Zusammenfassung des Urteils B 2013/76: Verwaltungsgericht
Die Beschwerdeführerin X.Y. zog im Jahr 2009 von A. nach B. um und wurde daraufhin unbeschränkt steuerpflichtig in C. Gemäss den gesetzlichen Bestimmungen des Steuergesetzes des Kantons St. Gallen wurde festgestellt, dass ihr steuerrechtlicher Wohnsitz weiterhin in C. lag, obwohl sie argumentierte, dass ihr Hauptsteuerdomizil in B. sei. Trotz ihrer Bemühungen, die Steuerpflicht in den Kanton Tessin zu verlagern, entschied das Verwaltungsgericht, dass ihr Lebensmittelpunkt weiterhin in C. lag. Die Beschwerde wurde abgewiesen, die Kosten des Verfahrens wurden X.Y. auferlegt, und sie erhielt keine Entschädigung für ausseramtliche Kosten.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | B 2013/76 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 16.04.2014 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Urteil Steuerrecht. Art. 13 Abs. 1 und 2 StG.Steuerrechtlicher Wohnsitz. Wohnsitzverlegung eines im Kanton St. Gallen erwerbstätigen Paars in den Kanton Tessin wurde als nicht nachgewiesen erachtet (Verwaltungsgericht, B 2013/76). |
Schlagwörter: | Wohnsitz; Kanton; Tessin; Gallen; Wohnung; Arbeit; Steuerpflicht; Entscheid; Woche; Recht; Aufenthalt; Lebensmittelpunkt; Vorinstanz; Lebenspartner; Person; Umstände; Beziehung; Quot; Verfahren; Tatsache; Beziehungen; Arbeitsort; Steueramt; Gemeinde; ätte |
Rechtsnorm: | Art. 115 DBG ; |
Referenz BGE: | 125 I 54; 132 I 29; |
Kommentar: | - |
Anwesend: Präsident lic. iur. B. Eugster; Verwaltungsrichter lic. iur. A. Linder,
Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener, Dr. S. Bietenharder-Künzle; Gerichtsschreiber Dr. W.
Schmid
In Sachen X.Y.,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Markus Büchi, Fürstenlandstrasse 39, 9500 Wil,
gegen
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Unterstrasse 28, 9001 St.
Gallen, Vorinstanz, und
Kantonales Steueramt, Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegner, betreffend Steuerpflicht 2010
hat das Verwaltungsgericht festgestellt:
./ X.Y. meldete sich auf den 31. März 2009 in A. SG, wo sie seit dem 1. September 2001 Wohnsitz gehabt hatte, nach B. TI ab und per 1. April 2009 als Wochenaufenthalterin in der Gemeinde C. SG an. Ab dem 1. April 2009 mietete sie dort mit ihrem Lebenspartner eine 2½-Zimmer-Wohnung. Am 23. Juli 2009 erwarb sie eine im März 2010 bezugsbereite 3½-Zimmer-Wohnung in B. Bereits seit dem 1. Dezember 2007 hatte sie in D., Kanton Tessin, eine möblierte Wohnung gemietet. Per 23. November 2009 meldete X.Y. sich von C. nach D. ab. Mit Steuerdomizilverfügung vom
12. März 2010 stellte das kantonale Steueramt fest, dass X.Y. ab dem Jahr 2009 in C. aufgrund persönlicher Zugehörigkeit unbeschränkt steuerpflichtig sei. Die gegen die Feststellungsverfügung mit Schreiben vom 17. März 2010 erhobene Einsprache wurde mit Entscheid des kantonalen Steueramtes vom 14. April 2010 abgewiesen. Den dagegen erhobenen Rekurs wies die Verwaltungsrekurskommission mit Entscheid vom
29. März 2011 ab (act. G 7/9 VII/2). Auf eine hiegegen erhobene Beschwerde trat das Verwaltungsgericht mit Urteil B 2011/108 vom 7. Dezember 2011 wegen Unzulässigkeit des Antrags nicht ein, wies jedoch darauf hin, dass die Beschwerde im Fall einer materiellen Beurteilung abzuweisen gewesen wäre (act. G 7/9 VII/1).
Am 20. April 2012 reichte X.Y. dem Steueramt C. ein nicht ausgefülltes Steuererklärungsformular 2010 mit einer Kopie ihrer Tessiner Steuererklärung 2010 ein. In einem Begleitschreiben hielt sie fest, dass in B. ihr Hauptsteuerdomizil sei und sie dort mit ihrem Lebenspartner im Jahr 2010 ihre Eigentumswohnung bezogen habe. In
C. sei sie lediglich Wochenaufenthalterin ohne Steuerpflicht. Sämtliche weiteren Lebensumstände hätten sich im Vergleich zu 2009 nicht verändert (act. G 7/9 IV). In der Feststellungsverfügung vom 8. Mai 2012 führte das kantonale Steueramt aus, der steuerrechtliche Wohnsitz habe sich auch ab dem Jahr 2010 nach wie vor in C.
befunden (act. G 7/9 VI/7). Die von X.Y. dagegen erhobene Einsprache wies das Steueramt mit Einspracheentscheid vom 21. Juni 2012 ab (act. G 7/2). Den hiegegen erhobenen Rekurs wies die Verwaltungsrekurskommission mit Entscheid vom
26. Februar 2013 ab (act. G 2).
./ In der Beschwerde vom 12. April 2013 liess X.Y. durch ihren Rechtsvertreter beantragen, der Rekursentscheid vom 28. Februar 2013 sei vollumfänglich aufzuheben (Ziff. 1). Es sei festzustellen, dass die Beschwerdeführerin für das Jahr 2010 nicht im Kanton St. Gallen steuerpflichtig sei, sondern im Kanton Tessin (Ziff. 2). Die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens seien dem Beschwerdegegner aufzuerlegen bzw. auf die Staatskasse zu nehmen, und der Beschwerdeführerin sei für das erstinstanzliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Ziff. 3). Die Kosten des vorliegenden Verfahrens seien auf die Staatskasse zu nehmen, und der Beschwerdeführerin sei eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Ziff. 4).
In der Vernehmlassung vom 30. April 2013 beantragte die Vorinstanz Abweisung der Beschwerde; zur Begründung verwies sie auf die Erwägungen des vorinstanzlichen Entscheids (act. G 6).
Der Beschwerdegegner stellte in der Vernehmlassung vom 16. Mai 2013 den Antrag, die Beschwerde sei unter Kostenfolge abzuweisen. Zur Begründung verwies sie auf die Darlegungen im angefochtenen Entscheid und äusserte sich ergänzend zu den Vorbringen der Beschwerdeführerin (act. G 9).
Auf die Darlegungen der Parteien in den erwähnten Eingaben wird, soweit für den Entscheid erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.
Darüber wird in Erwägung gezogen:
Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ist gegeben (Art. 196 Abs. 1 des Steuergesetzes, sGS 811.1, abgekürzt StG; Art. 59 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt VRP). Die Beschwerdeführerin ist zur Ergreifung der Beschwerde legitimiert, und ihre Eingabe vom 12. April 2013 entspricht zeitlich, formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Art. 196 Abs. 1 und Art. 161 StG in Verbindung mit Art. 64 und Art. 48 Abs. 1 VRP). Auf die Beschwerde ist
daher einzutreten. Soweit die Beschwerdeführerin jedoch auf ihre Darlegungen im Rekursverfahren verweisen lässt (act. G 1 S. 4), ist festzuhalten, dass ein solcher pauschaler Verweis auf vorinstanzliche Eingaben zur Rechtsmittelbegründung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts als ungenügend erachtet wird, weil aus ihm nicht hervorgeht, in welchen Punkten und weshalb der Entscheid der Vorinstanz angefochten wird (vgl. statt vieler VerwG B 2012/19 vom 29. August 2012,
E. 2.3; publiziert in: www.gerichte.sg.c h).
Nach Art. 13 Abs. 1 StG sind natürliche Personen aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz Aufenthalt im Kanton St. Gallen haben. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist umstritten, ob die Beschwerdeführerin im Jahr 2010 in der Gemeinde C. Wohnsitz hatte. Im interkantonalen Verhältnis steht gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung zum Doppelbesteuerungsverbot die Besteuerung des Einkommens und Vermögens einer unselbständig erwerbstätigen Person demjenigen Kanton zu, in dem die Person ihren steuerrechtlichen Wohnsitz hat. Nach Art. 13 Abs. 2 StG hat eine Person steuerrechtlichen Wohnsitz im Kanton St. Gallen, wenn sie sich hier mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält bzw. wenn sich der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hier befindet (vgl. BGE 132 I 29 E. 4.1). Diese Regelung entspricht den Vorgaben in Art. 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (SR 642.14, abgekürzt StHG) und lehnt sich eng an den zivilrechtlichen Wohnsitzbegriff an (Art. 23 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, SR 210).
Bei einem Wohnsitzwechsel innerhalb der Schweiz besteht die Steuerpflicht für das ganze laufende Steuerjahr in demjenigen Kanton, in welchem die Person am Ende der Steuerperiode ihren steuerrechtlichen Wohnsitz hat. Stichtag ist somit der
31. Dezember des Steuerjahres (Art. 68 StHG). Der Wechsel von einem alten zu einem neuen Wohnsitz ist dann vollzogen, wenn die Absicht des dauernden Verbleibs am neuen Wohnort tatsächlich gelebt und durch diesen Aufenthalt eine Verschiebung des Lebensmittelpunktes stattfindet. Der Lebensmittelpunkt bestimmt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äusseren Umstände, aus denen sich die ideellen (Angehörige, Freundes- und Bekanntenkreis) und materiellen Lebensinteressen erkennen lassen, nicht nach bloss erklärten Wünschen der steuerpflichtigen Person. In
Bezug auf die Beweislast gilt, dass steuerbegründende Tatsachen von der Steuerbehörde nachzuweisen sind, während den Steuerpflichtigen die Beweislast für Tatsachen trifft, die die Steuerschuld aufheben mindern (vgl. Weidmann/ Grossmann/Zigerlig, Wegweiser durch das st. gallische Steuerrecht, 1999, S. 379 f.). Die Steuerbehörde hat demnach den steuerlichen Wohnsitz, der die persönliche steuerrechtliche Zugehörigkeit begründet, als Voraussetzung der Besteuerung nachzuweisen. Der Hauptbeweis gilt in der Regel als erbracht, wenn der von der Steuerbehörde angenommene Wohnsitz als sehr wahrscheinlich erscheint. Diesfalls obliegt es dem Pflichtigen, den Nachweis für den von ihm behaupteten Lebensmittelpunkt ausserhalb des Kantons zu erbringen (BGer 2P.186/2004 vom
15. Februar 2005 E. 2.3). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt eine Steuerpflicht dann als sehr wahrscheinlich, wenn sich das Hauptsteuerdomizil bereits seit längerer Zeit unangefochten in diesem Kanton befand. Im Zweifel, d.h. wenn der Nachweis der Wohnsitzverlegung nicht erbracht ist, ist das bisherige Domizil als fortbestehend zu betrachten. Der blosse Wille zur Wohnsitzverlegung genügt nicht zur Begründung des neuen steuerrechtlichen Wohnsitzes; dieser muss vielmehr in die Tat umgesetzt sein, d.h. der Pflichtige muss für die betreffende Zeit den Mittelpunkt seiner Lebenstätigkeit schon an den neuen Ort verlegt haben (vgl. BGer 2P.186/2004 vom 15. Februar 2005 E. 2.3; BGer 2P.203/2006 vom 1. März 2007 E. 2.3 mit Hinweisen).
Die Vorinstanz begründete ihren Entscheid, das Verfahren betreffend die Beschwerdeführerin und dasjenige betreffend ihren Lebenspartner nicht zu vereinigen, damit, dass diese nicht verheiratet seien und ausschliesslich die Beschwerdeführerin Eigentümerin der Wohnung in B. sei. Des Weiteren seien sie an unterschiedlichen Arbeitsorten tätig. Allein die Tatsache der gleichen Vertretung, Argumentation sowie die gemeinsame Beweisaufnahme vermöchten eine Vereinigung der Verfahren nicht zu rechtfertigen (act. G 2 S. 4). Diese Sichtweise erscheint vertretbar und sachlich begründet, weshalb es sich rechtfertigt, es auch vorliegend bei einer getrennten Behandlung der anhängig gemachten Beschwerden zu belassen, zumal auch nichts anderes beantragt ist.
In materieller Hinsicht führte die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid unter anderem aus, die Beschwerdeführerin habe insbesondere nicht geltend gemacht, dass sie sich in B. aktiv am Dorf- bzw. Vereinsleben beteilige anderweitig intensive
persönliche Beziehungen unterhalte. Zum Nachweis des Lebensmittelpunktes genüge es nicht, dass am Wochenendort eine Wohnung zur Verfügung stehe, in der sich die Beschwerdeführerin regelmässig aufhalte. Beziehungen Kontakte, welche über das an einem Feriendomizil übliche Mass hinausgingen, würden von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Sie habe im Jahr 2010 ihren Arbeitsort von C. aus erreicht. Ihre persönliche Korrespondenz habe sie sich ebenfalls zu einem erheblichen Teil nach C. zustellen lassen. Hinsichtlich der Beziehung zum Arbeitsort und des Charakters der Wohnung im Tessin als Ferien- und Freizeitdomizil lägen keine wesentlich veränderten Verhältnisse vor. Auch sei nicht zu prüfen, wie es sich bei einem Wohnungswechsel nach E. in den nahe gelegenen Kanton Thurgau verhalten hätte. Unter objektiver Würdigung aller Umstände stehe fest, dass sich der Lebensmittelpunkt und damit der steuerrechtliche Wohnsitz der Beschwerdeführerin für das Jahr 2010 in der politischen Gemeinde C. befunden habe (act. G 2 S. 10f).
Die Beschwerdeführerin lässt in diesem Verfahren unter anderem einwenden, sie sei über 60 Jahre alt und stehe kurz vor der Pensionierung. Ihrer Arbeit komme deshalb nicht (mehr) die Bedeutung eines auf Dauer gerichteten Zwecks zu. Es liege mithin ein aussergewöhnlicher Fall vor. Auch aufgrund der angestrebten Arbeitsstelle im Tessin (vgl. act. G 7/5/6) sei der Arbeitsort St. Gallen nur mehr eine temporäre Erscheinung. Die Beschwerdeführerin beteilige sich weder am einen noch am anderen Aufenthaltsort am gesellschaftlichen Leben, so dass sich hieraus für die Frage der Steuerpflicht nichts ableiten lasse (act. G 1 S. 5f). Die Beschwerdeführerin und ihr Lebenspartner hätten die 4 ½-Zimmer-Eigentumswohnung in A. verkauft, wo sie zuvor gelebt hätten. Als Ersatz dafür hätten sie die Wohnung in B. gekauft. Mit dem Bezug dieser luxuriösen Wohnung sei die dauernde Aufenthaltsmöglichkeit gegeben; darin befänden sich die persönlichen Effekten der Beschwerdeführerin und ihres Lebenspartners sowie die Gegenstände, die ihnen etwas bedeuten würden. Angesichts des finanziellen Aufwands für den Erwerb dieser Wohnung und der finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerin handle es sich offensichtlich nicht um eine Ferienwohnung (act. G 1 S. 9f). Die Absicht des dauernden Verbleibens in B. manifestiere sich vor dem Hintergrund, dass die 62 Jahre alte Beschwerdeführerin ihren Lebensabend im Tessin verbringen wolle. Sie und ihr Lebenspartner verbrächten dort jede freie Minute und hätten auch Kontakte knüpfen und einen Freundes- und Bekanntenkreis aufbauen können. In C. halte sie sich nur arbeitsbedingt zum Schlafen und zum Essen auf in einer nur mit dem Nötigsten
ausgestatteten dürftigen kleinen Behausung (act. G 1 S. 10 und 12). Der Beschwerdegegner hält diesbezüglich in seiner Vernehmlassung unter anderem fest, dass das Herunterspielen der Bedeutung des Arbeitsortes St. Gallen ("nur temporäre Erscheinung") steuerrechtlich unbeachtlich sei. Es genüge beim Kriterium der Absicht dauernden Verbleibens, den Ort (hier: C. SG) bis auf weiteres zum Mittelpunkt der Lebensverhältnisse zu machen und ihm dadurch eine gewisse Stabilität zu verleihen, selbst wenn mit der Möglichkeit des Wechsels aus bestimmten Gründen zu rechnen sei sogar feststehe, dass der Aufenthalt nach einiger Zeit aufhöre (act. G 9 S. 2).
Hinsichtlich des für die Wohnsitzbestimmung massgebenden Mittelpunktes der Lebensinteressen kommt es auf die gefühlsmässige Bevorzugung eines Ortes nicht an; der steuerrechtliche Wohnsitz ist insoweit nicht frei wählbar. Dem polizeilichen Domizil, wo die Schriften hinterlegt sind wo die politischen Rechte ausgeübt werden, kommt ebenfalls keine entscheidende Bedeutung zu; das sind bloss äussere Merkmale, die ein Indiz für den steuerrechtlichen Wohnsitz bilden können, wenn auch das übrige Verhalten der Person dafür spricht (vgl. BGer 2C_175/2008 vom 22. August 2008 E. 3.1). Hält sich eine Person abwechselnd an zwei Orten in der Schweiz auf, ist für die Ermittlung des Steuerwohnsitzes darauf abzustellen, zu welchem sie stärkere Beziehungen unterhält (vgl. BGE 125 I 54, 132 I 29 E. 4.2; BGer 2C_26/2012 E. 3.1). Bei Unselbständigerwerbenden ist der Lebensmittelpunkt in der Regel jener, von dem aus während der Woche der täglichen Arbeit nachgegangen wird, ist doch der Zweck des Lebensunterhaltes dauernder Natur (zum Ganzen statt vieler BGer 2C_178/2011 vom
2. November 2011 E. 2.2). Hinsichtlich der Beweisführung ist zu beachten, dass der Umstand, dass ein unverheirateter Steuerpflichtiger vom Ort aus, an welchem er sich während der Woche aufhält, einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, eine natürliche Vermutung begründet, dass er dort seinen Lebensmittelpunkt und mithin sein Hauptsteuerdomizil hat. Diese Vermutung lässt sich entkräften, wenn er sich regelmässig an einem Ort aufhält, mit welchem er aus bestimmten (vorab familiären) Gründen besonders eng verbunden ist, und wo er persönliche und gesellschaftliche Beziehungen pflegt. Gelingt dem Steuerpflichtigen der Nachweis solcher Beziehungen am betreffenden Ort, obliegt es dem Kanton des Wochenaufenthalts- Arbeitsorts nachzuweisen, dass der Betreffende gewichtige wirtschaftliche und allenfalls persönliche Beziehungen zu diesem Ort unterhält. Dies entbindet den Steuerpflichtigen aber nicht von der üblichen Mitwirkungs- und Auskunftserteilungspflicht bezüglich der
für die Besteuerung massgebenden Umstände (zum Ganzen BGer 2C_178/2011 vom
2. November 2011 E. 2.3; VerwG B 2012/25 vom 13. November 2012, E. 2.2).
2.4.1. Fest steht, dass die Beschwerdeführerin während acht Jahren steuerrechtlichen Wohnsitz in A. gehabt hatte, als sie sich dort per 31. März 2009 abmeldete und in B. TI anmeldete. Gleichzeitig meldete sie sich als Wochenaufenthalterin in der ca. 5 km entfernten Gemeinde C. an, wo sie zusammen mit ihrem Lebenspartner auf den 1. April 2009 eine 2½-Zimmer-wohnung mietete und kurze Zeit danach (am 23. Juli 2009) in B. TI eine damals noch im Bau befindliche Eigentumswohnung erwarb (act. G 7/5/11). Bereits seit dem 1. Dezember 2007 hatte sie in D. TI eine möblierte Wohnung gemietet. Per 23. November 2009 meldete sie sich von C. (offenbar bezüglich des Wochenaufenthalts) nach D. ab (vgl. act. G 7/9 II/4). Im Vergleich zur Situation, wie sie dem verwaltungsgerichtlichen Urteil vom 7. Dezember 2011 (B 2011/108) zugrunde lag, ergab sich insofern eine tatsächliche Veränderung der Verhältnisse, als die Beschwerdeführerin die im Jahr 2009 erworbene Wohnung im Verlauf des Jahres 2010 zusammen mit ihrem Lebenspartner bezog. Die Besteuerung für das Jahr 2010 erfolgte durch die Gemeinde B. (vgl. act. G 7/9 II/24, G 7/9 IV/2, G 7/13). Damit stellt sich die Frage, ob aufgrund der von 2001 bis 2009 entstandenen örtlichen Bindungen davon ausgegangen werden konnte, dass der Lebensmittelpunkt sich auch noch im Jahr 2010 in dieser Region des Kantons St. Gallen befand.
2.4.2 Bei der geschilderten Ausgangslage ergibt sich eine natürliche Vermutung, dass sich der Lebensmittelpunkt der Beschwerdeführerin, welche in der Steuerperiode 2010 eine unbestritten vollzeitliche Tätigkeit als Leiterin der Filiale St. Gallen der Q. AG ausübte (vgl. Lohnausweis in act. G 7/9 IV/2), im Kanton St. Gallen befand, zumal sie dieser Tätigkeit von ihrer zusammen mit dem Konkubinatspartner bewohnten Wohnung in C. aus nachging. In dieser Situation liegt die Beweislast hinsichtlich einer Verlegung des Lebensmittelpunktes in den Kanton Tessin bei der Beschwerdeführerin. Die Abmeldung aus dem Kanton St. Gallen stellt dabei lediglich ein (für sich allein nicht ausreichend beweiskräftiges) Indiz für eine Wohnsitzverlegung dar (vgl. vorstehende E. 2.4). Zu klären ist anhand der konkreten Umstände, welche tatsächlichen Beziehungen zu den beiden Aufenthaltsorten bestanden bzw. ob Anhaltspunkte bezüglich des Wochenendwohnorts in einer Weise nachgewiesen werden, die so gewichtig und
überzeugend sind, dass sie geeignet sind, die Domizilvermutung zu entkräften (zum
Ganzen BGer 2C_397/2010 vom 6. Dezember 2010 E. 2.4.2 mit weiteren Hinweisen).
Die von der Beschwerdeführerin ins Recht gelegten Abrechnungen und Auszüge (Einkäufe Migros und Coop, Hotel- und Restaurantrechnungen) belegen für die Steuerperiode 2010 rund 20 Aufenthaltstage überwiegend Ende September, Ende Oktober und Mitte Dezember im Tessin (vgl. act. G 7/9 VI/8). Damit ist lediglich erstellt, dass sich die Beschwerdeführerin während eines kleineren Teils des Jahres 2010 im Tessin aufhielt. Diese Aufenthalte fanden im Wesentlichen während der Ferien und an Wochenenden statt, zumal der Arbeitsort der Beschwerdeführerin in St. Gallen von B. aus nicht innert nützlicher Frist zu erreichen gewesen wäre und damit im Jahr 2010 - wie auch bei unveränderten beruflichen Verhältnissen im 2011 (vgl. Lohnausweis für 2011 in act. G 7/9 V) - ein selbst nur gelegentliches ausnahmsweises "Pendeln" zwischen B. und St. Gallen ausser Betracht fiel. Sodann erlaubt die Tatsache, dass die Wohnung im Tessin grösser und luxuriöser als die Mietwohnung in C. ist, als solche nicht den Schluss, dass der Bezug zum Tessiner Aufenthaltsort im Jahr 2010 stärker war als derjenige zum St. Galler Arbeits- und Aufenthaltsort (vgl. dazu Pra 87/1998 Nr. 4, S. 25f.). Unbestritten ist zwar, dass die Beschwerdeführerin einen erheblichen Teil ihrer Freizeit in B. verbrachte und sich hier zuhause fühlt. Jedoch vermag die vereinzelte Inanspruchnahme von lokalen Einrichtungen eine besonders enge Verbindung zu diesem Ort nicht darzulegen. Zureichende Anhaltspunkte für den Umstoss der erwähnten Domizilvermutung lassen sich aus dem geschilderten Sachverhalt jedenfalls nicht ableiten. Vielmehr deuten die Umstände - bezogen auf die Jahre 2010 und 2011 - insgesamt auf eine Ferien- und Wochenenddestination im Tessin hin. Die von der Beschwerdeführerin eingereichten Bestätigungen des Hauswarts, eines Nachbarn und des Liegenschaftsverwalters (act. G 7/5/3 bis G 7/5/5) vermögen - soweit sie sich überhaupt auf den streitigen Zeitraum beziehen - nichts anderes zu belegen. In dieselbe Richtung weist auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin sich in den Jahren 2010 und 2011 einen erheblichen Teil der Korrespondenz (Krankenkasse, Steuerunterlagen betreffend den Kanton Tessin, Lohnausweise, Bankauszüge; act. G 7/9 IV/2, V/1 und VI/8) nach C. zustellen liess. Der von der Vorinstanz aus dieser Aktenlage gezogene Schluss, die Beschwerdeführerin habe in C. auch die administrativen Arbeiten erledigt (act. G 2 S. 10), lässt sich damit nicht ohne Weiteres von der Hand weisen, auch wenn die Beschwerdeführerin dies
bestreiten lässt (act. G 1 S. 9). Sie lässt jedoch immerhin ausführen, dass sie zeitnah über gewisse administrative Belange orientiert sein müsse, was nur möglich sei, wenn gewisse Korrespondenz nach C. gesandt werde (act. G 1 S. 8).
Die Feststellung des massgebenden Sachverhalts und die Abnahme der Beweise obliegt der kantonalen Steuerbehörde (vgl. Art. 166 und 176 StG). Der Zeugenbeweis ist im st. gallischen Steuerrecht nicht vorgesehen (GVP 1993 Nr. 19; VerwGE B 2011/243 vom 15. Oktober 2012, E. 2.1.1, in: www.gerichte.sg.ch). Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, dass selbst bei Fehlen einer Zeugnispflicht im Steuerverfahren die zuständige Behörde gleichwohl gehalten sei, zur Abklärung des Sachverhalts von Amtes wegen Dritte zu befragen (act. G 1 S. 7). Die vom Steuerpflichtigen angebotenen Beweise müssten nach Art. 41 Abs. 2 StHG in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 StHG abgenommen werden, soweit sie geeignet seien, die für die Veranlagung erheblichen Tatsachen festzustellen. Die Kantone seien zur Abnahme der angebotenen Beweise somit ohne Einschränkung verpflichtet. Wenn die Vorinstanz die eingereichten Bestätigungen als "nicht spezifisch" "nicht eindeutig" erachte, sei sie gehalten, weitere Abklärungen zu treffen. Dies sei unterblieben (act. G 1
S. 6). Dazu ist festzuhalten, dass das Recht auf Beweisabnahme insofern nicht unbeschränkt ist, als sich die offerierten Beweismittel nicht nur auf rechtserhebliche Tatsachen beziehen, sondern auch geeignet sein müssen, das Vorhandensein dieser Tatsachen zu beweisen. Auf die Abnahme der offerierten Beweismittel kann unter anderem dann verzichtet werden, wenn zum Voraus gewiss ist (antizipierte Beweiswürdigung), dass das offerierte Beweismittel nicht beweistauglich ist (Richner/ Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Auflage, N 4, 5 und 8 zu Art. 115 DBG). Eine Befragung der Kinder und der Schwester der Beschwerdeführerin (act. G 1
S. 10f), inwiefern die familiären Kontakte von B. aus gepflegt würden und ob sich die Beschwerdeführerin dort während ihrer ganzen Freizeit aufhalte, vermöchte insofern keine bisher nicht bekannten Umstände zu belegen, als für das Jahr 2010 die massgebenden Umstände betreffend Freizeitgestaltung der Beschwerdeführerin bereits zu Tage liegen und soweit unbestritten geblieben sind (vorstehende E. 2.4.3.). Dies gilt auch hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin angeführten persönlichen Kontakte zu den Nachbarn in der Überbauung im Tessin (vgl. act. G 1 S. 6).
Sodann vermag der Einwand der Arbeitssuche im Tessin (act. G 1 S. 12) an den tatsächlichen erwerblichen Umständen im streitigen Zeitraum nichts zu ändern (vgl. BGer 2C_178/2011 vom 2. November 2011 E. 3.4 erster Absatz am Schluss): Aus den Schreiben vom 16. September 2009 und 18. August 2012, worin Gespräche mit der Beschwerdeführerin betreffend eine künftig allenfalls mögliche Arbeitstätigkeit/ Zusammenarbeit im Tessin bestätigt werden (act. G 7/5/6, 7/5/7), können für die Steuerperiode 2010 keine verwertbaren Rückschlüsse gezogen werden. Was das Vorbringen betrifft, dass die Beschwerdeführerin 62 Jahre alt, kurz vor der Pensionierung stehe und ihren Lebensabend im Tessin verbringen wolle (act. G 1 S. 10), ist festzuhalten, dass es konkret einzig um die Steuerpflicht im Jahr 2010 geht. In diesem Jahr war die Beschwerdeführerin 59 Jahre alt, so dass noch einige Jahre Berufstätigkeit vor ihr lagen. Nicht konkretisierte Absichten, die Erwerbstätigkeit in den Tessin verlegen zu wollen, stellen für die vorliegend streitige Frage keinen zureichenden Anknüpfungspunkt dar. Im Jahr 2010 stand denn auch keine andere Erwerbstätigkeit konkret zur Diskussion als die von der Beschwerdeführerin in St. Gallen effektiv ausgeübte Tätigkeit. In diesem Zusammenhang erscheint auch erwähnenswert, dass sie diese Tätigkeit auch im Folgejahr (2011) nach wie vor unverändert ausübte (vgl. Lohnausweis vom 11. Januar 2012 in act. G 7/9 V).
3. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen lässt sich die Schlussfolgerung im vorinstanzlichen Entscheid, dass sich der steuerliche Wohnsitz der Beschwerdeführerin im Jahr 2010 unverändert im Kanton St. Gallen, konkret in C., befunden habe, nicht beanstanden. Folglich ist die Beschwerde abzuweisen. Mit der Vorinstanz ist im Übrigen hinsichtlich der in Rechtskraft erwachsenen Tessiner Steuerveranlagung 2010 festzuhalten, dass eine allfällige Doppelbesteuerung vor Bundesgericht gerügt und die Aufhebung der Veranlagung verlangt werden kann (BGer 2C_26/2012 vom 8. Mai 2012, E. 1.2).
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von Fr. 1'500.-- erscheint angemessen (Art. 7 Ziff. 222 Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12); sie wird mit dem Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet. Ausseramtliche Kosten sind nicht zu entschädigen. Die Beschwerdeführerin ist unterlegen (Art. 98bis VRP), und der Beschwerdegegner hat
keinen Anspruch auf Kostenersatz (vgl. R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, Diss. St. Gallen 2004, S. 176).
Demnach hat das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt:
./ Die Beschwerde wird abgewiesen.
./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 1'500.-- bezahlt die
Beschwerdeführerin. Der in gleicher Höhe geleistete Kostenvorschuss wird verrechnet.
./ Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.
V. R. W.
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: lic. iur. Beda Eugster Dr. Walter Schmid
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