Zusammenfassung des Urteils B 2012/268: Verwaltungsgericht
X.Z. und Y.Z., ein verheiratetes Paar, haben gegen das Kantonale Steueramt geklagt, da dieses die Kapitalleistung des Arbeitgebers nicht als Vorsorgeleistung, sondern als Einkommen besteuerte. X.Z. hat vorzeitig pensioniert und eine Kapitalleistung von Fr. 246'746 erhalten, die er innerhalb von drei Jahren aus der Vorsorge entnommen hat. Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Kapitalleistung des Arbeitgebers tatsächlich Vorsorgecharakter hatte und daher privilegiert besteuert werden sollte. Der Richter, lic. iur. A. Linder, hat entschieden, dass die Beschwerde gutgeheissen wird und der Fall zur Neuveranlagung zurück an den Beschwerdegegner geht.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | B 2012/268 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 03.12.2013 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Urteil Steuerrecht, Art. 52 Abs. 1 StG (sGS 811.1).Eine gleichartige Kapitalabfindung des Arbeitgebers kann auch dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber die Kapitalleistung in die Vorsorgeeinrichtung des Arbeitnehmers einbezahlt und dieser sie bei Eintritt des Vorsorgefalles (hier: |
Schlagwörter: | Vorsorge; Steuer; Arbeitgeber; Kapitalleistung; Einkommen; Alter; Besteuerung; Leistung; Arbeitgebers; Vorsorgeeinrichtung; Pensionierung; Kapitalabfindung; Entscheid; Kapitalleistungen; Arbeitgeberin; Vorsorgecharakter; Quot; Vorinstanz; Recht; Pflichtige; Vorsorgelücke; Pensionskasse; Einkauf; Beschwerdegegner; Steueramt; Einkünfte; Kantonale; Leistungen; Erwägung |
Rechtsnorm: | Art. 22 DBG ;Art. 38 DBG ;Art. 52 DBG ;Art. 79b BV ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Kaufmann, Richner, Frei, Hand zum DBG, Art. 38 DBG, 2009 |
B 2012/268).Urteil vom 3. Dezember 2013 Anwesend: Vizepräsident lic. iur.
A. Linder; Verwaltungsrichter Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener, Dr. S. Bietenharder-Künzle; Ersatzrichter Dr. W. Engeler; Gerichtsschreiber S. Wehrle, M.A. HSG In SachenX.Z. und Y.Z.,Beschwerdeführer,vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur. Roman Schmidlin, Hanfländerstrasse 67, Postfach 1539, 8640 Rapperswil SG,gegenVerwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen,Vorinstanz,undKantonales Steueramt,
Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen,Beschwerdegegner,betreffendKantons- und Gemeindesteuern (Einkommen und Vermögen 2010)hat das Verwaltungsgericht festgestellt:
./ X.Z. und Y.Z. sind verheiratet und wohnen in Q. X.Z. (geb. 1950) arbeitete bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung am 30. Juni 2010 bei der S.R. AG und war bei deren Pensionskasse versichert. Zum Ausgleich der durch die vorzeitige Pensionierung bewirkten Kürzung der Altersleistungen leistete die S.R. AG am 1. Juli 2010 eine Einlage in die Pensionskasse von Fr. 246'746.--. Dieser Betrag ist als "Beitrag SR an
vorzeitige Pensionierung" im Bruttolohn von Fr. 512'021.-- gemäss Lohnausweis 2010
inbegriffen.
X.Z. machte von seinem Wahlrecht gemäss Pensionskassenreglement Gebrauch und bezog am 23. Juli 2010 Alterskapitalien aus dem Pensionsplan von Fr. 608'711.-- und aus dem Kapitalplan von Fr. 114'110.--, insgesamt somit Fr. 722'821.--. Seit dem
1. Juli 2010 erhält er aus dem Pensionsplan eine jährliche Altersrente von Fr. 108'840.-- sowie eine Ergänzungspension bis Beginn der AHV-Leistungen von Fr. 27'360.--.
In der Steuererklärung 2010 deklarierte X.Z. Einkünfte von Fr. 576'803.--. Davon zog er
u.a. unter dem Titel "Beiträge berufl. Vorsorge inkl. Einkaufsbeiträge" Fr. 246'746.-- ab. Sein steuerbares Einkommen bezifferte er schliesslich mit Fr. 275'747.--.
Das Kantonale Steueramt liess den Abzug in der Veranlagungsverfügung vom
3. Januar 2012 nicht zu und brachte die Kapitalleistung der Arbeitgeberin zusammen mit dem übrigen Einkommen der Pflichtigen zum Normalsatz zur Veranlagung. Das steuerbare Einkommen wurde auf Fr. 522'400.--, das steuerbare Vermögen auf
Fr. 1'021'000.-- festgesetzt. Zur Begründung führte das Kantonale Steueramt an, die aus Einkäufen in die Vorsorge resultierenden Leistungen dürften nicht innerhalb der nächsten drei Jahre in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden. Dies gelte unabhängig von der Höhe des Bezuges. Durch seinen Kapitalbezug habe der Pflichtige die Dreijahresfrist verletzt. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Einkaufszahlung im Rahmen einer Pensionierung erfolgt sei.
In ihrer Einsprache vom 16. Januar 2012 stellten sich X.Z. und Y.Z. auf den Standpunkt, die von der Arbeitgeberin erbrachte Leistung müsse steuerlich als Vorsorgeleistung und nicht als Lohn behandelt werden. Der Betrag decke eine durch vorzeitige Pensionierung entstandene Vorsorgelücke zu 75% ab und stelle demnach
eine Abgangsentschädigung mit Vorsorgecharakter dar. Das Kantonale Steueramt wies die Einsprache mit Entscheid vom 9. Februar 2012 ab. Es hielt unter anderem fest, ein vollzogener Einkauf in die Vorsorgeeinrichtung - wie er hier bescheinigt und teilweise auch für die Rentenbemessung von Belang gewesen sei - könne weder von der versicherten Person noch von der Veranlagungsbehörde in eine (direkt dem Arbeitnehmer zugeflossene) Abfindung umqualifiziert werden.
B./ Gegen den Einspracheentscheid erhoben X.Z. und Y.Z. mit Eingabe vom 6. März 2012 Rekurs bei der Verwaltungsrekurskommission, wobei sie unter anderem beantragten, der Einspracheentscheid vom 9. Februar 2012 sei aufzuheben und das steuerbare Einkommen für die Staats- und Gemeindesteuern 2010 sei auf
Fr. 275'654.-- festzusetzen. Die Rekursinstanz wies das Rechtsmittel mit Entscheid vom 13. November 2012 ab, soweit sie darauf eintrat.
C./ Dagegen erhoben X.Z. und Y.Z. (nachfolgend Beschwerdeführer) mit Eingabe vom
12. Dezember 2012 Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit den Anträgen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das steuerbare Einkommen für die Kantons- und Gemeindesteuern 2010 sei auf Fr. 275'654.-- festzusetzen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
Die Verwaltungsrekurskommission (nachfolgend Vorinstanz) liess sich am 11. Januar 2013 vernehmen. Sie beantragt die Abweisung der Beschwerde unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid. Das Kantonale Steueramt (nachfolgend Beschwerdegegner) verzichtete am 4. Februar 2013 auf eine Stellungnahme in inhaltlicher Hinsicht und beantragte ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Auf die Begründungen der Beschwerdeführer und die Ausführungen des vorinstanzlichen Entscheids wird - soweit erforderlich - in den folgenden Erwägungen eingegangen.
Darüber wird in Erwägung gezogen:
1. (…).
Materiell ist die steuerliche Behandlung der Kapitalleistung der ehemaligen Arbeitgeberin von Fr. 246'746.-- streitig. Der Beschwerdegegner hat den Pflichtigen den Abzug vom steuerbaren Einkommen gestützt auf Art. 79b Abs. 3 des Bundesgesetzes über die berufliche Vorsorge (SR 831.40, abgekürzt: BVG) verweigert
und die Leistung zusammen mit dem übrigen Einkommen zum Normalsatz erfasst. Dies hat die Vorinstanz bestätigt. Die Beschwerdeführer machen geltend, die Zahlung habe Vorsorgecharakter und sei gemäss Art. 52 Abs. 1 StG getrennt vom übrigen
Einkommen - also im Rahmen einer Sonderveranlagung - zum Vorsorgesatz zu besteuern.
Seitens der Beschwerdeführer wird zu Recht nicht mehr beantragt, die Kapitalleistung sei vom Einkommen abzuziehen und zusammen mit dem (übrigen) Kapitalbezug aus der Vorsorgeeinrichtung privilegiert zu besteuern. Art. 79b Abs. 3 BVG hält unter anderem fest, dass die aus Einkäufen in eine Vorsorgeeinrichtung resultierenden Leistungen nicht innerhalb der auf den Einkauf folgenden drei Jahre in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden dürfen. Das Bundesgericht verneint deshalb die Abzugsberechtigung einer Einzahlung immer dann, wenn innerhalb der Sperrfrist von drei Jahren nach einem Einkauf ein Kapitalbezug erfolgt ist, und zwar unabhängig von dessen Höhe. Es setzt eine Kapitalauszahlung in der Dreijahresfrist konsequent und grundsätzlich ausnahmslos mit einer missbräuchlichen Steuerminimierung gleich (vgl. z.B. BGer 2C_658/2009 vom 12. März 2010 E. 3.3.2).
Indem die Arbeitgeberin der Pensionskasse des Pflichtigen am 1. Juli 2010
Fr. 246'746.-- überwies und dieser von seinem Vorsorgeguthaben am 23. Juli 2010 Fr. 722'821.-- in Kapitalform bezog, hat er die dreijährige Sperrfrist verletzt. Hierzu kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. Erw. 4 des angefochtenen Entscheids mit Hinweisen).
Die Grundlage der von den Beschwerdeführern geltend gemachten privilegierten Besteuerung der Kapitalleistung findet sich in Art. 52 Abs. 1 StG (zum Folgenden vgl. VerwGE B 2012/198 vom 27. August 2013, abrufbar unter www.gerichte.sg.ch). Gemäss dieser Bestimmung werden Kapitalleistungen nach Art. 35 dieses Erlasses, gleichartige Kapitalabfindungen des Arbeitgebers sowie Zahlungen bei Tod und für bleibende körperliche gesundheitliche Nachteile nach Art. 36 Bst. b dieses Erlasses gesondert besteuert; sie unterliegen einer vollen Jahressteuer (Abs. 1). Die einfache Steuer beträgt für Kapitalleistungen bis Fr. 50'000.-- 1.5 Prozent für gemeinsam steuerpflichtige Ehegatten; sie erhöht sich auf der gesamten Kapitalleistung um 0.1 Prozent je weitere Fr. 50'000.-- bis höchstens 4 Prozent (Abs. 2). Der Anspruch auf die Jahressteuer entsteht im Zeitpunkt, in dem die Leistung zufliesst (Abs. 5).
Die im Vergleich zur ordentlichen Besteuerung gewährte Privilegierung der nach Art. 52 StG steuerbaren Kapitalleistungen aus Vorsorge ist eine Doppelte: Zum Einen wird durch deren vom übrigen Einkommen getrennte Besteuerung die Progression gebrochen; zum Anderen erfolgt die Besteuerung zu einem besonderen (mithin tiefen) Satz. Dies führt zu einer sehr milden Besteuerung (vgl. I. Baumgartner, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. Auflage, Basel 2008, N 2 zu Art. 38 DBG).
Der Normzweck von Art. 52 StG liegt darin, die Progressionswirkungen gewisser Zuflüsse in Kapitalform gegenüber den periodischen Rentenzahlungen zu mildern. Der ordentliche Einkommenssteuertarif mit seiner progressiven Ausgestaltung ist nämlich auf regelmässig zufliessende Einkünfte zugeschnitten. Dies führt zu Verzerrungen, wenn in einem Jahr auch noch aperiodische Einkünfte zufliessen, denn deren Zusammenrechnung mit dem übrigen Einkommen hat zur Folge, dass ein hoher (beziehungsweise überhöhter) Steuersatz auf das Gesamteinkommen zur Anwendung kommt. Genau dies will Art. 52 StG jedenfalls bei bestimmten aperiodischen Einkünften verhindern. Insoweit will die Vorschrift die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sicherstellen (I. Baumgartner, a.a.O., N 1 zu Art. 38 DBG; Richner/ Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl., Zürich 2009, N 2 zu Art. 38).
Abgesehen von diesen steuerlichen Überlegungen gründet aber die doppelte Privilegierung und die damit einhergehende milde Besteuerung der Kapitalleistungen aus Vorsorge auf sozialpolitischen Motiven. So hat der Bundesrat für das Recht der direkten Bundessteuer die starke Entlastung der Kapitalleistungen aus Vorsorge mit deren Zweck sowie der Milderung von Härten begründet (BBl 1983 III 177); der entsprechende Zweck liegt im Ausgleich der wirtschaftlichen Folgen von Alter schweren Schicksalen wie Invalidität, Unfall Krankheit (vgl. auch I. Baumgartner, a.a.O., N 2 zu Art. 38 DBG; G. Laffely Maillard, in: Commentaire romand, Impôt fédéral direct, Basel 2008, N 1 zu Art. 38).
Durch den Verweis von Art. 52 Abs. 1 auf Art. 35 StG fallen unter den Begriff der Kapitalleistungen aus Vorsorge zunächst einmal Kapitalzahlungen der 1. Säule, der 2. Säule und der Säule 3a (statt vieler: Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 8 zu Art.
38). Nach dem Gesetzeswortlaut kommen zudem «gleichartige Kapitalabfindungen des Arbeitgebers» in den Genuss einer privilegierten Besteuerung. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, definiert das kantonale Steuergesetz nicht. Auch dem Steuerharmonisierungsgesetz (SR 642.14, abgekürzt StHG) lässt sich hierzu nichts entnehmen. Zwar sieht Art. 11 Abs. 3 StHG für gewisse Kapitalleistungen eine getrennte Besteuerung vor. Kapitalleistungen seitens des Arbeitgebers werden indessen nicht genannt. Immerhin lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift auch nicht entnehmen, dass es sich um eine abschliessende Ordnung handeln soll. Entsprechend steht es den Kantonen frei, weitere (in Art. 11 Abs. 3 StHG nicht genannte)
aperiodische Zuflüsse einer gesonderten Besteuerung zu unterwerfen – umso mehr, als es ohnehin um eine Frage der Tarifierung geht, welche gemäss Art. 1 Abs. 3 StHG im kantonalen Hoheitsbereich liegt (vgl. dazu M. Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. Auflage, Basel 2002, N 39 f. zu Art. 11 StHG).
Obschon die Kantone somit über einen Gestaltungsspielraum verfügen, bestimmte (aperiodische) Einkünfte der getrennten Besteuerung zu unterwerfen, lehnt sich die Bestimmung von Art. 52 Abs. 1 StG an die Regelung von Art. 17 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 38 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (SR 642.11, abgekürzt DBG) an. Mit Blick auf die vertikale Steuerharmonisierung drängt sich deshalb auf, den Begriff der «gleichartigen Kapitalabfindungen» analog dem Recht der direkten Bundessteuer auszulegen. Dabei besteht dahingehend Einigkeit, dass darunter jedenfalls nur solche Zahlungen des Arbeitgebers fallen, die – wie Leistungen gemäss Art. 35 StG beziehungsweise Art. 22 DBG – Vorsorgecharakter haben. Sie müssen somit objektiv dazu dienen, die durch Alter, Invalidität Tod des Arbeitnehmers verursachte wahrscheinliche Beschränkung der gewohnten Lebenshaltung zu mildern, und überdies bei nämlichen Gelegenheiten ausgerichtet werden wie die entsprechenden Leistungen, also bei Eintritt eines Vorsorgefalls (Alter, Invalidität Tod), aber auch bei vorzeitiger Auflösung des Vorsorgeverhältnisses (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 9 und 13 zu Art. 38; Maute/Steiner/Rufener/ Lang, Steuern und Versicherungen, 3. Auflage, Muri/Bern 2011, S. 200; Steuerrekurskommission I ZH vom 24. November 1998, in: ZStP 1999, S. 348 ff., S. 349 ff.; implizit auch BGer 2C_538/2009 vom 19. August 2010).
Davon abgesehen gehen jedoch die Meinungen über die Bedeutung des Begriffs der «gleichartigen Kapitalabfindung» auseinander. Gemäss Kreisschreiben Nr. 1 der Eidgenössischen Steuerverwaltung über die Abgangsentschädigung resp. Kapitalabfindung des Arbeitgebers vom 3. Oktober 2002 müssen die folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sein, damit einer vom (ehemaligen) Arbeitgeber ausgerichteten Kapitalabfindung Vorsorgecharakter zukommt: Die steuerpflichtige Person muss bei Verlassen des Unternehmens das 55. Altersjahr überschritten haben, sie muss überdies ihre (Haupt-)Erwerbstätigkeit aufgeben, und durch ihren Austritt aus dem Unternehmen und dessen Vorsorgeeinrichtung muss eine Vorsorgelücke entstehen (Ziff. 3.2). Dieses Kreisschreiben wird vom Beschwerdegegner zur Auslegung von Art. 52 StG als massgeblich erachtet (StB 52 Nr. 1, Ziff. 1.1).
Dem Abstellen auf solch starre Regeln ist in der Lehre Kritik erwachsen (vgl. namentlich von Streng/Vuilleumier, Steuerrechtliche Behandlung von Abgangsentschädigungen und anderen Kapitalabfindungen des Arbeitgebers, in: FSTR 2003, S. 34 ff.). Auch das Bundesgericht erwog in einem neueren Entscheid, das Kreisschreiben stelle nur eine Verwaltungsrichtlinie dar, die nicht wortgetreu umzusetzen sei; sie entbinde die zuständige Behörde nicht von der Beurteilung der Umstände des Einzelfalls (BGer 2C_538/2009 vom 19. August 2010 E. 4.4). Umgekehrt hielt das höchste Gericht aber trotz der in der Literatur geäusserten Kritik an einem Entscheid vom 6. März 2001 (2A. 50/2000) daran fest, dass eine privilegierte Besteuerung von Kapitalzahlungen des Arbeitsgebers nur in Betracht komme, wenn sie einen engen Zusammenhang mit der beruflichen Vorsorge aufweisen («un lien étroit avec la prévoyance professionnelle»; BGer, a.a.O., E. 4.1 und E. 4.5).
Für das vom Bundesgericht vertretene, restriktive Begriffsverständnis der gleichartigen Kapitalabfindung spricht, dass das Einkommenssteuerrecht grundsätzlich nicht geeignet ist und somit auch nicht dazu dienen soll, ausserfiskalische – also beispielsweise sozialpolitische - Zielsetzungen zu verfolgen (vgl. auch BGer 2C_63/2010 vom 6. Juli 2010 E. 2.3; 2C_727/2012 vom 18. Dezember 2012 E. 2.2.4).
Selbst wenn aber von einer extensiveren Auslegung auszugehen wäre, kann eine getrennte Besteuerung nicht schon dann Platz greifen, wenn eine aperiodische Zahlung des Arbeitsgebers dazu beiträgt, einen Vorsorgebedarf des Arbeitnehmers zu decken. Gemäss den Zürcher Steuerjustizbehörden vermag etwa der Umstand allein, dass ein
Einkaufsbedarf vorhanden ist, die getrennte Besteuerung einer vom Arbeitgeber erhaltenen Kapitalleistung nicht zu rechtfertigen (VerwGE ZH SB.2007.00029 vom
6. Juni 2007 E. 2.3; für eine Berücksichtigung nicht nur künftiger, sondern auch vergangener Vorsorgelücken treten hingegen von Streng/Vuilleumier, a.a.O., S. 36, ein); der Vorsorgecharakter der Leistung ist vielmehr nur zu bejahen, wenn sie dazu dient, das bisherige Vorsorgeniveau aufrechtzuerhalten, also die finanziellen Folgen eines künftigen Vorsorgeausfalls abzufedern (Steuerrekurskommission I ZH vom 24. November 1998, in: ZStP 1999, S. 348 ff.; vgl. VerwGE AG WBE.2010.337 vom 1. Juni 2011 E. 4.1).
Genau dies ist hier jedoch der Fall. Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt seiner vorzeitigen Pensionierung 60-jährig und hat seine Erwerbstätigkeit definitiv aufgegeben. Der Vorsorgefall "Alter" trat somit - auf Verlangen seiner Arbeitgeberin - bereits zu diesem Zeitpunkt ein. Der Beschwerdeführer konnte bis zum Zeitpunkt der reglementarisch vorgesehenen Pensionierung mit 63 Jahren kein weiteres Vorsorgekapital mehr äufnen.
Art. 710.2 Ziff. 3 des Pensionskassenreglements lautet wie folgt:
"Erfolgt die Pensionierung vor Erreichen des ordentlichen Rücktrittsalters von 63 Jahren auf Verlangen von S.R., so kann diese nach deren freiem Ermessen mittels einer versicherungstechnisch berechneten Einlage die Differenz zwischen der projizierten Alterspension im Alter 63, basierend auf der durch den Versicherten gewählten Beitragskategorie (Art. 510) und derjenigen beim vorzeitigen Rücktritt, ganz teilweise, ausgleichen."
Die Vorsorgeeinrichtung bezifferte die im Vergleich zur projizierten Alterspension im Alter von 63 Jahren entstehende Vorsorgelücke auf Fr. 328'994.--. Dazu wurde die ermittelte Differenz zwischen der projizierten jährlichen Alterspension per Alter 63 (Fr. 148'860.--) und der jährlichen Alterspension per Alter 60/5 (Fr. 129'252.--) von
Fr. 19'608.-- mit dem für Letztere geltenden Umwandlungssatz von 5.96% multipliziert. Diese Berechnung erscheint richtig und ist im Übrigen unbestritten. In der Auflösungsvereinbarung vom 17. Juni 2009 verpflichtete sich die Arbeitgeberin, diese Lücke mit einer Einlage in die Pensionskasse von Fr. 246'746.-- zu 75% zu schliessen.
Berücksichtigt wurde mithin nur die künftige Vorsorgelücke zwischen dem Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung bis zum Erreichen des ordentlichen Terminalters. Die Lücke wurde anhand des bisher versicherten Verdienstes bemessen. Die Einlage der Arbeitgeberin diente objektiv dazu, dem Empfänger die Fortsetzung seiner gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise sicherzustellen. Damit sind die Voraussetzungen gemäss Kreisschreiben Nr. 1 erfüllt. Der Beschwerdegegner hat dieses wie bereits gesagt auch für die Veranlagung der Kantons- und Gemeindesteuern als massgeblich erklärt (StB 52 Nr. 1, vgl. Erw. 2.2.5.). Entsprechend kommt der Kapitaleinlage der Arbeitgeberin in vollem Umfang Vorsorgecharakter zu; diese ist gemäss Art. 52 StG gesondert und privilegiert zu besteuern.
2.3.2. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz überzeugt nicht. Diese ist davon ausgegangen, bei einem Bezug von Kapitalleistungen vor Ablauf der dreijährigen Sperrfrist liege immer eine Steuerumgehung vor. In diesen Fällen sei der (in die Vorsorgeeinrichtung einbezahlten) Kapitalleistung des Arbeitgebers folgerichtig auch der Vorsorgecharakter abzusprechen.
Durch die Bestimmung von Art. 79b Abs. 3 BVG und der dazu entwickelten Praxis wird lediglich der Abzug einer Kapitalleistung vom Einkommen verwehrt, wenn diese vor Ablauf von drei Jahren der Vorsorgeeinrichtung wieder entnommen wird. Die Kapitalleistung wird in diesen Fällen steuerlich so behandelt, als ob sie nie in die Vorsorgeeinrichtung geflossen wäre. Daraus folgt jedoch nicht, dass die innert Dreijahresfrist der Vorsorgeeinrichtung wieder entnommene Kapitalleistung des Arbeitgebers zwingend zusammen mit dem übrigen Einkommen zum Normalsatz zu besteuern und eine privilegierte Besteuerung ausgeschlossen ist.
Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz hätte zur Folge, dass der Pflichtige, der die Dreijahresfrist verletzt hat, schlechter gestellt wäre als derjenige, dem eine Leistung des Arbeitgebers direkt und nicht durch Einzahlung in die Vorsorgeeinrichtung zugeflossen ist. Der (an strenge Voraussetzungen geknüpfte) Nachweis, dass die Leistung - wie im vorliegenden Fall - Vorsorgecharakter aufweist, würde ihm ohne sachlichen Grund von Vornherein verwehrt. Dies lässt sich mit Blick auf das Rechtsgleichheitsgebot und den sozialpolitischen Charakter von Art. 52 Abs. 1 DBG nicht vertreten.
2.4. (…).
3. (…).
Demnach hat das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt:
./ Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid der Vorinstanz wird aufgehoben und die Sache zur Neuveranlagung im Sinne der Erwägungen an den Beschwerdegegner zurückgewiesen.
./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 2'000.-- trägt der Staat. Der Kostenvorschuss von Fr. 1'250.-- wird den Beschwerdeführern zurückerstattet.
./ Der Staat entschädigt die Beschwerdeführer für die ausseramtlichen Kosten des Rekurs- und des Beschwerdeverfahrens mit Fr. 2'500.-- (inkl. Barauslagen, zzgl. Mehrwertsteuer).
V. R. W.
Der Vizepräsident: Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. Armin Linder S. Wehrle, M.A. HSG
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