufen. Dabei stelle sich die Frage, ob die Mitwirkung der Beschwerdegegnerin hinreichend gewesen sei. Der Einbürgerungsrat habe einstimmig beschlossen, dass Vorbehalte bezüglich der Integration und der Vertrautheit mit den kulturellen Begebenheiten beständen. Dabei handle es sich nicht um Willkür, sondern um Ermessen, welches der Gemeinde zustehe.

Die Beschwerdegegnerin hält für entscheidend, wie sie sich heute verhalte. Sie wisse mittlerweile seit zehn Jahren, dass sämtliche Kinder den Schwimmunterricht besuchen müssten und im Schulunterricht kein Kopftuch getragen werden solle. Daran habe sie sich stets gehalten. Bei der Diskussion um das Tragen eines Kopftuches sei es gerade um die Integration und das Vertrautmachen mit den lokalen Verhältnissen gegangen. Sie habe sich vorbildlich verhalten, indem sie das Gespräch mit der Schulleitung gesucht und sich über die schweizerischen Gepflogenheiten informiert habe. Die Tochter habe danach das Kopftuch in der Schule nie getragen und kein einziges Mal den Schwimmunterricht geschwänzt.

5.2.

Unter Integration wird die Aufnahme der ausländischen Person in die schweizerische Gemeinschaft verstanden. Dazu zählt die Bereitschaft der Person, sich in das gesellschaftliche Umfeld einzufügen. Es wird nicht vorausgesetzt, dass die gesuchstellende Person ihre angestammte kulturelle Eigenart aufgeben muss (Botschaft, Ziff. 4.2.3, S. 13). Ein Kriterium zur Eignung für die Einbürgerung ist die Vertrautheit mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen (Art. 14 lit. b aBüG). Um als Bürgerin bzw. Bürger im politischen System der Schweiz mitwirken zu können, sind auch Kenntnisse über die Grundlagen der politischen und sozialen Ordnung notwendig. Sprachkenntnisse, Kenntnisse des Landes und seines politischen Systems und die Einbindung in die Lebensverhältnisse müssen so weit gehen, dass anzunehmen ist, dass ein Bewerber nach Verleihung des Staatsbürgerrechts angemessen von seiner Rechtsstellung und insbesondere auch von den damit verliehenen Teilnahmerechten am politischen Prozess Gebrauch machen

kann (BGE 137 I 235 E. 3.1, Botschaft zur Revision des Bürgerrechtsgesetzes, BBl 2002 1943 Ziff. 2.2.1.3). In der kantonalen Regelung erhält das Erfordernis der Vertrautheit mit aArt. 14 BRG eine eigene Bestimmung. Dazu gehören Kenntnisse über das öffentliche Geschehen, die Grundsätze des Staatsaufbaus und der Geschichte (Botschaft, Ziff. 4.2.3, S. 15). Die Prüfung, ob die gesuchstellende Person sich in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert hat, hat nicht nur vom Verfahren her, sondern auch mit Blick auf deren Inhalt fair zu sein. Die verlangten Anforderungen müssen sinnvoll erscheinen und dabei namentlich einen massgeblichen Zusammenhang zur Einbürgerungsfrage aufweisen (BGer 1D_7/2015 vom 14. Juli 2016 E. 4.3).

Nach Art. 14 lit. c aBüG sowie aArt. 13 Abs. 1 lit. a BRG wird die Beachtung der schweizerischen rechtsstaatlichen Ordnung und der Werte der Bundesverfassung verlangt. Dazu zählt ein einwandfreier straf- und betreibungsrechtlicher Leumund (Botschaft zur Revision des Bürgerrechtsgesetzes, a.a.O., S. 305, Botschaft, Ziff. 4.2.3,

S. 13). Unter anderem können aber auch Handlungen von Eltern, die die Zusammenarbeit mit der Schule nicht wahrnehmen sogar ablehnen, als Verletzung der elementaren Verhaltensregeln ausgelegt werden und somit bei der Eignungsbeurteilung negativ ins Gewicht fallen (Botschaft, Ziff. 4.2.3, S. 13).

5.3.

Sowohl das nicht streitige als auch das streitige Verwaltungsverfahren ist vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung beherrscht (Art. 21 Abs. 3 VRP), wonach die Bewertung der einzelnen Beweise nicht starren Regeln folgt. Die Beweismittel sind frei, umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Der Entscheid darüber, ob sich der Sachverhalt so anders zugetragen hat, ist auf vernünftige, nachvollziehbare Gründe abzustützen. Die Gewichtung der einzelnen Beweismittel soll sich somit aus ihrer inneren Qualität, d.h. aus der anzunehmenden Übereinstimmung mit der Wirklichkeit, ergeben und nicht durch deren äussere Eigenart (VerwGE B 2017/103 vom

22. Januar 2019 E. 3.6, vgl. BGE 130 II 482, Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 615ff. mit

Hinweisen, R. Widmer, in: Rizvi/Schindler/Cavelti [Hrsg.], a.a.O., N 9 ff. zu Art. 21).

5.4.

Die Vorinstanz würdigte zu Recht die gesamten bis zum Entscheid aufgelaufen Akten. Dazu gehören auch die Schreiben der Arbeitskollegen vom E. und weiteren Bekannten (ehemalige Nachbarin, evangelischer Theologe, Kollegin, act. 11/1/5, 6, 7, 8, 12 und 11/9/4, 15). Diese Schreiben bescheinigen, dass die Beschwerdegegnerin sowohl an schweizerischen Bräuchen und Traditionen (1. August-Feier, Fasnacht,

Viehschau Grümpelturnier) beigewohnt als auch christliche und heidnische Sitten und Gebräuche gelebt hat. An ihrer Arbeitsstelle führte sie mit den Bewohnern/-innen Kreativarbeiten zu Themen wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten aus. Auch im Privaten engagierte sie sich und backte zusammen mit der Familie eines evangelischen Theologen Weihnachtsguetzli, schmückte mit ihnen zusammen einen Christbaum, verkaufte Bastelsachen am Adventsmarkt und gehört zu den Gründerinnen des Projekts "Kochen international", welches mit dem St. Galler Integrationspreis "Der goldene Enzian" ausgezeichnet wurde. Diese dokumentierten Teilnahmen an lokalen Anlässen und Integrationsprojekten werden von der Beschwerdeführerin denn auch nicht bestritten. Sie weist jedoch darauf hin, dass die Beschwerdegegnerin beim Einbürgerungsgespräch keine näheren Angaben zu typischen Schweizer Traditionen machen konnte. Die diesbezüglich konkret gestellten Fragen können dem Protokoll nicht entnommen werden. Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, besteht zwar keine Pflicht der Einbürgerungskommission, die Fragen und Antworten in einem Wortprotokoll festzuhalten (vgl. Art. 17 Abs. 2 BRG, BGer 1D_4/2018 vom 11. Juli 2019

E. 3.5), jedoch mindert das blosse Festhalten der Ergebnisse die Nachvollziehbarkeit. Es besteht zumindest eine nicht auflösbare Diskrepanz zwischen den erwähnten Bestätigungsschreiben, welche der Beschwerdegegnerin eine aktive Teilnahme an kulturellen Anlässen und Traditionen attestieren, und den von der Beschwerdeführerin behaupteten mündlichen Antworten der Beschwerdegegnerin am Einbürgerungsgespräch. Weiter wirft die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin die schulischen Ereignisse, welche nach übereinstimmender Darstellung der Beteiligten ungefähr zehn Jahre zurückliegen, vor. Zu diesen Ereignissen holte die Beschwerdeführerin Stellungnahmen beim Schulpräsidenten und dem ehemals verantwortlichen Schulleiter ein (Protokoll der Einbürgerungskommission vom 14. September 2017, act. 8/B 10). Die Beschwerdegegnerin konnte sich erst im Rahmen des Rekursverfahrens zu diesen Stellungnahmen äussern und legte zudem eine Stellungnahme einer Kollegin, welche die Beschwerdegegnerin an ein Gespräch mit dem Schulpräsidenten und Schulleiter begleitet hatte, bei (act. 11/9/15). Aufgrund der verschiedenen Aussagen der Beteiligten kann der genaue Ablauf dieser Gespräche nicht mehr objektiv wiedergegeben werden. Fest steht, dass zumindest abschliessend eine einvernehmliche Lösung betreffend das (Nicht-)Tragen des Kopftuches im Schulunterricht und dem Besuch des obligatorischen Schwimmunterrichts gefunden werden konnte. Mangels gegenteiliger Angaben ist davon auszugehen, dass sich die Tochter ausnahmslos an diese Regelungen hielt. Überdies ergingen im Nachgang zu diesen Gespräche in den Jahren 2013 und 2015 zwei massgebende Bundesgerichtsurteile (BGE 139 I 280 und 142 I 49), welche das Verbot des Tragens eines Kopftuches an öffentlichen Schulen als schweren Eingriff in das Grundrecht der

Glaubens- und Gewissensfreiheit der Schülerinnen erachteten. Einerseits muss die zwischen der Beschwerdegegnerin und der Schule geführte Diskussion aufgrund der geänderten Rechtsprechung relativiert werden und andererseits erscheint die behauptete Problematik und der massgebliche Zusammenhang zur Einbürgerungsfrage bei einem zehn Jahre zurückliegenden Ereignis zumindest fraglich. Weitere Gründe, die gegen die Respektierung der rechtsstaatlichen Ordnung und auf eine fehlende Integration in die schweizerischen und lokalen Verhältnisse hinweisen, macht die Beschwerdeführerin weder geltend noch sind solche dem Protokoll weiteren Beweismitteln zu entnehmen. Die vorliegenden Beweismittel (Protokoll der Einbürgerungskommission, Beilagen des Rekurses wie die diversen Empfehlungsschreiben) sind frei, umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Die Schlussfolgerung aus der Beweiswürdigung hat sich auf sachliche und vernünftige Gründe zu stützen (R. Widmer, a.a.O., N 12 zu Art. 21). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann daher nicht allein auf das Protokoll der Einbürgerungskommission und die von der Beschwerdeführerin daraus gezogene Beurteilung abgestellt werden. Selbst wenn die Gespräche mit der Schule sich nicht einfach gestaltet haben sollten, kann der Beschwerdegegnerin zumindest jetzt nicht mehr vorgeworfen werden, sich nicht in die schweizerische Gemeinschaft integriert zu haben. Dass die Beschwerdegegnerin mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist, hat sie mit der Teilnahme an lokalen Anlässen, Integrationsprojekten und an der Arbeitsstelle bewiesen, auch wenn sie gemäss Angaben der Beschwerdeführerin am Einbürgerungsgespräch keine befriedigenden Antworten geben konnte. Denn die soziale und kulturelle Integration ist vielmehr an den gesamten Umständen und nicht an einem Einzelfall, schon gar nicht ausschliesslich am

– teilweise bestrittenen – Inhalt eines ungefähr einstündigen Gesprächs zu messen. Im vorliegenden Fall kam die Vorinstanz unter Würdigung der Gesamtumstände zu Recht zum Schluss, dass die Beschwerdegegnerin das Integrationskriterium der Respektierung der rechtsstaatlichen Ordnung sowie der Werte der Bundesverfassung (aArt. 13 Abs. 1 lit. a BRG) und das Erfordernis der Vertrautheit (Art. 14 lit. b aBüG, aArt. 14 BRG) erfüllt.

Im Übrigen darf allein die Religionszugehörigkeit als solche in der Regel nicht ausschlaggebend für eine Ablehnung eines Einbürgerungsgesuchs sein. Denn das blosse Tragen eines Kopftuches für sich allein bringt keine gegen rechtsstaatliche und demokratische Wertvorstellungen verstossende Haltung zum Ausdruck. Glaubensinhalte, die ein religiös motiviertes Verhalten begründen bestimmte Bekleidungsweisen nahelegen, sind grundsätzlich nicht zu überprüfen und zu bewerten

(BGE 134 I 49 E. 3.2, 134 I 56 E. 5.2, vgl. Pahud de Mortanges/Süess, Muslime und schweizerisches Recht, Zürich 2019, S.46).

6.

Weiter zu prüfen bleibt, ob die Beschwerdegegnerin in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt und diese durch ihre Erwerbstätigkeit auch längerfristig gesichert sind (aArt. 13 Abs. 1 lit. c BRG).

6.1.

Im angefochtenen Entscheid geht die Vorinstanz davon aus, dass bei der Beschwerdegegnerin ein unverschuldeter Sozialhilfebezug vorliegt. Sie begründet ihren Entscheid damit, der Sozialhilfebezug sei dadurch bedingt gewesen, dass die Beschwerdegegnerin infolge der Scheidung im Jahr 2003 als alleinerziehende Mutter einer fünfjährigen Tochter und eines neunjährigen Sohnes den Lebensunterhalt für ihre Familie nicht selbständig habe bestreiten können. Seit der Loslösung von der Sozialhilfe Ende April 2013 komme sie jeweils problemlos ihren finanziellen Verpflichtungen nach. Es bestünden weder Steuerrückstände noch Einträge im Betreibungsregister. Allerdings habe sie bislang keine Rückzahlung ihrer Sozialhilfeschulden vorgenommen. Dies könne ihr jedoch nicht vorgeworfen werden. Auch existiere keine Rückerstattungsverfügung. Der Aspekt der Schuldlosigkeit sei bei der Prüfung der Einbürgerungseignung zu Gunsten der Beschwerdegegnerin zu berücksichtigen. Es bestehe keine Veranlassung, der Beschwerdegegnerin infolge der mittlerweile überwundenen Sozialhilfeabhängigkeit und der derzeit bestehenden Sozialhilfeschulden die Erfüllung des Kriteriums des Lebens in geordneten finanziellen Verhältnissen abzusprechen.

Die Beschwerdeführerin vertritt hingegen die Ansicht, dass der Beschwerdegegnerin der Sozialhilfebezug nicht per se vorgehalten werde. Hinterfragt würden die Entstehung und die Inanspruchnahme der Sozialhilfeschulden. Spätestens ab dem Zeitpunkt als die Kinder etwas älter gewesen seien und im Kanton St. Gallen das Blockzeitenmodell eingeführt worden sei, wäre es der Beschwerdegegnerin möglich gewesen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Wenigstens eine Teilzeittätigkeit wäre der Beschwerdegegnerin zumutbar gewesen, wie dies bei zahlreichen Alleinerziehenden und/oder Familien Usus sei, um zumindest einen Beitrag zur Minderung der Sozialhilfe zu leisten. Dies habe die Beschwerdegegnerin unterlassen, und es sei auch nicht erkennbar, dass sie sich bemüht habe, sich von der Sozialhilfe zu lösen. Daher sei es unangemessen und falsch, den Sozialhilfebezug über diesen langen Zeitraum als unverschuldet einzustufen. Ein weiteres Indiz für den mangelnden Willen zur Minderung

der Sozialhilfeschulden zeige sich auch im Verhalten der Beschwerdegegnerin in Bezug auf den vorgenommenen Wohnungswechsel. Durch die solidarische Haftung, die sie im Mietvertrag eingegangen sei, müsse sie damit rechnen, für den gesamten Betrag von CHF 1'710 pro Monat einstehen zu müssen. Solche Wohnkosten würden klar über den Mietzins-Richtwerden gemäss den Unterstützungsrichtlinien ihrer Gemeinde für einen

3-Personenhaushalt von monatlich CHF 1'000 liegen.

Zur Begründung des unverschuldeten Sozialhilfeleistungsbezugs reichte die Beschwerdegegnerin Bewerbungsunterlagen der Jahre 2009 bis 2013 ein. Dies zeige auf, dass sie sich über Jahre um eine Erwerbstätigkeit bemüht habe, obwohl ihre Tochter einen erhöhten Betreuungsbedarf benötigt habe. Zudem habe sie an einem einjährigen Arbeitsprogramm teilgenommen und ein Praktikum absolviert. Nun sei sie seit über fünf Jahren nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen. Sie stehe finanziell auf eigenen Füssen und habe weder Betreibungsregistereinträge noch Steuerrückstände. Bezüglich des Mietvertrages könne ihr nicht vorgeworfen werden, dass sie aufgrund der solidarischen Haftung grundsätzlich für den gesamten Mietzins von CHF 1'710 haften müsse. Es würden sich zum Beispiel auch Studenten aus finanziellen Gründen eine Wohnung teilen. Im Übrigen wohne sie nun nicht mehr zusammen mit ihrem Sohn und ihrer Tochter. Sie sei auch nicht in der Wohnung geblieben, sondern lebe nun in einer Wohnung mit einem Mietzins von CHF 650 pro Monat.

6.2.

Der Bezug von Sozialhilfe ist unter Berücksichtigung des Integrationskriteriums nach aArt. 13 Abs. 2 lit. c BRG zu würdigen, gemäss welchem eine gesuchstellende Person in geordneten finanziellen Verhältnissen zu leben hat. Die gesuchstellenden Personen haben in der Regel die wirtschaftliche Erhaltungsfähigkeit selbständig zu bestreiten. Auch ein unverschuldeter Bezug von Sozialhilfe lässt es durchaus zu, dass diese Personen in geordneten finanziellen Verhältnissen leben. Entsprechend dürfen beispielsweise alleinerziehende Mütter, die keiner Arbeit nachgehen können und daher Sozialhilfe beziehen, aufgrund dieser Umstände nicht benachteiligt werden. Massgebend dürfte sein, dass die finanziellen Verpflichtungen grundsätzlich erfüllt werden (Botschaft Ziff. 4.2.3, S. 14).

6.3.

Unbestrittenermassen beträgt der Schuldensaldo bezogener Sozialhilfeleistungen der Beschwerdegegnerin CHF 250'066.40. Diese Leistungen bezog die Beschwerdegegnerin im Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis Ende April 2013 (act. 8/B5, Kontoauszug). Seit dem 1. Mai 2013 arbeitet die Beschwerdegegnerin im E. in einem

Arbeitspensum von 70% als Betreuerin. Laut dem Zwischenzeugnis des Abteilungsleiters Abteilung Arbeiten vom E. vom 28. August 2017 erledigt die Beschwerdeführerin ihre Arbeiten einwandfrei und mit gutem Einsatz. Sie weist keine Steuerrückstände auf und ist nicht im Betreibungsregister verzeichnet (act. 8/B8). Sie vermag ihre Lebenskosten demnach durch ihr Einkommen selbst zu decken. In der Botschaft wird beim Kriterium "Leben in geordneten finanziellen Verhältnissen" auf den Bezug von Sozialhilfeleistungen verwiesen. Ein unverschuldeter Bezug, wie dies unter anderem bei alleinerziehenden Müttern angenommen werden könne, würde die Annahme, dass diese Person in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt, zulassen. Diese Ausführungen beziehen sich allerdings auf den gegenwärtigen Bezug von Sozialhilfeleistungen, was vorliegend nicht der Fall ist. Ausführungen bezüglich in Vergangenheit bezogener Sozialhilfeleistungen fehlen. In Art. 7 Abs. 3 BüV wird neu geregelt, dass wer in den drei Jahren unmittelbar vor der Gesuchstellung während des Einbürgerungsverfahrens Sozialhilfe beziehe, das Erfordernis der Teilnahme am Wirtschaftsleben des Erwerbs von Bildung nicht erfülle, ausser die bezogene Sozialhilfe werde vollständig zurückerstattet. Ähnliche Bestimmungen mit teilweise verschärften Karenzfristen für den Bezug von Sozialhilfeleistungen vor Gesuchseinreichung finden sich in anderen Kantonen (z. B. Art. 7 Abs. 3 lit. b der Verfassung des Kantons Bern, Art. 5 Abs. 2 lit. c des Bürgerrechtsgesetzes des Kantons Graubünden, § 9 Abs. 2 des Gesetzes über das Kantons- und das Gemeindebürgerrecht des Kantons Aargau). Zu beachten bleibt nach wie vor das Diskriminierungsverbot und das Verhältnismässigkeitsprinzip, indem bei Vorliegen einer Behinderung, Krankheit anderen gewichtigen persönlichen Gründen von der Teilnahme am Wirtschaftsleben abgesehen werden kann (Erläuternder Bericht zum Entwurf der Verordnung zum Bürgerrechtsgesetz, April 2016, S. 20, https:// www.sem.admin.ch/sem/de/home/aktuell/news/2015/ref_2015-08-19.html). Der Umstand, dass früher bezogene Sozialhilfeleistungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bei der Beurteilung der geordneten finanziellen Verhältnisse berücksichtigt werden, erscheint daher sachgerecht. Je weiter der Sozialhilfebezug in der Vergangenheit zurückliegt, desto weniger ist ihm bei der Gesamtbeurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Gewicht zuzumessen. Allerdings kann nicht nur der Zeitpunkt des letzten Sozialhilfebezugs, sondern auch die Dauer des Sozialhilfebezugs Bedeutung haben (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB. 2012.00673 vom 26. Juni 2013 E. 5.4). Zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung der Beschwerdegegnerin am 10. Februar 2016 lag der letzte Bezug von Sozialhilfeleistungen Ende April 2013 knapp drei Jahre zurück. Selbst wenn im vorliegenden Fall bereits das neue BüG und BüV zur Anwendung gelangen würde, würde dies der Beschwerdegegnerin nicht zum Vorteil gereichen, da sie bei

Gesuchseinreichung die dreijährige Karenzfrist seit dem letzten Bezug der Sozialhilfeleistungen nicht erfüllt.

6.4.

Zu prüfen ist, ob es der Beschwerdegegnerin aus unverschuldeten Gründen verwehrt blieb, die Lebenshaltungskosten ihrer Familie selbständig zu decken (vgl. BGE 139 I 49

E. 6.1, BGer 1D_6/2018 vom 3. Mai 2019 E. 5.2 und 6.4). Die Beschwerdegegnerin geriet nach der Scheidung als alleinerziehende Mutter einer fünfjährigen Tochter (Jahrgang 1998) und eines neunjährigen Sohnes (Jahrgang 1994) in die Sozialhilfeabhängigkeit. Nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung wird für den hauptbetreuenden Elternteil ab der obligatorischen Einschulung des Kinds grundsätzlich eine Erwerbsarbeit in einem Pensum von 50 % als zumutbar erachtet, ab Eintritt in die Sekundarstufe I eine solche von 80 % und ab Vollendung des 16. Lebensjahres ein Vollzeiterwerb ( BGE 144 III 481 E. 4.7.6 S. 497; Urteil 5A_327/2018

17. Januar 2019 E. 5.2.3 mit Hinweisen, BGer 1D_6/2018 vom 3. Mai 2019 E. 7.2 in Sachen Verweigerung der Einbürgerung). Wie die Beschwerdeführerin demnach zu Recht vorbringt, wäre der Beschwerdegegnerin die Aufnahme einer Teilzeittätigkeit zumutbar gewesen, allerdings erst nach der Einschulung der Tochter (Einführung des Kindergartenobligatoriums erfolgte erst ab dem 1. August 2008 [X. Nachtrag zum Volksschulgesetz vom 12. Dezember 2006]). Auch der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte erhöhte Betreuungsbedarf der Tochter aufgrund der diagnostizierten Aufmerksamkeit-Defizit-Störung (act. Vorinstanz 11/1/14) hätte zumindest während den Blockzeiten in der Schule kein Hindernis für eine Erwerbsaufnahme im Teilzeitpensum dargestellt. Zu bedenken gilt allerdings, dass sich die Beschwerdegegnerin selbst mit einer Teilzeittätigkeit höchstwahrscheinlich nicht von der Sozialhilfe hätte lösen können bzw. eventuell Fremdbetreuungskosten angefallen wären (situationsbedingte Leistungen). Ab dem Jahr 2009 bis 2013 hat sich die Beschwerdegegnerin nachweislich erfolglos um Stellen bemüht (act. 16/2 – 6). Vom März 2010 bis März

2011 nahm sie an einem Arbeitsprogramm im Werk- und Technologiezentrum Linthgebiet teil (act. 16/8), und vom 4. Juli bis 4. Dezember 2011 absolvierte sie ein Praktikum in der psychiatrischen Klinik Wil (act. 16/11 - 12). Mit diesen erfolglosen Stellenbemühungen und dem absolvierten Arbeitsprogramm bzw. dem Praktikum gelingt der Beschwerdegegnerin der Nachweis, dass sie sich durchaus bemühte, sich von der Sozialhilfe zu lösen, was von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten wird.

Bezüglich der von der Beschwerdeführerin vorgeworfenen mangelnden Bemühungen um Rückzahlung der Sozialhilfeschulden verwies die Vorinstanz zu Recht auf die

massgebende Gesetzgebung im Sozialhilferecht. Eine Rückerstattung der bezogenen finanziellen Sozialhilfe ist nur möglich, sofern sich die finanzielle Lage der Beschwerdegegnerin gebessert hat und die Rückerstattung zumutbar ist (Art. 18 Abs. 1 des Sozialhilfegesetzes [sGS 381.1, SHG]). Ob der Beschwerdegegnerin eine Rückerstattung überhaupt zumutbar wäre, ist nicht in diesem Verfahren zu klären, sondern von den Sozialen Diensten zu prüfen (siehe Vorgehen gemäss KOS-Praxishilfe

E. 3.1.5 mit Einkommensgrenzen und Berechnungsblatt). Sodann hätte die politische Gemeinde die Rückerstattung zu verfügen, soweit eine Rückforderung zeitlich überhaupt noch möglich wäre (Art. 21 SHG; vgl. dazu VerwGE B 2017/77 und B 2018/133 vom 27. September 2018). Überdies kann dem Kontoauszug der Sozialen Dienste entnommen werden, dass sich der Schuldensaldo ab August 2014 bis März 2015 immerhin um über CHF 10'000 verringerte (act. Vorinstanz 8/B5). In der nach Ansicht der Beschwerdeführerin aufgrund der solidarischen Haftung zu teuren Wohnung lebt die Beschwerdegegnerin seit dem 1. April 2019 nicht mehr (act. 16/13: Mietzins von CHF 650). Allerdings hätte der Beschwerdegegnerin der Umzug auch nicht vorgeworfen werden können. Einerseits wurde der Umzug durch einen Schimmelpilzbefall in der ehemaligen Wohnung begründet und andererseits musste sie sich nicht mehr an die von der Sozialhilfe massgebenden Mietzins-Richtwerte halten.

6.5.

Bei der Beurteilung der Integration als Ganzes dürfen die kantonalen und kommunalen Behörden zwar den einzelnen Kriterien eine gewisse eigene Gewichtung beimessen. Insgesamt muss die Beurteilung aber ausgewogen bleiben und darf nicht auf einem klaren Missverhältnis der Würdigung aller massgeblichen Gesichtspunkte beruhen (BGer 1D_1/2019 vom 18. Dezember 2019 E. 4.4). Die Fokussierung auf ein einziges Kriterium ist unzulässig, es sei denn, dieses falle, wie etwa eine erhebliche Straffälligkeit, bereits für sich allein entscheidend ins Gewicht. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung aller massgeblichen Aspekte im Einzelfall. Ein Manko bei einem Gesichtspunkt kann, so lange dieser nicht für sich allein den Ausschlag gibt, durch Stärken bei anderen Kriterien ausgeglichen werden (Spescha/Kerland/Bolzli, Handbuch zum Migrationsrecht, 2. Aufl. 2015, S. 415, BGer 1D_1/2019 vom 18. Dezember 2019

E. 4.4, 1D_7/2019 vom 18. Dezember 2019 E. 3.4).

6.6.

Im vorliegenden Fall ist demnach auch das Kriterium der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin bzw. das Leben in geordneten finanziellen Verhältnissen im Gesamten zu beurteilen. Wie bereits erwähnt lebt die Beschwerdeführerin zum jetzigen Zeitpunkt insoweit in geordneten finanziellen

Verhältnissen, als dass sie einer geregelten Arbeit nachgeht und weder ausstehende Steuerrückstände noch Betreibungen bestehen. Der jahrelange Sozialhilfebezug ist aufgrund der anfänglichen Betreuungsaufgabe der minderjährigen Kinder als Alleinerziehende und der nachgewiesenen erfolglosen Stellenbemühungen als unverschuldet einzustufen. Infolge fehlender Rückerstattungsverfügung und ohne Kenntnis der konkreten Einkommensverhältnisse der Beschwerdegegnerin kann ihr auch keine mangelnde Bemühung um Rückzahlung der Sozialhilfeschulden vorgeworfen werden. Dementsprechend erfüllt die Beschwerdegegnerin – wie die Vorinstanz bereits zu Recht erkannte – auch das Integrationskriterium nach aArt. 13 Abs. 1 lit. c BRG und damit die gesamten in aArt. 13 und aArt. 14 BRG vorausgesetzten Kriterien zur Einbürgerung.

7.

7.1.

Gemäss Art. 89 der Verfassung des Kantons St. Gallen (sGS 111.1, KV) ist die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts gewährleistet. Die Gemeinden sind in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen eidgenössischen Rechts betreffen (BGE 137 I 235 E. 2.2, 136 I 265 E. 2.1). Letzteres gewährt das kantonale Recht den Gemeinden im Bereich der ordentlichen Einbürgerung. Den damit verbundenen Ermessensspielraum haben auch die Rechtsmittelinstanzen zu beachten. Sie dürfen einzig eingreifen, wenn die Gemeinde ihr Ermessen nicht pflichtgemäss, das heisst in Widerspruch zum Sinn und Zweck der Bürgerrechtsgesetzgebung, ausübt (BGE

137 I 235 E. 2.4).

7.2.

Die Gemeindeautonomie entbindet die Beschwerdeführerin nicht von der Anwendung des massgebenden Rechts. Die Vorinstanz würde den Autonomiebereich der Beschwerdeführerin verletzen, wenn sie lediglich gestützt auf ein einzelnes Begründungselement ohne Prüfung der übrigen Begründungselemente und der Akten schliessen würde, die Beschwerdegegnerin sei die Einbürgerung zu gewähren. Indessen stützte die Vorinstanz ihren Entscheid auf sachliche Kriterien, in dem sie die gesamten vorliegenden Akten würdigte und die strittigen Kriterien umfassend und willkürfrei beurteilte. Zwar fehlten der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des

Verfügungserlasses gewisse Beweismittel, welche erst im Rekurs- bzw. Beschwerdeverfahren eingingen, für die Gesamtwürdigung. Allerdings ist dies einerseits auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Beschwerdeführerin selbst zurückzuführen (siehe E. 3.2) und andererseits konnte sich die Beschwerdeführerin sowohl im Rekurs- als auch im Beschwerdeverfahren zu den neu eingereichten Beweismitteln äussern. Sie beharrt indes weiterhin auf das blosse Abstellen auf das Protokoll des Einbürgerungsgesprächs bzw. die Beurteilung der Einbürgerungskommission aufgrund der ihr damals bekannten Sachverhaltselemente. Der Entscheid der Vorinstanz erweist sich damit als rechtens, und die Beschwerde ist abzuweisen.

8.

8.1.

Dem Verfahrensausgang entsprechend gehen die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zulasten der Beschwerdeführerin (Art. 95 Abs.1 VRP). Eine Entscheidgebühr von CHF 2‘000 ist angemessen (Art. 7 Ziff. 222 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12, GKV). Auf die Erhebung der Kosten ist zu verzichten (Art. 95 Abs. 3 VRP).

8.2.

Entsprechend der Verlegung der amtlichen Kosten hat die Beschwerdeführerin die Beschwerdegegnerin für das Beschwerdeverfahren antragsgemäss ausseramtlich zu entschädigen (Art. 98 Abs. 1 VRP in Verbindung mit Art. 98bis VRP). Der Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin hat keine Kostennote eingereicht, weshalb die Entschädigung nach Ermessen festzulegen ist (vgl. Art. 30 Ingress und lit. b Ziff. 1 sowie Art. 31 Abs. 1 und 2 des Anwaltsgesetzes [sGS 963.70, AnwG], Art. 6 und Art. 19 der

Honorarordnung [sGS 963.75, HonO]). Nach Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO beträgt das Honorar vor Verwaltungsgericht pauschal CHF 1'500 bis CHF 15'000. Angesichts der konkreten Verhältnisse erscheint eine Entschädigung von CHF 2'500 für das Beschwerdeverfahren angemessen. Die Beschwerdeführerin hat somit die Beschwerdegegnerin mit CHF 2'500 zuzüglich CHF 100 Barauslagen (vier Prozent von

CHF 2‘500, Art. 28bis Abs. 1 HonO, mangels Antrags gemäss Art. 29 HonO ohne

Mehrwertsteuer) zu entschädigen. Die Vorinstanz, die zu Recht keinen entsprechenden Antrag stellte, hat keinen Anspruch auf ausseramtliche Entschädigung (statt vieler: VerwGE B 2019/35 vom 29. August 2019 E. 3.6, R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, St. Gallen 2004, S. 175 ff.).

Demnach erkennt das Verwaltungsgericht auf dem Zirkulationsweg zu Recht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 2'000 trägt die

Beschwerdeführerin. Auf die Erhebung wird verzichtet.

3.

Die Beschwerdeführerin entschädigt die Beschwerdegegnerin für das Beschwerdeverfahren ausseramtlich mit CHF 2'500 zuzüglich CHF 100 Barauslagen, ohne Mehrwertsteuer.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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