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Urteil Verwaltungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:B 2019/129
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2019/129 vom 23.01.2020 (SG)
Datum:23.01.2020
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Kostenverteilung Altlasten-Voruntersuchung; Art. 32d USG. Die Beschwerdeführerin hatte Kenntnis von einer allfälligen Belastung, weshalb eine Kostenbefreiung nach Art. 32d Abs. 2 Satz 3 USG nicht in Betracht kommt. Sie trifft zwar kein Verursacheranteil als Verhaltensstörerin, denn sie hat die Belastung durch die chemische Reinigung weder selbst herbeigeführt, noch hätte sie sie vermeiden können. Die Beschwerdeführerin ist jedoch als Inhaberin des Grundstücks Zustandsstörerin. Im vorliegenden Fall erscheint die der Beschwerdeführerin auferlegte Haftungsquote von 30 % nicht als exzessiv (Verwaltungsgericht, B 2019/129). Gegen dieses Urteil wurde Beschwerde beim Bundesgericht erhoben (Verfahren 1C_117/2020).
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 617 ZGB ;
Referenz BGE:139 II 106; 144 II 332;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Entscheid vom 23. Januar 2020

Besetzung

Abteilungspräsident Eugster; Verwaltungsrichterin Zindel, Verwaltungsrichter Steiner; Gerichtsschreiberin Blanc Gähwiler

Verfahrensbeteiligte

X. ,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Bettina Deillon, relevanz.legal,

Teufener Strasse 11, Postfach 1733, 9001 St. Gallen,

gegen

Baudepartement des Kantons St. Gallen, Lämmlisbrunnenstrasse 54, 9001 St. Gallen,

Vorinstanz,

und

Politische Gemeinde P. , Beschwerdegegnerin, Gegenstand

Kostenverteilung Altlasten-Voruntersuchung

Das Verwaltungsgericht stellt fest: A.

Das Grundstück Nr. 000 (Grundbuch P. ) an der N. -Strasse in O. ist mit einem Wohn- und Geschäftshaus (Vers.-Nr. 001) überbaut; es liegt in der Kernzone und im Gewässerschutzbereich Au (vgl. www.geoportal.ch). A. (verstorben 1983) betrieb auf dem Grundstück ab 1963 eine chemische Kleiderreinigung; infolge Konkurs wurde die Geschäftstätigkeit im Jahr 1978 eingestellt. In der Folge kaufte B. das Grundstück zum Kaufpreis von CHF 246'600 aus der Konkursmasse heraus und veräusserte es 1980 an Y. zum Preis von CHF 270'000. Im Januar 2010 verstarb Y. , worauf das Grundstück Nr. 000 infolge Erbteilung per 30. September 2010 auf seine Ehefrau X. überging (vgl. act. 11/6/29, 33). Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt gemäss der (nicht bei den Akten liegenden) Schätzung 2014 rund CHF 1 Mio. (vgl. act. 7 Rz. 32; act. 11/7 Rz. 34).

B.

Vor dem Hintergrund, dass auf dem Grundstück Nr. 000 eine chemische Reinigung betrieben worden war, nahm das Amt für Umwelt und Energie (AFU) im Jahr 2008 diverse Abklärungen vor. Es kam aufgrund des Alters der chemischen Reinigung zum Schluss, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit Belastungen des Untergrunds oder des Grundwassers mit umweltgefährdenden chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW)

bestehen. Mit Schreiben vom 24. Juni 2008 teilte das AFU Y. entsprechend mit, der Standort werde mit der Massnahmenklasse B (weitere Massnahmen erforderlich, Untersuchungsbedarf in 2. Priorität) in den Kataster der belasteten Standorte (KbS) eingetragen (act. 11/6/42). Am 19. Januar 2011 liess X. , welche das Grundstück infolge Erbgang am 30. September 2010 übernommen hatte, auf dem Grundstück

Nr. 000 Porenluftmessungen durchführen, welche einen klaren Nachweis für CKW im Untergrund ergaben (vgl. act. 11/6/27). In Unkenntnis des Berichts zur Porenluft- Untersuchung informierte das AFU X. mit Schreiben vom 25. Januar 2011, dass das vom Grundstück Nr. 000 für die Gewässer ausgehende Gefährdungspotenzial als niedrig eingestuft und der Standort entsprechend in die Massnahmeklasse C zurückgestuft worden sei (act. 11/6/35). Am 13. Juli 2011 teilte das AFU der politische Gemeinde P. mit, aufgrund der festgestellten CKW-Werte bestehe weiterer Untersuchungsbedarf (act. 11/6/31), worauf die hierfür bis Ende 2011 zuständige Gemeinde X. zu einer Besprechung auf den 16. September 2011 einlud

(act. 11/6/29). Da weder von der politischen Gemeinde noch vom AFU die unmittelbare Fortsetzung der Untersuchung gefordert wurde – den Akten ist jedenfalls hierzu nichts zu entnehmen – erfolgten zunächst keine weiteren Abklärungen.

C.

Mit Schreiben vom 8. Mai 2015 teilte das AFU X. mit, der Standort werde aufgrund geänderter Richtlinien im KbS neu der Massnahmeklasse B (untersuchungsbedürftig) zugeteilt. Die notwendige Voruntersuchung habe bis Ende Mai 2020 zu erfolgen

(act. 11/6/28). X. beauftragte in der Folge die G. AG mit der Durchführung einer

Altlasten-Voruntersuchung. Im Bericht zur historisch-technischen Untersuchung vom

15. Dezember 2016 wird zusammenfassend ausgeführt, auf dem Grundstück Nr. 000 liege im Bereich der zwischen 1963 und 1978 dort tätigen chemischen Reinigung eine mutmasslich kleine CKW-Belastung vor; eine genaue Abgrenzung sei auf der Basis der vorliegenden Daten nicht möglich. Der Standort müsse aufgrund der derzeit gültigen, strengen Vorgaben für den Gewässerschutzbereich Au als belasteter Standort mit Sanierungsbedarf eingestuft werden. Es bestehe jedoch keine grosse Dringlichkeit für eine Standortsanierung und keine Notwendigkeit für unmittelbare Massnahmen zur Abwehr von konkreten Gefahren (act. 11/6/25 Ziff. 5). Gestützt auf die Empfehlungen im Bericht (vgl. act. 11/6/25 Ziff. 6) verlangte das AFU mit Schreiben vom 17. Januar 2017, dass nach Vorliegen einer rechtskräftigen Kostenverteilungsverfügung eine Detailuntersuchung durchgeführt und bis zum Abschluss derselben der Standort überwacht werde (act. 11/6/21). Mit Eingabe vom 7. Februar 2017 stellte X. bei der politischen Gemeinde P. einen Antrag auf Erlass einer Kostenverteilungsverfügung (act. 11/6/19). Nachdem sich die politische Gemeinde und das AFU bezüglich der

sachlichen Zuständigkeit geeinigt hatten, erliess das AFU nach Gewährung des

rechtlichen Gehörs am 25. April 2018 folgende Verfügung (act. 2/1):

1. Auf das Gesuch um Kostenverteilung wird eingetreten.

2. Anrechenbar sind bisher Kosten von CHF 31'870.30 (100 %).

3. Die anrechenbaren Kosten werden wie folgt verteilt:

a. X. trägt CHF 9'561.10 (30 %).

b. Die Ausfallkosten betragen CHF 22'309.20 (70 %).

4.a. Das BAFU trägt 40 % der Ausfallkosten, d.h. CHF 8'923.70.

  1. Der Kanton St. Gallen und die Gemeinde P. tragen zusammen CHF 13'385.50 (60 % der Ausfallkosten).

  2. Die Politische Gemeinde P. hat dem AFU CHF 6'692.75 (30 % der Ausfallkosten) zu überweisen. Der Betrag wird 30 Tage nach Rechtskraft dieser Verfügung zur Zahlung fällig.

  3. Das AFU entschädigt X. mit CHF 22'309.20.

5. Es werden keine ausseramtlichen Kosten zugesprochen.

Das Baudepartement des Kantons St. Gallen wies den gegen die Dispositiv-Ziffern 3, 4 und 5 dieser Verfügung erhobenen Rekurs mit Entscheid vom 3. Juni 2019 ab

(act. 2/1).

D.

X. (Beschwerdeführerin) erhob gegen den am 4. Juni 2019 zugestellten (vgl. act. 2/3) Rekursentscheid des Baudepartements (Vorinstanz) mit Eingabe ihrer Rechtsvertreterin vom 17. Juni 2019 (act. 1) und Ergänzung vom 16. August 2019 (act. 7) Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Sie beantragte, unter Kosten- und Entschädigungsfolge (zzgl. MwSt.) sei der angefochtene Entscheid aufzuheben, und der Kostenanteil zulasten der

Beschwerdeführerin für die Massnahmen zur Untersuchung und Sanierung von Grundstück Nr. 000 (KbS-Nr. xyz), P. , sei auf 0 % zu reduzieren; allenfalls sei der Kostenanteil zulasten der Beschwerdeführerin nach pflichtgemässem Ermessen auf einen Anteil von erheblich unter 10 % zu reduzieren.

Mit Vernehmlassung vom 9. September 2019 verwies die Vorinstanz auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid und beantragte die Abweisung der Beschwerde (act. 10). Die Politische Gemeinde P. (Beschwerdegegnerin) verzichtete stillschweigend auf eine Stellungnahme.

Auf die Vorbringen der Verfahrensbeteiligten sowie die Akten wird, soweit für den Entscheid relevant, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.

Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

1.

Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ist gegeben (Art. 59bis Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege; sGS 951.1, VRP). Die Beschwerdeführerin ist zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 64 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 VRP). Die Beschwerde wurde mit Eingabe vom 17. Juni 2019 rechtzeitig erhoben und erfüllt zusammen mit der Ergänzung vom 16. August 2019 in formeller und inhaltlicher Hinsicht die gesetzlichen Anforderungen (Art. 64 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 und 2 VRP). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.

2.

2.1.

Gemäss Art. 32d des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, SR 814.01, USG) trägt der Verursacher die Kosten für notwendige Massnahmen zur Untersuchung, Überwachung und Sanierung belasteter Standorte (Abs. 1). Sind mehrere Verursacher beteiligt, so tragen sie die Kosten entsprechend ihren Anteilen an der Verursachung. In erster Linie trägt die Kosten, wer die Massnahmen durch sein Verhalten verursacht hat. Wer lediglich als Inhaber des Standortes beteiligt ist, trägt keine Kosten, wenn er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt von der Belastung keine Kenntnis haben konnte (Abs. 2). Das zuständige Gemeinwesen trägt den Kostenanteil der Verursacher, die nicht ermittelt werden können oder zahlungsunfähig sind (Abs. 3). Die Behörde erlässt eine Verfügung über die Kostenverteilung, wenn ein Verursacher

dies verlangt oder die Behörde die Massnahmen selber durchführt (Abs. 4). Ergibt die Untersuchung eines im Kataster eingetragenen oder für den Eintrag vorgesehenen Standortes, dass dieser nicht belastet ist, so trägt das zuständige Gemeinwesen die Kosten für die notwendigen Untersuchungsmassnahmen (Abs. 5).

2.2.

Die Rechtsprechung stellt für die Umschreibung des Verursacherbegriffs auf den polizeirechtlichen Störerbegriff ab. Der Begriff des in die Kostenverteilung einzubeziehenden Verursachers nach Art. 32d USG erfasst in Anlehnung an den polizeirechtlichen Störerbegriff sowohl den Verhaltensstörer, der den Schaden oder die Gefahr selbst oder durch das unter seiner Verantwortung erfolgende Verhalten Dritter unmittelbar verursacht hat, als auch den Zustandsstörer, der über die Sache, die den ordnungswidrigen Zustand bewirkt, rechtliche oder tatsächliche Gewalt hat (vgl. BGE 144 II 332 E. 3.1 mit Hinweis auf BGE 139 II 106 E. 3.1; BGer 1C_515/2015 vom 2. Juni

2016 E. 2.2 mit Hinweisen).

3.

Die Beschwerdeführerin beantragt eine Reduktion ihres Kostenanteils auf 0 %. Damit geht sie grundsätzlich davon aus, dass kein Befreiungsgrund nach Art. 32d Abs. 2

Satz 3 USG vorliegt. In der Beschwerdebegründung macht sie jedoch geltend, sie habe von der Belastung gar nichts gewusst, weshalb der Vollständigkeit halber zunächst zu klären ist, ob sie sich nach Art. 32d Abs. 2 Satz 3 USG befreien kann.

3.1.

Da bei der Kostenverteilung nach Art. 32d USG die Kenntnis oder das Kennenmüssen der Belastung durch den Gesetzgeber vermutet wird, hat der Inhaber durch einen Sorgfaltsnachweis darzulegen, dass er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt keine Kenntnis von der Belastung haben konnte (P. Reetz, Erwerb belasteter Standorte: Risiken richtig regeln, in: H. Stöckli [Hrsg.], Schweizerische Baurechtstagung 2019,

S. 241). Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre geht die latente Kostenpflicht des Standortinhabers als Zustandsverursacher bei einer Handänderung ohne weiteres auf den Erwerber über. Dabei handelt es sich nicht um einen Fall der Rechtsnachfolge, sondern die Zustandsverantwortlichkeit entsteht originär beim neuen Eigentümer oder Inhaber. Der Erwerbsgrund – Universalsukzession (insb. Erbschaft) oder Singularsukzession (insb. Kauf) – spielt dabei keine Rolle, da die neuen Eigentümer nicht als Rechtsnachfolger haften, sondern selbst Zustandsstörer werden. Das Bundesgericht bejaht dementsprechend die Kostenpflicht der Eigentümer, die das Grundstück in Kenntnis der Belastung geerbt hatten, obwohl der Erblasser nicht

gehaftet hätte, weil zum Zeitpunkt seines Erwerbs noch keine Anhaltspunkte für eine

Belastung vorlagen (BGE 144 II 332 E. 6.2).

3.2.

Massgebend ist aufgrund der oben dargelegten Grundsätze, ob die Beschwerdeführerin, als sie das Grundstück am 30. September 2010 infolge Erbgang erworben hatte, bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt von einer allfälligen Belastung keine Kenntnis haben konnte. Dagegen kommt es nicht auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Erblassers an, weshalb offenbleiben kann, ob beim Grundstückerwerb durch den Ehemann der Beschwerdeführerin im Jahr 1980 schon Anhaltspunkte für eine Belastung vorlagen. Ende 2007 wurde der (mittlerweile verstorbene) Ehemann als Grundeigentümer aufgefordert, den KbS-Fragebogen auszufüllen. Der ausgefüllte Fragebogen ging am 9. Januar 2008 beim AFU ein

(act. 11/6/53). In der Folge fand ein reger Informationsaustausch zwischen dem Ehemann und dem AFU statt. Mit Schreiben vom 24. Juni 2008 teilte das AFU dem Ehemann schliesslich mit, dass die Parzelle Nr. 000 mit der Massnahmenklasse B (weitere Massnahmen erforderlich, Untersuchungsbedarf 2. Priorität) eingetragen werde (act. 11/6/42). Per 30. September 2010 erwarb die Beschwerdeführerin das Grundstück infolge Erbteilung (act. 11/6/38). Folglich war das Grundstück im Zeitpunkt des Erwerbs durch die Beschwerdeführerin bereits im KbS eingetragen. Dieser Umstand war ihr auch bekannt, wie aus ihrer Stellungnahme betreffend Kostenverteilung vom 30. Januar 2018 hervorgeht: Demnach haben sie – das heisst ihr Ehemann und sie selbst – von der chemischen Reinigung auf dem Grundstück im Jahr 2008 erfahren, als es um die Aufnahme des Grundstücks in den Altlastenkataster gegangen sei (act. 11/6/9). Telefonate zwischen der Beschwerdeführerin und dem AFU im Jahr 2008 bestätigen diese Sichtweise (vgl. act. 11/6/40, 51). Die Beschwerdeführerin hatte daher Kenntnis von einer allfälligen Belastung, weshalb eine Kostenbefreiung nach Art. 32d Abs. 2 Satz 3 USG nicht in Betracht kommt (vgl. BGer 1C_18/2016 vom 6. Juni 2016 E. 7.3).

4.

Die Beschwerdeführerin wendet sich in der Hauptsache gegen die verfügte Aufteilung der Kosten und verlangt eine Herabsetzung ihres Anteils auf 0 %. Im Eventualfall beantragt sie eine Reduktion nach pflichtgemässem Ermessen auf einen Anteil von erheblich unter 10 %.

4.1.

Der Gegenstand der Kostenverteilungsverfügung nach Art. 32d Abs. 4 USG ergibt sich aus Abs. 1 der nämlichen Bestimmung. Demnach sind neben den Sanierungskosten

auch die Untersuchungs- und Überwachungskosten anrechenbar (vgl. Griffel/Rausch, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, Ergänzungsband zur 2. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2011, N 3 zu Art. 32d USG). Bei der Bemessung des Kostenanteils können neben dem Mass der Verantwortung auch Billigkeitsgesichtspunkte, wie die wirtschaftliche Interessenlage und die wirtschaftliche Zumutbarkeit, berücksichtigt werden. Namentlich kann berücksichtigt werden, ob der Standortinhaber, der die Belastung kannte oder kennen musste, einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Belastung gezogen hat und ob ihm aus der Sanierung ein Vorteil erwächst (BGE 139 II 106 E. 5.5). Das Bundesgericht hielt im zitierten Entscheid weiter fest, würde der Grundeigentümer ausschliesslich als Standortinhaber haften, ohne dass ihn der Verursachungsanteil seiner Rechtsvorgänger zugerechnet werden könnte und ohne durch den Betrieb oder die Sanierung selbst einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt zu haben oder in Zukunft zu erlangen, erschiene eine Kostenbeteiligung von 10 % exzessiv und damit bundesrechtswidrig (E. 5.5.3). Schliesslich präzisierte es seine eigene Praxis, wonach 10-30 % der Kosten auf den schuldlosen Zustandsstörer entfallen: Ein derartiger Kostenanteil ergebe sich nicht bereits aus der Eigentümerstellung zum Zeitpunkt der Kostenverteilungsverfügung, sondern erscheine nur dann gerechtfertigt, wenn weitere Umstände hinzutreten würden, z.B. wenn die betroffene Person schon im Zeitpunkt der Belastung für den Standort verantwortlich gewesen sei und diese daher hätte verhindern können, wenn sie für den Verursachungsanteil ihres Rechtsvorgängers hafte (kraft Geschäftsübernahme oder als Erbe) oder durch die Belastung oder Sanierung einen (nicht unwesentlichen) wirtschaftlichen Vorteil erlangt habe oder erlangen werde (E. 5.6).

4.2.

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin die allfällige Belastung durch die chemische Reinigung weder selbst herbeigeführt hat noch hätte vermeiden können. Auch haftet sie nicht für den Verursacheranteil ihres Rechtsvorgängers: Dieser erwarb das Grundstück bereits mit der allfälligen Belastung, wobei offenbleiben kann, ob er hiervon Kenntnis hatte. Zu klären ist deshalb, ob die Beschwerdeführerin durch die Belastung oder Sanierung einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt (hat). Die Beschwerdeführerin stützt sich dabei auf den amtlich geschätzten Verkehrswert, der gemäss ihren nicht belegten, aber unbestritten gebliebenen Angaben bei der Schätzung im Jahr 2014 rund CHF 1 Mio. betragen habe. Da seit der Revision des USG im Bereich der Sanierung belasteter Standorte bei der amtlichen Schätzung weder ein Abzug für eine allfällige Sanierung der Altlasten berücksichtigt wird, noch die Sanierungskosten zu ermitteln bzw. abzuschätzen sind (vgl. Gebäudeversicherung des Kantons St. Gallen, Richtlinien und Weisungen 2019 [Version 1.00], Ziff. 4.4.7), erweist

sich die amtliche Schätzung hinsichtlich der Belastung eines Grundstücks durch Altlasten als nicht aussagekräftig. Es trifft zwar zu, dass das Grundstück lediglich zum um den latenten Sanierungskostenanteil reduzierten und damit unter dem ansonsten für vergleichbare Grundstücke bezahlten Marktpreis verkauft werden kann. Massgebend ist jedoch – wie die Vorinstanz zu Recht erkannt hat –, dass die Beschwerdeführerin das Grundstück zum um den latenten Sanierungskostenanteil reduzierten Marktpreis übernommen hat oder es ihr zumindest zu diesem Wert an ihren Erbanteil anzurechnen gewesen wäre. Gemäss Art. 617 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (SR 210, ZGB) sind den Erben Grundstücke zum Verkehrswert anzurechnen, der ihnen im Zeitpunkt der Teilung zukommt. Der Verkehrswert ist dabei der Marktwert eines Gegenstandes, mithin derjenige Wert, der bei einer unter normalen Umständen stattfindenden Veräusserung an einen unabhängigen Dritten als Kaufpreis erzielt würde (Wolf/Eggel, in: Hausheer/Walter/Wolf/Eggel, Berner Kommentar – Die Teilung der Erbschaft, Art. 602-619 ZGB, Bern 2014, N 15 zu Art. 617 ZGB). Zu berücksichtigten ist dabei, dass das Grundstück bei der Erbteilung bereits im KbS eingetragen war und die Beschwerdeführerin wie dargelegt von einer allfälligen Belastung des Grundstücks Kenntnis hatte. Keine Rolle spielt dagegen, ob der Belastung bei der Erbteilung auch tatsächlich Rechnung getragen wurde. Des Weiteren wird mit der Untersuchung eines im KbS eingetragenen Grundstücks eine gewisse Planungs- und Rechtssicherheit geschaffen. Damit ist die Schlussfolgerung der Vorinstanz, wonach die Beschwerdeführerin durch die vorgenommene Voruntersuchung einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat, nicht zu beanstanden.

4.3.

Zu klären bleibt, ob die Auferlegung eines Kostenanteils von 30 % gerechtfertigt ist. Der verstorbene Ehemann der Beschwerdeführerin erwarb das Grundstück im Jahr 1980. Keine Rolle spielt dabei, ob er von der Belastung Kenntnis hatte. Im Jahr 2010 ging das Grundstück infolge Erbteilung auf die Beschwerdeführerin über. Folglich trifft Letztere zwar kein Verursacheranteil als Verhaltensstörerin, denn sie hat die Belastung durch die chemische Reinigung weder selbst herbeigeführt, noch hätte sie sie vermeiden können. Die Beschwerdeführerin ist jedoch als Inhaberin des Grundstücks Zustandsstörerin. Zu berücksichtigen ist, dass die bisher angefallenen Untersuchungskosten bescheiden sind. Zudem erscheinen sie für die Beschwerdeführerin, welche ihrer Mitwirkungspflicht bei der Klärung dieser Frage nicht nachgekommen ist, auch wirtschaftlich zumutbar. Zwar steht eine allfällige Sanierung, welche in der Regel mit hohen Kosten verbunden ist, noch aus. Abklärungen der Beschwerdeführerin bei der G. AG, welche die Voruntersuchung vorgenommen hatte, ergaben, dass gemäss Erfahrungen mit vergleichbaren Standorten von

potentiellen Sanierungskosten in der Höhe von rund CHF 500'000 (+/- 25 %) sowie von

einem Mehrkostenpotential für nicht sanierungsbedürftige Belastungen von ca.

CHF 250'000 (+/- 25 %) auszugehen sei. Diese beiden Beträge entsprächen dabei in der Summe dem aktuell bekannten altlasten- und belastungsbedingten Minderwert des Grundstücks Nr. 000 (vgl. act. 8/2). Aus der Belastung oder Sanierung ist jedoch ein erheblicher Vermögensvorteil zugunsten der Beschwerdeführerin zu bejahen; insbesondere liegt ihr Grundstück in der Kernzone und ist damit nicht mit dem vom Bundesgericht im Urteil BGE 139 II 106 beurteilten Grundstück vergleichbar. Soweit die von der Beschwerdeführerin angeführten Bundesgerichtsentscheide die Sanierung von Deponien betreffen, sind diese vorliegend ebenfalls nur beschränkt aussagekräftig, denn eine Sanierung einer Deponie ist weitaus kostspieliger. Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass der wirtschaftliche Vorteil, welcher der Beschwerdeführerin durch die Sanierung zuteilwird, auf Kosten der Allgemeinheit erfolgt. Unter diesen Umständen erscheint die der Beschwerdeführerin auferlegte Haftungsquote von 30 % nicht als exzessiv. Wie die Kosten bei den definitiven Sanierungskosten zu verteilen sein werden, ist noch offen, auch wenn die jetzige Kostenverteilungsverfügung eine gewisse präjudizielle Wirkung für die zukünftige Kostenaufteilung haben kann (vgl. BGE 139 II 106 E. 5.5.3). Die Beschwerdeführerin wird gut daran tun, ihrer Mitwirkungspflicht dannzumal nachzukommen.

5.

Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von CHF 3'000 ist angemessen (Art. 7 Ziffer 222 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12). Sie ist mit dem von der Beschwerdeführerin

in der gleichen Höhe geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Entschädigung ausseramtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren (Art. 98 Abs. 1 und 98bis VRP).

Demnach erkennt das Verwaltungsgericht zu Recht: 1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Beschwerdeführerin bezahlt die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von

CHF 3'000 unter Verrechnung mit dem von ihr in gleicher Höhe geleisteten

Kostenvorschuss.

3.

Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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