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Urteil Verwaltungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:B 2012/254
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2012/254 vom 22.05.2013 (SG)
Datum:22.05.2013
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Urteil Ausländerrecht, Aufenthaltsbewilligung zur Übersiedlung von Rentnerinnen und Rentner, Art. 28 lit. c AuG (SR 142.20).Die notwendigen finanziellen Mittel können auch durch Dritte zur Verfügung gestellt werden, vorausgesetzt die Geldquelle bietet der Seniorin oder dem Senior die erforderliche finanzielle Sicherheit. Dies ist der Fall, wenn der unterstützungswillige Verwandte im Sinne von Art. 328 Abs. 1 ZGB (SR 201) in günstigen Verhältnissen lebt und deshalb verpflichtet ist, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne ihren Beistand in Not geraten würden (Verwaltungsgericht, B 2012/254).Urteil vom 22. Mai 2013Anwesend: Präsident lic. iur. B. Eugster; Verwaltungsrichter
Schlagwörter:
Rechtsnorm: Art. 328 ZGB ; Art. 517 OR ;
Referenz BGE:129 II 17;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener, Dr. S. Bietenharder-Künzle; Ersatzrichterin lic. iur. D. Gmünder Perrig; Gerichtsschreiberin lic. iur. R. Haltinner- Schillig In SachenZ.,Beschwerdeführerin 1,undD.,

20000 Prizren, Kosovo,Beschwerdeführerin 2,beide vertreten durch Rechtsanwältin lic.iur. Stephanie Bialas, Oberer Graben 44, Postfach,

9001 St. Gallen,gegenSicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,Vorinstanz,betreffendAufenthaltsbewilligung im Rahmen der Übersiedlung von D.hat das Verwaltungsgericht festgestellt:

  1. ./ D., geboren im September 1945, Staatsangehörige von Kosovo, heiratete am 17. August 1965 im Herkunftsland T. Aus der Ehe gingen acht Kinder hervor: A., geboren im Juli 1966, Z., geboren im Januar 1968, F., geboren im April 1970, V., geboren im September 1971, H., geboren im September 1975, W., geboren im September 1980, K., geboren im Januar 1982, L., geboren im November 1984. Sie leben alle in der Schweiz. Gemäss eigenen Angaben hat D. nur eine Schwester, die ebenfalls in der Schweiz wohnhaft ist. D. ist seit dem 9. September 2008 verwitwet und lebt in Prizren.

    Am 13.Oktober 2011 reiste D. mit einem Touristenvisum in die Schweiz ein und stellte am 17. Oktober 2011 ein Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei der Tochter Z. und dem Schwiegersohn N. in B. Am 27. Oktober 2011 wies das Migrationsamt das Gesuch um Erlass einer vorsorglichen Massnahme bezüglich des vorübergehenden Aufenthalts D.s während der Dauer des Gesuchsverfahrens ab und wies sie an, die Schweiz bis spätestens 13. Januar 2012 zu verlassen. Am 12. Januar 2012 reiste D. aus der Schweiz aus. Am 9. März 2012 wies das Migrationsamt das Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für D. ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, sie sei nicht in der Lage, für ihren Lebensbedarf in der Schweiz aufzukommen.

  2. ./ Am 26. März 2012 erhoben Z. und D., beide vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Stephanie Bialas, St. Gallen, Rekurs beim Sicherheits- und Justizdepartement. Sei beantragten, die Verfügung des Migrationsamtes vom 9. März 2012 sei aufzuheben und D. sei die Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei der Tochter Z. und dem Schwiegersohn N. zu erteilen. Am 12. November 2012 wies das Sicherheits- und Justizdepartement den Rekurs ab.

  3. ./ Am 27. November 2012 erhoben Z. und D. durch ihre Rechtsvertreterin gegen den Entscheid des Sicherheits- und Justizdepartements vom 12. November 2012 Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Sie beantragten, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben (Ziff. 1), es sei D. die Einreise und die Übersiedlung in die Schweiz zu bewilligen und es sei ihr eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei der Tochter Z. und beim Schwiegersohn N. zu erteilen (Ziff. 2). Eventualiter sei D. die Aufenthaltsbewilligung unter der Auflage zu erteilen, zum Nachweis des Eingangs der Leibrentenzahlungen jährlich Kontoauszüge einzureichen (Ziff. 3), unter Kosten- und Entschädigungsfolgen auch für das Verfahren vor der Vorinstanz (Ziff. 4).

Das Sicherheits- und Justizdepartement verzichtete am 20. Dezember 2012 auf eine

Vernehmlassung und beantragte, die Beschwerde sei unter Kostenfolge abzuweisen.

Darüber wird in Erwägung gezogen:

1. (…).

2. Nach Art. 28 des Bundesgesetzes über Ausländerinnen und Ausländer (SR 142.20, abgekürzt AuG) können Ausländerinnen und Ausländer, die nicht erwerbstätig sind, zugelassen werden, wenn sie: ein vom Bundesrat festgelegtes Mindestalter erreicht haben (lit. a); besondere persönliche Beziehungen zur Schweiz besitzen (lit. b); und über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen (lic. c). Nach Art. 25 Abs. 1 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (SR 142.201, abgekürzt VZAE) beträgt das Mindestalter für die Zulassung von Rentnerinnen und Rentnern 55 Jahre. Besondere persönliche Beziehungen zur Schweiz liegen nach Abs. 2 dieser Vorschrift insbesondere vor, wenn enge Beziehungen zu nahen Verwandten in der Schweiz bestehen (Eltern, Kinder, Enkelkinder oder Geschwister). Im In- oder Ausland darf mit Ausnahme der Verwaltung des eigenen Vermögens keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden (Art. 25 Abs. 3 VZAE).

Art. 28 AuG ist eine "Kann-Bestimmung". Dies bedeutet, dass Ausländerinnen und Ausländer keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung haben, selbst wenn sie die in Art. 28 AuG und Art. 25 VZAE statuierten Voraussetzungen erfüllen bzw. dass den Behörden ein erheblicher Ermessenspielraum zukommt (GVP 2009 Nr. 24 E. 2.1). Sodann bedarf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung der Zustimmung des Bundesamtes für Migration (Art. 85 Abs. 1 lit. a VZAE und Weisung des Bundesamtes für Migration, Verfahren und Zuständigkeiten, Version 01.02.13., Ziff. 1.3.1.2.2, abrufbar unter www.admin.ch).

3. Die Vorinstanz stellt nicht in Frage, dass die Voraussetzungen nach Art. 28 AuG und Art. 25 VZAE insoweit erfüllt sind, als die Beschwerdeführerin 2 das Mindestalter erreicht hat, enge Beziehungen zu ihren Kindern und Enkeln in der Schweiz pflegt und keiner Erwerbstätigkeit nachzugehen gedenkt.

  1. Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin 2 über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt, um ihren Lebensunterhalt in der Schweiz zu finanzieren.

    1. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, bei der Prüfung der Frage, ob die Beschwerdeführerin 2 über die notwendigen finanziellen Mittel verfüge, hätte die Vorinstanz berücksichtigen müssen, dass ihr neben einer Rente von Fr. 470.-- bis

      Fr. 480.-- je Monat Leibrenten in der Höhe von Fr. 1'470.-- zufliessen würden, weshalb

      sie über monatliche Einkünfte in der Höhe von Fr. 1'940.-- bzw. Fr. 1'950.-- verfügen könnte. Sie führen aus, keines der acht Kinder der Beschwerdeführerin 2 sei für sich allein in der Lage, für den finanziellen Unterhalt der Mutter aufzukommen. Aus diesem Grund hätten sich sieben der acht Kinder mittels Leibrentenvertrag verpflichtet, Beiträge von je Fr. 210.-- je Monat an ihre Unterhaltskosten in der Schweiz zu leisten. Die Beschwerdeführerin 1 und sechs andere Kinder der Beschwerdeführerin 2 hätten sich für ein Unterstützungsmodell entschieden, welches der Mutter nicht zu Almosen, sondern zu einem zweiten Renteneinkommen verhelfe.

    2. Ältere ausländische Verwandte hier lebender Personen verfügen dann über die notwendigen finanziellen Mittel im Sinn von Art. 28 lit. c AuG, wenn ihnen diese Mittel mit grosser Sicherheit bis ans Lebensende im erforderlichen Mass zufliessen. Mit dieser Zulassungsvoraussetzung soll das Risiko, dass übersiedelnde Senioren und Seniorinnen in der Schweiz von Sozialhilfe abhängig werden, als vernachlässigbar gering eingestuft werden können (Caroni/Ott, in: Caroni/Gächter/Thurnherr, Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, Bern 2010, N 14 zu Art. 28 AuG mit Hinweisen, VerwGE B 2008/71 vom 17. Juni 2008 E. 3.3., abrufbar unter www.gerichte.sg.ch). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts können die notwendigen finanziellen Mittel auch von Dritten zur Verfügung gestellt werden, vorausgesetzt die Geldquelle bietet dem Senior oder der Seniorin die erforderliche finanzielle Sicherheit (vgl. dazu aber Caroni/Ott, in: a.a.O., N 16 zu Art. 28 AuG, wonach die Praxis dazu in den Kantonen uneinheitlich ist; und Praxisharmonisierung der Vereinigung der Fremdenpolizeichefs Ostschweiz und Fürstentum Lichtenstein, VOF, vom 17. November 2011 Ziff. 2.3.4., abrufbar unter www.vof.ch/neu.php.28, wonach der Rentner oder die Rentnerin selbst über genügend Mittel verfügen muss). Versprechen und schriftliche Garantieerklärungen von Verwandten, für den Lebensunterhalt des Seniors oder der Seniorin aufkommen zu wollen, können die Anforderungen an die Sicherheit in der Regel aber nicht im gleichem Mass gewährleisten wie eigene Mittel (vgl. Bundesamt für Migration, Weisung betreffend Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit, aus wichtigen öffentlichen Interessen und als schwerwiegender persönlicher Härtefall, Version 01.02.13, Ziff. 5.3, abrufbar unter www.admin.ch und VerwGE 2003/210 vom 19. Februar 2004 E. 2 d bb). Das Verwaltungsgericht hat es deshalb als zulässig erachtet, den Nachweis zu verlangen, dass unterstützungswillige Verwandte im Sinn von Art. 328 Abs. 1 des Schweizerischen

      Zivilgesetzbuches (SR 201, abgekürzt ZGB) in günstigen Verhältnissen leben und deshalb verpflichtet sind, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne ihren Beistand in Not geraten würden (VerwGE B 2008/71 vom 17. Juni 2008 E.

      3.3. mit Hinweis auf VerwGE B 2008/9 vom 3. April 2008 mit zahlreichen Hinweisen, abrufbar unter www.gerichte.sg.c h).

        1. Nicht in Frage gestellt wird, dass die Beschwerdeführerin 2 eine Altersrente der Deutschen Rentenversicherung von € 390.70 je Monat bezieht und dass diese bei weitem nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt in der Schweiz zu bestreiten. Die Beschwerdeführerinnen haben deshalb sieben mit "Leibrentenvertrag" bezeichnete Dokumente ins Recht gelegt (act. 91-104 des Migrtionsamtes), mit denen sich jeweils ein in der Schweiz lebendes Kind der Beschwerdeführerin 2 "ausgehend von einem mutmasslichen Mankobetrag von Fr. 17'508.40 im Jahr" verpflichtet, der Mutter monatlich den Betrag von Fr. 210.-- auf ein noch zu bezeichnendes Bankkonto zu überweisen, "solange sie in der Schweiz wohnhaft ist" (Ziff. 1) bzw. bis sie stirbt

          (Ziff. 3).

          Unbestritten ist, dass keine der sieben Personen, die sich verpflichtet haben, die Beschwerdeführerin 2 regelmässig finanziell zu unterstützen, in "günstigen Verhältnissen" im Sinn von Art. 328 Abs. 1 ZGB lebt. Die Beschwerdeführerinnen halten in diesem Zusammenhang fest, keines der Kinder der Beschwerdeführerin 2 sei derart wohlhabend, dass es in der Lage wäre, alleine für den finanziellen Unterhalt der Mutter in der Schweiz aufzukommen. Was die finanziellen Verhältnisse der sieben Söhne und Töchter der Beschwerdeführerin 2 anbetrifft, führen die Beschwerdeführerinnen im Weiteren lediglich aus, sie seien ohne weiteres in der Lage, ihrer Mutter in der Schweiz einen guten Lebensstandard zu sichern. Aktenkundig ist aber einzig, dass die Beschwerdeführerin 1 im Jahr 2010 gemäss Veranlagungsverfügung Einkünfte von

          Fr. 23'572.-- erzielt hat (act. 12 des Migrationsamtes) und dass sie als Reinigungsangestellte mit einem Stundenlohn von Fr. 19.95 tätig ist (act. 13-16 des Migrationsamtes). Offen ist somit, ob und wenn ja in welchem Umfang und über welche Zeitspanne hinweg es den sieben Kindern der Beschwerdeführerin 2 aufgrund der finanziellen Verhältnisse, in denen sie jeweils leben, überhaupt möglich wäre, ihren Verpflichtungen der Beschwerdeführerin 2 gegenüber nachzukommen und ihre zur Zeit rund 68 Jahre alte Mutter über eine gegebenenfalls lange Zeitspanne hinweg

          regelmässig mit Fr. 210.-- je Monat finanziell zu unterstützen. Hinzu kommt, dass Abmachungen wie die vorliegenden durch staatliche Behörden, so auch durch Sozialämter, gerichtlich nicht durchgesetzt und durch formlose Übereinkunft jederzeit aufgehoben werden können (Th. Bauer, in: Honsell/Vogt/Wieland, Basler Kommentar zum Obligationenrecht I, (SR 220, abgekürzt OR), 5. Aufl., Basel 2011, N 2 zu Art. 517 OR). Die Beschwerdeführerinnen wenden zwar ein, Leibrentenverträge seien nicht weniger durchsetzbar als andere vertragliche Verpflichtungen, so beispielsweise solche aus Arbeitsverträgen, weshalb es nicht gerechtfertigt sei, derartigen Verträgen unter dem Aspekt der finanziellen Absicherung des Aufenthalts in der Schweiz weniger Gewicht beizumessen. Zutreffend ist zwar, dass Pflichten aus Arbeitsverträgen der Durchsetzbarkeit durch staatliche Behörden ebenfalls entzogen sind. Ein Unterschied besteht aber darin, dass ausländische Personen, welche das Einkommen dadurch verlieren, dass ein Arbeitsverhältnis aufgelöst wird, in der Lage sind, sich auf dem Arbeitsmarkt eine neue Arbeitsstelle bzw. eine neue Existenzgrundlage zu suchen. Diese Möglichkeit haben Rentner und Rentnerinnen nicht, zumal sie gemäss Art. 28 AuG nicht erwerbstätig sein dürfen. Daher müssen die notwendigen finanziellen Mittel aus anderen Quellen stammen. Auf den konkreten Fall bezogen bedeutet dies, dass die Beschwerdeführerin 2 unweigerlich von Sozialhilfe abhängig würde, sobald eines oder mehrere ihrer sieben Kinder nicht mehr bereit oder nicht mehr in der Lage wären, je Monat einen Unterstützungsbeitrag an ihre Lebenshaltungskosten in der Schweiz zu leisten. Daran ändert nichts, dass die Beschwerdeführerin 2 geltend macht, es würde in ihrem Interesse liegen, ihr geschuldete Geldleistungen einzufordern, weil sie andernfalls von Sozialhilfe abhängig werden und den Widerruf der Aufenthaltsbewilligung riskieren würde.

        2. Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Vorinstanz die Leibrentenverträge im Zusammenhang mit der Frage, ob die Beschwerdeführerin 2 über die notwendigen finanziellen Mittel im Sinn von Art. 28 lit. c AuG verfüge, ohne Recht zu verletzen unberücksichtigt lassen durfte. Die Erklärungen der sieben Kinder der Beschwerdeführerin 2 sind nicht geeignet, mit grosser Sicherheit zu gewährleisten, dass der Beschwerdeführerin 2 die für den Lebensunterhalt in der Schweiz erforderlichen Mittel regelmässig bis an ihr Lebensende zufliessen. Aus diesem Grund ist es im Sinn einer milderen Massnahme auch nicht möglich, der

      Beschwerdeführerin 2 eine Aufenthaltsbewilligung mit der Auflage zu erteilen, sie habe

      dem Migrationsamt zum Nachweis, dass die Zahlungen ihrer Kinder eingegangen seien, jährlich Kontoauszüge einzureichen. Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die Beschwerdeführerin 2 mit dem Betrag, der ihr monatlich bei Eingang aller Zahlungen zur Verfügung stehen würde (gemäss eigenen Berechnungen handelt es

      sich um Fr. 1'940.-- bis Fr. 1'950.--), überhaupt in der Lage wäre, ihren Lebensunterhalt

      in der Schweiz zu finanzieren.

  2. Die Beschwerdeführerinnen stellen sich weiter auf den Standpunkt, im Zusammenhang mit der Interessenabwägung hätte die Vorinstanz berücksichtigen müssen, dass das private Interesse an der Übersiedlung der Beschwerdeführerin 2 in die Schweiz gegenüber dem öffentlichen Interesse an ihrer Fernhaltung überwiege bzw. dass auch ein öffentliches Interesse an ihrer Übersiedlung in die Schweiz bestehe.

    1. Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass es sachlich gerechtfertigt ist, die Zuwanderung nicht erwerbstätiger Personen in die Schweiz restriktiv zu handhaben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts besteht kein öffentliches Interesse, beim Nachzug älterer ausländischer Verwandter hier lebender Personen einen grosszügigen Massstab anzusetzen, weil die Schweiz bereits heute eine Bevölkerungsstruktur aufweist, in der sich das Verhältnis von erwerbstätigen Personen zu Rentnern stetig zu Lasten der Erwerbstätigen verschiebt. Es ist zulässig, die persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen und die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung lediglich dann in Betracht zu ziehen, wenn die Merkmale eines Härtefalls erfüllt sind (GVP 2009 Nr. 24 E. 2.1; vgl. dazu aber Caroni/Ott, in: a.a.O., N 7 zu Art. 28 AuG).

      Nach Art. 96 Abs. 1 AuG berücksichtigen die zuständigen Behörden bei der Ermessensausübung die öffentlichen Interessen und die persönlichen Verhältnisse sowie den Grad der Integration der Ausländerinnen und Ausländer (vgl. auch GVP 2009 Nr. 24 E. 2.1).

    2. Aus Sicht der Beschwerdeführerinnen sprechen die privaten Interessen der Beschwerdeführerinnen und der anderen Familienangehörigen für eine Übersiedlung der Beschwerdeführerin 2 in die Schweiz. Sie begründen dies damit, alle Kinder der Beschwerdeführerin 2 seien mit ihren Familien in der Schweiz wohnhaft, ebenso wie

      die einzige Schwester. Im Kosovo habe sie keine Verwandten mehr und sie lebe allein, weshalb in Anbetracht des hohen Stellenwerts, der dem Familienleben zukomme - die Generationensolidarität werde in ihrer Familie vorbildlich gelebt - von einem Härtefall auszugehen sei. Kinder und Enkelkinder würden sich wünschen, dass die Beschwerdeführerin 2, solange es ihr gesundheitlich noch gut gehe, im Kreise ihrer Familienangehörigen leben könne.

      Wer in ein anderes Land übersiedelt, hat grundsätzlich die Konsequenzen zu tragen, die sich für die Pflege familiärer Beziehungen ergeben (BGE 129 II 17 E. 34). Die mittlerweile rund 68 Jahre alte Beschwerdeführerin 2, die nie in der Schweiz wohnhaft war, hat unbestrittenermassen keine gesundheitlichen Probleme. Die Beschwerdeführerinnen machen aber geltend, als alleinstehende Frau benötige sie die moralische Unterstützung ihrer Familie. Zutreffend ist, dass die Beschwerdeführerin 2 seit September 2008 verwitwet ist. Dadurch unterscheiden sich ihre Lebensumstände aber nicht von denjenigen zahlreicher anderer älterer Landsleute, deren Kinder mit ihren Familien nicht mehr in unmittelbarer Nachbarschaft leben. Die Tatsache allein, dass die Beschwerdeführerin 2 Witwe ist, rechtfertigt ihre Übersiedlung in die Schweiz jedenfalls noch nicht. Hinzu kommt, dass aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung nicht anzunehmen ist, sie lebe in Prizren sozial isoliert, auch wenn ihre Nachkommen mit ihren Familien in der Schweiz wohnhaft sind. Ein Härtefall liegt deshalb nicht vor, und es ist der Beschwerdeführerin 2 und ihren in der Schweiz lebenden Kindern und Enkelkindern zumutbar, die familiären Beziehungen wie bis anhin im Rahmen von Besuchsaufenthalten und mittels telefonischem und brieflichem Kontakt zu pflegen.

    3. Die Beschwerdeführerinnen stellen sich weiter auf den Standpunkt, es treffe nicht zu, dass kein öffentliches Interesse an der Übersiedlung der Beschwerdeführerin 2 in die Schweiz bestehe. Sie begründen dies damit, mit Art. 28 AuG sei eine Rechtsgrundlage geschaffen worden, welche die erwerbslose Wohnsitznahme von Rentnern und Rentnerinnen erlaube. Sodann sei die Übersiedlung der Beschwerdeführerin 2 unter demographischen Aspekten neutral und sie würde eine Bereicherung für die katholische Gemeinde an ihrem Wohnort darstellen.

Zutreffend ist, dass Ausländerinnen und Ausländer, die nicht mehr erwerbstätig sind, zu einem Aufenthalt in der Schweiz zugelassen werden können, wenn bestimmte

Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört, dass sie über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen (Art. 28 lit. c AuG). Wie dargelegt (vgl. Ziff. 4 hiervor) ist diese Voraussetzung im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Weil die Beschwerdeführerin 2 nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt, die ihr mit grosser Sicherheit bis ans Lebensende zufliessen, liegt es bereits aus diesem Grund im öffentlichen Interesse, dass sie nicht in die Schweiz übersiedelt. Offen bleiben kann bei dieser Sachlage, inwieweit auch demographische Gründe nach wie vor eine restriktive Zulassung von erwerbslosen älteren Personen zu rechtfertigen vermögen. Kein öffentliches Interesse an der Wohnsitznahme der Beschwerdeführerin 2 in der Schweiz vermag allerdings die Tatsache zu begründen, dass sie geltend macht, sie wäre als gläubige Katholikin in der Lage, die katholische Kirchgemeinde am neuen Wohnort zu bereichern.

5.4. Somit überwiegt das öffentliche Interesse daran, der Beschwerdeführerin 2 den Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit in der Schweiz zu verweigern, gegenüber dem privaten Interesse an einer Familienzusammenführung in der Schweiz.

6. (…).

7. (…).

Demnach hat das Verwaltungsgericht zu Recht erkannt:

  1. ./ Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. ./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 2'000.-- bezahlen die Beschwerdeführerinnen unter Verrechnung mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe.

  3. ./ Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.

V. R. W.

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Beda Eugster lic. iur. Regula Haltinner-Schillig

Versand dieses Entscheides an:

  • die Beschwerdeführerinnen (durch Rechtsanwältin lic. iur. Stephanie Bialas, 9001 St.

    Gallen)

  • die Vorinstanz

am: Rechtsmittelbelehrung:

Sofern eine Rechtsverletzung nach Art. 95 ff. des Bundesgerichtsgesetzes

(SR 173.110, abgekürzt BGG) geltend gemacht wird, kann gegen diesen Entscheid gestützt auf Art. 82 lit. a BGG innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde erhoben werden.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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