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Urteil Verwaltungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:B 2018/48
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2018/48 vom 10.12.2018 (SG)
Datum:10.12.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Sozialhilfe. Kostengutsprache für die Pflegekinder. Art. 10 Abs. 1 SHG (sGS 381.1).Die Fremdplatzierung der Kinder erfolgte ohne formelle behördliche Anordnung. Das Pflegegeld wurde in einem auf privatrechtlicher Basis geschlossenen Pflegevertrag zwischen der Beschwerdeführerin und dem Kindsvater vereinbart. Der Kindsvater kann aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit nicht für den Unterhalt der Kinder bzw. Pflegekosten aufkommen. Das Gemeinwesen hat für diese Kosten einzustehen. Das Sozialamt ist aber nicht an das im privatrechtlichen Pflegevertrag vereinbarte Pflegegeld gebunden. Es setzte gestützt auf die kantonalen Pflegegeld-Richtlinien und unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsaufwandes für die Jugendlichen ein angemessenes Pflegegeld fest und war damit befugt, das bisher an die Beschwerdeführerin ausgerichtete Pflegegeld und die Nebenkosten zu reduzieren. Abweisung der Beschwerde (Verwaltungsgericht, B 2018/48).
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 276 ZGB ; Art. 293 ZGB ; Art. 294 ZGB ; Art. 308 ZGB ; Art. 9 BV ;
Referenz BGE:137 I 69; 138 II 169; 141 III 401;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
Sozialhilfe. Kostengutsprache für die Pflegekinder. Art. 10 Abs. 1 SHG (sGS 381.1). Die Fremdplatzierung der Kinder erfolgte ohne formelle behördliche Anordnung.

Das Pflegegeld wurde in einem auf privatrechtlicher Basis geschlossenen Pflegevertrag zwischen der Beschwerdeführerin und dem Kindsvater vereinbart. Der Kindsvater kann aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit nicht für den Unterhalt der Kinder bzw. Pflegekosten aufkommen. Das Gemeinwesen hat für diese Kosten einzustehen. Das Sozialamt ist aber nicht an das im privatrechtlichen Pflegevertrag vereinbarte Pflegegeld gebunden. Es setzte gestützt auf die kantonalen Pflegegeld-Richtlinien und unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsaufwandes für die Jugendlichen ein angemessenes Pflegegeld fest und war damit befugt, das bisher an die Beschwerdeführerin

ausgerichtete Pflegegeld und die Nebenkosten zu reduzieren. Abweisung der

Beschwerde (Verwaltungsgericht, B 2018/48).

Entscheid vom 10. Dezember 2018

Besetzung

Abteilungspräsident Zürn; Verwaltungsrichterin Bietenharder, Verwaltungsrichter Engeler; Gerichtsschreiberin Schambeck

Verfahrensbeteiligte

  1. ,

    Beschwerdeführerin,

    vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Denise Dornier-Zingg, Vincenz Dornier,

    Schützengasse 6, 9000 St. Gallen,

    gegen

    Departement des Innern des Kantons St. Gallen, Regierungsgebäude, 9001 St.

    Gallen,

    Vorinstanz,

    Politische Gemeinde Q. , Gemeinderat,

    Beschwerdegegnerin,

    Gegenstand

    Kostengutsprache für die Pflegekinder B. und C.

    Das Verwaltungsgericht stellt fest: A.

    1. D. , Sozialhilfebezüger und geschieden, steht die alleinige elterliche Sorge über B. , geboren 2000, und C. , geboren 2004, zu. Für die beiden Kinder besteht eine Erziehungs- und Besuchsbeistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (SR 210, ZGB). Beide Kinder werden seit 2006

      durch A. , zuerst als Familienhelferin, seit 2008 als Pflegemutter, betreut und sind bei ihr dauerhaft untergebracht. Der Platzierung liegt keine formelle behördliche Anordnung (Vormundschaftsbehörde, KESB) zugrunde. Hingegen erteilte die damals zuständige Vormundschaftsbehörde am 12. August 2008 A. gestützt auf Art. 4 und 8 der Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (SR 211.222.338, PAVO) die Bewilligung zur Aufnahme von B. und C. in Familienpflege.

      Aufgrund seit Jahren bestehender und andauernder Sozialhilfeabhängigkeit des Vaters bezahlte die Gemeinde Q. von Beginn der Dauerplatzierung an der Pflegemutter eine Tagestaxe von CHF 115 je Kind aus und übernahm zudem die Nebenkosten. Seit dem Jahr 2014 strebten die Sozialen Dienste der Gemeinde Q. eine Anpassung des ausgerichteten Pflegegeldes und der Nebenkosten an. Dies wurde A. und weiteren Beteiligten in Gesprächen sowie einem Schreiben vom 24. Juni 2014 mitgeteilt. Mit Schreiben vom 4. März 2015 informierten die Sozialen Dienste die Pflegemutter, dass ab 1. August 2015 nur noch eine reduzierte Tagestaxe von CHF 85 je Kind und effektiven Betreuungstagen sowie eine Nebenkostenpauschale von CHF 250 pro Monat und Kind ausgerichtet werde. In der Folge wurde der Pflegemutter das rechtliche Gehör zur anstehenden Reduktion der Kostengutsprache gewährt.

      1. zeigte sich mit den im Schreiben vom 4. März 2015 gemachten Vorschlägen seitens der Gemeinde Q. nicht einverstanden und verlangte eine anfechtbare Verfügung (Schreiben vom 2. Mai 2015, 3. März und 24. Mai 2016). Am 28. Mai 2015 unterzeichneten der Kindsvater D. und die Pflegemutter A. mit Zustimmung der für die beiden Jugendlichen eingesetzten Beiständin einen Betreuungsvertrag, mit welchem sie eine Tagestaxe in der Höhe von CHF 110 pro Kind vereinbarten.

        Am 15. Juli 2016 verfügte die Sozialhilfekommission der Gemeinde Q. im Sinne des Schreibens vom 4. März 2015 und hielt an der Kostengutsprache (reduzierte Tagestaxe von CHF 85 je Kind und effektiven Betreuungstagen sowie Nebenkostenpauschale von CHF 250 pro Monat und Kind) fest. Den dagegen eingereichten Rekurs durch A. wies der Gemeinderat Q. mit Entscheid vom 20. Dezember 2016 ab.

    2. A. erhob am 12. Januar 2017, vertreten durch ihre Rechtsvertreterin, gegen diesen Entscheid des Gemeinderates Q. Rekurs beim Departement des Innern des Kantons St. Gallen, welcher indes mit Entscheid vom 22. Januar 2018 abgewiesen wurde. Die Abweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Kinder seit dem Jahr 2008 im Rahmen einer freiwilligen Platzierung bei A. untergebracht worden seien. Die politische Gemeinde Q. , die aufgrund der Sozialhilfebedürftigkeit des Vaters von Beginn weg für die Unterbringungskosten der Kinder aufkomme, sei entschädigungsmässig nicht an den Pflegevertrag gebunden. Sie dürfe sich auf die kantonalen Pflegegeld-Richtlinien stützen. Der im Rahmen der Kostengutsprache gewährte Betrag von CHF 85 pro effektiv betreutem Tag und Kind liege rund 30% über dem Ansatz dieser Richtlinien und erscheine damit als angemessen.

B.

  1. Mit Eingabe vom 5. Februar 2018 und Ergänzung vom 23. April 2018 erhob A. (Beschwerdeführerin) durch ihre Rechtsvertreterin Beschwerde gegen den Entscheid des Departements des Innern (Vorinstanz) vom 22. Januar 2018 beim Verwaltungsgericht. Sie stellte das Rechtsbegehren, dass der Entscheid der Vorinstanz und der Rekursentscheid des Gemeinderats Q. (Beschwerdegegnerin) aufzuheben seien und die Sozialhilfekommission der Gemeinde Q. bzw. die Beschwerdegegnerin zu verpflichten sei, ihr für die Betreuung und Pflege von B. und C. rückwirkend ab

    1. August 2015 sowie künftig CHF 115 pro Tag und Kind zu leisten, zuzüglich effektive Nebenkosten und ausserordentliche Kosten. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zudem sei ihr die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren.

  2. Der Abteilungspräsident des Verwaltungsgerichts gewährte A. mit Schreiben vom

    25. April 2018 die unentgeltliche Rechtspflege (inkl. Rechtsverbeiständung).

  3. Die Vorinstanz ersuchte in ihrer Vernehmlassung vom 3. Mai 2018 um Abweisung der Beschwerde und verwies auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid. Denselben Antrag stellte die Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung vom 25. Mai 2018.

    Auf die Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge sowie die Akten wird, soweit für den Entscheid relevant, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.

    Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

    1. Das Verwaltungsgericht ist zum Entscheid in der Sache zuständig (Art. 59bis Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege; sGS 951.1, VRP). Die Beschwerdeführerin ist als Adressatin des angefochtenen Entscheides zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 64 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 VRP). Die Beschwerde wurde mit Eingabe vom 5. Februar 2018 rechtzeitig erhoben und erfüllt zusammen mit der Ergänzung vom 23. April 2018 formal wie inhaltlich die gesetzlichen Anforderungen (Art. 64 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 und 2 VRP). Auf die Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.

      Nicht einzutreten ist darauf, soweit die Beschwerdeführerin beantragt, der Rekursentscheid der Beschwerdegegnerin sei aufzuheben. Denn dieser Entscheid ist durch den angefochtenen Entscheid der Vorinstanz ersetzt worden beziehungsweise gilt inhaltlich als mitangefochten (Devolutiveffekt, BGer 2C_249/2014 vom 27. März 2015 E. 1.3 mit Hinweis auf BGE 138 II 169 E. 3.3).

    2. Strittig ist, ob die Beschwerdegegnerin die bisher an die Beschwerdeführerin ausgerichtete Tagestaxe zu Recht an die in den Pflegegeld-Richtlinien festgesetzten Pauschalen anglich und die bisher ausgerichtete Tagestaxe von CHF 115 auf CHF 85 reduzierte.

      Dafür ist – wie bereits die Vorinstanz zutreffend erkannte – zwischen zwei unterschiedlichen Rechtsverhältnissen zu differenzieren. Einerseits liegt zwischen der Beschwerdeführerin und dem Kindsvater ein auf privatrechtlicher Basis abgeschlossener Pflegevertrag vor. Andererseits wird das Pflegegeld aufgrund der finanziellen beschränkten Leistungsfähigkeit des Kindsvaters gestützt auf die Sozialhilfegesetzgebung durch die Beschwerdegegnerin direkt an die Beschwerdeführerin ausgerichtet. Zur Beantwortung der Streitfrage ist nachfolgend separat auf die beiden Rechtsverhältnisse einzugehen.

      1. Nach einer anfänglich benötigten sozialpädagogischen Familienbegleitung wurden die Kinder im Jahr 2008 mit Zustimmung der Beiständin bei der Beschwerdeführerin in einem Pflegeverhältnis untergebracht. Der Kindsvater, der seit vielen Jahren Anspruch auf Sozialhilfe hat, ist Inhaber der alleinigen elterlichen Sorge. Für die beiden Kinder besteht eine Erziehungs- und Besuchsbeistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB. Die Beschwerdeführerin ihrerseits verfügt unbestrittenermassen über die Bewilligung der Familienpflege. Aktenkundig ist, dass das Pflegeverhältnis bis Mai 2015 ohne schriftlichen Pflegevertrag erbracht wurde. Allerdings bedarf der Pflegevertrag auch keiner besonderen Form und muss demgemäss nicht zwingend schriftlich sein (Mazenauer/Gassner, Der Pflegevertrag, in: FamPra.ch 2014, S. 287). Erst im Zusammenhang mit der von der Beschwerdegegnerin an die Hand genommenen Überprüfung der seit Jahren ausgerichteten Pflegebeiträge und damit wohl als Reaktion auf die drohende Reduktion der Tagestaxen und Nebenkostenbeiträge haben der Kindsvater und die Beschwerdeführerin am 28. Mai 2015 einen Betreuungsvertrag über die zwei Jugendlichen abgeschlossen. Die Regelung wurde zusammen mit der Beiständin ausgehandelt und festgelegt. Dabei gilt es sich indes vor Augen zu halten, dass eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB, wie die vorliegend bestehende, nicht in die elterliche Sorge eingreift. Auch wenn den Eltern (bzw. i.c. dem alleinsorgeberechtigten Elternteil) eine Fremdplatzierung eines Kindes empfohlen und mit ihnen in konsensualer Zusammenarbeit ein Platzierungsentscheid erarbeitet wird,

        kann in diesen Fällen weder die Behörde noch der Beistand Vertragspartei sein (K. Anderer, Das Pflegegeld in der Dauerfamilienpflege und die sozialversicherungsrechtliche Stellung der Pflegeeltern, Diss. Zürich 2012, S. 97). Damit ist der erwähnte Betreuungsvertrag als privatrechtlicher Vertrag zu qualifizieren.

      2. Gemäss Art. 276 Abs. 1 ZGB haben die Eltern für den Unterhalt des Kindes aufzukommen, inbegriffen die Kosten von Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen. Die Pflegeeltern haben nach Art. 294 Abs. 1 ZGB Anspruch auf ein angemessenes Pflegegeld. Gemäss dem zwischen dem Kindsvater und der Beschwerdeführerin abgeschlossenen und von der Beiständin genehmigten Betreuungsvertrag vom 28. Mai 2015 wurde das Pflegegeld auf CHF 110 pro Kind und Tag festgesetzt. Davor betrug das Pflegegeld CHF 115 pro Kind und Tag. Demnach hat sich der Kindsvater vertraglich verpflichtet, die Beschwerdeführerin mit dem festgelegten Pflegegeld zu entschädigen.

      3. Sind weder Unterhalts- noch Unterstützungspflichtige leistungsfähig, hat das Gemeinwesen die Kosten des Unterhalts nach den einschlägigen Bestimmungen des öffentlichen Rechts zu tragen (vgl. Art. 293 Abs. 1 ZGB; P. Breitschmid, in: Honsell/ Vogt/Geiser [Hrsg.], Basler Kommentar Zivilgesetzbuch I, 5. Aufl. 2014, Rz. 15 zu Art. 276 ZGB und Rz. 1 zu Art. 293 ZGB). Die Verweisung auf das öffentliche Recht bedeutet, dass der Kindesunterhalt über die öffentliche Sozialhilfe zu leisten ist (K. Anderer, a.a.O., S. 106, C. hegnauer, in: H. Hausherr [Hrsg.], Berner Kommentar Band Nr. II, 1997, Rz. 11 zu Art. 293 ZGB). Wer für seinen Lebensunterhalt nicht hinreichend oder nicht rechtzeitig aus eigenen Mitteln aufkommen kann, hat Anspruch auf finanzielle Sozialhilfe (Art. 9 Abs. 1 SHG). Die finanzielle Sozialhilfe nach Art. 10 Abs. 1 SHG umfasst nebst Geld- und Sachleistungen auch Kostengutsprachen. Kostengutsprachen dienen dazu, Leistungen Dritter (z.B. Pflegeplatzkosten) sicherzustellen und werden von der Sozialhilfebehörde zugunsten des Leistungserbringers erteilt (vgl. K. Anderer, a.a.O., S. 108).

      4. Im vorliegenden Fall kann der Kindsvater als langjähriger Sozialhilfebezüger unbestrittenermassen nicht für die aufgrund der (freiwilligen) Fremdplatzierung entstehenden Pflegekosten selbst aufkommen und ist damit nicht leistungsfähig. An seiner Stelle hat die Beschwerdegegnerin seit dem Jahr 2008 die Beschwerdeführerin

        direkt für die Pflege der beiden Jugendlichen entschädigt, ist für die Unterbringungskosten der Fremdplatzierung regelmässig aufgekommen, und dies obwohl sich den Akten weder eine (formelle) Kostengutsprache gegenüber dem Kindsvater noch der Beschwerdeführerin noch sonst eine behördliche Anordnung entnehmen lässt (vi act. 12 - B 3). Erst mit Verfügung vom 15. Juli 2016 erliess die Beschwerdegegnerin - unter Zugrundelegung der unbestrittenermassen fortdauernden Sozialhilfebedürftigkeit (und damit der fehlenden Leistungsfähigkeit) des Kindesvaters - gegenüber der Beschwerdeführerin eine formelle Kostengutsprache hinsichtlich der direkt an sie zu entrichtenden Pflegegelder (zuzüglich einer Nebenkostenpauschale) für die Pflege der beiden bei ihr fremdplatzierten Jugendlichen.

      5. Mit der von der Beschwerdegegnerin angekündigten Reduktion des Pflegegelds zeigte sich die Beschwerdeführerin nicht einverstanden und ersuchte bei der Beschwerdegegnerin in eigenem Namen um Kostengutsprache für die von ihr erbrachten Pflegeleistungen in der Höhe des im Pflegevertrag festgesetzten Pflegegeldes. Die Berechtigung der Beschwerdeführerin, um in eigenem Namen eine Kostengutsprache zu verlangen, kann sich auf eine öffentlich-rechtliche Grundlage stützen. So kann unter Umständen eine Berechtigung von Drittinstitutionen wie Spitäler, Ärzte, Heime oder Therapieeinrichtungen anerkannt werden (VerwGE B 2017/179 vom 22. Oktober 2018 E. 3.1.1, VerwGE des Kantons Zürich VB.2014.00364 vom 19. Februar 2015, E. 2.2). Im vorliegenden Fall wurde die Aufnahme der Kinder bei der Beschwerdeführerin nach Art. 4 und 8 PAVO bewilligt (Entscheid der Vormundschaftsbehörde vom 12. August 2008). Damit ist die Beschwerdeführerin in der Pflicht, die Kinder im Rahmen des Kindeswohl wie in einem Heim zu betreuen und zu pflegen. Aufgrund dessen entsteht bei der Beschwerdeführerin analog den Drittinstitutionen ein schützenswertes Interesse und damit eine direkte Berechtigung, in eigenem Namen eine Kostengutsprache bei der Beschwerdegegnerin zu verlangen. Unbestrittenerweise ging auch die Beschwerdegegnerin von einer solchen Berechtigung aus, da sie der Beschwerdeführerin gestützt auf deren Abrechnungen (vi act. 12 - B2 und 30 - 1) seit Jahren Zahlungen ausrichtete, mit ihr Gespräche sowie Korrespondenzen hinsichtlich der Höhe des Pflegegeldes führte und ihr gegenüber am

15. Juli 2016 verfügte.

  1. Zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin die an die Beschwerdeführerin bisher ausgerichtete Tagestaxe und die Nebenkosten zu Recht reduzierte.

    1. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, dass die Beschwerdegegnerin nicht an einen mündlichen oder schriftlichen privatrechtlichen Pflegevertrag und das darin vereinbarte Pflegegeld gebunden sei. Sie habe sich an die kantonalen Pflegegeld- Richtlinien zu halten. Der von der Beschwerdegegnerin gewährte Betrag liege rund 30% über dem Ansatz der Pflegegeld-Richtlinien und berücksichtige damit den erhöhten Pflegebedarf der Kinder angemessen. Mangels Erfüllung der massgebenden Voraussetzungen könne sich die Beschwerdeführerin auch nicht auf den Vertrauensschutz berufen. Die Beschwerdegegnerin habe die Verhältnisse überprüfen dürfen, zumal sich der Betreuungsaufwand bei mehrjährigen Pflegeverhältnissen in der Regel verringere. Es bestehe kein Anrecht auf Besitzstandswahrung.

      Dagegen wendet die Beschwerdeführerin ein, dass das Pflegegeld nicht einseitig durch sie festgesetzt worden sei. Sie habe der Beschwerdegegnerin auf deren Ersuchen hin einen Vorschlag unterbreitet, welchen die Beschwerdegegnerin akzeptiert habe. Ob der Ansatz höher gewesen sei als in den Richtlinien sei ohne Belang. Die Beschwerdegegnerin sei in Kenntnis der Sachlage einverstanden gewesen, die vorgeschlagenen Beiträge zu leisten. Damit habe die Beschwerdegegnerin eine Vertrauensgrundlage gesetzt und könne nicht einseitig eine Änderung der Pflegebeiträge herbeiführen. Es könne ihr nicht zum Nachteil gereichen, dass sich die Kinder gut entwickelt hätten.

    2. Die Sozialhilfebehörde ist grundsätzlich an das im Pflegevertrag vereinbarte Pflegegeld gebunden, insbesondere wenn die Parteien ein nach den kantonalen Richtlinien empfohlenes Pflegegeld vereinbart haben (K. Anderer, a.a.O., S. 107). Der Sozialhilfebehörde soll aber bei privaten Platzierungen der Kinder ein gewisses Mitsprache- und Wahlrecht zustehen. Falls die Sozialhilfebehörde zum Schluss kommt, dass zwar eine Fremdplatzierung notwendig ist, sie die Platzierungskosten in der konkreten Pflegefamilie jedoch nicht übernehmen wird, hat sie die Betroffenen bei der Lösungssuche zu unterstützen. Eine bisher ausgerichtete Bezahlung kann nicht per sofort verweigert werden. Allerdings tragen Pflegeeltern, welche mit leistungsunfähigen Eltern einen Pflegevertrag abgeschlossen haben, ein gewisses Risiko, da es nicht sicher ist, dass die Sozialhilfe das vereinbarte Pflegegeld in dieser Höhe bezahlen wird (K. Anderer, a.a.O., S. 109). Im Gegensatz dazu hat die Sozialhilfebehörde bei einer behördlich oder gesetzlich angeordneten Platzierung die festgesetzten

      Platzierungskosten grundsätzlich zu übernehmen (BGer 8D_4/2013 vom 19. März 2014

      E. 5.1, vgl. K. Anderer, a.a.O., S. 106 ff.).

    3. Gestützt auf Art. 3 Abs. 2 lit. b PAVO und Art. 16 der Verordnung über die Aufnahme von Pflege- und Tagespflegekindern (sGs 912.3, PKV) ist die Vorinstanz befugt, Richtlinien über die Entschädigung der Pflegeeltern zu erlassen. Solche Pflegegeld-Richtlinien erliess die Vorinstanz letztmals am 1. Januar 2010 ( https:// www.sg.ch/home.html unter: Soziales/Familie/Pflegefamilien/Informationen für Pflegeeltern). Die Ansätze bei der Dauerpflege betragen für Kinder zwischen 7 und 14 Jahren CHF 59.13 (mit Beratung und Bildung) und zwischen 15 und 18 Jahren CHF

59.32. Die Nebenkosten werden in der Regel pauschal abgegolten. Kantonale Richtlinien dienen dazu, eine einheitliche und rechtsgleiche Praxis in den einzelnen Gemeinden zu erreichen und sind von den Behörden grundsätzlich anzuwenden (sog. Verwaltungsverordnung, vgl. BGE 141 III 401 E. 4.2.2). Gemäss Art. 18 der Unterstützungsrichtlinien der Gemeindeverwaltung Q. verweist die Beschwerdegegnerin auf die Pflegegeld-Richtlinien bzw. dass die von den Parteien vereinbarten Pflegekosten gemäss den kantonalen Pflegegeld-Richtlinien zu übernehmen sind. Bei intensiveren Fällen und hoher zeitlicher Belastung kann von den Ansätzen der kantonalen Pflegegeld-Richtlinien abgewichen werden.

3.4. Bei der vorliegend nicht behördlich angeordneten Fremdplatzierung ist das sowohl im mündlichen wie auch mit Datum vom 28. Mai 2015 schriftlichen Pflegevertrag zwischen dem Kindsvater und der Beschwerdeführerin vereinbarte Pflegegeld für die Beschwerdegegnerin nicht verbindlich, soweit dieses die in den kantonalen Pflegegeld- Richtlinien vorgegebene Höhe übersteigt. Der Beschwerdegegnerin stand es daher zu, die Höhe des Pflegegelds auf ihre Angemessenheit zu prüfen. Eine Abweichung vom zwischen Kindsvater und der Beschwerdeführerin vereinbarten Pflegegeld ist jedoch nicht ohne weiteres möglich, da das Kindeswohl im Vordergrund stehen muss. Wie die Vorinstanz zu Recht bemerkte, berücksichtigte die Beschwerdegegnerin im vorliegenden Fall die konkreten Verhältnisse bzw. den Betreuungsaufwand für die Jugendlichen angemessen. Sie stützte sich denn auch nicht auf die Mindesthöhe des Pflegegeldes gemäss den Pflegegeld-Richtlinien, sondern erhöhte den in den Richtlinien vorgegebenen Betrag um 30%, da aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Jugendlichen ein erhöhter Pflegeaufwand ausgewiesen ist. Im

Übrigen schloss der Kindsvater mit der Entlastungsfamilie mit Zustimmung der Beiständin ebenfalls einen Betreuungsvertrag ab. In diesem wurde ein Pflegegeld in der Höhe von CHF 83.51 pro Kind und Tag vereinbart, was ebenfalls den Schluss zulässt, dass das von der Beschwerdegegnerin festgesetzte Pflegegeld angemessen erscheint. Überdies bringt die Beschwerdeführerin keinen stichhaltigen Grund an, von der Regelung hinsichtlich der Nebenkosten abzuweichen. Wie in den Pflege-Richtlinien vorgesehen übernimmt die Beschwerdegegnerin eine Pauschale von CHF 250 pro Monat und Kind. Wenn die Beschwerdeführerin darüberhinausgehende Aufwendungen für notwendig hält, hat sie dies vorgängig mit der Beschwerdegegnerin zu klären und bei ihr die Übernahme der zusätzlichen Nebenkosten zu beantragen. Die Reduktion der Pflegegeld-Zahlungen wurde auch nicht per sofort vorgenommen, sondern der Beschwerdeführerin wurde eine genügend lange Übergangsfrist gewährt (erste Gespräche und Schreiben ab Mai 2014 [vi act. 12 - B4, B6], Erlass der Verfügung am

15. Juli 2016), um allenfalls eine neue Lösung mit dem Kindsvater zu suchen. Hervorzuheben ist, dass das von der Beschwerdegegnerin festgelegte Pflegegeld nicht als Änderung des Pflegevertrags zwischen der Beschwerdeführerin und dem Kindsvater gilt. Die Differenz des vereinbarten Pflegegeldes (CHF 85 anstatt der vereinbarten CHF 110 pro Tag und Kind) kann die Beschwerdeführerin allerdings nicht gegenüber der Beschwerdegegnerin geltend machen, sondern im zivilrechtlichen Verfahren über eine allfällige Klage auf Erfüllung des Pflegevertrages gegenüber dem Kindsvater (vgl. K. Anderer, a.a.O., S. 109.).

4.

    1. Zu prüfen bleibt, ob sich die Beschwerdeführerin auf den von ihr geltend gemachten Vertrauensschutz berufen kann. Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden. Vorausgesetzt ist weiter, dass die Person, die sich auf den Vertrauensschutz beruft, berechtigterweise auf diese Grundlage vertrauen durfte und gestützt darauf nachteilige Dispositionen getroffen hat, die sie nicht mehr rückgängig machen kann (BGE 137 I 69 E. 2.5.1, Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz. 622 ff.).

    2. Im vorliegenden Fall wurde die Kostengutsprache durch die Beschwerdegegnerin zwar nicht befristet, vielmehr handelt sich um ein Dauerrechtsverhältnis. Allerdings ist auch eine Anpassung eines Dauerverhältnisses möglich, wenn sich die Situation derart verändert, dass die bewilligte Leistung nicht mehr angemessen erscheint. Einerseits waren die aktuellen Pflegegeld-Richtlinien des Kantons St. Gallen erst seit dem 1. Januar 2010 und damit nach Beginn des Pflegeverhältnisses im Jahr 2008 gültig. Andererseits liegt es in der Natur der Sache, dass sich der Betreuungsaufwand für Kinder/Jugendliche in der Regel im Verlaufe der Zeit ändert. In diesem Sinne ist auch in den Pflegegeld-Richtlinien vorgesehen, dass die Pflegekinderaufsicht und platzierende Fachpersonen jährlich überprüfen, ob das Pflegegeld dem aktuellen Betreuungsaufwand und den aktuellen Richtlinien entspricht. Bei den Pauschalen des Pflegegeldes wird nach Alterskategorien unterschieden (von 0 bis 2, 3 bis 6, 7 bis 14 und 15 bis 19 Jahren). Es ist unbestritten, dass sich die Kinder – auch dank der Betreuung durch die Beschwerdeführerin – gut entwickelten (u.a. Schreiben des Kindsvaters vom 21. Mai 2015 [vi act. 12 - B7], ärztliches Zeugnis von Dr. E. vom

17. März 2015 [vi act. 30 - 4]) und der Betreuungsaufwand, unter anderem auch durch das höhere Schulpensum, abgenommen hat. Das im Jahr 2008 bzw. 2011 (vgl. vi act. 12 - B2) festgelegte und von der Beschwerdegegnerin übernommene Pflegegeld durfte daher überprüft und an den aktuellen Betreuungsaufwand angepasst werden. Die Beschwerdeführerin wurde bereits im Mai 2014 informiert, dass das von ihr verlangte Pflegegeld zu hoch sei und wohl reduziert werden müsse. Sie konnte daher nicht ohne Weiteres auf den Fortbestand bzw. die Weiterauszahlung des bisher ausgerichteten Pflegegeldes durch die Beschwerdegegnerin vertrauen (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 640). Unter diesen Umständen kann sich die Beschwerdeführerin nicht auf eine Vertrauensgrundlage berufen. Im Übrigen legte sie auch nicht dar, dass sie gestützt auf die Auszahlung des höheren Pflegegeldes Dispositionen getroffen hat, welche nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden könnten.

5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Fremdplatzierung der Kinder ohne formelle behördliche Anordnung erfolgte. Das Pflegegeld wurde in einem auf privatrechtlicher Basis (vorerst mündlich, ab 2015 schriftlich) geschlossenen Pflegevertrag zwischen der Beschwerdeführerin und dem Kindsvater vereinbart. Der Kindsvater kann aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit nicht für den Unterhalt der Kinder bzw. für die Kosten für die Fremdplatzierung aufkommen, weshalb das

Gemeinwesen für diese Kosten einzustehen hat. Allerdings ist die Beschwerdegegnerin nicht an das im privatrechtlichen Pflegevertrag zwischen dem Kindsvater und die Beschwerdeführerin vereinbarte Pflegegeld gebunden. Die Beschwerdegegnerin setzte gestützt auf die kantonalen Pflegegeld-Richtlinien und unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsaufwandes für die Jugendlichen ein angemessenes Pflegegeld fest und war damit befugt, das bisher an die Beschwerdeführerin ausgerichtete Pflegegeld und die Nebenkosten zu reduzieren. Folglich erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen.

6.

    1. (…).

    2. (…).

Demnach erkennt das Verwaltungsgericht auf dem Zirkulationsweg zu Recht:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

  2. Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 1'500 werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der Betrag geht zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zulasten des Staates. Auf die Erhebung wird verzichtet.

  3. Der Staat entschädigt die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin aus unentgeltlicher Rechtsverbeiständung für das Beschwerdeverfahren mit CHF 1‘600, zuzüglich CHF 80 Barauslagen und 7,7% Mehrwertsteuer.

Der Abteilungspräsident Die Gerichtsschreiberin

Zürn Schambeck

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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