Zusammenfassung des Urteils B 2017/158, B 2017/159: Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Beschwerdeführerin, X., in den Jahren 2008 bis 2010 steuerpflichtig war und die Verjährung für die Veranlagung ihrer Steuern nicht eingetreten ist. Es wurde festgestellt, dass sie die Kosten für Fahrten zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln abziehen kann, aber nicht die Autokosten, da sie den Besitz eines Autos nicht nachweisen konnte. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und X. muss die Gerichtskosten tragen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | B 2017/158, B 2017/159 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 27.08.2018 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Steuerrecht, Art. 183 Abs. 1 und 3, Art. 47 Abs. 1 StHG, Art. 120 Abs. 1 und 3 DBG. Die amtliche Erklärung, die lediglich eine spätere Veranlagung in Aussicht stellt und deren Zweck sich in der Unterbrechung des Verjährungsablaufs erschöpft, wirkt verjährungsunterbrechend. Mit der Einreichung der Steuererklärungen hat die Beschwerdeführerin für die Steuerperioden 2009 und 2010 das Bestehen eines Steuerrechtsverhältnisses zum Bund und zum Kanton St. Gallen anerkannt – entsprechende Vorbehalte hat sie nicht angebracht – und ist davon ausgegangen, dass aus ihrer Sicht eine Steuerforderung beruhend auf dem deklarierten steuerbaren Einkommen und Vermögen bestehe. Indem sie die Steuererklärungen handschriftlich unterzeichnete, hat sie diese Erklärung auch ausdrücklich abgegeben. Gleiches gilt für die E-Mails des Steuervertreters mit denen er auf der Grundlage dieser Steuererklärungen das Bestehen einer Steuerforderung ausdrücklich anerkannt und zahlenmässige Angaben zur Höhe der steuerbaren Einkünfte gemacht hat. Der Pauschalansatz für den Abzug von Autokosten soll deren Ermittlung vereinfachen, kann aber nicht zum Tragen kommen, wenn keinerlei Belege dafür vorliegen, dass ein Auto auch tatsächlich benützt und dafür tatsächlich Kosten entstanden sind (Verwaltungsgericht, B 2017/158 und B 2017/159). Die gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde ans Bundesgericht wurde mit Urteil vom 30. Januar 2019 abgewiesen (Verfahren 2C_884/2018). |
Schlagwörter: | Steuer; Veranlagung; Bundes; Steuererklärung; Bundessteuer; Steuerforderung; Steuerperiode; Verjährung; Anerkennung; Einkommen; Kanton; Recht; Kantons; Gemeindesteuern; Fahrt; Arbeit; Vorinstanz; Steueramt; Abzug; Einreichung; Entscheid; Verfahren; Beschwerdegegner; Verwaltungsgericht; Steuervertreter; Veranlagungsverjährung |
Rechtsnorm: | Art. 140 DBG ;Art. 144 DBG ;Art. 145 DBG ;Art. 40 DBG ; |
Referenz BGE: | 122 II 221; 126 II 1; 142 II 293; |
Kommentar: | - |
Besetzung
Abteilungspräsident Zürn; Verwaltungsrichterin Bietenharder, Verwaltungsrichter Steiner; Gerichtsschreiber Scherrer
Verfahrensbeteiligte
X. ,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Markus Heer, Degersheimerstrasse 6, Postfach 354, 9230 Flawil,
gegen
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen,
Vorinstanz,
und
Kantonales Steueramt, Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegner,
sowie
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Eigerstrasse 65, 3003 Bern,
Beschwerdebeteiligte,
Gegenstand
Kantons- und Gemeindesteuern (Einkommen und Vermögen 2008-2010) sowie direkte Bundessteuer (Einkommen 2008-2010)
Das Verwaltungsgericht stellt fest:
A. X. wohnt in A. /SG im eigenen Einfamilienhaus. In den Jahren 2008 bis 2010 war sie einerseits in B. für die R. Gesellschaft der Stadt B. – bis Juli 2010 – und
anderseits für die Q. GmbH – bei der sie in diesen Jahren Gesellschafterin und Geschäftsführerin war – mit Domiziladresse an ihrem Wohnort unselbständig erwerbstätig.
B. Mit Steuererklärung vom 8. September 2009 (Eingang: 10. September 2009) deklarierte X. für 2008 ein steuerbares Einkommen von CHF 109‘944, ohne steuerbares Vermögen. Ihr Steuervertreter ersuchte das Steueramt A. am
29. Oktober 2010, mit der Veranlagung der Steuern 2008 aufgrund von Änderungen in der Buchhaltung der Q. GmbH zuzuwarten, um ein Nach- und Strafsteuerverfahren wegen der Aufrechnung geldwerter Leistungen zu vermeiden. Am 20. Januar 2011 liess sie die Deklaration für 2008 insbesondere um verdeckte Gewinnausschüttungen der
Q. GmbH an sie ergänzen. Am 15. März 2011 (Eingang: 18. März 2011) und am
19. Juli 2011 (Eingang: 25. Juli 2011) deklarierte X. steuerbare Einkommen von
CHF 52‘871 für 2009 und von CHF 61‘128 für 2010, jeweils ohne steuerbares
Vermögen.
Am 29. Dezember 2014 teilte die zuständige Steuerkommissärin X. mit, sie könne aufgrund fehlender Unterlagen und Abklärungen die definitive Veranlagung für die Steuerperiode 2008 nicht vornehmen. Mit dem Schreiben werde die fünfjährige Verjährungsfrist, die mit dem Versand der Steuererklärung 2008 im Jahr 2009 zu laufen begonnen habe, unterbrochen. Für die Steuerperiode 2009 erging ein entsprechendes Schreiben am 18. Dezember 2015.
Am 6. April 2016 wurde X. mit steuerbaren Einkommen für die Kantons- und Gemeindesteuern und die direkten Bundessteuern von CHF 140‘500 und 139‘800 für 2008, CHF 100‘500 und 99‘600 für 2009 sowie CHF 70‘100 und 69‘200 für 2010
veranlagt; das steuerbare Vermögen wurde auf CHF 111‘000 für 2008, CHF 0 für 2009 und CHF 132‘000 für 2010 festgesetzt. Das kantonale Steueramt hiess die gegen diese Veranlagungen erhobenen Einsprachen am 3. Januar 2017 teilweise gut und setzte die steuerbaren Einkommen für die Kantons- und Gemeindesteuern und die direkten Bundessteuern auf CHF 137‘300 und 136‘600 für 2008, CHF 97‘800 und 96‘900 für
2009 sowie CHF 67‘800 und 66‘900 für 2010 fest. Das steuerbare Vermögen blieb unverändert. Die Einrede der Veranlagungsverjährung wurde als unbegründet beurteilt. Die geltend gemachten Kosten für die Fahrt zur Arbeit wurden mangels
nachgewiesenen Besitzes eines privaten Motorfahrzeuges nicht zum Abzug zugelassen.
C. Die Verwaltungsrekurskommission hiess die gegen die Einspracheentscheide erhobenen Rekurse am 20. Juni 2017 teilweise gut und setzte die steuerbaren Einkommen für die Kantons- und Gemeindesteuern und die direkten Bundessteuern auf CHF 135‘400 und 134‘700 für 2008, CHF 95‘800 und 94‘900 für 2009 sowie
CHF 66‘300 und 65‘400 für 2010 fest. Das steuerbare Vermögen blieb unverändert. Die Einrede der Verjährung erachtete sie mit Blick auf die Mail-Nachrichten des Steuervertreters vom 29. Oktober 2010 und vom 20. Januar 2011, die Einreichung der Steuererklärung für 2010 am 19. Juli 2011 sowie die Schreiben des kantonalen Steueramtes vom 29. Dezember 2014 und vom 18. Dezember 2015 als unbegründet. Von den geltend gemachten Auslagen für die Fahrt zur Arbeit von A. nach B. liess sie die Kosten für die Benützung des öffentlichen Verkehrs von je CHF 1‘953 in den Jahren 2008 und 2009 (Jahresstreckenabonnement) und von CHF 1‘519 im Jahr 2010 (7 Monatsabonnemente zu CHF 217) zum Abzug zu.
D. X. (Beschwerdeführerin) erhob gegen den am 21. Juni 2017 versandten Entscheid
der Verwaltungsrekurskommission (Vorinstanz) mit Eingabe ihres Rechtsvertreters vom
24. Juli 2017 Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit dem Rechtsbegehren, unter Kosten- und Entschädigungsfolge sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Verjährung des Rechts zur Veranlagung der Kantons- und Gemeindesteuern und der direkten Bundessteuern für 2008, 2009 und 2010 festzustellen, eventualiter seien die geltend gemachten Aufwendungen für die Fahrt zum Arbeitsort im Umfang der Selbstdeklaration (2008 CHF 8‘135, 2009 CHF 7‘222, 2010 CHF 4‘749) zum Abzug zuzulassen.
Die Vorinstanz verwies mit Vernehmlassung vom 22. August 2017 auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheides und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Steueramt (Beschwerdegegner) verzichtete am 5. September 2017 auf eine Vernehmlassung. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (Beschwerdebeteiligte) verzichtete stillschweigend auf eine Vernehmlassung.
Auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheides und die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Rechtsbegehrens wird, soweit wesentlich, in den Erwägungen eingegangen.
Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
1. Die steuerrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Kantone zur Veranlagungsverjährung der Einkommens- und Vermögenssteuern, soweit sich die Verfahrensbeteiligten darüber uneins sind, sind vereinheitlicht (vgl. Art. 120 Abs. 3 lit. a und b des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer, SR 642.11, DBG; Art. 47 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, SR 642.14, StHG; Art. 183 Abs. 3 Ziff. 1 und 2 des Steuergesetzes, sGS 811.1, StG). Gleiches gilt für die als Berufskosten abzugsfähigen notwendigen Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte (vgl. Art. 26 Abs. 1 lit. a DBG in der bis 31. Dezember 2015 gültigen Fassung, AS 1991 S. 1184 ff.; Art. 1 lit. a der Verordnung über Kompetenzzuweisungen bei der direkten Bundessteuer an das Finanzdepartement, SR 642.118; Art. 3 und 5 samt Anhang der Verordnung des EFD über den Abzug von Berufskosten der unselbständigen Erwerbstätigkeit bei der direkten Bundessteuer [Berufskostenverordnung] in der bis 31. Dezember 2015 gültigen Fassung, AS 1993 S. 1363 ff., AS 2006 S. 3247 für das Steuerjahr 2008 und
AS 2008 S. 4077 für die Steuerjahre 2009 und 2010; Art. 9 Abs. 2 StHG in der bis
31. Dezember 2015 gültigen Fassung, AS 1991 S. 1256 ff.; Art. 39 Abs. 1 lit. a StG und Art. 18 der Steuerverordnung in den bis 31. Dezember 2015 gültigen Fassungen, nGS 33-116 und 117). Die Vorinstanz hat den Rekurs betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern einerseits und die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer anderseits deshalb zu Recht im gleichen Dokument, aber mit getrennten Dispositivziffern erledigt; unter diesen Umständen durfte auch die Beschwerdeführerin die Beschwerden in einer gemeinsamen Rechtsschrift erheben (BGE 142 II 293 E. 1.2, 135 II 260 E. 1.3). Ebenso ist es zulässig, dass das Verwaltungsgericht über die Beschwerden im gleichen Akt entscheidet (vgl. BGer 2C_440 und 441/2014 vom
10. Oktober 2014 E. 1.2).
2. Das Verwaltungsgericht ist zum Entscheid in der Sache zuständig (Art. 145 DBG; Art. 196 Abs. 1 StG; Art. 1 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung zum Bundesgesetz
über die direkte Bundessteuer, sGS 815.1). Die Beschwerdeführerin ist als Steuerpflichtige zur Erhebung der Beschwerde befugt. Die Beschwerden gegen den am 21. Juni 2017 versandten vorinstanzlichen Entscheid wurden mit Eingabe vom
24. Juli 2017 unter Berücksichtigung des Fristenlaufs am Wochenende rechtzeitig erhoben (Art. 145, Art. 140 Abs. 1 und 4 sowie Art. 133 Abs. 1 Satz 3 DBG, Art. 196 Abs. 1 StG; Art. 64 und Art. 30 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, VRP, sowie Art. 142 Abs. 3 der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zivilprozessordnung, SR 272, ZPO) und erfüllen formal und inhaltlich die gesetzlichen Anforderungen (Art. 145 und Art. 140 Abs. 1 und 2 DBG; Art. 196 StG und Art. 64 in Verbindung mit Art. 48 Abs. 1 VRP). Auf die Beschwerden ist deshalb einzutreten.
Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist vorab umstritten, ob und gegebenenfalls für welche der Steuerperioden 2008, 2009 und 2010 das Recht zur Veranlagung der Beschwerdeführerin mit Einkommens- und Vermögenssteuern zufolge Verjährung untergegangen ist.
Das Recht, eine Steuer zu veranlagen, verjährt gemäss Art. 183 Abs. 1 Satz 1 StG fünf Jahre nach Ablauf der Steuerperiode. Die Verjährung wird gemäss Art. 183 Abs. 3 StG unterbrochen und beginnt neu unter anderem mit jeder auf Feststellung Geltendmachung der Steuerforderung gerichteten Amtshandlung, die einem Steuerpflichtigen Mithaftenden zur Kenntnis gebracht wird (Ziff. 1) und mit jeder ausdrücklichen Anerkennung der Steuerforderung durch den Steuerpflichtigen den Mithaftenden (Ziff. 2). Diese Regelungen entsprechen den Vorgaben von Art. 47 Abs. 1 StHG und decken sich mit Art. 120 Abs. 1 und Abs. 3 lit. a und b DBG.
3.2. Für die Steuern vom Einkommen und Vermögen gilt das Kalenderjahr als Steuerperiode (vgl. Art. 66 Abs. 1 StG, Art. 40 Abs. 1 DBG, Art. 15 Abs. 1 StHG). Vorbehältlich einer Unterbrechung verjährte deshalb das Recht, die Steuern für die Steuerperiode 2008, 2009 und 2010 zu veranlagen am 31. Dezember 2013, am
31. Dezember 2014 und am 31. Dezember 2015. Die Veranlagungsverfügungen ergingen – wie sich aus den Einspracheentscheiden ergibt – für alle drei Steuerperioden am 6. April 2016, mithin nach Ablauf der relativen fünfjährigen Verjährungsfrist. Zu prüfen ist deshalb, ob seit 7. April 2011 die Verjährung unterbrechende Amtshandlungen der Veranlagungsbehörden eine ausdrückliche
Anerkennung der Steuerforderungen durch die steuerpflichtige Beschwerdeführerin vorliegen, die ihrerseits wiederum vor Ablauf von fünf Jahren nach einer vorangegangenen Verjährungsunterbrechung ergingen.
Zu klären ist mithin, ob einerseits die Schreiben des Beschwerdegegners vom
29. Dezember 2014 und vom 18. Dezember 2015 als auf Feststellung Geltendmachung der Steuerforderungen 2008 und 2009 gerichtete Amtshandlungen (dazu nachfolgend Erwägung 3.3) und anderseits die E-Mails der Beschwerdeführerin vom 29. Oktober 2010 und vom 20. Januar 2011 im Zusammenhang mit der Veranlagung des Steuerjahres 2008 und das Einreichen der Steuererklärungen 2009 und 2010 am 15. März 2009 und am 19. Juli 2009 als ausdrückliche Anerkennung der
Steuerforderungen 2008, 2009 und 2010 (dazu nachfolgend Erwägung 3.4) die Veranlagungsverjährung unterbrachen.
3.3. Die zuständige Steuerkommissärin des kantonalen Steueramtes hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. Dezember 2014 für die Veranlagung der Steuerperiode 2008 die „Aufhebung der Verjährungsfrist“ mitgeteilt. Sie habe aufgrund von fehlenden Unterlagen und Abklärungen ihrerseits die definitive Veranlagung der Staats- und Gemeindesteuern 2008 und der direkten Bundessteuer 2008 nicht vornehmen können. Mit dem Schreiben werde die Verjährungsfrist unterbrochen. Ein gleichlautendes Schreiben erging am 18. Dezember 2015 für die Veranlagung der Steuerperiode 2009 (act. 8-6/3.9 und 4.5). – Die Vorinstanz stellte fest, mit beiden Schreiben sei die Verjährung gültig unterbrochen worden. Die Beschwerdeführerin geht
– damit zu Unrecht – davon aus, die Vorinstanz bestreite nicht, dass seitens der Steuerbehörde keine verjährungsunterbrechenden Handlungen vorgenommen worden seien.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kommt einer amtlichen Mitteilung, die lediglich eine spätere Veranlagung in Aussicht stellt und deren Zweck sich in der Unterbrechung des Verjährungsablaufs erschöpft, verjährungsunterbrechende Wirkung zu. Da das kantonale Steueramt auch für die Veranlagung der direkten Bundessteuer zuständig ist (vgl. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 lit. a der Verordnung zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, sGS 815.1), wirkt eine entsprechende Mitteilung der zuständigen Steuerkommissärin (vgl. Art. 70 StV) auch für die Veranlagung der direkten
Bundessteuer verjährungsunterbrechend (vgl. BGE 126 II 1 E. 2f, 137 I 273 E. 3.4.3,
BGer 2C_155/2009 vom 22. September 2009 E. 2.4, 2C_708/ 2012 vom 21. Dezember
2012 E. 3.3).
Die Schreiben des Beschwerdegegners vom 29. Dezember 2014 und vom
18. Dezember 2015 haben damit die Veranlagungsverjährung für die Steuerperioden 2008 und 2009 unterbrochen. Da die Verjährung für die Veranlagung der Steuerperiode 2008 am 1. Januar 2009, jene für die Steuerperiode am 1. Januar 2010 zu laufen begann, ist mangels anderer aktenkundiger auf die Veranlagung der Beschwerdeführerin für die Jahre 2008 und 2009 gerichteter Amtshandlungen weiter zu prüfen, ob seitens der Beschwerdeführerin frühere ausdrückliche Anerkennungen der Steuerforderungen vorliegen.
3.4. Die Beschwerdeführerin hat die Steuererklärungen für 2008, 2009 und 2010 am
8. September 2009, am 15. März 2011 und am 19. Juli 2011 unterzeichnet. Sie gingen
am 10. September 2009, am 18. März 2011 und am 25. Juli 2011 beim Steueramt A. ein. Im Hinblick auf die Veranlagung für die Steuerperiode 2008 sind sodann zwei E- Mails der Beschwerdeführerin an die Veranlagungsbehörde vom 29. Oktober 2010 und vom 20. Januar 2011 aktenkundig (act. 8-6/3.10). In der ersten Mitteilung bittet der Steuervertreter für die Beschwerdeführerin, zur Vermeidung eines Nach- und Strafsteuerverfahrens mit der Veranlagung zuzuwarten, weil aufgrund von Änderungen der Buchhaltung der Q. GmbH nach Absprache mit dem kantonalen Steueramt B. geldwerte Leistungen aufgerechnet würden und sich im Nachhinein auch die steuerbaren Einkünfte der Beschwerdeführerin ändern könnten. Am 20. Januar 2011 bezifferte der Steuervertreter die Änderungen bei den Einkünften der Beschwerdeführerin aus ihrer unselbständigen Tätigkeit bei der Q. GmbH und bat den Beschwerdegegner, die Deklaration für die Veranlagung 2008 entsprechend zu ergänzen.
Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, mit der Einreichung der Steuererklärungen und
mit der als „Ergänzungen zur Steuererklärung 2008“ bezeichneten Mitteilung vom
20. Januar 2011 seien die Steuerforderungen ausdrücklich anerkannt worden. – Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, angesichts des Erfordernisses der ausdrücklichen Anerkennung der Steuerforderung vermöchten konkludente
Anerkennungshandlungen wie das Bestellen und Einreichen der Steuererklärung, ein Stundungsgesuch das Bezahlen einer provisorischen Steuerrechnung die Verjährung nicht zu unterbrechen. Das Einreichen der Steuererklärung entspreche einer Mitwirkungspflicht und sei deshalb keine ausdrückliche Anerkennung der Steuerforderung. Dem Fiskus stünden zur Einreichung einer Steuererklärung indirekte Zwangsmittel zur Verfügung. Die Steuererklärung sei auch dann einzureichen, wenn noch nicht feststehe, ob und falls ja in welchem Umfang eine Steuerpflicht bestehe. Als ausdrückliche Anerkennung kämen die Erklärung des Verzichts der Verjährungseinrede die schriftliche Schuldanerkennung in Frage. Die Unterbrechung der Verjährung solle weitgehend in der Hand des Fiskus liegen. Der Anwendungsbereich der ausdrücklichen Anerkennungen durch den Steuerpflichtigen sei eng zu fassen.
Art. 183 Abs. 3 Ziff. 2 StG und Art. 120 Abs. 3 lit. b DBG verlangen eine ausdrückliche Anerkennung der Steuerforderung. Da die Anerkennung die Veranlagungsverjährung unterbrechen können soll, kann nicht erforderlich sein, dass die Steuerforderung in der Höhe bereits festgestellt worden ist. Die Feststellung der Steuerforderung ist vielmehr Ziel des Veranlagungsverfahrens. Die Steuerforderung hingegen entsteht – wenn die objektiven und die subjektiven Voraussetzungen dafür erfüllt sind – unmittelbar von Gesetzes wegen. Der Steuerveranlagung kommt keine konstitutive, sondern nur eine
„perfektionierende“ Wirkung zu (vgl. BGE 122 II 221 E. 4a, 103 Ia 26 E. 2, BGer
2C_939/2011 vom 7. August 2012 E. 7, 2A.149/2006 vom 28. Juni 2006 E. 2.2;
Blumenstein/Locher, System des Schweizerischen Steuerrechts, 7. Aufl. 2016, S. 369 ff.). Die Anerkennung der Steuerforderung muss dementsprechend grundsätzlich auch in der Einreichung einer Steuererklärung erblickt werden, in welcher der Steuerpflichtige – ohne die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Steuerrechtsverhältnisses zu bestreiten – Steuerfaktoren deklariert. Damit anerkennt er, dass aus seiner Sicht eine Steuerforderung beruhend auf den von ihm angegebenen steuerbaren Einkommen und Vermögen besteht. Dieser Anerkennung steht nicht entgegen, dass die Steuerbehörde im gemischten Veranlagungsverfahren möglicherweise zu einer davon abweichenden Feststellung kommt. Mit der Einreichung der unterzeichneten Steuererklärung erfolgt die Anerkennung nicht bloss konkludent, sondern ausdrücklich.
Mit der Einreichung der Steuererklärungen 2009 vom 15. März 2011 und 2010 vom
19. Juli 2011 hat die Beschwerdeführerin unbestrittenermassen für die Steuerperioden 2009 und 2010 das Bestehen eines Steuerrechtsverhältnisses zum Bund und zum Kanton St. Gallen anerkannt – entsprechende Vorbehalte hat sie nicht angebracht – und ist davon ausgegangen, dass aus ihrer Sicht eine Steuerforderung beruhend auf dem deklarierten steuerbaren Einkommen und Vermögen bestehe. Indem sie die Steuererklärungen handschriftlich unterzeichnete, hat sie diese Erklärung auch ausdrücklich abgegeben. Die Einreichung der Steuererklärungen 2009 und 2010 am
15. März 2011 und am 10. Juli 2011 haben deshalb verjährungsunterbrechend gewirkt.
Gleiches gilt auch für die E-Mails des Steuervertreters vom 29. Oktober 2010 und vom
20. Januar 2011. Auch hier hat der Steuervertreter – wenn auch bloss elektronisch – auf der Grundlage der von der Beschwerdeführerin eingereichten unterzeichneten Steuererklärung 2008 vom 8. September 2009 das Bestehen einer Steuerforderung gegenüber der Beschwerdeführerin für die Steuerperiode 2008 ausdrücklich anerkannt und zudem zahlenmässige Angaben zur Höhe ihrer steuerbaren Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit gemacht.
3.5. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Veranlagungsverjährung betreffend die Steuerforderungen gegenüber der Beschwerdeführerin für die Steuerperioden 2008 (Schreiben des Beschwerdegegners vom 29. Dezember 2014, ausdrückliche Anerkennung am 29. Oktober 2009 und am 20. Januar 2010 auf der Grundlage der unterzeichneten Steuererklärung 2008 vom 8. September 2009), 2009 (Schreiben des Beschwerdegegners vom 18. Dezember 2015, Einreichung der unterzeichneten Steuererklärung vom 15. März 2011) und 2010 (Einreichung der unterzeichneten Steuererklärung 2010 vom 19. Juli 2011) im Zeitpunkt der Veranlagungen vom 6. April 2016 nicht eingetreten war.
Zu prüfen bleibt damit die Höhe des Abzug für die Kosten der Fahrt zur Arbeit. Die Beschwerdeführerin macht Kosten für die Fahrt mit dem Auto von A. nach B. von CHF 8‘315 (232 Tage, 2008), CHF 7‘222 (182 Tage, 2009) und CHF 4‘749 (106 Tage,
2010) geltend. – Die Vorinstanz liess keine Autokosten zu, weil die Beschwerdeführerin den Nachweis für den Besitz eines Motorfahrzeuges nicht erbracht habe. Sie erachtete aber aufgrund der Lohnausweise und der Jahresberichte der R. -Gesellschaft der
Stadt B. (www. … .ch) die Tätigkeit der Beschwerdeführerin für diese Gesellschaft und damit den Arbeitsort B. als ausgewiesen. Da ihr die von der Q. GmbH übernommenen Kosten für ein Generalabonnement bei den steuerbaren Einkünften als geldwerte Leistung aufgerechnet worden seien, habe sie Anspruch auf Abzug der Kosten für die Fahrten von A. nach B. mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie liess deshalb in den Jahren 2008 und 2009 die Kosten für ein Jahresstreckenabonnement von CHF 1‘953 und im Jahr 2010 die Kosten für sieben Monatsstreckenabonnemente zu je CHF 217, das heisst CHF 1‘519 zum Abzug zu. – Die Beschwerdeführerin macht geltend, wegen medizinischer Notfälle, die sich in einer Schule mit Kindern und Jugendlichen mit geistigen und körperlichen Behinderungen jederzeit zutragen könnten, sei ein Auto, das jederzeit zur Verfügung steht, Pflicht. Hinzu seien unregelmässige Arbeitsenden oft spät abends, die Teilnahme an Sitzungen in verschiedenen Gremien und Fahrten zu Informations- und Weiterbildungsveranstaltungen gekommen. Weil die Schule Y. über kein eigenes Auto verfügte, habe die Beschwerdeführerin das Auto zur Verfügung gestellt. Dass der mit dem Personenwagen zurückgelegte Arbeitsweg von A. nach B. – täglich zweimal – Kosten verursacht habe, sei gerichtsnotorisch. Sie sei in Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör trotz entsprechender Beweisofferte nicht befragt worden.
Als steuermindernde Tatsachen sind die Fahrtkosten von den Pflichtigen nachzuweisen und nicht bloss zu behaupten (vgl. BGer 2C_461/2015 vom 12. April 2016 E. 5). Die Vorinstanz hat diesen Nachweis als nicht erbracht angesehen. Die Beschwerdeführerin setzt sich in der Beschwerde mit dieser Begründung nicht auseinander und weist insbesondere auch keine konkreten Autokosten nach. Da tatsächliche Auslagen mittels Urkunden belegt werden können – was die Beschwerdeführerin bis anhin nicht getan hat – und die Befragung der Beschwerdeführerin lediglich das bereits schriftlich Vorgebrachte mündlich wiederholen könnte, erübrigt sich die Abnahme des angebotenen Beweises.
Die – nicht belegten – Behauptungen, weshalb die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar gewesen sein soll, können nicht dazu führen, dass ein auf einem pauschalen Kilometeransatz beruhender Abzug für die Benützung eines Autos gewährt wird. Der Pauschalansatz soll die Ermittlung der Kosten vereinfachen,
kann aber nicht zum Tragen kommen, wenn keinerlei Belege dafür vorliegen, dass ein Auto auch tatsächlich benützt und dafür tatsächlich Kosten entstanden sind. Im Übrigen bieten die öffentlichen Verkehrsmittel auch am späten Abend gute Verbindungen zwischen A. und B. , und ein Arbeitsbeginn Arbeitsschluss ausserhalb des Fahrplans ist nicht belegt (vgl. BGer 2A.411/2004 vom 23. Juli 2004
E. 2.1). Aus einer allenfalls abweichenden Beurteilung für die Steuerperiode 2007 kann die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten, da die Veranlagungsbehörde ihre frühere Haltung überdenken und ihren Standpunkt gegebenenfalls ändern darf, zumal es sich bei jeder Steuerveranlagung um ein neues, von früheren unabhängiges Verfahren handelt (BGer 2A.411/2004 vom 23. Juli 2004 E. 2.2 hinsichtlich des Abzugs von Fahrtkosten).
Zusammenfassend erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie ist
dementsprechend abzuweisen.
6. Die amtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren sind dem Verfahrensausgang entsprechend der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Entscheidgebühren von CHF 1'800 für das Verfahren betreffend Kantons- und Gemeindesteuern (Art. 7 Ziff. 222 der Gerichtskostenverordnung; sGS 941.12, GKV) und von CHF 1'200 für das Verfahren betreffend direkte Bundessteuern (Art. 144 Abs. 5 DBG in Verbindung mit Art. 7 Ziff. 222 GKV) sind angemessen. Die von der Beschwerdeführerin in den beiden Verfahren in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschüsse sind zu verrechnen. Ausseramtliche Kosten sind nicht zu entschädigen (Art. 98 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 98bis VRP; Art. 144 Abs. 4 DBG in
Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren, SR
172.021).
Demnach erkennt das Verwaltungsgericht auf dem Zirkulationsweg zu Recht:
1. Die Beschwerdeverfahren B 2017/158 und B 2017/159 werden vereinigt.
2. Die Beschwerde B 2017/158 betreffend Kantons- und Gemeindesteuern
(Einkommen und Vermögen 2008-2010) wird abgewiesen.
Die Beschwerde B 2017/159 betreffend direkte Bundessteuer (Einkommen 2008-2010) wird abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin bezahlt die amtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren von CHF 1‘800 (Kantons- und Gemeindesteuern) und von CHF 1‘200 (direkte Bundessteuer) unter Verrechnung mit ihren in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschüssen.
Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.
Der Abteilungspräsident Der Gerichtsschreiber
Zürn Scherrer
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