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Urteil Verwaltungsgericht (SG - B 2017/29)

Zusammenfassung des Urteils B 2017/29: Verwaltungsgericht

Der Text handelt von einem Rechtsstreit bezüglich eines Schulvertrags zwischen einer Stadt und einer Stiftung. Die Beschwerdeführer, darunter ein Mitglied des Stadtparlaments und die Jungen Grünen, haben eine Abstimmungsbeschwerde eingereicht, da sie Verfahrensmängel und Rechtsverletzungen geltend machen. Das Verwaltungsgericht entscheidet, dass die Beschwerde teilweise gutgeheissen wird und teilweise abgewiesen wird. Es ordnet an, die Angelegenheit gemäss Art. 163 GG erneut zu prüfen. Die Kosten werden den Parteien entsprechend aufgeteilt. Der Richter ist Abteilungspräsident Zürn und der Gerichtsschreiber Bischofberger. Die Gerichtskosten betragen CHF 3'000.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts B 2017/29

Kanton:SG
Fallnummer:B 2017/29
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2017/29 vom 20.07.2018 (SG)
Datum:20.07.2018
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Politische Rechte, Abstimmungsbeschwerde, Nichteintretensentscheid, Art. 163-165 GG.Bestätigung des vorinstanzlichen Nichteintretens in Bezug auf Art. 164 GG wegen Nichteinhaltens der 14-tägigen Beschwerdefrist (E. 4.1 f.).Im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Rechtsanwendung von Amtes wegen hätte die Vorinstanz die Beschwerde nach Art. 163 GG entgegennehmen und prüfen müssen (E. 4.3), (Verwaltungsgericht,
Schlagwörter: Recht; Vorinstanz; Verfahren; Abstimmung; Hinweis; Abstimmungsbeschwerde; Verfahrens; Stadt; Hinweisen; VerwGE; Entscheid; Verwaltungsgericht; Gemeinde; Beschwerdebeteiligte; Stadtparlament; Schulvertrag; Trags; Beschwerdeführern; Anträge; Beschwerdeverfahren; Verbindung; Verfahrensmängel; Parlament; Gallen; Stadtrat; Antrag; Stadtparlaments; Begründung; Rechtsbegehren
Rechtsnorm: Art. 110 BGG ;Art. 136 BV ;Art. 29 BV ;Art. 34 BV ;
Referenz BGE:111 Ib 213; 134 I 172; 136 II 415; 140 I 326; 143 I 426; 143 I 78;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2017/29

B 2017/29).

Entscheid vom 20. Juli 2018 / Berichtigung vom 13. August 2018

Besetzung

Abteilungspräsident Zürn; Verwaltungsrichterin Bietenharder, Verwaltungsrichter Steiner; Gerichtsschreiber Bischofberger

Verfahrensbeteiligte

Dr. med. vet. X. , B.A. HSG,

Beschwerdeführer 1

und

Y. ,

Junge Grüne Wil-Fürstenland, Beschwerdeführer 2 und 3,

vertreten durch Dr. med. vet. X. , gegen

Departement des Innern des Kantons St. Gallen, Regierungsgebäude, 9001 St.

Gallen, Vorinstanz, und

Politische Gemeinde Wil, Stadtrat, Marktgasse 58, Postfach 1372, 9500 Wil,

Beschwerdegegnerin,

sowie

Stiftung Z.

Beschwerdebeteiligte,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Armin Eugster, Advokatur 107,

Rorschacher Strasse 107, 9000 St. Gallen,

Gegenstand

Abstimmungsbeschwerde / Nichteintretensentscheid

Das Verwaltungsgericht stellt fest:

  1. Mit Bericht vom 29. April 2015 beantragte der Stadtrat dem Stadtparlament Wil unter anderem, dem Nachtrag I zum Schulvertrag zwischen dem Kloster St. Katharina und der Politischen Gemeinde Wil (sRS 211.2) mitsamt der Vertragsübernahme durch

    die Stiftung Z. ab 1. August 2016 zuzustimmen. Nach der Rückweisung dieses Antrags am 24. September 2015 legte er dem Parlament mit Bericht vom 18. November 2015 einen überarbeiteten Nachtrag I zum Schulvertrag vor. Auf Antrag der vorberatenden Kommission vom 19. Januar 2016 nahm er am 3. Februar 2016 Anpassungen am überarbeiteten Nachtrag I zum Schulvertrag vor. Am

    11. Februar 2016 folgte das Stadtparlament dem Antrag des Stadtrates vom

    18. November 2015 / 3. Februar 2016. Die Referendumsfrist gegen diesen Stadtparlamentsbeschluss verstrich am 21. März 2016 ungenutzt (act. 6/39, act. 15/9/1, 6-20 und 23, act. 15/13/27, www.stadtwil.ch, www.zefix.ch).

  2. Am 25. Februar 2016 erhoben Dr. med. vet. X. , B.A. HSG, seit 2010 Mitglied des Stadtparlaments Wil, und Y. für sich und die Jungen Grünen Wil-Fürstenland, eines Vereins nach Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (SR 210, ZGB), Abstimmungsbeschwerde und aufsichtsrechtliche Anzeige beim Departement des Innern (act. 15/1, www.stadtwil.ch). Mit Replik vom 20. April 2016 machten sie geltend, ihre Abstimmungsbeschwerde sei nach Art. 163 des Gemeindegesetzes vom

    21. April 2009 (sGS 151.2, GG) zu beurteilen, falls sie nicht gestützt auf Art. 164 GG behandelt werden könne (act. 15/13). Mit Entscheid vom 6. Februar 2017 trat das Departement des Innern auf die Abstimmungsbeschwerde nicht ein (act. 15/41).

  3. Gegen den Entscheid des Departements des Innern (Vorinstanz) vom

    6. Februar 2017 erhob X. (Beschwerdeführer 1) für sich sowie im Namen von Y. (Beschwerdeführer 2) und den Jungen Grünen (Beschwerdeführer 3) am

    16. Februar 2017 Beschwerde beim Verwaltungsgericht (act. 1). Am 13. März 2017 ergänzten die Beschwerdeführer ihre Beschwerde mit einer Begründung und dem Rechtsbegehren (act. 5, S. 12), der angefochtene Entscheid sei aufzuheben (Ziff. 4.1.1). Es sei vorfrageweise die Rechtswidrigkeit des Nachtrags I zum Schulvertrag zwischen der Politischen Gemeinde Wil (Beschwerdegegnerin) und der Stiftung Z. (Beschwerdebeteiligte) festzustellen (Ziff. 4.1.2) und der Beschluss des Parlaments der Beschwerdegegnerin vom 11. Februar 2016 in Bezug auf den Nachtrag I zum Schulvertrag aufzuheben (Ziff. 4.1.3). Die Beschwerdegegnerin sei anzuweisen, ihr Verhältnis zur Beschwerdebeteiligten rechtskonform zu regeln (Ziff. 4.1.4). Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Ziff. 4.1.5). Auf die Erhebung amtlicher Kosten sei zu verzichten (Ziff. 4.1.6).

  4. Mit Zwischenverfügung vom 10. Mai 2017 wies der damalige Vizepräsident des Verwaltungsgerichts auf Antrag der Beschwerdeführer vom 16. Februar 2017 die Beschwerdegegnerin an, für die Dauer des Beschwerdeverfahrens ihre bisherige Zuteilungspraxis samt Übernahme des Schulgeldes im Schuljahr 2017/18 und gegebenenfalls im Schuljahr 2018/19 fortzuführen sowie Schülerinnen aus dem Gemeindegebiet, welche bereits vor dem Schuljahr 2016/17 in die Mädchensekundarschule St. Katharina eingetreten waren, weiterhin das jährliche Schulgeld zu bezahlen (act. 13). Mit Vernehmlassung vom 16. Mai 2017 schloss die Vorinstanz auf Abweisung der Beschwerde (act. 14). Am 22. Mai 2017 liessen sich die Beschwerdeführer unaufgefordert vernehmen (act. 16). Mit Stellungnahme vom

16. Juni 2017 beantragte die Beschwerdegegnerin, die Beschwerde sei vollumfänglich

abzuweisen und den Beschwerdeführern eine angemessene Gebühr aufzuerlegen

(act. 18). Am 19. Juni 2017 nahm die Beschwerdebeteiligte durch ihren Rechtsvertreter Stellung und beantragte, die Beschwerde sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge abzuweisen. Eventuell sei die Abstimmungsbeschwerde vollumfänglich abzuweisen (act. 19, www.zefix.ch). Am 14. Juli 2017, 12. November 2017 und 17. April 2018 liessen sich die Beschwerdeführer abschliessend vernehmen (act. 21, 23, 25).

Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge und die Akten wird, soweit wesentlich, in den Erwägungen eingegangen.

Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung

1. Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ist gegeben (Art. 59bis Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege; sGS 951.1, VRP). Die

Beschwerdeführer sind als Adressaten des angefochtenen Nichteintretensentscheids ungeachtet der Legitimation in der Sache zur Ergreifung des Rechtsmittels berechtigt (Art. 64 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 VRP, vgl. hierzu BGer 1C_200/2017 vom

10. Juli 2017 E. 1). Die Beschwerdeeingabe vom 16. Februar 2017 (act. 1) erfolgte rechtzeitig und erfüllt zusammen mit der Ergänzung vom 13. März 2017 (act. 5) formal und inhaltlich die gesetzlichen Anforderungen (Art. 64 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 und 2 VRP). Auf die Beschwerde ist somit grundsätzlich einzutreten.

Tritt die Vorinstanz, wie hier, auf ein Rechtsmittel nicht ein, ohne mit einer Eventualbegründung die Sache auch materiell zu beurteilen, ist das Verfahren auf das Nichteintreten zu beschränken. Ist die Beschwerde begründet, weist das Verwaltungsgericht die Sache gemäss Art. 64 in Verbindung mit Art. 56 Abs. 2 VRP zur weiteren Beurteilung des Falles an die Vorinstanz zurück. Andernfalls hat es mit dem vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid sein Bewenden (vgl. hierzu Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen, 2. Aufl. 2003, Rz. 1032). Folglich ist auf die Anträge Ziff. 4.1.2 bis 4.1.4 (act. 5, S. 12) in der Sache – entgegen dem Ansinnen der Beschwerdeführer (act. 5, S. 44 Ziff. 10.5.3) – nicht einzutreten. Zu keinem anderen Schluss führt das Argument der Beschwerdeführer, die Streitsache – im Falle einer Aufhebung des angefochtenen Nichteintretensentscheids und einer Rückweisung an die Vorinstanz – mittels Sprungbeschwerde inhaltlich direkt vom

Verwaltungsgericht beurteilen lassen zu können. Unabhängig davon, ob Art. 43ter VRP

gestützt auf Art. 165 GG überhaupt auf Abstimmungsbeschwerden nach Art. 163 f. GG anwendbar wäre (vgl. hierzu Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 1163 0ff.), setzt die Auslassung der Vorinstanz mittels Sprungbeschwerde die Zustimmung die weiteren Beteiligten voraus. Anhaltspunkte für eine solche Zustimmung liegen nicht vor. Aus der fehlenden Zustimmung erwächst den Beschwerdeführern auch kein Nachteil (vgl. VerwGE

B 2016/209 vom 20. Januar 2017 E. 1, www.gerichte.sg.ch). Im Übrigen ist auf Antrag Ziff. 4.1.2 insofern nicht einzutreten, als mangels konkretem Anwendungsfall nicht

„vorfrageweise“ die Rechtswidrigkeit des Nachtrag I zum Schulvertrag geprüft werden kann (vgl. hierzu Art. 81 der Verfassung des Kantons St. Gallen; SR 131.225 resp. sGS 111.1, KV) und es den Beschwerdeführern an dem für einen Feststellungsentscheid notwendigen schutzwürdigen Interesse fehlt (vgl. zur Subsidiarität des Feststellungsanspruchs VerwGE B 2011/177 vom 29. August 2012 E. 2.5.1, www.gerichte.sg.ch). Offenbleiben kann, ob die ausserhalb von prozessualen richterlichen Fristen eingereichten Eingaben der Beschwerdeführer vom 22. Mai 2017 (act. 16), 12. November 2017 (act. 23) und 17. April 2018 (act. 25) zu beachten sind, da sie keine zusätzlichen für den Entscheid wesentlichen (tatsächlichen) Vorbringen enthalten (vgl. VerwGE B 2015/292 vom 23. Februar 2017 mit Hinweisen auf

BGer 2C_1001/2013 vom 4. Februar 2014 E. 1.7 und VerwGE B 2016/31 vom

20. Dezember 2016 E. 1 mit Hinweis auf VerwGE B 2015/139 vom 17. Dezember 2015

E. 1, www.gerichte.sg.ch). Darüber hinaus wurden im vorinstanzlichen Entscheid vom

6. Februar 2017 die Abstimmungsbeschwerde vom 25. Februar 2016 und die gleichzeitig erhobene aufsichtsrechtliche Anzeige aufgrund des engen Sachzusammenhangs zwar gemeinsam behandelt (act. 15/41, S. 8 f. E. 3). Die aufsichtsrechtliche Anzeige (Art. 162 GG) kann indessen nicht Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsmittelverfahrens sein und steht damit vorliegend nicht zur Diskussion (vgl. VerwGE B 2013/241 vom 19. Februar 2015 E. 2.1, www.gerichte.sg.ch, sowie die zutreffenden Ausführungen der Verfahrensbeteiligten in der Stellungnahme vom 19. Juni 2017, act. 19, S. 5).

  1. Die Beschwerdeführer stellen die Beweisanträge (act. 5, S. 13), die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, die Aktennotiz einer Besprechung zwischen der damaligen Schulratspräsidentin und einer Vertreterin des Bildungsdepartements aus dem Jahr 2010, ein Schreiben der damaligen Schulratspräsidentin von

    Anfang 2014, ein Schreiben der Geschäftsprüfungskommission von Ende 2014, sämtliche Protokolle der Verhandlungen zwischen der Beschwerdegegnerin und der Beschwerdebeteiligten sowie sonstige Akten zu deren langjährigen Auseinandersetzung zu edieren. Von der Beschwerdebeteiligte seien die vollständige Medienmitteilung des Klosterbeitrags vom 6. Dezember 2011 sowie sonstige Akten zur langjährigen Auseinandersetzung mit der Beschwerdegegnerin beizuziehen (act. 5,

    S. 13). Soweit diese Akten nicht bereits im Recht liegen (act. 15/27/5-10), kann auf die beantragten prozessualen Vorkehren verzichtet werden. Die entscheidrelevanten tatsächlichen Verhältnisse ergeben sich aus den Verfahrensakten (vgl. zur antizipierten Beweiswürdigung BGer 8C_649/2017 vom 4. Januar 2018 E. 7.6.2 mit Hinweisen). Nachdem die Beschwerdeführer am 14. Juli 2017 (act. 21) selbst eingeräumt haben, dass die von der Beschwerdegegnerin am 13. Juni 2016 nachgereichten Akten

    (act. 15/27) vorliegend nicht entscheidwesentlich sind, und ihnen am 11. Juli 2017 vom Verwaltungsgericht ohnehin Einsicht in diese Akten gewährt wurde (act. 21), braucht überdies nicht erörtert zu werden, ob die Vorinstanz diese Akten zu Unrecht als vertraulich behandelte (vgl. hierzu Art. 16 Abs. 1 VRP, Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 1129).

  2. Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz weiter vor (act. 5, S. 37-39, S. 42 f.

Ziff. 10.1.3 f., 10.1.8, 10.2.1, 10.4.1), sie habe die Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in der Sachverhaltsdarstellung ungleich berücksichtigt und sich mit ihren Ausführungen teilweise nicht auseinandergesetzt. Wie die Beschwerdeführer dem Sinn nach selbst

einräumen, kann objektiv betrachtet allein aus dem Umstand, dass im Sachverhalt des angefochtenen Entscheids (act. 15/41, S. 3-6) ausschliesslich die Begründungen der Beschwerdegegnerin (lit. E) und der Beschwerdebeteiligten (lit. I) wiedergegeben werden, nicht auf eine Voreingenommenheit der Vorinstanz geschlossen werden (vgl. hierzu Art. 29 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft; SR 101, BV, und BGer 2C_807/2015 vom 18. Oktober 2016 E. 2.1.1 und VerwGE

B 2013/166 vom 4. Dezember 2014 E. 2.2 ff. je mit Hinweisen, insbesondere auf BGE 140 I 326, www.gerichte.sg.ch). überdies ergibt sich aus dem angefochtenen Entscheid mit genügender Klarheit, weshalb die Vorinstanz auf die Abstimmungsbeschwerde nicht eintrat. Die Beschwerdeführer vermochten diesen

Entscheid denn auch durchaus sachgerecht anzufechten. Die Vorinstanz begründete ihren Entscheid insoweit hinreichend. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 4 lit. c KV, Art. 58 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 lit. a VRP) liegt in dieser Hinsicht nicht vor (vgl. BGer 2C_961/2017 vom 21. Februar 2018 E. 3.1,

BGer 1C_353/2017 vom 10. Januar 2018 E. 3.2, BGer 8C_606/2017 vom

7. November 2017 E. 3.2 und VerwGE B 2015/309 vom 26. April 2017 E. 2.1 je mit Hinweisen, www.gerichte.sg.ch). Ob die Argumentation der Vorinstanz auch inhaltlich zutrifft, bleibt im Folgenden zu prüfen.

  1. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht die Frage, ob die Vorinstanz auf die Abstimmungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu Recht nicht eingetreten ist. Die Beschwerdeführer stellen sich diesbezüglich auf den Standpunkt (act. 5, S. 33-40 Ziff. 9, 10.1 und 10.2), sie hätten die Beschwerde rechtzeitig erhoben. Die Vorinstanz wäre verpflichtet gewesen, die Beschwerde auch nach Art. 163 GG zu behandeln.

    1. Vorbereitung und Durchführung von Abstimmungen können von Stimmberechtigten u.a. wegen Verfahrensmängeln angefochten werden (Art. 164 Abs. 1 GG, siehe hierzu auch Art. 88 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht, Bundesgerichtsgesetz; SR 173.110, BGG, und Protokoll der vorberatenden Kommission betreffend "V. und VI. Nachtrag zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege", Sitzung vom 24. Mai 2006, S. 28 Votum W. Ritter, und

      Sitzung vom 28. August 2006, S. 4 Votum H. Arta, www.ratsinfo.sg.ch). Im Gegensatz zur altrechtlichen Kassationsbeschwerde wegen Verfahrensmängeln (vgl. Art. 244 des Gemeindegesetzes vom 23. Juli 1979, Neudruck 2001; nGS 36-29, aGG) lässt sich aus

      dem Wortlaut von Art. 164 Abs. 1 GG nicht ableiten, dass die Beschwerde nur Beschlüsse der Bürgerschaft, nicht aber Parlamentsbeschlüsse erfasst (vgl. hierzu auch Botschaft und Entwurf zum Gemeindegesetz vom 11. März 2008, S. 34, worin allgemein von behördlichen Vorbereitungshandlungen gesprochen wird, www.ratsinfo.sg.ch, siehe demgegenüber P. Glaus, Konzeption der Gemeindeautonomie, Zürich 1984, S. 223, und Botschaft zum Entwurf eines Gemeindegesetzes vom 24. August 1976, in: ABl 1976, S. 1227 ff., S. 1299). Damit durften die Beschwerdeführer – entgegen der Ansicht der Beschwerdebeteiligten (act. 19, S. 4) – die Vorbereitung und Durchführung einer Abstimmung im Zusammenhang mit dem referendumspflichtigen Beschluss des Stadtparlaments der

      Beschwerdegegnerin vom 11. Februar 2016 bemängeln. Unbesehen davon, dass sie in ihrer Beschwerde vom 25. Februar 2016 nicht nur Verfahrensmängel im Sinn von

      Art. 164 Abs. 1 GG geltend gemacht haben (act. 15/1, S. 7 f. Ziff. 3.1.2 sowie E. 4.3 hiernach), rügen sie (act. 15/1, S. 20 Ziff. 4.9.4 f.) eine Verletzung der durch die Garantie der politischen Rechte (Art. 34 Abs. 1 BV) geschützten freien Willensbildung (Art. 34 Abs. 2 BV, vgl. hierzu BGE 143 I 78 E. 4.3 f., G. Steinmann, in: Ehrenzeller/ Schindler/Schweizer/Vallender [Hrsg.], St. Galler Kommentar, Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, Art. 34 Rz. 23), namentlich einen Verstoss gegen den Grundsatz der Einheit der Materie (vgl. Art. 72 GG sowie VerwGE B 2013/150 vom

      14. Mai 2014 E. 3 und VerwGE B 2009/205 vom 16. September 2010 E. 3.1 je mit Hinweisen, www.gerichte.sg.ch) und falsche Informationen im Vorfeld des Parlamentsbeschlusses vom 11. Februar 2016 (vgl. hierzu BGer 1C_582/2016 vom

      5. Juli 2017 E. 1.1 und 2.3 mit Hinweisen, insbesondere auf Michel Besson, Behördliche Informationen vor Volksabstimmungen, Bern 2002, S. 227 ff., in: ZBl 6/2018, S. 298 ff.). Diesen Rügen sind der Abstimmungsbeschwerde wegen Verfahrensmängeln nach Art. 164 Abs. 1 GG zugänglich (vgl. zum Begriff Verfahrensmängel P. Glaus, a.a.O., S. 224, J. Scherrer, Die Demokratie in der

      ordentlichen Gemeindeorganisation des Kantons St. Gallen, Zürich 1965, S. 251 f., und

      C. Hiller, Die Stimmrechtsbeschwerde, Zürich 1990, S. 126 f., siehe auch

      H. Aemisegger, in: Spühler/Aemisegger/Dolge/Vock [Hrsg.], Bundesgerichtsgesetz,

      2. Aufl. 2013, Art. 88 Rz. 3). Im Weiteren ist der Einwand der Beschwerdeführer berechtigt (act. 5, S. 13 f. Ziff. 5.1.2 f.), die Vorinstanz habe die Beschwerdeberechtigung des Beschwerdeführers 3 in Bezug auf die

      Abstimmungsbeschwerde wegen Verfahrensmängeln nach Art. 164 GG in

      Erwägung 2.2 des angefochtenen Entscheids (act. 15/41, S. 7) zu Unrecht in Zweifel gezogen. Die Beschwerdelegitimation (Art. 164 f. GG in Verbindung mit Art. 45

      Abs. 1 VRP) von politischen Parteien (vgl. hierzu Art. 54 KV) und Organisationen mit politischem Charakter ist diesbezüglich anerkannt, sofern sie, wie die Beschwerdeführerin 3, als juristische Person konstituiert sind, in der durch die in Frage stehenden Abstimmung betroffenen Öffentlichkeit tätig sind und sie ihre Mitglieder grundsätzlich in deren Funktion als Stimmbürgerinnen und –bürger (Art. 136 f. BV, und Art. 31 f. KV) rekrutieren (vgl. den von den Beschwerdeführern angerufenen Entscheid BGE 134 I 172 E. 1.3.1 mit Hinweisen, in: Pra 97/2008 Nr. 127, allerdings in Bezug auf Art. 89 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 82 lit. c BGG, siehe hierzu auch Art. 111

      Abs. 1 BGG).

    2. Die Beschwerde ist innert vierzehn Tagen seit Bekanntwerden des Beschwerdegrundes, spätestens innert vierzehn Tagen seit der Abstimmung, einzureichen (Art. 164 Abs. 3 Satz 1 GG, vgl. VerwGE B 2009/205 vom

      16. September 2010 E. 2.3, a.a.O., und VerwGE B 2009/117 vom 10. November 2009

      E. 2.2). Im konkreten Fall lässt sich zwar nicht auf den Tag genau bestimmen, ab wann

      den Beschwerdeführern die Traktandenliste für die Parlamentssitzung vom

      11. Februar 2016 samt Berichten und Anträgen des Stadtrates sowie der vorberatenden Kommission bekannt war und die 14-tägige Frist damit zu laufen begann. Wie die Vorinstanz in Erwägung 2.3 des angefochtenen Entscheides nachvollziehbar ausgeführt hat (act. 15/41, S. 7 f.), mussten den Beschwerdeführern die geltend gemachten Verfahrensmängel indessen bereits vor dem referendumspflichtigen Beschluss des Stadtparlaments der Beschwerdegegnerin vom

      11. Februar 2016 (vgl. hierzu Art. 66 Abs. 1 lit. b GG und Art. 7 lit. b der Gemeindeordnung der Politischen Gemeinde Wil; sRS 111.1, www.stadtwil.ch) bekannt gewesen sein: Der Beschwerdeführer 1 ist Stadtparlamentarier sowie Präsident des Beschwerdeführers 3. Sein Wissen müssen sich die Beschwerdeführer 2 und 3 anrechnen lassen (vgl. BGer 1C_205/2015 vom 29. Oktober 2015 E. 5.5 mit Hinweis

      auf BGE 111 Ib 213 E. 6a). Dass dem Beschwerdeführer 1 die Traktandenliste samt Berichten und Anträgen des Stadtrates und der vorberatenden Kommission nicht spätestens 10 Tage vor der Sitzung des Stadtparlaments vom 11. Februar 2016 zugestellt worden ist (vgl. hierzu Art. 38 Abs. 1 des Geschäftsreglements des

      Stadtparlaments der Stadt Wil; sRS 151), wird von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Demzufolge haben die Beschwerdeführer mit der Beschwerdeführung nach Bekanntwerden der Verfahrensmängel zugewartet und ihre Beschwerde erst nach Ablauf der 14-tägigen Beschwerdefrist eingereicht, weshalb sie ihr Recht zur Anfechtung verwirkt haben (vgl. hierzu VerwGE B 2009/40 vom 21. April 2009 E. 4.1, allerdings in Bezug auf Art. 46 des Gesetzes über die Urnenabstimmungen; sGS 125.3, UAG, www.gerichte.sg.ch). Es wäre mit dem Prinzip von Treu und Glauben (Art. 5

      Abs. 3 BV) nicht vereinbar, wenn ein Mangel vorerst widerspruchslos hingenommen wird und hinterher die Abstimmung, soweit deren Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht, wegen eben dieses Mangels angefochten würde. Die Glaubwürdigkeit demokratischer Verfahren ist vor einem „taktischen“ Beschwerdeverhalten der Stimmbürger zu schützen (vgl. BGer 1C_582/2016 vom 5. Juli 2017 E. 2.4 und 3.2.1 mit Hinweisen, a.a.O., sowie Hangartner/Kley, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zürich 2000, Rz. 2706 f.). Die Beschwerdeführer hätten früher handeln können und müssen. Demzufolge ist die Vorinstanz auf die Abstimmungsbeschwerde der Beschwerdeführer zu Recht nicht eingetreten, soweit diese auf Grundlage von Art. 164 Abs. 1 GG erhoben wurde. Fristwiederherstellungsgründe werden von ihnen nicht dargetan und sind auch nicht

      erkennbar (vgl. Art. 165 GG in Verbindung mit Art. 58 Abs. 1 und Art. 30ter VRP sowie

      Art. 148 Abs. 1 der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zivilprozessordnung; SR 270, ZPO, und VerwGE B 2016/142 vom 18. Februar 2018 E. 2.1, www.gerichte.sg.ch). Von daher kann der Vorinstanz auch kein überspitzter

      Formalismus vorgeworfen werden (vgl. BGer 2D_6/2018 vom 28. Mai 2018 E. 2.3.2 mit Hinweis auf BGer 2C_703/2009 vom 21. September 2010 E. 4.4.2 mit Hinweisen, allerdings in Bezug auf eine verpasste Frist zur Leistung des Kostenvorschusses). Die Beschwerde ist in dieser Hinsicht abzuweisen. Dahingestellt bleiben kann bei diesem Ergebnis, ob der Beschwerdeführer 1 die geltend gemachten Verfahrensmängel anlässlich der Sitzung des Stadtparlaments vom 11. Februar 2016 gerügt hat, sofern Art. 164 Abs. 2 GG auf Parlamentsbeschlüsse anwendbar ist (vgl. hierzu Art. 47 und Art. 58 ff. GG sowie VerwGE B 2015/290 vom 15. August 2017 E. 3.2, www.gerichte.sg.ch, siehe auch Tondokumente Stadtparlament vom 11. Februar 2016, www.stadtwil.ch). Ebenfalls kann offengelassen werden, ob die gerügten Verfahrensmängel nach Art. 164 Abs. 3 Satz 2 GG von entscheidendem Einfluss auf

      den Ausgang der Abstimmung von 11. Februar 2016 resp. auf den Verzicht auf das fakultative Referendum gewesen wären (vgl. hierzu BGer 1C_582/2016 vom

      5. Juli 2017 E. 2.5 mit Hinweisen und Kommentar von C. Auer, a.a.O.). Zu untersuchen bleibt, ob die Vorinstanz gemäss den Beschwerdeführern verpflichtet gewesen wäre, die Beschwerde vom 25. Februar 2016 auch als Abstimmungsbeschwerde nach

      Art. 163 GG wegen Rechtswidrigkeit zu behandeln.

    3. Rechtsbegehren sind nach Treu und Glauben auszulegen, insbesondere im Lichte der dazu gegebenen Begründung. Eine sichtlich ungewollte unbeholfene Wortwahl schadet der am Recht stehenden Person ebensowenig wie eine nicht geglückte rechtsirrtümliche Ausdrucksweise. Es genügt, wenn der Beschwerde insgesamt entnommen werden kann, was die beschwerdeführende Person verlangt (vgl. BGer 8C_743/2017 vom 16. Mai 2018 E. 2.2 mit Hinweis sowie BGer 1C_751/2013 vom 4. April 2014 E. 1.1 mit Hinweisen und Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 916). Weiter sind im departementalen Abstimmungsbeschwerdeverfahren – im Gegensatz zum Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht (vgl. hierzu VerwGE B 2015/65 vom

      26. Oktober 2016 E. 2.4 mit Hinweisen, www.gerichte.sg.ch) – neue Begehren gemäss Art. 163 und Art. 165 GG in Verbindung mit Art. 46 Abs. 3 VRP zulässig, d.h. die Rechtsbegehren können grundsätzlich erweitert bzw. geändert werden. Auch ist eine Änderung des tatsächlichen Fundaments zulässig (vgl. Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 640). Eine ausdehnende Änderung eines Antrags ist jedoch nur innerhalb der Rechtsmittelfrist bzw. der zur Antragstellung angesetzten Nachfrist zulässig. Die gestellten Anträge dürfen indes bis zum Zeitpunkt des Abstimmungsbeschwerdeentscheides mit einer geänderten rechtlichen Begründung versehen werden (vgl. VerwGE B 2013/97 vom 23. Januar 2015 E. 3 mit Hinweisen, www.gerichte.sg.ch). Sodann können immer neue Anträge prozessleitender Natur, etwa ein Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege, auf Erlass eines Teilurteils etc., gestellt werden (vgl. K. Spühler, in: derselbe/Aemisegger/Dolge/Vock [Hrsg.], a.a.O., Art. 99 Rz. 9). Die Beschwerdeinstanz ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden (Art. 163 und Art. 165 GG in Verbindung mit Art. 56 Abs. 1 VRP). Sie wendet auf den festgestellten Sachverhalt von Amtes wegen die richtigen Rechtsnormen an (vgl.

      Art. 110 BGG, VerwGE B 2010/105 vom 16. Dezember 2010 E. 4.4.2 mit Hinweis, www.gerichte.sg.ch, und T. Häberli, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar Verwaltungsrechtspflegegesetz, 2. Aufl. 2016, Art. 62 Rz. 42 f.).

      Aus der Begründung der Abstimmungsbeschwerde vom 25. Februar 2016 (S. 7 f. Ziff. 3.1.2 und S. 10 ff.) geht nach Treu und Glauben ohne Weiteres hervor, dass die Beschwerdeführer die Beschwerde mehrheitlich gemäss Art. 163 GG wegen Rechtswidrigkeit (Verstoss gegen das Legalitätsprinzip, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter resp. der Gewerbegenossen, die Glaubens- und Gewissenfreiheit und das Willkürverbot) des überarbeiteten Nachtrags I zum Schulvertrag vom 18. November 2015 / 3. Februar 2016 mitsamt der Vertragsübernahme durch die Beschwerdebeteiligte erhoben haben, welchem das

      Parlament der Beschwerdegegnerin mit Beschluss vom 11. Februar 2016 zugestimmt hat. In Erwägung 2.4 des angefochtenen Entscheids (act. 15/41, S. 8) stellte die Vorinstanz dies nicht grundsätzlich in Abrede. Stattdessen führte sie aus, dass der Verfahrensantrag Ziff. 1.1.3 in der Replik vom 20. April 2016 (act. 15/13), wonach die gerügten Rechtsverletzungen im Rahmen einer Abstimmungsbeschwerde nach

      Art. 164 GG nach Art. 163 GG zu prüfen seien, verspätet erfolgt sei. Damit gehe eine unzulässige Abänderung des Rechtsbegehrens vom 25. Februar 2016 einher, weshalb auf die Beschwerde, soweit sie auf Grundlage von Art. 163 GG erhoben wurde, nicht eingetreten werden könne. Am 25. Februar 2016 stellten die Beschwerdeführer, soweit hier von Interesse, folgendes Rechtsbegehren (act. 15/1, S. 7):

      „2.1 Materielle Anträge

          1. Es sei vorfrageweise die Rechtswidrigkeit des Nachtrags I zum Schulvertrag

            zwischen der Stadt Wil und der Stiftung Z. festzustellen.

          2. Die angefochtenen Beschlüsse des Stadtparlaments Wil (Ziff. 1.2.6) seien

            aufzuheben.

          3. Die Stadt Wil sei anzuweisen, ihr Verhältnis zur Stiftung Z. rechtskonform zu regeln […].

        1. Anträge zum Verfahren

          1. […]

          2. Sofern und soweit die gerügten Rechtsverletzungen nicht im Rahmen einer Abstimmungsbeschwerde nach Art. 164 GG geprüft werden können, seien sie einer aufsichtsrechtlichen Prüfung zu unterziehen, resp. die Beschwerde sei […] als aufsichtsrechtliche Anzeige gemäss Art. 162 GG zu behandeln.“

      Entgegen den „Anträge zum Verfahren“ vom 25. Februar 2016 und 20. April 2016, welche nicht als solche, sondern als rechtliche Begründungen zu qualifizieren sind, blieb das Rechtsbegehren („Materielle Anträge“) in der Replik vom 20. April 2016 unverändert. Somit kann sich aus dem im Vergleich zu den „Verfahrensanträgen“ in Ziff. 2.2.2 vom 25. Februar 2016 geänderten „Verfahrensanträgen“ in Ziff. 1.1.3 in der Replik vom 20. April 2016 keine gegenüber dem bisherigen Verfahren andere weitergehende Rechtsfolgebehauptung ergeben. Auch wird dadurch dem Rechtsbegehren kein neues tatsächliches Fundament unterstellt. Selbst die rechtliche Begründung bleibt – mit Ausnahme der „Verfahrensanträge“ – unverändert. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz tut damit nichts zur Sache, dass einer dieser

      „Verfahrensanträge“ erst mit Replik vom 20. April 2016 (act. 15/13) eingereicht wurde.

      Folglich hätte sich die Vorinstanz bei der Behandlung des Rechtsbegehrens, d.h. der

      „Materiellen Anträge“, trotz der unbeholfenen Wortwahl der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer in den „Verfahrensanträgen“ in Ziff. 2.2.2 nicht auf eine Prüfung

      nach Art. 164 GG beschränken dürfen, sondern hätte die Beschwerde im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Rechtsanwendung von Amtes wegen auch nach Art. 163 GG entgegennehmen und prüfen müssen.

    4. Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Beschwerde teilweise gutzuheissen ist, soweit darauf einzutreten ist. Im Übrigen ist sie abzuweisen. Der angefochtene Entscheid ist insofern teilweise aufzuheben, als die Angelegenheit gestützt auf Art. 64 in Verbindung mit Art. 56 Abs. 2 VRP zur Beurteilung nach Art. 163 GG und diesbezüglich zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen ist. Hingegen ist

      das vorinstanzliche Nichteintreten zu bestätigen, soweit die Beschwerde auf Grundlage

      von Art. 164 GG erhoben wurde (vgl. E. 4.2 hiervor).

    5. Aus prozessökonomischen Gründen ist im Hinblick auf die angeordnete Rückweisung an die Vorinstanz zu bemerken (obiter dictum, vgl. BGer 1C_372/2016 vom 8. Dezember 2016 E. 5), dass im konkreten Fall unter dem Gesichtspunkt von

Art. 163 GG, summarisch betrachtet, grundsätzlich keine Anhaltspunkte für das Fehlen einer Prozessvoraussetzung im departementalen Beschwerdeverfahren bestehen. Insbesondere hält die Beschwerdeeingabe vom 25. Februar 2016 (act. 15/1) gegen den referendumspflichtigen Parlamentsbeschluss vom 11. Februar 2016 (act. 15/9/19 f.) die 14-tägige Frist seit unbenutztem Ablauf der Referendumsfrist nach Art. 163 Abs. 2 GG ein. Die Beschwerde wurde bereits vor Ablauf der Referendumsfrist am 21. März 2016 und damit vor Beginn der gesetzlich vorgeschriebenen 14-tägigen Rechtsmittelfrist eingereicht. Weiter kann den Beschwerdeführern allein aus der vom Stadtrat beim Stadtparlament am 7. März 2018 beantragten und von den Beschwerdeführern am

17. April 2018 bei der Vorinstanz mit Abstimmungsbeschwerde angefochtenen (act. 25-26.2) Kündigung des Schulvertrags zwischen dem Kloster St. Katharina und der Beschwerdegegnerin vom 30. Oktober 1996 (sRS 211.2) gemäss Art. 10 des überarbeiteten Nachtrags I (act. 15/9/18) auf Ende Juli 2023 (www.stadtwil.ch), ein aktuelles Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden (vgl. hierzu VerwGE

B 2014/247 vom 30. Juni 2015 E. 1.2 mit Hinweisen, www.gerichte.sg.ch). Die vorberatende Kommission ist auf die Vorlage an der Sitzung vom 31. Mai 2018 nicht eingetreten (www.stadtwil.ch). Auch wird im Bericht des Stadtrates der Beschwerdegegnerin vom 7. März 2018 ein Parlamentsentscheid über einen allfälligen Nachfolgevertrag auf das erste Halbjahr 2019 in Aussicht gestellt (S. 3). Ferner können mit der Beschwerde nach Art. 163 GG rechtssetzende kommunale Erlasse (ausser Gebührentarife) direkt auf allfällige Rechtsverletzungen überprüft werden (vgl. Cavelti/ Vögeli, a.a.O., Rz. 679, siehe zur abstrakten Normenkontrolle auch Kiener/Rütsche/ Kuhn, öffentliches Verfahrensrecht, 2. Aufl. 2015, Rz. 1720 ff., und M. Looser, Verfassungsgerichtliche Rechtskontrolle gegenüber schweizerischen Bundesgesetzen, St. Gallen 2011, § 2 Rz. 104 f., sowie zu den diesbezüglichen Beurteilungskriterien BGer 8C_119/2015 vom 7. Dezember 2015 E. 4.1 mit Hinweisen und R. Pedretti, Die Vereinbarkeit von kantonalen Volksinitiativen mit höherrangigem Recht, in:

ZBl 118/2017, S. 299 ff., S. 316 f. mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung). Damit untersteht die Beschwerde nach Art. 163 GG den Regeln der Erlassanfechtung nach Art. 82 lit. b BGG, sofern im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nicht geltend gemacht wird, ein kommunaler Erlass verletze in der Umschreibung der politischen Rechte höherstufig garantierte Rechte (vgl. hierzu BGer 1C_26/2017 vom 19. Oktober 2017 E. 1.1, in: ZBl 119/2018, S. 133 ff., und

BGE 143 I 426 E. 1.1 je mit Hinweisen). Im konkreten Fall erscheint zunächst zwar die Legitimation des Beschwerdeführers 3 zur Erhebung der Erlassbeschwerde als fraglich, da er durch den Nachtrag I zum Schulvertrag nicht in eigenen Interessen betroffen erscheint (vgl. BGer 2C_701/2016 vom 1. Dezember 2017 E. 1 und Aemisegger/ Scherrer Reber, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, Art. 82 Rz. 53 ff.). Wie es sich damit verhält, kann aber offenbleiben, da die in Wil wohnhaften Beschwerdeführer 1 und 2 zur Erlassanfechtung berechtigt sind (vgl. BGer 2C_114/2017 vom 14. Februar 2018 E. 1.2 mit Hinweisen). Hinsichtlich der Frage nach der Zulässigkeit des Anfechtungsobjekts (verwaltungsrechtlicher Vertrag) bleibt sodann festzuhalten, dass kommunale Erlasse sowie interkommunale Vereinbarungen mit Recht setzendem Charakter von Art. 82

lit. b BGG miterfasst werden (vgl. H. Aemisegger, a.a.O., Art. 82 Rz. 20) und dies auch für den überarbeiteten Nachtrag I zum Schulvertrag gelten muss. Dieser ist vom Stadtrat der Beschwerdegegnerin als „allgemein verbindliche Vereinbarung“ im Sinn von Art. 7 lit. b der Gemeindeordnung resp. Art. 9 lit. b der vorläufigen Gemeindeordnung vom 27. November 2011 (www.stadtwil.ch, vgl. hierzu Art. 10 des Gemeindevereinigungsgesetzes; sGS 151.3, GvG) qualifiziert und dem fakultativen Referendum unterstellt worden, was von den übrigen Verfahrensbeteiligten nicht in Zweifel gezogen wurde (vgl. hierzu auch BGE 136 II 415 E. 1.1-1.3 mit Hinweisen). Im Übrigen kann jede einzelne Bestimmung hauptfrageweise angefochten werden, soweit es sich um einen vollständig revidierten Erlass handelt (BGer 2C_756/2015 vom

3. April 2017 E. 1.3.1 mit Hinweisen).

5. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend gehen die amtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren zur Hälfte zulasten der Beschwerdeführer und je zu einem Viertel zulasten der Beschwerdegegnerin und der Beschwerdebeteiligten (Art. 95 Abs. 1 VRP). Für das Abstimmungsbeschwerdeverfahren hat die Vorinstanz den Verfahrensbeteiligten amtliche Kosten von CHF 1‘000 auferlegt. Diese Bemessung (vgl. hierzu Art. 3 und Art. 11 ff. der Verordnung über Kosten und Entschädigungen im Verwaltungsverfahren, Verwaltungsgebührenverordnung; sGS 821.1, VGV, sowie

Nr. 10.01 des Gebührentarifs für die Kantons- und Gemeindeverwaltung; sGS 821.5, GebT, in der bis zum 30. September 2017 geltenden Fassung, siehe auch Art. 4

Abs. 2 der Gerichtskostenverordnung; sGS 941.12, GKV) ist trotz der Kritik der Beschwerdeführer (act. 5, S. 43 Ziff. 10.4.2) mit Blick auf das der Vorinstanz

zustehende weitreichende Ermessen (vgl. hierzu VerwGE B 2016/215 vom

22. Februar 2018 E. 15 mit Hinweisen, www.gerichte.sg.ch) und angesichts der Art der Prozessführung der Beschwerdeführer und des dadurch verursachten Zeit- und Arbeitsaufwands der Vorinstanz nicht zu beanstanden. Für das Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht ist eine Entscheidgebühr von CHF 2‘000 angemessen (Art. 7 Ziff. 222 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12). Auf die Erhebung des Kostenanteils der Beschwerdegegnerin von insgesamt CHF 750 ist zu verzichten

(Art. 95 Abs. 3 VRP). Billigkeitsgründe (Art. 97 VRP), welche einen Verzicht auf die Erhebung des Kostenanteils der Beschwerdeführer rechtfertigen könnten, liegen – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer (act. 5, S. 44 Ziff. 11.1) – nicht vor (vgl.

R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, Lachen/St. Gallen 2004, S. 115). Es besteht kein Anspruch auf kostenlose Beschwerdebehandlung (vgl. VerwGE B 2014/216 vom 28. April 2015 E. 6 mit Hinweisen, allerdings in Bezug auf Art. 3 des Gesetzes über Referendum und Initiative; sGS 125.1, RIG, www.gerichte.sg.ch). Die Kostenanteile der Beschwerdeführer von CHF 500 (Abstimmungsbeschwerdeverfahren) und CHF 1‘000 (Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht) sind mit den geleisteten Kostenvorschüssen von CHF 2‘000 (Abstimmungsbeschwerdeverfahren) und den nach der Zwischenverfügung vom

10. Mai 2017 (act. 13) verbleibenden CHF 1‘700 (Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht) zu verrechnen. Die Restbeträge von CHF 1‘500 und CHF 700 werden ihnen zurückerstattet. Die Beschwerdebeteiligte bezahlt für das Abstimmungsbeschwerdeverfahren CHF 250 und für das Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht CHF 500.

Demnach erkennt das Verwaltungsgericht auf dem Zirkulatiomsweg zu Recht:

  1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird. Im Übrigen wird sie abgewiesen.

  2. Der angefochtene Entscheid wird im Sinne der Erwägungen teilweise aufgehoben

    und die Sache an die Vorinstanz zur Beurteilung nach Art. 163 GG zurückgewiesen.

  3. Die amtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren von insgesamt CHF 3‘000 werden den Beschwerdeführern zur Hälfte sowie der Beschwerdegegnerin und der Beschwerdebeteiligten je zu einem Viertel auferlegt. Auf die Erhebung des Kostenanteils der Beschwerdegegnerin von insgesamt CHF 750 wird verzichtet. Die Kostenanteile der Beschwerdeführer von CHF 500 (Abstimmungsbeschwerdeverfahren) und CHF 1‘000 (Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht) werden mit den geleisteten Kostenvorschüssen von CHF 2‘000 und CHF 1‘700 verrechnet. Die Restbeträge von CHF 1‘500 und CHF 700 werden ihnen zurückerstattet. Die Beschwerdebeteiligte bezahlt CHF 250 (Abstimmungsbeschwerdeverfahren) und CHF 500 (Beschwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht).

  4. Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.

Der Abteilungspräsident Der Gerichtsschreiber

Zürn Bischofberger

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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