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Urteil Verwaltungsgericht (SG - B 2014/84, B 2014/85)

Zusammenfassung des Urteils B 2014/84, B 2014/85: Verwaltungsgericht

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass A.Y. und B.Y. für das Steuerjahr 2010 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 93'100.-- (Kantons- und Gemeindesteuern) und Fr. 81'400.-- (direkte Bundessteuer) veranlagt werden. A.Y. hatte gegen die Festsetzung seines Einkommens Einspruch erhoben, da er der Meinung war, mehr verdient zu haben. Die Verwaltungsrekurskommission gab den Beschwerden der Pflichtigen statt und korrigierte die Steuerveranlagung. Das Kantonale Steueramt legte jedoch ein höheres Einkommen fest und erhob erneut Beschwerde. Letztendlich entschied das Verwaltungsgericht, dass die Beschwerdegegner mit den genannten Beträgen veranlagt werden. Der Richter, der den Entscheid gefällt hat, ist männlich.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts B 2014/84, B 2014/85

Kanton:SG
Fallnummer:B 2014/84, B 2014/85
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2014/84, B 2014/85 vom 24.03.2016 (SG)
Datum:24.03.2016
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Steuerrecht, Ermittlung des Einkommens aus unselbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 169 und 170 StG, sGS 811.1, sowie Art. 125 und 126 DBG, SR 642.11). Der zur Mitwirkung verpflichtete Steuerpflichtige muss alles tun, um eine vollständige und richtige Veranlagung zu ermöglichen; ist er unselbständig erwerbstätig, muss er zusammen mit der Steuererklärung insbesondere den Lohnausweis einreichen. Eine sich auf die Einkommenszuflüsse während der Steuerperiode beziehende und vom Steuerpflichtigen selbst als fehlerhaft betrachtete Verfügung der Arbeitslosenkasse ist im konkreten Fall nicht geeignet, im Veranlagungsverfahren ein tieferes Einkommen zu beweisen (Verwaltungsgericht, B 2014/84 und 85). Entscheid vom 24. März 2016
Schlagwörter: Einkommen; Arbeit; Beschwerdegegner; Verwaltung; Bundessteuer; Ehemann; Kantons; Entscheid; Veranlagung; Gemeindesteuer; Recht; Gemeindesteuern; Einkommens; Lohnausweis; Vorinstanz; Verwaltungsgericht; Steuererklärung; Ehemannes; Veranlagungsbehörde; Höhe; Arbeitslosenkasse; Verbindung; Pflichtige; Beweis; Pflichtigen; ändiger
Rechtsnorm: Art. 124 DBG ;Art. 125 DBG ;Art. 126 DBG ;Art. 127 DBG ;Art. 130 DBG ;Art. 133 DBG ;Art. 144 DBG ;Art. 16 DBG ;Art. 212 DBG ;
Referenz BGE:135 II 260;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2014/84, B 2014/85

Besetzung

Präsident Eugster; Verwaltungsrichter Linder, Bietenharder, Zindel; Ersatzrichter Engeler; Gerichtsschreiber Wehrle

Verfahrensbeteiligte

Kantonales Steueramt, Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen,

Beschwerdeführer,

gegen

Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Unterstrasse 28, 9001 St.

Gallen, Vorinstanz, und

A.Y. und B.Y.,

Beschwerdegegner,

sowie

Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Eigerstrasse 65, 3003 Bern

Beschwerdebeteiligte

Gegenstand

Kantons- und Gemeindesteuern (Einkommen und Vermögen 2010); Direkte Bundessteuer (Einkommen 2010)

Das Verwaltungsgericht stellt fest:

  1. A.Y. und B.Y. sind verheiratet und wohnen in X. Von 2003 bis zu deren Konkurs im Jahr 2011 war A.Y. bei der Q. GmbH angestellt, an der er zudem mit einem Stammanteil von Fr. 50‘000.-- mehrheitsbeteiligt war. Nach der Konkurseröffnung Mitte März 2011 beantragte A.Y. Arbeitslosenentschädigung. Die kantonale Arbeitslosenkasse setzte seinen versicherten Verdienst in der Folge – anhand der als nachgewiesen betrachteten Einkünfte vom 1. März 2010 bis 14. März 2011 – auf monatlich Fr. 2‘502.-- fest. Die von A.Y. erhobene Einsprache wies sie am 4. Oktober 2011 ab (vi-act. 2/11); dieser Entscheid erwuchs in Rechtskraft. A.Y. hatte gegenüber

    der Arbeitslosenkasse erfolglos geltend gemacht, von September 2010 bis Februar

    2011 monatlich im Durchschnitt ca. Fr. 5‘335.-- (netto) verdient zu haben.

  2. Bereits während des Einspracheverfahrens hatte sich A.Y. mehrmals an die Arbeitslosenkasse gewandt und mitgeteilt, dass er den seiner Meinung nach unrechtmässig zu tief angesetzten versicherten Verdienst in der Folge auch für die steuerliche Festsetzung seines im Jahr 2010 erzielten Einkommens als präjudiziell erachte (vi-act. 2/12 und 2/14). Am 27. September 2011 reichte das Ehepaar A.Y. und

    B.Y. die Steuererklärung 2010 ein. Die Pflichtigen legten einen Lohnausweis der Q. GmbH bei, worin sich der Ehemann (handschriftlich) ein monatliches Einkommen von Fr. 2‘502.-- bescheinigt hatte. Seinen Nettolohn deklarierte er schliesslich mit

    Fr. 20‘610.--. Die Veranlagungsbehörde hingegen legte sein Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit auf Fr. 71‘270.-- (Fr. 81‘000.-- abzüglich 12% Sozialversicherungsbeiträge nach Ermessen) fest – gestützt auf einen Auszug aus seinem individuellen Konto bei der Sozialversicherungsanstalt (SVA) und die von ihm selbst unterzeichnete AHV-Lohnbescheinigung zuhanden der SVA (vgl. vi-act. 7/2.3 und 2.4). Mit Veranlagungsverfügungen vom 20. August 2013 veranlagte sie das Ehepaar A.Y. und B.Y. für die Kantons- und Gemeindesteuer 2010 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 97‘000 und ohne Vermögen und für die direkte Bundessteuer 2010 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 85‘300.--. Die dagegen erhobenen Einsprachen wies das Kantonale Steueramt mit Entscheiden vom

    16. September 2013 ab (vgl. vi-act. 7, Dossier 3).

  3. Mit Eingabe vom 11. Oktober 2013 erhoben A.Y. und B.Y. Rekurs und Beschwerde bei der Verwaltungsrekurskommission und beantragten, die abgegebene Steuererklärung zu anerkennen beim Volkswirtschaftsdepartement zu intervenieren, damit die Bemessung der Arbeitslosenentschädigung angepasst werde. Sie brachten insbesondere vor, sie hätten sich auf die mündliche Auskunft des damaligen örtlichen Steuersekretärs D.E. verlassen, wonach der objektiv identische

    Einkommensnachweis von zwei kantonalen Behörden nicht unterschiedlich gewertet und taxiert werden dürfe.

    Mit gemeinsamem Entscheid vom 10. April 2014 hiess die Verwaltungsrekurskommission die Rechtsmittel gut, hob die Einspracheentscheide auf und veranlagte die Pflichtigen mit steuerbaren Einkommen von Fr. 45‘300.-- (Kantons- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 33‘400.-- (direkte Bundessteuer). Sie folgte im Wesentlichen den Argumenten der Pflichtigen und erachtete es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr als problematisch, dass zwei kantonale Behörden für die Berechnung des Einkommens auf unterschiedliche Grundlagen abgestellt hatten. Es sei zudem nicht ungewöhnlich, dass sich der Inhaber Hauptbeteiligte einer Gesellschaft keinen nur mehr einen geringeren als den vertraglich vereinbarten und der Sozialversicherungsanstalt gemeldeten Lohn ausbezahle, wenn die Gesellschaft in finanziellen Nöten sei.

  4. Gegen den Entscheid der Verwaltungsrekurskommission (Vorinstanz) erhob das Kantonale Steueramt (Beschwerdeführer) mit (gemeinsamer) Eingabe vom 19. Mai 2014 Beschwerden beim Verwaltungsgericht mit den Anträgen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das steuerbare Einkommen der Beschwerdegegner A.Y. und B.Y. sei auf Fr. 93‘100.-- (Kantons- und Gemeindesteuern 2010) bzw. Fr. 81‘400.-- (direkte Bundessteuer 2010) festzusetzen (act. 1). Die Vorinstanz und die Beschwerdegegner trugen in ihren Vernehmlassungen vom 22. Dezember 2014 und

15. Januar 2015 die Abweisung der Beschwerden an (act. 7 und 10). Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich zur Beschwerde betreffend direkte Bundessteuer 2010 nicht vernehmen.

Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

  1. Die streitigen Einkommenssteuerveranlagungen fallen unter die harmonisierte Steuergesetzgebung (vgl. insbesondere Art. 7 ff. des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, SR 642.14, StHG).

    Die Vorinstanz erledigte deshalb den Rekurs betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern einerseits und die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer andererseits zu Recht im gleichen Entscheid, aber mit getrennten Dispositivziffern; unter diesen Umständen durfte auch der Beschwerdeführer die Beschwerden in einer gemeinsamen Rechtsschrift erheben (BGE 135 II 260 E. 1.3.1). Ebenso ist es zulässig, dass das Verwaltungsgericht über die Beschwerden im gleichen Urteil entscheidet (vgl. statt vieler BGer 2C_440 und 441/2014 vom 10. Oktober 2014 E. 1.2; VerwGE B 2014/222 und 223 vom 25. Februar 2016 E. 1, www.gerichte.sg.c h).

  2. Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ist gegeben (Art. 59 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, VRP; Art. 229 in Verbindung mit Art. 196 Abs. 1 des Steuergesetzes, sGS 811.1, StG; Art. 145 des Gesetzes über die direkte Bundessteuer, SR 642.11, DBG, in Verbindung mit Art. 1 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, sGS 815.1). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerdeerhebung legitimiert, und die Eingabe vom 19. Mai 2014 entspricht zeitlich, formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Art. 229 in Verbindung mit Art. 196 Abs. 1 StG und

    Art. 64, Art. 48 Abs. 1 sowie aArt. 30 Abs. 1 VRP, letzterer seinerseits in Verbindung mit Art. 145 Abs. 1 Ingress und lit. a der Schweizerischen Zivilprozessordnung, SR 272; Art. 145 in Verbindung mit Art. 141 Abs. 1 und 2 sowie Art. 133 Abs. 1 DBG). Auf die Beschwerden ist einzutreten.

  3. Die Überprüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichts ist auf Rechtsverletzungen beschränkt; der Beschwerdeführer kann sich sodann darauf berufen, die angefochtene Verfügung der angefochtene Entscheid beruhe auf einem unrichtig unvollständig festgestellten Sachverhalt (Art. 61 VRP). Das Verwaltungsgericht entscheidet, ohne an die Begehren der Beteiligten gebunden zu sein (Art. 196 Abs. 2 StG).

  4. Umstritten ist die Höhe des Einkommens aus unselbständiger Erwerbstätigkeit, das der Ehemann im Jahr 2010 erzielt hat.

    1. Gemäss Art. 29 Abs. 1 StG und Art. 16 Abs. 1 DBG unterliegen alle

      wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der Einkommenssteuer. Nach dem Prinzip

      der Gesamtreineinkommenssteuer werden grundsätzlich alle Vermögenswerte, die dem Steuerpflichtigen während eines bestimmten Zeitabschnittes zufliessen, gesamthaft als Einkommen besteuert (vgl. Zigerlig/Oertli/Hofmann, Das st. gallische Steuerrecht,

      7. Aufl. 2014, Rz. II/59).

      1. Über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die für Bestand und Höhe der Steuerschuld massgeblich sind, hat der Pflichtige mit der Steuererklärung den Steuerbehörden in allen Einzelheiten Auskunft zu erteilen, insbesondere über Berufs- Familien- und Wohnverhältnisse, sodann die Zusammensetzung, Beschaffenheit und wertmässige Höhe des Steuerobjektes (hier: Einkommen) und die geltend gemachten Abzüge (Art. 168 StG und Art. 124 DBG; Zigerlig/Oertli/Hofmann, a.a.O., Rz. VII/11). Die Steuererklärung selbst ist weder eine Beweisurkunde noch eine blosse Willenserklärung, sondern eine Wissenserklärung (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/ Meuter, Handkommentar DBG, 2. Aufl. 2009, N 2 zu Art. 124 DBG). In diesem Sinn muss der zur Mitwirkung verpflichtete Steuerpflichtige alles tun, um eine vollständige und richtige Veranlagung zu ermöglichen (vgl. Art. 170 StG und Art. 126 DBG). Um der Veranlagungsbehörde die Aufgabe der Nachprüfung zu erleichtern, muss er für die wichtigsten Angaben gleich von Anfang an, mit der Steuererklärung, die nötigen Belege einreichen. Hierzu gehört bei unselbständig erwerbstätigen Personen der Lohnausweis (vgl. Art. 169 Abs. 1 Ingress und lit. a StG; Art. 125 Abs. 1 Ingress und lit. a DBG). Zu dieser Bescheinigung ist jeder schweizerische Arbeitgeber verpflichtet, ungeachtet dessen, ob der Arbeitnehmer haupt- nebenberuflich auch nur vorübergehend für ihn tätig ist. Sämtliche Leistungen, die als Erwerbseinkommen zu qualifizieren sind – namentlich Lohn, Nebenbezüge, Spesenentschädigungen und Naturalleistungen – müssen grundsätzlich auf einem einzigen Lohnausweis bescheinigt werden (Art. 127 Abs. 1 Ingress und lit. a DBG; Zigerlig/Oertli/Hofmann, a.a.O., Rz. II/83-94; Richner/ Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 13 ff. zu Art. 127 DBG).

      2. Die Veranlagungsbehörde prüft ihrerseits die Steuererklärung, nimmt die erforderlichen Untersuchungen vor und stellt die für eine vollständige und richtige Besteuerung massgebenden tatsächlichen Verhältnisse fest. Sie kann insbesondere Sachverständige beiziehen, Augenscheine durchführen sowie Geschäftsbücher und Belege an Ort und Stelle einsehen (Untersuchungsmaxime, vgl. Art. 176 StG und Art. 130 Abs. 1 DBG). Sie kann unter anderem auch die Organe der öffentlichen

Verwaltung, die Strafuntersuchungsbehörden und die Gerichte zur Mitwirkung auffordern; diese sind verpflichtet, ungeachtet einer allfälligen Geheimhaltungspflicht auf Verlangen kostenlos aus den amtlichen Registern und Akten Auskunft zu erteilen (vgl. Art. 163 Abs. 2 StG).

    1. Die Beschwerdegegner deklarierten im Veranlagungsverfahren das Einkommen des Ehemannes aus unselbständiger Erwerbstätigkeit mit Fr. 20‘610.-- (vi- act. 7/1.2). Ihre Deklaration untermauerten sie mit einem von Hand ausgefüllten Lohnausweis der Q. GmbH vom 13. März bzw. 27. September 2011. Den Bruttolohn gaben sie mit «12 x 2‘502.-- gemäss Bescheid Amt für Arbeit», entsprechend Fr. 30‘024.--, an. Hiervon zogen sie für Arbeitnehmerbeiträge an AHV/IV/EO/ALV/NBUV Fr. 2‘968.20 sowie Fr. 6‘445.80 an ordentlichen Beiträgen an die berufliche Vorsorge ab, sodass schliesslich der bereits genannte Nettolohn resultierte (vi-act. 7/2.10). Die Veranlagungsbehörde ersuchte die Pflichtigen am 26. Juni 2012, die Steuererklärung mit unterschriebenen Lohnausweisen 2010 und 2011 der Q. GmbH, mit einer Kopie der Auszüge aus dem individuellen Konto der SVA St. Gallen für die Jahre 2010 und 2011 und mit Kopien der Jahresabrechnungen 2010 und 2011 der GmbH an die SVA St. Gallen zu ergänzen. Der Ehemann der Beschwerdegegner verwies den Steuerkommissär am 2. Juli 2012 an den Leiter des örtlichen Steueramtes; dieser verfüge über alle relevanten Unterlagen (vi-act. 7/2.8). Laut Aktennotiz vom 26. Juli 2012 teilte der Ehemann diesem telefonisch mit, er könne die geforderten Unterlagen nicht einreichen. Er habe alles, worüber er verfüge, der Steuererklärung 2010 beigelegt. Sein Lohn sei durch das Amt für Arbeit so festgelegt worden. Somit habe er nicht mehr verdient, und er wünsche, von den Steuerbehörden in Ruhe gelassen zu werden. In der Folge machte die Veranlagungsbehörde die geforderten Auszüge direkt bei der SVA erhältlich (vgl. vi-act. 7/2.4) und legte das Bruttoeinkommen anhand der übereinstimmenden Angaben auf dem Auszug aus dem individuellen Konto des Ehemannes und der AHV-Lohnbescheinigung der Q. GmbH auf Fr. 81‘000.-- fest. Diesen verminderte sie um einen ermessensweisen Abzug von 12% für Sozialversicherungsbeiträge der 1. und 2. Säule und veranlagte das streitige Erwerbseinkommen des Ehemannes mit Fr. 71‘270.--.

    2. Die Vorinstanz hielt demgegenüber dafür, hinsichtlich des Einkommens des

      Ehemannes sei auf den von den Pflichtigen deklarierten Betrag von Fr. 2‘502.-- (brutto)

      abzustellen, wie es auch der Verfügung des kantonalen Arbeitsamtes entnommen werden könne. Dieses habe auf die Bankkontoauszüge abgestellt und festgehalten, dass Arbeitgeberbescheinigungen, Lohnabrechnungen sowie die Eintragungen auf dem individuellen Konto der SVA lediglich Indizien für Lohnzahlungen seien. Es sei nach dem Grundsatz von Treu und Glauben problematisch, wenn zwei kantonale Behörden für die Berechnung des Einkommens auf unterschiedliche Grundlagen abstellen würden. Der Ehemann habe seine Lohnbezüge der Liquidität der von ihm beherrschten Arbeitgeberin angepasst und in unregelmässigen Abständen und auf verschiedene Arten Lohn bezogen. Es sei glaubhaft, dass nur der vom kantonalen Arbeitsamt festgestellte Lohn effektiv zugeflossen sei und weitergehende Lohnforderungen nicht hätten durchgesetzt werden können (E. 3.e des angefochtenen Entscheids).

    3. Der vorinstanzlichen Auffassung kann insbesondere mit Blick auf die vom Beschwerdeführer zusätzlich eingereichten Akten nicht gefolgt werden.

      1. Dem Verwaltungsgericht reichte der Beschwerdeführer nämlich weitere, in der Zwischenzeit bei der kantonalen Arbeitslosenkasse erhältlich gemachte Unterlagen ein (vgl. act. 3). Darunter befindet sich ein Lohnausweis der Q. GmbH vom 13. März 2011, worin diese für das Jahr 2010 ein Einkommen von Fr. 81‘000.-- (brutto) bescheinigt hatte (act. 3/I/5). Hiervon wurden Beiträge an die 1. und 2. Säule von Fr. 8‘007.60 bzw. Fr. 6‘445.80 abgezogen und ein Nettolohn von Fr. 66‘546.60 ausgewiesen.

      2. Der Beschwerdeführer geht von diesem steuerbaren Einkommen des Ehemannes aus und rechnet Fr. 810.-- auf, da zu Unrecht Arbeitnehmerbeiträge an die Krankentaggeldversicherung (monatlich Fr. 67.50) abgezogen worden seien. Diese Beiträge seien vom Bruttolohn nicht abzugsfähig und steuerlich unbeachtlich, da der Abzug für Versicherungsprämien und Sparzinsen bereits mit dem Maximalbetrag von Fr. 4‘800.-- bei den Kantons- und Gemeindesteuern bzw. Fr. 3‘300.-- bei der direkten Bundessteuer berücksichtigt worden sei. Die Beschwerdegegner seien demzufolge mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 93‘100.-- bei den Kantons- und Gemeindesteuern und einem solchen von Fr. 81‘400.-- bei der direkten Bundessteuer zu veranlagen.

      3. Nach den übereinstimmenden Angaben auf dem Lohnausweis und auf den monatlichen Lohnabrechnungen zahlte die Q. GmbH dem Ehemann in der fraglichen Periode Lohn in der Höhe von Fr. 81‘000.-- (brutto) aus (act. 3/I/4 und 3/I/5). Nach dem im Steuerrecht geltenden Grundsatz, dass die Steuerbehörde die Beweislast für die steuerbegründenden Tatsachen trägt, während den Steuerpflichtigen die Beweislast für Tatsachen trifft, welche die Steuerschuld aufheben mindern (vgl. SGE 2010 Nr. 23 und 32), war es an der Veranlagungsbehörde, die Höhe des streitigen Einkommens zu beweisen. Diesen Beweis hat sie mit dem ins Recht gelegten Lohnausweis vom 13. März 2011 erbracht, denn dieser ist ein Beweismittel mit hohem Beweiswert, das zum Beweis der Erwerbseinkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit geeignet ist (vgl. M. Zweifel, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2b, 2. Aufl. 2008, N 11 zu Art. 125 DBG).

        Den Gegenbeweis, dass nämlich die Bezüge nicht in der von der Arbeitgeberin bescheinigten Höhe erfolgt sind, haben die Beschwerdegegner nicht erbracht. Entsprechende Anhaltspunkte liegen auch nicht vor: Die Q. GmbH liess dem privaten Bankkonto des Ehemannes im Jahr 2010 – soweit aktenmässig dokumentiert –

        Fr. 40‘000.-- gutschreiben (vgl. act. 3/I/6). Bereits mit diesen Zahlungen ist nachgewiesen, dass die Pflichtigen in der Steuererklärung ein zu tiefes Einkommen deklariert haben. Nicht aktenkundig sind indessen die Kontobewegungen der Monate Januar, Juni, Oktober und Dezember 2010. Aufgrund der übrigen Gutschriften darf aber angenommen werden, dass auch in diesen vier Monaten Lohn in ähnlicher Höhe ausbezahlt worden ist, wodurch sich geschätzte Zahlungen von insgesamt Fr. 60‘000.-- ergeben. Weiter hat die Arbeitgeberin des Ehemannes den Beschwerdegegnern einen Personenwagen im Wert von Fr. 8‘000.-- verkauft bzw. überschrieben; der Kaufpreis wurde mit Lohnguthaben verrechnet (vgl. vi-act. 7/2/15). Dies ergibt geschätzte Bezüge in der Höhe von Fr. 68‘000.--, was exakt dem von der Arbeitgeberin am 13. März 2011 bescheinigten Nettoeinkommen (inkl. Spesenentschädigung) entspricht (vgl. act. 3/I/5).

      4. Das Einkommen des Ehemannes ist demnach anhand des Lohnausweises vom

        13. März 2011 zu veranlagen. Dem Nettolohn sind – wie der Beschwerdeführer zu Recht vorträgt – die Arbeitnehmerbeiträge an die Krankentaggeldversicherung aufzurechnen; diese sind vom Bruttolohn nicht abzugsfähig (vgl. Ziff. 42 der Wegleitung

        zum Ausfüllen des Lohnausweises bzw. der Rentenbescheinigung, www.estv.admin.ch) und können gegebenenfalls als «Versicherungsprämien und Sparzinsen» in Abzug gebracht werden. Die maximal zulässigen Abzüge von Fr. 4‘800.-- (Kantons- und Gemeindesteuern; vgl. Art. 45 Abs. 1 Ingress und lit. g StG) bzw. Fr. 3‘300.-- (direkte Bundessteuer; vgl. aArt. 212 DBG in der bis 31. Dezember

        2010 geltenden Fassung) wurden konkret bereits gewährt, weshalb ein weitergehender Abzug entfällt. Das Nettoeinkommen des Ehemannes ist auf Fr. 67‘357.-- festzusetzen, und die Beschwerdegegner sind – in vollständiger Gutheissung der Beschwerde – mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 93‘100.-- (Kantons- und Gemeindesteuern; ohne steuerbares Vermögen) bzw. Fr. 81‘400.-- (direkte Bundessteuer) zu veranlagen.

    4. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, steht der Schutz von Treu und Glauben diesem Ergebnis nicht entgegen (vgl. E. 3.e des angefochtenen Entscheids). Es fehlte bereits an einer verbindlichen Zusicherung seitens der Veranlagungsbehörde, auf die sich die Beschwerdegegner hätten verlassen dürfen (vgl. vi-act. 13), und an im Vertrauen darauf getätigten Dispositionen. Es ist zudem nicht ersichtlich, weshalb die Veranlagungsbehörde an eine Verfügung der kantonalen Arbeitslosenkasse gebunden sein soll, die vom Adressaten selbst als rechtsfehlerhaft betrachtet wurde, die er aber – aus welchen Gründen auch immer – nicht angefochten hat. Der Entscheid der Arbeitslosenkasse wirkt sich steuerlich somit einzig auf die Steuerperiode 2011 aus, in der die dannzumal entrichtete Arbeitslosenentschädigung zu versteuern ist. Allenfalls kann jedoch aus dem Verhalten der kantonalen Arbeitslosenkasse geschlossen werden, dass sie sich an eine für die Beschwerdegegner günstigere Beurteilung des Einkommens im Veranlagungsverfahren binden wollte. Sie beschied in der Verfügung vom 7. Juni 2011 (vi-act. 7/2.18): «Sollten Sie jedoch später tatsächlich einen höheren Lohn nachweisen können, mittels IK-Auszug und Steuerveranlagung, werden wir den versicherten Verdienst anpassen». Es ist den Beschwerdegegnern unbenommen zu versuchen, sich darauf zu berufen.

5.

    1. Zusammenfassend ergibt sich, dass der vorinstanzliche Entscheid in vollständiger Gutheissung der Beschwerden aufzuheben und die Beschwerdegegner mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 93‘100.-- (Kantons- und Gemeindesteuern;

      ohne steuerbares Vermögen) bzw. Fr. 81‘400.-- (direkte Bundessteuer) zu veranlagen

      sind.

    2. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren den Beschwerdegegnern aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP; Art. 145 in Verbindung mit Art. 144 Abs. 1 DBG). Eine Entscheidgebühr für die Beschwerdeverfahren von insgesamt Fr. 1'500.-- erscheint angemessen (Art. 7 Abs. 1 Ingress und Ziff. 222 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12).

    3. Bei Gutheissung eines Rechtsmittels ist zugleich von Amtes wegen über die amtlichen Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens zu entscheiden. In der Regel erfolgt die entsprechende Kostenverlegung in Bezug auf die Beteiligten und deren Anteile analog dem Rechtsmittelentscheid (R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, Diss. 2004, S. 103). Die amtlichen Kosten für das Rekurs- und das Beschwerdeverfahren vor der Vorinstanz von Fr. 800.-- sind somit ebenfalls vollumfänglich den Beschwerdegegnern aufzuerlegen. Sie sind mit dem Kostenvorschuss von Fr. 1‘200.-- zu verrechnen; der Restbetrag von Fr. 400.-- ist

      ihnen zurückzuerstatten.

    4. Ausseramtliche Kosten sind mangels grundsätzlichen Anspruchs (Beschwerdeführer) und mehrheitlichen Obsiegens (Beschwerdegegner) nicht zu entschädigen (vgl. Art. 98 Abs. 1 und 98bis VRP; Art. 145 in Verbindung mit Art. 144 Abs. 4 DBG und Art. 64 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, SR 172.021); entsprechende Anträge wurden zudem von keiner Seite gestellt.

Demnach erkennt das Verwaltungsgericht zu Recht:

  1. Die Beschwerdeverfahren B 2014/84 und B 2014/85 werden vereinigt.

  2. Die Beschwerde betreffend Kantons- und Gemeindesteuern wird gutgeheissen und der Rekursentscheid vom 10. April 2014 aufgehoben. Die

    Beschwerdegegner werden für das Steuerjahr 2010 mit einem steuerbaren Einkommen

    von Fr. 93‘100.-- und ohne steuerbares Vermögen veranlagt.

  3. Die Beschwerde betreffend direkte Bundessteuer wird gutgeheissen und der Beschwerdeentscheid vom 10. April 2014 aufgehoben. Die Beschwerdegegner werden für das Steuerjahr 2010 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 81‘400.-- veranlagt.

4.

    1. Die amtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren von Fr. 1‘500.-- bezahlen die

      Beschwerdegegner.

    2. Die amtlichen Kosten des Rekurs- und Beschwerdeverfahrens vor der Vorinstanz von Fr. 800.-- bezahlen die Beschwerdegegner unter Verrechnung mit ihrem Kostenvorschuss von Fr. 1‘200.--. Die Vorinstanz wird angewiesen, ihnen Fr. 400.-- zurückzuerstatten.

Der Präsident Der Gerichtsschreiber

Eugster Wehrle

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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